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  • Jördis Triebel über Berlin: „Ich war traurig, als wir aus Marzahn weggezogen sind“
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    In Lichtenberg geboren, in Friedrichshain zu Hause: Jördis Triebel Linda Rosa Saal

    10.3.2025 von Anne Vorbringer - Die Schauspielerin Jördis Triebel spielt die Hauptrolle in der neuen Serie „Marzahn, mon amour“. Sie kennt den Ost-Berliner Stadtteil gut und knüpft besondere Erinnerungen an ihn.

    Vor sechs Jahren ist „Marzahn, mon amour“ erschienen, Katja Oskamps Roman über eine Schriftstellerin, die inmitten einer Lebenskrise in Marzahn als Fußpflegerin anheuert und dort Geschichten erfährt, die das Leben schrieb.

    Als das Buch 2023 den Dublin Literary Award gewann, sprach die Oberbürgermeisterin der irischen Hauptstadt von einem „wunderschön geschriebenen Roman, einem warmen, witzigen und bewegenden Porträt älterer Bewohner Berlins, das dem Leser einen Einblick in eine Gemeinschaft bietet, die oft übersehen wird.“

    Jetzt ist das Buch verfilmt worden – mit Jördis Triebel in der Rolle der fußpflegenden Autorin Kathi Grabowski. Die Hauptdarstellerin, 1977 in Lichtenberg zur Welt gekommen und inzwischen in Friedrichshain zu Hause, hat selbst einige Jahre in Marzahn gelebt. Oskamps Buch sei für sie schon lange vor den Planungen zur Serienverfilmung ein kostbarer Schatz und eine seltene Perle gewesen, sagt die 47-Jährige. Ab Mitte März ist die sechs Episoden umfassende Serie in der ARD-Mediathek zu begutachten – aber vorher haben wir Jördis Triebel noch zu ihrer Heimatstadt Berlin befragt.

    1. Frau Triebel, in „Marzahn, mon amour“ spielen Sie die Hauptrolle, gedreht wurde natürlich in Marzahn. Wie ist Ihr Verhältnis zu diesem Stadtteil?

    Als Kind habe ich einige Jahre in Marzahn gelebt – und ich habe es geliebt. Damals gab es noch viele Brachflächen, auf denen wir Kinder unbeschwert spielen konnten. Ich mochte den weiten Blick aus dem Fenster im zehnten Stock, und mein Lieblingsort war der Spielplatz direkt vor unserem Haus. Zur Schule konnte ich zu Fuß gehen, und in unserem Wohnhaus lebten viele Familien mit Kindern – wir besuchten uns oft gegenseitig. Meine Erinnerungen an Marzahn sind schöne Kindheitserinnerungen. Alles war überschaubar, gut erreichbar und vertraut. Ich war traurig, als wir weggezogen sind.

    2. Kaum ein Berliner Bezirk ist so mit Vorurteilen und Klischees belegt wie Marzahn-Hellersdorf. Welche Vorbehalte ärgern Sie persönlich am meisten?

    Vorurteile bestehen oft so lange, bis man sich selbst ein Bild macht. Marzahn war einst ein Prestigeprojekt der DDR – wer dort eine Wohnung bekam, konnte stolz sein. Heute blicken viele aus der Berliner Innenstadt mit Klischees auf den Bezirk, ohne ihn wirklich zu kennen. Dabei ist Marzahn ein lebendiger Stadtteil, in dem alle Generationen zusammenkommen. Kultureinrichtungen bieten Lesungen, Tanz- und Sportveranstaltungen, noch immer gibt es bezahlbare Cafés und Kneipen. Zudem ist es hier grüner als in der Innenstadt, mit zahlreichen Spielplätzen und einer guten medizinischen Versorgung. Warum also nicht mal einen Sonntagsspaziergang durch diesen Kiez machen? Sie werden überrascht sein!

    3. Als gebürtige Berlinerin – wie nehmen Sie die Veränderungen in der Stadt wahr? Denken Sie manchmal daran, hier wegzuziehen?

