Taxi

Reality Check - Geschichten rund ums Taxi in Berlin und weltweit - Materialsammlung, Bilder, Videos, Texte

  • Zum Glück kein Adenauerdamm
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/siegreicher-aufstand-gegen-adenauer/1118888.html

    Stadtkenntnis wird vom Taxifahrer verlangt. Manches überflüssige Wissen stellt sich dabei als unerwartet nützlich heraus. Straßen, die es nicht gibt, etwa. Zum Adenauerdamm habe ich noch niemand gefahren, zu lange her, auch nicht zur Straße seines Ost-Kollegen Otto Grotewohl . Bis 1993 wollte keiner mit meinem Taxi zur Seite östlich vom Niemandsland.

    Also was solls, Straßen vom Müllhaufen der Geschichte muß man eigentlich nicht kennen, oder doch ?

    Die Phantomstraßen sind ihren Namen beide durch einen Volksaufstand losgeworden. Um Adenauer abzuservieren, genügte den Westberlinern 1967 eine Kleinstrevolte. Die Ostberliner mußten sich 1989 ein bischen mehr ins Zeug legen, um den Otto zum Wilhelm zu machen. Wilhelmstraße und Kaiserdamm erinnern heute wieder an Aufstieg und Fall der Militärmacht Preussen, sozusagen an den Weg vom siegreichen Soldatenkönig zum fiesen Flottenfetischisten.

    Siegreicher Aufstand gegen Adenauer (Der Tagesspiegel vom 12.2.2007)
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/siegreicher-aufstand-gegen-adenauer/1118888.html

    Im Dezember 1967 unterschrieben 100 000 West-Berliner für die Rückbenennung des Kaiserdamms

    Konrad Adenauer war nur bedingt beliebt in der geteilten Stadt. „Wer Berlin zur neuen Hauptstadt macht“, hatte er gegiftet, „schafft geistig ein neues Preußen“. Als am 13. August 1961 die Mauer gebaut wurde, war das Adenauer nicht einmal eine Unterbrechung seiner Wahlkampfreise wert. Er war erst am 22. August nach Berlin geflogen. Und war es nicht Adenauers Bundesaußenminister Gerhard Schröder (CDU), der im September 1961 vorgeschlagen hatte, West-Berlin zu evakuieren und mal eben in der Lüneburger Heide neu aufzubauen?


    Nicht mein Biotop: U-Bahnhof Adenauerdamm

    Wir wollen unsan ollen Kaisa Willem wiedaham schmettert heute kaum noch einer, von Jungjuristen in Dahlemer Verbindungshäusern mal abgesehen. Und sogar die müssen erstmal reichlich das Methorn schwingen, bevor der Monarchist in ihnen Laut gibt. Aber in Berlin will man dann doch lieber den Kaiser als den Katholiken, der nicht mal in Berlin gewohnt hat.

    Sind Phantom-Straßen-Kenntnisse wirklich nützlich ? Aber ja doch, für die Fahrgast-Kommunikation. Wenn der Neuberliner rebellisch wird, fängt er an sich einzugewöhnen. Dann ist der Lack ab, den er so sorgfältig in seiner alten Provinz aufpoliert hat, dann ist er soweit und macht mit beim nächsten Meckeraufstand. Dann kann man langsam mit ihm reden. Dann versteht er die Geschichte vom Adenauerdamm.

    P.S. Haben sie’s gemerkt ? Wenn’s mir paßt pfeife ich auf die amtlichen Schreibweisen. West-Berlin sollte es im Westen heißen und Ost-Berlin , Ostberlin wurde zur Not auch akzeptiert. Im Osten gabs böse Kritik für Ostberlin und Ost-Berlin , Westberlin durfte man dort gerne sagen, besonders wenn man hinzufügte „ist kein Bestandteil der BRD und darf nicht von ihr regiert werden“. Heute bemüht man sich, die offizielle West-Orthographie mit Bindestrich als allein-selig-machende Schreibweise durchzusetzen.
    Piepegal.

    #Berlin #Geschichte #Straßennamen #Straßenumbenennung