oAnth

« offene Ablage : nothing to hide » - acronyme : oAnth || l’origine sur soup.io comme base de toutes ses activités centralisées via RSS commencés en Janivier 2009 ; les serveurs de soup.io étaient définitivement débranchés en Juillet 2020, seulement son faible pour le flux RSS a survécu -> oAnth_RSS / depuis Février 2022 - Ukraine/Russie - réactivation d’activités à twitter :

  • „Die Deutschen sind arm und wütend“ : Mittlere Haushalte haben jetzt kaum mehr als die Griechen
    https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/die-deutschen-sind-arm-und-wuetend-mittlere-haushalte-haben-jetzt-k

    L’Allemagn est riche, les Allemands sont pauvres. Dans l’EU la situation n’est pire qu’aux pays baltes et en Hongrie. A Berlin un quart des enfants sont pauvres. La situation s’est encore aggravé depuis les lockdowns contre le covid et le début du régime de sanctions contre la Russie.

    17.1.2024 von Liudmila Kotlyarova - Von Spanien und Italien abgehängt: In Deutschland herrscht extreme Ungleichheit, kaum besser als Griechenland, zeigt ein EZB-Vergleich. Wie ist das möglich?

    Deutschland war lange Zeit ein Leuchtturm des Wohlstands und der politischen Stabilität. Jetzt stagniert seine Wirtschaft, und es drohen die Verbitterung und Spaltung der Gesellschaft. Die Stimmung kippt.

    Die extrem ungleiche Verteilung des Wohlstands ist dabei eines der ältesten Probleme in Deutschland und der Grund, warum so viele Menschen sich hierzulande zunehmend verarmt fühlen. Oder, wie der Bloomberg-Kolumnist Chris Bryant neulich in einem Artikel resümiert: „Deutschland ist reich, aber die Deutschen sind arm und wütend.“
    Der Medianhaushalt in Deutschland hat ein Nettovermögen von 106.600 Euro – was bedeutet das?

    Zahlen bestätigen dieses Gefühl: Die obersten zehn Prozent der Haushalte verfügen laut der letzten Erhebung der Bundesbank aus dem Jahr 2021 über ein Nettovermögen von mindestens 725.000 Euro und kontrollieren mehr als die Hälfte des Vermögens des Landes, während die untersten 40 Prozent der Haushalte ein Nettovermögen von höchstens 44.000 Euro haben. Der mediane, also der mittlere Haushalt, hat dabei ein Vermögen von lediglich 106.600 Euro aufgebaut.

    Der Median zeigt das Vermögen der Mitte einer Gesellschaft. Er halbiert die Datenreihe, sodass eine Hälfte der Daten unterhalb und die andere Hälfte oberhalb des Medians liegt, und bietet in dem Fall ein klares Bild der Vermögensverteilung in Deutschland. Der Durchschnittswert dagegen erzeugt den Eindruck, dass es allen Menschen in Deutschland finanziell relativ gut geht. So verfügte ein Durchschnittshaushalt in Deutschland 2021 über ein Nettovermögen von rund 320.000 Euro, doch das bedeutet noch lange nicht, dass die meisten dieses Geld auch haben.
    Die traurige Wahrheit: Deutschland bei der Vermögensverteilung deutlich unter dem Medianwert der Eurozone

    Düsterer wird das Bild, wenn man die Zentralwerte in Deutschland mit denen in anderen EU-Ländern vergleicht. Plötzlich stellt sich heraus, dass der deutsche Medianhaushalt nur über ein wenig mehr Nettovermögen verfügt als der griechische Haushalt aus der Mitte: 106.206 Euro in Deutschland im zweiten Quartal 2023 gegen 97.749 Euro in Griechenland.

    Nur noch die mittleren Haushalte in Estland, Ungarn, Litauen und Lettland sind nach Angaben der Europäischen Zentralbank (EZB) schlechter aufgestellt – alle anderen ost- und südeuropäischen Länder dagegen viel besser als Deutschland. Zum Beispiel: In der Slowakei verfügt ein mittlerer Haushalt über ein Nettovermögen von 116.244, in Portugal über 126.605, in Slowenien über 154.025, in Italien über 161.062 und in Spanien über 197.236 Euro. Am reichsten sind die mittleren Haushalte in Luxemburg mit 734.745 Euro Nettovermögen. Deutschland liegt damit deutlich unter dem Median der Eurozone (etwa 150.000 Euro).

    Kein Wunder, dass wütende Landwirte in den vergangenen Tagen landesweit Straßen blockierten, aus Protest gegen Kürzungen der Agrarsubventionen. Aber viele wissen: Es ist nur der Anlass, denn es geht ihnen um das große Ganze. Die rechtspopulistische AfD versucht, diese Stimmungen für sich zu nutzen.
    Fakt ist: Die Inflation frisst die Reallöhne auf, die Armut steigt

    Auf der einen Seite bräuchten die Deutschen aufgrund hochwertiger öffentlicher Dienstleistungen nicht viel Geld, um komfortabel zu leben, argumentiert der Bloomberg-Autor. Kindertagesstätten seien in einigen Bundesländern kostenlos, ebenso wie staatliche Studiengebühren. In letzter Zeit hätten die Gewerkschaften Gehaltserhöhungen durchgesetzt, während Sparer höhere Zinsen auf Bankeinlagen erhielten; auch die Landwirte hätten höhere Gewinne erzielt.

    Auf der anderen Seite investiere nur noch etwa jeder sechste Deutsche an der Börse, und weniger als die Hälfte der Haushalte besitze ein Eigenheim und profitiere daher nicht von den steigenden Immobilienpreisen, schreibt Chris Bryant. Dazu kommt: Das mittlere Vermögen deutscher Mieterhaushalte beträgt laut der Bundesbank nur 16.000 Euro, und die steigenden Mieten tragen lediglich zur Verarmung der Mieterhaushalte bei.

    Die Zahlen der Bundesbank aus dem Jahr 2021 beinhalten zudem noch nicht die Entwicklung seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges. Die Inflation hat die Reallöhne und die Kaufkraft der Haushalte aufgefressen, und die Einkommensarmut hat in Deutschland deutlich zugenommen. Im Jahr 2022 lebten nach Angaben des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung fast 17 Prozent der Menschen in Deutschland in Armut, rund zehn Prozent sogar in ernster Armut. Die Zahl der sehr armen Menschen, die weniger als 50 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung haben, ist demnach zwischen 2010 und 2019 um gut 40 Prozent gestiegen. Ein Viertel der Kinder in Berlin lebt in Armut.
    Bloomberg-Autor macht Vorschläge, wie man die AfD neutralisieren könnte

    Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und führende deutsche Ökonomen kritisieren seit langem das Steuersystem Deutschlands, weil die Belastung zu sehr auf die Löhne ausgerichtet sei und die Vermögens- und Erbschaftssteuern dagegen niedrig seien. So gibt es beispielsweise für Unternehmer pauschale Befreiungen von der Erbschaftssteuer, da sonst Arbeitsplätze und Investitionen gefährdet werden könnten.

    Diese Regeln seien viel zu bequem, und das Ergebnis ist, dass die Steuern auf große Erbschaften oft niedriger seien als auf kleinere Vermächtnisse, kritisiert der Bloomberg-Autor. Er schlägt vor: Langfristig müsste Europas größte Volkswirtschaft ihr Steuersystem, das gerade die Arbeit benachteiligt, reformieren und eine breitere Kapitalverteilung fördern. Er zeigt sich jedoch skeptisch, was weitere Reformen zur Verringerung der Ungleichheit in Deutschland angeht, auch wenn es an guten Ideen nicht mangelt.

    Die Ironie der zunehmenden Unterstützung der AfD besteht auch darin, dass viele ihrer einkommensschwachen Anhänger wenig von ihrem Programm profitieren würden, weil die Partei Vermögens- und Erbschaftssteuern ablehnt. Mehr Menschen an den Vorteilen des wirtschaftlichen Wohlstands teilhaben zu lassen, würde einen großen Beitrag dazu leisten, die Unterstützung für radikale politische Parteien zu mindern und die Wut abzumildern, die derzeit in Deutschland überkocht, schließt der Bloomberg-Autor.

    #Allemagne #pauvreté #patrimoine #économie

  • Der Tod eines US-amerikanischen Bloggers im ukrainischen Gefängnis und die Doppelmoral
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=109594

    En temps de guerre tous les états ressemblent aux régimes fascistes. L’Ukraine ne fait pas exception de cette règle. Un blogeur états-unien en est mort. Dans nos pays si démocratiques une situation comparable est en train de se préparer. Il nous reste encore un peu de temps pour défendre nos libertés. Comment faire ? C’est simple : il ne faut jamais se taire.

    17.1.2024 von Gábor Stier - Der US-amerikanische Journalist Gonzalo Lira ist in einem ukrainischen Gefängnis gestorben. Sein „Verbrechen“ bestand darin, dass er mit der Politik der Ukraine und der Vereinigten Staaten nicht einverstanden war. Washington hat keinen Finger gerührt, um ihn zu befreien, obwohl es hätte es tun können. Der Fall lässt daran zweifeln, wie aufrichtig die Empörung und die Besorgnis des Weißen Hauses über die russischen Gesetze ist, die diejenigen betreffen, die sich gegen den Krieg und die Verhaftung von US-Journalisten in Russland aussprechen. Von Gábor Stier, Übersetzung von Éva Péli.

    „In fast keinem Punkt stimmte ich mit ihm überein, aber er hätte nicht in einem ukrainischen Gefängnis sterben sollen!“, schrieb Kit Klarenberg von The Grayzone, als er die Nachricht von Gonzalo Liras Tod auf X verkündete. Über den Tod des 55-jährigen chilenisch-US-amerikanischen Bloggers und Journalisten mit doppelter Staatsbürgerschaft war auch Tucker Carlson schockiert, der ebenfalls als einer der Ersten darüber berichtete und das Weiße Haus der Komplizenschaft bei der Inhaftierung und Folterung von Lira beschuldigte. Der bekannte US-amerikanische Fernsehjournalist sprach mit dem Vater von Gonzalo Lira, der sich über die Geschehnisse empörte: „Ich kann nicht akzeptieren, wie mein Sohn gestorben ist. Er wurde gefoltert, erpresst, monatelang festgehalten und die US-Botschaft hat nichts für ihn getan. Diktator Selenskyj ist für diese Tragödie verantwortlich, mit dem Einverständnis des senilen US-Präsidenten Joe Biden.“

    Das US-Außenministerium bestätigte den Tod von Gonzalo Lira, weitere Auskünfte wurden unter Berufung auf die Interessen der Familie des Verstorbenen verweigert. Auch Elon Musk, der noch Ende des Jahres die Freilassung von Gonzalo Lira forderte, schrieb dazu auf X:

    „Das ist absolut gegen das Gesetz“, und kommentierte damit einen Artikel des US-Unternehmers David Sacks. Sacks wies darauf hin, dass die Biden-Regierung Lira mit einem Telefonanruf hätte zurückholen können, aber sie blieb untätig. Die ukrainische Regierung wusste also, dass sie ungestraft handeln konnte. Auch der Sohn von Donald Trump kommentierte die Todesnachricht des Journalisten und merkte sarkastisch an, man warte vergeblich darauf, dass sich die US-amerikanischen Medien empören.

    Wenn die Empörung ausbleibt

    Im Gegensatz zu früheren ähnlichen Fällen in Russland sind dieses Mal weder die westlichen Mainstream-Medien noch die westlichen Politiker wirklich empört. Natürlich wurde der Fall inmitten des Informationskriegs sofort von der russischen Presse und Politik aufgegriffen. Der Tod des Journalisten wurde vom russischen UN-Diplomaten Dmitri Poljanskij als ein schreckliches Verbrechen bezeichnet.

    Gonzalo Angel Quintilio Lira Lopez wurde in den Vereinigten Staaten geboren und besitzt auch die chilenische Staatsbürgerschaft. In Videos, die er in den sozialen Medien veröffentlichte, kritisierte er die NATO, die Regierung von US-Präsident Joe Biden und Wolodymyr Selenskyj. Außerdem bezeichnete er den Krieg als einen Krieg zwischen den USA und Russland. Der 55-jährige Lira lebte früher in Charkow und bloggte unter dem Namen „CoachRedPill“. Nach der Eskalation des Konflikts mit Russland im Februar 2022 wechselte er zu YouTube-Videos. Sein Kanal hatte mehr als 140.000 Follower. Im Mai 2023 wurde er von dem ukrainischen Sicherheitsdienst (SBU) verhaftet und beschuldigt, die ukrainische Führung und Armee diskreditiert zu haben.

    Der Blogger tauchte Ende Juli mit einer Reihe von Beiträgen auf X wieder auf. Darin enthüllte er seine Folter im Gefängnis und schilderte, wie der SBU versuchte, ihn mit Geld zu erpressen. Er postete auch über seinen Versuch, nach Ungarn zu fliehen und dort Asyl zu beantragen. Nach Angaben des SBU versuchte daraufhin Lira, der zu diesem Zeitpunkt gegen Kaution unter Hausarrest stand, die Grenze auf seinem Motorrad zu überqueren, wurde erneut festgenommen und in das Gefängnis von Charkiw gebracht. Danach verschwand er aus den sozialen Medien und kürzlich erhielt die Familie eine Nachricht über seine ernsthaften gesundheitlichen Probleme. Er hatte im Oktober eine Lungenentzündung und seine Lunge kollabierte. Der Nachricht zufolge ignorierten die Gefängnisbehörden dies und erkannten das Problem erst am 22. Dezember an, als er operiert werden sollte, aber er starb im Krankenhaus in Charkiw.

    Wenn der Hilferuf ignoriert wird

    Während der mehr als achtmonatigen Haft verweigerten die ukrainischen Behörden dem Journalisten nicht nur lange Zeit die medizinische Versorgung, sondern folterten ihn, verlangten von ihm 70.000 US-Dollar und verweigerten ihm den Kontakt zu seinen Anwälten. Seine Familie wandte sich daher an das US-Außenministerium, um Hilfe zu erhalten – ohne Erfolg. Ende des Jahres forderte Elon Musk von den ukrainischen Behörden eine Erklärung für die Inhaftierung von Lira, woraufhin der SBU erklärte, der Blogger habe regelmäßig die russische Aggression gerechtfertigt, in den sozialen Medien prorussische Thesen verbreitet und damit gegen ukrainisches Recht verstoßen. Auch der russische Journalistenverband sprach sich für Lira aus und machte Journalisten in aller Welt darauf aufmerksam, was mit ihrem Kollegen geschehen war.

    Zunächst einmal wirft der Tod von Gonzalo Lira die Frage auf, wie man mit Meinungsfreiheit und Menschenrechten in Kriegszeiten umgehen soll. Wie wir sehen: selektiv. Und das nicht nur in Kriegszeiten. Wenn es um Russland geht, um die Verhaftung derjenigen, die den Krieg verurteilen, die russische Armee kritisieren oder sie diffamieren, dann sind die westlichen Mainstream-Medien schnell empört und diskutieren ausführlich über das Wesen des russischen „Regimes“ und die Haftbedingungen. Doch wenn die Ukraine dasselbe tut, dann folgt ein tiefes Schweigen. Dann wird über den Fall berichtet, aber die Empörung bleibt aus – Respekt für die Ausnahmen. Stattdessen wird darüber sinniert, dass in Kriegszeiten die Rechte eingeschränkt und der Meinungskorridor schmaler werden.

    Aber der Tod des US-amerikanischen Bloggers wirft auch die Frage nach der Doppelmoral in einem anderen Sinne auf. Vergessen wir nicht, dass es sich um einen US-amerikanischen Staatsbürger handelt, von dessen Geschichte die zuständigen US-Behörden wussten, die jedoch keinen Finger rührten. Das liegt daran, dass Lira die Regierung kritisierte, er war mit diesem Krieg nicht einverstanden. Er stellte sich gegen den Mainstream, deshalb war sein Tod nicht von Bedeutung. Er verdiente keinen Schutz, und jetzt gibt es keine Empörung. Anders als im Fall von Evan Gershkovich – ein Journalist des Wall Street Journal, der wegen Spionageverdachts in russischer Haft sitzt und für dessen Freilassung die US-Diplomatie Himmel und Hölle in Bewegung setzt.

    Wenn jemand aus der Reihe tanzt

    Dies zeigt: Die allgemein akzeptierte These, wonach, wenn ein US-amerikanischer Bürger irgendwo in der Welt Unrecht erleidet, kommt die US-amerikanische Kriegsflotte zu Hilfe, weil die Vereinigten Staaten ihre Bürger und natürlich auch ihre Verbündeten schützen, differenzierter betrachtet werden muss. Gibt es womöglich US-Bürger erster und zweiter Klasse? Durchaus! Wie wir sehen, schützt der US-Pass nicht jede und jeden. Nur diejenigen, die „richtig“ denken. Doch angesichts der Geschehnisse stellt sich die Frage: Können die Vereinigten Staaten das Vertrauen ihrer Verbündeten genießen, wenn die USA selbst mit ihren eigenen Bürgern so selektiv umgeht? Von wegen! Jeder sollte sich darüber im Klaren sein, dass jeder, der ausschert, keinen Anspruch auf Schutz hat! Nicht im Geringsten!

    Wie wir in diesem Fall sehen können, sind diejenigen, die aus der Reihe tanzen, die sich gegen den Mainstream stellen, gefährliche Elemente, die auf die eine oder andere Weise beiseitegeschoben werden müssen, um den Fortschritt nicht zu verhindern.

    Gonzalo Lira wurde ins Abseits gedrängt, indem dem Kiewer Regime das Mandat erteilt wurde, mit ihm zu machen, was es für richtig hält. In Washington war es sehr wohl bekannt, dass den Blogger in der Ukraine nicht viel Gutes erwartet. Natürlich musste Lira das selbst gewusst haben, denn er kannte das Land gut. Aber das entbindet die Ukraine nicht von der Verantwortung, einen Mann wegen seiner Ansichten sterben zu lassen. Es hat sie auch nicht gestört, dass er ein ausländischer Staatsbürger war. Stellen Sie sich das Schicksal vor, das Ukrainerinnen oder Ukrainer erwartet, die ihre Meinung äußern, wenn ein Mensch aus den USA so behandelt wird. Der übrigens keine Bedrohung für die nationalen Sicherheitsinteressen der Ukraine darstellte, lediglich die Situation anders sah. Und lassen wir lieber außen vor, was für ein Bollwerk der Demokratie die Ukraine ist und wie viel demokratischer das ukrainische System ist als das russische. Nun, der Tod von Gonzalo Lira zeugt nicht davon, dass das System demokratischer sei.

    Aber wir dürfen nicht vergessen, dass Kiew all dies mit dem Wissen und sogar der Unterstützung der westlichen Welt tut. Denn der Antirussismus überlagert und verblendet alles. Wir leben in einer Welt, in der zwar von demokratischen Werten die Rede ist, in der aber scheinheilig mit zweierlei Maß gemessen wird.

    Der Artikel ist ursprünglich auf dem ungarischen Portal Moszkvater erschienen.

    #USA #Ukraine #guerre #torture

  • The genocide case Israel faces is more about politics than the law
    https://www.economist.com/international/2024/01/17/the-genocide-case-israel-faces-is-more-about-politics-than-the-law


    getty images

    Since its creation in 1946 the International Court of Justice (ICJ) has heard an average of fewer than three cases a year. Many are obscure, such as a dispute over pulp mills in Uruguay. The trial that began on January 11th, though, was one of the highest drama, when it heard arguments from South Africa that Israel was committing genocide in Gaza.
    Palestinians were elated by the sight of Israel in the dock after decades of impunity for its conduct in the occupied territories. Crowds gathered to watch it broadcast in squares in Ramallah, the de facto capital of the West Bank.

    A full trial would take years to conclude. In the meantime South Africa has asked the court for “provisional measures”, one of which is that it orders Israel to stop fighting in Gaza. The burden of proof for an injunction is low: “South Africa just needs to show that its claims are plausible,” says Adil Haque of Rutgers Law School. Judges must now decide whether to demand that Israel end its longest and deadliest war against the Palestinians since 1948.
    As a political gambit, South Africa’s case is already a success. Yet as a legal strategy it is risky. Some of Israel’s actions in Gaza since October 7th could plausibly be described as war crimes. But in seeking to label them genocide, a uniquely horrific crime, it risks making the debate about the label rather than the actions themselves.
    In politics, genocide has become a byword for the worst human suffering imaginable. But legally it is a tightly defined concept, and hard to prove. This is because it entails not just particular acts, such as killing civilians or causing them “serious bodily or mental harm”, it also requires that they be done with the “intent to destroy, in whole or in part, a national, ethnical, racial or religious group, as such”.
    To prove intent, South Africa cited Israeli ministers, lawmakers, army officers and soldiers: the Knesset member who spoke of “erasing the Gaza Strip from the face of the earth”; the troops who later chanted “may Gaza be erased”. It sought to show that these statements were followed by rank-and-file soldiers. Israel argued that these were “random quotes that are not in conformity with government policy”.
    Parts of South Africa’s presentation were sloppy: its lawyers referred to a speech in which Mr Netanyahu invoked the biblical story of Amalek, a nation that persecuted the Israelites, yet in seeking to explain how the allusion was genocidal they cited the wrong biblical passage. Their filing then quoted Yoav Gallant, the Israeli defence minister, saying on October 10th that “Gaza won’t return to what it was before. We will eliminate everything.” That sounds genocidal. But in Mr Gallant’s actual comments there is an additional sentence in the middle: “Hamas will no longer be.” The correct quote, and the rest of the clip, make clear that he is referring to Hamas, not to Palestinians.

    Still, it is impossible to deny that some prominent Israelis have said things that could incite genocide, which is also an offence under the UN convention, to which Israel is a signatory. Though they have suffered no legal or political consequences for doing so, it would be hard to prove that their incitement amounts to state intent.
    A second issue is proving Israel has killed Palestinians because of their nationality. South Africa’s lawyers claim that Israel’s use of 2,000lb (907kg) bombs, the largest in its arsenal, in densely populated places like Jabalia, in northern Gaza, is evidence of genocide. Using such large bombs could be a war crime, unless Israel can show it had no other way to strike a vital military target. But it is not a genocidal act unless South Africa can prove that Israel dropped those bombs specifically to kill lots of Palestinians. Thus far, it has failed to do so. The same goes for the restrictions Israel has imposed on aid to Gaza. “Israel could argue that it used starvation as a weapon of war to make people suffer,” says Mr Haque. “That would be a war crime, but it’s not genocide.”
    To call these arguments distasteful would be an understatement. The South African filing describes a litany of horrors committed against Palestinians in Gaza. Whichever way the ICJ rules, they will still be horrors. By pressing the charge of genocide, South Africa has created a situation in which a ruling in Israel’s favour could be seen as absolution for its conduct.
    Yet even if it is absolved of genocide, Israel should still be scrutinised for other possible violations. Start with two of the core principles of international law: distinction and proportionality. The former requires armies to distinguish between civilian and military targets. The latter demands they not inflict excessive harm on civilians in relation to military utility. With northern Gaza now a wasteland, and thousands of civilians dead, it is hard to trust that Israel has adhered to those principles. Israeli officials concede that in this war the army has approved strikes that are both deadlier for civilians and achieve smaller military gains than in previous conflicts in Gaza. Some Western officials think Israel has crossed a legal line with its new calculus of proportionality.
    Other questions of law deserve scrutiny as well. One is the destruction of Gaza’s medical facilities. There is strong evidence that Hamas has used hospitals for military purposes, which is itself a war crime. Under international law, hospitals can lose their protection if used for “acts harmful to the enemy”. But they do not become valid targets indefinitely. That Hamas militants might have used Shifa hospital in October does not necessarily justify an Israeli raid there in November. In many cases Israel has not offered compelling proof that its attacks on hospitals were justified.
    Another question is over the appalling humanitarian conditions in Gaza, where the UN says there is a risk of imminent famine. Israel told the ICJ that it has not limited deliveries of food to Gaza, which is true in theory but not in practice. It has largely barred such deliveries via its own territory, which is how most supplies entered Gaza before the war, and it imposes long and unpredictable inspections on aid entering from Egypt.

    Investigating such cases, however, will not be the job of the ICJ. That task would fall to the International Criminal Court (ICC), the other big court in The Hague, which claims jurisdiction over both the Hamas attacks in Israel on October 7th and the war in Gaza that followed because Palestine is a signatory to its founding treaty. But such investigations will be sluggish.
    For now, that leaves the genocide case at the ICJ and the question of whether to impose any of the provisional measures requested by South Africa. Because the ICJ settles disputes between un member-states, and Hamas is not one, judges are in the uncomfortable position of being asked to order Israel to implement a unilateral ceasefire with no corresponding obligation on Hamas to halt its genocidal attacks.
    Even if it were to issue such an order, it would have no means to enforce its judgments, which governments sometimes ignore. Israel has made clear that it will do just that. “We will continue this war until the end,” Mr Netanyahu has said. “No one will stop us, not even The Hague.”
    Still, a ruling against Israel could have far-reaching consequences. It would certainly make the politics of supporting Israel’s war more complicated for its allies. There could also be legal implications. In America the so-called “Leahy law” bars the government from providing military aid to foreign forces that commit human-rights abuses. If the ICJ were to find that Israel is “plausibly” committing genocide, some Democrats would no doubt try to invoke this law. It is unlikely that such a view would find majority support in a country that is both supportive of Israel and hostile to international courts. But President Joe Biden’s administration could still find itself in the uncomfortable position of appearing to much of the world to be excusing a crime it has long sought to end.

  • Archiver ses vidéos : retour d’expérience.
    https://linuxfr.org/news/archiver-ses-videos-retour-d-experience

    Préambule : ma vie (et peut-être aussi la vôtre)

    Comme probablement beaucoup d’entre vous, j’ai des milliers de photos et vidéos accumulées au cours des 20 dernières années. C’est très pratique de pouvoir stocker cela sur un seul disque dur. Mais cela pose trois problèmes majeurs :

    la pérennité du support ; le classement des fichiers pour pouvoir en retrouver un en particulier dans… très longtemps. la possibilité de lire des fichiers dans plusieurs années (je pense à des fichiers Publisher 2.0 que je ne suis plus parvenu à lire par la suite – et non : les versions ultérieures à Publisher 2.0 ne lisent pas ces fichiers.

