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  • Taxiunternehmen: Das Mytaxi-Prinzip | ZEIT ONLINE
    http://www.zeit.de/mobilitaet/2018-01/taxiunternehmen-mytaxi-app-kritik-preis-provision-probleme


    Dieser Artikel hat auch nicht alles richtig, sticht aber dennoch aus der Masse der vorzrteilsgetriebenen Presseveröffentlichungen zum Thema heraus.

    Mit Rabatten und Fahrgemeinschaften will Mytaxi mehr Kunden ins Taxi locken. Die App stößt bei den Fahrern aber auf wenig Gegenliebe. Noch weniger bei den Taxizentralen.

    Von Nadine Oberhuber, 17. Januar 2018, 17:13 Uhr 97

    Anmerkung der Redaktion: Wir hatten mit MyTaxi vereinbart, dass sie unsere Fragen bis Freitag den 12. Januar schriftlich beantworten. Das hat Mytaxi am Donnerstagabend per Mail getan. Aus uns bislang nicht nachvollziehbaren technischen Gründen kam die Email bei der Autorin aber nie an. Für den technischen Fehler entschuldigen wir uns und reichen die Fragen von uns und die Antworten von Mytaxi unter dem Text nach.

    Gegen die Grundidee, dass etwas einfacher werden soll und dazu auch noch günstiger, lässt sich normalerweise wenig einwenden. Die App Mytaxi will das Taxifahren – in der Regel eine teure Angelegenheit – für alle erschwinglicher und leichter zugänglich machen. Mit ihr kann jeder per Knopfdruck den nächsten Wagen bestellen, ohne großes Rumtelefonieren, ohne lange Wartezeiten. Man kann die Fahrt bargeldlos per Smartphone zahlen und neuerdings sogar Mitfahrer mitnehmen und sich mit ihnen den Fahrpreis teilen, wenn man möchte.

    Das klingt so weit sehr gut, doch die App hat mächtig Unmut ausgelöst: bei Taxifahrern, in den Taxizentralen und sogar bei den Kunden. Man könnte zunächst denken, es sei der übliche Aufstand derjenigen, die Angst vor Veränderungen haben und sich gegen Neuerungen sperren. Zum Beispiel gegen die neue Matching-Funktion, die es bei Mytaxi seit Dezember gibt. Damit muss kein Taxigast mehr alleine fahren und viel bezahlen, sondern er kann andere Reisende mitnehmen, die in die gleiche Richtung wollen. Die Software ermittelt die gefahrene Strecke und teilt sie anteilsmäßig auf die Mitfahrer auf. Das soll neue Kunden in die Taxis locken, denen solche Fahrten bisher zu teuer waren, hoffen die Entwickler. Dadurch könne die Branche ihre Wagen besser auslasten.

    Gemeint ist damit die bestehende Taxibranche. Denn das unterscheidet Mytaxi vom Fahrdienst Uber, der zuvor den Zorn des Gewerbes auf sich zog – Uber schickte Privatleute mit deren eigenen Wagen auf die Straßen. Was ihm jedoch deutsche Gerichte untersagten, worauf sich Uber größtenteils vom deutschen Markt zurückzog. Mytaxi hingegen versteht sich als Vermittler zwischen lizenzierten Taxifahrern und Kunden. Die App soll auch den Fahrern die Arbeit erleichtern, weil die sofort sehen, wo ein Fahrgast wartet, und nicht erst umständlich per Funk verständigt werden müssen. Geschweige denn stundenlang an Taxiständen auf den nächsten Einsteiger warten.

