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Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren, müssen Männer mit Bärten sein. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die haben Bärte. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die fahren mit.

  • 27.12.2018: Zuckerbergs Wohnzimmer (Tageszeitung junge Welt)
    https://www.jungewelt.de/artikel/346042.zuckerbergs-wohnzimmer.html

    Wer heute als Linker politisch aktiv ist, kommt seit vielen Jahren um das Internet nicht mehr herum. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Um so erstaunlicher ist die Naivität, mit der das Netz zuweilen genutzt wird. So wird noch immer viel zuwenig über die Frage diskutiert, welche Formen des Onlineaktivismus der eigenen Sache überhaupt zuträglich sind. Hier scheint ein Mythos nachzuwirken, der in den euphorischen Anfangsjahren des Netzes entstanden ist. Viele Internetidealisten dachten damals, der technische Fortschritt stehe auf ihrer Seite, und die sich scheinbar in eine basisdemokratische Richtung verändernden Kommunikationsverhältnisse im Netz würden die gesellschaftlichen Machtverhältnisse nachhaltig erschüttern.

    Tatsächlich wurde die kapitalistische Herrschaft im Zuge der vom Internet und der Digitalisierung beförderten Strukturveränderungen aber nicht geschwächt, sondern weiter ausgebaut. Beispielsweise verloren zwar etablierte Medienkonzerne an Einfluss, doch an ihre Stelle traten Internetgiganten wie Twitter und Facebook. Das sind kommerzielle und hoch zentralisierte Plattformen, die auch von linken Aktivisten ausgiebig genutzt werden, um zu mobilisieren und mit den an einem Protestgeschehen nicht unmittelbar Beteiligten zu kommunizieren. Die hierin liegenden Gefahren werden meist verdrängt. »Soziale Bewegungen verwenden vor allem kommerzielle Plattformen, einschließlich und wahrscheinlich hauptsächlich Facebook, und sehen das als großartige Möglichkeit und ziehen es vor, mit all diesen Mitteln die ›kritische Masse‹ zu erreichen, anstatt ihre eigenen alternativen Medien zu schaffen«, kritisiert Stefania Milan in einem Gespräch für den Interviewband »Facebook entkommen« (2018).

    Die meisten Aktivisten machten sich zuwenig Gedanken darüber, dass es sich bei den auch von ihnen gebrauchten »sozialen Netzwerken« um private Räume handele. Man könne die Vorteile ihrer Reichweite nur nutzen, indem man das »private Wohnzimmer von Mark Zuckerberg« betrete, so die Medienwissenschaftlerin von der Universität Amsterdam: »Es ist nicht wie eine öffentliche Infrastruktur, wie ein öffentlicher Park oder Platz, wo die Leute durchgehen und die Dinge durch Institutionen wie die Menschenrechte reguliert sind oder durch das Recht des jeweiligen Landes.« Wenn Zuckerberg den Nutzern seines Dienstes verbiete, keine Bilder von Brüsten zu posten, habe er das Recht dazu, weil wir uns in seinen privaten Räumen befinden. So gut wie gar nicht wird darüber reflektiert, welche dauerhaften Verhaltensveränderungen der langfristige Gebrauch von »sozialen Medien« nach sich zieht. Milan berichtet von einer Beobachtung, die sie vor ein paar Jahren in einem Occupy-Camp machte. Die behördlich angeordnete Räumung des Protestlagers durch die Polizei sei nämlich völlig reibungslos verlaufen. »Die Müllabfuhr schob alles zusammen – die Zelte, die Plakate, die ganzen schönen Dinge, die die Leute über Monate gemacht hatten –, um es wegzubringen, zu zerstören und wegzuwerfen. Und das einzige, was die Leute taten, außer ein wenig zu hüpfen, war zu fotografieren und die News über die sozialen Medien zu verbreiten. Ich dachte: Das ist wirklich seltsam. Sie versuchen nicht, mit den Cops zu reden, aber sie versuchen, über ein Publikum, das nicht einmal vor Ort ist, mit den Cops zu reden.« Zu sehen, dass die Leute auf ihre Bildschirme schauten, aber nicht auf ihre Umgebung, empfand sie als seltsam. Die Begeisterung darüber, wie die »sozialen Medien« die Leute angeblich ermächtigen, sieht sie seitdem in einem neuen Licht.

    #politique #internet #social_media #GAFAM