    Ce texte s’adresse à toute personne qui se pose trois questions :

    Pourrai-je visionner mes fichiers vidéos dans 30 ans pour les montrer à mes petits-enfants ? Comment organiser/classer mes fichiers (...)

  • « Tiens, vu que ça ressort, petit thread sur ce que disent réellement les résultats Pisa de 2022. Vous allez voir, tous ceux qui vous en parlent n’ont juste rien compris et manipulent les données. » ⬇️
    https://twitter.com/NickyPryde/status/1747583042997178649

    (Le Parisien : Emmanuel Macron sur le niveau des élèves à l’école : « Pourquoi les résultats Pisa sont mauvais ? Parce qu’ils ont été conduits sur des classes qui n’ont pas été touchées par les réformes que nous avons menées au 1er quinquennat ») ...

    Premièrement : la France n’est pas dans la partie « Below », mais « No difference » dans les 3 catégories. On n’est pas mauvais, mais dans la moyenne mondiale.
    On est régulier et c’est une bonne chose : regardez les USA mdr...

    Alors oui, on est derrière les pays d’extrême-orient et nordiques, mais ces pays sont réputés pour leur enseignement irréprochable (et parfois de maltraitance des élèves, coucou Singapour !) Ça serait trop ambitieux d’essayer de rivaliser.

    L’autre truc à noter : effectivement, la France a perdu des points dans les 3 catégories. C’est indéniable.
    Mais : tout le monde en a perdu en fait. Certains ont même bien plus chuté que nous, regardez la Norvège !

    Bref, la chute du niveau n’est pas franco-français, mais MONDIAL. Ça ne justifie pas des dysfonctionnements français, mais révèle juste une giga crise qu’on a eu en 2020 lié à un pangolin (pour info, les tests ont été fait en 2022).

    Et là pour le coup, inutile de vous rappeler à quel point cette année a été catastrophique pour tous les élèves, quelque soit le pays, qui ont eu la sensation d’avoir perdu une année scolaire.

    Donc vraiment, rien à voir avec des problèmes purement français !

    Cependant, un truc important à noter (et que PERSONNE n’a mentionné), c’est que l’OECD n’a pas juste fait un classement, mais également une série d’observation par pays pour les tests, et en a retiré des conclusions.

    Dans les recommandations globaux, on retrouve notamment :
    – Apprendre le bien-être aux élèves
    – Reporter l’âge de décision de l’orientation scolaire
    – Eviter le redoublement et soutenir les élèves en difficulté

    Des trucs bien loin des propositions de Attal, quoi !

    D’ailleurs, si on va dans le dossier personnalisé pour la France, on trouve même ceci :

    « en prenant en compte le contexte socio-économique des élèves & établissements, l’avantage des élèves en privé disparaît »

    En bref, c’est pas l’excellence qui aide !

    https://www.oecd.org/pisa/publications/Countrynote_FRA_French.pdf

  • The Greater Goal in Gaza | Foreign Affairs
    https://www.foreignaffairs.com/united-states/greater-goal-gaza

    Intéressant, notamment parce que c’est publié dans l’officieux Foreign Affairs...

    That leaves a third and most likely alternative: continued Israeli occupation, but now under even more unsustainable conditions. Palestinians have a birth rate higher than that of Jewish Israelis, and as they increasingly lose hope for the prospect of a Palestinian state, their demands for equal rights with Israelis will grow louder and more insistent. The conflict could then become more violent. According to the Palestinian Center for Policy and Survey Research poll, 63 percent of Palestinians today say they would support armed resistance to end the occupation. In fact, such resistance had already started in the West Bank in the months before October 7, with young, leaderless youth taking up arms and shooting at Israelis.

    Moreover, if it chooses to continue the occupation, Israel’s challenge won’t just be internal. The country is also confronting an emerging younger generation in the United States and many other Western countries that has shown it is far more supportive of Palestinians and the issue of equal rights than its predecessors. As this generation rises to positions of power, the world will become increasingly critical of the Israeli occupation, and the focus will shift from defining an illusory peace settlement to tackling the problem of deep injustice in indefinitely occupied lands. It is also likely to make Israel increasingly isolated on the world stage.

    This is where a continuation of the status quo will likely end. The international community is certainly partly to blame for all the violence that is unfolding today. By abandoning any serious attempt to address the underlying causes of conflict in recent years, Western leaders, as well as governments in the region, have helped create the untenable situation that now exists. It is possible that another process will be initiated along the lines of many earlier ones. If that happens, it, too, will fail, and violence will continue to define the world of the Israelis and the Palestinians. Either the United States and its international partners must make a historic decision to end the conflict now and move both sides swiftly toward a viable two-state solution or the world will have to contend with an even darker future. For soon, it will no longer be a question of occupation but the more difficult issue of outright apartheid. The choice cannot be clearer.

  • Des #cités_antiques en #Amazonie | CNRS Le journal
    https://lejournal.cnrs.fr/articles/des-cites-antiques-en-amazonie

    La vallée d’#Upano se situe dans la région amazonienne du piémont andin. Elle est insérée entre deux cordillères et mesure une centaine de kilomètres de long sur une vingtaine de large. Elle est surplombée par le #volcan_Sangay, en état constant d’éruption depuis des décennies et dont les rejets rendent la région particulièrement fertile. Les agriculteurs locaux m’ont dit qu’ils obtenaient trois récoltes de maïs par an, c’est énorme !

    […] Nous avons identifié et fouillé des plateformes en terre qui servaient à isoler des bâtiments du sol humide, ainsi que des places, des chemins et des routes. La première occupation de la vallée commence environ en 500 avant notre ère pour durer jusqu’en 400-600 de notre ère.

    […] La vallée d’Upano a abrité de véritables cités, densément peuplées et conçues en damier en pleine #forêt_tropicale. Leur réseau est incroyablement complexe, avec des rues, des chemins vers les rivières, des routes primaires et secondaires… Les grands axes sont parfaitement rectilignes, faisant jusqu’à treize mètres de large, et traversent la vallée en faisant fi de son relief naturel. Ils coupent aussi bien des ravins que des élévations. Un tel réseau réclame une véritable #planification, ce qui montre que les différentes implantations de la vallée sont contemporaines.

    L’insistance à passer outre tous les obstacles, alors qu’il serait souvent plus simple de les contourner, suggère fortement que ces routes avaient une fonction symbolique. Elles peuvent avoir été un moyen d’imprimer dans le sol les relations entre voisins, et servir à des processions et des visites ritualisées, comme on peut encore le voir dans les villages annulaires du haut Xingu en Amazonie brésilienne.

    Certaines plateformes sont encore plus hautes, jusqu’à dix mètres. Ici, pas de soubassements d’habitations, mais on suppose que ces espaces étaient plutôt consacrés à des cérémonies collectives. De tels systèmes urbains ont été découverts chez les Mayas du Guatemala ou à Teotihuacan, au Mexique. La grande différence est qu’il n’y a pas de constructions en pierre dans l’Upano. En plus, il n’y a aucun site semblable en Amazonie précolombienne, y compris au Brésil.

    […] Leur culture disparaît brusquement après un millénaire, autour de 400-600, sachant qu’il n’y avait alors pas d’écriture dans la région.

    […] J’ai une hypothèse, hélas non confirmée, sur cette disparition. Les fouilles ont montré, au-dessus des derniers niveaux d’habitation, plusieurs couches noires qui évoquent des éruptions volcaniques. Mais, les datations ne correspondent à aucun évènement suffisamment catastrophique pour faire fuir tout le monde. C’est peut-être une série d’éruptions plus petites, mais plus nombreuses, qui a fini par décourager les habitants, ou alors une #crise_climatique. Ils auraient alors pu partir vers le sud, au Pérou, où l’on retrouve des céramiques similaires à celles d’Upano. Seule une société spécialisée et stratifiée a pu construire un réseau aussi vaste et complexe que dans la vallée d’Upano. Or, on sait que les sociétés urbanisées et hiérarchisées sont moins résilientes aux aléas climatiques. Peut-être que cette civilisation a tout simplement implosé au profit d’un retour à une organisation tribale et forestière. Nous n’avons pas d’explication ferme à proposer pour le moment. Mais, la recherche se poursuit…

    #archéologie_du_paysage #lidar

  • #RLK24: »Das Endspiel des Kapitalismus ist in vollem Gange«
    https://www.jungewelt.de/artikel/467694.rlk24-das-endspiel-des-kapitalismus-ist-in-vollem-gange.html

    13.10.2024 - Das Referat des aus Kopenhagen angereisten Torkil Lauesen auf der XXIX. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz gehört zu den wohl am heißesten erwarteten Beiträgen an diesem Sonnabend im Berliner Tempodrom. Der Däne gehörte in den 1970er Jahren einer kommunistischen Gruppe an, die Geldtransporter überfiel, um mit der Beute sozialistische Befreiungsbewegungen im globalen Süden zu unterstützen.

    In seinem Referat stellte er die Frage, »wie wir Sand in das Getriebe der kapitalistischen Maschine bekommen«, um auf ihren Trümmern ein »gleichberechtigtes und friedliches Weltsystem« aufzubauen. Dass dies angesichts des im globalen Norden weit verbreiteten Pessimismus bei Revolutionären denkbar wird, liegt laut Lauesen an den Krisen des neoliberalen Kapitalismus. Dabei hat er in erster Linie den aktuellen Niedergang der US-Hegemonie auf der einen, sowie den von China angeführten, aufstrebenden Nationen des Südens, die eine multipolare Weltordnung errichten, auf der anderen Seite, vor Augen.

    Dieser »Hauptwiderspruch« ermögliche ein Fenster für eine antimperialistische Praxis. In der Metropole sei eine solche aus zwei Gründen geboten: Erstens habe unsere »imperiale Lebensweise« die ökologische Klimakrise verursacht, zweitens verfügten unsere Staaten über Massenvernichtungsmittel, die das »Endspiel des Systems in eine Katastrophe verwandeln könnten«. Die treibende Kraft der Transformation werde jedoch der globale Süden sein. Diesen gelte es »konkret zu unterstützen«, unter anderem, indem der internationale Arbeiterkampf entlang von globalen Produktionsketten, in der Klima- sowie der Antikriegsbewegung gefördert werde.

    Antiimperialisten die sich im Norden an diesem Kamp beteiligen, so Lauesen, werden eine Minderheit in unserer Gesellschaft sein, aber eine wichtige Minderheit: »Wir werden als Landesverräter gelten – aber das ist besser, als ein Klassenverräter zu sein«. Zum Abschluss warnte der Referent: Auf die kommende Kriminalisierung der Bewegung solle man sich vorbereiten, sowohl auf persönlicher als auch auf organisatorischer Ebene. (kan)

    #capitalisme #crise #répression

    • Israeli officials allege that Hamas carried out a pre-mediated and carefully executed massacre of 364 Israeli civilians at the Nova music festival near Gaza on 7 October as part of the Palestinian resistance’s Operation Al-Aqsa Flood. They claim that Hamas and other Palestinians had hours to murder Israeli partygoers before the army reached the scene.

      However, new details have emerged showing that Israel’s Border Police was deployed at the Nova site before Hamas stumbled on the festival, causing the eruption of a major battle.

      While some ravers were indeed killed by the Palestinian resistance - whether by intent or in the chaos of battle - the evidence now suggests that the majority of civilian deaths were likely inflicted by Israeli forces themselves.

      This was due to the overwhelming firepower employed by occupation forces - including from Apache attack helicopters - and because Tel Aviv issued the controversial Hannibal Directive to prevent Hamas from taking Israeli party-goers as captives.

      Operation Philistine Horseman

      At 6:30 am, just after sunrise on 7 October, fighters from the Hamas military wing, the Qassam Brigades, launched its military operation, firing a barrage of missiles toward Israel. Thousands of its fighters and those from other factions breached the Gaza border fence in multiple locations to attack surrounding Israeli military bases and take captives in settlements as leverage for a mass prisoner swap deal.

      Though it would take the army hours to respond, units of the Border Police were quickly deployed. At 6:42 am, a mere 12 minutes after Operation Al-Aqsa Flood was launched, the Southern District Commander of the Israeli Police, Amir Cohen, gave an order code-named “Philistine Horseman,” sending police officers and Border Police who were on alert to the sites of various battles.

      This included members of the Yamam, and Tequila commando units that have no police duties but conduct military and counter-terrorism operations, including undercover assassinations in the Gaza Strip and occupied-West Bank.

      According to a senior Israeli officer speaking with by the New York Times, the first formal reinforcements to southern Israel came from commandos that arrived by helicopter.

      Sagi Abitbol, a policeman working as a security guard at the festival, was among the first to confront Hamas fighters near Nova, and witnessed the early arrival of these helicopters.

      During the fighting, 59 Israeli police officers were killed, including at least 17 at the Nova festival.

      Hamas did not plan to attack the festival

      Avi Mayer of the Jerusalem Post asserted that Hamas carefully planned to attack the concert in advance, intending to murder as many Israeli civilians as possible. The facts, though, tell an entirely different story.

      An Israeli police investigation reported by Haaretz indicates that Hamas was unaware of the festival in advance. The official findings suggest that the intended target was Re’im, a settlement and military base located just down the road - on Route 232 - from the Nova site.

      A major fight did indeed take place at Re’im, home to the Israeli army’s Gaza Division, the Palestinian resistance’s stated military target. The commander of the base was forced to call in airstrikes from an Apache helicopter on the base itself just to repel the Hamas attack.

      The police investigation also indicates that Hamas fighters reached the festival site from Route 232, rather than from the Gaza border fence, further supporting the claim that the festival was not a planned target.

      Following the launch of missiles from Gaza - and before Palestinian resistance fighters arrived on the scene - the organizers of the festival promptly ceased the music and initiated an evacuation.

      According to a senior police officer quoted by Haaretz, roughly 4,400 people were present at Nova and the “vast majority managed to escape following a decision to disperse the event that was made four minutes after the rocket barrage,” while the first shots were not heard for another half hour.

      Trapping civilians: Israel police blocked the vital 232 Road exit

      However, as people exited the festival site by car and moved onto Route 232, Israeli police established roadblocks in both directions, leading to a traffic jam that trapped many partygoers in the area where fighting between Hamas and the Border Police would eventually break out.

      “There was a lot of confusion. The police barricaded the road, so we couldn’t go near Be’eri. We couldn’t go near Re’im, the two near kibbutzim,” says one witness, Yarin Levin, who was trying to evacuate the area with his friends.

      Levin, a former Israeli soldier, said this is when they had their “first encounter of the terrorists… fighting against the police that are there… two terrorists got lost in some kind of gun fight, so they found us.”

      Another witness, Shye Weinstein, also confirms the Israeli police roadblocks that blocked the main exit from the festival. He took photos of a Border Police vehicle and a heavily armed policeman in combat gear impeding the road in front of his car.

      A cell phone video from a concert attendee shows Israeli police and security forces using their vehicles to block the road near the festival site and exchanging fire with Hamas fighters.

      When gunfire erupted, those trapped on the road fled east into open fields, whether in their cars or by foot. Many made it past the fields and hid near trees, under bushes, and in ravines.

      But body cam footage shows heavily armed Israeli police units taking up positions on the road and firing across the open field into the trees where civilians had taken cover.

      Photos of destroyed cars near the Nova music festival
      As Nova attendee Gilad Karplus, also a former Israeli soldier, told the BBC:

      “We pretty much knew they would probably block the road. I’m pretty sure a lot of people got killed on those roads...We drove into the field and tried to hide from them… afterwards we got a bit deeper into the fields and then they started firing sniper rifles on us from different places and also heavy artillery.”

      Though Karplus and other partygoers were being fired on by the Border Police, they couldn’t make sense of this, and initially believed the shooting was from Hamas fighters disguised as police or soldiers. In other words, these witnesses actually saw Israeli forces firing on them.

      For Hamas to have executed a plan involving elaborate disguises, the Nova operation would have had to be pre-planned, and the Israeli police investigation has already ruled that Hamas was unaware of the festival in advance. Moreover, no other site of clashes on 7 October reported sightings of Palestinian fighters donning Israeli uniforms - neither at the various breached settlements, nor at the Israeli military bases they entered.

      Friendly fire

      In short, both the Border Police and Apache attack helicopters were deployed to the festival site immediately. According to Israeli Air Force (reserve) Colonel Nof Erez, the helicopters were in the air by 7:15 am - 45 minutes after the launch of Al-Aqsa Flood - with a significantly larger number deployed throughout southern Israel within a few hours.

      A survivor of the festival, Noa Kalash described hearing gunfire from both Hamas and Israeli forces, as well as airstrikes from attack helicopters and warplanes, while hiding in the bushes for hours to stay alive.

      “We hear guns all over the place and people shooting and we can already recognize if its terrorists shooting or if it’s the army. Or it is an airplane, or a helicopter or rockets,” Kalash recalled.

      It is abundantly clear that helicopter fire killed some of the terrified concertgoers. Haaretz quotes a police source saying that Apache helicopters “fired at the terrorists and apparently also hit some of the revelers who were there.”

      Multiple eyewitnesses who visited the Nova site after the battle ended described the horrific destruction. As another news report states:

      “It’s impossible to describe the scenes there in words. You can only list the sights that go on for a kilometer. There are hundreds of burned and bullet-riddled cars, huge wet bloodstains buzzing with flies and emitting a sickening odor, bags with body parts collected by the ZAKA [rescue] organization, thousands of bullets and casings and shrapnel of every kind.”

      A Times of Israel journalist who visited the site days later recounted that, “dozens of cars were parked in rows, some of them burnt husks containing charred bodies of young festival-goers who were shot and burned alive.”

      Saving bullets for soldiers

      Incredibly, Israeli officials claim it was Hamas fighters who destroyed hundreds of cars at Nova, burning their passengers alive. But Hamas did not have this kind of firepower.

      The group’s fighters were armed only with light machine guns and RPGs, and their ammunition was limited to what they could bring with them in pick-up trucks from Gaza.

      Guardian journalist Owen Jones noted this while discussing a 43-minute compilation of video footage from 7 October shown to select journalists by the Israeli army. He says Hamas fighters “urge bullets to be saved for killing soldiers. One terrified reveler in a car is asked, ‘Are you a soldier?’”

      As Jones notes: “So there is clearly some distinction being made between civilians and soldiers in the footage selected by Israel of the thousands of hours of footage which we don’t see.”

      While Hamas’ ammunition was limited, the Border Police were heavily armed and Apache helicopters are equipped with Hellfire missiles and 30 mm automatic chain guns, which can hold up to 1,200 rounds of ammunition and fire 625 rounds a minute.

      This suggests Israeli forces caused most of the death and destruction at Nova - which could be confirmed If Israel were to release all of its video footage from 7 October.

      The Hannibal Directive

      Israeli forces had not only the fire power, but also an official order to kill Israelis at Nova.

      A major reason Hamas launched the Al-Aqsa Flood operation was to take Israeli captives that could be exchanged for the thousands of Palestinians held captive in Israeli prisons. But Israeli forces were determined to prevent Hamas from taking captives back to Gaza, even if this meant killing the captured civilians.

      An investigation of Israel’s long-controversial Hannibal Directive concludes that “from the point of view of the army, a dead soldier is better than a captive soldier who himself suffers and forces the state to release thousands of captives in order to obtain his release.”

      But, on 7 October, according to a Yedioth Ahronoth investigation, the Hannibal Directive - which has previously only applied to army captives - was issued against Israeli civilians as well. The Hebrew-language daily writes that "at noon on October 7, the IDF [Israeli army] ordered all of its combat units in practice to use the ‘Hannibal Procedure’ although without clearly mentioning this explicitly by name.”

      The order was to stop “at all costs any attempt by Hamas terrorists to return to Gaza, that is, despite the fear that some of them have abductees,” the investigation concludes.

      In the days and weeks after the incident, Israeli authorities made a great show of distributing images of vehicles destroyed at the festival site, fully implying that the cars - and the dead victims inside - had been burned to a crisp by Palestinian fighters. The Yediot report completely upends that claim:

      “In the week after the attack, soldiers of elite units checked about 70 vehicles that were left in the area between the settlements and the Gaza Strip. These are vehicles that did not reach Gaza, because on the way they were shot by a combat helicopter, an anti-tank missile or a tank, and at least in some cases everyone in the vehicle was killed,” including Israeli captives.

      Nof Erez, the Israeli Air Force colonel noted above, similarly concluded, in regard to Israel’s indiscriminate use of helicopter firepower that day, that “The Hannibal directive was probably deployed because once you detect a hostage situation, this is Hannibal.”

      An apparent instance of this at the Nova festival was inadvertently documented by the BBC, which reported that video footage showed a woman who was taken hostage, but who:

      “Suddenly reappears two minutes later. She jumps and waves her arms in the air. She must think help is at hand - by this time, the Israeli Defence Forces had began their efforts to repel the incursion. But seconds later she slumps to the floor as bullets bounce around her. We don’t know if she survived.”

      The rationale for the Hannibal Directive was further explained by Brigadier General Barak Hiram, who ordered a tank to open fire on a home to resolve a hostage situation in Kibbutz Be’eri, “even at the cost of civilian casualties.” The strike killed 12 Israelis, including 12-year-old Liel Hetzroni, and dozens of Hamas fighters.

      “I am very afraid that if we return to Sarona [Israeli military headquarters in Tel Aviv] and try to hold all kinds of negotiations [to free hostages], we may fall into a trap that will tie our hands and not allow us to do what is required, which is to go in, manipulate, and kill them [Hamas]...”

      #7_octobre_2023 #Nova_festival #Hamas #FDI #directive_hannibal

  • L’obsolescence de l’homme, Günther Anders - Le blog d’André Jorge - Forums Enseignants du primaire
    https://forums-enseignants-du-primaire.com/blogs/entry/4995-l%E2%80%99obsolescence-de-l%E2%80%99homme-g%C3%

    « Pour étouffer par avance toute révolte, il ne faut surtout pas s’y prendre de manière violente. Les méthodes archaïques comme celles d’Hitler sont nettement dépassées. Il suffit de créer un conditionnement collectif en réduisant de manière drastique le niveau et la qualité de l’éducation, pour la ramener à une forme d’insertion professionnelle.

    Un individu inculte n’a qu’un horizon de pensée limité et plus sa pensée est bornée à des préoccupations matérielles, médiocres, moins il peut se révolter. Il faut faire en sorte que l’accès au savoir devienne de plus en plus difficile et élitiste... que le fossé se creuse entre le peuple et la science, que l’information destinée au grand public soit anesthésiée de tout contenu à caractère subversif.

    Là encore, il faut user de persuasion et non de violence directe : on diffusera massivement, via la télévision, des divertissements abrutissant, flattant toujours l’émotionnel, l’instinctif.

    On occupera les esprits avec ce qui est futile et ludique. Il est bon avec un bavardage et une musique incessante, d’empêcher l’esprit de s’interroger, penser, réfléchir. »

    « On mettra la sexualité au premier rang des intérêts humains. Comme anesthésiant social, il n’y a rien de mieux. En général, on fera en sorte de bannir le sérieux de l’existence, de tourner en dérision tout ce qui a une valeur élevée, d’entretenir une constante apologie de la légèreté ; de sorte que l’euphorie de la publicité, de la consommation deviennent le standard du bonheur humain et le modèle de la liberté »

  • Le Royaume-Uni accusé d’hypocrisie pour ne pas avoir soutenu la saisine de la CIJ pour génocide à Gaza
    Posted on janvier 9, 2024 | Patrick Wintour | The Guardian | Traduction SM pour l’AURDIP
    https://aurdip.org/le-royaume-uni-accuse-dhypocrisie-pour-ne-pas-avoir-soutenu-la-saisine-de-la

    Des experts soulignent que la requête auprès de la Cour internationale de justice présentée il y a six semaines au sujet du Myanmar révèle un calcul “totalement insincère”.

    L’Afrique du Sud va certainement mettre en évidence les arguments du Royaume-Uni relatifs au Myanmar, formulés conjointement avec le Canada, l’Allemagne, le Danemark, la France et les Pays-Bas, lorsqu’elle présentera son accusation de génocide contre Israël, dont les enjeux sont considérables.

    Le Royaume-Uni fait face à des accusations de « deux poids, deux mesures » après avoir soumis en bonne et due forme des arguments juridiques détaillés à la Cour internationale de justice de La Haye, il y a six semaines, à l’appui d’allégations selon lesquelles le Myanmar aurait commis un génocide contre le groupe ethnique des Rohingya, du fait des mauvais traitements infligés massivement aux enfants et des privations systématiques infligées aux personnes quant aux logements et à la nourriture.

    Le Royaume-Uni a présenté sa “déclaration d’intervention” de 21 pages aux côtés de cinq autres pays, mais ne soutient pas l’Afrique du Sud qui se prépare jeudi prochain à chercher à convaincre la CIJ qu’Israël court le risque de commettre un génocide contre le peuple palestinien.

    La requête du Royaume-Uni relative au Myanmar assure que le seuil de détermination du génocide est plus bas lorsque les préjudices ont été infligés à des enfants plutôt qu’à des adultes. Selon ce document, d’autres actions pourraient être définies comme génocidaires si elles sont systématiques, notamment les déplacements forcés des personnes hors de leurs foyers, la privation de services médicaux et la réduction de l’alimentation au strict nécessaire.
    (...)
    Selon Tayab Ali, chef du service de droit international au cabinet juridique Bindmans, la requête déposée par le Royaume-Uni sur le Myanmar a l’intérêt de “montrer l’importance accordée par le Royaume-Uni à l’adhésion à la convention [des Nations unies] sur le génocide et [de] montrer qu’elle adopte une définition non pas étroite, mais large, des actes de génocide, et de l’intention de commettre un génocide. Elle a également souligné clairement que la Cour devait tenir compte de la mise en danger des vies après un cessez-le feu en raison des dommages subis, de l’incapacité des personnes à vivre dans leur foyer et de toute une gamme d’injustices.

