klaus++

Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren, müssen Männer mit Bärten sein. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die haben Bärte. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die fahren mit.

  • Jacobin mag à propos de Henry Kissinger - The Good Die Young
    https://jacobin.com/2023/11/henry-kissinger-cold-war-foreign-policy

    Lê Đức Thọ
    https://fr.m.wikipedia.org/wiki/L%C3%AA_%C4%90%E1%BB%A9c_Th%E1%BB%8D
    Son nom résonne dans mes souvenirs d’enfance comme celui du stratège germano-étatsunien.

    ... le comité Nobel a souhaité lui décerner le prix Nobel de la paix, conjointement avec Henry Kissinger, prix qu’il a refusé.

    Dans mes souvenirs Henry Kissinger est comme ce camarade de classe de mon père qu’on est venu chercher au milieu d’un cours qui n’est revenu qu’en 1945 en uniforme « américaine ». A Berlin-Ouest on considérait les juifs allemands devenus citoyens des États Unis comme garants de notre liberté malgré les persécutions qu’ils avaient subi par nos grand parents.

    Comment veux-tu que le commun des gens d’ici sois critique de l’OTAN ou d"Israël.

    puis ...
    Henry Kissinger : To Die at the Right Time
    https://jacobin.com/2023/11/henry-kissinger-to-die-at-the-right-time

    Kissinger and the South American Revolutions
    https://jacobin.com/2023/11/kissinger-and-the-south-american-revolutions

    Kissinger in Angola
    https://jacobin.com/2023/11/kissinger-in-angola

    Kissinger in Central America
    https://jacobin.com/2023/11/kissinger-in-central-america

    Kissinger in the Gulf
    https://jacobin.com/2023/11/kissinger-in-the-gulf

    Kissinger in Cambodia
    https://jacobin.com/2023/11/kissinger-in-cambodia

    Kissinger in Argentina
    https://jacobin.com/2023/11/kissinger-in-argentina

    Cette chanson parle de lui sans le mentionner.

    https://www.youtube.com/watch?v=loFDn94oZJ0&pp=ygUOQm9iIE1hcmxleSBXYXI%3D


    Bob Marley - WAR

    C’est le mérite de Bob Marley d’avoir informé une génération entière d’Allemands de l’Ouest sur la lutte anticoloniale et antiimpérialiste. Sans lui ce sujet n’aurait intéressé que les intellectuels de gauche notoires. Malheureusement l’écoute de sa musique se passait généralement dans les nuages de canbabis, ce qui a sans doute inhibé la prise de conscience politique de son public.

    #guerre #racisme #impérialisme #colinialisme #USA

  • Who Was Dr. Strangelove ?
    https://slate.com/news-and-politics/1999/03/who-was-dr-strangelove.html


    Nous avons donné nos meilleures têtes à l’Amérique.

    9.3.1999 - Stanley Kubrick died Sunday. Of all the film characters he created, perhaps none is as memorable as Doctor Strangelove.
    ...

    Many incorrectly suspect that Henry Kissinger was Kubrick’s model. While it is true that Kissinger had thick glasses and an even thicker accent, he was still a relatively obscure professor at Harvard in 1964 when the movie was released. (Kissinger didn’t became National Security Advisor until 1969.) Of course, we cannot rule out the possibility that Kissinger subsequently modeled himself, consciously or subconsciously, after Strangelove.

    America’s best-known nuclear strategist in 1964 was American-born Herman Kahn, a physicist, RAND Corporation think-tanker, and author of On Thermonuclear War. (Kahn’s most famous argument was that some people would probably survive a nuclear war.) In the movie, Strangelove mentions an association with the “Bland Corporation” and argues that nuclear war is survivable. Kahn himself allowed that the character was “part Henry Kissinger, part myself, with a touch of Wernher von Braun.”

    Von Braun, the rocket scientist, was probably the source for Strangelove’s poorly repressed Nazism. (Here’s an audio clip of the excited Strangelove mistakenly calling the President “Mein Fuhrer!”) Von Braun developed the V-2 during World War II for Hitler, emigrated to the USA to create rockets for NASA, and became something of national hero in the space agency’s heyday of the 1960s. Mort Sahl once quipped that von Braun’s autobiography I Aimed For the Stars should have been subtitled “but Sometimes I Hit London.”

    #USS #impérialisme #film #wtf

  • Rezension zu: Helmut Schmidt
    https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-24837

    Claudia Hiepel, Historisches Institut, Universität Duisburg-Essen - Die geradezu kultische Verehrung, die Helmut Schmidt in seinen letzten Lebensjahren in der Öffentlichkeit erfuhr, kontrastiert merkwürdig mit dem doch eher kritischen Bild während seiner Kanzlerschaft in den Jahren 1974–1982. Zwei biographische Arbeiten über den 2015 verstorbenen Bundeskanzler a.D. Helmut Schmidt gehen diesem scheinbaren Widerspruch nun aus unterschiedlichen Perspektiven auf den Grund.

    Kristina Spohr, Associate Professor für Internationale Geschichte an der London School of Economics, behandelt die acht Jahre seiner Kanzlerschaft und konzentriert sich dabei inhaltlich auf die globale Wirtschafts- und Sicherheitspolitik. Anhand umfangreicher Quellenrecherchen im Privatarchiv Helmut Schmidts wie in weiteren Archiven in Deutschland, Großbritannien und den USA liefert sie eine Analyse dieser beiden Pfeiler der Außenpolitik Schmidts. Sie setzt ihm postum ein Denkmal als „Weltkanzler“, der eine einflussreiche weltpolitische Rolle gespielt und Entwicklungen angestoßen habe, die in ihren Nachwirkungen bis in die Gegenwart hineinragen. Im Gegensatz zur positiven öffentlichen Wahrnehmung Schmidts werde seine Rolle jedoch von der wissenschaftlichen Forschung nicht hinreichend gewürdigt. Schon die zeitgenössische Rezeption seiner Kanzlerschaft fiel nicht uneingeschränkt positiv aus. Für den „SPIEGEL“ war Helmut Schmidt im Herbst 1982, kurz vor dem Misstrauensvotum im Bundestag, ein guter Kanzler mit schlechter Bilanz – sein ständiger Rivale Willy Brandt hingegen ein schlechter Kanzler mit guter Bilanz.[1] Die Wissenschaft verwehrte Schmidt laut Spohr zu Unrecht den Platz in der „hall of fame“ (S. 11) der ganz großen Kanzler der Bundesrepublik. Den meisten galt er als ,bloßer‘ Macher und Krisenmanager, aber nicht als eigenständiger Denker und Stratege. Selbst sein politischer Freund Henry Kissinger schrieb ihm lediglich die Rolle eines „Übergangskanzlers“ (S. 299) in einem schwierigen Krisenjahrzehnt zu, der aber nichts Bleibendes, nichts historisch Herausragendes hinterlassen habe.

    Aus Sicht Spohrs sind dies krasse Fehlurteile über einen Politiker, dessen Fähigkeiten und Qualitäten ihn weit über das Normalmaß hinaushoben. Schmidt war für die Autorin vielmehr einer derjenigen Kanzler, mit denen die kleine Bundesrepublik gleichsam in eine internationale Liga aufstieg, in der sie als nicht-nuklearer und halb-souveräner Staat eigentlich nicht als gleichberechtigter Mitspieler oder gar Spielführer vorgesehen war. Schmidts Expertise, seine außergewöhnliche Fähigkeit zu konzeptionellem Denken und die daraus resultierende politische Praxis weisen für Spohr „Merkmale echter Staatskunst“ auf (S. 16). Er habe als „Verteidigungsintellektueller“ und „Weltökonom“ brilliert; er sei der Zeit und den Zeitgenossen weit vorausgewesen, indem er die neuen Anforderungen erkannt habe, die die zunehmende Interdependenz der Staatenwelt in den 1970er-Jahren an die Nationalstaaten und ihre Akteure herantrug.

