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Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren, müssen Männer mit Bärten sein. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die haben Bärte. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die fahren mit.

  • Ist das (die Zukunft der) Kunst oder kann das weg?
    https://ada-magazin.com/de/ist-das-die-zukunft-der-kunst-oder-kann-das-weg

    Endlich haben Künstler:innen einen Weg gefunden, ihre Rechte an digitalen Bildern, Liedern und Schriften zu wahren: Non Fungible Tokens. Ob die sich durchsetzen, hängt vor allem davon ab, ob unser Geldsystem auf Dauer über Krypto-Technologie funktioniert.

    Mit der Kunst ist es im Digitalen bisher ja so einfach wie unerfreulich: Künstler:innen haben unbegrenzten Platz, ihre Kunst zu verbreiten. Und brauchen unendlich viel Frustrationstoleranz, um daran etwas zu verdienen. Entweder gibt es gar kein Geld. Oder sie treten ihre Rechte an Plattformen ab, dann gibt es sehr wenig Geld.

    Ersteres liegt an einem sehr einfachen ökonomischen Grundsatz: da sich Kunst digital nicht verknappen lässt, Verknappung von Gütern aber Voraussetzung für deren Bepreisung ist, gibt es eben nichts außer Spenden.

    Zweiteres liegt am ungleichen Größenverhältnis: Weil die Plattform, die über Zugang zu Musik oder Text entscheiden kann, in der Regel sehr groß ist, gibt sie den Preis vor. Man kennt das von Spotify. Oder iTunes. Oder Amazon. Plattformen, die Kunst ungeahnte Reichweiten bescherten, von denen aber nur extrem wenige Künstler:innen profitierten.

    Für beide Probleme gibt es nun eine Lösung: Non Fungible Token. Ein über die Blockchain laufendes Verschlüsselungssystem, das auch Kunst eindeutig als Besitz erkennbar macht, so verknappt und Künstler:innen die Kontrolle über ihre Kunst ermöglicht.

    Und was haben die NFTs nicht schon für Euphorie erzeugt: So verkaufte Twitter-Erfinder Jack Dorsey seinen ersten Tweet für 2,9 Millionen Dollar als NFT. Die NBA wiederum verkauft mit dem Projekt „Top Shot" Basketball-Sammelkarten als NFT, denen wiederum jeweils eine spezifische Spielszene als Video zugeordnet ist. Den bisher größten Erlös schaffte der Künstler Mike Winkelmann, alias Beeple. Anfang März zahlte ein Kunde für eine von ihm erstellte Collage aus 5000 Grafiken 69,3 Millionen Dollar. Mike Winkelmann ist nun der drittwertvollste lebende Künstler.

    Der Künstler und Forscher Mat Dryhurst sieht deswegen schon eine Revolution der Kunst im Internet auf uns zukommen: „Wir sind es gewohnt, uns in einem zentralisierten Internet zu bewegen, dem Web 2, in dem ein paar Designer in Kalifornien Entscheidungen treffen, die eigentlich nur zum Vorteil von Facebook oder Twitter sind“, sagt er. Und entwirft als Gegenmodell dazu gleich ein Web 3, das mit Hilfe der NFT-Kunst entstehe. Ein dezentrales Internet, bei dem nicht mehr wenige Plattformen über Bezahlung oder Nicht-Bezahlung entscheiden. Sondern jede:r. Es wäre fast ein alter Traum der Arbeiter:innen-Bewegung ins digitale Jahrhundert übertragen: diejenigen, die etwas erschaffen, bekommen nicht nur den entstandenen Wert – sondern bestimmen auch, wo es künftig lang geht.

    Aber ist das wirklich realistisch? Zeugen die Millionen, die derzeit in das Geschäft mit NFT-codierten Werken fließen, wirklich von einem Epochenwandel – oder erleben wir einen erneuten Hype?

    Nun: Die Wahrheit wird wohl irgendwo in der Mitte liegen: NFT-Kunst wird Künstler:innen, die bisher schon keine Reichtümer ersungen, erdichtet oder ermalt haben, auch künftig keine bescheren. Sie werden gleichzeitig aber auch aus der Welt der Kunst nicht einfach wieder verschwinden. Ersteres liegt an einer ziemlich plausiblen ökonomischen Betrachtung. Zweiteres an einem größeren technologischen und wirtschaftlichen Trend: der zunehmenden Kryptisierung der weltweiten Geld- und Anlagemärkte.

