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Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren, müssen Männer mit Bärten sein. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die haben Bärte. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die fahren mit.

  • Die Chinesische Lösung | Jugendopposition in der DDR
    https://www.jugendopposition.de/themen/herbst89/145315/die-chinesische-loesung

    „In der Nacht vom 3. zum 4. Juni begann eine extreme Minderheit konterrevolutionärer Elemente im Herzen Pekings, auf dem Tian An Men, Platz des Himmlischen Friedens, einen brutalen und gefährlichen Aufruhr zu entfachen, der die ganze Volksrepublik China in eine kritische Lage brachte.“ So kommentiert die DDR-Zeitung Junge Welt am kommenden Tag die Ereignisse, die die ganze Welt erschüttern.

    Die ganze Welt? Nein, das Politbüro der SED applaudiert den chinesischen Genossen unverzüglich. Am 8. Juni 1989 erklärt sich dann auch die Volkskammer, das Scheinparlament der DDR, solidarisch. In einer offiziellen Verlautbarung heißt es: „Die Abgeordneten der Volkskammer stellen fest, dass in der gegenwärtigen Lage die von der Partei- und Staatsführung der Volksrepublik China beharrlich angestrebte politische Lösung innerer Probleme infolge der gewaltsamen, blutigen Ausschreitungen verfassungsfeindlicher Elemente verhindert worden ist [...]. Dabei sind bedauerlicherweise zahlreiche Verletzte und auch Tote zu beklagen.“

    Mit dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens, das wahrscheinlich Tausenden Menschen das Leben gekostet hat, zerschlägt das chinesische Militär eine breite Bewegung, die mit Streiks und Demonstrationen für eine Demokratisierung der Volksrepublik China eintritt. Die Solidaritätserklärungen der SED-Führung sind auch ein deutliches innenpolitisches Signal: eine Warnung an die eigene Oppositionsbewegung, dass es auch in der DDR eine „chinesische Lösung“ geben könne.
    Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens:
    Nach der Niederschlagung wird die DDR-Opposition aktiv

    Dennoch steht die Opposition sofort mutig gegen das Verbrechen in Peking auf. Unmittelbar nach dem Massaker werden in vielen Städten und von vielen Menschen Protestschreiben an die chinesische Staatsführung entworfen und Unterschriften gesammelt (Bildergalerie). Am 6. Juni 1989 versammeln sich erstmals knapp 30 Menschen vor der chinesischen Botschaft in Berlin-Pankow, um ihre Solidarität mit den chinesischen Studenten zu demonstrieren. Sie werden verhaftet, verhört und mit Ordnungsstrafen belegt.

    Kurz nachdem in Peking die ersten „Konterrevolutionäre“ im Zusammenhang mit den Ereignissen vom Platz des Himmlischen Friedens zum Tode verurteilt und hingerichtet werden, organisiert eine Gruppe aus Berlin-Pankow einen erneuten Demonstrationszug zur chinesischen Botschaft. Am 22. Juni 1989 treffen sich etwa 50 vor allem junge Leute in den Räumen der Superintendentur Pankow. Sie verfassen einen offenen Protestbrief an die chinesische Parteiführung sowie an die SED-Führung und wollen ihn dem Botschafter überreichen.

    Doch die Gruppe gelangt nicht einmal in die Nähe der Botschaft. Das Gelände ist weiträumig von Volkspolizei und Stasi abgesperrt. Alle Demonstranten werden festgenommen, stundenlang verhört und teilweise misshandelt. Die Festgenommenen erhalten später Ordnungsstrafverfügungen und müssen wegen „Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit“ erhebliche Geldstrafen auf sich nehmen (Bildergalerie).

    In Berlin finden noch im Juni mehrere Aktionen in den Räumen der Kirche von Unten (KvU), in der Samariterkirche und in der Erlöserkirche statt, die von jungen Menschen organisiert werden. Viele von denen, die mit Trommeln und Gebeten gegen das in China begangene Unrecht protestieren, sind bereits einen Monat zuvor aktiv gegen die Fälschung der Kommunalwahlen in der DDR aufgetreten.

    Zahlreiche Demonstranten, die während der Ereignisse im Herbst 1989 auf die Straße gehen, haben die Ereignisse vom Platz des Himmlischen Friedens im Hinterkopf: Das brutale Vorgehen der chinesischen Staatsmacht gegen die Oppositionsbewegung ist unvergessen. Als im September und Oktober 1989 in Dresden, Leipzig und Berlin schwer bewaffnete Polizisten mit Wasserwerfern und Räumfahrzeugen gegen die friedlichen Demonstranten vorgehen, befürchten viele eine Eskalation wie auf dem Tian An Men. Nicht umsonst ist „Keine Gewalt!“ eine der häufigsten Parolen auf den Demos dieser Zeit.

