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  • Münchner Uber-Prozess: Was ist technisch möglich?
    https://www.taxi-times.com/muenchner-uber-prozess-was-ist-technisch-moeglich

    Diesen Satz möge man sich auf der Zunge zergehen lassen: (Die) Entwicklung (sei) gemeinsam mit der Berliner Aufsichtsbehörde LABO vorgenommen worden.

    Es gibt also eine direkte Zusammenarbeit der Taxi-Aufsichtsbehörde, die dem Berliner Innensenator Geisel (SPD) untersteht, mit dem Gesellschaftszerstörer Uber. Anders gesagt sieht ein SPD-Senator Uber und dessen Subunternehmen nicht als Kriminelle, die konsequent Gerichtsurteile ignorieren und eine illegale Tätigkeit trotz Untersagung fortführen. Seine Behörde bahandelt sie wie normale „Marktteilnehmer“, denen geholfen werden muss, ihre Geschäftsprozesse an die Gesetzeslage anzupassen.

    Ob man Herrn Geisel noch eines Besseren belehren kann?

    24. September 2019 von Jürgen Hartmann - Im seit 2016 andauernden Klageverfahren zum Verbot der Uber-App in München kam es gestern vor dem Landgericht München zu einer umfangreichen Zeugenbefragung. Auch der Uber-Deutschland-Chef Christoph Weigler war geladen.

    Weigler war der Achte von insgesamt neun Zeugen. Er sollte gegenüber der Richterin erklären, wie die Auftragsvergabe bei Uber technisch abläuft. Er schilderte, dass Ende 2016 der Prozess der Auftragsvermittlung umgestellt wurde, wobei die Entwicklung gemeinsam mit der Berliner Aufsichtsbehörde LABO vorgenommen worden und an die Rechtsprechung des Berliner Kammergerichts angepasst worden sei. Seitdem würden Kundenbestellungen über die Uber-App zwar weiterhin an das nächstgelegene Fahrzeug vermittelt, doch bekäme der Unternehmer des Fahrzeugs eine E-Mail an seinen Betriebssitz, in der er über das Fahrtangebot an sein Fahrzeug informiert wird. Das Angebot enthält Informationen zum Namen des Bestellers inklusive Telefonnummer, zur Abholadresse, zum Fahrtziel und zum Fahrpreis.

    In dieser Mail sind zwei Optionen verlinkt: Auftrag annehmen oder Auftrag ablehnen. Nimmt der Mietwagenunternehmer das Angebot an, wird sein Fahrer per SMS benachrichtigt, ebenso im Falle einer Ablehnung. Der Unternehmer hat 30 Sekunden Zeit. Im Falle einer Ablehnung wird die Bestellung einem anderen Fahrzeug bzw. einen anderen Unternehmer angeboten.

    Zeitgleich zur E-Mail bekommt allerdings auch bereits der Fahrer eine Benachrichtigung zu dieser Bestellung. Er erfährt die Abholadresse und den Namen, aber keinen Fahrpreis und kein Fahrtziel. Für das Gericht ging es nun um die Klärung, ob es technisch möglich sei, dass der Fahrer auch dann die Fahrt durchführen könne, wenn der Unternehmer den Auftrag nicht angenommen habe.

    Dies wurde durch mehrere Zeugenaussagen von befragten Uber-Fahrern bzw. Uber-Unternehmern bestätigt. Auch Weigler wiedersprach dem nicht, indem er erklärte, dass sein Unternehmen erst im Nachhinein kontrolliere, ob die ausgeführte Fahrt auch tatsächlich vom Mietwagenunternehmer vorab disponiert worden sei. Laut vertraglicher Vereinbarung sei der Unternehmer dazu verpflichtet und würde deshalb im Falle mehrerer „nicht-disponierten“ Fahrten abgemahnt bzw. von der weiteren Auftragsvergabe ausgeschlossen werden, weil er sich durch sein „Nichtdisponieren“ vertragswidrig verhalten habe.

    Die Richterin betonte in diesem Zusammenhang, dass ihr diese vertraglichen Pflichten aufgrund der Aktenlage bekannt seien, dass es ihr in der Bewertung der Sachlage aber darum gehe, ob eine Ausführung der Fahrt technisch auch ohne Zustimmung des Unternehmers möglich sei. Wenn es technisch möglich sei, müsse das Gericht die Entscheidung treffen, ob es sich dann um eine Umgehung des Personenbeförderungsgesetzes handle, sagte die Richterin sinngemäß.

    In diesem Zusammenhang kam während der Zeugenbefragung an Herrn Weigler auch die Frage auf, ob Unternehmer aus technischer Sicht auch erst nachträglich die Fahrten disponieren könnten und ob es technisch keine Möglichkeit gäbe, Fahrten adhoc für diejenigen Fahrzeuge zu sperren, deren Unternehmer keine aktive Freigabe erteilt hätten. Weigler versuchte lange, diese konkreten Fragen zu umgehen, musste dann aber doch eingestehen, dass eine nachträgliche Fahrtdisponierung wohl technisch möglich sei, ohne aber konkrete Angaben zu machen, über welche Zeitdauer das nachgereicht werden könne.

    Ob eine Sperre technisch möglich sei, wurde von Herrn Weigler nicht beantwortet, jedoch betonte er mehrmals, dass es nicht dem Sinn der App entspreche, durch solche Funktionen den Bestellablauf zu verzögern. Diese Aussage fand allerdings keine offizielle Aufnahme ins Vernehmungsprotokoll.

    Nach der Zeugenbefragung, die insgesamt über zwei Stunden dauerte, stellte die Richterin in Aussicht, nun auch bereits ein mündliches Urteil fällen zu können. Das wäre dann ein Einzelrichterurteil gewesen, da die beiden bisherigen beisitzenden Handelsrichter an diesem Tag nicht anwesend waren. Dem hätten allerdings beide Seiten zustimmen müssen, was von den Uber-Anwälten aber abgelehnt wurde, da diese auf ein Handelsrichter-Urteil bestanden. Rechtsanwältin Alexandra Decker, welche die der klagende Münchner Taxiunternehmerin Alexandra Eismann vertritt, wäre mit einer sofortigen Urteilsverkündung einverstanden gewesen.

    Aus Uber-Sicht konnte dadurch wieder Zeit gewonnen werden, denn als nächsten Verhandlungstermin, in dessen Anschluss dann ein schriftliches Urteil zu erwarten sei, wurde der 2. Dezember 2019 angesetzt – vorbehaltlich dessen, dass sich einer der beiden ehrenamtlichen Handelsrichter bereit erklärt, einen an diesem Tag bereits festgelegten anderen Termin zu tauschen.

    #Uber #Justiz Deutschland