„Als würde man an einer Batterie lecken“: Wir haben die Gibson Bar Berlin getestet
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Marian Beke, Aviran Avidan und Omer Gazit (von links) stoßen in der Gibson Bar auf die Gibson Bar an. Ben Fuchs
Braucht man das ? Na klar, da setzt man sie abgewichsteten Schnösel-Fahrgäste raus. Sollen sie doch fünfundzwanzig Euronen für schräg verpacktes Nichts löhnen. Ordentlichr Dröhnung ab zwohundertfufzich. Bitte schön, wers braucht ...
▻https://www.openstreetmap.org/node/84644789 Zwischen Einfahrt Parkpltz Martin-Gropius-Bau und Entwicklungshilfeminister aber in Fahrtrichtung Kreuzberg
14.11.2024 von Manuel Almeida Vergara - Gibson Bar: Londoner Legende in Berlin am Potsdamer Platz neu eröffnet – wir haben sie getestet
Ja, es gibt auch Bier. Marian Beke holt eine Flasche aus dem Kühlschrank und hält sie ins schummrige Kneipenlicht. „Berliner Berg“, steht auf dem Etikett, eine kleine, unabhängige Brauerei aus Neukölln. In Bekes neuer Bar unweit des Potsdamer Platzes lässt sich also auch ein gepflegtes Feierabendbier trinken – wobei die Betonung auf „gepflegt“ liegt.
Denn vor wenigen Wochen hat Marian Beke mit The Gibson seine legendäre Londoner Bar in Berlin wiedereröffnet: Der Name ist geblieben, der Schwerpunkt auf absurd aufwendigen Cocktails auch, selbst einen Dresscode gibt es. „Shorts, Sneaker, Sportswear und Basecaps sind nicht gestattet“, so steht es ein bisschen arg rigide auf der Gibson-Webseite.
In Großbritannien hatte Beke mit diesem Konzept großen Erfolg; immer wieder belegte seine Bar, die er zwischen 2016 und 2023 im Londoner Stadtteil Finsbury führte, auf den einschlägigen Ranglisten der weltbesten Bars einen der oberen Plätze. Auch Marian Beke selbst gilt international als einer der herausragendsten Barkeeper und wurde für seine aromenreichen Drinks mit vielen Preisen ausgezeichnet.
Der „Sea Sparkle Martini“ wird in einer Muschel serviert. Ben FuchsUmso überraschender klingt es, wenn er sagt: „Wir nehmen die Getränke an sich natürlich sehr ernst, aber eigentlich kommen sie erst an zweiter Stelle.“ Viel wichtiger sei das ganze Drumherum, so Beker, die Atmosphäre der Bar, die Dekoration der Drinks. Das trifft sich mit den Worten Aviran Avidans, der neben dem Gastronomen Omer Gazit als Inhaber der Bar fungiert. Ein Abend in der Gibson Bar solle eine „Experience“ sein, sagt er immer wieder – ein echtes Erlebnis.
Der klassische „Gibson Martini“ wird mit einigen Brocken Parmesan serviert
Aviran Avidan war es auch, der The Gibson überhaupt nach Berlin geholt hat. Die Räumlichkeiten seiner Bar in London hatte Marian Beke räumen müssen, der Mietvertrag war ausgelaufen. „Eigentlich fehlt so etwas doch noch in Berlin“, habe Avidan damals zu seinem Freund gesagt, und so wiederholt er es auch heute: „Wir wollten ein bisschen Londoner Barkultur nach Berlin bringen, etwas, das es hier noch nicht gibt.“
Avidan, der zuvor viele andere Clubs und Bars geleitet hatte, darunter zwischenzeitlich auch die berühmte Bellboy Bar am Gendarmenmarkt, meint damit ein distinguierteres, auch teureres Barangebot, wie es in dieser Stadt viel seltener zu finden ist als in der britischen Metropole. Hinzu kommt eine noble Ausstattung, viel Samt, viel Messing – keine unverputzten Wände und abgewetzten Flohmarkt-Sofas, wie sie die typischen Berliner Bars dominieren.
Marian Beke zählt zu den besten Barkeepern der Welt und ist gerade erst von London nach Berlin gezogen. Ben FuchsDie Signature Drinks, die signifikanten Cocktails also, kosten in der Gibson Bar um die 20 Euro. „Das mag nach viel klingen, ist es aber gar nicht für das, was man dafür bekommt“, sagt Avidan. The Gibson verstünden er und sein Barkeeper als eine Art „Restaurant für Getränke“, serviert würden „Cocktails in Fine-Dining-Qualität“.