    “Il serait totalement insincère que le Royaume-Uni, six semaines après avoir proposé une définition aussi pertinente et large du génocide dans le cas du Myanmar, adopte maintenant une définition étroite dans le cas d’Israël.”

    L’Afrique du Sud va certainement mettre en avant les arguments du Royaume-Uni relatifs au Myanmar, formulés conjointement avec le Canada, l’Allemagne, le Danemark, la France et les Pays-Bas, lorsqu’elle présentera son accusation de génocide contre Israël, dont les enjeux sont considérables. (...)

    #CIJ

  • Workers at a Boeing Supplier Raised Issues About Defects. The Company Didn’t Listen.
    https://jacobin.com/2024/01/alaska-airlines-boeing-parts-malfunction-workers-spirit-aerosystems

    La sous-traitance et le licenciement de techniciens expérimentés menace la sécurité des avions Boeing. Ces problèmes touchent toutee les entreprises et organisations qui sont gérées dans le but d’optimisation financière. Là c’est la vie des passagers qui est mise en danger, ailleurs on détruit des structures d’entraide et on oblige des millions d’employés à travailler pour un salair de misère. Les dégats se sentent partout, dans tous les pays capitalistes. Il n’y a que les symdicats et le mouvement ouvrier qui peuvent nous protéger contre.

    9.1.2024 by Katya Schwenk, David Sirota , Lucy Dean Stockton, Joel Warner - Less than a month before a catastrophic aircraft failure prompted the grounding of more than 150 of Boeing’s commercial aircraft, documents were filed in federal court alleging that former employees at the company’s subcontractor repeatedly warned corporate officials about safety problems and were told to falsify records.

    One of the employees at Spirit AeroSystems, which reportedly manufactured the door plug that blew out of an Alaska Airlines flight over Portland, Oregon, allegedly told company officials about an “excessive amount of defects,” according to the federal complaint and corresponding internal corporate documents reviewed by us.

    According to the court documents, the employee told a colleague that “he believed it was just a matter of time until a major defect escaped to a customer.”

    The allegations come from a federal securities lawsuit accusing Spirit of deliberately covering up systematic quality-control problems, encouraging workers to undercount defects, and retaliating against those who raised safety concerns. Read the full complaint here.

    Although the cause of the Boeing airplane’s failure is still unclear, some aviation experts say the allegations against Spirit are emblematic of how brand-name manufacturers’ practice of outsourcing aerospace construction has led to worrisome safety issues.

    They argue that the Federal Aviation Administration (FAA) has failed to properly regulate companies like Spirit, which was given a $75 million public subsidy from Pete Buttigieg’s Transportation Department in 2021, reported more than $5 billion in revenues in 2022, and bills itself as “one of the world’s largest manufacturers of aerostructures for commercial airplanes.”

    “The FAA’s chronic, systemic, and longtime funding gap is a key problem in having the staffing, resources, and travel budgets to provide proper oversight,” said William McGee, a senior fellow for aviation and travel at the American Economic Liberties Project, who has served on a panel advising the US Transportation Department. “Ultimately, the FAA has failed to provide adequate policing of outsourced work, both at aircraft manufacturing facilities and at airline maintenance facilities.”

    David Sidman, a spokesperson for Boeing, declined to comment on the allegations raised in the lawsuit. “We defer to Spirit for any comment,” he wrote in an email to us.

    Spirit AeroSystems did not respond to multiple requests for comment on the federal lawsuit’s allegations. The company has not yet filed a response to the complaint in court.

    “At Spirit AeroSystems, our primary focus is the quality and product integrity of the aircraft structures we deliver,” the company said in a written statement after the Alaska Airlines episode.

    The FAA did not immediately respond to a request for comment on its oversight of Spirit.
    “Business Depends Largely on Sales of Components for a Single Aircraft”

    Spirit was established in 2005 as a spin-off company from Boeing. The publicly traded firm remains heavily reliant on Boeing, which has lobbied to delay federal safety mandates. According to Spirit’s own Securities and Exchange Commission filings, the company’s “business depends largely on sales of components for a single aircraft program, the B737,” the latest version of which — the 737 Max 9 — has now been temporarily grounded, pending inspections by operators.

    Spirit and Boeing are closely intertwined. Spirit’s new CEO Patrick Shanahan was a Trump administration Pentagon official who previously worked at Boeing for more than thirty years, serving as the company’s vice president of various programs, including supply chain and operations, all while the company reported lobbying federal officials on airline safety issues. Spirit’s senior vice president Terry George, in charge of operations engineering, tooling, and facilities, also previously served as Boeing’s manager on the 737 program.

    Last week’s high-altitude debacle — which forced an Alaska Airlines 737 Max 9’s emergency landing in Portland — came just a few years after Spirit was named in FAA actions against Boeing. In 2019 and 2020, the agency alleged that Spirit delivered parts to Boeing that did not comply with safety standards, then “proposed that Boeing accept the parts as delivered” — and “Boeing subsequently presented [the parts] as ready for airworthiness certification” on hundreds of aircraft.

    Then came the class-action lawsuit: In May 2023, a group of Spirit AeroSystems’ shareholders filed a complaint against the company, claiming it made misleading statements and withheld information about production troubles and quality-control issues before media reports of the problems led to a major drop in Spirit’s market value.

    An amended version of the complaint, filed on December 19, provides more expansive charges against the company, citing detailed accounts by former employees alleging extensive quality-control problems at Spirit.

    Company executives “concealed from investors that Spirit suffered from widespread and sustained quality failures,” the complaint alleges. “These failures included defects such as the routine presence of foreign object debris (‘FOD’) in Spirit products, missing fasteners, peeling paint, and poor skin quality. Such constant quality failures resulted in part from Spirit’s culture which prioritized production numbers and short-term financial outcomes over product quality, and Spirit’s related failure to hire sufficient personnel to deliver quality products at the rates demanded by Spirit and its customers including Boeing.”
    “We Are Being Asked to Purposely Record Inaccurate Information”

    The court documents allege that on Feruary 22, 2022, one Spirit inspection worker explicitly told company management that he was being instructed to misrepresent the number of defects he was working on.

    “You are asking us to record in a inaccurately [sic] way the number of defects,” he wrote in an email to a company official. “This make [sic] us and put us in a very uncomfortable situation.”

    The worker, who is unnamed in the federal court case, submitted an ethics complaint to the company detailing what had occurred, writing in it that the inspection team had “been put on [sic] a very unethical place,” and emphasizing the “excessive amount of defects” workers were encountering.

    “We are being asked to purposely record inaccurate information,” the inspection worker wrote in the ethics complaint.

    He then sent an email to Spirit’s then CEO, Tom Gentile, attaching the ethics complaint and detailing his concerns, saying it was his “last resort.”

    When the employee had first expressed concerns to his supervisor about the mandate, the supervisor responded “that if he refused to do as he was told, [the supervisor] would fire him on the spot,” the court documents allege.

    After the worker sent the first email, he was allegedly demoted from his position by management, and the rest of the inspection team was told to continue using the new system of logging defects.

    Ultimately, the worker’s complaint was sustained, and he was restored to his prior position with back pay, according to the complaint. He quit several months later, however, and claimed that other inspection team members he had worked with had been moved to new positions when, according to management, they documented “too many defects.”
    “Spirit Concealed the Defect”

    In August 2023, news broke that Boeing had discovered a defect in its MAX 737s, delaying rollout of the four hundred planes it had set to deliver this year. Spirit had incorrectly manufactured key equipment for the fuselage system, as the company acknowledged in a press statement.

    But these defects had been discovered by Spirit months before they became public, according to the December court filings.

    The court documents claim that a former quality auditor with Spirit, Joshua Dean, identified the manufacturing defects — bulkhead holes that were improperly drilled — in October 2022, nearly a year before Boeing first said that the defect had been discovered. Dean identified the issue and sent his findings to supervisors on multiple occasions, telling management at one point that it was “the worst finding” he had encountered during his time as an auditor.

    “The aft pressure bulkhead is a critical part of an airplane, which is necessary to maintain cabin pressure during flight,” the complaint says. “Dean reported this defect to multiple Spirit employees over a period of several months, including submitting formal written findings to his manager. However, Spirit concealed the defect.”

    In April 2023, after Dean continued to raise concerns about the defects, Spirit fired him, the complaint says.

    In October 2023, Boeing and Spirit announced they were expanding the scope of their inspections. The FAA has said it is monitoring the inspections, but said in October there was “no immediate safety concern” as a result of the bulkhead defects.
    “Emphasis on Pushing Out Product Over Quality”

    Workers cited in the federal complaint attributed the alleged problems at Spirit to a culture that prioritized moving products down the factory line as quickly as possible — at any cost. The company has been under pressure from Boeing to ramp up production, and in earnings calls, Spirit’s shareholders have pressed the company’s executives about its production rates.

    According to the Financial Times, after the extended grounding of Boeing’s entire fleet of 737 Max airlines following two major crashes in 2018 and 2019, “the plane maker has sought to increase its output rate and gain back market share it lost to Airbus,” its European rival.

    Spirit, which also produces airframe components for Airbus, has felt the pressure of that demand. As Shanahan noted in Spirit’s third-quarter earnings call on November 1, “When you look at the demand for commercial airplanes, having two of the biggest customers in the world and not being able to satisfy the demand, it should command our full attention.”

    According to the court records, workers believed Spirit placed an “emphasis on pushing out product over quality.” Inspection workers were allegedly told to overlook defects on final walkthroughs, as Spirit “just wanted to ship its completed products as quickly as possible.”

    Dean claimed to have noticed a significant deterioration in Spirit’s workforce after Spirit went through several rounds of mass layoffs in the early days of the COVID-19 pandemic, despite the huge influx in government funding they received.

    According to court documents, Dean said that “Spirit laid off or voluntarily retired a large number of senior engineers and mechanics, leaving a disproportionate number of new and less experienced personnel.”
    “Over-Tightening or Under-Tightening That Could Threaten the Structural Integrity”

    After the Alaska Airlines plane was grounded, United Airlines launched an independent inspection of its planes. Initial reporting shows that inspectors found multiple loose bolts throughout several Boeing 737 Max 9 planes. Alaska Airlines is currently conducting an audit of its aircraft.

    Concerns about properly tightened equipment were detailed in the federal complaint.

    “Auditors repeatedly found torque wrenches in mechanics’ toolboxes that were not properly calibrated,” said the complaint, citing another former Spirit employee. “This was potentially a serious problem, as a torque wrench that is out of calibration may not torque fasteners to the correct levels, resulting in over-tightening or under-tightening that could threaten the structural integrity of the parts in question.”

    According to former employees cited in the court documents, in a company-wide “toolbox audit,” more than one hundred of up to 1,400 wrenches were found out of alignment.

    On Spirit’s November earnings call, after investors pressed the company’s new CEO about its quality-control problems, Shanahan promised that the company was working to fix the issues — and its reputation.

    “The mindset I have is that we can be zero defects,” he said. “We can eliminate all defects. . . . But every day, we have to put time and attention to that.”

    #USA #aviation #sécurité #syndicalisme #travail #sous-traitance #salaire

  • Assassinat de Saleh el-Arouri : le modus operandi de l’attaque - L’Orient-Le Jour
    https://www.lorientlejour.com/article/1363598/assassinat-de-saleh-el-arouri-le-modus-operandi-de-lattaque.html

    L’élimination en plein cœur de la banlieue sud de Beyrouth du haut cadre du mouvement islamiste palestinien a été possible grâce à une combinaison de moyens militaires, technologiques et humains. Et les nouvelles technologies dont dispose l’État hébreu ont constitué un élément fondamental. C’est ce que confirment plusieurs experts militaires ainsi que des spécialistes des cyberattaques.

    Comment Israël, présumé être l’auteur du meurtre et qui n’en est pas à son premier assassinat au Liban, a-t-il pu réaliser ce coup sachant qu’une personnalité aussi recherchée que Saleh el-Arouri était censée prendre les mesures sécuritaires les plus rigoureuses ? Plusieurs facteurs ont « facilité » le repérage et le ciblage du numéro deux du Hamas. Tout d’abord, l’élément humain ou, autrement dit, les opérations d’espionnage : on le sait déjà, le Liban est depuis longtemps un terrain fertile pour le recrutement d’agents pour le compte de l’État hébreu. Plusieurs rapports médiatiques publiés notamment en 2022 évoquaient déjà une déferlante de réseaux d’espionnage. Le quotidien en ligne Asas évoquait dans une enquête publiée cette année-là plus de 170 réseaux opérant sur le terrain libanais, soit plus de 10 000 agents en fonction. Un enrôlement qui aurait été entre autres facilité par la pandémie du Covid, selon une source sécuritaire citée par le site, mais pas seulement.

    En 2014, le Mossad israélien a modernisé son système d’enrôlement en recourant aux nouvelles technologies. Le service de renseignements hébreu avait lancé une campagne internationale sur les réseaux sociaux par le biais d’un nouveau site internet, destiné à attirer les candidats et promettant une bonne rémunération. Le Liban qui traverse une crise économique sans précédent depuis 2019 fait partie des pays les plus ciblés depuis. « Les Israéliens s’adressaient aux Arabes dans leur langue avec des promesses alléchantes », explique pour L’OLJ Janane Khoury, professeure en droit pénal international et conseillère en cybersécurité.

    « Il ne faut pas croire que les rémunérations offertes aux Libanais sont élevées. C’est une idée reçue », rectifie l’ancien directeur de la Sûreté générale et ancien chef adjoint des services de renseignements de l’armée, Abbas Ibrahim, probablement pour dissuader tout candidat potentiel. Il n’empêche que, selon lui, l’assassinat de Saleh el-Arouri a pu être perpétré grâce à des agents sur le terrain qui l’ont repéré et suivi depuis un certain temps. « Il y a eu des bévues probablement à cause d’une trop grande confiance dans le système sécuritaire assuré par le Hezbollah et d’un certain laxisme », commente pour sa part le général Khaled Hamadé, un officier de l’armée à la retraite. D’après lui, l’attaque contre le numéro deux du Hamas a certainement nécessité l’emploi de taupes très proches de son camp, probablement issues des rangs palestiniens, voire même des milieux du parti chiite. Une thèse que seule l’enquête, si elle devait aboutir, pourrait confirmer ou infirmer.

    Faux pas
    « Saleh el-Arouri se déplaçait beaucoup à l’intérieur comme à l’extérieur du pays et rencontrait beaucoup de gens. Il a certainement fait un ou plusieurs faux pas en défiant les règles de sécurité qui lui étaient imposées », dit Abbas Ibrahim. Parmi ces faux pas, l’éventualité de l’emploi d’un portable ou de n’importe quel dispositif produisant des émissions et la connexion aux réseaux sociaux.

    Ali Ahmad, professeur d’université en communication politique et spécialiste des réseaux sociaux, précise à notre journal que les méthodes pour le repérer sont multiples. Il a pu être notamment localisé la toute première fois « grâce à l’empreinte de sa voix qui peut être détectée par des logiciels sophistiqués sur un diamètre qui peut atteindre les 50 mètres au moins », explique l’expert. Comme Israël savait parfaitement qu’il résidait quelque part dans la banlieue sud, il n’avait plus qu’à sonder progressivement la région pour tenter de repérer sa voix, un travail toutefois de longue haleine. « Il suffit qu’il ait utilisé une seule fois le portable pour définir sa position et pour que commence la chasse à l’homme », dit M. Ahmad. « Les Israéliens ont de toute évidence l’empreinte vocale de Hassan Nasrallah. S’ils n’arrivent pas à le localiser à ce jour, c’est tout simplement parce qu’ils ne peuvent absolument pas détecter les émissions de sa voix là où il se trouve », précise encore l’expert.

    D’autres moyens auraient également pu servir pour la filature de la cible selon le spécialiste, à savoir les nouvelles plaques d’immatriculation récemment magnétisées des voitures qui peuvent donc être détectées par un système adapté. « Ce qui est notoire, c’est qu’ils ont tiré sur l’une des voitures du cortège, celle de Arouri, ainsi que sur l’appartement où il s’est rendu pour s’assurer de leur coup au cas où il aurait tardé à sortir du véhicule », décrypte le général Hamadé.

    Avion vs drone
    D’après les éléments recueillis dans le cadre de l’enquête primaire, l’État hébreu aurait eu recours, outre à un agent du terrain pour coordonner les informations, aux drones – qui prenaient des images de haute précision du lieu et des personnes ciblées – et d’un ou plusieurs avions pour lancer les roquettes. L’avion, vraisemblablement équipé de système de brouillage selon les enquêteurs, n’a de toute évidence pas été repéré par les radars de l’armée libanaise. Parmi les six roquettes qui ont visé l’emplacement où Saleh el-Arouri se trouvait, deux d’entre elles n’ont pas éclaté. C’est ce qui a permis aux enquêteurs militaires d’identifier la nature des missiles et d’en conclure que le tir a été effectué à partir d’un avion et non d’un drone qui se trouvait également dans l’espace aérien adjacent ce jour-là.
    « Ce type de roquette, appelé GBU 39 B, ou bombe de petit diamètre, est téléguidé et pèse 120 kg. Il est trop lourd pour être transporté par un drone », confie anonymement à L’OLJ une source militaire proche des services de renseignements. « De toute évidence, nous sommes en présence d’une véritable cyberguerre (cyber war) », indique pour sa part Ali Ahmad en référence au repérage et au pistage de la cible et des moyens technologiques employés pour son élimination.

    Un domaine dans lequel le Liban, classé 117e mondialement selon l’Union internationale des télécommunications, est extrêmement en retard alors qu’Israël trône parmi les 5 États les plus avancés dans le secteur des technologies de l’information et de la communication, comme l’explique Mme Khoury. « Il faut que le Liban prenne conscience de la toute-puissance technologique des Israéliens qui détiennent un service militaire spécialisé, appelé l’“unité militaire 8200” relevant du ministère de la Défense. Ce service, qui recueille toutes sortes de données à des fins de renseignements militaires, est l’un des plus grands au monde », précise l’experte. « Avec près de 500 sociétés parmi les plus performantes implantées sur son sol, l’État hébreu couvre ainsi tous les domaines de la cybersécurité et de l’espionnage », ajoute-t-elle.

    La puissance technologique dont dispose les services israéliens est très impressionnante. Le rapport de force semble sans aucune mesure avec le Hezbollah sous cet angle. Force en tout cas est de constater que ce dernier n’a jamais pu mener d’opération de ce type contre des politiques ou des militaires israéliens, faute peut-être aussi de réseaux de renseignement implantés sur place.

  • US gives Spain ultimatum to ’rectify its decision’ and join anti-Yemen alliance
    https://new.thecradle.co/articles-id/18221

    Les Espagnols sommés de se coucher devant les USA.

    Pentagon officials are pressuring Spain to “reconsider its refusal” to take part in the Red Sea Operation Prosperity Guardian (OPG) and have set an 11 January deadline for Madrid to “join with a ship or, at least, with personnel stationed in the area,” according to informed sources who spoke with Spanish daily El Confidencial.

    As the US-led alliance struggles to make an impact against the pro-Palestine actions of the Yemeni armed forces, the Chairman of the Joint Chiefs of Staff, General Charles Brown, on Monday contacted his Spanish counterpart, Admiral Teodoro Lopez Calderon, to reiterate Washington’s “desire to work with all nations that share an interest in defending the principle of freedom of navigation and ensuring safe passage for global shipping.”

    “Spain is a vital NATO ally and shares a long and strategic relationship with the US,” says the US navy readout of the phone call.

    In parallel to this conversation, which was made public, a separate phone call took place between the US Secretary of the Navy, Carlos del Toro, and the Spanish ambassador in Washington, Santiago Cabanas, during which the Pentagon official “in much more direct language” pressed Madrid to take part in the naval coalition in support of Israel.

    “[Del Toro] gave [Cabanas], at the end of the conversation, a kind of ultimatum: He wants to know, at the latest on Thursday the 11th, if Spain corrected its decision,” El Confidencial reports.

    Spain has been the most vocal NATO member to reject being named part of this “coalition of the willing,” vetoing a vote at the EU that called for support of the coalition and making it clear that its forces committed to Operation Atalanta – a counter-piracy operation off the Horn of Africa and in the Western Indian Ocean – would not join OPG.

    The veto by the Spanish mission to Brussels was a direct order from Prime Minister Pedro Sanchez, according to local reports.

    This public pushback prompted US President Joe Biden to contact Sanchez in late December to discuss the crisis in Gaza and warn him about the “Houthi threat” in the Red Sea.

    Nonetheless, Sanchez maintained his decision against joining OPG and also refused to join a statement that the US and its main European and Asian allies published on 3 January in which they issued a collective warning to Yemen. France did not subscribe to this text either.

  • Nobel winner joins push to boycott German cultural institutions over #Gaza | Israel War on Gaza News | Al Jazeera
    https://www.aljazeera.com/news/2024/1/11/artists-urged-to-reject-german-institutions-over-berlins-stance-on-gaza

    Berlin, Germany – More than 500 global artists, filmmakers, writers and culture workers have announced a push against Germany’s stance on Israel’s war on Gaza, calling on creatives to step back from collaborating with German state-funded associations.

    Launched this week, the campaign, backed by French author and Nobel Prize for literature winner #Annie_Ernaux, and Palestinian poet and activist Mohammed El-Kurd, alleges Germany has adopted “McCarthyist policies that suppress freedom of expression, specifically expressions of solidarity with #Palestine”.

    #Allemagne

  • Irán incauta un petrolero de EEUU por orden judicial en el mar de Omán | HISPANTV
    https://www.hispantv.com/noticias/defensa/577968/iran-incauta-petrolero-eeuu-mar-oman

    Irán advierte que es totalmente capaz de tomar represalias “a mayor escala” a su debido tiempo contra el robo de un millón de barriles de su crudo por EE.UU.

    En agosto pasado, la Armada estadounidense descargó en el puerto de Texas el petrolero con bandera de las islas Marshall, llamado Suez Rajan, ahora St Nikolas, que transportaba 800 000 barriles del petróleo iraní.

    El petrolero Suez Rajan fue incautado ilegalmente por Washington en abril de 2023, bajo el pretexto de “una operación de aplicación de sanciones”, y guiado hacia el puerto de Texas.

    El robo del crudo iraní se produjo, a pesar de las advertencias de Irán y después de que las empresas petroleras estadounidenses resistieran la tentación de hacerse con el buque por temor a represalias iraníes en las aguas del Golfo Pérsico.

    Además, ocurrió días después de que un grupo de senadores y representantes de la Cámara de Representantes estadounidenses, a instancias del lobby israelí en Washington, comenzara a aumentar la presión sobre la Administración de Joe Biden para que descargara el buque cisterna, sin considerar sus posibles repercusiones.

  • Absurdität und Arroganz: Was Wolfgang Schäubles Wirken im Einigungsprozess den DDR-Bürgern brachte
    https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/absurditaet-und-arroganz-was-wolfgang-schaeubles-wirken-im-einigung


    Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (l.) und DDR-Staatssekretär Günther Krause bei der Unterzeichnung der Urkunden zum Einigungsvertrag am 31.08.1990. In der Mitte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière. Im Palais Unter den Linden in Berlin wurde der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik per 3. Oktober 1990 besiegelt.

    1.1.2024 von Hans Modrow, mtk| - Hans Modrow beschrieb in einer Rede in Zürich die Haltung der westdeutschen Eliten in den Jahren nach 1990 und die offiziöse Geschichtsschreibung: Sind wir inzwischen „ein Volk“?

    Der am Dienstag im Alter von 81 Jahren verstorbene CDU-Politiker Wolfgang Schäuble hat in den vergangenen Tagen vielfache Würdigung erfahren. In frischer Erinnerung sind seine Jahre als Minister in der Regierung Merkel und als Präsident des Deutschen Bundestages – als energischer Verteidiger der Demokratie. Sein Anteil als von Bundeskanzler Helmut Kohl beauftragter Verhandlungsführer am Zustandekommen des Vertrages über die deutsche Einheit im Jahr 1990 fand in den Nachrufen allenfalls kurze Erwähnung. Das mag einerseits an dem Gebot des Anstandes und der Pietät liegen, einem jüngst Verstorbenen nichts Schlechtes nachzureden, andererseits daran, dass der Inhalt dieses Vertrages das Leben der Bürger der alten Bundesrepublik wenig beeinflusste – und damit auch das der Nachrufautorinnen und -autoren.

    In einem von der ARD ausgestrahlten Nachruf erinnerte Richard Schröder, seinerzeit Vorsitzender der SPD-Fraktion in der letzten DDR-Volkskammer, dass die Seite mit dem Geld den Lauf der Verhandlungen bestimmt habe. Der Mann mit dem Geld war Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble gewesen. Er trat im Mai 1990 mit einem Entwurf des Einigungsvertrages an, dem DDR-Verhandlungsführer Günther Krause mit einem Fünf-Seiten-Papier begegnete.

    Etliche der im Vertrag festgelegten Regeln sollten in den kommenden Jahren das Leben der DDR-Bürger über den Haufen werfen – man denke nur an das Prinzip Rückgabe vor Entschädigung von Eigentum in der DDR, (Richard Schröder hatte sich für Entschädigung vor Rückgabe starkgemacht.), die von der Treuhand zu erledigende Komplettabwicklung des Volkseigentums und die Privatisierung in „pragmatischer Eile“ oder die Frage der Berufsabschlüsse. DDR-Bürgern wurde in Kapitel VII des Vertrages die Gnade eingeräumt, auf Antrag eine „Gleichwertigkeitsfeststellung“ zu erlangen.

