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  • Aus für Kliniken in der Pandemie :- Auch in Berlin: Krankenhäuser trotz Corona geschlossen
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/auch-in-berlin-krankenhaeuser-trotz-corona-geschlossen-li.201836

    Berlin - Sie wollen weiter kämpfen, denn sie hoffen, dass das Wenckebach-Krankenhaus in Tempelhof erhalten bleibt. Auch wenn schon Teile des Grundversorgers mit seinen mehr als 400 Betten bereits in die Auguste-Viktoria-Klinik im benachbarten Steglitz umgezogen sind. Ein großer Komplex mit rund 1000 Betten soll dort entstehen, schrittweise bis 2028. „Die Finanzierung der Neubauten ist zu großen Teilen nicht gesichert“, sagt Charlotte Rutz-Sperling. Sie ist Ergotherapeutin und Vertrauensfrau der Gewerkschaft Verdi im Wenckebach-Krankenhaus, sie spricht für eine Initiative, die sich für den Erhalt der stationären Versorgung in Tempelhof einsetzt. Für den 21. Januar haben sie die nächste Aktion geplant und dazu auch Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) eingeladen.

    Die Anlage ist in die Jahre gekommen. „Die Sanierung ist zu teuer, wird gesagt“, berichtet Rutz-Sperling und gibt damit die Argumente des Vivantes-Konzerns wieder. „Kein Wunder, denn das Land Berlin hat das Krankenhaus kaputtgespart und sich geweigert, der gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen, 100 Prozent der Investitionskosten zu übernehmen.“ Zwischen 90 und 100 Betten seien derzeit gesperrt. „Nur wegen Personalmangel?“, fragt Rutz-Sperling, eine rhetorische Frage. Die Sorge treibt sie und andere um, dass das vom Senat angestoßene Projekt „Gesundheitsstadt Berlin 2030“ zu einem Bettenabbau führe. Tatsächlich sieht der Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung vor, integrierte Versorgungszentren in einzelnen Stadtteilen zu errichten. Auch das Wenckebach soll in Zukunft ambulante Aufgaben übernehmen.

    Merkwürdig mutet an, was derzeit in der stationären Versorgung hierzulande passiert. Ärzte schlagen Alarm, weil sie die nächste Infektionswelle mit Sars-Cov-2 anrollen sehen, weil die Virus-Variante Omikron das Gesundheitssystem an seine Grenzen und darüber hinaus treiben könnte. Gleichzeitig werden in Deutschland Kliniken geschlossen. In diesem Jahr gingen neun Häuser vom Netz, 22 Teilschließungen verzeichnet das Bündnis Klinikrettung, zu dem auch Rutz-Sperlings Initiative gehört. 814 Betten seien verloren gegangen, rechnet das Bündnis vor, 1226 Beschäftigte betroffen.
    Langes Warten in der Notaufnahme

    Für weitere 31 Krankenhäuser ist das Aus beschlossen, 19 weitere könnten bedroht sein. Hotspots des Abbaus sind die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen. Das Bündnis Klinikrettung stützt sich auf die Daten des Statistischen Bundesamtes. Demnach wurden zwischen 1991 und 2021 rund 49.000 Betten bundesweit abgebaut. Und noch eine aktuelle Kenngröße, auf die Laura Valentukeviciute für das Bündnis verweist: „37 Prozent aller Krankenhäuser sind Fachkliniken, 716 Einrichtungen, die nicht an der Versorgung von Corona-Patienten beteiligt sind“, sagt die Aktivistin.

    Zwischen 2019 und 2024 sollen zwei Milliarden an Steuermitteln in einen Fonds fließen, eine Milliarde wurde zwischen 2016 und 2018 bereits ausgeschüttet. Gefördert wird damit ein Strukturwandel, der zu größeren Versorgungszentren führt. Die Schließungen konzentrierten sich auf Ballungsräume mit einem dichten Netz von Kliniken, hat der einstige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) dazu mitgeteilt.

    Im Ballungsraum Berlin scheinen SPD, Grüne und Linke dem Thema nicht die höchste Priorität einzuräumen; jedenfalls befassen sich nur wenige Seiten des Koalitionsvertrages mit Gesundheit. Einige Punkte seien vage formuliert, findet die Berliner Krankenhausgesellschaft (BKG). Ihr Geschäftsführer Marc Schreiner sagt: „Die Berliner Krankenhäuser müssen eine moderne Infrastruktur bieten und den Fachkräftebedarf sichern. Sie wollen mehr digitale Anwendungen und sie wollen nachhaltiger werden. Die im Koalitionsvertrag angekündigte Erhöhung der Fördermittel für alle Kliniken kann eine Grundlage zur Lösung dieser Aufgaben sein – auch mit Blick auf eventuelle Sonderförderungen für Klimaschutz.“ Die BKG hat errechnet, dass die Kliniken der Stadt einen Bedarf an Investitionen in Höhe von zusammen 350 Millionen Euro haben – pro Jahr.

    Was sich hinter dem Wort Investitionsstau bei Kliniken verbirgt, wissen diejenigen, die in Berlin schon mal die Dienste einer Notaufnahme in Anspruch nehmen mussten, nämlich: lange Wartezeiten und Pflegepersonal am Limit. Charlotte Rutz-Sperling formuliert es für das Wenckebach-Krankenhaus so: „Die Rettungsstelle läuft über.“