Berliner Feuerwehrleute gegen grüne Verkehrspolitik: Die Poller behindern unsere Arbeit!
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Taxifahrer sagen das schon seit langer Zeit. Weg mit den Pollern und Einbahnstraßen. Raus aus der Stadt mit privatem PKW-Verkehr. So schafft man Ruhe und Sicherheit.
2.9.2024 von Andreas Kopietz - Kreuzberg und Mitte: Immer mehr Poller tauchen im Stadtbild auf. Für die Rettung von Menschenleben haben die Straßensperren Konsequenzen.
Eine Polizeistreife im Funkwagen verfolgt in Kreuzberg einen mutmaßlichen Drogendealer. Er rennt vor dem Polizeiauto weg. An der Falckensteinstraße ist für die Beamten Schluss: Ein Straßenpoller versperrt dem Funkwagen den Weg, der Dealer entkommt. Das sind Szenen, über die Berliner Polizisten immer wieder mal berichten.
In immer mehr Straßen Berlins – vor allem in Mitte und in Kreuzberg – stehen plötzlich Poller auf den Fahrbahnen. Die von den Grünen regierten Bezirke wollen auf diese Weise den Autoverkehr minimieren. Was für manche Anwohner, etwa jene, die höchstens mal Carsharing nutzen, ein Segen ist, ist für andere ein Fluch. Nicht nur für Geschäftsleute, weil der Lieferverkehr nicht mehr durchkommt. Sondern auch für Polizisten und Rettungswagenfahrer, wenn es darum geht, im Notfall Menschenleben zu retten. Denn plötzlich sind Rettungswege blockiert.
Ähnlich verhält es sich mit einigen neuen Radwegen, die in Corona-Zeiten plötzlich als Pop-up-Radwege auf die Straßen gebracht wurden. Etwa auf dem Kottbusser Damm und der Kottbusser Straße. Sollte es dort in einem der oberen Geschosse oder im Dach eines Mietshauses brennen, könne die Feuerwehr dort keine Drehleiter aufstellen, berichtet ein Feuerwehrmann.
Feuerwehr kann nur beraten und nichts anweisen
Die Feuerwehr kann den Straßenbauämtern der Bezirke nichts anweisen, sondern im Baugenehmigungsverfahren nur beratend tätig werden, wenn sich ein Bezirk wieder eine neue Gestaltungsidee für Straßen überlegt wird.
Der Kreuzberger CDU-Abgeordnete Timur Husein sieht die Poller kritisch. Er habe mehrmals im Bezirksamt nachgefragt, ob Feuerwehr und Polizei bei den Planungen einbezogen würden. „Doch sie werden nicht involviert“, sagt er. „Bei Schlaganfall oder Herzinfarkt können Sekunden über Leben und Tod entscheiden. Wenn der Fahrer eines Rettungswagens oder Schlaganfall-Mobils aber erst aussteigen muss, um einen Poller aufzuschließen, kostet das Zeit.“
Auf Anfrage dieser Zeitung, ob es bei der Planung von Pollern im Vorfeld eine Verständigung zwischen Bezirk und Polizei und Feuerwehr gibt, antwortete eine Sprecherin des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg: „Im Prozess der verkehrsrechtlichen Anordnung von Pollern im Fahrbahnbereich erfolgt immer eine Beteiligung der Berliner Polizei.“ Doch im Fall des Kottbusser Damms habe es keine Anhörung gegeben, widerspricht ein Feuerwehrmann.
Verkehrsstadträtin Gerold (GRÜNE) verengt Köthener & Bernburger Str. (Kreuzberg) ohne Anwohner zu fragen bzw. zu informieren. Dafür weniger Parkplätze und unnötige Radfahrabstellanlagen. Für schlappe 45.000 €. DAS ist typisch GRÜNE Politik. Bei der nächsten Bezirkswahl abwählen! pic.twitter.com/OSUWn72xEk
— Timur Husein, MdA (@TimurHusein) July 23, 2024
RTW-Fahrer kennen ihren Bereich. Aber sie fahren auch stadtweit
Nach den Worten von Manuel Barth von der Deutschen Feuerwehrgewerkschaft wird die Feuerwehr nur unzureichend in solche Planungen einbezogen – ob bei Radwegen oder bei Pollern. „Unsere RTW fahren zum Einsatzort und wissen nicht, dass sie plötzlich vor einem Poller stehen. Aufschließen ist immer ein Hemmnis.“
Vinzenz Kasch, Behördensprecher der Berliner Feuerwehr, drückt sich hingegen etwas vorsichtiger aus: „Für uns ist es wichtig, dass die Behörden mit uns sprechen.“ Nach seinen Worten funktioniert das mal mehr, mal weniger gut. Er berichtet von einem Fall aus Mitte: „Unsere Kollegen nutzen Schleichwege, die andere Autofahrer auch nutzen. Plötzlich war da eine Polleranlage, und sie standen davor.“ Mitte habe auch plötzlich eine neue Art der Schließung verwendet, ohne der Feuerwehr Bescheid zu sagen.
„Das Öffnen eines Pollers kostet Zeit. Manchmal sind zwei Poller zu öffnen“, sagt Kasch. Immer wieder komme es bei Rettungseinsätzen zu leichten Behinderungen. „Die Kollegen in den Feuerwachen kennen meistens ihre Umgebung. Aber wir fahren eben auch stadtweit.“ Probleme gebe es mitunter, wenn es im Bereich einer Pollerreihe zum Brand komme und zum Beispiel eine Drehleiter aufgestellt werden muss. „Dann müssen wir improvisieren“, sagt Kasch.
„Das Gleiche gilt für Fahrradspuren, die abgepollert sind“, sagt er. Einige hätten Betonschwellen, andere Gummipoller. Kasch empfiehlt deshalb einheitliche Regelungen zu Pollern und Fahrradspuren – „eine einheitliche Lösung, nicht so einen Flickenteppich wie zurzeit“.
Bei der klimafreundlichen Umgestaltung der Innenstadt haben Bauämter im Grunde vieles zu bedenken: auch solche „Kleinigkeiten“ wie Fahrradbügel auf Gehwegen. Wo mehrere Fahrradbügel nebeneinander einbetoniert sind, kann die Feuerwehr kein Sprungkissen aufbauen, in das sich Menschen im Brandfall aus ihren Wohnungen retten können. „Wir wünschen uns, dass man in all diesen Fragen an die Feuerwehr denkt und gute Kompromisse findet“, sagt Vinzenz Kasch.
Einen Wunsch hat er allerdings auch an jene Leute, die in den mit Pollern verkehrsberuhigten Gebieten wohnen: „Wir erleben leider häufig, dass Poller genutzt werden, um Fahrräder anzuschließen oder dass Sachen auf Gehwegen abgestellt werden. Diese Bereiche müssen frei bleiben.“