    Wolfgang Schäuble, in den Nachrufen politisch auch als „harter Knochen“ bezeichnet, hat bis zum Schluss keinen Hinweis gegeben, ob er Teile des Vertragswerkes später als unglücklich und der inneren Einheit nicht dienlich empfand. Zwei Jahre nach Unterzeichnung des Vertrages durch Schäuble und seinen im Westen viel verspotteten DDR-Partner Günther Krause schrieb der Spiegel: „Das Dogma Eigentumsrecht, die Ideologie, dass der Grundbesitz des Einzelnen über allem steht, erweist sich immer stärker und bedrohlicher als schwerster Fehler bei der Gestaltung der Einheit.“ Als Folgen diagnostizierte das Blatt: „Der Hass auf die Raffkes aus dem Westen wächst.“ Das Vertrauen in den Rechtsstaat schmelze dahin. Über den Vereinigungsvertrag, das Werk des Juristen Schäuble, heißt es: „Ein juristisches Glanzstück war das nicht.“

    Im März 1990 hatte die DDR-Regierung unter Hans Modrow noch ein Gesetz erlassen, demgemäß Bürger die volkseigenen Grundstücke, auf denen ihr Eigenheim stand, noch günstig kaufen und so vor dem West-Zugriff schützen konnten. Das war eine der Maßnahmen, mit denen Hans Modrow, letzter Ministerpräsident der DDR mit Parteibuch der PDS, vormals SED, die Einheit vorbereitete. Er hatte die erste freie Wahl am 18. März 1990 vorbereitet, in der eine klare Mehrheit unmissverständlich den Wunsch nach rascher Wiedervereinigung ausdrückte. Die Machtübergabe an seinen CDU-Nachfolger Lothar de Maizière verlief ruhig und geordnet.

    Am 16. April 2019 hielt der kürzlich verstorbene Hans Modrow einen Vortrag an der international hoch anerkannten Schweizer Eidgenössischen Technischen Hochschule, ETH, in Zürich, in dem er ohne Bitterkeit die Absurdität und auch Arroganz der westdeutschen Eliten aufzeigt, die gegenüber ostdeutscher Lebenswirklichkeit bis heute durchgehalten wird. Eine Einladung einer deutschen Hochschule hatte er nie erhalten. Die Schweizer gaben ihm die Möglichkeit, eine solche Rede zu halten, die im eigenen Land keiner hören wollte. Wolfgang Schäuble wird in dem Text nicht namentlich genannt. Sein Wirken aber liegt an der Wurzel von Modrows Lebensbilanz.
    Maritta Tkalec

    Hier die Rede mit dem Titel „30 Jahre nach dem Fall der Mauer – Europa damals und heute“ im Wortlaut:

    In den frühen Siebzigerjahren erschien ein Roman des deutschjüdischen Schriftstellers Stefan Heym mit dem Titel „Der König David Bericht“. In diesem ging es im Wesentlichen darum, dass im Nachgang historische Vorgänge umgeschrieben wurden, damit diese die Gegenwart und vor allem den Auftraggeber rühmten. Die damalige Literaturkritik in West und Ost, nicht frei vom Zeitgeist, interpretierte diesen Vorgang auf unterschiedliche Weise. Heute, wo es nur noch Westen gibt, ist sie sich einig: Heym attackierte damit den Stalinismus, den Machtmissbrauch, die Zensur und auch den Antisemitismus.

    Dabei sind jene, die dies postulieren, sich nicht einmal bewusst, dass sie selbst eigentlich nicht frei sind von jenen Verhaltensmustern, die der DDR-Autor Heym kritisierte.

    Mit dem Herbst ’89, der DDR im Allgemeinen und ihrem Ende im Besonderen ist es nicht anders.

    Seit dreißig Jahren wird ein Bild vornehmlich von jenen gezeichnet, die entweder nicht dabei waren, oder aber von Menschen, die sich als Opfer der DDR verstehen. Nun stelle ich keineswegs in Zweifel, dass etliche Ostdeutsche aus unterschiedlichen Gründen in der DDR nicht heimisch wurden und lieber gingen als blieben. Aber in keinem Staat leben nur glückliche Menschen. Allenfalls im biblischen Paradies – doch auch dort wurde das Machtmonopol repressiv eingesetzt. Bekanntlich wurden die Bürger Adam und Eva ausgewiesen.

    In der offiziösen Geschichtsschreibung über die DDR dominiert die sogenannte Opferperspektive. Weil sie die These von der Befreiung stützt und dem vermeintlichen Sieger Lob und Legitimation für sein Tun verschafft. Eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Sicht findet allenfalls an der Peripherie und selten im akademischen Raum statt. Die vorherrschende Meinung war und ist die Meinung der in Politik, Medien und Wissenschaft Herrschenden. Widersprechende Zeitzeugen, so sie aus der politischen Klasse der DDR stammen, bekommen entweder einen Maulkorb oder das Etikett „Täter“ verpasst. Wer ein gutes Haar an dieser untergegangenen DDR lässt, gilt als ewiggestrig, als unbelehrbar, als dogmatisch und – was ja der Sinn dieser denunziatorischen Übung war und ist – als unglaubwürdig.

    Da hilft es auch nicht, wenn man die deutsche Frage in einen internationalen Kontext stellt, wenn man vom Kalten Krieg spricht und beide Seiten zu gleichen Teilen für diesen unfriedlichen Zustand verantwortlich macht. Schuld haben nur die einen: die Verlierer.

    Noch weniger hinnehmbar ist, dass man von der „zweiten deutschen Diktatur“ spricht und ein Gleichheitszeichen setzt zwischen dem verbrecherischen Nazi-Reich und der zweiten deutschen Republik, der DDR. Einige behaupteten sogar, der Strich auf dem Bahnhof Friedrichstraße in Berlin gliche dem auf der Rampe in Auschwitz. Und da es keine vergleichbaren Leichenberge gab, sprach man ersatzweise vom „Auschwitz der Seelen“. Dass dies nicht nur die Menschen empörte, die die Nazibarbarei in Konzentrationslager und im Exil überlebt hatten und zur Gründergeneration der DDR gehörten, muss ich nicht betonen.

    Erfahrung von Krieg und Gefangenschaft

    Ich selbst kam 1949 – in jenem Jahr, als die Bundesrepublik und die DDR gegründet wurden – aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft. Nicht nach Hause, denn das lag in Pommern und nunmehr in Polen. Die Nazis hatten mich 17-jährig in ihr letztes Aufgebot gesteckt, und ohne jemals einen Schuss abgegeben zu haben, durfte ich vier Jahre lang in den Weiten Russlands Holz schlagen. Aber, und deshalb setze ich dies an den Beginn meines Vortrags: Ich war damals auch mit jener Unwissenheit geschlagen, die die Herrschenden – damals also die Nazi-Clique – brauchen, um Menschen in den Krieg zu schicken. Gegen diese Unwissenheit setzten damals die Sowjets die Aufklärung. In den sogenannten Antifa-Schulen klärten sie deutsche Ex-Soldaten darüber auf, wer diesen Krieg gemacht hatte, warum er geführt wurde, wer davon profitierte und wer dafür bezahlen musste. Auch ich hörte dort zum ersten Male davon.

    Kriege werden immer um Territorien, um Rohstoffe und Absatzmärkte, um Macht und Einfluss geführt. Die Ideen, um deren Verbreitung angeblich immer gekämpft würde, und die vermeintliche Befreiung von in Knechtschaft gehaltenen Menschen, sind reine Propaganda. Die angebliche „Rettung des Vaterlandes“ und die „Beseitigung des jüdischen Bolschewismus“ kostete zwischen 1933 und 1945 mehr als fünfzig Millionen Menschen das Leben.

    Europa war nach dem 8. Mai 1945 – die Schweiz ausgenommen – ein Leichen- und Trümmerfeld. Und die Siegermächte der Antihitlerkoalition beschlossen in Potsdam die Nachkriegsordnung für den Kontinent. Am 30. Januar 1933 hatte das deutsche Großkapital die Nazis an die Macht gebracht, weil es sich von ihnen höhere Rendite erwartete. Ohne diesen 30. Januar 1933 wären zwölf Jahre später in Berlin nicht die Kapitulation besiegelt und Deutschland nicht militärisch besetzt worden. Unmittelbar danach brachen die Interessengegensätze zwischen den einstigen Verbündeten auf, es begann ein Kalter Krieg, der zur Spaltung nicht nur Deutschlands, sondern Europas führte. Die Teilung Deutschlands, die ich bei meiner Rückkehr vorfand, empfand ich stets als Quittung für den von Deutschland 1939 begonnenen Eroberungskrieg. Ich war damals elf Jahre alt und daran unschuldig. Doch ich war jetzt nicht nur um eine Erfahrung reicher, sondern nunmehr auch verantwortlich dafür, dass Faschismus und Krieg nie, nie wieder stattfinden durften. Ich hatte meine Lektion in der Kriegsgefangenschaft gelernt.
    „Lass uns dir zum guten dienen, Deutschland einig Vaterland“

    Die Teilung Deutschlands hielten wir im Osten für einen temporären Vorgang – zumal die Bildung der DDR im Nachgang zur Gründung eines Separatstaates in den drei westlichen Besatzungszonen erfolgt war. Zwangsläufig. Denn wenn es auf der einen Seite eine Bundesrepublik Deutschland gab, durfte auf der anderen Seite das sowjetisch besetzte Territorium nicht weiter eine Zone bleiben. Auch wenn absichtsvoll bis in die 1960er-Jahre Bundeskanzler Adenauer nur von der „Sowjetzone“ sprach und später das Kürzel DDR in Anführungszeichen gesetzt wurde.

    Erst als 1973 beide deutsche Staaten gleichberechtigte Mitglieder der Uno wurden, zog mit der Entspannungspolitik auch ein wenig Normalität in die deutsch-deutschen Beziehungen ein. Eine völkerrechtliche Anerkennung der DDR durch die BRD, eine Respektierung ihrer Bürger als Staatsbürger eines anderen Landes erfolgte bis zum Ende 1990 jedoch nie. Aber noch einmal: Die DDR verstand sich mindestens in ihrer Anfangszeit als Provisorium, ihr Parlament hieß „Provisorische Volkskammer“, und in der Nationalhymne sangen wir (erstmals am 6. Oktober 1949): „Auferstanden aus Ruinen / und der Zukunft zugewandt, / lass uns dir zum Guten dienen, / Deutschland, einig Vaterland.“

    Meine Partei, die SED, forderte „Deutsche an einen Tisch!“, unterbreitete Vorschläge, wie man zu einer Konföderation käme, und wollte den anormalen Zustand – denn die Teilung Deutschlands wurde als widernatürlich empfunden – überwinden. Diese Teilung wurde in der BRD jedoch zementiert. Man lehnte dort die Stalin-Noten von 1952 ab, mit denen Moskau u. a. freie Wahlen in ganz Deutschland und den Abzug aller Besatzungstruppen vorgeschlagen hatte. Die Adenauer-Regierung forcierte stattdessen die Westintegration der Bundesrepublik und die Wiederbewaffnung und grenzte sich vom Osten ab.

    Der Beitritt der BRD zur Nato 1955 verursachte auf der Gegenseite die Bildung eines Warschauer Paktes, dem sich die DDR anschloss. Damit wurde die Westgrenze der DDR – im westdeutschen Sprachgebrauch fälschlich immer als „innerdeutsche Grenze“ bezeichnet – zur Ostgrenze der Nato in Europa und zur Westgrenze des östlichen Bündnisses.

    Damit fiel die Oberhoheit an dieser Trennlinie der Systeme den jeweiligen Führungsmächten zu. Nicht die BRD und die DDR, sondern Washington und Moskau diktierten im Wesentlichen die Bedingungen. Wie das Grenzregime gestaltet wurde, wer wo was zu tun und zu unterlassen hatte.
    Heikler Sonderfall Berlin

    Berlin, auf dem Territorium der DDR gelegen, war ein heikler Sonderfall: Dort saßen die vier Mächte und achteten darauf, dass die Stadt – in der es keine Grenze zwischen den Sektoren gab – weder von der einen noch von der anderen Seite regiert werden durfte. Und nach West-Berlin durften auf drei Trassen nur die Flugzeuge der Siegermächte verkehren. Unkontrolliert von deutschen Behörden.

    Unproblematisch hingegen war es auf der Erde. Mit einem Ticket für 20 Pfennig gelangte man mit der S-Bahn von Ost- nach West-Berlin und umgekehrt. Als DDR-Bürger bekam man, so man es wünschte, im Westen sofort einen westdeutschen Pass, denn die BRD maßte sich an, für alle Deutschen zu sprechen. Auch für die in Polen, der ČSSR und in der Sowjetunion lebenden. Bonn überzog entsprechend seiner Hallstein-Doktrin sogar Drittstaaten mit Sanktionen, sofern diese – im Unterschied zur BRD – die DDR und die Pässe ihrer Bürger anerkannten.

    Das führte zu zusätzlichen Spannungen, die im Juni 1961 die Staatschefs der beiden Großmächte in Wien bei ihrem ersten Gipfeltreffen zu beheben hofften. Chruschtschow und Kennedy einigten sich jedoch nur darauf, dass die Rechte der Westmächte in West-Berlin nicht angetastet, ihr Zugang zur einstigen Reichshauptstadt nicht behindert und die Sicherheit der West-Berliner durch sie geschützt werden durften. Dadurch blieb das grundsätzliche Problem – das der offenen Grenze zwischen Ost- und West-Berlin – ungelöst, worauf Moskau Anfang August entschied, diese Grenze zu schließen und eine Mauer rund um West-Berlin zu errichten. Die am 13. August 1961 getroffenen Maßnahmen wurden als Bündnisentscheidung deklariert. Das waren sie auch, denn alle Staaten des Warschauer Vertrages stimmten zu. Auch die DDR.

    Aber es war eben nicht die DDR und schon gar nicht Walter Ulbricht, der den Mauerbau befahl.

    Und es waren eben nicht die Kommunisten allein, die Deutschland und Europa geteilt haben, was wahrheitswidrig seither behauptet wird. Der Mauerbau und seine Konsequenzen waren die Folge der Politik beider Seiten. Die Logik des Kalten Krieges erzwang Aktion und Reaktion, auf die Provokation der einen folgte die der anderen Seite. Ich gehörte damals der Leitung der Berliner SED-Organisation an und weiß, worüber ich rede. Nicht jeder Schritt war von Vernunft diktiert.

    Erst die Einsicht, dass zwischen den beiden Blöcken ein militärstrategisches Gleichgewicht bestünde, führte zur Entspannung. Beide Seiten wussten: Schieße ich als Erster, sterbe ich als Zweiter. Die Möglichkeit wechselseitiger Vernichtung führte zur Einsicht, dass man sich arrangieren müsse, um friedlich miteinander zu existieren. Das führte erstmals in der Geschichte zur Schaffung eines Systems kollektiver Sicherheit, geknüpft durch eine Vielzahl bilateraler und multilateraler Verträge.

    Die Krönung dieser globalen diplomatischen Anstrengungen war die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, deren Schlussdokument 1975 von Staats- und Regierungschefs der 33 Staaten des Kontinents sowie der USA und Kanadas in Helsinki unterzeichnet wurde.

    Dieses in Jahrzehnten entstandene Netzwerk vertrauensbildender Abkommen und Vereinbarungen überstand viele Belastungen – selbst den Untergang des Ostblocks. Der gegenwärtig in Washington herrschende Präsident und die ihn stützenden Kräfte vermochten es allerdings, dieses System binnen zweier Jahre zu liquidieren. Seither bestimmen wieder Argwohn und Misstrauen die Weltpolitik und es wird, wenn überhaupt, Jahrzehnte brauchen, um dieses Vertrauen wiederherzustellen.

    Wir lernten in der Folgezeit nicht nur mit der Bombe zu leben, sondern auch mit der Mauer. Beide aber sollten verschwinden. Das war nicht nur der Wunsch vieler Menschen im Westen, sondern auch im Osten. Honecker nannte die Raketen, die auf deutschem Territorium stationiert und mit Atomsprengköpfen bestückt waren, „Teufelszeug“ und verlangte ihren Abzug. In dieser Hinsicht war er sich mit Bundeskanzler Kohl einig. Sie erklärten am 12. März 1985 in Moskau gemeinsam, dass „die Unverletzlichkeit der Grenzen und die Achtung der territorialen Integrität und Souveränität der Staaten in Europa in ihren gegenwärtigen Grenzen“ (...) „grundlegende Bedingungen für den Frieden“ seien. Und: „Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg, von deutschem Boden muss Frieden ausgehen.“

    Honecker, der zwei Jahre später als Staatsgast die Bundesrepublik bereiste, wollte durchaus auch die Mauer durchlässiger machen. Er war zwar beim Abendessen mit Kohl in Bad Godesberg am 7. September 1987 der Auffassung, „dass Sozialismus und Kapitalismus sich ebenso wenig vereinigen lassen wie Feuer und Wasser“, womit er gewiss nicht Unrecht hatte. Doch in Neunkirchen im Saarland meinte er Tage später, dass man auf einen Zustand hinarbeiten wolle, dass die Verhältnisse an dieser Grenze so sein würden wie die an der Grenze zu Polen oder zur Tschechoslowakei.

    Nun will ich Honecker nicht zum Heiligen machen. Es gibt reichlich Gründe, ihn auch kritisch zu beurteilen. Aber was wahr ist, sollte auch als historische Wahrheit zur Kenntnis genommen werden. Wäre Honecker nicht am 29. Mai vor 25 Jahren in Chile verstorben, sondern vielleicht schon sechs, sieben Jahre früher und zwar im Amte, dann wäre halb Bonn nach Berlin geeilt, um dem ostdeutschen Staatsmann die letzte Ehre zu erweisen. Erst als er gestürzt und die DDR zu Grabe getragen war, wurde er zu jenem Schuft erklärt, als der er heute öffentlich geschmäht wird.

    Ganz nebenbei: Als der Wehrmacht-Leutnant Helmut Schmidt – dem wiederholt eine „einwandfreie nationalsozialistische Haltung“ von seinen Vorgesetzten attestiert wurde – Leningrad belagerte und in jener Zeit mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet wurde, saß Honecker im faschistischen Zuchthaus Brandenburg-Görden. Dort saß er ganze zehn Jahre für seine antifaschistische Gesinnung ein. Schmidt wurde später Bundeskanzler, Honecker Staats- und Parteichef. Schmidt ist heute ein Denkmal und sein Wohnhaus in Hamburg Museum, Honecker hat nicht einmal ein Grab in Deutschland. Wogegen ich im Übrigen auch bin. Denn ich fürchte, dass es nicht sicher wäre angesichts der üblen Nachrede, die er seit seinem Abgang von der politischen Bühne erfährt.

    Das alles gehört in Erinnerung gerufen, wenn wir über den 9. November 1989 reden. Denn der sogenannte Mauerfall hat eine Vor- und nicht nur eine Nachgeschichte. Außerdem fiel die Mauer erst 1990, als die Bagger und Mauerspechte kamen. An jenem 9. November öffnete die DDR Grenzübergangsstellen, und sie tat dies, weil a) einer aus der Führung auf einer Pressekonferenz fahrig und unkonzentriert die Sperrfrist übersah, die der Reiseverordnung beigegeben war, und weil b) diese Meldung übers Westfernsehen sogleich über die Mauer flog und viele DDR-Bürger an Grenzübergänge lockte. Sie wollten sehen, ob Schabowskis „sofort, unverzüglich“ auch zuträfe.

    Und nun tritt ein Moment hinzu, das für die Moral und den Anstand der DDR-Grenzer spricht. Nicht einer griff zur Waffe. Sie taten in dieser Minute das einzig Richtige, weil Vernünftige: Sie öffneten die Übergänge.

    Warum gab es in der DDR keine bürgerkriegsähnlichen Zustände wie etwa in anderen Staaten, in denen ebenfalls das sozialistische System sowjetischer Prägung implodierte? Warum blieb alles friedlich, floss kein Blut? Der Staat besaß das Gewaltmonopol, er hatte die Waffen – die Demonstranten Kerzen.

    Die sozialistische Staatsmacht kapitulierte nicht vor Kerzen und Friedensgebeten, sondern vor der Einsicht, dass man nicht auf das eigene Volk schießen darf. Solche Skrupel waren zum Beispiel der sozialdemokratischen Führung fremd, die die Novemberrevolution 1918 an die Macht gebracht hatte. Die schloss einen Pakt mit den kaiserlichen Militärs und ließen auf Menschen wie auf Hasen schießen. Nicht nur auf Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht.

    Und später, als die Rechten marschierten, vermieden diese Sozialdemokraten den Schulterschluss mit den Linken. Auf ihre 94 Nein-Stimmen gegen das Ermächtigungsgesetz der Nazis am 24. März 1933 sind sie mit allem Recht stolz. Sie waren die Einzigen, die im Reichstag gegen die Entmündigung der Parlamentarier und des Parlaments, gegen die Abschaffung der Demokratie und die Errichtung der faschistischen Diktatur stimmten.

    Die 81 Abgeordneten der KPD, die gesamte Fraktion, konnten es nicht mehr: Diese Abgeordneten waren bereits verhaftet oder auf der Flucht wie eben auch 26 SPD-Parlamentarier.

    Der Bruderkrieg im linken Spektrum hatte die Nazidiktatur möglich gemacht, weshalb der Umkehrschluss lautete: Wir brauchen die Einheit, um Wiederholung zu verhindern! Sie wurde im Osten auf der Parteiebene vollzogen und im Westen aktiv verhindert. Die Sozialistische Einheitspartei sollte die Geschicke der DDR bis 1989 leiten. Ich war, wie es immer heißt, der letzte Ministerpräsident der SED. Mein Nachfolger Lothar de Maizière kam von der CDU und verantwortete den Beitritt.
    Kohls Fahrplan zur Einheit

    Die staatliche Vereinigung der beiden Staaten wurde weder in Bonn noch in Berlin beschlossen. Sie wurde auch nicht vom Volk der DDR erzwungen. Die Mehrheit jener, die im Herbst ’89 demonstrierten – darunter nicht wenige der etwa 2,3 Millionen Mitglieder der SED –, wollten eine andere, eine bessere, eine sozialistische DDR. Erst später wurde aus dem Ruf „Wir sind das Volk!“ die Parole „Wir sind ein Volk!“

    Mit dem Ruf „Wir sind das Volk!“ stellte der Souverän klar, wer laut Verfassung das Sagen im Lande hatte. Die andere Parole wurde gewissermaßen von außen hereingetragen. Aus der von mir angedachten Vertragsgemeinschaft mit der Bundesrepublik wurde nichts. Bundeskanzler Kohl präsentierte am 28. November 1989 einen Zehn-Punkte-Plan, mit dem er ein „Selbstbestimmungsrecht der Deutschen“ einforderte.

    Diesen Fahrplan hatte er mit US-Präsident Bush abgestimmt, sonst mit niemandem. Gorbatschow fühlte sich übergangen, die deutsche Teilung war für ihn ein Ergebnis der Geschichte. Aber Kohl hielt sich nicht an seine eigene Zusage, die er 1985 gemeinsam mit Honecker gemacht hatte: Die Unverletzlichkeit der Grenzen und die Achtung der territorialen Integrität und Souveränität der Staaten in Europa in ihren gegenwärtigen Grenzen sind eine grundlegende Bedingung für den Frieden. Damit war auch die Souveränität der DDR und ihre territoriale Integrität gemeint.

    Die Gefahr von Kohls Fahrplan wurde in Moskau sehr wohl erkannt. Der sowjetische Außenminister Schewardnadse ließ seinen Kollegen Genscher wissen: „Nicht einmal Hitler hat sich Derartiges erlaubt!“

    Ende Januar 1990 war ich bei Michail Gorbatschow und präsentierte ihm mein Konzept, das ich unter eine Zeile aus unserer Nationalhymne von 1949 gestellt hatte: Deutschland einig Vaterland. In einem Vierstufenplan sollte die Einheit über eine Vertragsgemeinschaft mit konföderativen Elementen, die Bildung einer Konföderation von DDR und BRD mit gemeinsamen Organen, die Übertragung von Souveränitätsrechten beider Staaten an Machtorgane der Konföderation und schließlich die Bildung eines einheitlichen deutschen Staates in Form einer Deutschen Föderation oder eines Deutschen Bundes durch Wahlen erfolgen. Diesen Plan stellte ich am 1. Februar 1990 auf einer Pressekonferenz in Berlin vor.

    Allerdings hatten Gorbatschow und Kohl andere Pläne. Kohl reiste mit „Bimbes“ nach Moskau, versprach der Sowjetunion Nahrungsmittelhilfen von 220 Millionen D-Mark, um die Moskau nachgesucht hatte, und bekam dort einen Freifahrtschein.

    Am 10. Februar erklärte der Bundeskanzler vor der Presse in der sowjetischen Hauptstadt: „Ich habe heute Abend an alle Deutschen eine einzige Botschaft zu übermitteln. Generalsekretär Gorbatschow und ich stimmen darin überein, dass es das alleinige Recht des deutschen Volkes ist, die Entscheidung zu treffen, ob es in einem Staat zusammenleben will.“
    Wo die Entscheidungen fielen

    Das deutsche Volk wurde nicht gefragt. Die Entscheidungen wurden in Bonn und in Washington getroffen, die Widerstände in London und Paris, wo man gegen eine Vereinigung war, wurden ausgeräumt. Moskau konnte und wollte sich nicht mehr widersetzen: Das Land lag wirtschaftlich danieder, die Strategie der USA, die UdSSR totzurüsten, war erfolgreich gewesen. Wie eben auch die Nachkriegsstrategie der USA in Europa aufgegangen ist. Sie bestand aus zwei Prämissen: Erstens wollten sie sich dauerhaft in Europa festsetzen, zweitens die Sowjets aus Zentraleuropa verdrängen. 1994 zogen die letzten russischen Soldaten aus Deutschland ab.

    Die Amerikaner sind noch immer da.

    Im Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz lagern noch immer Nuklearwaffen.

    Die Nato steht inzwischen an der russischen Grenze.

    Die USA haben wichtige Rüstungsbegrenzungsverträge mit den Russen aufgekündigt.

    Washington droht selbst Verbündeten mit Sanktionen, wenn diese die Boykottmaßnahmen gegen Russland unterlaufen.

    Die EU steht in Nibelungentreue fest zu den USA. Die Chance zu einer eigenständigen Politik, die eine Emanzipation von den USA zwingend voraussetzt, wurde bis dato nicht genutzt.

    Deutschland verhält sich so wenig souverän wie vor 1989 unter den Bedingungen der Zweistaatlichkeit.

    1999 beteiligte sich die Bundesrepublik erstmals seit 1945 an einem Angriffskrieg – den der Nato in Jugoslawien. Aktuell ist die Bundeswehr in dreizehn Staaten und Regionen in sogenannten Friedensmissionen unterwegs.

