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  • Giffeys zweite Reihe: Berlins Staatssekretäre
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berlins-zweite-reihe-giffeys-staatssekretaere-li.202090

    Mal sehen, mit wem wir es da zu tun kriegen.

    Donnerstag 23.12.2021 von Elmar Schütze - Als Franziska Giffey am Dienstag zur Regierenden Bürgermeisterin gewählt wurde und dann den Amtseid sprach, hatte sie Unterstützung aus alleroberster Reihe. Auf der Besuchertribüne saß ihre Familie, die aus Briesen bei Frankfurt (Oder)
    angereist war, aus Berlin war unter anderem – und ausnahmsweise – ihr zwölfjähriger Sohn dabei. Sie alle klatschten eifrig, als Giffey gewählt wurde.

    Unterstützung aus der allerobersten Reihe kann natürlich jeder zu jeder Zeit gebrauchen, doch auch die zweite Reihe zählt. In der politischen Erzählung ist diese „zweite Reihe“ die Riege der Staatssekretäre. Sie sind diejenigen, die „ihren“ Senatoren die Kärrnerarbeit abnehmen, in den Themen drin sind, Entscheidungen unterschriftsreif vorbereiten, im Zweifel auch dahingehen, wo es stinkt und knallt und nicht nur dorthin, wo Bänder durchzuschneiden sind.

    Am Donnerstag werden diese Helfer, die meistens nicht im Scheinwerferlicht stehen, ins Amt eingeführt. Bei einem Blick auf das Tableau dieser insgesamt 25 Personen fallen einige besonders auf: In den SPD-Ressorts sind dies Severin Fischer, Tino Schopf und Ralf Kleindiek.

    Severin Fischer ist seit Jahren Giffeys engster Vertrauter. Er stand ihr schon im Bundesfamilienministerium zur Seite. Zur Belohnung wird er jetzt Chef der Senatskanzlei.

    In der Wirtschaftsverwaltung wird der Verkehrspolitiker Tino Schopf zuständig für den Bereich Energie und Betriebe – und damit auch die BVG. Ihn deswegen als „Mister U-Bahn von Berlin“ vorzustellen, wie es Franziska Giffey tat, ist aber sicher zu viel der Ehre. Bei einem Neubau wird nichts ohne die Grün-geführte Verkehrs-, oder wie es neuerdings heißt, Mobilitätsverwaltung gehen.

    Eine besondere Stellung unter den SPD-Leuten fällt Ralf Kleindiek zu. Das hört man schon am Titel. Der 56-Jährige wird Chief Digital Officer im Rang eines Staatssekretärs in der Innenverwaltung. Giffey lobte den Westfalen, der von der Boston Consulting Group in den Senat wechselt, als „Mensch der ersten Stunde, was Digitalisierung der Verwaltung angeht“. Im Bundesfamilienministerium gaben sich die beiden quasi die Klinke in die Hand. Er ging, als sie kam. Doch die Verbindung riss nicht ab. Jetzt soll Kleindiek die Berliner Verwaltung modernisieren, was auf eine massive Digitalisierungsoffensive herauslaufen muss.

    Auch bei den Grünen fallen Namen ins Auge. So holt sich Bettina Jarasch ihren bisherigen Sprecher Markus Kamrad in ihr Riesenressort Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz. Zwar sind beide bisher nicht durch fachliche Expertise aufgefallen, doch sie können sich aufeinander verlassen. Kamrad wird Staatssekretär für Verbraucherschutz mit der Zusatzbezeichnung „Amtsleiter“. Die Abteilungen Umwelt und Mobilität werden von Fachleuten besetzt, die außerhalb des innersten Politikzirkels in Berlin keiner kennt.

    In der mit Wissenschaft aufgepimpten Gesundheits-, um nicht zu sagen Corona-Verwaltung, unter der in Berlin völlig unbekannten Senatorin Ulrike Gote wird ein Mann vom Fach Staatssekretär: Thomas Götz ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen. Allerdings muss auch Götz umsatteln. So ist er seit fünf Jahren Landesbeauftragter für Psychiatrie und zugleich Leiter des Referates Psychiatrie, Sucht und Gesundheitsvorsorge in der Senatsverwaltung.

    Bei den Linken fällt auf, dass Starimport Katja Kipping erst einmal aufräumt. So ist Alexander Fischer, hochgelobter Staatssekretär in der Verwaltung Integration, Arbeit und Soziales, nur noch für „Arbeit“ zuständig. „Soziales“ verliert er an Wenke Christoph, die von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen – das die Linke bekanntlich an die SPD verloren hat – an die Oranienstraße wechselt. „Integration“ macht Christoph gleich noch mit.

    Und bei Saraya Gomis wird unter anderem interessant sein, wie lange sie durchhält. Die neue Staatssekretärin für Vielfalt und Diskriminierung in der erstmals linksgeführten Justizverwaltung hatte schon einmal einen gesellschaftspolitisch brisanten Job: Sie war ab 2017 Antidiskriminierungsbeauftragte für Schulen, angesiedelt bei der Bildungsverwaltung. Nach einem nie öffentlich aufgearbeiteten Streit um Rassismus und mangelnde Unterstützung warf Gomis nach nicht einmal drei Jahren hin. Da ist es sicher ein kluger Schachzug von Neu-Senatorin Lena Kreck, Daniela Brückner im Dienst zu belassen. Die Staatssekretärin für Justiz arbeitete in dieser Funktion schon Vorgänger Dirk Behrendt (Grüne) zu.

    Eine Menge neuer Namen also für jede Menge Arbeit. Bei so viel Stühlerücken findet einer doch noch Zugang zum neuen Parlament, dem er nach der Wahl im September überraschend gar nicht mehr angehört hatte: Torsten Schneider, langjähriger Parlamentarischer Staatssekretär der SPD und in den vergangenen Wochen und Monaten als ministrabel für so ziemlich jeden Posten gehandelt, rückt für den „Mister U-Bahn“, Tino Schopf, ins Abgeordnetenhaus nach.

    Mit großer Sicherheit wird Schneider bei nächstbester Gelegenheit von seiner Fraktion erneut zum Parlamentarischen Geschäftsführer gewählt. Das wiederum bedeutet, dass der erst kürzlich – und in Schneiders unfreiwilliger Abwesenheit – dazu gekürte Sven Heinemann wieder einen Schritt nach hinten tun muss. Heinemann behält sein Abgeordnetenmandat und wird zusätzlich Landesgeschäftsführer seiner Partei.

    Im Gespräch mit der Berliner Zeitung war der Verkehrspolitiker Heinemann bemüht, das lieber als einen Schritt zur Seite darzustellen. Außerdem: „Torsten Schneider ist ein ganz wichtiger Mann in der Berliner SPD. Zwischen uns passt kein Blatt Papier.“ Na dann.