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  • Nach Beben im Bund: Auch in Berlin dreht sich nach Kühnerts Rücktritt das Personalkarussell
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    Berlin: Politik = Kungelei. Was wird aus Michael Müller ?

    8.10.2024 vin Elmar Schütze - Kevin Kühnerts plötzlicher Rücktritt trifft die Berliner SPD empfindlich. Wer soll seinen Bundestagswahlkreis verteidigen? Die Zeit drängt. Doch eine Lösung zeichnet sich ab.

    Das ging schnell, sehr schnell. Nur wenige Stunden nach dem Rücktritt von Kevin Kühnert als SPD-Generalsekretär präsentierte die Partei mit Matthias Miersch einen Nachfolger. Dabei sind nach Kühnerts plötzlichem Weggang noch viele Fragen offen.

    Denn vor allem die Berliner SPD muss jetzt binnen ganz kurzer Zeit weitere Personalien klären. So muss sehr schnell entschieden werden, wer bei der Bundestagswahl in einem Jahr in Kühnerts Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg antreten soll. Kühnert war bei der Wahl 2021 einer von nur drei Berliner Sozialdemokraten, die ein Direktmandat holten.

    Jetzt drängt die Zeit. Spätestens im November wollen alle Kreisverbände aller Parteien ihre Kandidaten parat haben. Im Februar nächsten Jahres soll dann über die Landeslisten abgestimmt werden.
    SPD-Personalie: Müller lobt Kühnerts Nachfolger

    Als erster Berliner meldete sich Dienstagfrüh gleich Michael Müller zur Causa Kühnert/Miersch zu Wort – allerdings nicht ungefragt, sondern angefragt vom Inforadio des RBB. Er halte Kühnerts Nachfolger für den Richtigen, um die Partei in den Bundestagswahlkampf zu führen, sagte Berlins früherer Regierender Bürgermeister, der seit 2021 im Bundestag sitzt. Und, so Müller weiter: „Wir brauchen jemanden, der ohne lange Einarbeitungszeit sofort einen Start hinlegen kann. Und das ist mit Matthias Miersch garantiert, weil er unheimlich erfahren ist.“

    Für die Berliner SPD ist dagegen fast noch wichtiger, was Müller nicht sagte – wozu er in dem Interview aber auch nicht gefragt wurde: Bleibt er selbst Direktkandidat in Charlottenburg-Wilmersdorf? Dorthin war der in Tempelhof geborene, aufgewachsene und politisch sozialisierte Müller vor der 21er-Wahl von seiner eigenen Partei gezwängt worden. Grund: Es wurde ein Wahlkreis für Kevin Kühnert gesucht, den es nach seiner Zeit als Bundesvorsitzender der Jusos mit Macht ins Hohe Haus drängte. Kühnert stammt ebenso wie Müller aus Tempelhof-Schöneberg, dort saß er bis 2021 als Hinterbänkler in der Bezirksverordnetenversammlung.

    Der von den eigenen Leuten – es war das damalige Spitzenduo Franziska Giffey und Raed Saleh – quasi aus der damaligen Landesregierung geworfene Michael Müller wich in den Nachbarbezirk in der City West aus. Dort setzte er sich erst in einem parteiinternen Wettbewerb gegen seine damalige Staatssekretärin Sawsan Chebli durch. Seitdem spielt Chebli in der Partei keine Rolle mehr, und Müller holte am Ende das Direktmandat für Charlottenburg-Wilmersdorf. Zu den Unterlegenen gehörte die jetzige Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Die Grünen).

    Und jetzt, da Kühnert weg ist, kehrt da der einst aus dem Haus gejagte Müller in seine Heimat zurück? Es müsste sehr schnell gehen, bereits am Freitag ist Wahlkreiskonferenz in Charlottenburg-Wilmersdorf. Wechselt also Müller noch? Nein, sagt Kian Niroomand, Kreisvorsitzender der SPD Charlottenburg-Wilmersdorf, im Gespräch mit der Berliner Zeitung. „Michael Müller wird am Freitag definitiv bei uns kandidieren“, so Niroomand.

    Doch was passiert in Tempelhof-Schöneberg? Wer folgt auf Kevin Kühnert? Die Kreisvorsitzende Wiebke Neumann bat im Gespräch mit der Berliner Zeitung um Geduld. Die hiesige Wahlkreiskonferenz war bisher für den 16. November angesetzt und galt als eher entspannte Veranstaltung. Eine erneute Nominierung Kühnerts galt als sicher, eine Gegenkandidatur als ausgeschlossen. Bis zu Kühnerts Rücktritt. Jetzt, sagt Wiebke Neumann, brauche man etwas mehr Zeit, der 16. November sei wohl nicht zu halten. Ein genaues Datum stehe noch nicht fest.

    Kühnerts Nachfolgerin? Vieles spricht für Sinem Taşan-Funke

    Dennoch: Seit Montag schwirren Namen rund um die Rathäuser von Tempelhof und Schöneberg. Da ist Orkan Özdemir. Der 42-Jährige aus Friedenau holte bei der Abgeordnetenhauswahl 2021 das beste Ergebnis aller Berliner Sozialdemokraten. Doch Özdemir, der nicht eben als Anhänger von Kevin Kühnert gilt, hat sich gerade erst einen Namen im Abgeordnetenhaus gemacht. Zudem gilt er als integrationspolitischer Sprecher seiner Fraktion als Adlatus des mächtigen Parteigranden Raed Saleh. Dieser wird seinen Zögling nur ungern in den Bundestag ziehen lassen.

    Deutlich wahrscheinlicher klingt da die Variante mit Sinem Taşan-Funke. Die 32-Jährige ist ebenfalls eine gebürtige Tempelhoferin. Bei den Jusos, deren Berliner Vorsitzende sie zwischenzeitlich war, arbeitete sie eng mit Kevin Kühnert zusammen. Beide waren Gegner von GroKos – er auf Bundesebene, sie auf Landesebene.

    2021 stand Michael Müller noch auf Listenplatz 1

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    Auf Nachfrage der Berliner Zeitung wollte sich Taşan-Funke nicht zu Gerüchten um ihre Kandidatur äußern. Aber kategorisch ausschließen wollte sie solch eine Möglichkeit auch nicht.

    Doch selbst wenn die Kandidatenfrage in Tempelhof-Schöneberg geklärt sein sollte, bleibt eine weitere unverhoffte Baustelle für die Hauptstadt-SPD: Wer soll die Landesliste im nächsten Jahr anführen? Diese wird fürs kommende Jahr noch wichtiger als zuletzt.

    2021 stand Michael Müller auf Listenplatz 1. Doch dies beruhte auf einem Deal, den Raed Saleh mit ihm geschlossen hatte. Da beide seit Jahren fundamental über Kreuz liegen, wird es für 2025 wohl keine neue Vorfestlegung zugunsten Müllers geben.

    Dabei sind für alle SPDler Top-Plätze auf der Landesliste im kommenden Jahr wichtiger denn je. Wie es aussieht, dürfte die Partei ein eher schwächeres Ergebnis holen als 2021. Jeder Platz weiter oben auf der Liste könnte da beim Rennen um den Bundestag helfen.

    #Berlin #Politik #SPD