    Berlin war schon immer eine Stadt der großen Veränderungen. Nach der Wende habe ich das besonders stark gespürt. Beständigkeit gehört nicht zu Berlins Wesen – und genau das muss man lieben. Doch manchmal wird mir der ständige Wandel zu viel, und dann brauche ich eine Auszeit. Zum Glück ist es mit Bus und Bahn nur ein kurzer Weg in den Wald oder an den See.

    4. Welcher ist Ihr Lieblingsort in der Stadt?

    Meine Lieblingsorte sind die großartigen Kulturangebote unserer Stadt – insbesondere die Museen und Theater. Leider werden sie durch die Sparmaßnahmen unseres Bürgermeisters und Kultursenators zunehmend gefährdet. Doch gerade die kulturelle Vielfalt macht diese Stadt so lebendig und zieht einen Großteil der Touristen an.

    5. Wo in Berlin wollten Sie immer schon mal hin, haben es aber noch nie geschafft?

    Ich war noch nie in den Gärten der Welt oder im Botanischen Garten – das muss ich unbedingt nachholen!

    6. Ein Abend mit Freunden: In welchem Restaurant wird reserviert?

    Im Saporito in der Straßmannstraße in Friedrichshain. Ein gemütliches kleines Restaurant mit fantastischer italienischer Küche und herzlichster Gastfreundschaft.

    7. Einkaufen in der Stadt: In welchem Store kennt Ihre Kreditkarte kein Limit?

    Ganz klar: Soeur in der Marienburger Straße. Der beste Vintageladen der Stadt – wenn nicht überhaupt.

    8. Der beste Stadtteil Berlins – von welchem Kiez kriegen Sie nicht genug?

    Treptow. Im Treptower Park kann man stundenlang an der Spree spazieren gehen oder Fahrrad fahren, bis in den Plänterwald. Dort steht immer noch der alte Vergnügungspark, den ich als Kind so geliebt habe. Jetzt ist er eine Geisterstadt, umzäunt und bewacht. Man sieht noch die alten Fahrgeschäfte. Sehr, sehr schade, dass es das nicht mehr gibt. Zwar gibt es Pläne, dem Gelände wieder Leben einzuhauchen. Soweit ich weiß aber keine Nutzung, die für Kinder, Jugendliche und Familien gedacht ist. Dabei fehlt es in Berlin genau daran.

    9. Was nervt Sie am meisten an der Stadt?

    Am meisten ärgert mich, dass seit Jahren an Freizeiteinrichtungen gespart wird – ein besonders trauriges Beispiel ist das SEZ. Früher gab es hier ein großes Schwimmbad, eine Schlittschuhbahn im Winter und Rollschuhfahren im Sommer. Wie großartig wäre es, diesen Ort wieder mit Leben zu füllen und den Menschen im Herzen der Stadt ein vielfältiges Freizeitangebot zu bieten? Es wäre ein echtes Geschenk für die Berliner. Ich kann nicht verstehen, warum nicht erkannt wird, wie wichtig ein solcher Ort für die Menschen ist.

    10. Was raten Sie anderen: Nach Berlin ziehen oder es lieber bleiben lassen?

    Berlin ist eine Stadt, in der jeder so leben kann, wie er möchte. Menschen, die sich anderswo vielleicht als Außenseiter fühlen, finden hier die Möglichkeit, ein buntes, freies Leben zu führen. Genau das macht diese Stadt so besonders. Hoffen wir, dass das trotz der aktuellen politischen Lage und der rigorosen Einsparungen so bleibt.

    Zur Person

    Jördis Triebel studierte Schauspiel an der „Ernst Busch“ und wurde nach ihrem Abschluss 2001 Ensemblemitglied am Bremer Theater. Für ihre erste Filmhauptrolle als Jungbäuerin in „Emmas Glück“ (2006) wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Danach spielte sie in Sönke Wortmanns „Die Päpstin“, Christian Schwochows „Westen“, der Mysteryserie „Dark“ und „Babylon Berlin“. 2023 wurde sie für ihre Nebenrolle der Gisela in „In einem Land, das es nicht mehr gibt“ erneut mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet.

    „Marzahn, mon amour“ mit Jördis Triebel als Kathi Grabowski (Foto) läuft in sechs Folgen ab dem 14. März in der ARD-Mediathek und am 21. März ab 23.50 Uhr im Ersten.

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