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  • Minderheitenpolitik in China - Einheit in der Viielfalt
    https://www.jungewelt.de/artikel/391936.minderheitenpolitik-in-china-einheit-in-der-vielfalt.html

    Die Volksrepublik China ist ein Vielvölkerstaat. Diversität und Dynamik von Chinas Bevölkerung sind entscheidende Elemente seiner Entwicklung

    5.12.2020 von Hannes A. Fellner

    Zu den immer wiederkehrenden Vorurteilen gegenüber China gehören seine angebliche Abgeschlossenheit nach außen und vermeintliche Gleichförmigkeit im Inneren. Die imperialistischen Staaten des Westens benutzen in ihrer durchschaubaren Propaganda Klischees von der »Großen Mauer«, wenn ihrem Einfluss Grenzen gesetzt werden, und beschwören – wenn es etwa im Zuge einer nicht in den Griff zu bekommenden Pandemie nützlich ist, vom eigenen Versagen abzulenken und die Erfolge Chinas zu vertuschen – in neokolonial-rassistischer Manier eine monolithische »asiatische« Kollektivität oder gar »gelbe Gefahr«.

    Differenzierung gegenüber der Volksrepublik ist für den Westen nur dann plötzlich doch wieder möglich, wenn sie einen erhofften Beitrag zu Spaltung und Schwächung leisten kann. In diesem Zusammenhang spielt die Thematisierung der Minderheitenproblematik seit jeher eine Rolle, in letzter Zeit jedoch wieder eine immer ernster werdende. Wenn in den medialen Kampagnen der imperialistischen Metropolen Begriffe wie »Konzentrationslager« und »Genozid« aus dem propagandistischen Repertoire geholt werden, sollte angesichts historischer Erfahrung und aktueller Entwicklungen eigentlich klar sein, was hier vor sich geht.

    An dieser verbalen Mobilmachung gegen die Volksrepublik, speziell in »Menschenrechts-« und Minderheitenfragen, sind aber leider auch immer wieder sich als links verstehende Menschen und Gruppen beteiligt. Grund dafür sind sehr oft gängige Vorurteile und ein Mangel an geschichtlichem Verständnis. So ersetzt dann Empörung Erkenntnismöglichkeit, bloßer Reflex die Analyse, und Unverständnis eine vertiefende Reflexion. Dabei lohnt es sich, die geschichtlichen Grundlagen und aktuell wirkenden Widersprüche im Vielvölkerstaat China zu betrachten.
    Lange Tradition der Vielfalt

    Kein historischer Vorläufer der heutigen Volksrepublik China war in ethnischer oder kultureller Hinsicht je homogen. Schon die erste historisch greifbare Epoche der Shang-Zeit (17.–11. Jahrhundert vor unserer Zeit), in deren späte Phase (13. Jh. v. u. Z.) die Anfänge der chinesischen Schrift zurückreichen, gedieh als Zusammenfluss unterschiedlicher Vorgängerkulturen, die über die Zeit unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzt waren. So erfolgte die Adaption des Streitwagens etwa im Austausch mit nomadischen Kulturen des eurasischen Steppengürtels. Die folgende Zhou-Zeit (11. Jh.–256 v. u. Z.) ist trotz Kontinuitäten wie dem Schriftgebrauch und Kontakt mit der Steppe dann wieder kulturell deutlich von der Shang-Zeit unterschieden.

    Die Zeit der Streitenden Reiche (475–221 v. u. Z.), aus welcher die klassische chinesische Philosophie stammt, von deren »wetteifernden hundert Schulen« einige – wie Konfuzianismus und Daoismus – auch heute noch eine Rolle spielen, stand unter nomineller Oberherrschaft der Zhou. Die »Reiche« um das Tal des Gelben Flusses waren damals schon als zhōngguó, »Mittlere Lande« (der heutige Name für China) bekannt, deren Eliten sich als Träger der huáxià-Zivilisation (»große Blüte«) verstanden. Zwar teilten die »Mittleren Staaten« gewisse als huáxià empfundene Charakteristika wie Landwirtschaft, Schriftgebrauch und Rituale und waren bemüht, sich gegenüber der »barbarischen« Peripherie, die das nicht auszeichnete, abzugrenzen, doch waren die Streitenden Reiche insgesamt kulturell und sprachlich bisweilen merklich voneinander verschieden. Die sehr beweglichen Grenzen zwischen »zivilisiertem« Zentrum und »nicht-zivilisierter« Peripherie, aber selbst zwischen huáxià-Staaten wurden nicht selten mit stark befestigten Wällen markiert, welche die Vorläufer der »Großen Mauern« sind.