    Und innenpolitisch? Sind wir inzwischen „ein Volk“?

    Wir haben die staatliche, jedoch keine innere Einheit. In dreißig Jahren wurde es nicht geschafft, den inneren Frieden herzustellen. Die Lebensbedingungen in West und Ost sind verschieden. Nachdem man jahrelang dafür die SED und die „marode Wirtschaft“ der DDR verantwortlich machte, kommt man inzwischen nicht umhin einzugestehen, dass bei der Vereinigung Fehler gemacht worden seien. Das Wort von der Kolonisierung macht die Runde. Wichtige Funktionen in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft werden unverändert von Westdeutschen besetzt, und diese ziehen wiederum ihresgleichen nach. Obgleich die Arbeitslosigkeit im Osten so niedrig ist wie seit 1990 nicht, es spürbare Bemühungen gibt, Renten und Gehälter dem Westniveau anzunähern, bleibt immer noch eine bemerkenswerte Differenz. Nach dreißig Jahren!

    Es ist auch weniger die soziale Ungerechtigkeit, die die Menschen im Osten bedrückt. Es ist die ungebrochene Vormundschaft, die über sie ausgeübt wird. Ihnen wird ihre Vergangenheit interpretiert, vorgeschrieben, gedeutet. In letzter Konsequenz ist es eine fortgesetzte Entmündigung. Der Vertrauensverlust in die Institutionen des Staates – Parteien eingeschlossen – ist so groß wie nie. Die Stunde der braunen Rattenfänger ist da. Faschisten saßen schon immer im Bundestag. Noch nie aber mit einer eigenen Fraktion ...

    Der Historiker in Heyms Roman „Der König David Bericht“, der mit der „richtigen“ Geschichtsschreibung beauftragt wurde, hieß Ethan ben Hoshaja. In Erinnerung an diesen Mann und seine Mission kann ich nur sagen: Solange die deutschen Ethans das Monopol auf die DDR-Geschichte, auf die Deutung von Mauerbau und Mauerfall besitzen, werden sich die Ostdeutschen bevormundet fühlen.

    Auch deshalb bin ich Ihnen dankbar, dass Sie mir Gelegenheit gaben, hier heute zu sprechen. In Zürich, in der Schweiz.

    Eine solche Einladung habe ich bisher von keiner deutschen Universität oder Fachhochschule erhalten. Und es gibt weit über dreihundert davon.

    Muss ich noch mehr sagen?

    #DDR #histoire

  • Erinnerung als umkämpftes Terrain
    https://www.unsere-zeit.de/erinnerung-als-umkaempftes-terrain-4786896

    Le cinquantième anniversaire de la révolution des Œillets est proche. Il faudra défendre la perspective socialiste sur l’histoire et dénoncer l’intervention des social-démocrates allemands et des autres forces contre-révolutionnaires qui ont étouffé le progrès vers une véritable dèmocratie au Portugal.

    https://www.youtube.com/watch?v=gaLWqy4e7ls&pp=ygUdZ3JhbmRvbGEgdmlsYSBtb3JlbmEgMjUgYWJyaWw%3D

    22.12.2023 von Martin Leo - Im April 2024 jährt sich die Nelkenrevolution zum 50. Mal

    Es bedarf nicht erst des im nächsten Jahr bevorstehenden 50. Jahrestags der portugiesischen Revolution vom 25. April 1974, um zu erkennen, dass es einen Kampf um die Deutungshoheit dieses nicht nur für Portugal wichtigen Ereignisses gibt. Naturgemäß reicht die Auseinandersetzung um die Ziele der damaligen antifaschistisch-demokratischen Revolution, die den portugiesischen Faschismus nach 48 Jahren beendete, bis in die Gegenwart. Naturgemäß gibt es politische und soziale Kräfte in der portugiesischen Gesellschaft, denen sich die bürgerliche Demokratie auf der Grundlage modernisierter kapitalistischer Verhältnisse als längst verwirklichtes Hauptziel der Aprilrevolution darstellt. Sie feiern im kommenden April insgeheim wahrscheinlich weniger diesen 25. April 1974 als den 25. November des darauf folgenden Jahres, dessen Ergebnisse die weitere revolutionäre Dynamik stoppten und die kapitalistische Rückeroberung der den großen Konzernen, Banken und Grundbesitzern verloren gegangenen Produktionsmittel einleiteten. Ihre eigentliche Aufmerksamkeit dürfte den Neuwahlen zum portugiesischen Parlament am kommenden 10. März gelten, bei denen es ihnen – wie nun seit 50 Jahren – hauptsächlich darum geht, jene Kräfte am Wiederaufstieg zu hindern, die fortlaufend die tiefgreifenden sozialen und demokratischen Ideale ihrer Revolution von 1974 in Erinnerung rufen. Für sie ist die Vergangenheit noch gar nicht vergangen und benötigt die Zukunft eine neue Chance.

    Nelken im April

    Unvergessen auf beiden Seiten ist daher auch nach fünf Jahrzehnten, dass der Klassenkampf bis zum Höhepunkt im politisch „heißen“ Sommer 1975 dazu geführt hatte, selbst die bis dahin herrschenden Eigentumsverhältnisse radikal zu demokratisieren und damit bürgerlich-demokratische Grenzen mutig zu überschreiten. „Diese Revolution war unsere“ – das sagen heute die fortschrittlichsten unter den lohnabhängigen Menschen Portugals, die aktuell vor allem um die Erhöhung des Mindestlohns und um eine allgemeine Lohnerhöhung von 15 Prozent, um Rentenerhöhungen um 7,5 Prozent und um eine Festsetzung der Preise für Treibstoff und Lebensmittel kämpfen. Weitere zentrale Forderungen beziehen sich insbesondere auf das erst nach der Revolution entstandene staatliche Gesundheitswesen und auf die prekäre Situation auf dem Wohnungsmarkt.

    Für diese Menschen waren weder die bisherigen 49 Jahrestage leere Feiertage und noch weniger wird es der 50. Jahrestag der Revolution sein. Er hat eine ganz praktische und verpflichtende Bedeutung. Das weiß auch die portugiesische Reaktion, die ihre drohende Niederlage von 1975 – die Eingriffe in die Eigentumsverhältnisse – nicht vergessen hat. Auch ihr ist klar, dass die damalige Revolution „in gewisser Hinsicht“ unvollendet geblieben ist.

    Flamme oder Asche

    Daher gibt es grundsätzlich zwei Erinnerungskulturen. Die eine möchte gerne die entscheidende Rolle der Bevölkerung, insbesondere im Kampf um soziale Gerechtigkeit und Entkolonialisierung – vergessen machen. Politische und soziale Rechte waren dem Volk in Portugal nicht von einem abtretenden Regime „gewährt“ worden, vielmehr musste es seine Rechte auf der Straße, in den Wohnvierteln und in den Betrieben erkämpfen. Das genau ist der wirkliche genetische Fingerabdruck der portugiesischen Revolution. Wer das in den Hintergrund drängt, will die arbeitenden Menschen ihres kollektiven historischen Gedächtnisses und ihrer Klassenidentität berauben.

    Die progressive Erinnerungskultur steht in der Kontinuität der aktiven Revolutionäre der 1970er Jahre und ist deren Erbe. Mit Jean Jaurès kann man sagen, dass ihre Anhänger aus diesem Erbe „die Flamme vieler Generationen“ holen, während die restaurativen Kräfte höchstens „die Asche bewahren“.

    Wie der widersprüchliche revolutionäre Prozess nach dem April bewies, war er Ausdruck bestimmter – sich ständig verändernder – politischer und sozialer Kräftekonstellationen. Nicht anders verhält es sich mit der Art und Weise, in der die Portugiesen bis heute auf ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft blicken. Auch die „Erinnerung“ ist umkämpftes Terrain im Klassenkampf. Für Portugiesen gilt darüber hinaus wie für andere Völker, die faschistische Herrschaft erlebten, dass die Erinnerung daran zwar nicht leicht, aber das Vergessen sogar unmöglich ist.

    Unterschiedliche Generationen

    Menschen, die aufgrund ihres Alters die politischen Geschehnisse Mitte der 1970er Jahre bewusst wahrgenommen haben, müssen sich vergegenwärtigen, dass bereits 50 Jahre zurückliegende Ereignisse für viele andere zu einer Vergangenheit gehören, zu der sie keinen Bezug haben. Gemessen an der 2021 ermittelten portugiesischen Altersstruktur bedeutet das, dass heute nur noch ein gutes Drittel der Bevölkerung überhaupt als „Zeitzeugen“ der Revolution gelten kann.

    Entsprechend muss Geschichtswissen für verschiedene Generationen aufbereitet werden. Es gab bereits unzählige Veranstaltungen, die sich dem 50. Jahrestag der Revolution unter sehr unterschiedlichen Blickwinkeln näherten und sich den didaktischen Herausforderungen zu stellen versuchten. Das prägte schon das diesjährige Pressefest der Zeitung „Avante!“ der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP).

    Im Juni 2021 rief ein Ministerratsbeschluss die „Kommission zur Erinnerung an den 50. Jahrestag des 25. April“ unter Schirmherrschaft des Staatspräsidenten ins Leben. Veranstaltungen der PCP oder der zur Intersindical gehörenden Gewerkschaften sowie anderer demokratischer Organisationen sind dem von der Kommission entwickelten inhaltlichen Rahmen nicht unterworfen. Sie vermitteln ein an revolutionären Werten und Zielen festhaltendes Geschichtsbild, das dazu inspiriert, für diese Werte zu kämpfen. Das gewährleistet Unabhängigkeit von den ideologischen Botschaften, die die bisher mit absoluter Mehrheit regierende Sozialistische Partei den Portugiesen auf den weiteren Weg geben möchte. Ein Beispiel, wie die erhöhte politische Aufmerksamkeit um den Jahrestag herum für die politische Aufklärung genutzt wird, ist der von der PCP gestartete Internet-Podcast „Tausend Gespräche um den April“. Bereits drei Gesprächsrunden sind veröffentlicht, in denen führende Vertreter der PCP Gästen politisches und persönliches über den „25. April“ entlockten. So trat dort der aus Angola stammende Fußballtrainer Blessing Lumueno zusammen mit der Schauspielerin Sofia Aparício auf. Der 39-jährige Musiker und Produzent Luis Clara Gomes bestätigte die Bedeutung der Revolution für die Kultur, während die acht Jahre jüngere Filmemacherin Leonor Teles den Wert persönlicher und kollektiver Erinnerung an Geschichte unterstrich. Der Komiker Diogo Faro, dessen Humor der bürgerliche „Expresso“ gerade „zunehmend politisch und aktivistisch“ nannte, verlangt mehr Wohnraum, ein besseres öffentliches Gesundheitswesen und weniger Diskriminierung.

    Offizielles Gedenken

    Zur regierungsamtlichen „Erinnerungskommission“ gehören der Premierminister, der Parlamentspräsident, die Präsidenten der obersten Gerichte, der Präsident des Rechnungshofs und als prominenter Vertreter der früheren „Bewegung der Streitkräfte“ (MFA) der Präsident der „Vereinigung des 25. April“, Vasco Lourenço. Für die Planung und Durchführung des Programms wurde im Verantwortungsbereich des Kulturministeriums eine Projektkommission unter Leitung der Historikerin Inácia Rezola (Jahrgang 1967) gebildet.

    Im Rahmen der Vorgaben begannen die offiziellen Feiern und Veranstaltungen bereits am 24. März 2022, denn an diesem Tag existierte die portugiesische Demokratie bereits mehr Tage als die nach 48 Jahren gestürzte faschistische Diktatur. Offiziell beendet werden alle Veranstaltungen im Jahr 2026: Nach offizieller Lesart habe sich nämlich die portugiesische Demokratie erst 1976 „konsolidiert“ – und zwar durch die Annahme der Verfassung, durch die Bildung der ersten verfassungsmäßigen Regierung, durch die Wahl des Staatspräsidenten und durch die Kommunalwahlen sowie die Regionalwahlen auf Madeira und den Azoren. An die Stelle der „revolutionären Legitimität von MFA und Volksmassen“ trat die „Legitimität der Urnen“, schrieb dazu 2004 treffend der linke Historiker Fernando Rosas.

    Jedes Jahr wurde von der Projektkommission unter ein Generalthema gestellt. Erklärtes Ziel der Veranstaltungen ist es, sich an alle Altersgruppen zu wenden, alle „sozialen Schichten“ zu erreichen, die Emigranten einzubeziehen, Künstler und Wissenschaftler zur aktiven Teilnahme aufzurufen und die Jugend für eine bewusste Teilnahme am demokratischen Leben zu gewinnen. Erinnerungen und Zeitzeugnisse sollen gesammelt und gesichert werden. Verbunden ist dies mit Aufrufen zu geförderten Forschungsprojekten im Zusammenhang mit der Aprilrevolution, mit der Sammlung von Amateurfilmen vom 25. April 1974 und mit geförderten Dokumentarfilmprojekten.

    2022 bildeten das Leitthema vor allem die demokratischen und sozialen Bewegungen, die seit Ende der 1960er und Beginn der 1970er Jahre „die Revolution ermöglichten“, wozu die demokratische Studentenbewegung vom Ende der 1960er Jahre gehörte, aber auch die antifaschistische demokratische Frauenbewegung sowie widerständige Strömungen in der katholischen Kirche und in der künstlerischen Intelligenz.

    2023 waren Leitthema die Gewerkschafts- und Arbeiterbewegung und deren Beitrag zum Sturz der Diktatur. So gibt es zum Beispiel in Porto eine Ausstellung „Vereint werden wir siegen!“ über die Proteste und Streiks der Gewerkschaften zwischen 1968 und 1974. Gleichzeitig wurde mit einer anderen Ausstellung in Lissabon der 100. Geburtstag des 2013 verstorbenen antifaschistischen und mit der PCP verbundenen Schriftstellers Urbano Tavares Rodrigues gewürdigt.

    2024 sollen die MFA und die Entkolonialisierung in den Mittelpunkt gestellt werden. Im darauf folgenden Jahr 2025 gilt die Aufmerksamkeit der Errungenschaft freier Wahlen. Im selben Jahr will man eine Debatte führen über die Vertiefung der portugiesischen Demokratie, über ihre Qualität und ihre Zukunft. Wie die regierungsoffizielle Homepage zum Jahrestag informiert, erwarte man eine breite Debatte über die „turbulenteste und polemischste Phase“ der Revolution 1974/75 und eine Einbeziehung der Universitäten und der „allgemeinen Gesellschaft“.

    Das Leitthema für 2026 soll schließlich „Entwicklung“ lauten.

    Für alle offiziellen Veranstaltungen komponierte Bruno Pernadas die Hymne „O governo do Povo“ („Die Regierung des Volkes“) in Anlehnung an die Werke von drei antifaschistischen Komponisten Portugals: „Die Gedenkkommission für den 50. Jahrestag des 25. April wollte den Feierlichkeiten eine musikalische Handschrift geben, die Erinnerung und Zukunft miteinander verbindet.“

    Alle Veranstaltungen zum großen runden Jahrestag der Revolution bieten den demokratischen Kräften in Portugal die Möglichkeit, sich dazu mit ihrer eigenen Stimme zu Wort zu melden und die „Werte des April“ mit den Kämpfen der Gegenwart zu verknüpfen. Sie werden diese Chance weiterhin nutzen.

    #Portugal #révolution #1974

  • A propos de la famine actuelle en Afghanistan

    Une famine aux causes multiples mais en dernier ressort c’est l’aide alimentaire qui est volontairement diminuée par les pays donataires en raison du régime taliban et du sort réservé aux femmes - on peut douter que la situation des femmes en soit amélioré par de telles mesures. Le programme alimentaire mondial (PAM) a ainsi été contraint de couper totalement les vivres en 2023 à 10 millions de personnes, avec une baisse de 66% des aides en octobre 2023

    (décembre 2023)

    Un porte-parole du gouvernement taliban rejette toute responsabilité : quand la journaliste de la BBC l’interroge, ce principal porte-parole des talibans affirme que l’aide internationale s’est réduite à cause du Covid-19 et de la guerre en Ukraine, mais il nie tout besoin de réforme face à des donateurs qui refusent de donner de l’argent à un pays où les droits des femmes sont bafoués. « Les Afghans ont déjà fait de grands sacrifices dans le passé pour protéger nos valeurs », a-t-il déclaré à la BBC. La journaliste pense que ces paroles « n’apporteront pas de réconfort à beaucoup d’Afghans ». Près de 90 % des Afghans n’ont pas assez à manger, indique la radiotélévision publique britannique. Les deux tiers des habitants du pays ne savent pas de quoi sera fait leur prochain repas. Ou même s’il y en aura : un tiers des enfants en Afghanistan, soit 8 millions d’enfants, commenceront l’année 2024 sur un niveau de faim critique, (...)

    https://www.radiofrance.fr/franceculture/podcasts/la-revue-de-presse-internationale/la-revue-de-presse-internationale-emission-du-mardi-19-decembre-2023-229

    (sept 2023)

    https://fr.wfp.org/stories/we-eat-less-sometimes-not-all-cuts-food-relief-deepen-hunger-afghanistan

    (juil 2023) Famine en Afghanistan : les talibans seuls responsables ? par l’ONG United Against Inhumanity

    Cette situation cruelle est en partie causée par un gouvernement irresponsable et corrompu, par la marginalisation des femmes dans l’espace public et par l’incapacité du pays à gérer ses propres ressources, déjà amoindries. Il faut également souligner qu’avant même le retour des talibans au pouvoir en août 2021, le budget afghan était largement soutenu par des fonds étrangers (venus des pays de la coalition sous l’égide de l’OTAN) ‒ une aide désormais indisponible. On constate en outre une baisse de la coopération, qu’elle soit bilatérale ou par le biais des Nations unies et des ONG : à l’heure actuelle, moins de 15 % des appels de fonds lancés par l’ONU pour 2023 ont été approvisionnés.

    Cette ONG point aussi le rôle du gel de l’argent afghan placé dans des pays occidentaux qui ont envahi l’Afghanistan il y a 22 ans :

    Il existe cependant un troisième facteur dont on parle peu : le gel des réserves souveraines par les États-Unis et leurs alliés, facteur déterminant dans l’effondrement de l’économie et du secteur bancaire du pays. Plus de neuf milliards de dollars placés à l’étranger par la banque centrale afghane (Da Afghanistan Bank) sont bloqués par la Réserve fédérale américaine et dans des banques européennes. Or il ne s’agit pas de l’argent du gouvernement, mais bien de celui des citoyens afghans. Cet argent contribuait à la stabilité de la monnaie nationale et rendait possible le commerce avec d’autres pays, ce qui est de fait aujourd’hui impossible. Un autre des effets de ce gel des avoirs s’illustre par une diminution radicale du nombre de billets de banque en circulation. Lorsqu’ils sont trop détériorés, ils ne peuvent même plus être remplacés.
    (...)
    Ces dernières années, seules quelques voix se sont élevées pour dénoncer cette « guerre économique » et ce qui pourrait s’apparenter à une vengeance cruelle de l’Occident après la perte de la guerre d’Afghanistan. Sept milliards de dollars sont détenus par les États-Unis et le reste par des banques européennes. Ces pays, dont les armées possèdent les technologies les plus avancées au monde, ont vu leurs analystes, espions et soldats perdre la guerre contre des combattants en sandales équipés de simples Kalachnikovs.
    (...)
    Irait-on jusqu’à affirmer que l’extrême radicalisation de l’émirat taliban est également le fait de cet état d’injustice manifeste ? Lorsqu’un chat est acculé et craint pour sa vie, il feule, crache et l’on peine à retrouver le compagnon apprivoisé qu’il était. Que ce lien de cause à effet soit avéré ou non, il n’en reste pas moins que l’injustice est réelle et que la population afghane ‒ ces enfants, hommes et femmes, jeunes ou âgés que nous prétendons défendre depuis plus de vingt ans ‒ en paie le prix.

    https://www.alternatives-humanitaires.org/fr/2023/08/16/famine-en-afghanistan-les-talibans-seuls-responsables

    (mai 2022)

    La fabrique d’une famine

    Dans ce pays de 650.000 kilomètres carrés, seuls 12% des terres sont considérées comme cultivables (contre 60% en France) et sont très dépendantes de la pluviométrie et d’un complexe système d’irrigation que la réforme agraire avortée de 1978, alors menée par le nouveau régime communiste, déstructurera en partie. Puis, pendant l’occupation soviétique, la destruction d’installations agricoles participa de stratégies, parfois volontaires, destinées à vider de leurs populations des poches de résistance.

    En parallèle se mettent en place deux autres phénomènes qui viennent aggraver encore l’équation de la faim : les mouvements massifs de déplacés forcés fuyant les campagnes pour gagner les habitats miséreux de la périphérie des villes, et une augmentation constante des surfaces agricoles consacrées à la culture du pavot.

    Le développement rapide de l’éphédra ("oman" dans la langue locale), qui permet de produire des méthamphétamines de faible qualité, contribue à renforcer le statut de narcoétat de l’Afghanistan, dans une logique qui relève, de la part des producteurs, d’un processus adaptatif de survie. Les avances financières qui leur sont concédées par les trafiquants ("salaam") pour payer des intrants devenus nécessaires à la production de drogue les piègent dans un modèle économique classique de l’agriculture d’exportation.

    Deux chiffres rendent compte de ces phénomènes depuis l’entrée de la coalition en 2001 et la chute du premier régime taliban : en vingt ans, le pays n’aura pas connu une année durant laquelle le flux de personnes déracinées sera tombé en dessous de 150.000 par an, avec deux pics à plus d’un million en 2001 et 2014 ; dans le même temps, les surfaces consacrées à la culture du pavot ont triplé, stimulées par une meilleure rentabilité financière pour les agriculteurs, et par les besoins d’achat d’armement des talibans.

    La meilleure résistance du pavot au réchauffement climatique, comparé à d’autres productions de l’agriculture vivrière, est venue encore renforcer la progression des surfaces plantées. La situation ne serait pas aussi dramatique si tous ces mécanismes qui précèdent ne s’étaient ajoutés à une progression démographique qui confère à l’Afghanistan le record mondial en la matière, avec un taux annuel de 6%. Depuis 2001, la population du pays est ainsi passée de 18 à 38 millions d’habitants, avec un taux d’urbanisation aujourd’hui estimé à 30%.

    Les talibans sont ainsi aujourd’hui aux commandes d’un pays qui a profondément changé depuis leur première prise de pouvoir en 1996. L’ensemble de ces réalités convergent pour créer les conditions d’une fatale équation alimentaire auquel le nouveau régime de l’émirat islamique est confronté, sans ignorer pour autant la part de responsabilité de ses dirigeants dans une partie des mécanismes décrits. Pour y faire face, les caisses de l’État sont vides et le système de santé est exsangue.

    Entre cynisme et amnésie

    Dans un scandaleux exercice d’amnésie collective, les membres du Conseil de sécurité de l’ONU, comme les autres pays les plus riches parmi ceux qui composent l’Assemblée générale des Nations unies, rechignent à contribuer en urgence à l’appel de fonds de 4,4 milliards de dollars lancé par le sous-secrétaire général des Nations unies aux affaires humanitaires, Martin Griffiths et relayé par le secrétaire général Antonio Guterres.

    Tous sont oublieux de l’histoire, oublieux des accords de Doha qui avaient volontairement tenu à l’écart des négociations aussi bien le gouvernement afghan d’Achraf Ghani que les alliés de la coalition internationale. Prenant ainsi acte de l’alternance politique annoncée, et faisant aujourd’hui semblant de s’offusquer de l’arrivée au pouvoir des talibans… Oublieux, chemin faisant, du « Grand jeu » dans lequel les uns et les autres ont continué d’inscrire la population civile, dans des enjeux qui la dépassent totalement.

    En décembre 2021, après d’âpres négociations, le Conseil de sécurité a finalement voté une résolution qui, pour un an, permet la mise en œuvre d’une aide humanitaire qui peut se déployer, sous conditions, sans que ne puisse lui être opposé le régime de sanctions qui frappe les nouvelles autorités afghanes. Si la Chine et la Russie ont pesé de tout leur poids pour aboutir à cette décision politique, les deux pays ne se sont pour autant pas engagés sur les aspects des financements de cette résolution 2615, finalement votée à l’unanimité du Conseil de sécurité.

    Ces atermoiements traduisent une nouvelle fois l’impérative nécessité de refonder le modèle de financement de l’aide humanitaire. Tel qu’elle est organisée aujourd’hui, cette aide est insuffisante en volume, et trop dépendante du jeu complexe des relations entre grandes puissances. Mais en attendant, il faut rapidement obtenir ces financements et les mettre à disposition des organisations en mesure de les déployer. En Afghanistan, le sort de 22 millions de personnes en dépend.

    https://www.lejdd.fr/International/famine-en-afghanistan-pourquoi-est-il-necessaire-de-reformer-laide-humanitaire

    #famine #agriculture #aide-alimentaire #Afghanistan #monnaie

  • Die faschistische Ideologie des israelischen Staats und der Genozid in Gaza
    https://www.wsws.org/de/articles/2023/12/20/pylj-d20.html

    Diesen Vortrag hielt David North, Leiter der internationalen Redaktion der World Socialist Web Site, am 14. Dezember 2023 an der Humboldt-Universität in Berlin.

    Wer an der Humboldt-Universität ankommt und die Eingangshalle des Gebäudes betritt, erblickt das berühmte Zitat von Marx: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“ Dieser grundlegende Aufruf von Marx sollte jeden Redner leiten, wenn er vor einer Versammlung spricht. Wie wird das, was er sagt, dazu beitragen, die Welt zu verändern?

    Zunächst möchte ich meinen Genossinnen und Genossen von der deutschen Sektion der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) dafür danken, dass sie mich eingeladen haben, heute Abend an der Humboldt-Universität zu sprechen. Soweit ich weiß, gab es gewisse Probleme bei der Festlegung des Vortragsthemas, und sie wurden darüber informiert, dass der Titel keinen Hinweis auf den derzeitigen Völkermord durch die israelische Regierung in Gaza enthalten darf. Nun, sie haben sich an diese Regel gehalten, und im Titel findet sich kein Hinweis auf dieses immens wichtige Ereignis. Diese offenkundige Einschränkung der Meinungsfreiheit ist Teil der Bestrebungen der deutschen Regierung, der Medien und der unterwürfigen akademischen Einrichtungen, Widerstand gegen die Verbrechen der Netanjahu-Regierung zu unterbinden und zu diskreditieren.