    Radio Glasnost: Protestaktionen gegen das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens, Abschrift

    Moderatorin:
    „Die Empörung der chinesischen Studentin teilten in den letzten Wochen viele Bürger der DDR, und sie protestierten mit Andachten, Kundgebungen und Trommelfasten gegen das Vorgehen der Armee in China als auch gegen die Art, wie in der DDR darüber Bericht erstattet wurde. Dieser Protest brachte häufiger ziemlichen Ärger mit der Staatsmacht ein, wie die beiden folgenden Beispiele belegen, von denen wir erst jetzt erfuhren.“

    Sprecher:
    „Am 8. Juni, vier Tage nach dem Massaker in Peking, tauchten bei einer Abendveranstaltung im Jugendklub ‚Atelier 89 in der Greifswalder Straße 89 in Ost-Berlin Flugblätter auf. Darin wurde unter der Losung ‚China ist nicht fern für den darauffolgenden Abend eine Demonstration durch den Stadtbezirk Prenzlauer Berg angekündigt. Am Treffpunkt Sredzki-, Ecke Rykestraße versammelte sich zunächst ein massives Aufgebot an zivilen und uniformierten Ordnungshütern. Sogar 30 verdächtig aussehende Personen wurden festgenommen und ins Vernehmungsgebäude Magdalenenstraße transportiert. Anderentags wurden sie um die Mittagszeit wieder freigelassen. Ein gesuchter Organisator der China-Demonstration war offenbar unter ihnen nicht gefunden worden. Stattdessen wurde dann der Leiter des Jugendklubs entlassen und das ganze Klubaktiv als ‚politisch untragbar bezeichnet. Einen Monat später, am 12. Juni, wurden dann drei junge Männer im Alter zwischen 20 und 25 Jahren in Ost-Berlin verhaftet. Ihnen wird die Herstellung der Flugblätter und eines Demoplakates mit der Aufschrift ‚China ist nicht fern vorgeworfen. Inzwischen laufen die Ermittlungsverfahren gegen sie nach Paragraph 220 des Strafgesetzbuchs wegen der ‚Herabwürdigung von staatlichen Organen und ausländischen Vertretungen. Im entsprechenden Paragraphen heißt es: ‚Ebenso wird bestraft, wer Schriften, Gegenstände oder Symbole, die geeignet sind, die staatliche oder öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen, das sozialistische Zusammenleben zu stören oder die staatliche oder gesellschaftliche Ordnung verächtlich zu machen, verbreitet oder in sonstiger Weise zugänglich macht. Danach kann also das Hochhalten eines nicht genehmigten Plakates mit bis zu drei Jahren Knast geahndet werden. China ist eben näher, als mancher denkt.
    Auch in Dresden. Dort besetzten Leute aus einem autonomen Forum am 9. Juli die große Dresdner Kreuzkirche und begannen ein ‚Trommeln für Peking`. Kurze Zeit danach war der Altmarkt von Polizeikräften abgeriegelt. Eine Videokamera filmte alle Passanten, die in die Kirche wollten. Einige wurden zur Polizeiwache abtransportiert. Dort wurden sie von zivilen Beamten verhört. Das klang dann so:

    Frage: ‚Wissen Sie, was für eine Veranstaltung in der Kirche abgehalten wurde?`
    Antwort: ‚Ich vermute, es ging um die Todesurteile in China.`
    Frage: ‚Wo gab es ähnliche Veranstaltungen?`
    Antwort: ‚In der Gethsemanekirche, in der Samariterkirche und in der Erlöserkirche in Berlin.`

    Dort griffen die Polizeikräfte nicht direkt ein. Sie hatten die Kirchen allerdings umstellt.

    Frage: ‚Hatten Sie vor, in die Kirche zu gehen?`
    Antwort: ‚Ja, ich bin der Meinung, die Kirchen müssten für jedermann offen sein.`

    Zum Abschluss sagte der Vernehmer, dass außerhalb der Kirche eine nicht genehmigte Demonstration stattfinden sollte und die Festnahmen nur zur Sicherheit erfolgten. Deshalb wunderte es die Betroffenen, dass sie Ordnungsstrafen bezahlen sollen. Zitat aus der schriftlichen Begründung: ‚Sie haben in der Dresdner Kreuzkirche durch das Schlagen auf eine Trommel ruhestörenden Lärm verursacht und damit andere Bürger ungebührlich belästigt. Damit missachten Sie im groben Maße gesellschaftliche Interessen.`
    Insgesamt müssen 13 Personen Ordnungsstrafen zahlen in Höhe von 500 bis 1.000 Mark. Insgesamt will der Staat 11.300 Mark dafür kassieren, dass einige Bürger ihre Solidarität mit der Demokratiebewegung in China zum Ausdruck brachten.“

    Moderatorin:
    „Bei den drei in Berlin Verhafteten handelt es sich nach unseren Informationen um Hendrik Schulze, Torsten Röder und Jörg Jacobi. Bislang ist nicht bekannt, wann gegen sie das Verfahren eröffnet wird.“

    Quelle: Radio Glasnost, Juli 1989

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