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Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren, müssen Männer mit Bärten sein. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die haben Bärte. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die fahren mit.

  • Streit um Klassik im Radio RBB Kultur erntet heftige Kritik für neuen Musikmix
    https://m.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/streit-um-klassik-im-radio-rbb-kultur-erntet-heftige-kritik-fuer-neuen-musikmix/27059608.html

    01.04.2021 - Der Sender will mit neuem Musikprogramm mehr Leute ansprechen. Trotz zahlreicher Beschwerden von Stammhörern verteidigt Wellenchefin Verena Keysers die Initiative.

    Verena Keysers hat eine klare Botschaft: Sie will kein Randgruppen-Radio machen. Sondern mit RBB Kultur für die ganze Stadtgesellschaft da sein. Das jüngst modifizierte Programm soll die Vielfalt der Kulturmetropole Berlin spiegeln, „themenstark“ und „journalistisch relevant“, wie sie im Gespräch mit dem Tagesspiegel sagt.

    Kernpunkt der Reform ist für die Wellenchefin darum das „kulturelle Wort“ und erst danach der neue Musikmix, der neben Klassik in den Sendungen „Der Morgen“ und „Der Tag“ jetzt auch Filmmusik, Pop, Jazz und die so genannten New Classics umfasst.

    In den beiden hörerstärksten Tagesphasen, zwischen sechs und zehn Uhr sowie 16 und 20 Uhr will RBB Kultur über die Diversität der regionalen Kulturszenen berichten, seine Kompetenz als Beobachter und Berichterstatter unter Beweis stellen, mit vielen Interviews, Hintergrundgesprächen, Rezensionen. Denn, so argumentiert Verena Keysers, ihr Auftrag lautet, ein Kulturprogramm zu machen und nicht ein Klassikprogramm.

    Darum haben sie und ihr Team sich für eine Weitung der musikalischen Inhalte entschieden. Aus dem Bereich Klassik stammen in den Primetime-Zeiten nur noch die Hälfte der gespielten Titel - wobei Dirk Hühner, Musikchef bei RBB Kultur, darauf hinweist, dass die klassischen Kompositionen mit bis zu acht Minuten deutlich länger seien als die Tracks der übrigen Genres. Dadurch bliebe insgesamt die Klassik-Dominanz gewahrt.

    Irritation, Enttäuschung und auch Wut haben die Veränderungen bei der Stammhörerschaft ausgelöst. „Um die 750 Mails und Briefe sind beim RBB eingegangen, teils mit Zuspruch und Lob für neue Sendungen und musikalische Repertoires, überwiegend mit Kritik am neuen Sound Design und den musikalischen Erweiterungen“, sagt Verena Keysers. Wobei sich nicht nur das ältere Publikum meldete: „Kritik ist keine Frage des Alters, sondern des Musikgeschmacks. Auch jüngere üben heftige Kritik.“
    Keysers will die Vielfalt der Berliner Kulturszene feiern

    Den Tagesspiegel haben ebenfalls außergewöhnlich viele Leserreaktionen erreicht, beim Landesmusikrat liefen die Mitglieder sogar derartig Sturm gegen das neue Wellenprofil, dass sich der Interessenverband entscheiden hat, eine Meinungsumfrage zum Thema durchzuführen, um für das nächste Gespräch mit den RBB-verantwortlichen inhaltlich umfassend gewappnet zu sein.

    „Natürlich haben wir mit Abwehrreaktionen bei unseren Stammhörern gerechnet“, räumt Verena Keysers ein. „Dennoch bin ich überrascht von der Vehemenz und auch von der Richtung, in die die Debatte gerade geht: dass nämlich hier eine totale Verflachung stattfände. Diesen Vorwurf finde ich überhaupt nicht gerechtfertigt.“

    Das Ziel der Modifizierungen sei doch lediglich, dass sich die fantastische Vielfalt des hauptstädtischen Kulturlebens auch in der Musikauswahl widerspiegele, sagt Keysers. Nur so könne der Sender neue Zielgruppen ansprechen, für die das bisherige Musikprofil gerade ein Kriterium war, RBB Kultur nicht zu hören.

    Verena Keysers formuliert es so: „Ausschließlich klassische Musik, das haben uns viele in einer Studie befragte Hörerinnen und Hörer zurückgemeldet, wirkt auf nicht wenige, die sich potenziell für unsere Inhalte interessieren, im wahrsten Sinne des Wortes exklusiv.“

    Es ist das alte Argument des Elitären, das hier bemüht wird. Ausschließlich für eine spitze Interessengruppe zu senden, das will sich längst keine öffentlich-rechtliche Anstalt mehr leisten. Auch wenn die durchschnittliche Einschaltquote von 100 000 Personen, die das klassikbasierte Kulturradio bislang hatte, keine quantité négligable ist. Weil es sich hier nicht um Menschen handelt, die das Radio zuhause oder im Büro im Hintergrund dudeln lassen, sondern um aufmerksame Nutzer.
    Ist Einaudi „ganz normale Klaviermusik“?

    Selbstverständlich seien auch intern nicht alle mit der neuen Linie einverstanden, sagt Keyers. „Wir diskutieren sehr intensiv über die musikalische Handschrift, teilweise sogar heftig und hitzig“. Außerdem werde der Musikmix ständig überprüft, auf das, was gut und was weniger zusammenpasse, fügt Dirk Hühner hinzu – und dann von Monat zu Monat weiterentwickelt.

    Die sogenannte Neoklassik, also jene Form von Instrumentalmusik mit Easy-Listening-Charakter, die sowohl melodisch, rhythmisch als auch harmonisch auf Schlichtheit setzt und für die exemplarisch der Pianist Ludovico Einaudi steht, so ist für Hühner übrigens längst in der Realität von Bildungsbürgerhaushalten angekommen: „Das wird von sehr vielen für ganz normale Klaviermusik gehalten.“

    Natürlich zeigt Verena Keysers sich überzeugt davon, dass RBB Kultur einen Großteil der Stammhörer wird halten können. Die nächsten Ergebnisse der Mediaanalyse, die Aufschlüsse über die Reichweite der Sender und ihre Hörer-Quoten bringt, werden allerdings erst im Juli vorliegen. Bei den positiven Reaktionen auf die Reformen überwiegen übrigens jene Stimmen, die den neuen Wort-Schwerpunkt loben – und es konsequent finden, dass sich dadurch auch musikalisch der Horizont geweitet habe.

    Was aber antwortet Verena Keysers jenen Menschen, die ihr schreiben, dass sie ihre kulturelle Heimat verloren hätten? „Ich bitte sie, das Ungewohnt nicht reflexhaft abzulehnen, sondern sich erst einmal einzuhören und dem neuen Profil von RBB Kultur eine Chance zu geben.“ Mit anderen Worten: Macht euch mal locker!

    Interessant wäre im Zusammenhang mit dieser Wer-spielt-was-für-wen-Debatte folgendes Gedankenspiel: Was würde wohl passieren, wenn Radio Eins, der Sender „nur für Erwachsene“, der so stolz auf seinen anspruchsvolle Rock-Pop-Mix ist, von der RBB-Intendanz gebeten würde, aus Gründen der ästhetischen Barrierefreiheit regelmäßig auch Schlager von Helene Fischer und Andrea Berg zu spielen?

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