    Wie NFTs funktionieren

    Treten wir einen Schritt zurück und schauen, wie sich im Kunstmarkt bisher Preis und Wert bildeten. Da stellen wir zum einen fest: den Kunstmarkt gibt es überhaupt nicht. Während sich bei Musik und Literatur eher eine Art Angebot-und-Nachfrage-Logik bildete, die am Ende über den Wohlstand der Erschafferin dieser Kunst entscheidet, ist es bei gemalter Kunst schwieriger: Über ein schwer zu definierendes System, bei dem Geschmack, Verfügbarkeit, Zeitgeist und einiges mehr eine Rolle spielen, bildet sich in der analogen Welt am Ende ein Preis heraus.

    Und das scheint vor allem das Anwendungsfeld auch für NFT-codierte Kunst zu sein. Mit NFTs lässt sich zunächst einmal alles handeln, was virtuell verfügbar ist. Nicht nur Bilder und Videokunst, auch Szenen aus dem Sport, virtuelle Gegenstände aus Computerspielen, Cartoons. Selbst simple Twitter-Nachrichten lassen sich in Token verwandeln – und zu Geld machen. NFT ist letztlich eine „nicht austauschbare Wertmarke“, ein Besitzzertifikat für etwas Digitales. Sie werden fälschungssicher in einer Wallet auf einer Blockchain hinterlegt. Die Zertifikate beziehen sich auf die jeweilige Originaldatei. Diese jedoch sind dadurch, anders als die Zertifikate, nicht kopiergeschützt. Die zertifizierten Dateien lassen sich so vervielfältigen wie jede digitale Datei, aber nur den NFT-Besitzerinnen und -besitzern „gehört“ das jeweilige Original. Wobei „gehört“ angesichts der Flüchtigkeit des Objektes ein noch zu definierender Begriff in diesem Zusammenhang wäre.

    Die Tücken der Technologie

    Die Technologie sollte es Künstler:innen ermöglichen, die Kontrolle über ihre Werke auszuüben und sich stärker gegen andere zu schützen. Man muss sich das ein wenig so vorstellen, wie einen Auktionskatalog in der herkömmlichen Welt: Es gibt ein gewisses Maß an Sicherheit über die betrachtete Arbeit. Mit einem gravierenden Unterschied: Aus dem Auktionskatalog kann ich als Sammler:in das Werk im Original kaufen. Bei NFTs geht das schon technisch nicht. Wer ein NFT kauft, erhält nicht das eigentliche digitale Kunstwerk. Er oder sie kauft einen Link, der wiederum auf eine Datei verweist, die im Prinzip kryptotechnisch abgesichert digital codiert ist. Was passiert aber, wenn die Domain dieses Links in zehn Jahren verschwunden ist? Was, wenn Erb:innen in vier Jahrzehnten auf das Kunstwerk zugreifen wollen?

    Alle gängigen NFT-Plattformen teilen heute einige dieser Schwächen. Sie hängen davon ab, dass ein Unternehmen im Geschäft bleibt. Sie hängen ebenfalls davon ab, dass sich die Blockchain-Technik auf Dauer hält, damit ein Kunstwerk nicht plötzlich verschwindet. „Im Moment bauen NFTs auf einem absoluten Kartenhaus auf, das von den Verkäufern konstruiert wurde", schreibt der Softwareentwickler Jonty Wareing auf Twitter.

    Werte in einer abgeschotteten Blase

    Weswegen sich ein anderer Verdacht aufdrängt: die hohen Werte für NFT-codierte Kunst entstehen, weil diese Kunst in einem sehr begrenzten, aber sehr werthaltigen Raum stattfindet. In den letzten zehn Jahren hat sich die Blockchain zu einem Zufluchtsort für Menschen entwickelt, die einen anderen Ort für ihre – wie auch immer erwirtschafteten - Vermögen suchen. Für Milliardär:innen weltweit ist dies nur eine Alternative zum Parken ihres Geldes in Immobilien, Wein, Oldtimer oder ähnliches. Sie können stattdessen Geld in Blockchain-basierten Kryptowährungen belassen, die an Wert gewinnen, solange Menschen Bitcoin oder Ethereum schneller kaufen, als das Gesamtangebot und die Möglichkeiten, diese Kryptowährung wiederum auszugeben, steigen. Denn eine große Herausforderung besteht darin, dass die Blockchain – neben ungelösten ökologischen Problemen wegen der energieaufwendigen Verschlüsselung – derzeit kaum praktische Anwendungsfelder hat. Theoretische Anwendungen gibt es zuhauf, aber wer nutzt wirklich eine Blockchain-Technologie im Alltag? Mehr als ein Jahrzehnt, nachdem die Technik zum ersten Mal die Aufmerksamkeit von Technikfreaks auf sich gezogen hat, ist keine einzige populäre Anwendung auf diese Technologie angewiesen. Mit einer Ausnahme: Apps für den Handel mit Kryptowährungen. Das Ergebnis ist eine fast hermetisch abgeschlossene Wirtschaft, deren Währungen nur existieren, um gehandelt zu werden und zu Derivaten ihrer selbst zu werden.