    Ausgerechnet der eher als »barbarisch« geltende Staat Qin (von dem unsere Bezeichnung China stammt) einte die Streitenden Reiche 221 v. u. Z. im Sinne des tiānxià »(alles) unter dem Himmel« und errichtete ein zentralverwaltetes Imperium. Einerseits entwickelte sich auf dieser Grundlage das Einheitsdenken einer kulturellen Ökumene, das trotz Diskontinuitäten bis heute von Bedeutung ist. Andererseits war die forcierte Zentralisierung der Verwaltung und die nicht zimperliche Vereinheitlichung der vielen unterschiedlichen Gebiete »unter dem Himmel«, zu der die Standardisierung und die Verbreitung der chinesischen Schrift (und Sprache) gehörten, der Beginn der Ethnogenese der Han. Diese haben ihren Namen von der auf Qin folgenden Dynastie.

    In der Han-Zeit (206 v. u. Z.–220 n. u. Z.) wurde »alles unter dem Himmel« weiter zentralisiert. Das Imperium erfuhr auch eine bedeutende Ausdehnung Richtung Süden und Westen, in dessen Zuge unzählige weitere Ethnien integriert wurden. Die Aktivitäten des heute als Nationalheld verehrten Diplomaten Zhang Qian (um 164–113 v. u. Z.) in den »westlichen Regionen« in und um das heutige Xinjiang markieren den Beginn der kontinentalen Alten Seidenstraße, die schließlich Ostasien, Zentralasien, den indischen Subkontinent, den Nahen Osten und den mediterranen Raum systematisch miteinander verband und mehr als tausend Jahre in der einen oder anderen Form Bestand haben sollte. Der kulturell prägendste Import dieser Zeit war der Buddhismus, der über die Seidenstraße nach Ostasien gelangte.

    Auf die Han-Zeit folgten Perioden von Zerfall und Einheit, zu denen kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Zentrum und Peripherie ebenso gehörten wie friedliche Kontakte zu Regionen außerhalb der jeweiligen Dynastien, deren Träger nicht ausschließlich Han waren. Während der Tang-Dynastie (618–907), die in der historischen Forschung als ein Höhepunkt der chinesischen Geschichte und in China selbst als Goldenes Zeitalter gilt, gab es wieder einen einheitlichen Staat, der für und für den die Seidenstraße eine prägende Rolle spielte. Speziell die Hauptstadt der Tang, Chang’an (das heutige Xian) war in ihrer Blütezeit eine kosmopolitische Weltstadt, in der Menschen aus ganz Eurasien lebten und Träger des interkulturellen Austausches wurden. Zu diesem gehörten die Weiterverbreitung unterschiedlicher Religionen, insbesondere des Buddhismus, die Ausbreitung von zentralasiatischen Musikinstrumenten und musikalischen Formen sowie die Vermittlung von chinesischen Errungenschaften wie Papier, Blockdruck und Schießpulver Richtung Westen.

    Nach der Tang-Zeit zerfiel das Reich erneut, verschiedene Dynastien unterschiedlicher ethnischer Herkunft konkurrierten um dessen territoriales Erbe. Die meisten dieser Dynastien verfolgten den Einheitsgedanken, waren auf eine Zentralisierung des Staatswesens aus und verwendeten in der einen oder anderen Form die Gepflogenheiten der vorangegangenen Imperien, insbesondere bei der Verwaltung und dem damit einhergehenden Gebrauch der chinesischen Sprache und Schrift. Eine größere Einigung gelang in der ersten Hälfte der Song-Zeit (960–1279), deren Träger Han waren. Im Zuge von Auseinandersetzungen mit nördlichen Dynastien, die von den mongolischen Kitan getragene Liao-Dynastie (916–1125) und die von den tungusischen Jurchen getragene Jin-Dynastie (1125–1234) im Norden, verlagerte sich der Schwerpunkt der Song weg von dem Gebiet der ehemaligen »mittleren Staaten« nach Süden. Dies führte zu stärkerer Migration von Han in Gebiete unterhalb des Yangtse-Fluss, was zu einem größeren Austausch mit den dortigen Bevölkerungen beitrug. Ein weiteres Resultat dieser Südorientierung war der umfassende Aufbau einer Marine und der Ausbau maritimer Fernhandelsbeziehungen.