    Nachdem wir uns nun an die Auflagen zum Vortragstitel gehalten haben, werde ich dennoch über die Ereignisse in Gaza sprechen. Wie wäre es möglich, dies nicht zu tun?

    In den letzten zwei Monaten hat die Welt miterlebt, wie die israelische Regierung mit ungeheurer Brutalität Krieg gegen eine wehrlose Bevölkerung führt. Die Zahl der Todesopfer nähert sich der Marke von 20.000 oder hat sie vielleicht schon überschritten. Mehr als die Hälfte der Getöteten sind Frauen und Kinder. Die Gesamtzahl der Opfer beträgt ein Vielfaches dieser Zahl. In den ersten sechs Wochen dieses Krieges hat Israel 22.000 von den Vereinigten Staaten gelieferte Bomben auf Gaza abgeworfen. Das war nur in den ersten sechs Wochen, seitdem ist eine beträchtliche Zeitspanne vergangen. Um eine Vorstellung vom Ausmaß dieses Angriffs zu gewinnen, sollte man bedenken, dass der Gazastreifen insgesamt 365 Quadratkilometer groß ist, also weniger als die Hälfte der Fläche Berlins (891,3 Quadratkilometer).
    Aufsteigender Rauch nach einem israelischen Bombardement im Gazastreifen, 16. Dezember 2023 [AP Photo/Ariel Schalit]

    Die israelischen Streitkräfte verschonen keinen Teil des Gazastreifens und keinen Teil seiner Bevölkerung. Krankenhäuser, Schulen, Bibliotheken, Flüchtlingslager und andere öffentliche Gebäude werden bombardiert. Journalisten, Ärzte, Lehrer, Schriftsteller und Künstler werden gezielt ins Visier genommen. Der Mord an dem Dichter Refaat Al-Ar’eer ist nur das bekannteste Beispiel für die Tötungen, die auf Geheiß der israelischen Regierung verübt werden.

    Dieses Gemetzel muss gestoppt werden. Und alle, die für die Verbrechen gegen die Bevölkerung im Gazastreifen und gegen die gesamte palästinensische Bevölkerung, die unter der Besatzung lebt, verantwortlich sind, müssen gemäß den in den Nürnberger Prozessen von 1945–1946 aufgestellten Grundsätzen in vollem Umfang zur Rechenschaft gezogen werden. Und wenn es dabei nach mir ginge, würden sie die gleichen Strafen erhalten.

    Die Einschränkung für den Titel dieses Vortrags enthält ein Element der Ironie. Vor fast genau zehn Jahren, im Februar 2014, wurde ich von Sicherheitskräften daran gehindert, an einem Kolloquium teilzunehmen, auf dem der Geschichtsprofessor Jörg Baberowski hier an der Humboldt-Universität eine neue Biografie über Leo Trotzki vorstellen wollte, die Professor Robert Service von der Universität Oxford verfasst hatte. In der Einladung zu der öffentlichen Veranstaltung hieß es, dass Service die Fragen der Teilnehmer beantworten werde.
    Baberowski (olivfarbene Jacke, Hintergrund) und seine Sicherheitsleute versperren David North 2014 den Zutritt zu einem Kolloquium

    Services Trotzki-Biografie ist eine schamlose Geschichtsfälschung. Die Verleumdungen gegen Trotzki darin sind so eklatant, dass führende deutsche Historiker öffentlich dagegen protestierten, weshalb die deutsche Ausgabe erst mit einem Jahr Verzögerung erscheinen konnte.

    Einer meiner Einwände gegen Services Biografie, die ich in mehreren Rezensionen detailliert dargelegt habe, bezog sich auf die antisemitischen Stereotypen, deren sich der britische Historiker in seiner Denunziation von Trotzki ausdrücklich bediente. Dazu gehörten unter anderem Anspielungen auf die Form von Trotzkis Nase und die Änderung seines russischen Vornamens von „Lew“ in „Leiba“ – eine jiddische Variante, die ausschließlich von antisemitischen Feinden des jüdischstämmigen Trotzki verwendet wurde.

    Wie sich bald herausstellte, beruhte das Bündnis der Professoren Baberowski und Service auf einer gemeinsamen antikommunistischen Agenda. Genau an dem Tag, an dem ich von dem Kolloquium an der Humboldt-Universität ausgeschlossen wurde, brachte Der Spiegel in seiner neuesten Ausgabe einen langen Essay, in dem die Verbrechen der Nazis mit dem Argument gerechtfertigt wurden, dass Hitlers Politik eine legitime Antwort auf die „Barbarei“ der bolschewistischen Revolution gewesen sei.

    Neben anderen Interviewpartnern zitierte der Spiegel in diesem Beitrag auch Baberowski, der erklärte: „Hitler war kein Psychopath, er war nicht grausam. Er wollte nicht, dass an seinem Tisch über die Judenvernichtung geredet wird.“[1] Im Weiteren verteidigte Baberowski die nazifreundlichen Ansichten des inzwischen verstorbenen Professors Ernst Nolte, der damals Deutschlands führender Hitler-Apologet war.

    Während die Studierenden der Humboldt-Universität über die Aussagen im Spiegel entsetzt waren, stellten sich die Verwaltung der Humboldt-Universität und die Medien hinter Baberowski. Dies änderte sich auch nicht, nachdem ein deutsches Gericht entschieden hatte, dass Baberowski als Rechtsextremist bezeichnet werden darf. Baberowski genoss und genießt die uneingeschränkte Rückendeckung der Humboldt-Universität. Deshalb konnte er auch einen wissenschaftlichen Mitarbeiter an den Lehrstuhl für die Geschichte Osteuropas berufen, der vor seiner Berufung an die Humboldt-Universität an einer Neonazi-Demonstration gegen die Aufdeckung von Gräueltaten der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg teilgenommen hatte.

    Vor zehn Jahren wurde ich von der Teilnahme an einem Kolloquium an der Humboldt-Universität ausgeschlossen, weil ich beabsichtigte, die Fälschungen von Service und seine Verwendung antisemitischer Verunglimpfungen zu anzuprangern. Heute verbietet die Universität, die sich als unversöhnlicher Gegner des Antisemitismus aufspielt, im Namen der Bekämpfung des Antisemitismus die Erwähnung des Völkermords in Gaza.

    Ich erinnere an diesen Vorfall aus der nicht allzu fernen Vergangenheit, weil er beispielhaft ist für den Zynismus, die Heuchelei, die Demagogie und die hemmungslose Verlogenheit hinter der Kampagne, Opposition gegen Israels Angriff auf Gaza als „antisemitisch“ zu diskreditieren. Diese Verleumdung ist eine wichtige Waffe in den Bemühungen Israels und seiner imperialistischen Komplizen, all diejenigen einzuschüchtern und zu isolieren, die gegen den Völkermord an den Palästinensern protestieren.

    Plötzlich und von vielen überraschenden Seiten sind Kämpfer gegen Antisemitismus aufgetaucht. Letzte Woche wurden in den Vereinigten Staaten Universitätspräsidentinnen nach Washington D.C. vorgeladen, weil sie es versäumt hatten, angeblich antisemitische Proteste auf amerikanischen College-Campussen zu unterbinden. Angeführt wurde die inquisitorische Befragung von der Kongressabgeordneten Elise Stefanik, einer Republikanerin aus einem Bezirk im Bundesstaat New York. Sie wollte wissen, warum die Präsidentinnen der University of Pennsylvania, von Harvard, des Massachusetts Institute of Technology und anderer großer Universitäten Aufrufe zum „Völkermord“ dulden würden – worunter die Kongressabgeordnete jeden Studentenprotest versteht, der ein Ende des Apartheidregimes fordert, das den Palästinensern demokratische Rechte vorenthält.
    Die Abgeordnete Elise Stefanik, eine Anhängerin der faschistischen „Bevölkerungstausch-These“ und Unterstützerin des Aufstands vom 6. Januar 2021, ist auch eine führende Vertreterin der Behauptung, Antizionismus sei Antisemitismus [AP Photo/Mark Schiefelbein]

    Aber was sind die Referenzen von Frau Stefanik als Kämpferin gegen Antisemitismus? Sie ist eine bekannte Verfechterin der so genannten „Bevölkerungsaustausch-Theorie“, wonach die Juden die Vernichtung der weißen Christen planen, um die Weltherrschaft zu übernehmen. Mit anderen Worten, sie ist eine ausgewiesene Antisemitin, im klassischen Sinne des Wortes.

    Das Bündnis von Kräften der extremen Rechten mit dem israelischen Regime ist ein internationales politisches Phänomen. Wie ihr wisst, hat sich die Alternative für Deutschland (AfD), in der ein Politiker den Holocaust als „Vogelschiss“ in der Geschichte abtut, dem Kreuzzug gegen den Antisemitismus angeschlossen. Und würde er noch leben, würde sich zweifellos auch der Führer anschließen.

    Eine Delegation der ukrainischen Asow-Brigade, deren Kämpfer vielfach Nazi-Symbole als Tattoos tragen, besuchte im vergangenen Dezember Israel, um ihre Solidarität mit dem Netanjahu-Regime zu bekunden. All dies sind keine vereinzelten und abstrusen Zerrbilder ansonsten legitimer Bemühungen zur Bekämpfung des Antisemitismus. Vielmehr basiert die gesamte Kampagne auf einer Verfälschung der historischen Ursprünge und der politischen Funktion des Antisemitismus. Die aktuelle Kampagne steht für einen Prozess, den man als „semantische Umkehrung“ bezeichnen könnte. Hierbei wird ein Wort auf eine Weise und in einem Kontext verwendet, die das genaue Gegenteil seiner eigentlichen und seit langem akzeptierten Bedeutung sind.

    Durch die schiere Kraft der Wiederholung, verstärkt durch alle dem Staat und den Leitmedien zur Verfügung stehenden Mittel, wird die Bedeutung eines Begriffs grundlegend verändert. Das angestrebte Ergebnis dieser Verfälschung besteht darin, das politische Bewusstsein in der Bevölkerung zu senken und die Fähigkeit zur Erkenntnis der Realität zu mindern.

    Ein bezeichnendes Beispiel dafür, wie der Begriff „Antisemitismus“ zur Verfälschung der Geschichte, zur Verzerrung der politischen Realität und zur Desorientierung des öffentlichen Bewusstseins verwendet wird, findet sich in der jüngsten Ansprache des überaus redegewandten Robert Habeck, Vizekanzler der Ampel-Regierung in Berlin. In einer Schlüsselpassage erklärte dieser politische Tartuffe:

    Sorge macht mir aber auch der Antisemitismus in Teilen der politischen Linken und zwar leider auch bei jungen Aktivistinnen und Aktivisten. Anti-Kolonialismus darf nicht zu Antisemitismus führen.

    Kann jemand auch nur ansatzweise erklären, wie Anti-Kolonialismus einen antisemitischen Charakter annehmen soll? Habeck weiter:

    Insofern sollte dieser Teil der politischen Linken seine Argumente prüfen und der großen Widerstandserzählung misstrauen.[2]

    In dieser Passage offenbart sich der zentrale Zweck der semantischen Umkehrung des Wortes Antisemitismus. Ein Phänomen, das historisch mit der politischen Rechten assoziiert wurde, wird in ein zentrales Attribut der politischen Linken umgewandelt. Der reaktionäre Zweck dieses Verfälschungsverfahrens zeigte sich in der politischen Vernichtung von Jeremy Corbyn in Großbritannien. Ich bin kein Anhänger von Herrn Corbyn, dessen auffälligster politischer Charakterzug das Fehlen eines Rückgrats ist. Aber ungeachtet aller opportunistischen Sünden, die er begangen hat, ist der Vorwurf des Antisemitismus gegen Corbyn und seine Anhänger in der britischen Labour Party eine üble Verleumdung, die von seinen rechten Gegnern ausgeheckt wurde, um ihn politisch zu vernichten.

    Ein weiteres, noch schmutzigeres Beispiel für diese Verleumdung ist die bösartige Hexenjagd auf Roger Waters. Ein Künstler, der sein Leben und seine Kunst der Verteidigung der Menschenrechte gewidmet hat, wird in einer international orchestrierten Kampagne verfolgt, um ihn als Antisemiten abzustempeln. Hier in Deutschland, in Frankfurt und Berlin, wurden Versuche unternommen, seine Konzerte abzusagen. Und was ist die Motivation für seine Verfolgung? Roger Waters setzt sich für die demokratischen Grundrechte der Palästinenser ein und spricht sich gegen deren Unterdrückung aus.

    Die völlige Entkopplung des Begriffs „Antisemitismus“ von seiner eigentlichen historischen und politischen Bedeutung ist erreicht, wenn er gegen jüdische Menschen gerichtet wird, die zu Tausenden gegen die verbrecherische Politik des israelischen Regimes protestieren. Gegen sie wird ein besonders abscheulicher Ausdruck verwendet: „jüdischer Selbsthass“. Der Kern dieser Beleidigung besteht darin, dass Widerstand von Jüdinnen und Juden gegen die israelische Politik und gegen das gesamte zionistische Projekt nur als Ausdruck eines psychologischen Problems erklärt werden könne, einer pathologischen Ablehnung der eigenen Identität.

    Diese Diagnose geht von der Voraussetzung aus, dass das Judentum als besondere religiöse Identität vollständig im israelischen Staat und der nationalistischen Ideologie des Zionismus aufgegangen ist. Die religiöse Zugehörigkeit eines Individuums – die im Leben des einen oder anderen jüdischen Menschen eine geringe oder gar keine besondere Rolle spielen mag – wird mit einer enormen metaphysischen Bedeutung aufgeladen.

    Dieses ideologische Gebräu beruht nicht auf der Geschichte, sondern auf der biblischen Mythologie. Tatsächlich beruht die Legitimität des zionistischen Projekts auf der Behauptung, dass die Gründung Israels vor gerade einmal 75 Jahren die so genannte „Rückkehr“ des jüdischen Volkes nach 2.000 Jahren Exil in die ihm „von Gott versprochene“ Heimat seiner Vorfahren markiert.

    Dieser mythologische Unsinn entbehrt jeder Grundlage in der historischen Realität. Mehr als 350 Jahre sind vergangen, seit Spinoza in seiner theologisch-politischen Abhandlung die Behauptung widerlegt hat, der Pentateuch sei Moses von Gott diktiert worden. Die Bibel war das Werk vieler Autoren. Wie der Historiker Steven Nadler, eine Autorität in Sachen Spinoza, erklärt:

    Spinoza bestreitet, dass Moses die gesamte oder auch nur den größten Teil der Thora geschrieben hat. Die Verweise im Pentateuch auf Moses in der dritten Person, die Schilderung seines Todes und die Tatsache, dass einige Orte mit Namen benannt werden, die sie zur Zeit Moses nicht trugen, machen ‚ohne jeden Zweifel deutlich‘, dass die Schriften, die gemeinhin als ‚die fünf Bücher Mose‘ bezeichnet werden, in Wirklichkeit von jemandem geschrieben wurden, der viele Generationen nach Mose lebte.[3]

    Ausgehend von seiner Missachtung der Autorität der Bibel erzürnte Spinoza die oberste Geistlichkeit der Rabbiner von Amsterdam weiter und provozierte seine Exkommunikation, indem er die für das Judentum als Religion und den Zionismus als politische Ideologie zentrale Behauptung leugnete, die Juden seien das „auserwählte Volk“. Nadler schreibt:

    Wenn die Ursprünge und die Autorität der Heiligen Schrift heute in Zweifel gezogen werden, dann gilt das auch für ihre vollmundigen Behauptungen über die ‚Berufung‘ der Hebräer. Es ist ‚kindisch‘, so Spinoza, wenn jemand sein Glück auf die Einzigartigkeit seiner Gaben gründet; im Falle der Juden wäre es die Einzigartigkeit ihrer Auserwähltheit unter allen Menschen. In der Tat übertrafen die alten Hebräer andere Völker weder in ihrer Weisheit noch in ihrer Nähe zu Gott. Sie waren den anderen Völkern weder geistig noch moralisch überlegen.

    Spinozas Abtrünnigkeit war durch den rasanten Fortschritt der Wissenschaft im 17. Jahrhundert geprägt und im philosophischen Materialismus verwurzelt. Er ebnete den Weg für die fortschrittlichsten und radikalsten politischen Tendenzen. Damit zog er den Zorn der rabbinischen Hüter der Orthodoxie auf sich. Die Exkommunikation Spinozas wurde in einer Sprache verkündet, die in ihrer Schärfe ohne Beispiel war. Die Exkommunikation lautete auszugsweise:

    Verflucht sei er bei Tag und verflucht sei er bei Nacht; verflucht sei er, wenn er sich niederlegt, und verflucht sei er, wenn er sich erhebt. Verflucht sei er, wenn er hinausgeht, und verflucht sei er, wenn er hereinkommt. Der Herr wird ihn nicht verschonen, sondern dann wird der Zorn des Herrn und sein Eifer über diesen Menschen rauchen, und alle Flüche, die in diesem Buch geschrieben sind, werden auf ihm liegen, und der Herr wird seinen Namen auslöschen unter dem Himmel.[4]

    „Exkommunizierter Spinoza“, Gemälde von Samuel Hirszenberg, 1907 [Photo: Samuel Hirszenberg]

    Obwohl Spinoza auf diese Weise gebrandmarkt wurde, konnte sein Name nicht ausgelöscht werden. Der Einfluss seiner ketzerischen Ideen hat Jahrhunderte überdauert und wesentlich zur Entwicklung des aufklärerischen Denkens – einschließlich der als Haskala bekannten jüdischen Aufklärung – und ihrer revolutionären politischen Folgen im 18., 19. und sogar 20. Jahrhundert beigetragen.

    Die politische Theologie des heutigen Zionismus ist die extreme konterrevolutionäre Antithese und Zurückweisung der fortschrittlichen, demokratischen und sozialistischen Tradition, die sich aus dem an Spinoza und später am Marxismus angelehnten Denken von Generationen jüdischer Arbeiter und Intellektueller herleitet. Durch die Neuinterpretation des religiösen Mythos im Geiste eines extremen Nationalchauvinismus verleiht die zeitgenössische zionistische Theologie der Vorstellung des „auserwählten Volks“ einen durch und durch rassistischen und faschistischen Charakter.

    Die Tatsache, dass sich die israelische Regierung aus Parteien der extremen Rechten zusammensetzt, wird zwar weithin anerkannt, wird jedoch als nebensächliches Detail behandelt, das keinen besonderen Bezug zu den Ereignissen des 7. Oktober und der Reaktion des israelischen Staates hat. Der Einfluss einer apokalyptischen „Theologie der Rache“, die ausdrücklich die Vernichtung aller Feinde Israels fordert, auf die Politik der Netanjahu-Regierung wird in der politischen Berichterstattung über den Krieg praktisch nicht erwähnt.

    Eine zentrale Figur in der Entwicklung der „Theologie der Rache“ war Meir Kahane, der 1932 in Brooklyn geboren wurde und mittlerweile verstorben ist. Sein Vater, Charles Kahane, war ein Freund und Mitarbeiter von Zeev Jabotinsky, dem Führer eines erklärtermaßen faschistischen Flügels der zionistischen Bewegung. Meir Kahane wurde zunächst als Gründer der neofaschistischen Jewish Defense League (JDL) in den Vereinigten Staaten berüchtigt. Die JDL hatte es auf schwarze Organisationen in New York abgesehen, die Kahane als Bedrohung für die Juden verteufelte.

    1971 siedelte Kahane nach Israel über und gründete die vehement anti-arabische Kach-Partei. Seine Anhänger in den Vereinigten Staaten blieben aktiv. Die Workers League, die Vorgängerin der Socialist Equality Party in den Vereinigten Staaten, wurde zur Zielscheibe der JDL, die 1978 in Los Angeles durch einen Bombenanschlag versuchte, eine vom Internationalen Komitee organisierte Vorführung des Dokumentarfilms „The Palestinian“ zu stören.
    Meir Kahane im Jahr 1984 [Photo: Gotfryd, Bernard]

    Kahanes Rolle und Einfluss in Israel wird in einem Essay mit dem Titel „Meir Kahane and Contemporary Jewish Theology of Revenge“ analysiert, der 2015 veröffentlicht wurde. Die Autoren sind zwei israelische Wissenschaftler, Adam und Gedaliah Afterman. Sie erklären, dass die Theologie Kahanes

    um die Behauptung kreiste, dass der Staat Israel von Gott gegründet wurde, als Racheakt gegen die Ungläubigen für deren Verfolgung der Juden, insbesondere für die systematische Ermordung der Juden während des Holocausts.

    Kahanes Kach-Partei forderte die Annexion aller im Krieg von 1967 von Israel eroberten Gebiete und die gewaltsame Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung. Kahane wurde 1984 in die Knesset, das israelische Parlament, gewählt. Die Kach-Partei wurde bei den Wahlen von 1988 verboten, doch ihr Einfluss dauerte an, obwohl Kahane im Jahr 1990 während einer Reise nach New York ermordet wurde.

    Das Essay der Aftermans fasst die drei Grundpfeiler von Kahanes Rachetheorie zusammen.

    Erstens:

    Das Volk Israel ist ein kollektives mythisches Wesen, das ontologisch in der Göttlichkeit verwurzelt ist und sich seit frühesten Tagen zusammen mit Gott einem mythischen Feind gegenübersah. Dieser mythische Feind, „Amalek“, wird im Laufe der jüdischen Geschichte durch verschiedene tatsächliche Feinde verkörpert, und die verschiedenen Verfolgungen und Qualen, die die Juden im Laufe der Geschichte erlitten haben, sind Ausdruck ein und desselben mythischen Kampfes. Darüber hinaus gibt es einen ontologischen Unterschied zwischen der mythischen Nation Israel und den Ungläubigen, insbesondere den Feinden Israels. Der ontologische Unterschied zwischen der jüdischen und der nichtjüdischen Seele setzt den jüdischen Grundsatz außer Kraft, dass die gesamte Menschheit nach dem Bild Gottes geschaffen wurde. Der Glaube, dass Nichtjuden minderwertig seien und die dämonischen Mächte der Geschichte verkörpern, rechtfertigt tödliche Gewalt und Racheakte.

    Zweitens:

    ...Daher, so die Argumentation, trägt das Volk Israel eine religiöse Pflicht, alle möglichen Mittel einzusetzen, um sich an seinen gemeinsamen Feinden zu rächen und seinen gemeinsamen Stolz und Status zu rehabilitieren. Ob sie sich dessen bewusst sind oder nicht, die Palästinenser und andere Kräfte, die Israel bekämpfen, sind Teil eines mythischen, religiösen Kampfes, der die Zerstörung des Volkes Israel und seines Gottes zum Ziel hat. Diese Faktoren erlauben den Einsatz aller Mittel, um die Feinde zu besiegen.

    Drittens:

    Die Gründung des Staates Israel im Jahr 1948, kurz nach dem Holocaust, muss einem einzigen Zweck dienen: die erlösende Rache an den Ungläubigen zu ermöglichen. Die Gründung des modernen jüdischen Staates im historischen Land Israel ist eher ein Instrument, den Erlösungsprozess in Gang zu setzen, als ein Ergebnis oder ein Zeichen eines solchen Prozesses.

    Die drei Säulen zusammenfassend, erklären die Aftermans:

    ...Kahane argumentiert, dass die Ausübung von Rache an dem metaphysischen Feind ‚Amalek‘ (feindliche Ungläubige) von grundlegender Bedeutung ist, um Gott und sein Volk zu erretten, die beide infolge des Holocausts beinahe umgekommen wären. Die Gründung des jüdischen Staates mit seiner institutionalisierten Macht und militärischen Stärke sollte nach Kahanes Ansicht in den Dienst der Erlösung versprechenden Rache gestellt werden. Kahane geht so weit, dass er Racheakte auch an unschuldigen Menschen mit dem Argument rechtfertigt, sie gehörten zum mythischen Feind, der als Voraussetzung für die Erlösung Israels und seines Gottes ausgerottet werden müsse. Seiner Ansicht nach ist der Verlust von unschuldigem Leben, wenn nötig, ein gerechtfertigtes Opfer.[5]

    Kahane interpretierte die Doktrin des „auserwählten Volkes“ so, dass jegliche Verbindung mit traditionellen westlichen Werten völlig abgelehnt wird. In seinem Buch Or Ha’Raayon schrieb er:

    Dies ist ein jüdischer Staat. Er verneigt sich vor dem Judentum und widerspricht ihm nicht. Er handelt nach jüdischen Werten und jüdischen Geboten, auch wenn diese dem Völkerrecht und der Diplomatie widersprechen, auch wenn sie im Gegensatz zum normalen westlichen und demokratischen Lebensstil stehen; dies ist so, auch wenn es seine Interessen gefährdet und ihn von den zivilisierten Nichtjuden zu isolieren droht … Die Aufgabe des Judentums ist es, getrennt, einzigartig, anders und auserwählt zu sein. Dies ist die Rolle des jüdischen Volkes und seines Instruments, des Staates … Wir haben keinen Anteil an den normierten Werten der Nationen. Assimilation beginnt nicht mit Mischehen, sondern mit dem Kopieren und Übernehmen fremder Werte, fremder und nicht-jüdischer Begriffe und Ideen.

    Kahanes Theorie der Rache wurde im Hebräischen mit dem Konzept dessen identifiziert, was er Kiddusch Haschem nannte. Er schrieb:

    Eine jüdische Faust im Gesicht einer verblüfften ungläubigen Welt, die sie seit zwei Jahrtausenden nicht mehr gesehen hat, das ist Kiddusch Haschem. Jüdische Herrschaft über die christlichen heiligen Stätten, während die Kirche, die unser Blut gesaugt hat, ihre Wut und Frustration erbricht – das ist Kiddusch Haschem.