    Umstrittene Rabattaktionen

    Doch an der Art und Weise, wie Mytaxi Taxi und Kunde zusammenführt und Aufträge sowie Gebühren verteilt, regt sich heftiger Widerstand. Viele Taxler sagen, bei der Auftragsvergabe ginge es nicht mit rechten Dingen zu. In Foren und hinter vorgehaltener Hand regen sie sich auf, dass oft nicht die nächstgelegenen Fahrzeuge zum Kunden geschickt, sondern Stammfahrer bevorzugt würden – oder jene mit guten Bewertungen oder Taxis, die mit Mytaxi-Werbebanner beklebt sind. Da hätten andere gar keine Chance.
    Das System der Stammfahrer etabliert Mytaxi selbst: Es legt Aktionsprogramme auf, bei denen Fahrer, die in kurzer Zeit möglichst viele Touren für die App fahren, Statuspunkte sammeln können und dann zum Beispiel als „Goldfahrer“ gelten. Das Unternehmen selbst äußerte sich auf Anfrage nicht zu seinen Abrechnungsmodellen, Marktstrategien oder Zahlen.

    Kritik gibt es auch an den Preis- und Provisionsmodellen von Mytaxi. Die hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren häufiger gewechselt und dabei die Schmerzgrenze der Branche ausgelotet. Inzwischen sagen manche, Mytaxi entwickle sich zur Gefahr für die gesamte Branche. „Für die Taxiunternehmen selbst wird Mytaxi erst mittelfristig zur Bedrohung werden, für die Taxizentralen ist die App es aber schon heute“, sagt Thomas Grätz, Geschäftsführer des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbandes BZP. „Hier wird ein Produkt mit sehr viel Geld in den Markt gedrückt – mit Geld von Daimler –, um zu versuchen, die Taxizentralen in den Konkurs zu treiben.“ Der Automobilkonzern ist seit 2014 an Mytaxi beteiligt, inzwischen hat Daimler den App-Betreiber komplett übernommen.

    Was Grätz zum einen kritisiert, sind die stetigen Rabattaktionen, mit denen Mytaxi seine Kunden lockt – obwohl diverse Gerichte solche Rabatte bereits 2016 und 2017 verboten haben. Denn Taxis gelten als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, und der Preis von Taxifahrten wird von den Kommunen geregelt. Niemand dürfe teurer oder billiger Fahrgäste befördern, als in den Taxibedingungen festgelegt ist, urteilten mehrere Gerichte. Die Rabatte seien darum nicht erlaubt. Und sie nehmen natürlich denjenigen Fahrern, die nicht für Mytaxi tätig sind, Kunden ab.

    Trotzdem versprach Mytaxi erst kurz vor Weihnachten wieder zehn Euro Rabatt pro Fahrt. Vor allem Matching-Fahrten, bei denen sich kein Mitfahrer findet, werden bezuschusst. Solche Aktionen kosten das Unternehmen zwar viel Geld, sind aber ein guter Marketinggag, um es bekannt zu machen. Inzwischen zählt Mytaxi rund zehn Millionen App-Downloads, 108.000 registrierte Taxifahrer und 70 Millionen Fahrgäste – allerdings nicht allein in Deutschland, sondern insbesondere durch die Fusion mit dem britischen Konkurrenten Hailo und die Übernahme von Taxibeat in Griechenland. Gesonderte Zahlen für Deutschland weist die Firma nicht aus.

    Die Provision frisst die Margen auf

    Noch heftiger kritisiert die Branche das Provisionsmodell von Mytaxi. Für jede Fahrgastvermittlung muss ein Taxifahrer sieben Prozent des Fahrpreises an den App-Betreiber abgeben. Das klingt erst einmal nicht viel, zumal die Provisionen zuvor schon viel höher waren. 2014 führte Mytaxi eine Art Fahrgastversteigerung ein: Der Taxifahrer, der die höchste Provision bot, gewann jeweils den Auftrag. (Anmerkung der Redaktion: Ursprünglich stand an dieser Stelle, dass die Povision zeitweise bis zu 30 Prozent betragen hat. Laut Mytaxi waren dies aber nur unternehmensinterne Überlegungen. Diese Pläne seien nie umgesetzt worden.)