    Unter der Yuan-Dynastie (1260–1368), die von Dschingis Khans Enkel Kublai Khan proklamiert worden war, gab es erneut einen einheitlichen Staat, der nun auch die Gebiete Tibets umfasste. Aufgrund der mongolischen Konföderations- und Eroberungspolitik war auch der Yuan-Staat vielsprachig und multikulturell. Dies traf auch auf die Verwaltung zu, die aber freilich in weiten Bereichen von vorhergehenden Dynastien geprägt war.

    Während der Ming-Zeit (1368–1644) waren wieder die Han die entscheidende Gruppe. Zuerst lag der Schwerpunkt der Ming im Süden, die Hauptstadt wurde dann aber aufgrund von Problemen an der nördlichen Peripherie, vor allem mit mongolischen Konföderationen, von Nanjing nach Beijing verlegt. In die Ming-Zeit fallen die Tribut- und Erkundungsfahrten der chinesischen Flotte. Unter der Führung des muslimischen Eunuchen Zheng He (1371–1433/5), dessen Vorfahren aus Zentralasien stammten, unternahm die chinesische Marine Expeditionen bis nach Ostafrika. Die Auseinandersetzungen im Norden zusammen mit dem Ausbau der heute bekannten »Großen Mauer« waren ein wichtiger Grund für die letztendliche Einstellung der staatlich finanzierten Flotte. In der Ming-Zeit kam dem Konzept von nationalen Minderheiten das erste Mal größere Bedeutung zu. Bei der Eingliederung der südlichen Provinzen Guizhou und Yunnan wurden die ethnischen Grenzen in den Chroniken der damaligen Zeit vermerkt und zwischen xià (chinesisch), mín (zum Imperium gehörig), und yí (nicht-chinesisch) unterschieden.

    In der Qing-Zeit (1636–1912) schließlich wurde die Unterscheidung zwischen huáxià und yí aufgrund der tungusischen Herkunft der Qing neubewertet. Es herrschte die Devise zhōngwài yījiā, etwa »Zentrum und Peripherie sind eine Familie«, und damit eine Betonung des multiethnischen Charakters des Imperiums, zhōngguó »Mittlere Lande«, in dem alle Untertanen zhōngguórén »Menschen der Mittleren Lande« bzw. zhōnghuárén »Menschen der blühenden Mitte« waren. Dennoch hatte die herrschende Minderheit der Manchu, die freilich stark von traditioneller chinesischer Verwaltung und Kultur geprägt waren, natürlich eine privilegierte Stellung inne – es begannen ethnische Auseinandersetzungen, insbesondere mit der Han-Mehrheitsbevölkerung. In die Zeit der Qing fallen bekanntlich auch die ersten schweren Auseinandersetzungen mit den europäischen imperialistischen Staaten, die es auch schon damals verstanden, unterschiedliche Bevölkerungsgruppen zu ihrem Vorteil gegeneinander auszuspielen.
    Zwei Positionen in Minderheitenfrage

    Im Laufe des 19. Jahrhunderts begann die systematische Konstruktion ethnischer Identität mit ihren ideologischen Rechtfertigungsstrategien. Begriffe wie huáxià und zhōngguó wurden neu definiert, und es trat nun systematisch das Konzept mínzú »Nation(alität)« hinzu. Ausgehend vom erwachenden Nationalbewusstsein in China bekamen diese Begriffe wie unter den Han je nach politischem Spektrum unterschiedliche Interpretationen, denen jedoch ein gegen den westlichen Imperialismus (und bisweilen auch die Manchu) gerichtete Tendenz gemein ist. Andere bedeutende Minderheiten im Qing-Reich wurden je nach ideologischer Ausrichtung als Bestand- oder Fremdteil der eigenen Gruppe gesehen, was zuweilen gewisse Nicht-Han ein-, jedoch andere Han-Gruppen vor allem im Süden wieder ausschloss.