    Tatsächlich kann man Kahanes Kiddusch Haschem – trotz seiner halbherzigen Beschwörung einer angeblich einzigartigen jüdischen Philosophie – als eine hebräischsprachige Variante der Philosophie von Adolf Hitlers Mein Kampf bezeichnen, wobei der Hauptunterschied darin besteht, dass Kahanes hasserfüllte und rassistische Hetzschrift auf Hebräisch von rechts nach links und nicht von links nach rechts geschrieben wurde.

    Kahanes Einfluss blieb auch nach seiner Ermordung in dem zunehmend reaktionären politischen Umfeld Israels bestehen. Am 25. Februar 1994 ermordete einer von Kahanes Studenten, Baruch Goldstein, bei einem Anschlag auf eine Moschee in Hebron 29 Palästinenser und verwundete 150 weitere. Dieses Verbrechen wurde von Kahanes Anhängern gepriesen – darunter der äußerst einflussreiche Rabbiner Yitzchak Ginsburgh, der verkündete, dass der von Goldstein verübte Massenmord ein Akt des Kiddusch Haschem sei.

    Was hat das nun mit heute zu tun? Itamar Ben-Gvir, der Führer der fremdenfeindlichen Partei Otzma Jehudit, ist jetzt Minister für nationale Sicherheit in Netanjahus Koalitionsregierung. Er war Mitglied der Kach-Partei, bevor diese verboten wurde. Er ist nach wie vor ein entschiedener Verfechter der faschistischen Theologie und Politik von Meir Kahane. Im April dieses Jahres hielt Ben-Gvir – flankiert von einem Sicherheitsdienst aus dem Büro des Ministerpräsidenten – eine Rede, in der er sowohl Kahane als auch Baruch Goldstein lobte.
    Präsident Joe Biden (links) und der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu auf dem internationalen Flughafen Ben Gurion, Tel Aviv, 18. Oktober 2023 (AP Photo/Evan Vucci)

    Seit Beginn des Krieges kommt es immer häufiger vor, dass israelische Führer sich auf Kahanes Doktrin der Rache berufen. Letzten Monat erklärte Netanjahu in einer öffentlichen Rede: „Ihr müsst euch daran erinnern, was Amalek euch angetan hat, sagt unsere Heilige Bibel. Und wir erinnern uns.“ Die Tragweite von Netanjahus Verweis auf Amalek wurde in einer Erklärung des israelischen Verteidigungsministers Yoav Gallant deutlich gemacht: „Wir kämpfen gegen menschliche Tiere, und wir handeln entsprechend. Wir werden alles eliminieren – sie werden es bereuen.“ Seit Beginn des Krieges haben führende israelische Politiker zahlreiche Erklärungen gleichen Inhalts abgegeben, die in den genozidalen Taten der israelischen Regierung und des Militärs ihren Ausdruck gefunden haben.

    Inmitten der Verbrechen, die das israelische Regime begeht, gibt es keine größere und heimtückischere Lüge als die Behauptung, dass Widerstand gegen den Zionismus antisemitisch sei und sein müsse. Diese Lüge wird durch die lange Geschichte der Opposition gegen den Zionismus vor 1948 widerlegt. Zigtausende jüdische Arbeiter und Intellektuelle leisteten diesen Kampf über mehrere Generationen hinweg und wiesen den auf einem Mythos beruhenden Ruf nach einer Rückkehr nach Palästina zurück.

    Die Opposition gegen den Zionismus wurde mit größter politischer Klarheit von der sozialistischen Bewegung zum Ausdruck gebracht, die den politisch reaktionären Charakter der Perspektive, einen jüdischen Staat in Palästina zu errichten, erkannte und verurteilte. Man verstand, dass dieses Projekt ein kolonialistisches Unterfangen war, das nur im Bündnis mit dem Imperialismus und auf Kosten der palästinensisch-arabischen Bevölkerung verwirklicht werden konnte, die seit 2.000 Jahren in diesem Gebiet lebt.

    Darüber hinaus strebte die große Mehrheit der Jüdinnen und Juden in ihrem Kampf gegen die traditionelle religiöse Verfolgung und den seit dem späten 19. Jahrhundert aufkommenden politischen Antisemitismus nach politischer und sozialer Gleichberechtigung innerhalb der Länder, in denen sie lebten. Das war vor allem in Deutschland eine wahrhaftige Tatsache. Sie wollten Teil der Massenbewegung gegen Unterdrückung sein. Bei den politisch bewusstesten Teilen der jüdischen Jugend, der Arbeiter und Intellektuellen führte dieses Streben dazu, dass sie aktiv an der sozialistischen Bewegung teilnahmen.

    Die heutige Behauptung, wonach der Zionismus der notwendige und wahre Ausdruck der jüdischen Identität sei, entbehrt jeder historischen Grundlage. Das Fortbestehen demokratischer Überzeugungen und ein Mitgefühl für die Unterdrückten, das in der Erfahrung antisemitischer Vorurteile und Verfolgung wurzelt, kommt auch in der großen Zahl jüdischer Jugendlicher zum Ausdruck, die sich an den Demonstrationen gegen den israelischen Angriff auf die Bewohner des Gazastreifens beteiligen.

    Aller Propaganda zum Trotz wecken die Bilder der Massentötung wehrloser Palästinenser zwangsläufig historische und familiäre Erinnerungen an das Schicksal der Juden unter den Händen der Nazis. Der Krieg gegen die Bevölkerung des Gazastreifens ruft damit nicht nur ein Gefühl der Solidarität mit den Opfern der israelischen Gräueltaten hervor, sondern auch tiefen Zorn, dass die Tragödie des Holocausts für die Rechtfertigung dieses Krieges missbraucht wird.

    Natürlich werden die Zionisten und ihre Apologeten behaupten, dass alles, was ich gesagt habe, nur ein Beweis für meinen eigenen tief verwurzelten Antisemitismus ist, den sie – wie ich bereits erklärt habe – als ein in der sozialistischen Bewegung weit verbreitetes Vorurteil bezeichnen. Je weiter links jemand steht, je nachdrücklicher er oder sie sich gegen Kapitalismus und Imperialismus ausspricht, desto unversöhnlicher ist die Ablehnung des jüdischen Staates und damit der Antisemitismus dieser Person.

    Diese Behauptung ist ebenso absurd wie politisch reaktionär. Da ich seit mehr als einem halben Jahrhundert in der sozialistischen Bewegung aktiv bin, bin ich persönlich wahrhaftig nicht verpflichtet, auf die Behauptung zu antworten, dass ich oder meine Genossen in der trotzkistischen Bewegung Antisemiten seien. Wie man so schön sagt, spricht meine Laufbahn für sich selbst.

    Doch leider trifft das nicht immer zu. Der Vorwurf des Antisemitismus erfordert, dass der politische Werdegang der angegriffenen Person ignoriert und verzerrt werden muss.

    Daher werde ich zum ersten Mal auf diesen Vorwurf reagieren, indem ich meiner bekannten öffentlichen politischen Bilanz Informationen über meinen persönlichen Hintergrund hinzufüge. Da ich nun ein eher fortgeschrittenes Alter erreicht habe und in etwas mehr als einem Jahr meinen 75. Geburtstag feiern werde, halte ich die Zeit für gekommen, dies zu tun. Und zwar nicht, weil es irgendeine Wirkung auf die Verleumder haben würde, sondern weil es in meiner persönlichen Erfahrung Elemente gibt, die bei einer jüngeren Generation Widerhall finden und sie ermutigen könnten, ihren Kampf zur Verteidigung der Palästinenser und gegen alle Formen der Unterdrückung zu verstärken.

    Der prägende Faktor in der Entwicklung eines jeden Menschen ist das soziale und politische Umfeld seiner Zeit, das auf der grundlegendsten Ebene durch die sozioökonomischen Strukturen der Gesellschaft, in die er hineingeboren wurde, bestimmt wird. Die Persönlichkeit eines Menschen wird durch das geformt, was Marx als „Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse“ bezeichnet hat. Aber diese gesellschaftlichen Verhältnisse werden durch persönliche Erfahrungen gebrochen, sowohl durch eigene als auch durch solche, die durch Familie, Freunde, Lehrer, Bekannte usw. vermittelt werden.

    Ich bin ein Amerikaner der ersten Generation, geboren 1950. Der Ort meiner Geburt – ja, meine Existenz – wurde durch die Ereignisse bestimmt, die zum Zweiten Weltkrieg geführt hatten, der nur viereinhalb Jahre zuvor zu Ende gegangen war. Meine Eltern waren beide aus Europa geflohen, um der Verfolgung der Juden durch die Nazis zu entgehen. Meine Mutter Beatrice wurde am 18. Dezember 1913 in Wilmersdorf geboren – genau am selben Tag, an dem Herbert Frahm, auch Willy Brandt genannt, geboren wurde. Das Wohnhaus, in dem sie zur Welt kam, steht noch heute in der Konstanzer Straße. Ihr Vater – mein Großvater – nahm eine bedeutende Stellung im kulturellen Leben Berlins ein. Sein Name war Ignatz Waghalter. 1881 in Warschau in eine sehr arme Musikerfamilie hineingeboren, machte sich Waghalter im Alter von 17 Jahren auf den Weg nach Berlin, um eine ordentliche musikalische Ausbildung zu erhalten.
    Die Familie Waghalter 1889 in Warschau

    Mein Großvater war das 15. von 20 Kindern. Von diesen 20 Kindern starben 13 im Kindesalter, vier davon an einem Tag während der Typhusepidemie von 1888. Von den 20 Kindern überlebten sieben – vier Jungen und drei Mädchen. Mein Großvater war von frühester Kindheit an musikalisch sehr begabt. Im Alter von sechs Jahren trat er bereits im Warschauer Zirkus auf. Im Alter von acht Jahren schrieb und komponierte er eine Revolutionshymne, die so beliebt war, dass die Polizei nach dem Namen und der Identität des rebellischen Musikers forschte. Die Polizei war ziemlich schockiert, als sie feststellte, dass es sich um einen Achtjährigen handelte. Die Familie Waghalter hatte tiefe Wurzeln im revolutionären demokratischen Kampf des polnischen Volkes. Kürzlich entdeckte ich in einer Bibliothek einen revolutionären Marsch, den der Großvater meines Großvaters im Jahr 1848 komponiert hatte.

    Mein Großvater wollte eine echte Ausbildung erhalten. Er wollte nicht nur ein Wandermusiker sein, er wollte in die musikalische Welthauptstadt Berlin ziehen und lernen, wie man ein richtiger Komponist wird. Im Jahr 1897 wurde er mittellos über die Grenze geschmuggelt. Er lebte unter großen Entbehrungen, als der große Geiger und Freund von Johannes Brahms, Joseph Joachim, auf ihn aufmerksam wurde. Auf Joachims Empfehlung wurde mein Großvater in die Akademie der Künste aufgenommen. Im Jahr 1902 wurde seine Sonate für Violine und Klavier mit dem begehrten Mendelssohn-Preis ausgezeichnet. Zwei Jahre später wurde Ignatz‘ jüngerer Bruder Wladyslaw, der ihm nach Berlin gefolgt war, mit demselben Preis für seine Leistungen als Geiger ausgezeichnet.

    Nach dem Studienabschluss erhielt Ignatz eine Stelle als Kapellmeister an der Komischen Oper. Einige Jahre später folgte eine Berufung an das Essener Opernhaus. Der entscheidende Wendepunkt in seiner musikalischen Laufbahn kam jedoch 1912, als er zum Ersten Kapellmeister am neu erbauten Deutschen Opernhaus in der Bismarckstraße in Charlottenburg berufen wurde, heute als Deutsche Oper bekannt. Das ursprüngliche Gebäude wurde natürlich im Zweiten Weltkrieg zerstört und später wieder aufgebaut, befindet sich aber heute noch in derselben Straße. Wladyslaw Waghalter wurde zum Konzertmeister des neuen Opernhauses ernannt, das am 7. November 1912 mit einer Aufführung von Beethovens „Fidelio“ eröffnet wurde. Trotz des lautstarken Widerstands von Antisemiten und zahlreicher Morddrohungen dirigierte Ignatz Waghalter die Uraufführung.

    In den folgenden zehn Jahren behielt mein Großvater seine Position als Erster Kapellmeister am Deutschen Opernhaus. Drei seiner Opern, „Mandragola“, „Jugend“ und „Sataniel“, wurden am Opernhaus uraufgeführt. Waghalter war bekannt dafür, dass er sich für die Opern von Giacomo Puccini einsetzte, dessen Musik ein auf Richard Wagner fixierter Musikbetrieb zuvor abgelehnt hatte. Waghalter dirigierte im März 1913 die deutsche Uraufführung von Puccinis „La Fanciulla del West“ [Das Mädchen aus dem goldenen Westen], bei der Puccini selbst anwesend war. Es war ein Triumph, der Puccinis Ruf als großer Komponist in Deutschland begründete.
    Ignatz Waghalter mit Giacomo Puccini, Berlin, März 1913

    Während seiner langjährigen Tätigkeit am Deutschen Opernhaus hatte Waghalter mit antipolnischen und antisemitischen Vorurteilen zu kämpfen. Obwohl er selbst keine religiösen Rituale pflegte und keine Synagoge besuchte, weigerte sich Waghalter – im Gegensatz zu vielen anderen jüdischstämmigen Dirigenten – zum Christentum zu konvertieren. Der Gedanke, seine Religion zu wechseln, um seine Karriere zu fördern und sich damit den antisemitischen Vorurteilen anzupassen, war ihm zuwider.

    1914, bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs, erhielt Waghalter ein Dirigierverbot, weil er im Russischen Reich geboren war, mit dem sich das kaiserliche Deutschland im Krieg befand. Proteste des opernbegeisterten Publikums in Charlottenburg führten jedoch zu seiner Wiedereinstellung.

    Waghalter blieb am Deutschen Opernhaus, bis dieses 1923 inmitten der katastrophalen Inflationskrise in Konkurs ging. Er verbrachte ein Jahr in den Vereinigten Staaten als Leiter des New York State Symphony Orchestra. Anschließend kehrte er nach Deutschland zurück, wo er zum Generalmusikmeister der Filmgesellschaft UFA ernannt wurde. Eine Rückkehr an die Städtische Oper, wie das reorganisierte und wiedereröffnete Deutsche Opernhaus damals hieß, war für ihn jedoch nicht möglich.

    Die Machtergreifung Hitlers beendete seine Karriere und die seines Bruders als Musiker in Deutschland. Meine Mutter, damals noch keine 20 Jahre alt, hatte eine Vorahnung, dass das Dritte Reich Juden nicht nur die Karriere, sondern auch das Leben kosten könnte. Beatrice drängte ihre Eltern, Deutschland zu verlassen, ehe eine Flucht nicht mehr möglich sein würde. Sie folgten ihrem Rat und verließen Deutschland, reisten zunächst in die Tschechoslowakei und dann nach Österreich.

    Meine Mutter, eine hochbegabte Musikerin, blieb in Deutschland. Sie trat dem Jüdischen Kulturbund bei, wo sie als Sängerin in jüdischen Privathäusern in ganz Deutschland auftrat. Im Jahr 1937 erhielt sie ein Visum für die Einreise in die Vereinigten Staaten. Es gelang ihr, Einreisevisa auch für ihre Eltern zu besorgen. Meine Großeltern trafen im Mai 1937 in New York ein. Schon wenige Tage nach ihrer Ankunft initiierte Ignatz ein Projekt von historischer Bedeutung: die Gründung des ersten klassischen Musikorchesters, das aus afroamerikanischen Musikern bestand.

    Dieses radikale Projekt stieß in dem rassistischen Umfeld der damaligen Zeit auf erbitterten Widerstand. Waghalter lud häufig schwarze Musiker zu Proben in seine Wohnung ein. Dies führte dazu, dass eine Petition in Umlauf gebracht wurde, die von fast allen weißen Bewohnern des Appartementhauses unterzeichnet wurde, und in der sie forderten, Waghalter aus der Wohnung zu werfen , falls er dieses Gebahren fortsetzte.
    Ignatz Waghalter bei einer Probe mit dem Nego Symphony Orchestra. Rechts ein Artikel darüber: „Musik kennt weder Glaubensbekenntnis noch Nationalität“

    Mein Großvater wurde von der afroamerikanischen Zeitung von Baltimore interviewt. Er drückte die Überzeugung aus, die ihn zur Gründung des Symphonieorchesters inspiriert hatte: „Musik, die stärkste Festung der universellen Demokratie, kennt weder Hautfarbe noch Glaube oder Nationalität.“

    Trotz Waghalters immenser Bemühungen machte das reaktionäre Umfeld es unmöglich, das Orchester aufrechtzuerhalten. In den letzten zehn Jahren seines Lebens wurde Waghalter zusehends isoliert. Er verlor den Kontakt zu seiner Familie. Erst nach dem Krieg erfuhr er, dass sein Bruder Wladyslaw (der Deutschland nicht hatte verlassen können) 1940 nach einem Besuch im Gestapo-Hauptquartier plötzlich verstorben war. Seine Frau und eine Tochter kamen 1943 in Auschwitz ums Leben. In der Brandenburgerstraße 49, der Adresse, an der mein Großonkel Wladyslaw gewohnt hatte, sind Stolpersteine eingelassen, die an das Leben und den Tod Wladyslaws und seiner Familie erinnern.
    Stolpersteine für Wladyslaw Waghalter und seine Familie an der Brandenburgerstraße 49, Berlin

    Glücklicherweise gelang einer Tochter Wladyslaws, Yolanda, die Flucht. Sie schaffte es nach Südamerika, lebte in Peru, wo sie erste Geigerin im Symphonieorchester von Lima wurde. Ihr Sohn Carlos, mein Cousin zweiten Grades, lebt heute in New Orleans, und wir sind, praktisch seit wir erwachsen sind, eng befreundet. Ignatz‘ Bruder Joseph starb im Warschauer Ghetto. Zwei der drei Schwestern kamen ebenfalls in Polen ums Leben. Nur sein ältester Bruder, der große polnische Cellist Henryk Waghalter, überlebte den Krieg. Mein Großvater starb unerwartet im April 1949 in New York, im Alter von 68 Jahren.
    Portrait von Toni und Ignatz Waghalter, April 1949. Links: Nachruf der New York Times für Waghalter, 8. April 1949

    Während seines kurzen Exils in der Tschechoslowakei in den Jahren 1935–1936 schrieb mein Großvater seine Memoiren, die mit einem Bekenntnis seine Ideale als Künstler schließen. Er wusste, dass die Nazis eine tödliche Bedrohung für die Juden darstellten, aber er gab seiner Überzeugung Ausdruck, dass die Verbrecher des Dritten Reiches nicht über das ethische und moralische Engagement des jüdischen Volks für Gerechtigkeit siegen würden. Waghalter gab zu, dass er noch nicht wusste, wo er Zuflucht finden würde. Und so beendete er seine Memoiren mit den Worten:

    Wo immer es auch sein mag, ich möchte der Kunst und der Menschheit dienen, gemäß den Worten von Moses: „Du bist aus der Sklaverei befreit worden, um deinen Brüdern zu dienen.“

    Die Auffassung meines Großvaters von der jüdischen Ethik unterschied sich eindeutig von derjenigen, die in der Netanjahu-Regierung und dem heutigen zionistischen Staat vorherrscht. Er wäre entsetzt und erschüttert, wenn er wüsste, was im Namen des jüdischen Volks getan wird. Es gibt keine größere Verleumdung, kein größeres Geschenk an die wahren Antisemiten, als das jüdische Volk mit den Verbrechen in Verbindung zu bringen, die gegenwärtig jeden Tag gegen das unterdrückte palästinensische Volk begangen werden.

    Die Geschichte von meines Großvaters Leben und seiner Beziehung zu der Katastrophe, die das europäische Judentum überrollt hatte, war ein ständiges Gesprächsthema in meinem Elternhaus. Meine Großmutter, Ignatz‘ Witwe, die wir Omi nannten, lebte bei uns. Ich verbrachte unzählige Stunden in ihrem Zimmer, wo sie mir vom Leben in Berlin erzählte, von den Freundschaften mit so vielen großen Künstlern, davon, dass Giacomo Puccini sie in den Hintern gekniffen hatte, von all den Freunden, die sie kannte, von den Schriftstellern und sogar von Wissenschaftlern wie Albert Einstein, der häufig in der Wohnung in der Konstanzerstraße zu Gast war. Gern spielte er dort mit seiner Geige in einem Streichquartett mit. Die Mitbewohner hatten nichts dagegen.

    Die Geschichten meiner Großmutter wurden durch die Erzählungen meiner Mutter ergänzt, die ein besonders enges Verhältnis zu ihrem Vater gehabt hatte. Die meisten Geschichten wurden auf Deutsch erzählt, das bei uns zu Hause gleichberechtigt neben dem Englischen stand.

    Zumindest in der Straße, in der ich wohnte, war das nicht ungewöhnlich. Viele unserer Nachbarn waren Flüchtlinge: Dr. Jakobius, Frau London, Frau Spitzer, Frau Rehfisch, Walter und Uschi Bergen, Dr. Hartmann und Dr. Gutfeld. Es gab noch andere, an deren Namen ich mich nicht erinnere, aber es war, als ob ein beträchtlicher Teil Charlottenburgs in einem Vorort von New York City neu entstanden wäre. Und dann waren da noch die vielen Freunde, die in anderen Teilen der Stadt lebten, aber häufig zu Besuch kamen: Greta Westman, Dela Schleger, Kurt Stern ...

    Viele der Gespräche, in denen das Leben in Berlin geschildert wurde, endeten mit dem Satz: „Und dann kam Hitler.“ Das war das Ereignis, das alles veränderte. In meinem jungen Kopf führte das zu vielen Fragen. „Wie kam Hitler?“ „Warum kam Hitler?“ „Hat ihn jemand vor 1933 kommen sehen?“ „Wann haben meine Großeltern und meine Mutter zum ersten Mal von Hitler gehört und erkannt, dass er kommen könnte?“ Und schließlich die wichtigste Frage von allen: „Warum haben die Menschen Hitlers Kommen nicht verhindert?“

    Das war eine Frage, auf die niemand, den ich kannte, eine vollständige und überzeugende Antwort hatte. Immerhin waren die Antworten, die ich zu Hause erhielt, in einigen Punkten hilfreich. Erstens wurden die Nazis eindeutig als rechtsgerichtete Bewegung gekennzeichnet. Die Trennlinie zwischen Gut und Böse verlief in meiner Familie also nicht zwischen Deutschen und Juden, sondern zwischen links und rechts. Diese Trennung, so betonte meine Mutter, gab es nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt und natürlich auch in den Vereinigten Staaten. Gelegentlich schaute sie sich bestimmte amerikanische Politiker an und sagte: „Ich traue dieser Bande nicht.“

    In diesem Punkt war meine Mutter besonders nachdrücklich. Sie hasste den Faschismus. Wenn sie eine bestimmte, besonders anstößige soziale und politische Haltung feststellte oder ihr begegnete, neigte sie dazu, die betreffende Person als „einen echten Faschisten“ zu bezeichnen.

    Sie war sich der Existenz von Antisemitismus in Deutschland vor Hitler durchaus bewusst. Solchen Tendenzen begegnete sie schon vor Hitlers Aufstieg unter den Lehrern ihrer Schule. Aber über diese Tendenzen sagte sie oft, dass sie nie geglaubt hätte, dass sie sich zwangsläufig bis zum Massenmord entwickeln würden. Sie glaubte nicht an eine solche Unvermeidbarkeit. Außerdem hat sie nie eine Spur von Hass oder Bitterkeit gegenüber den Deutschen gezeigt. Sie war stolz darauf, dass ihre Kenntnisse der deutschen Sprache auch 60 Jahre nach ihrer Flucht aus Deutschland nicht verblasst waren.

    Es sollte noch viele Jahre dauern, bis ich eine politisch überzeugende Antwort finden konnte, die erklärte, wie der Faschismus in Deutschland an die Macht gekommen war. Wie viele meiner Generation habe ich die Bürgerrechtsbewegung, die Ghettoaufstände und den Vietnamkrieg miterlebt. Die explosiven Ereignisse der 1960er Jahre regten mich zum Geschichtsstudium an und förderten mein Bedürfnis, aktuelle Ereignisse in einen größeren zeitlichen Rahmen einzuordnen. Darüber hinaus trieben mich die Wut über den nicht enden wollenden Vietnamkrieg und die stetig wachsende Desillusionierung über die Demokratische Partei und den amerikanischen Liberalismus weiter in Richtung Sozialismus. Dieser Prozess führte schließlich dazu, dass ich im Herbst 1969 erstmals die Schriften von Leo Trotzki entdeckte.

    Ich vertiefte mich in das Studium seiner verfügbaren Schriften: seine monumentale „Geschichte der Russischen Revolution“, seine Autobiographie „Mein Leben“, „Der neue Kurs“, „Die Lehren des Oktober“ und „Die verratene Revolution“. Alle diese Werke bildeten die Grundlage für meine Entscheidung, mich der trotzkistischen Bewegung anzuschließen. Aber der Band, der mich am meisten beeindruckte, war eine Sammlung von Trotzkis Schriften, die dem Kampf gegen die Machtergreifung der Nazis zwischen 1930 und 1933 gewidmet waren.

    Während dieser entscheidenden Jahre lebte Trotzki im Exil auf der Insel Prinkipo, vor der Küste Istanbuls. Das stalinistische Regime hatte ihn dorthin verbannt. Von dort, aus einer Entfernung von über 2.000 Kilometern, verfolgte er die Ereignisse in Deutschland. Seine Artikel, seine Warnungen vor der Gefahr, die von Hitler und der Nazipartei ausging, sind in der politischen Literatur ohne Beispiel.
    Leo Trotzki an seinem Schreibtisch in Prinkipo

    Trotzki erläuterte nicht nur das Wesen des Faschismus – seine Klassenbasis und seine wesentliche Funktion als Instrument des politischen Terrors gegen die sozialistische und die Arbeiterbewegung –, sondern er erklärte auch, wie die Nazis besiegt werden könnten. Er entlarvte die Politik der stalinistischen Kommunistischen Partei, der so genannten Dritten Periode, die behauptete, dass Sozialdemokratie und Faschismus identisch seien. Dieser bankrotten ultralinken Politik setzte er den Aufruf zu einer Einheitsfront aller Parteien der Arbeiterklasse entgegen, um die faschistische Gefahr zu besiegen. Seine Warnungen wurden ignoriert. Der Stalinismus und der Verrat der Sozialdemokratie machten den Sieg der Nazis möglich.