Zum „All that Buzz“ sollen die Gäste auf einer Blüte herumkauen
Als wollte er den schmackhaften Beweis antreten, rührt und schüttelt Marian Beke längst an einem ersten Exemplar zum Probieren: dem klassischen „Gibson Martini“, der 1908 auf Wunsch des berühmten Illustrators Charles Dana Gibson erfunden worden sein soll, und der auch Bekes Bar ihren Namen gab. Der größte Unterschied zum klassischen Martini ist das Zwiebelchen, das statt der Olive in das Glas kommt; so einfach ist das – oder eben auch nicht.
„Wir arbeiten mit doppelt eingelegten Zwiebeln, in Apfelessig für die Schärfe und Balsamico für die Süße, außerdem benutzen wir unseren eigenen Wermut und einen Gin mit Aromen von geräucherter, gesalzener Butter“, erklärt Beke. Tatsächlich schmeckt die Martini-Variation komplexer, allerdings auch ganz schön stark.
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„Don’t Be a Peacock“ ist als Cocktail kaum zu erkennen. Ben FuchsDafür liegen neben dem silbrig glänzenden, geeisten Glas – eine Sonderanfertigung aus Nickel, damit kein metallischer Geschmack den Trinkgenuss stört – noch ein paar grob gebrochene Stücke Parmesan. „Die haben viel Protein und können so dem Alkohol entgegenwirken“, sagt Beke, der längst schon am nächsten Cocktail werkelt.
„Mr. Octopussy“ bringt den Geschmack von Austern ins Glas
Zu „All that Buzz“, einer Mischung aus Shiso-Gin, Earl-Grey-Tee, dem Bergamotte-Likör Italicus, Saft der pinken Grapefruit, Timut-Pfeffer, Zitronengras und Tonic, reicht Beke eine kleine Jambú-Blüte. Auf dem als „Electric Flower“ bekannten Gewächs solle man ein bisschen herumkauen, bis ein prickelndes Gefühl auf der Zunge entsteht. „Ein bisschen so, als würde man an einer Batterie lecken“, beschreibt Beke – und behält recht. Das intensive Kribbeln ist ungewohnt, passt aber tatsächlich gut zum frischen Drink, den Beke in einer LED-beleuchteten Glühbirne serviert.
Überhaupt, die Gläser, die Deko – sie sind in der Gibson Bar besonders ausgefallen und werden nicht selten von Beke und seinem Team selbst gebastelt. Vom schnöden Schirmchen ist man hier jedenfalls ganz weit weg – stattdessen werden Drinks mal in einer Muschel, mal in einem statuenhaften Pfauenkopf serviert, mit qualmenden Räucherstäbchen oder bunt blinkenden Details dekoriert. Die Cocktails sind als solche kaum zu erkennen; fast erinnern die aufwendigen Aufbauten an Miniatur-Bühnenbilder.
Unverputzte Wände und abgewetzte Flohmarkt-Sofas suchen Gäste in der Gibson Bar vergebens. Ben FuchsDa kommt „Mr. Octopussy“, den Marian Beke als nächstes serviert, beinahe dezent daher: ein Becher mit Krakenarmen als Stiel, allerdings gut und gerne 40 Zentimeter hoch. Darin schwimmt eine Mischung unter anderem aus Vodka, Champagner und frischen Blättern der Austernpflanze. Letztere hat mit der Muschel nichts zu tun, soll aber nach ihr schmecken – „wir wollten Vodka, Champagner und Austern, die ja ohnehin gut zusammenpassen, in ein Getränk bringen.“ Und wirklich: Der Drink schmeckt nach der Meeresfrucht, sogar ziemlich intensiv, dazu gibt es ein Schälchen Zitronensorbet.
Austern lassen sich in der Gibson Bar übrigens auch in Reinform bestellen, so wie einige andere Leckereien. Ein Besuch soll schließlich eine echte „Experience“ sein, wie Aviran Avidan noch einmal sagt, als er die kleine Karte mit Barfood aufschlägt. Darauf steht eine Art Snack-Set aus Salzigem und Süßem, das sich für 34 Euro pro Person bestellen lässt, darunter klitzekleine Chicken Sandwiches, Aal-Krustade und Stilton-Käsecracker, Macarons und Madeleines.
Die Snacks habe man mit einem befreundeten Sternekoch erarbeitet, sagt Aviran Avidan gerade – und schon ist Marian Beke in einem Hinterzimmer verschwunden. Als wollte er den schmackhaften Beweis antreten, bringt er die Barfood-Variationen heran. Nicht auf einer schnöden Platte natürlich, sondern auf einer Messing-Etagere in Kranichform.
The Gibson Bar Berlin. Stresemannstraße 95, 10963 Berlin. So–Do 18–3 Uhr, Fr–Sa 18–4 Uhr. www.gibson-bar.com