    Die Fahrer begehrten auf, streikende Taxler blockierten in München die Straße, in der Mytaxi seinen Sitz hatte. Heute beträgt die Provision fixe sieben Prozent. Das ist der Wert, mit dem die Fahrer laut Umfragen am ehesten leben konnten.

    Doch selbst diese sieben Prozent seien happig, vor allem bei langen Fahrten, findet Verbandschef Grätz. Eine Provision in dieser Höhe fresse die ohnehin kleinen Gewinne der Taxifahrer auf, sagt Geschäftsführer Christian Hess von der Taxizentrale IsarFunk in München, die Margen betrügen nämlich bloß zwei bis sieben Prozent. „Bei angeblich sieben Prozent Provision bei Mytaxi liegen sie somit leicht im Negativbereich“, so Hess. Für einen Auftrag von der Taxizentrale dagegen zahlten die Fahrer nichts.

    Für den einzelnen Auftrag nicht, das stimmt. Dafür zahlen selbstständige Fahrer und Taxiunternehmen aber Monatsgebühren, um überhaupt von einer Taxizentrale angefunkt zu werden. Auf 300 bis 400 Euro beziffert IsarFunk den Beitrag pro Fahrzeug und Monat in München – anders als die Mytaxi-Provision fällt die Gebühr aber auch im theoretischen Fall an, dass ein Taxi überhaupt keinen Umsatz macht. Dazu kommen einmalig rund 2.000 Euro für die Empfangsgeräte im Fahrzeug. Von den Einnahmen finanzieren die oft genossenschaftlich organisierten Taxizentralen ihre Leitstellen im Schichtbetrieb, Standplätze mit Telefonsäulen, Toiletten und Aufseher etwa an Flughäfen.

    Rund 80 Prozent aller Taxis im Bundesgebiet sind heute einer der 500 Zentralen angeschlossen. Weil es bisher das beste Mittel war, um Aufträge zu bekommen – jedenfalls in Zeiten, in denen es noch keine Smartphones gab.

    „Eine Evolution, keine Revolution“

    Darum haben vor allem die Taxizentralen Angst vor Mytaxi: Wenn Apps die Fahrgastvermittlung erheblich leichter machen, könnten viele Taxiunternehmer auf die Idee kommen, sich die teuren Monatsbeiträge für die Zentralen zu sparen und nur noch auf die App-Vermittlung zu setzen. Dann brächen den Zentralen die Einnahmen weg.
    Tatsächlich haben sich trotz der hohen Provisionen schon mehr als 100.000 Taxifahrer bei Mytaxi registriert, in der Hoffnung, mit App-Aufträgen jene Leerlaufzeiten zu überbrücken, die zwischen zwei Aufträgen der Zentrale liegen. Die Leitstellen sehen es indes gar nicht gern, wenn Taxler doppelgleisig fahren. In Köln hagelte es jüngst Abmahnungen an jene Fahrer, die auf eigene Faust Gäste am Flughafen aufsammelten, statt auf den Zentralruf zu warten.

    Werden die teuren Taxizentralen also bald überflüssig? In allernächster Zeit noch nicht, sagt Thomas Grätz vom BZP: „Nur rund fünf Prozent aller Taxifahrten bundesweit werden über Apps bestellt. In Großstädten wie München, Berlin und Köln sind es rund 15 Prozent.“ Der Technologieverband Bitkom bezifferte die Quote im vergangenen Sommer allerdings bereits auf 28 Prozent. Dennoch, sagt Taxiverbandschef Grätz, seien diejenigen, die noch klassisch zum Telefon greifen oder auf der Straße selbst einen Wagen suchen, die überwiegende Mehrheit: „Die Apps sind nur eine Evolution, keine Revolution.“

    Sicherheitshalber haben die Taxizentralen ihre eigene App ins Rennen geschickt: Taxi.eu ist direkter Konkurrent von Mytaxi – mit einem Unterschied, wie Christian Hess von der Taxizentrale IsarFunk betont: „Bei der Taxi.eu-App ist in der Taxizentrale immer noch ein Team im Hintergrund, das bei Nachfragen oder Problemen helfen kann.“ Das kann auch einen Ersatzwagen schicken, falls das nächste Mytaxi auf sich warten lässt.

