Zum Festpreis durch Berlin: So soll Taxifahren wieder attraktiv werden
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Wenn Festprwise in München Taxis verlässlicher machen, was nicht sicher ist,, wird das in Berlin nicht funktionieren. Der Berliner Taxitarif schreibt schon jetzt Festpreise für jede Strecke vor, denn Wartezeiten im Stau und an der Ampel werden in der Praxis schon lange nicht mehr bezahlt. Das verhindert in Berlin eine Karenzzeit vor dem Umschalten auf einen Zeittarif. Nur wirklich lange „Wartezeiten“ werden dem Taxifahrer bezahlt, etwa wenn er Kunden beim Einkaufen ins Geschäft begleitet.
Die Einführung eines Festtarifs schützt die Kunden gegen überhöhte Fahrpreise durch Umwege. Bezahlt wird für die mit dem Taxi zurückgelegte Strecke. Seit Abschaffung der anspruchsvollen Ortskundeprüfung für angehende Taxifahrer kann es vorkommen, dass auch ehrliche Fahrer einen vom Navigationssystem vorgeschlagenen Umweg fahren, und es dem Kunden nicht auffällt, weil alle dem dummen Navi vertrauen. Dieses Problem sollte durch eine bessere Qualifikation der Fahrer gelöst werden, anstelle mit einer Scheinlösung wenig wirkungsvolles Marketing zu betreiben.
19.10.2023 von Peter Neumann -Ein neues Tarifangebot soll Taxifahren in Berlin einfacher und besser berechenbar machen. Wer per App, telefonisch oder auf andere Art ein Taxi bestellt, bekommt auf Wunsch künftig einen garantierten Festpreis genannt. Anders als derzeit können Staus und Baustellen die Fahrkosten dann nicht mehr beeinflussen. Das ist der Plan, über den das Berliner Taxigewerbe und der Senat sprechen. Einigen sie sich, könnte das neue Tarifangebot Anfang 2024 eingeführt werden, sagte Hermann Waldner, der Vorsitzende von Taxi Deutschland Berlin. Ein Vorbild gibt es bereits: München. Dort heißt es, dass Fahrgäste von Festpreisen profitieren – aber nicht immer. Höhere Kosten sind möglich.
Es ist ein Projekt, das in Berlin schon einige Zeit köchelt. Seit mehr als zwei Jahren lässt das Personenbeförderungsgesetz Festpreise zum Beispiel für bestellte Taxifahrten zu. So lange befürworten die Senatsverwaltung und die Taxibranche ein solches Tarifangebot schon. Jetzt soll der Plan konkret werden, teilte Constanze Siedenburg, Sprecherin von Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU), der Berliner Zeitung auf Anfrage mit.
„Die Senatsverwaltung hat in diesem Sommer mit Gewerbevertretungen bei der Industrie- und Handelskammer zu Berlin einen Austausch zu Festpreisen angeregt“, berichtete Siedenburg. „Uns liegt nunmehr ein Antrag aus dem Taxigewerbe vor, der sich konzeptionell am Münchner Modell orientiert, das zum 1. September 2023 in Kraft getreten ist. Der konkrete Abstimmungsprozess läuft. Mit den Verbänden wurde vereinbart, dass hieran prioritär gearbeitet wird.“ Es geht voran.
Aus Sicht der Behörde seien Festpreise attraktiv für Fahrgäste. Es gehe um Preissicherheit bei Vorbestellung, sagte die Sprecherin. Wer einen Festpreis wünscht, kann darauf vertrauen, dass es bei dem genannten Betrag bleibt – wobei sich Taxifahrer natürlich weiterhin über Trinkgeld freuen, wie in der Branche betont wird. Anders als derzeit schlagen Wartezeiten vor Ampeln oder in dichtem Verkehr nicht mehr zu Buche.
„Die Situation ist katastrophal“
Bei Uber, Bolt und anderen Vertriebsplattformen ist das schon seit langem so. Wer per App eine Fahrt bucht, bekommt den angegebenen Betrag abgebucht – und keinen Cent mehr. Mit dem neuen Tarifangebot, das nun auch Taxifahrten berechenbar macht, möchte die gebeutelte Taxibranche Kunden zurückgewinnen und neue Fahrgäste anlocken. Die Konkurrenz hat dem Gewerbe längst zugesetzt. In diesem August gab es in Berlin 5606 Taxis – aber auch 4449 Mietwagen. Solche Fahrzeuge werden von Unternehmen, die mit den Plattformen zusammenarbeiten, eingesetzt.