    Es gibt also sehr viele Menschen, die Krypto-Milliardär:innen sind, außerhalb der Kryptowelt aber quasi kein Geld zur Verfügung haben. Sie können ihre Krypto-Werte kaum irgendwo einlösen. Sie können keine Immobilien mit Kryptowährung kaufen. Sie können damit keine Yachten kaufen. Das einzige Hobby für Reiche, an dem sie mit ihrem Kryptowealth teilnehmen können, ist der Kauf von Kunst.

    Oder anders formuliert: Bisher sind in dieser Welt die gesammelten Guthaben an Kryptowährungen größer, als die Möglichkeiten sie einzusetzen. Es passiert, was auch in der analogen Welt seit einigen Jahren passiert: Weil zu viel Geld da ist, das keine sinnvolle Verwendung findet, fließt es eben in Kunst. Sprich: Die exorbitanten Preise für Krypto-Kunst hängen 1:1 an der Nicht-Massenverfügbarkeit von Kryptowährungen. So viel zum demokratisierenden Effekt der Technik in der Kunst.

    Das sagt im übrigens nichts über die Zukunftsfähigkeit der NFT-Technologie aus. Sowie die Zukunft der Blockchain etwa nicht am Bitcoin hängt, der ja nur eine Anwendungsmöglichkeit ist, hängt die Zukunft der NFT nicht unbedingt am Einsatz der Technologie im Kunstmarkt. Kryptoabgesicherte Verschlüsselung von digitalen Gütern ergibt nicht nur für Kreative einen Wert. Nicht umsonst sagt Sebastian Blum vom Krypto-Investor Greenfield One aus Berlin: „NFT-basierte Geschäfte sind immer mehr im Kommen.“ Die Frage ist eben nur: Als Demokratisierungs-Tool der Kunst-Szene?

    „Ich möchte das optimistische Ideal hinter NFTs nicht loslassen“, fasst Anil Dash, der an der Entwicklung früher NFTs beteiligt war, zusammen. „Aber in meiner Arbeit als Technologe wurde mein Optimismus oft von Opportunisten zunichte gemacht, die nach dem Start einer Technologie hereinstürmten. In den Anfängen der digitalen Musik sollte das Aufkommen von MP3s und neuen Vertriebssystemen es Künstlern ermöglichen, direkt an Fans zu verkaufen. In den Anfängen der sozialen Medien entwickelten Unternehmen Blogging-Technologien mit dem Versprechen, dass Autoren direkt mit ihren Lesern kommunizieren können. Dieses Muster spielte sich in der Industrie nach der Industrie ab.“

    Krypto-Kunst auf Dauer nur mit Krypto-Werten

    Es spricht also einiges dafür, dass der Effekt von NFTs auf die analoge Kunstwelt nach einem kurzen Hype womöglich überschaubar bleiben wird. Man sollte die NFTs in der Kunst aber dennoch nicht abtun – das liegt allerdings eher an der systemsprengenden Kraft der Krypto-Technik als an ihrem künstlerischen Wert. Denn tatsächlich ist es ja derzeit so: Während Kryptowährungen zwar den Durchbruch in die breite Masse des Geschäftslebens nicht schaffen, explodiert zum einen dennoch der Wert der weltweit gehandelten Kryptowährungen und zum anderen entsteht ein komplettes Krypto-Wertesystem.

    Derzeit wirkt das vor allem wie eine Spiegelung der „realen“ Finanzarchitektur: Es gibt Krypto-Währungen, Krypto-Börsen, Krypto-Anlageklassen und in der Schweiz arbeitet derzeit das Börsen-Start-up SDX sogar gemeinsam mit verschieden Zentralbanken an Krypto-Zentralbankgeld. „Wir reden darüber, neue Märkte zu bilden“, sagt dessen Vorstandschef Tim Grant über die verschiedenen Möglichkeiten, mit Hilfe von Krypto-Technologie die Geld-Welt zu verändern. Es ist also sozusagen nur die Vervollständigung dieses Krypto-Wertesystems, wenn es nun auch Krypto-Kunst als Anlageklasse gibt.

    Die Frage wird also nicht sein: Setzt sich Krypto-Kunst, wie NTFs sie garantiert, durch? Sondern die Frage wird sein: Werden dauerhafte Krypto-Technologien wie die Blockchain den internationalen Werte-Austausch und Handel organisieren? Dann hätte die NFT-Kunst tatsächlich eine große Zukunft – als Anlage- und Liebhaberobjekt, wie wir es schon aus der heutigen Welt kennen. Mit Demokratisierung von digitaler Kunst aber hätte das wenig zu tun.

    #NFT #art #capitalisme #auf_deutsch