    Aber Hitlers Aufstieg zur Macht, die darauf folgende Katastrophe des Zweiten Weltkriegs und der Holocaust waren nicht unvermeidlich. Sie waren das Ergebnis des politischen Verrats der reformistischen und stalinistischen Führungen der Arbeiterklasse. Das zu verstehen, zu begreifen, was Faschismus war – und, wenn ich daran zurückdenke, die Erkenntnis, dass ich nur wenige Jahrzehnte nach all dem aufgewachsen bin – hatte eine tiefgreifende Wirkung auf mich. Die Überzeugung, dass es nie wieder Faschismus geben darf, und die Einsicht, dass es möglich ist, diesen politischen Horror zu besiegen, verpflichteten mich, in der sozialistischen Bewegung aktiv zu werden, insbesondere in jener politischen Organisation, die die größte Bedrohung der Menschheit richtig analysiert und eine Antwort darauf gegeben hatte.

    Trotzki sah den Grund für den Aufstieg des Faschismus nicht in der deutschen Psyche, sondern in der historischen Krise des Kapitalismus und des Nationalstaatensystems. Hitler und das faschistische Regime stellten letztlich den verzweifelten Versuch des deutschen Kapitalismus dar, durch Krieg und Massenmord eine Lösung für die Schranken zu finden, die ihm durch das bestehende nationalstaatliche System auferlegt worden waren. Er war gezwungen, „Europa neu zu ordnen“. Aber dies war kein ausschließlich deutsches Problem. Die Krise hat den amerikanischen Imperialismus vor eine noch größere Herausforderung gestellt, die ihn bis heute beschäftigt: die Aufgabe, die Welt neu zu ordnen.

    In späteren Schriften, die er nach Hitlers Machtübernahme verfasste, warnte Trotzki davor, dass dem europäischen Judentum durch den Sieg des Faschismus und den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs die Vernichtung drohte. Diese Gefahr, so schrieb er, könne der Zionismus nicht abwenden, weil er eine nationale Lösung für ein Problem anstrebe, das in den globalen Widersprüchen des kapitalistischen Systems wurzelt.

    Nach dem Sieg der Nazis betonte Trotzki, dass das Schicksal der Juden mehr denn je mit dem Schicksal des Sozialismus verbunden sei. In einem Brief vom 28. Januar 1934 schrieb er:

    Die jüdische Frage ist nun, als Ergebnis des ganzen historischen Schicksals des Judentums, eine internationale Frage geworden. Sie kann nicht durch den „Sozialismus in einem Land“ gelöst werden. Unter den gegenwärtigen Bedingungen der übelsten und niederträchtigsten antisemitischen Verfolgungen und Pogrome können und müssen die jüdischen Arbeiter revolutionären Stolz aus dem Bewusstsein schöpfen, dass die Tragik des jüdischen Volkes nur durch einen vollständigen und endgültigen Sieg des Proletariats überwunden werden kann.[6]

    Diese Perspektive hat sich in der Geschichte bestätigt. Diejenigen, die behaupten, die Gründung Israels sei ein politischer Triumph gewesen, haben eine merkwürdige Vorstellung davon, was ein politischer Triumph ist. Die Schaffung eines Staates, der auf dem unverhohlenen Diebstahl von fremdem Land beruht, der auf rein rassistischer Grundlage die demokratischen Grundrechte, die allen Bürgern zustehen sollten, verweigert, der Hass und Rache als Grundlage der Staatspolitik etabliert, der seine eigenen Bürger systematisch darauf abrichtet, die Menschen zu töten und zu quälen, denen er das Land gestohlen hat, und der sich zum meistgehassten Staat der Welt gemacht hat – das kann kaum als „politischer Triumph“ bezeichnet werden. Es ist eine politische Degradierung.

    Der anhaltende Krieg hat trotz all seiner Schrecken einen wichtigen politischen Beitrag geleistet. Er hat die Jugend wachgerüttelt. Er hat der Welt die Augen geöffnet. Er hat das zionistische Regime und seine imperialistischen Komplizen als die Verbrecher entlarvt, die sie sind. Er hat eine Flutwelle der Empörung in Bewegung gesetzt, die sich weltweit ausbreitet. Sie wird auch die Verantwortlichen für diesen Völkermord überschwemmen.

    Aber die große Herausforderung, vor der unsere Bewegung steht, besteht darin, die Empörung mit einem revolutionären sozialistischen Programm zu verbinden, das die globale Arbeiterklasse in einem gemeinsamen Kampf gegen die imperialistische Barbarei vereinen kann. Unsere Bewegung – und nur unsere Bewegung – ist in der Lage, diese Herausforderung zu meistern. Sie verkörpert eine große politische Geschichte und eine große politische Erfahrung, die nun ein ganzes Jahrhundert umspannt. Es gibt keine andere Partei, die in einer Krise, wie wir sie jetzt erleben, ein Verständnis für ihre Dynamik und eine Perspektive vorlegen kann, um in die Situation einzugreifen und sie im Interesse der Arbeiterklasse zu ändern.

    Auch wenn dieser Vortrag kein formeller Bericht über den 100. Jahrestag des Trotzkismus war, hoffe ich doch, dass er zum Verständnis dessen beigetragen hat, was die trotzkistische Bewegung ist und in welchem Verhältnis sie zu den aktuellen Kämpfen steht, mit denen wir konfrontiert sind.

    #Pologme #USA #Israël #Palestine #Allemagne #Berlin #Charlottenburg #Konstanzer_Straße #Bismarckstraße #opéra #musique #nazis #antisemitisme #sionisme #fascisme #auf_deutsch

  • « L’algorithme de la #CAF conduit à un surcontrôle des populations les plus précaires » | Alternatives Economiques
    https://www.alternatives-economiques.fr/lalgorithme-de-caf-conduit-a-un-surcontrole-populations-plus-pr/00109069

    Fin novembre et début décembre, l’association La Quadrature du Net et le journal Le Monde ont chacun fait paraître une enquête sur l’utilisation du data mining (l’exploration de données) par les caisses d’allocations familiales (CAF), pour détecter les indus et les fraudes. Les deux enquêtes montrent que ce système, qui permet de scanner des milliers de données de 32 millions de personnes (les allocataires et leurs proches) et sur la base duquel sont déclenchés les contrôles, cible les plus pauvres, notamment les mères isolées.

    L’algorithme utilisé attribue un score de risque aux allocataires allant de 0 à 1. Plus on est proche de 1, plus on est exposé à la probabilité d’un contrôle. Parmi les critères pénalisants, le fait d’avoir changé de loyer plus de quatre fois en un an et demi, d’avoir un enfant à charge de 19 ans ou plus, ou encore de déclarer chaque trimestre ses ressources pour percevoir l’allocation adulte handicapé (AAH).

    • on sait _qui_ à pondu ledit algorithme, sur ordre de qui, et selon les specification de qui ? ou c’est secret défense ? (voire, secret défonce)

    • #Notation des allocataires : fébrile, la CAF s’enferme dans l’#opacité

      Alors que la contestation monte (voir ici, ici, ici ou ici) concernant son algorithme de notation des allocataires à des fins de #contrôle_social, la CAF choisit de se réfugier dans l’opacité tout en adaptant, maladroitement, sa politique de communication. Suite à son refus de communiquer le code source de son algorithme, nous avons saisi la Commission d’Accès aux Documents Administratifs (CADA).

      Comme nous l’expliquions ici, la CAF utilise depuis 2012 un algorithme de #profilage attribuant à chaque allocataire une note ou « #score_de_risque ». Construite à partir des centaines de données dont la CAF dispose sur chaque allocataire, cette note est ensuite utilisée pour sélectionner celles et ceux qui seront contrôlé·es.

      Cet algorithme symbolise l’étendue des #dérives de l’utilisation des outils numériques au service de politiques de contrôle social portées par des logiques policières de suspicion généralisée, de #tri et d’#évaluation continue de chacun de nos faits et gestes.

      Ici, comme c’est généralement le cas par ailleurs, ce tri cible les plus précaires. Les rares informations disponibles à ce sujet laissent apparaître que parmi les critères dégradant la note d’un·e allocataire, et augmentant ses chances d’être contrôlé·e, on trouve pêle-mêle : le fait de disposer de faibles revenus, d’habiter dans un quartier défavorisé, d’être une mère célibataire ou encore d’être né·e hors de France.

      Pour en avoir le coeur net, nous avons donc demandé à la CAF de nous communiquer le #code source de son algorithme1. Et sa réponse est affligeante2.

      Sortir de la précarité pour “tromper l’algorithme”

      Si la CAF a bien accepté de nous communiquer le code de l’algorithme… ce n’est qu’après avoir masqué la quasi-totalité des noms des variables comme on peut le voir sur l’illustration de cet article, qui est une photo de ce que la CAF nous a répondu.

      En d’autres termes, le fichier fourni nous permet simplement d’apprendre combien de #critères sont utilisés pour le calcul de la note des allocataires. Rien de plus. Ce qui n’empêche pas la CAF de préciser dans son courrier qu’elle espère que sa communication nous « permettra de comprendre le modèle »3.

      Les responsables de la CAF ont toutefois tenu à justifier le caviardage du fichier. Ces dernier·es précisent que le #code_source a été « expurgé des mentions qui, si elles étaient communiquées, pourraient donner des indications aux fraudeurs pour tromper l’algorithme »4. Et pour être tout à fait honnête, nous n’étions pas préparé·es à cette réponse.

      La CAF croit-elle vraiment que les critères liés à la #précarité (situation professionnelle instable, faibles revenus, logement situé dans un quartier défavorisé…) pourraient être modifiés par la seule volonté de l’allocataire ? Qu’afin d’augmenter leur note et de « flouer » l’algorithme, des millions d’allocataires pourraient décider, d’un coup, de sortir de la pauvreté ?

      Ce raisonnement frise l’#absurdité. A vrai dire, il est méprisant et insultant pour celles et ceux vivant des situations difficiles.

      Pire, le secrétaire général de la CAF entretient publiquement la confusion entre #fraudes et #erreurs de déclarations involontaires, prenant ainsi le risque de stigmatiser les personnes ciblées par l’algorithme, et ce, dans le seul but de justifier l’opacité de son institution.

      En réponse à un journaliste de Radio France5 l’interrogeant sur la réponse de la CAF à notre demande, il l’expliquait en disant qu’« il y a un certain nombre de données dont on pense que, si elles sont connues, peuvent nourrir des stratégies de contournement de personnes dont le but c’est de frauder le système ». Et d’ajouter : « Il faut que l’on ait un coup d’avance ».

      Faut-il donc lui rappeler que l’algorithme de la CAF n’est pas entraîné à détecter les fraudes mais les erreurs de déclaration, par définition involontaires6. Et que sa réponse pourrait donc être reformulée ainsi : « Nous ne communiquerons pas le code de l’algorithme de peur que les allocataires arrêtent de faire des erreurs ».

      De notre point de vue, cette réponse révèle l’ampleur de l’embarras des responsables de la CAF vis-à-vis de leur algorithme. Ils et elles ont peut-être en tête le scandale entourant un algorithme, en tout point similaire, de notation des allocataires ayant été utilisé aux Pays-Bas et dont les suites ont amené à la démission du gouvernement7 ?

      #Déni_de_justice

      Pire, cette opacité est aussi appliquée, à l’échelle individuelle, aux allocataires ayant été séléctionné·es par l’algorithme pour être controlé·es et qui chercheraient à obtenir des informations sur la raison de ce contrôle. Et ce, alors même que la loi prévoit que tout individu ayant fait l’objet d’une décision prise sur le fondement d’un traitement algorithmique (ici le fait d’être contrôlé) a le droit de connaître les données utilisées ainsi que les #paramètres de cet algorithme8. Ce qui signifie que les personnes ayant fait l’objet d’un contrôle9 sont censées avoir un droit d’accès plus étendu qu’une association comme la Quadrature.

      Nous avons pu consulter la réponse à la demande d’informations réalisée par une personne ayant été contrôlée sur la base de sa note. Le courrier, signé par le délégué à la protection des données de la CNAF, se contente de renvoyer l’allocataire à la page “Internet et Libertés” de la CAF.

      Sur cette page sont présents deux documents relatifs à l’algorithme de notation : un communiqué de la CAF et l’avis de la CNIL associé10. Aucun ne fournit d’informations sur les paramètres utilisés par l’algorithme, ni sur leur impact sur le score de risque.

      Cette réponse est un déni de justice pour celles et ceux ayant fait l’objet d’un contrôle déclenché algorithmiquement, l’opacité entretenue par la CAF les empếchant de contester juridiquement le bien-fondé du contrôle dont ielles ont fait l’objet.
      La discrimination : un savoir-faire à protéger

      Nous avions aussi demandé la liste des variables utilisées pour l’entraînement du modèle, c’est à dire sa phase de création. Cette question est importante car elle permet de comprendre l’étendue des données utilisées par l’algorithme. Et donc le degré d’intrusion dans la vie privée des allocataires que la construction d’un tel modèle nécessite.

      En effet, en mettant régulièrement en avant dans sa communication que son algorithme n’utilise « que » quelques dizaines de variables11, la CAF fait mine d’ignorer qu’elles sont le fruit d’une sélection qui nécessite l’analyse d’un nombre bien plus grand de variables au préalable12.

      Et la justification apportée par les responsables de la CAF est, là aussi, déconcertante. Ces dernier·es avancent que la communication de ces variables n’est pas possible car elles constituent un « savoir-faire »13. La CAF souhaiterait-elle monétiser son algorithme et le revendre à d’autres administrations ? Penserait-elle pouvoir équiper les équipes de contrôleurs.ses des institutions sociales du monde entier de son algorithme assimilant les plus précaires à de potentiel·le·s fraudeurs ou fraudeuses ?

      A défaut de réponse, nous nous en remettons à ce que, techniquement, tout·e data-scientist ferait pour entraîner un modèle le plus « précis » possible. Il suffirait de partir de l’intégralité des variables à sa disposition et, par itérations successives, décider lesquelles garder pour le modèle final. Dans cette hypothèse, ce serait alors la quasi-totalité des variables détenues par la CAF sur chaque allocataire qui serait utilisée pour l’entraînement de son modèle.

      Ceci serait cohérent avec un document publié en 2013 dans lequel un statisticien de la CAF que « les statisticiens chargés de la modélisation disposaient d’environ un millier d’informations par allocataire contrôlé » et que « la base d’apprentissage contient toutes les données habituelles des fichiers statistiques »14.
      Vingt ans de développement… et aucun compte-rendu de réunions

      Quant à notre demande relative aux documents internes (notes, comptes-rendus, échanges…) concernant le développement de l’algorithme, la CAF nous a tout simplement répondu qu’en presque 20 ans de travail aucune réunion technique n’a fait l’objet de compte-rendu…15

      Pour être tout à fait honnête, c’est une première dans l’histoire de nos demandes CADA.
      Le retour de l’alibi technique

      A ceci s’ajoute, depuis le début de l’année, la mise en place de ce qui apparaît comme une véritable communication de crise par l’institution autour de son algorithme. En juin 2022, la CAF a notamment publié un communiqué intitulé « Contrôle et datamining » dans lequel elle tente de répondre aux critiques soulevées par son algorithme16.

      A sa lecture, on prend toute la mesure du rôle d’alibi technique à une politique de contrôle discriminatoire que joue l’algorithme, ce que nous dénoncions déjà ici.

      L’algorithme y est décrit comme étant un objet purement scientifique dont le caractère politique est nié. Il est ainsi expliqué que la note des allocataires est le fruit d’une « démarche scientifique d’étude statistique […] menée par des experts » se fondant sur des critères « scientifiquement pondérés » ayant été sélectionnés « sur seuls critères statistiques ». Le secrétaire général de la CAF ajoute17 de son côté que cet outil serait un « miroir des situations statistiques » servant à identifier des « environnements de risques ».

      Ce faisant, les responsables de la CAF cherchent à nier leur responsabilité (politique) dans la conduite, et la validation, d’une politique de contrôle discriminatoire. Nul part n’apparaît que que si les erreurs se concentrent sur les plus précaires, c’est tout simplement parce qu’au fil des ans se sont multipliées les règles et contraintes encadrant l’accès aux minima sociaux, et ce, dans le seul but de restreindre leur accessibilité18.

      On mesure enfin l’impact des logiques gestionnaires appliquées aux institutions sociales. Logiques réduisant des millions de vies et d’histoires, à de simples notions statistiques, déshumanisantes, froides et vides de sens.
      Communication mensongère

      La deuxième partie du document est consacrée à un « Vrai/Faux » portant sur l’algorithme où transpire la malhonnêteté intellectuelle.

      A l’affirmation « Les scores de risques les plus élevés concernent toujours les plus pauvres », la CAF répond Faux car « les scores de risques sont calculés pour tous les allocataires ». Ce qui n’a tout simplement aucun sens…

      A la question « Les contrôleurs sont payés aux résultats », la CAF répond que ce serait faux, bien qu’elle admette que l’Etat lui fixe bien un objectif à atteindre en termes de détection de fraude. Ici encore, l’institution joue avec les mots. S’il est vrai que les contrôleurs.ses n’ont pas de « prime sur leurs résultats », ils et elles touchent un intéressement, tout comme l’ensemble du personnel de la CAF, dont le montant dépend bien de l’atteinte de ces objectifs de contrôle19.

      A la question « Plus de 1000 données concernant les allocataires sont utilisées dans le modèle de datamining des CAF », la CAF répond que seules une quarantaine seraient utilisées. Elle détourne ainsi la question puisque – comme expliqué ci-dessus – elle omet de dire que ces quarante variables sont sélectionnées après une phase d’entraînement du modèle qui nécessite l’utilisation, et le traitement, de plus de mille variables par allocataire20.

      Enfin, aux questions « Les contrôleurs de la Caf ont accès à toutes les infos qu’ils souhaitent à l’insu des allocataires », et « Les allocations sont suspendues pendant le contrôle », la CAF répond que non car « aucune demande n’est faite à d’autres administrations, sans en avoir averti auparavant l’allocataire, aucune procédure vis-à-vis d’un tiers n’est engagée à l’insu de celui-ci. » Et ajoute que, lors d’un contrôle, « les allocations ne sont pas suspendues ».

      Sur ces deux derniers points, nous vous invitons à lire les témoignages collectés par le Défenseur des Droits, les collectifs « Stop Contrôles », « Changer de Cap » et différentes associations de lutte contre la précarité21 qui alertent depuis des années sur les suspensions abusives d’allocations pendant les contrôles et les pratiques invasives (consultation des comptes bancaires, relevés d’électricité, analyse de l’adresse IP etc…) des contrôleurs·ses de la CAF à l’insu des allocataires.
      Fraude à enjeux et lutte contre le non-recours : des contre-feux médiatiques

      A ceci s’ajoute diverses annonces de la CAF participant à nourrir une stratégie de diversion médiatique autour de son algorithme de notation.

      Dans son dernier rapport annuel sur la « lutte contre la fraude », nulle référence n’est faite à l’algorithme alors que celui-ci était mis à l’honneur, en première page, l’année précédente. La CAF précisant au passage qu’il était loué par la Cour des Comptes et l’Assemblée Nationale.

      A sa place, la CAF a préféré cette année mettre en avant son équipe de contrôleur.ses dédiée à la « lutte contre la fraude à enjeux »22, c’est à dire des fraudes organisées (usurpation d’identités, faux documents, fraude au RIB) à grande échelle. Soit 30 agentes et agents qui d’après les dires de la CAF sont, ni plus ni moins, chargé·es de « protéger le système de sécurité sociale français des risques de pillage » et qui font rentrer la CAF dans « une nouvelle dimension de la lutte contre la fraude »23.

      A titre de comparaison, nous tenons à rappeler que ce sont pas moins de 700 contrôleuses et contrôleurs qui, guidé·es par son algorithme discriminatoire, sont chargé·es de traquer les moindre erreurs de déclaration faites par les plus précaires.

      Deuxième angle d’attaque : la mise en avant de l’utilisation d’algorithmes de profilage à des fins de lutte contre le non-recours24. Comme si l’application des techniques de profilage à des fins « positives » pouvait justifier leur application à des fins répressives. Sur ce sujet, la CAF omet pourtant de dire le plus important : depuis maintenant plus de 10 ans, elle a systématiquement favorisé l’application de ces techniques à des fins de contrôle plutôt que de lutte contre le non-recours.

      Ses équipes de « data-scientist » regrettaient dès 2013 que les techniques de profilage des allocataires soient uniquement utilisées à des fins de contrôle et non de lutte contre le non recours25. Cette réalité est rappelée dans un rapport de l’Assemblée Nationale daté de 2016 qui précise que « l’extension explicite de l’usage du data mining à d’autres fins, notamment celle de lutte contre le non-recours, était envisageable dès l’origine, mais cette possibilité a été écartée, au moins dans les premières années d’utilisation de cet outil »26. Il aura fallu attendre 2017 pour que la CAF commence à mener des expérimentations, et il semblerait qu’aujourd’hui le profilage contre le non-recours est limité à la prime d’activité et l’allocation de soutien familial27.

      Le sociologue Vincent Dubois ajoute que cette situation « interroge sur la réalité des slogans institutionnels “tous les droits rien que les droits” qui en fait est beaucoup plus tournée vers l’identification des indus, frauduleux ou non, que vers les cas de non-recours qui sont en fait beaucoup plus nombreux »28.

      En tout état de cause, l’histoire politique de l’utilisation par la CAF des techniques de profilage à des fins de lutte contre le non-recours ne semble pas très glorieuse.

      Ce dernier point interroge aussi sur le fantasme entretenu autour de l’automatisation de l’état social pour répondre aux problèmes sociaux. A l’heure où le gouvernement lance l’expérimentation d’un « RSA sous conditions », la mise en avant de solutions techniques pour lutter contre le non-recours dépolitise la question de l’accès aux droits. Tout en taisant les problèmes que génèrent, pour des millions de personnes, la dématérialisation des services publics.

      Enfin, la CAF a annoncé en grande pompe la nomination d’une médiatrice nationale chargée, entre autres, des questions de données personnelles à la CNAF29 en juin 2022. Parmi ses missions : « la protection des données et de la sécurité des usagers dans le cadre des systèmes d’information. » Et le communiqué accompagnant sa nomination ajoute qu’elle « sera également la référente nationale déontologie ». Nous serions plus que ravi·es d’entendre son avis sur l’algorithme de notation de la CAF.
      Lutter au-delà de la transparence

      La transparence que nous exigeons auprès de la CAF ne doit pas masquer le fond du problème. En un sens, ce que nous savons déjà de l’algorithme de cette institution, sans même avoir eu accès à son code, nous suffit à nous y opposer.

      La transparence n’est donc pas une fin en soi : c’est un moyen que nous souhaitons mobiliser pour mettre en lumière, et critiquer, un discours politique cherchant à légitimer la volonté de contrôle d’un appareil étatique via l’entretien d’un discours de suspicion généralisée et la stigmatisation de certaines catégories de la population.

      Volonté de contrôle qui, hélas, profite aujourd’hui de la puissance des outils numériques et de l’exploitation de nos données personnelles afin de toujours plus nous évaluer et, ainsi, nous trier.

      A l’heure où un nombre toujours plus grand d’institutions, sociales et policières, mettent en place de telles solutions de surveillance algorithmique, nous continuerons de les documenter et de faire ce que nous pouvons, à notre niveau, pour les contrer.

      Au côté des collectifs Stop Contrôles, Changer de Cap et de toutes les associations et collectifs de lutte contre la précarité qui font face, depuis des années, aux dérives du tout numérique et au développement sans limite des politiques de contrôle social, nous espérons que vous serez nombreux.ses à nous rejoindre.

      Enfin, nous ne doutons pas que ce sentiment d’injustice est partagé par la plupart des employé·es de la CAF. C’est pourquoi nous tenons à encourager celles et ceux qui, révolté·es par ces pratiques, pourraient nous aider à les documenter. Vous pouvez nous contacter par mail, téléphone, en venant nous rendre visite ou déposer de manière anonyme des documents sur notre SecureDrop. A l’heure où les responsables de la CAF font le choix de l’opacité, nous avons plus que jamais besoin de vous.

      https://www.laquadrature.net/2022/12/23/notation-des-allocataires-febrile-la-caf-senferme-dans-lopacite
      déjà sur seenthis (via @colporteur) :
      https://seenthis.net/messages/984668

      #algorithme #discrimination #mères_isolées #risque

    • C’est la réponse qui a toujours été faite aux syndicats qui réclament depuis des années les barèmes et algo pour pouvoir contester dans le cadre des TRÈS nombreuses erreurs de calcul.

      « gna gna gna, vous allez tricher ! ».

      Marrant comme on accuse toujours l’autre de ses propres turpitudes.

      Oui, des fois, les gens pourraient refuser une miette de boulot de merde qui va faire sauter tous leurs droits de manière disproportionnée et les foutre encore plus dans la merde. Oui, des fois, les gens pourraient s’organiser pour ne pas se retrouver dans une trappe à contrôle ou une situation encore plus dégradée.

      Oui, t’imagine ? Les gens pourraient juste faire valoir leurs droits si souvent déniés sans même avoir à avancer un début de justification.

      Et ils pourraient se rendre compte que ce n’est pas l’algo, mais bien un agent malintentionné qui a niqué leur dossier.

    • y aurait pas moyen de « retourner » (comme une chaussette) leur truc de la caf ? Genre, une expérience de science participative :-) on pourrait : 1./ demander que le "score" soit communiqué à chaque administré (e.g. via CNIL), 2./ collecter score et infos perso sur la base du volontariat, éventuellement en anonymisant les données, et 3./ faire un modèle « externe » avec ces données, le publier, et enfin 4./ s’en servir pour identifier les cas de non-recours (et au moins les compter)