    In der Zeit der Republik (1912–1949) gab es zwei Haupttendenzen in der Minderheitenfrage, die eine vertreten von der Kuomintang, die andere von der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Die Kuomintang war der Ansicht, dass Han zusammen mit Hui (chinesischsprachige muslimische Bevölkerungsgruppen), Manchu, Mongolen und Tibetern eine »Nation«, zhōnghuá mínzú, in einer »Republik der fünf Nationalitäten«, wǔzú gònghé, bildeten, wobei das Konzept der Nation biologistisch-rassisch gedeutet wurde.

    Die KPCh durchlief verschiedene Etappen in der Bewertung der Minderheitenfrage, die auf den jeweiligen Umständen ihrer Ausrichtung beruhten. Von ihrer Gründung 1921 bis in die frühen 1930er orientierte die KPCh auf den gemeinsamen Kampf der Han mit allen Minderheiten gegen die Unterdrücker im In- und Ausland für eine sozialistische Föderation. Nach dem Bruch mit der Kuomintang 1927 wurde zu Beginn der 1930er das Selbstbestimmungs- und damit auch das Sezessionsrecht aller Minderheitennationen (wobei es hier noch keine klare Definition gab) gefordert. Diese Selbstbestimmungslinie dominierte bis in die Mitte der 1930er Jahre, wurde dann aber durch eine Orientierung auf Selbstverwaltung ersetzt. Ein Grund hierfür war ohne Zweifel auch, dass die KPCh im Zuge ihrer Orientierung auf die ländliche Bevölkerung sowie des »Langen Marsches«, der durch die Gebiete sprachlicher und ethnischer Minderheiten führte, sich der ungeheuren Vielfalt der Bevölkerung bewusster wurde.

    Zur Zeit des Bündnisses mit der Kuomintang gegen die japanische Aggression (1937–1945) stand die chinesische Nation, zhōnghuá mínzú, im Mittelpunkt, zu welcher alle Minderheiten auf chinesischem Territorium gleichberechtigt gehörten. Nach der Gründung der Volksrepublik 1949 wurde zhōnghuá mínzú, als territorial-nationaler Überbegriff für alle in der Volksrepublik lebenden »Nationalitäten«, das heißt Han plus Minderheiten verwendet.
    Alle Menschen Chinas

    Zu Beginn der 1950er wurde zu erheben versucht, wie viele »Nationalitäten« es innerhalb der Volksrepublik gab, um ihnen ein Selbstverwaltungsrecht und politische Repräsentation im Volkskongress einzuräumen. Von Anfang an stand im Mittelpunkt der Politik der KPCh, dass das erste Mal in der Geschichte allen Völkern Chinas garantierte gleiche Rechte zukommen sollten. Ein 1953 abgehaltener Zensus, welcher der Einschätzung der eigenen Zugehörigkeit zu einer »Nationalität« sehr große Freiheit gab – ein für diese Zeit sehr fortschrittlicher Zugang –, kam zu dem Ergebnis, dass es 400 verschiedene Minderheitengruppen auf dem Territorium der Volksrepublik gab. Daraufhin wurden großangelegte interdisziplinäre Expeditionen entsandt, um diese 400 Minderheitengruppen zu untersuchen und ihre Zahl aus praktisch-politischen Gründen durch neue Kategorisierungen zu reduzieren, wobei ethno-linguistische Überlegungen eine gewichtige Rolle spielten, aber nicht das Hauptkriterium bildeten.