    Als Schmidt nach dem Rücktritt Brandts das Amt des Bundeskanzlers übernahm, war das drängendste Problem die globale Wirtschafts- und Währungskrise, verbunden mit dem Ende des Währungssystems von Bretton Woods 1973, dem Floating der Währungen, der Ölkrise 1973/74, Inflation und Arbeitslosigkeit. Die Krise der 1930er-Jahre vor Augen, sah Schmidt Demokratie und Weltfrieden gleichermaßen bedroht. Eine isolierte nationale Lösung hielt er angesichts der zunehmenden wechselseitigen Abhängigkeiten und Verflechtungen nicht für möglich. Weltwirtschaft wurde zur Kernaufgabe der Staats- und Regierungschefs der führenden Industrienationen, die erstmals 1975 in Rambouillet zu alljährlichen Gipfeltreffen zusammenkamen. Schmidt war maßgeblich an der Implementierung dieser Gipfel beteiligt, ein als Krisenmechanismus entstandenes multilaterales Forum, das bis heute Bestand hat und aus der internationalen Politik nicht wegzudenken ist. Das Europäische Währungssystem (EWS), das Schmidt mit dem französischen Staatspräsidenten Giscard d’Estaing initiierte und das die Wechselkursstabilität innerhalb der Europäischen Gemeinschaft sichern sollte, ist als Antwort auf die Krise der 1970er-Jahre zu sehen und zugleich als Vorgeschichte des Euro. Beides, G7-Gipfel und EWS, lassen sich mit einiger Berechtigung auf der Habenseite der Kanzlerschaft Schmidts verbuchen.

    Aber auch bei den großen sicherheitspolitischen Themen der Zeit ist die Sache für Spohr klar: Die von Schmidt lancierte NATO-Doppelstrategie könne als Vorgeschichte der Abrüstungsverhandlungen zwischen Gorbatschow und Reagan betrachtet werden und als „wichtiger Beitrag zur Entschärfung des Kalten Krieges“ (S. 17). Die „Staatskunst“ Schmidts basierte demnach auf einer Kombination aus intellektueller Durchdringung eines komplexen Gegenstandes und einer den Realitäten angemessenen, im Prinzip alternativlosen Strategie, die er in politische Entscheidungsmacht transformieren konnte. Ähnlich wie in ökonomischen Fragen habe Schmidt auch hier auf seine Kompetenz bauen können. Seit den 1950er-Jahren gehörte er zu den wenigen sicherheitspolitischen Experten in der SPD. Spohr spart wiederum nicht mit Superlativen: Als „Vordenker in Verteidigungsfragen“ sei Schmidt in der Bundesrepublik „konkurrenzlos“ gewesen (S. 77).

    Militärisches Gleichgewicht war das zentrale Credo von Schmidts sicherheitspolitischen Vorstellungen. Dieses sah er mit dem Beschluss der Sowjetunion zur Stationierung der SS 20-Raketen bedroht. Schon 1977 entwickelte er eine Doppelstrategie: Rüstungsbegrenzung war das Ziel, aber im Zweifel sollte die Aufstockung des Waffenarsenals erfolgen. Spohr kann anhand zahlreicher Äußerungen Schmidts nachweisen, dass dieser immer eine Null-Lösung bevorzugt hätte. Dennoch hielt er an einer „ziemlich mechanischen Vorstellung“[2] von militärischem Gleichgewicht fest, wonach die strategische Parität bei den Mittelstreckenwaffen nicht mehr gewährleistet sei und daher die westliche Seite nachziehen müsse. Diese Auffassung teilte man in der US-Administration durchaus nicht. Antworten auf die Modernisierung des sowjetischen Waffenarsenals hätte es auch jenseits der Stationierung neuer Raketensysteme gegeben, und das strategische Gleichgewicht war nicht zwangsläufig aus den Fugen geraten. Der NATO-Doppelbeschluss vom Dezember 1979 war daher vor allem das Ergebnis der beharrlichen Interventionen Schmidts.

    Neuland zu betreten ist bei diesem mittlerweile gut erforschten Thema schwierig. Spohrs Verdienst ist es, hier sehr tief in die Feinheiten der sicherheitspolitischen Implikationen einzelner Waffensysteme einzudringen. Die Autorin zeichnet zudem ein farbiges Bild der Gipfeldiplomatie, das mitunter beim Lesen das Gefühl hervorruft, mit am Verhandlungstisch zu sitzen. Allerdings birgt diese Erzählweise die Gefahr des Distanzverlustes, vor der Spohr leider nicht gefeit ist. Sie erzählt die Geschichte konsequent aus der Perspektive ihres Protagonisten. Der Bewunderung für Schmidt lässt sie dabei freien Lauf. Lediglich seine Launenhaftigkeit und Arroganz werden kritisch angemerkt (S. 312). Dass er damit maßgeblich für das zerrüttete Verhältnis zum US-Präsidenten Carter verantwortlich war, spricht nicht für seine „Staatskunst“.

    In einem Anflug von Überidentifikation übernimmt Spohr bestimmte Feindbilder Schmidts. Egon Bahr wird hier zum „Quälgeist“ (S. 123), der aus Eitelkeit und Opportunismus einen Proteststurm gegen Neutronenbombe und Nachrüstung inszenierte, den es ohne ihn nicht gegeben hätte. Dass Bahr und andere Kräfte in der SPD aus Überzeugung und aus einem anderen Sicherheitsverständnis heraus handelten, zieht Spohr nicht einmal in Erwägung, wie überhaupt der linke Flügel in der SPD und die Friedensbewegung nur als lästige Störfaktoren wahrgenommen werden. Von einer kritisch-reflektierenden Zeitgeschichtsschreibung wären differenziertere Urteile zu erwarten.

    Die Marginalisierung anderer Akteure gehört ebenfalls zu den Fallstricken biographischen Erzählens. Ohne die enge Kooperation und politische Freundschaft mit Giscard d’Estaing aber wären weder die G7-Gipfel zustande gekommen noch das EWS. Überhaupt waren Gipfeltreffen als Kriseninterventionsmechanismus nicht neu, sondern wurde bereits seit 1969 erfolgreich im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft angewandt. Und auch bei der NATO-Doppelstrategie spielten Giscard und der britische Premierminister Callaghan auf der Konferenz von Guadeloupe 1979 eine wichtige Rolle, als sie gemeinsam auf den US-Präsidenten einwirkten.

    Zuzustimmen ist Spohr, dass die „langen“ 1970er-Jahre keine bloße Übergangsperiode waren, sondern als eine Art Frühgeschichte der zweiten Globalisierung zu lesen sind, die von den Zeitgenossen wahrgenommen, aber noch nicht so bezeichnet wurde. Damit allerdings rennt man in der Forschung offene Türen ein. Helmut Schmidt spielte in diesem Kontext sicher eine wichtigere Rolle als bislang wahrgenommen. Ihn als „Weltkanzler“ derart herauszuheben schießt aber über das Ziel hinaus.

    Thomas Karlaufs Schmidt-Biographie tappt nicht in die biographische Falle. Ihm gelingt es, sich seinen Helden „vom Leib zu halten“ (Christian Meier), obgleich er Schmidt als dessen langjähriger Lektor auch persönlich sehr gut kannte. Er genoss das Vertrauen des Altkanzlers und hatte uneingeschränkten Zugang zum Privatarchiv und zu Schmidt selbst, mit dem er in ständigem Kontakt stand. Trotz dieser Nähe ist ihm ein ausgewogenes, nüchternes und facettenreiches, mitunter auch kritisches Porträt Schmidts gelungen.

    Es geht um die „späten Jahre“ vom Kanzlersturz 1982 bis zu Schmidts Tod, immerhin 33 Jahre, in denen Schmidt „außer Dienst“, aber in der Öffentlichkeit präsent war. Während dieser Zeit avancierte er zum Welterklärer und Idol der Deutschen, der sich gerade im letzten Jahrzehnt immenser Beliebtheit erfreute. Karlauf erzählt diese zweite Karriere Schmidts als Elder Statesman – ohne politisches Amt, aber nicht ohne politischen Einfluss. Karlauf sucht die Gründe und Hintergründe für diese einzigartige Rolle, die Schmidt als „Altkanzler“ in der Geschichte der Bundesrepublik auch nach seinem Sturz spielte. Der späte Ruhm speiste sich demnach aus zwei Quellen: zum einen aus der Sehnsucht der Deutschen nach Orientierung, zum anderen aus Schmidts besonderer Fähigkeit, auch komplizierte Dinge verständlich darzustellen und die langen Linien der Entwicklung im Blick zu haben.

