Taxi

Reality Check - Geschichten rund ums Taxi in Berlin und weltweit - Materialsammlung, Bilder, Videos, Texte

  • Wohnpolitik in Berlin: Kommt jetzt die Antragswelle für Wohnberechtigungsscheine? - Berlin - Tagesspiegel Mobil
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/wohnpolitik-in-berlin-kommt-jetzt-die-antragswelle-fuer-wohnberechtigungsscheine/20947740.html

    Billige Wohnungen für alle - eine tolle Idee. Wie sieht es mit den Stellen für die Antragsbearbeitung aus und was bedeuten die neuen 8-Euro-Sozialwohnungen für die Berechtigten? Rechnen wir mal nach.

    Ein Single hat einen Anpruch auf eine Wohnung mit ca. 53 Quadratmetern - zumindest ist das die Größe, die sich aus den aktuellen Tabellen und Mietobergrenzen der Verordnungen zum Sozialgesetzbuch ergibt. Er verdient maximal 1800€ netto pro Monat, und darf so den neuen Typ Sozialwohnung mieten.

    53 m² * 8€ + 169€ Neben/Heizkosten = 693€ Warmmiete im günstigsten Fall.
    Bei 1800 € Einkommen bleiben 1207€ für alle weiteren Ausgaben.
    Das sind typischerweise 60€ Strom, 100€ Monatskarte, 40€ Internet / Telefon, 20€ Handy, 80€ Versicherungen, insgesamt 300€ monatliche Fixkosten ohne Auto

    Es bleiben ca. 900€ zum Leben für einen qualifizierten Industriearbeiter. Ein Auto ist da eigentich nicht drin, aber es reicht ihm für ein ruhigens bescheidenes Leben, wenn er keine Verpflichtungen hat. An die Gründung einer Familie mit Kindern darf er nur denken, wenn seine Frau wesentlich mehr verdient, oder er bereit ist, zu verarmen. In Anbetracht der abzusehenden Niedrigrenten (in seinem Fall 854€ bei 48% Rentenhöhe), ist diese Wohnung auch für Dauersingles im Alter nicht mehr zu bezahlen.

    Lieber Leser, wir haben herausgefunden, dass die neuen Top-Sozialwohnungen eine schöne Sache sein werden, wenn es sie denn einmal geben wird, und wenn die niedrigeren Kosten ihren Bewohnern beim Aufstieg in die Kaste der Besserverdienenden helfen.

    Zur Lösung der sozialen Frage tragen sie nichts bei. Die Schere öffnet sich weiter.

    Künftig können auch Berliner mit einem mittleren Einkommen einen Wohnberechtigungsschein beantragen. Das sieht eine entsprechende Vorlage vor, die der rot-rot-grüne Senat beschlossen hat. So sollen künftig etwa auch Busfahrer, Polizisten und Krankenpfleger die Möglichkeit haben, vergünstigten Wohnraum zu bekommen. Schwierig könnte das aus zwei Gründen werden: Es fehlt an Wohnungen. Und den Bezirken fehlt Personal, um die zusätzliche Anträge zu bearbeiten.

    Ein Wohnberechtigungsschein (WBS) ermöglicht den Inhabern, in eine Sozialwohnung zu ziehen, die mit öffentlichen Geldern gefördert wird. Um sie beantragen zu können, muss das monatliche Einkommen unter einen bestimmten Betrag liegen. Bisher waren das in einem Ein-Personen-Haushalt 1400 Euro Netto, bei zwei Personen 2100 Euro. Dann konnte man eine geförderte Wohnung für 6,50 Euro pro Quadratmeter mieten. Rund 100.000 Sozialwohnungen gibt es der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen zufolge in der Hauptstadt.

    Diese sollen von der neuen Regelung auch nicht betroffen sein. Die besagt, dass nun auch Bürger mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 1800 Euro etwa bei einem Ein-Personen-Haushalt oder 2700 Euro bei einem Zwei-Personen-Haushalt den Schein beantragen können. Der Unterschied: Sie haben nur Anspruch auf eine Sozialwohnung, die für acht Euro pro Quadratmeter vermietet wird. Die Regelung soll der sozialen Durchmischung der Wohnquartiere und der Stabilisierung der Bewohnerstruktur dienen, heißt es von der Verwaltung. Und ein Investor müsse trotzdem die 30 Prozent üblichen Sozialwohnungen bauen, wenn er das neue Modell fördern wolle. Denn die neuen Wohnungen müssen erst noch gebaut werden. Bisher gibt es keine Sozialwohnungen in diesem Preissegment, die die 380.000 neuen Antragsberechtigten beziehen könnten. Hinzu kommen 870.000 Berliner, die bereits zuvor das Recht auf einen Wohnberechtigungsschein hatten. Rund zwei Drittel der Berliner Erwerbstätigen könnten somit einen Antrag stellen.

    #Berlin #Wohnen #Armut