    Im Zuge dieser Untersuchungen wurden 1954 durch einen weiteren Zensus 39 shăoshù mínzú, »kleinere Nationalitäten«, ermittelt. Bis 1964 wurden es 54, und ab 1979 waren es schließlich 55 – die noch heutig gültige Zahl. Die chinesische Nation, zhōnghuá mínzú, besteht also aus 56 mínzú. Alle Angehörigen dieser Nationalitäten sind zhōngguórén »Menschen Chinas«. Die Bevölkerungsmehrheit ist hànzúrén »Menschen der Han-Nationalität«. In gewisser Weise ist die Identität der Han aber ähnlich konstruiert wie die der anderen Nationalitäten, da es große kulturelle Unterschiede zwischen den Han-Gruppen aus verschiedenen Regionen Chinas gibt. Innerhalb der Han-Nationalität sind um die zehn verschiedene sinitische Sprachen – oft fälschlicherweise als Dialekte bezeichnet – gebräuchlich, deren Sprecher sich untereinander nicht verstehen (darum wurden viele Reden, die der aus Südchina stammende Mao Zedong hielt, in anderen Regionen nicht verstanden, solange sie nicht gedruckt vorlagen). Selbst in der dominanten Nordgruppe, aus der das Standardchinesische stammt, gibt es Zweige, für welche die Kommunikation nur mittels der chinesischen Zeichen möglich ist. Deswegen wird im landesweiten chinesischen Fernsehen immer untertitelt. Insgesamt werden in der Volksrepublik mehr als 300 Sprachen aus zehn verschiedenen Sprachfamilien gesprochen.

    Die offiziellen 55 ethnischen Minderheiten machen in etwa 8,5 Prozent der Gesamtbevölkerung der Volksrepublik aus, was in etwa 112 Millionen Menschen entspricht. Zum Vergleich: In der Sowjetunion gab es zirka 30 Prozent nicht-slawische ethnische Minderheiten; in der heutigen Russischen Föderation gibt es zirka 20 Prozent nicht-slawische ethnische Minderheiten.

    Die 55 mínzú, wie sie von der KPCh klassifiziert wurden, sind zum Teil freilich Klammerbegriffe und bestehen wiederum teilweise aus weiteren sehr unterschiedlichen ethnischen Gruppen, z. B. werden innerhalb der Miao-Minderheit Sprachen aus vier verschiedenen Sprachfamilien gesprochen, werden die Utsul auf Hainan zu den Hui gerechnet, obgleich sie mit ihnen nichts gemeinsam haben, außer dass sie ebenfalls Muslime sind. Es gibt verschiedene Gruppen außerhalb der bisherigen Einteilung, die sich um Anerkennung bemühen.
    Minderheitenförderung

    Autonome Verwaltungseinheiten existieren in der Volksrepublik China auf drei Ebenen: der Provinzebene mit fünf Autonomen Regionen, der Bezirksebene mit 30 Autonomen Bezirken, der Kreisebene mit 117 Autonomen Kreisen und in der Inneren Mongolei drei Autonome sogenannte Banner. Die selbstverwalteten Einheiten der Minderheiten machen 60 Prozent der Gesamtfläche der Volksrepublik aus und sind teilweise kompliziert ineinander verschachtelt. Die Usbekische Gemeinde Danangou beispielsweise liegt im Kasachischen Autonomen Kreis Mori, der im Autonomen Bezirk Changji der Hui-Nationalität im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang liegt.

    In der Verfassung ist verankert, dass die jeweils obersten Repräsentanten autonomer Gliederungen Angehörige aus der jeweiligen Minderheit sein müssen, was trotz laufender demographischer Veränderungen weiter umgesetzt wird. Zu den Minderheitenrechten gehören freilich auch die Selbstverwaltung in kulturellen und vor allem sprachlichen Angelegenheiten. Für viele Minderheiten wurden – ähnlich wie in der Sowjetunion – sprachliche und schriftliche Standards im Zuge ihrer Erfassung überhaupt erst entwickelt. Alle Medien in Minderheitengebieten verwenden die jeweiligen Sprachen. Dass Standardchinesisch in Minderheitenschulen neben den jeweiligen Sprachen systematisch auch zu einem Teil des Unterrichtskanons gehört, ist eine relativ neue Entwicklung, aber nach wie vor nicht dominant. Darüber hinaus gibt es »affirmative action«, also eine Reihe von Fördermaßnahmen gegenüber Minderheiten, die zuweilen auch Unmut in der Mehrheitsbevölkerung auslösten. Dazu zählen unter anderem, dass die Minderheiten nicht an die Ein-Kind-Politik gebunden waren, Steuern aus selbstverwalteten Gliedern nicht an die Zentralregierung abgegeben werden müssen, zinsfreie Darlehen für Unternehmen von und mit Angehörigen von Minderheiten sowie eine bevorzugte Behandlung bei den Eintrittsexamina für höhere Schulen.