    Das Zusammenspiel dieser Faktoren ergab sich nicht von allein, und Karlauf verfolgt die Genese in seiner chronologischen Darstellung. Nach dem Schock des Kanzlersturzes und dem Verlust der politischen Ämter gab es zunächst „Jahre der Zurückhaltung“ (1982–1990, Teil I), in denen Schmidt versuchte, mit sich und der Partei ins Reine zu kommen. Die Tätigkeit als Herausgeber bei der ZEIT half ihm, über den Bedeutungsverlust hinwegzukommen und die Basis für seine zweite Karriere zu legen. Es folgten „Jahre der Einmischung“ (1991–2003, Teil II), in denen Schmidt seine vielfältigen internationalen Netzwerke ausbaute und in verschiedenen Organisationen und Diskussionsforen Einfluss nahm auf die politischen Debatten. Erst spät beschritt er dann die „Wege des Ruhms“ (2003–2015, Teil III), die ihn zu dem unantastbaren Status führten, den er bis zu seinem Tod innehatte. Er besaß eine Autorität wie kaum ein anderer ehemaliger Politiker. Am ehesten wäre Brandt zu nennen, der aber als Parteivorsitzender noch lange nach seiner Kanzlerschaft auf ganz andere Weise in den politischen Betrieb eingebunden war. Sicher spielte auch Kohls Gegenwart eine Rolle, die Schmidts Vergangenheit gleichsam vergoldete (S. 199). Als „Kanzler der Einheit“ hätte Kohl seinem Vorgänger dennoch Konkurrenz machen können. Bezeichnenderweise aber begann der Aufstieg des einen Altkanzlers mit dem Abstieg des anderen im Zuge der CDU-Spendenaffäre um das Jahr 2000.

    Dass Schmidt sehr konsequent an seinem Bild für die Geschichtsbücher arbeitete, hat man immer schon geahnt. Wie intensiv, mit welchen Finessen und welcher Beharrlichkeit, das erhält man hier kenntnisreich und überzeugend belegt. Seine mehrbändigen, vielgelesenen Memoiren, die in jahrelanger sorgfältiger Arbeit entstanden, sollten ebenso dazu beitragen wie alle anderen schriftlichen und mündlichen Äußerungen Schmidts. Seine Geschichtsdeutung begann bereits mit seinem Sturz 1982. Schon hier ließ er sich, obwohl in der Defensive, das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen und arbeitete an dem Bild vom „Verrat“ der FDP. Tatsächlich waren es die auseinanderdriftenden wirtschaftspolitischen Vorstellungen in der Krise, die den sich lange ankündigenden Sprung der FDP begründeten. Vor allem aber ging es Schmidt darum, die SPD unbeschädigt aus der Krise herauszubringen. Es war die Version der CDU, dass der Kanzler an seiner eigenen Partei gescheitert sei – eine Auffassung, die im Übrigen bei Kristina Spohr durchklingt. Das Leiden an der störrischen, von Linkskräften dominierten SPD, die dem eigentlich vernünftigen und alternativlosen Kurs des Kanzlers nicht habe folgen wollen, ist bei Spohr eine ständig durchklingende Melodie. Karlauf dagegen weist in diesem Zusammenhang auf eine Selbstverständlichkeit hin: Die Partei ist ein Ort der politischen Willensbildung und insofern nicht zu übergehen oder abzutun. Das war auch Schmidt bewusst, der intensiv für seinen Kurs warb – mit dem Ergebnis, dass die SPD ihm auf dem Parteitag im April 1982 durchaus (noch) folgte. Die eigentliche Zerreißprobe blieb Schmidt erspart, denn die definitive Entscheidung über den zweiten Teil des Doppelbeschlusses, die Stationierung, stand erst im Herbst 1983 an. Hier wäre die Partei Schmidt vermutlich in der Tat nicht mehr gefolgt. Dass die SPD aber auch später das Ende des Kalten Krieges nicht ihm, sondern der Friedenspolitik Brandts zuschrieb, schmerzte ihn sehr.

    Schmidt wollte nicht als Krisenmanager oder Übergangskanzler in die Geschichte eingehen, sondern als Europapolitiker, als Weltökonom und Sicherheitsexperte. Kristina Spohr leitet dieses Bild aus der „realen“ Außenpolitik seiner Kanzlerjahre ab. Thomas Karlauf macht hingegen deutlich, wie sehr diese Sicht das Ergebnis einer retrospektiven Geschichtskonstruktion ist. Ob das Krisenmanagement bei der Sturmflut in Hamburg 1962 oder Schmidts Geradlinigkeit gegenüber dem Terror der Roten Armee Fraktion dieses gewünschte Narrativ nicht doch am Ende überlagern werden, muss die Zukunft zeigen.

    Spohr, Kristina: Helmut Schmidt. Der Weltkanzler. Aus dem Englischen von Werner Roller. Darmstadt 2016 : Theiss Verlag, ISBN 978-3-8062-3404-6 384 S., 17 SW-Abb. € 29,95

    Karlauf, Thomas: Helmut Schmidt. Die späten Jahre. München 2016 : Siedler Verlag, ISBN 978-3-8275-0076-2 555 S. € 26,99

    Anmerkungen:
    [1] Wolfram Bickerich, Dreizehn Jahre geliehene Macht, in: SPIEGEL, 27.09.1982, S. 40–56, hier S. 40, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14353616.html (07.06.2017).
    [2] Wilfried Loth, Die Rettung der Welt. Entspannungspolitik im Kalten Krieg 1950–1991, Frankfurt am Main 2016, S. 205.

    #Allemagne #histoire #politique #SPD #social-démocrates #biographie

  • Die Welt : Sabine Pamperriens Biografie wird Helmut Schmidt nicht gerecht
    https://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article135130653/So-eine-Biografie-verdient-Helmut-Schmidt-nicht.html

    Helmut Schmidt avait vingt ans en 1935 et trente en 1945. Il fait partie de le génération qui a rendu possible la guerre allemande et les méfaits des nazis. Le journaliste du journal de droite Die Welt pense au contraire que les allemandes de l’age de H.S. étaient trop jeunes pour être responsables de quoi que ce soit. Le mensonge national sépare toujours la majorité conservatrice des provinces allemandes de leurs compatriotes oeuvrant pour le progrès social et la paix dans le monde. Pour la droite une biographie critique de la jeunesse du grand homme ne peut contenir que de fausses dénonciations.

    He’s the one who gives his body as a weapon of the war
    And without him all this killing can’t go on.

    Buffy Sainte-Marie, Universal Soldier , 1964

    8.12.2023 von Sven Felix Kellerhoff - Die Journalistin Sabine Pamperrien wollte den Erfahrungen Helmut Schmidts im Zweiten Weltkrieg nachforschen. Doch ihr Buch geht an der Wirklichkeit des Lebens im Nationalsozialismus weit vorbei.

    Exakte Erinnerung gehört nicht zu den allergrößten Stärken von Helmut Schmidt. Und das liegt keineswegs nur an seinem Alter von inzwischen fast 96 Jahren – Geburtstag feiert der mit weitem Abstand beliebteste Ex-Politiker der Deutschen kurz vor Weihnachten. Bekanntermaßen hat der Altkanzler die Neigung, unangenehme Dinge tatsächlich oder angeblich zu vergessen. Legendär ist sein Satz „Das erinnere ich nicht!“ in Interviews, wenn es etwa um den Preis für die Erlaubnis geht, die deutschen Geiseln 1977 aus der Lufthansa-Boeing in Mogadischu zu befreien.

