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  • Tagesspiegel Leute Newsletter | Reinickendorf | Gedenkort Alter Anstaltsfriedhof | 8.5.2019
    https://leute.tagesspiegel.de/reinickendorf/macher/2019/05/08/81292/gedenkort-alter-anstaltsfriedhof

    Gedenkort Alter Anstaltsfriedhof
    Veröffentlicht am 08.05.2019 von Gerd Appenzeller

    An die Zeit der Dritten Reichs und an die Ermordung von Patientinnen und Patienten der Wittenauer Heilstätten will eine Initiative erinnern, die den Alten Anstaltsfriedhof als Gedenkort herrichten möchte. Seit 2014 bemüht sich der „Freundeskreis Gedenkort Alter Anstaltsfriedhof“ der ehemaligen Wittenauer Heilstätten darum, den Friedhof und seine Geschichte im Bezirk Reinickendorf und in der Stadt Berlin bekannt zu machen. Ziel ist die Errichtung eines würdigen Gedenkortes für die hier immer noch ruhenden Opfer der Naziherrschaft von 1933 bis 1945.

    Was ist an Fakten zum Anstaltsfriedhof bekannt? Mit der Gründung der „Irrenanstalt Dalldorf“ 1880 wurde auch der Anstaltsfriedhof angelegt. Für die Jahre 1934 und 1935 verzeichnet das evangelische Kirchenbuch Wittenau nur drei Bestattungen. Zwischen 1933-1945 starben in den Wittenauer Heilstätten jedoch 4.607 Patienten (laut Sterberegister der Wittenauer Heilstätten), von denen fast jeder zweite auf dem Anstaltsfriedhof bestattet wurde. Teilweise sind die Namen, Geburts- und Sterbedaten und die von nationalsozialistischen Medizinern gefälschten Diagnosen aus den Akten des Landesarchivs Berlin, den evangelischen Kirchenbüchern, dem Klinik-Sterberegister und durch noch lebende Angehörige bekannt. Eine Vielzahl von Patienten, vermutlich mehr als 2000, wurde nach Meseritz-Obrawalde, heute Polen, deportiert und dort umgebracht. 1995 wurde der Friedhof aufgehoben, die Grabsteine wurden entfernt, die Toten aber nicht verlegt. Nur die 39 Kriegsgräber von in den Endkämpfen gefallenen Soldaten wurden auf die Kriegsgräberstätte Freiheitsweg, Berlin- Reinickendorf, umgebettet. An der südlichen Friedhofsgrenze zur Siedlung Im Hufenschlag befinden sich bis heute auf 50 Metern Länge und 16 Metern Breite Reihengräber aus den Jahren 1939- 45.

    Der authentische „Gedenkort Alter Anstaltsfriedhof“ stellt sich 2019 noch als ein überwucherter, fast unkenntlicher „Unort“ dar (siehe Foto in der „Kiezkamera“ im Reinickendorf-Newsletter), bis vor einigen Jahren aus dem Gedächtnis und dem Gedenken gestrichen. Neben den oben beschriebenen Reihengräbern existieren einige Fotos von Grabsteinen zu Tode gekommener Angehöriger. Der Eingang des Alten Anstaltsfriedhofes wird bis heute von zwei Friedhofsmauerresten gekennzeichnet, die das nicht mehr existierende schmiedeeiserne Tor flankierten. Eine Gestaltung des Friedhofes als historischen Gedenkort für die Patienten der Wittenauer Heilstätten, die Opfer nationalsozialistischer Gewaltanwendung wurden und dort bestattet sind, ist mit relativ einfachen Mitteln möglich. Das gesamte Konzept des Freundeskreises ist unter diesem Link nachlesbar: freundeskreis-anstaltsfriedhof.jimdo.com

    Der Wittenauer CDU-Politiker Björn Wohlert möchte das Konzept politisch unterstützen. Er hat den Fraktionen SPD, FDP, Grüne und Linke entsprechend angeboten, einen gemeinsamen BVV-Antrag zu stellen. Die Grünen und Linken haben diesen Antrag dann mitgezeichnet. Von der FDP erhielt Wohlert nach eigenen Angaben keine Rückmeldung. Die SPD hat einen eigenen Antrag eingebracht. Vor einigen Jahren bereits haben CDU und Grüne einen gemeinsamen Antrag gestellt. Zudem gab es eine weitere Initiative der Grünen. Die Linke war in der vorherigen Legislaturperiode noch nicht in der BVV vertreten. – Gerd Appenzeller

    #Berlin #Reinickendorf #Geschichte