    Anmerkung der Redaktion: Wir hatten mit MyTaxi vereinbart, dass sie unsere Fragen bis Freitag den 12. Januar schriftlich beantworten. Das hat Mytaxi am Donnerstagabend per Mail getan. Aus uns bislang nicht nachvollziehbaren technischen Gründen kam die Email bei der Autorin aber nie an.Für den technischen Fehler entschuldigen wir uns und reichen hier die Fragen von uns und die Antworten von Mytaxi nach.

    Fragen ZEIT ONLINE:

    1. Wie arg hat Mytaxi aus Ihrer Sicht schon den Markt aufgerollt? Lässt sich das eventuell in Marktanteilen ausdrücken? Das wäre interessant. (Meine letzte Information sind: 10 Mio Downloads der App, 108.000 registrierte Fahrer und 70 Mio Fahrgäste – aber das gilt insgesamt, richtig? Kann man auch gesonderte Zahlen für Deutschland nennen?)

    2. Zuletzt sind Sie ja stark durch Fusionen gewachsen. Was ist de Strategie für die kommende Zeit?

    3. Wie gut kommen die Rabattaktionen – insbesondere das Matching-Verfahren -hierzulande bei den Fahrgästen an?

    4. Die Konkurrenz behauptet ja, Ihre Provisionen seien zu hoch im Vergleich zur Marge der Taxler, wie beurteilen Sie das?

    5. Und dann noch eine „technische“ Frage am Rande: Kann man als mytaxi-Fahrer auch ohne Taxameter fahren? Ich hatte es nämlich so verstanden, dass für die Fahrer während der Fahrt die üblichen Bedingungen gelten, also ganz normal nach Taxameter gefahren wird. Aber geht das auch ohne?

    Antworten Mytaxi:

    1.2: Leider können wir für einzelne Länder keine konkreten Zahlen rausgeben. Mit über 10 Mio Downloads, 120.000 registrierten Fahren und mehr als 70 Mio. Fahrgästen ist mytaxi die führende Taxi-App Europas. Wir möchten unsere Marktführerschaft in Deutschland und Europa auch in den kommenden Jahren weiter ausbauen und wollen auch in Zukunft Branchen-Treiber für die Entwicklung innovativer Transport- und Mobilitätslösungen sein. Dabei geht es uns vor allem darum, unseren Fahrern im digitalen Zeitalter den Rücken zu stärken und auf der anderen Seite das Kundenerlebnis stetig zu verbessern. Das ist die Formel, die mytaxi zur Nummer 1 der E-Hailing-Apps in Europa gemacht hat. Diesen Kurs behalten wir bei.
    3. Leider dürfen auch hier keine offiziellen Zahlen nennen, aber zumindest eine sehr erfreuliche Bilanz. Bei unserem neuen Taxi-Sharing Service mytaximatch z.B. sind die Nutzerzahlen schon in den ersten Wochen sehr positiv. mytaximatch ist in Hamburg sehr gut angenommen worden und besser gestartet als bei unserem Test in Warschau. Wir werden jetzt viele weitere Insights sammeln, um den Service stetig zu verbessern und diesen dann auch in anderen Städten verfügbar zu machen.

    4. Die Provision in Höhe von 7% ist unserer Meinung nach absolut wettbewerbsfähig. Bei mytaxi zahlen die Fahrer nur Gebühren auf das, was sie auch wirklich einnehmen. Wir arbeiten mit keinen monatlichen Pauschalen oder Fixkosten.
    5. Bei allen Fahrten soll der Fahrer immer den Preis in die App eingeben, der auf dem Taxameter steht. Wir halten uns an die geltenden Taxitarife.

    #Taxi #Deutschland #Vermittlung