    Erstaunlich deshalb, dass die Journalistin Sabine Pamperrien in ihrer jetzt erschienenen Biografie „Helmut Schmidt und der Scheißkrieg“ über sein Leben in den Jahren 1918 bis 1945 mit dem Gegenteil der bekannten Tatsache einsteigt: „Schmidt ist berühmt für sein glänzendes Gedächtnis“.

    Schon bald zeigt die Lektüre, dass die Autorin diese falsche Prämisse unbedingt braucht. Denn ihr Buch besteht wesentlich aus der Konfrontation von Schmidts zahlreichen Äußerungen über seine Jugend und Soldatenzeit mit in Akten überlieferten Darstellungen.

    Das ist keineswegs grundsätzlich illegitim. In Pamperriens Fall jedoch war es zugleich die einzige Möglichkeit, ihr Projekt zu vollenden. Denn offenbar entzog der Protagonist der Autorin die Unterstützung, als er erkannte, in welche Richtung die Biografie sich entwickelte.
    Sabine Pamperrien: Helmut Schmidt und der Scheißkrieg. Die Biografie 1918 bis 1945. Piper Verlag München. 352 S., 19,99 Euro.

    Sabine Pamperrien: Helmut Schmidt und der Scheißkrieg. Die Biografie 1918 bis 1945. Piper Verlag München. 352 S., 19,99 Euro.

    Quelle: Piper Verlag

    Jedenfalls gibt Pamperrien offen zu: „Trotz anfänglich positiver Signale“ zu ihrem Buchprojekt habe Schmidt „nicht zur Beseitigung von Widersprüchen und Unklarheiten“ beigetragen. „Alle an ihn gerichteten Fragen und Bitten um Stellungnahmen blieben unbeantwortet.“

    Wer das Ergebnis betrachtet, versteht warum. So hält die Autorin fest: „Klare Strukturen und Ordnungen, Kameradschaft als Einstehen für den anderen, Fürsorge für den Schwächeren: das sind die Werte, die Helmut Schmidt im Innersten prägen.“ Das stimmt sicher, und es ist uneingeschränkt positiv.

    Bei Pamperrien aber liest es sich unangenehm ähnlich wie der infame Vorwurf des damaligen SPD-Nachwuchsstars Oskar Lafontaine. Der hatte Schmidt 1982 „Sekundärtugenden“ vorgeworfen, mit denen man „auch ein KZ betreiben“ könne.

    Zwar schreibt die Autorin, die bisher lediglich zwei Bücher über die Rezeption von Heiner Müllers Werken und über den DDR-Schriftstellerverband veröffentlicht hat: „Verwunderlich ist, wie schwer Schmidt sich mit seiner eigenen Geschichte tut, obwohl kaum jemand seiner Generation (und schon gar nicht ihm, zu Recht) die Verstrickung zum Vorwurf macht.“

    Doch beim Lesen des Buches stellt sich ein anderer Eindruck ein. Seite für Seite treffen den Altkanzler Vorwürfe wegen seines Lebens während des NS-Regimes und des Zweiten Weltkrieges. Fast genauso häufig wundert man sich über die nicht offen ausgesprochene, aber stets zu spürende Unterstellung, Schmidt habe seine eigene Vergangenheit bewusst verbogen.

    Schmidts Erinnerung entspricht in mehr als einem Detail nicht der Aktenlage

    Etwa 20 Seiten des Kapitels „Hitler-Jugend“ sind den „Widersprüchen“ gewidmet, eingeleitet von gleich zweimal derselben These: Schmidt erinnere sich falsch. Mal heißt es „an eine andere Version“, mal: „Schmidts Erinnerung entspricht in mehr als einem Detail nicht der Aktenlage.“

    Zum Problem wird diese schlichte Banalität nur, weil Pamperrien eingangs zu Unrecht das vermeintlich hervorragende Gedächtnis des Altkanzlers so sehr gelobt hat. Es wäre von jedem Menschen zu viel verlangt, dass er sich Einzelheit für Einzelheit an die Version seines Lebens erinnert, die etwa in Schul- oder Sportvereinsakten steht. Die übrigens auch nicht immer die reine Wahrheit enthalten.

    Ist Helmut Schmidt nun freiwillig oder unfreiwillig in die Hitler-Jugend eingetreten? Aus der zeithistorischen Forschung ist bekannt, dass auf Jugendliche in den 1930er-Jahren ein hoher Konformitätsdruck lastete. Und Schmidt hat ja auch selbst eingeräumt, zeitweise fasziniert gewesen zu sein vom Nationalsozialismus, wovon ihn dann aber spätestens der Krieg kuriert habe.

    Hat der Altkanzler in seinen vielen, von Pamperrien sorgfältig zusammengetragenen autobiografischen Äußerungen immer schlüssig sein eigenes Leben beschrieben? Mit Sicherheit nicht; um das zu wissen, braucht man ihr Buch allerdings nicht. Ein sensibler Historiker weiß um die Stärken, aber eben auch Schwächen von Zeitzeugen und ihren Erinnerungen. Diese Sensibilität vermisst man in „Helmut Schmidt und der Scheißkrieg“ sehr.

    Einen weiteren, eklatanten Fall von ahistorischer Argumentation hat das Magazin „Der Spiegel“ in einem furiosen Verriss des Buches aufgespießt. Ausführlich zitiert Pamperrien aus den Beurteilungen von Vorgesetzten des Luftwaffen-Leutnants Helmut Schmidt. Da wurde ihm etwa attestiert, „auf dem Boden der nationalsozialistischen Weltanschauung“ zu stehen.
    Bundestagsabgeordneter, verteidigungspolitischer Sprecher und Reservist, aber sicher kein „Soldatenkanzler“: Helmut Schmidt 1958 während einer Übung der Bundeswehr

    Bundestagsabgeordneter, verteidigungspolitischer Sprecher und Reservist, aber sicher kein „Soldatenkanzler“: Helmut Schmidt 1958 während einer Übung der Bundeswehr

    Quelle: picture-alliance / dpa

    Allerdings wiesen sowohl eher linksliberale und eher konservative Militärhistoriker wie Wolfram Wette und Manfred Messerschmidt oder Rolf-Dieter Müller den daraus gezogenen Schluss zurück, Schmidt sei „von Nazi-Ideologie kontaminiert“ gewesen.

    Jedenfalls, wenn es die Form eines Vorwurfs annimmt. Wieder einmal gilt, wie fast in Pamperriens gesamtem Buch: Das Ausblenden des historischen Kontextes und das Urteilen von einem heutigen, moralisierenden Mainstreamstandpunkt aus führt in die Irre.

    Sehr deutlich wird das in einer Passage im Kapitel „In der Etappe“, in der es über Helmut Schmidt heißt: „Die Lektüre von Remarques ‚Im Westen nichts Neues‘ hatte ihm zwar die Schrecken des modernen Krieges plastisch vor Augen geführt, doch hatte ihn das offenbar nicht zum Nachdenken über den Pazifismus und auch nicht zur Entwicklung einer Antikriegshaltung gebracht.“ In einer in den Anmerkungen versteckten Bemerkung steht dann sogar noch: „Später wird er den Pazifismus als unrealistisch abtun.“

    Hier wird also der durch grausame Erfahrung getriebene Pazifismus eines Erich Maria Remarque unterschiedslos gleichgesetzt mit der gesinnungsethischen Beliebigkeit der westdeutschen „Friedensbewegung“ der 70er- und 80er-Jahre – verbunden durch die Erwartung, ein bei Kriegsbeginn 1939 gerade einmal 20-Jähriger müsse doch eine „Antikriegshaltung“ gehabt haben. Viel weiter daneben liegen kann man kaum.