    Dass es historisch gesehen immer wieder auch zu Ungerechtigkeiten gegenüber einzelnen Minderheiten kam, ist eine Tatsache. Die Kampagnen unter Mao waren für die Minderheiten ebenso widersprüchlich wie für den Rest der Bevölkerung. Die Minderheiten sahen darin aber mitnichten eine Assimilierungsoffensive, die sie trotz Verschickung von Jugendlichen aus den überwiegend von Han bewohnten Metropolen in entlegene Gebiete und die Zerstörung von als reaktionär eingeschätzten Kulturgütern (auch der Han) in der Tat auch nicht war. Die Kampagnen erschienen als ein Problem der Mehrheitsbevölkerung, in das zumindest ein Teil der Minderheiten gewaltsam hineingezogen wurde. Dies zusammen mit dem Vorgehen gegen KPCh-Kader aus den Minderheiten, was eher politische als ethnische Gründe hatte, führten aber zu einer stärkeren Entfremdung zwischen der KPCh und einem Teil der Minderheiten.
    Gegenwärtige Situation

    Heute sind Angehörige von Minderheiten im Volkskongress etwas über-, in Parteistrukturen etwas unterrepräsentiert. Ein Problem, das von der KPCh ebenso reflektiert und angegangen wird wie der Han-Chauvinismus, den es zumindest gegenüber bestimmten Minderheiten gibt. Aktuelle Widerspruchskonstellationen resultieren aus der Ungleichheit der ökonomischen Entwicklung der unterschiedlichen Regionen, wobei gerade nicht gilt, dass Minderheitengebiete prinzipiell weniger entwickelt sind. Die relative Freiheit, ihre eigene Lebens- und Wirtschaftsweise zu verfolgen, hat in einigen Gegenden wie der Autonomen Region Xinjiang oder Tibet sicher zur Benachteiligung gewisser Bevölkerungsschichten beigetragen, wie der Umstand, die für ökonomisches Fortkommen so wichtige Mehrheitssprache gut beherrschen zu müssen.

    Gerade die Regionen Xinjiang und Tibet, neuerdings auch die Innere Mongolei, spielen in der westlichen Propaganda eine Rolle. Als periphere Regionen mit Minderheiten kommt ihnen eine wichtige geopolitische Bedeutung zu. Dass der Westen gerade hier jeden möglichen Widerspruch in der chinesischen Bevölkerung ausnutzen wird, versteht sich von selbst. Fest steht aber, es gibt kein westliches Land, in dem nationale Minderheiten – bei aller notwendigen Kritik – ähnliche Freiheiten genießen wie in China. Dies erklärt sich vor dem Hintergrund der Vorgeschichte der Volksrepublik, die sowohl von Akkulturation wie Assimilation, Phasen von Offenheit und Geschlossenheit, Einheit und Zerfall eines Zentralstaates, aber immer vielsprachig und multikulturell von vielen verschiedenen Ethnien geprägt war.

    Die Entwicklung der Volksrepublik als Vielvölkerstaat von einem armen abhängigen Land zur Industrienation und zum Global Player markiert das Ende der »kolumbianischen Epoche«, die für ökonomische, technologische, politische, ideologische Dominanz des Westens über die Länder des Trikonts sowie Minderheiten weltweit steht. Im Gesamtzusammenhang gesehen ist dies ein welthistorischer Fortschritt im System der globalen Arbeitsteilung und des internationalen Klassenkampfes für die Arbeiterklasse – unabhängig davon, wie man die aktuellen widersprüchlichen politischen, ökonomischen und sozialen Verhältnisse Chinas einschätzen mag.

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