„Die Situation ist katastrophal“, sagte Hermann Waldner von Taxi Deutschland Berlin. „Wir können beobachten, wie es jeden Tag weiter nach unten geht.“ Wie viele andere Taxifunktionäre sprach er davon, dass die Plattformen den Wettbewerb verzerren. Immer wieder wird kritisiert, dass dort Regeln nicht eingehalten werden – wie die, nach jeder Fahrt an den Betriebssitz zurückzukehren, wenn es nicht unmittelbar im Anschluss eine neue Tour gibt.
Meist liegen die Fahrpreise deutlich unter den Taxitarifen, in Berlin zum Teil um 60 Prozent, wie Waldner beklagt. Er und andere Kritiker bezweifeln, dass es die Mietwagenbetreiber mit „Dumpingtarifen“ schaffen, legal ohne Steuerhinterziehung und Sozialbetrug auszukommen. Die Plattformbranche weist die Kritik zurück.
Anfang des kommenden Jahres könnte es losgehen
Mindesttarife für Mietwagen seien in der jetzigen Situation „das Allerwichtigste“, forderte Hermann Waldner. Außerdem müsse künftig auch das Taxigewerbe in der Lage sein, Festpreise anzubieten. Der Verbandschef lobte die Verwaltung, die dem Plan positiv gegenüberstehe. Für Berlin sei ein Tarifkorridor im Gespräch, der nach oben und unten um je 20 Prozent abweicht, so Waldner in einem Podcast. Er zeigte sich zuversichtlich: „Wir hoffen, dass wir Festpreise zum Jahresanfang 2024 anbieten können.“
Die Konkurrenz: Bei Vertriebsplattformen wie Uber können per App Mietwagen mit Chauffeur gebucht werden. Die Fahrpreise liegen meist deutlich unter den Taxitarifen.
„Es ist sehr schön, dass Berlin dem Münchener Beispiel folgen möchte“, sagte Florian Bachmann, Vorsitzender des Taxi-Verbands München. In der Hauptstadt des Freistaats Bayern gilt das neue Tarifangebot seit dem 1. September. „Bei uns in München wird dem Fahrgast, wenn er den Festpreis wünscht und die Zieladresse angibt, der Preis nach der kürzesten Strecke berechnet, zuzüglich der Einschaltgebühr“, erklärte er.
Achtung, Tarifkorridor!
Nach dieser Rechnung kosten sechs Kilometer Taxifahrt 19,30 Euro. Verkehrsbedingte Wartezeiten kommen in der Festpreisberechnung nicht vor. Normalerweise beträgt der Anteil dieser Tarifposition in München im Durchschnitt rund acht Prozent. Käme sie bei der Beispielrechnung hinzu, würde die Fahrt laut Taximeter 20,80 Euro kosten.
„Diese acht Prozent bekommt der Kunde quasi geschenkt“, sagte Bachmann. Allerdings gibt es das Geschenk nur dann, wenn die Taxizentrale, bei der die Fahrt gebucht wird, den Tarifkorridor nicht in Anspruch nimmt. Was ist darunter zu verstehen? Das novellierte Gesetz lässt es zu, dass Festpreise über oder unter dem regulären Taxitarif liegen können, erklärte der Verbandsvorsitzende. Konkret ist es in München möglich, dass sie ihn um bis zu 20 Prozent über- oder um bis zu fünf Prozent unterschreiten.
Warum ist das so? „Der Korridor ist dafür gedacht, dass der Fahrer bei extremen Verkehrsverhältnissen wie Schnee oder Eis dennoch sein Geld verdienen kann“, erläutert Bachmann. Umgekehrt kann nachts, wenn viele Ampeln ausgeschaltet sind, Wartezeit gespart werden. Deshalb ermöglicht der Tarifkorridor auch eine Abweichung nach unten.
„Die Vorteile von Festpreisen für den Kunden sind relativ klar“, fasste Florian Bachmann zusammen. „Es gab während der Pandemie in München eine Online-Umfrage, was Kunden sich vom Taxi wünschen. Oberster Wunsch war, dass die Fahrgäste vor Antritt der Fahrt wissen wollen, was die Fahrt kosten wird. Das können wir nun anbieten.“
Taxiunternehmer hätten aktuell eher Nachteile, weil sie für die Fahrten nicht immer den eigentlichen Preis erhalten, so Bachmann. Trotzdem komme von dieser Seite „Unterstützung, weil man hofft, das durch mehr Aufträge wieder auszugleichen“, erläutert Bachmann. Ob die Akzeptanz von Dauer ist, werde sich zeigen. Möglicherweise müsse bei den Taxitarifen nachgesteuert werden, sagte er. Doch klar sei: „Das Taxigewerbe begrüßt die Festpreise, weil sie auch ein Instrument sein können, um der illegalen Konkurrenz von Uber und Konsorten etwas entgegenzusetzen.“