    Man muss kein Freund des „Überkanzlers“ Helmut Schmidt sein, als der er sich selbst sah und heute wohl immer noch sieht. Seine jüngsten Auslassungen zum Regime in China etwa, das die Nachteile von Kommunismus und Kapitalismus vereint, sind ziemlich schwer erträglich. Unabhängig davon ist die angedeutete, aber natürlich gleich relativierte Unterstellung in Pamperriens Buch, er sei ein „Soldatenkanzler“ gewesen, hinterhältig.
    Schmidts Gedächtnis funktioniert strategisch

    Ja, Helmut Schmidt hat sich vieles in seinen Erinnerungen zurechtgebogen. Und ja, sein Gedächtnis funktioniert durchaus strategisch. Das hebt ihn aber nicht heraus gegenüber anderen Menschen; es ist einfach bei jedem so, ob in der NS-Zeit oder, mit erheblich geringeren Herausforderungen, heute.

    Eine Biografie wie diese hat niemand verdient. Zuallerletzt Helmut Schmidt. Es gibt genug Kritisches über ihn zu sagen. Wahrscheinlich nicht zuletzt über seine Zeit in der Wehrmacht während des „Scheißkriegs“. Lesenswert ist das aber nur, wenn es seriös beschrieben wird.

    #Allemagne #histoire #guerre #nazis #SPD #social-démocrates #biographie

  • Signa insolvent : Muss Berlin um das KaDeWe bangen ? Das sagt Kaufhauschef Michael Peterseim
    https://www.berliner-zeitung.de/stil-individualitaet/signa-insolvent-muss-berlin-um-das-kadewe-bangen-das-sagt-kaufhausc

    Le propriétaire du bâtiment du grand magasin de luxe KaDeWe vient d’annoncer son insolvabilité. Le patron du KaDeWe réagit dans une interview parfaite. C’est un cas d’école de communication professionnelle en situation de crise.

    29.11.2023 von Manuel Almeida Vergara, Marcus Weingärtner - Was seit Tagen ohnehin schon durch die Medien waberte, wurde nun durch die Signa Holding bestätigt: Das österreichische Unternehmenskonglomerat hat beim Handelsgericht in Wien die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung beantragt. Das teilte die Gruppe des Immobilien- und Handelsunternehmers René Benko am Mittwoch mit.

    Rund 1000 Unterfirmen gehören zur Signa Holding, die, so heißt es, durch gestiegene Bau- und Energiekosten im Zuge des Ukraine-Kriegs in Schieflage geraten war; dem Unternehmen gehören zahlreiche Geschäftsimmobilien in Österreich und Deutschland. Die Meldung der Signa-Pleite sorgt für große Verunsicherung – auch und gerade in Berlin.

    Hier wurden bereits Anfang des Monats sämtliche Bauprojekte der Gruppe auf Eis gelegt, wie es mit geplanten Projekten wie dem Umbau der Karstadt-Filiale am Hermannplatz und des Bremsenwerks am Ostkreuz weitergeht, ist derzeit unklar. Außerdem gehören der österreichischen Gruppe prestigeträchtige Bauten wie das „Upper West“-Hochhaus am Bahnhof Zoo – und das Gebäude des KaDeWe.

    In der Stadt machen sich nun Sorgen breit um die Zukunft des Traditionskaufhauses, das seine rund 60.000 Quadratmeter Verkaufsfläche von der insolventen Holding mietet. Das weiß auch Michael Peterseim: Noch keine vier Wochen ist der neue CEO der KaDeWe Group im Amt – und schon muss er sich mit Unkenrufen auseinandersetzen, die ein Ende des Luxustempels am Tauentzien prophezeien. Was er darauf antwortet? Das haben wir Peterseim am Telefon gefragt.

    Herr Peterseim, muss Berlin um das KaDeWe bangen? Aktuelle Medienberichte legen das nahe.

    Das KaDeWe gibt es seit mehr als 100 Jahren. Und ich würde sagen, das KaDeWe gibt es auch noch in den kommenden 100 Jahren. Es geht uns aktuell sehr gut. Die KaDeWe Group wurde 2014 aus der Karstadt-Gruppe rausgelöst, mit der neuen Strategie „Luxury Up“, die seitdem mit hohen Investitionen erfolgreich umgesetzt wurde. Und aktuelle Zahlen zeigen uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Insgesamt wird die KaDeWe Group mit ihren drei Department Stores in Berlin, Hamburg und München dieses Kalenderjahr mit 800 Millionen Euro Umsatz abschließen – doppelt so viel, wie 2014 und ein zweistelliger Prozentsatz mehr als in Zeiten vor der Pandemie.

    Die aktuellen Medienberichte beziehen sich allerdings weniger auf die wirtschaftliche Stärke des KaDeWe als auf die Meldung der Signa-Insolvenz. Wie genau sind die Verflechtungen zwischen Ihrer Gruppe und der österreichischen Holding?

    Wir haben einen Mehrheitsgesellschafter, die Central Group aus Thailand, und diese hat aufgrund der Mehrheit in den Gesellschafteranteilen auch die alleinigen Entscheidungsrechte, operativ, strategisch wie finanziell. Die Central Group hat immer bekräftigt, dass sie in jeder Phase zu uns steht, um unser Geschäftsmodell vollumfänglich zu unterstützen. Als börsennotierter, traditionsreicher Händler betreibt sie weltweit führende Luxuseinzelhandelsunternehmen mit den besten Markenpartnern, der besten Sortimentsauswahl und außergewöhnlichen Kundenerlebnissen an allen ihren Standorten. Europa bleibt ein strategischer Schlüsselmarkt für die Central Group. Signa hingegen ist ein Minderheitsgesellschafter ohne strategischen und operativen Einfluss.

    Aber Signa ist eben Eigentümerin aller deutschen Kaufhausgebäude Ihrer Gruppe, vom KaDeWe in Berlin über das Alsterhaus in Hamburg bis zum Oberpollinger in München.

    Auf der Immobilienseite sind wir zunächst Mieter. Und tatsächlich ist es so, dass die Vermietungsgesellschaften, die jeweils eines unserer Gebäude halten, im Signa-Verbund verortet sind. Aber wir haben unsere Standorte über sehr lange laufende Mietverträge abgesichert. Die drei ikonischen Standorte Alsterhaus, Oberpollinger und Kadewe gehören zu unserem Geschäftsmodell, das ohne diese Gebäude nicht möglich ist. Wir haben eine sehr enge Verbindung zu den Gebäuden und diese haben wir mit Mietverträgen, die noch mehr als 30 Jahre laufen, abgesichert.

    Und diese Verträge sind nicht hinfällig, wenn der Vermieter pleitegeht?

    Grundsätzlich gilt, die Signa Holding ist nicht an den Mietverträgen beteiligt. Zudem laufen Mietverträge im Allgemeinen auch während einer eingetretenen Insolvenz weiter und sind von der Insolvenz in der Laufzeit nicht betroffen.

    Bereits im März hatte die Central Group 49,9 Prozent der Anteile am Kaufhausgebäude des KaDeWe von der Signa gekauft. Nun liegt es nahe, dass sie den gesamten Bau übernimmt. Wäre das in Ihrem Sinne?

    Ich spekuliere nicht. Aber auch in diesem Fall hätte dies keine Auswirkungen auf unser Tun. Wir konzentrieren uns auf unser Geschäft, das gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit besonders wichtig ist und sehr viel Spaß macht.

    Was bedeutet die Signa-Pleite dann überhaupt konkret für die KaDeWe Group? Im Grunde nur, dass Sie jetzt Schadensbegrenzung betreiben müssen, was das mediale Echo angeht?

    Sie sehen mich sehr entspannt. Bei Signa läuft nun ein strukturierter Prozess, das beobachten wir mit großer Ruhe.

    Trotzdem dürfte das Wort „Insolvenz“ in Verbindung mit dem KaDeWe aktuell nicht nur in den Medien, sondern auch bei Ihrer Kundschaft sowie Ihrer Belegschaft hängenbleiben. Wie ist im Moment die Stimmung im Kaufhaus?

    Wenn ich dieser Tage bei uns durchs Haus gehe, dann nehme ich vor allem eine wunderbare Weihnachtsstimmung wahr. In Gesprächen mit Kundinnen und Kunden, auch mit unseren Mitarbeitenden ist aktuell vor allem die Freude über diese tolle Atmosphäre zu spüren.

