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Agent d’ingérence étrangère : Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren, müssen Männer mit Bärten sein. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die haben Bärte. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die fahren mit.

  • M. Wildt: Generation des Unbedingten | H-Soz-Kult
    http://www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-1399

    Auf über 900 Seiten zeichnet der Autor ein faktenreiches, komprimiertes aber trotzdem jederzeit vorzüglich lesbares Bild einer Generation, die sich „unbedingt“ in den Dienst der Sache des Reichssicherheitshauptamtes und damit der Judenvernichtung stellte. Der Gang der Untersuchung spannt einen weiten Bogen von der „Weltanschauung“ dieser Generation über die „Institution“ des Reichssicherheitshauptamtes, den „Krieg“ bis zur „Rückkehr in die Zivilgesellschaft“.

    Getragen wurde dieses Amt von der „Generation des Unbedingten“, die die Jahrgänge zwischen 1900 und 1910 umfasste (S. 52). Ihre „Unbedingtheit“ zeigt Michael Wildt in allen ihren Facetten. Zugleich gelingt es ihm – und das ist umso bemerkenswerter – die verschiedenen „Unbedingtheiten“ im Denken wie im Handeln auf ihren Ausgangspunkt zurückzuführen, nämlich der humanitären „Entgrenzung“ einer ganzen Generation.

    Wie Michael Wildt treffsicher analysiert, hatte diese „Entgrenzung“ einen ihrer Höhepunkte an den deutschen Universitäten in den zwanziger Jahren (S. 89ff., 850f.). Zu diesem Zeitpunkt drängte eine Generation an die Hochschulen, die den Krieg als „Spiel“ erlebt hatte. Daraus resultierte ein nicht zu unterschätzender Neidfaktor auf die „Schützengrabengeneration“ verbunden mit einer zum Teil hasserfüllten Antipathie gegen die Weimarer Republik.
    Aus diesen Kreisen sollte sich ein Großteil der späteren Elite des Reichssicherheitshauptamtes rekrutieren. Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung wurden diese jungen Männer förmlich in Positionen katapultiert, deren Machtfülle kaum zu erahnen war. Hier bot sich die Gelegenheit den bohrenden Stachel der verpassten Bewährung auf dem Schlachtfeld des Ersten Weltkrieges durch eigene Taten zu kompensieren

    Notwendigerweise folgte der bereits zu Tage tretenden „Entgrenzung“ im Denken eine „Entgrenzung“ im Handeln. Diese manifestierte sich nicht zuletzt in der Zahl der Menschen, die das Reichssicherheitshauptamt als „Gegner“ und „Feinde“ definierte. Fielen 1939 mit der Eroberung Polens über drei Millionen Menschen in diese Kategorie, so hatte sich die Zahl bis zur „Wannsee-Konferenz“ im Jahre 1942 mehr als verdreifacht und umfasste die geplante Vernichtung von elf Millionen Menschen.

    Zwangsläufig äußerte sich diese „Entgrenzung“ auch in juristischer Sicht. Im Oktober 1939 entschied Hitler, dass die SS und Polizei aus der Wehrmachts- bzw. der ordentlichen Gerichtsbarkeit herausgelöst werden sollte und die Einrichtung einer eigenen Sondergerichtsbarkeit in Strafsachen für Angehörige der Waffen-SS, der SS-Totenkopfverbände und der Angehörigen der Polizeiverbände „bei besonderem Einsatz“ zu erfolgen habe. Damit wurde letztlich die Sicherheitspolizei und der SD von der Kontrolle der regulären Kriegsgerichte der Wehrmacht „entgrenzt“ (S. 476f.). Die Jahre 1940/41 führten zu einer drastischen Radikalisierung der nationalsozialistischen Besatzungs- und Verfolgungspolitik, die schließlich im Massenmord gipfelte.

    Männer ohne Grenzen - DER SPIEGEL 18/2005
    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40254103.html#spRedirectedFrom=www&referrrer=

    SPIEGEL: Die Faszination Speers wird oft darauf zurückgeführt, dass er als Intellektueller aus der Entourage Hitlers herausragte, in der ansonsten soziale Außenseiter und gestrandete Existenzen den Ton angaben. War Speer wirklich ein Einzelfall?

    Wildt: Im Gegenteil, es gab sehr viele junge Akademiker wie Speer in den NS-Führungsgremien. Diese Generation trug ja das System. Nehmen Sie das Reichssicherheitshauptamt, die Terrorzentrale des NS-Regimes. Dort gehörten drei Viertel der Führungsschicht den Jahrgängen 1900 und jünger an, zwei Drittel hatten studiert, die Hälfte davon mit Promotion. Im Sicherheitspolizei- und SD-Apparat insgesamt waren die Zahlen ähnlich.

    SPIEGEL: Einer von ihnen war der Volkswirt Otto Ohlendorf. Die alliierten Richter in Nürnberg zeigten sich fassungslos, wie ungerührt er zugab, als Einsatzgruppenleiter in der Sowjetunion für die Ermordung von 90 000 Menschen verantwortlich

    gewesen zu sein. Das Gericht verglich Ohlendorf mit der Romanfigur Dr. Jekyll und Mr. Hyde, einer gespaltenen Persönlichkeit. Hilft das als Erklärungsansatz?

    Wildt: Die Wirklichkeit sieht noch schrecklicher aus. Ich denke, dass dieser Elite jegliche Empathie fehlte, jedes Mitleid. Albert Speer hat von sich gesagt, wenn man große Dinge vorhabe, müsse man ganz kalt sein. Monströse Pläne wie das Germania-Projekt wurden für Massen, nicht für Menschen entworfen. In den Siedlungsplänen für den Osten sollten ganze Völker vertrieben, versklavt oder ermordet werden.

    SPIEGEL: Aber solche Utopien rieben sich doch an der Realität.

    Wildt: Die Realität hat Weltanschauungstäter noch nie beeindruckt. Leute wie Speer oder Heydrich akzeptierten nicht die Grenzen, die ihnen die Wirklichkeit setzte, sondern wollten sie mit noch radikaleren Mitteln durchbrechen, um ihre Ziele zu erreichen.

    SPIEGEL: Dieses Abhandensein jeglicher Empathie ist ja nicht angeboren. Wie entstand es?

    Wildt: Für mich ist zum Beispiel der Germania-Plan so etwas wie der Turmbau zu Babel. Mit einer solchen Selbstüberhöhung verliert man sein menschliches Maß, man wird unmenschlich.

    SPIEGEL: Reicht das als Erklärung aus?

    Wildt: Nein, auch die Institutionen waren der Entgrenztheit angepasst. Diese junge Elite ging ja in Institutionen, die sie selbst gestalteten. Das waren keine herkömmlichen Behörden. Politisch, nicht administrativ sollte gehandelt werden. „Kämpfende Verwaltung“ nannte Heydrich das.

    Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes. Studienausgabe Taschenbuch – 28. März 2003 - EUR 25,00

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