Berliner Mietedikt von 1765
►https://www.berliner-zeitung.de
Seit Berlin 1701 Königsresidenz geworden war und an At-
traktivität gewonnen hatte, wurde der Wohnraum knapp
und die Mieten stiegen in unbekannte Höhen. Gewerbli-
chen Vermietern warf man vor, sich unmäßig zu berei-
chern. Friedrich II. empörten vor allem die „vielfältigen
Loßkündigungen“, die daraus folgende Prozesswelle samt
Rechtsunsicherheit. Um dem zu begegnen, ordnete der
König 1754 an, fortan alle Mietverträge schriftlich abzu-
schließen. Kündigungen sollten nur noch zum Quartals-
ende möglich sein. Doch der Siebenjährige Krieg ver-
schärfte die Lage aufs Neue; infolge von Mietwucher stie-
gen die Mieten dramatisch. Wilde Spekulationen trieben
Kauf und Verkauf von Mietshäusern an. Da alles nichts
half, verfügte der König am 15. April 1765, die bis dahin
geltende Regel „Kauf bricht Miete“ für Berlin aufzuheben.
Im Falle eines Besitzerwechsels musste der Käufer hin-
sichtlich der Mieter „den Contract auf gleichem Fuß hal-
ten“. Zugleich ordnete der Monarch an, die Polizei solle,
notfalls unter Zwang, die Einweisung vertriebener Mieter
in die Häuser der Spekulanten, also deren große Privat-
wohnungen, vornehmen. Über das neue Recht ließ er
weithin informieren, selbst von den Kanzeln wurde es ver-
lesen. Bald darauf beruhigte sich derWohnungsmarkt – ob
wegen des Edikts oder des Friedens ist unklar. Fritzens
Verwaltung hatte übrigens stets die Lösung des Problems
durch staatlich gefördertes Bauen empfohlen.
Quelle: Berliner Zeitung vom 22.7.2019
#Berlin #Geschichte #Wohnen #Recht