    In einem Artikel des Business Insider hieß es kürzlich, für alle drei Kaufhäuser in Deutschland zahle Ihre Gruppe jährlich eine Gesamtmiete von 65 Millionen Euro an Signa, wovon 40 Millionen allein für das Gebäude des KaDeWe entfielen.

    Unsere Mietverträge behandeln wir wie alle anderen unserer Verträge vertraulich. Wir haben langlaufende Mietverträge mit den jeweiligen Objektgesellschaften. Aber natürlich ist es unsere Aufgabe als Geschäftsführung – das liegt in der Natur der Sache –, Verträge permanent auf den Prüfstand zu stellen.

    Sind solche Mieten eigentlich an die Wirtschaftlichkeit eines Hauses gekoppelt? Gibt es also Episoden, in denen Sie als Geschäftsführer sagen könnten und sagen würden: „Dieses Jahr lief es nicht ganz so gut, können wir mal über die Miete reden?“

    Wie bereits gesagt, optimieren wir stets Verträge und somit auch Mietverträge. In meiner Funktion erscheint mir natürlich jede Miete zu hoch und sollte immer verhandelt werden.

    Und wie sieht es mit den Store-in-Store-Konzepten im Erdgeschoss des KaDeWe aus, wo namhafte Marken eigene kleine Geschäfte betreiben? Sind diese wiederum Mieter Ihrer Gruppe oder mieten Labels wie Dior oder Prada ihre Flächen im Erdgeschoss ebenso von Signa?

    An allen drei Standorten sind wir alleinige Mieter des jeweiligen gesamten Gebäudes, und alle bei uns vertretenen Marken, egal in welchem Geschäftsmodell, haben Verträge mit der KaDeWe Group. Wir haben unterschiedliche Geschäftsmodelle, unter anderem „Concession Partner“ wie Prada oder Dior sowie Bereiche, für die unser eigenes 30-köpfiges Einkaufsteam weltweit auf Messen und Fashion Shows einkauft, um unseren Kundinnen und Kunden das beste kuratierte Sortiment aus internationalen und angesagten Nischen-Brands zu bieten.

    Herr Peterseim, Sie bekleiden Ihre neue Position als Hauptgeschäftsführer der KaDeWe Group erst seit dem 1. November und müssen sich keine vier Wochen nach Ihrem Antritt schon mit Themen der Insolvenz auseinandersetzen. Hätten Sie sich Ihren Einstand anders gewünscht?

    Wir bieten wundervolle Erlebniswelten in allen unseren Stores. Schon seit mehr als fünf Jahren bin ich, bislang als zweiter Geschäftsführer, für die Gruppe tätig und auch in der Zeit gab es immer wieder Herausforderungen, die wir erfolgreich gemeinsam gemeistert haben. Ich stehe auf dem Standpunkt: Stillstand bedeutet Rückschritt und ich freue mich auf alles, was kommt. Ich habe den schönsten Job der Welt.
    –---
    Zur Person

    Michael Peterseim wurde 1969 geboren und leitet seit dem 1. November als CEO die Geschäftsführung der KaDeWe Group, zu der neben dem Berliner Stammhaus auch das Oberpollinger in München und das Alsterhaus in Hamburg gehören. Für beide Kaufhäuser war er vor seiner aktuellen Position bereits rund fünf Jahre tätig. Zuvor war er in ähnlichen Positionen für unterschiedliche Unternehmen tätig, etwa für das Modeunternehmen Clinton Großhandels GmbH oder für den Tourismuskonzern Thomas Cook.

    #Berlin #économie #immobilier #crise #communication

  • Vor Auflösung am 6. Dezember : Linksfraktion tagte am Montag zum letzten Mal
    https://www.tagesspiegel.de/politik/vor-auflosung-am-6-dezember-linksfraktion-tagte-am-montag-zum-letzten-m

    Le déclin du parti Die Linke continue. A partir du 6 décembre sa fraction parlementaire au Bundestag n’aura plus que le statut de groupe et perdra les privilèges propres aux fractions.

    C’est la conséquence de ses disputes suite à la mise à l’écart de plusieurs de ses membres les plus populaires attachés à l’idée d’une gauche au service des gens simples sans privilèges particuliers. La droite s’en rejouit.

    28.11.2023 - Nach der Abspaltung von mehreren Abgeordneten verliert die Linke ihren Fraktionsstatus im Bundestag. Trotz der Auflösung äußert sich Dietmar Bartsch kämpferisch.

    Die Linksfraktion im Bundestag hat sich am Montag zu ihrer voraussichtlich letzten Sitzung getroffen, bevor sie sich am 6. Dezember auflöst. Hintergrund ist die Abspaltung von zehn Abgeordneten um die frühere Fraktionschefin Sahra Wagenknecht. Künftig wollen sich beide Lager als getrennte Gruppen im Parlament organisieren.

    „Auch in der nächsten Sitzungswoche und auch die verbleibenden zwei Jahre werden wir als Linke sehr aktiv agieren“, sagte der scheidende Fraktionschef Dietmar Bartsch. „Man wird von uns hören und man wird unsere Positionen sowohl im Deutschen Bundestag als auch außerhalb wahrnehmen.“

    Die Situation sei wegen der ungeklärten Haushaltsfragen sehr zugespitzt: „Das Land braucht aktuell so dringend eine linke Opposition, und das wird unsere Aufgabe sein.“ Den Vorschlag von CSU-Chef Markus Söder für Neuwahlen lehnte Bartsch ab. „Die Frage von Neuwahlen, die stellt sich aktuell nicht, auch wenn ich sehe, dass die Regierung derzeit im Chaos versinkt.“

    Wann die Linke beim Bundestag einen Antrag stellt, als Gruppe anerkannt zu werden, sagte Bartsch noch nicht. „Sie können davon ausgehen, dass wir den Antrag dann stellen, wenn er zulässig und sinnvoll ist. Und Sie können auch davon ausgehen, dass der entsprechend vorbereitet ist.“ Über den Gruppenstatus entscheiden werden der Ältestenrat und dann das Plenum der Abgeordneten.

    Wegen der bereits beschlossenen Auflösung der Fraktion werden deren 108 Mitarbeiter zunächst alle entlassen. Einige dürften später bei der Linken-Gruppe oder der Wagenknecht-Gruppe unterkommen. Fraktionssprecher Michael Schlick sagte nach Bartschs Statement: „Danke für Ihr Kommen. Dann vielleicht bis zum nächsten Mal oder ansonsten irgendwann mal.“

    #Allemagne #politique #gauche

  • Austerität im Ruhrgebiet : »Selbst der Suppenküche strich man die Zuschüsse« 
    https://www.jungewelt.de/artikel/464120.austerit%C3%A4t-im-ruhrgebiet-selbst-der-suppenk%C3%BCche-strich-ma

    Les municipalités d’Allemagne vont mal. On ne le sent pas encore trop dans les Länder riches du sud comme la Bavière et le Bade-Wurtemberg, ailleurs les villes ne peuvent plus payer que les dépenses obligatoires.

    Il n’y a plus assez d’argent pour l’entretien des infrastructures publiques comme les gares et écoles. Le culturel et le social en pâtissent d’abord.

    Ce sont les dépenses pour l’armement et la guerre qui sont à l’origine du désastre de plus en plus dramatique. Les flux nécessaires d’argent du haut (le Bund) vers le bas (les Länder, Bezirke et communes) manquent de fiabilité et sont en train de diminuer alors qu’il faudrait investir pour contrer la crise et assurer le bien aller des simples gens comme nous.

    Les atlantistes au pouvoir nous consacrent sur l’autel de l’alliance divine occidentale (westliche Wertegemeinschaft) contre l’ennemi diabolique à l’Est. Les patrons de mes grand parent nazis l’appellaient "Ivan" et "communiste", nos dirigeants le surnomment "Poutine". Au fond c’est pareil. Le capital mène sa guerre sous n’importe quel prétexte qu’on arrive à faire avaler au peuple.

    Cette histoire ne touche pas encore sa fin. Bienvenu aux portes de l’enfer libéral.

    28.11.2023 von Henning von Stoltzenberg - NRW: In Bottrops Haushalt klafft eine Lücke von 60 Millionen Euro. Kommunen sind strukturell unterfinanziert. Ein Gespräch mit Sven Hermens

    In der Ruhrgebietsstadt Bottrop gibt es derzeit ein Haushaltsdefizit von 60 Millionen Euro. Wirft die Stadt etwa mit dem Geld nur so um sich?

    Es ist nicht so, dass Bottrop millionenschwere Ausgaben neu getätigt hätte. Wir haben ein strukturelles Einnahmeproblem. Das konnte man lange mit Einsparungen und Rechentricks wie eine schwarze Null aussehen lassen. Doch nun ist die Lage so gravierend, dass sie sich nicht mehr schönrechnen lässt. Die Kommunen bekommen seit Jahren viel zu wenig Geld. Ein Investitionsstau hat sich aufgebaut, den wir nicht bewältigen können. Kosten für Bauprojekte und nötige Klimaanpassungen werden jährlich größer. Versprochene Mittel vom Land werden hingegen ständig auf die Zukunft verschoben und bleiben ungewiss.

    Welche Bereiche sind besonders betroffen?

    Bottrop musste bereits zehn Jahre lang seinen Haushalt »sanieren« – also de facto alles kürzen, was geht. Selbst der Suppenküche hatte man die Zuschüsse gestrichen. Jetzt muss wieder ein sogenanntes Sanierungskonzept erarbeitet werden, bevor wir überhaupt einen Etat beschließen können. Das bringt uns mindestens ein halbes Jahr in die vorläufige Haushaltsführung: Quartierszentren etwa können erst einmal nicht finanziert und betrieben werden. Nur noch das Allernötigste darf bezahlt werden wie die Feuerwehr oder Kitas. Einige fordern einen krassen Stellenabbau in der ohnehin unterbesetzten Verwaltung. Aber im wesentlichen ist kaum noch etwas übrig, das gekürzt werden könnte.

    Für die Situation muss jemand politisch verantwortlich sein. Wen können Sie da nennen?

    Die Verantwortung trägt hier die Landesregierung in NRW. Ob »Rot-Grün«, »Schwarz-Gelb« oder wie aktuell »Schwarz-Grün«: Sie alle haben die Kommunen ausbluten lassen. Doch das aktuelle Kabinett Wüst/Neubaur agiert endgültig als Abrissbirne. Für 2024 war endlich eine Lösung für die hohen Altschulden der Kommunen angekündigt. Viele haben sich darauf verlassen. Die vermeintliche Lösung wurde nun erst einmal um mindestens ein Jahr verschoben.

    Vor allem aber verletzt das Land seine verfassungsmäßige Aufgabe, die Kommunen auskömmlich zu finanzieren. Bei der derzeitigen Inflation und Baukostensteigerungen in hohen zweistelligen Prozentbereichen will die Landesregierung unsere Mittel für das kommende Jahr um nur 0,9 Prozent erhöhen. Selbst der Deutsche Städtetag sagt, dass die Kommunen vom allgemeinen Steueraufkommen dauerhaft ein größeres »Stück vom Kuchen« brauchen. Dass wir überhaupt bei all den jährlich nötigen Investitionen die schwarze Null einhalten sollen, ist absolut fatal. Es wird Zeit, diesen neoliberalen Fetisch zu verbannen.

    Sieht es in den Nachbarstädten ähnlich katastrophal aus?

    Der Großteil des Ruhrgebiets ist pleite. Unsere Nachbarn in Oberhausen müssen ein Defizit von 100 Millionen Euro bewältigen. Das läuft auf einen flächendeckenden Kahlschlag in der Infrastruktur hinaus. Wir wissen nicht einmal, wie wir dringend benötigte Feuerwachen finanzieren sollen oder wie wir geflüchtete Kinder in unsere ohnehin überfüllten Schulklassen bekommen.

    Und was bleibt einer Kommune noch, um sich zu wehren?

    Möglichst viele müssen sich zusammentun und die Finanzierung einklagen. Vor einigen Jahrzehnten wurde dies von einzelnen Kommunen als aussichtsreich geprüft. Aber viele Bürgermeister und Ratsmehrheiten stellen sich nicht gegen die Landesregierung, wenn ihre eigenen Parteien an dieser beteiligt sind. Es braucht Mut, sich nicht weiter dem Spardiktat zu unterwerfen.

    Dauerhafte Defizite dürften nicht ohne politische Folgen bleiben. Welche Forderungen ergeben sich für Sie daraus?

    Jetzt muss eine Klage gegen das Land vorbereitet werden. Der weitere Verfall der sozialen Infrastruktur wird den Rechtsradikalen enorm in die Karten spielen. Dem wollen wir entgegenwirken, beispielsweise mit sozialem Wohnungsbau durch die Stadt, kostenlosem Schulessen oder selbstverwalteten Räumen für Schülerinnen und Schüler. Wie wir schon 2020 sagten: »Wer nicht in die Jugend investiert, wird in Knäste investieren müssen.« Und wie es aussieht, wollen SPD, CDU, Grüne, FDP und AfD viel lieber Knäste bauen.

  • Immobilienspekulation : Für Signa wird es eng
    https://www.jungewelt.de/artikel/464103.immobilienspekulation-f%C3%BCr-signa-wird-es-eng.html


    L’insolvabilité du spéculateur immobilier Signa met en danger les emplois de tous les employés des grands magasins Karstadt. En même temps s’ouvre la perspective de l’achat des grands magasins historiques par la ville de Berlin qui pourra les transformer en espaces culturels adaptés aux besoins de sa population croissante. On a le droit de rêver, non ?

    28.11.2023 von Gudrun Giese - Deutsche Tochter des angeschlagenen Immobilienkonzerns insolvent. Angeblich bis zu 600 Millionen Euro für Sanierung nötig

    Signa hat alle Bauvorhaben in Berlin gestoppt – unter anderem das Projekt um das Karstadt-Haus am Hermannplatz

    Mindestens eine halbe Milliarde Euro benötigt die seit Wochen kriselnde Signa-Gruppe des österreichischen Investors René Benko. Das berichten seit vergangener Woche verschiedene Medien in Deutschland und Österreich.

    Am Freitag hatten Vertreter der Tochtergesellschaft Signa Real Estate Management Germany GmbH (Signa REM) beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg Insolvenz angemeldet. Die Gesellschaft ist Teil der Signa Prime Selection und fungiert als Dienstleister für einen Teil des Immobilienportfolios, wie das Handelsblatt am Montag berichtete. Eigene Gebäude besitzt die Tochter nicht. Im Jahr 2021 hätte die ­Signa REM mit 139 Beschäftigten einen Umsatz von knapp 54 Millionen Euro erwirtschaftet und damit einen für den Konzern eher kleinen Beitrag zur Gesamtbilanz geleistet. Der Insolvenzantrag zeige aber, dass Signa drastische Probleme bei der Finanzierung laufender Projekte habe und die Prime Selection nicht genügend Mittel zur Verfügung stellen könne, um eine Insolvenz abzuwenden, so das Handelsblatt.

    Nach diversen Insolvenzen in den Handelssparten der Signa-Gruppe, die z. B. während der Coronapandemie zweimal die Warenhaustochter Galeria Karstadt-Kaufhof und zuletzt die Tochtergesellschaften von Signa Sports United trafen, Verkäufen von Unternehmen wie den Möbelketten Kika/Leiner in Österreich sowie dem Stopp von Bauprojekten wie dem »Elbtower« in Hamburg sollte eigentlich der als Insolvenzverwalter bekannt gewordene Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Arndt Geiwitz aus Neu-Ulm den Gesamtkonzern sanieren. Laut einer Signa-Pressemitteilung von Anfang November sollte er inzwischen längst die Zügel in der Chefetage übernommen haben, was nach einem Bericht der Lebensmittelzeitung vom Wochenende aber noch nicht geschehen ist. Er sei immer noch Berater. Geiwitz selbst äußerte sich dazu nicht.

    Offenbar steht und fällt alles mit der Zusage, erhebliche Finanzmittel für Signa zu beschaffen. Davon habe der Insolvenzexperte seinen Einstieg in die Geschäftsführung abhängig gemacht, weil er sonst sein in Grundzügen bereits ausgearbeitetes Sanierungskonzept nicht umsetzen könne. An der Beschaffung der als notwendig erachteten Summe von 500 bis 600 Millionen Euro sind das Bankhaus Rothschild und die Anwaltskanzlei White & Case beteiligt.

    Die Gespräche mit potentiellen Investoren laufen auf Hochtouren. Das Handelsblatt berichtete in der vergangenen Woche von Verhandlungen mit dem auf Restrukturierungsfinanzierungen spezialisierten Investor »Attestor«. Die österreichische Nachrichtenagentur APA berichtete am Montag, bei Signa werde ein Mezzanine-Investor gesucht, der bereit sei, gegen extrem hohe Zinsen und wenig direktes Mitspracherecht eine gute halbe Milliarde Euro zur Verfügung zu stellen. Mezzanine-Kapital ist eine Mischform aus Eigen- und Fremdkapital. Zinsen und zusätzliche Gebühren könnten Kreditkosten von zwanzig Prozent pro Jahr bedeuten, also 100 Millionen Euro.

    Unterdessen erwägt Klaus-Michael Kühne, Logistikunternehmer und bereits Großinvestor der Signa-Gruppe, die komplette Übernahme des Hamburger Prestigeprojekts »Elbtower«. Laut Handelsblatt habe Kühne dazu erste Gespräche mit Vertretern der Hamburger Landesregierung geführt. Er selbst äußerte sich nicht dazu. Am »Elbtower«, dessen Baukosten auf insgesamt 960 Millionen Euro geschätzt werden, ruhen seit Wochen die Arbeiten, weil Signa die Rechnungen für den bisher rund 100 Meter hohen Rohbau nicht beglichen hat. Auch andere Bauprojekte ruhen oder wurden erst gar nicht begonnen, wie etwa das auf dem Gelände der ehemaligen Gänsemarkt-Passagen in Hamburg. Sorgen machen sich auch die Betreiber der geschrumpften Warenhauskette Galeria Karstadt-Kaufhof, die nach zwei Insolvenzen in zweieinhalb Jahren eigentlich wieder rentabel fortgeführt werden sollte. Doch auch bei dieser Tochter ist die Liquidität knapp. Ohne eine kräftige Finanzspritze für Signa könnte es für das gesamte Firmenkonglomerat bald sehr düster aussehen.

    #Allemagne #Berlin #spéculation_immobilière

  • Wohnungsnot und üble Zustände in Schmargendorf : „Mir trampeln Tag und Nacht neun Studenten auf dem Kopf herum“
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/melanie-g-mir-trampeln-tag-und-nacht-neun-studenten-auf-dem-kopf-he


    Das Mehrfamilienhaus in Schmargendorf mit 20 indischen Untermietern. Foto : Gerd Engelsmann

    Il y a quelques annêes encore on pensait aux squats et foyers de sans abris quand on parlait du logement précaire à Berlin. Désormais les marchands de sommeil sont arrivés à Berlin. Voici comment fonctionne l’économie politique du métier.

    26.11.2013 von Kerstin Hense - Die 49-Jährige ist eine der letzten Hauptmieter eines Mehrfamilienhauses in Schmargendorf und wehrt sich gegen üble Zustände.

    Melanie G. ist mit ihren Nerven am Ende. Sie ist eine der letzten beiden Mieter eines Mehrfamilienhauses in Schmargendorf, die nach einem Eigentümerwechsel vor drei Jahren noch übrig geblieben sind. Seitdem lebt die alleinerziehende Mutter unter unschönen Umständen. Nachts funktionieren die Heizung und das Warmwasser nicht und sie hat mit Feuchtigkeit zu kämpfen. Außerdem leben über ihr neun Studenten, beengt in einer Dreizimmerwohnung, die Tag und Nacht über ihrem Kopf herumtrampeln würden, sagt sie.

    „Ich werde von dem Lärm sogar nachts aus dem Schlaf gerissen, weil die Wohnung mit neun Personen völlig überbelegt ist. Ich war schon ein paar Mal oben und habe ihnen Bescheid gesagt“, erklärt die 49-jährige. Passiert sei seitdem nichts. Sie halte den Zustand nun nicht mehr aus und hat sich deshalb an die Berliner Zeitung gewandt. Als wir Reporter bei ihr in der Küche sitzen, hören wir ebenfalls permanent schwere dumpfe Schritte über unseren Köpfen.

    In der Wohnung ist es auffallend kalt, sodass man auch tagsüber eine Jacke tragen muss. Sie bekäme die 98 Quadratmeter große Wohnung nicht richtig warm, da sie nachts komplett auskühle, erzählt Melanie G. „Die schalten uns von 23 Uhr abends bis 6 Uhr morgens die Heizung aus und dann haben wir auch kein warmes Wasser mehr.“

    In ihrem Arbeitszimmer ist schon seit ein paar Wochen erneut ein großer feuchter Fleck unter der Decke zu sehen, der durch einen Wasserschaden in der darüberliegenden Wohnung entstanden ist. „Durch die Kälte wird es immer schlimmer“, sagt sie. Ihr Nachbar im Erdgeschoss habe seit ein paar Tagen ebenfalls einen Wasserschaden, da in den Wohnungen über ihnen ohne Vorhang geduscht werde.
    Die Hausverwaltung bleibt untätig

    Mehrmals hat Melanie G. deshalb schon mit ihrer Hausverwaltung Kontakt aufgenommen. Doch bislang erfolglos. „Entweder bekomme ich keine Antwort oder ich werde vertröstet. Das geht schon seit Monaten so“, erklärt sie. In den Google- Bewertungen beklagen sich auch andere Mieter über eine Nicht-Kommunikation.

    Die Mutter einer 13-jährigen Tochter ist eine der letzten beiden Hauptmieter in dem Mehrfamilienhaus, in dem bei ihrem Einzug vor fünf Jahren ursprünglich mal acht Parteien lebten.

    Nachdem der vorherige Eigentümer das Haus 2020 verkaufte, begannen die Probleme. Es werde sich seitdem um nichts mehr gekümmert, so schildert sie. Melanie G. glaubt, dass man gern alle Mieter raushaben wolle. „Uns wurde seitens der Hausverwaltung bei einer Eigentümerversammlung kommuniziert, dass demnächst ein Dachausbau geplant ist und die Mieter aus anderen Stockwerken erhielten bei einem Auszug Abfindungsangebote in Höhe von 30.000 Euro“, erklärt sie.


    Die Studenten aus Indien leben zu neunt in dieser Dreizimmerwohnung. Sie wollen unerkannt bleiben. Foto: Gerd Engelsmann

    Etliche Mieter hätten das Angebot angenommen. Sie selbst habe keines bekommen. „Ich denke, die haben es sich bei mir gar nicht erst getraut“, so betont sie. Denen sei klar gewesen, dass sie es nicht in Anspruch genommen hätte. „Ich habe sehr viel Geld in die Renovierung meiner Wohnung gesteckt und hätte so schnell in Berlin keine bezahlbare andere gefunden“, so Melanie G. Sie zahlt 1175 Euro warm für ihre Dreizimmerwohnung.

    Sie und ein weiterer Mieter, der ebenfalls im Erdgeschoss lebt, sind die letzten Bewohner, die noch von den alten Mietern übrig geblieben sind. „Die anderen vier Wohnungen sind seit ein paar Monaten an ausländische Studenten, die an einer privaten Hochschule in Charlottenburg studieren, untervermietet worden“, erklärt Melanie G.

    An den Briefkästen stehen insgesamt 20 indische Namen, die kaum zu entziffern sind. „Der Postbote hat sich schon ein paar Mal bei mir beklagt, dass er Schwierigkeiten hat, die Briefe zuzustellen, weil er durch den Dschungel der Namen nicht mehr durchsteigt. Außerdem soll es das achte Haus in seinem Zuständigkeitsbereich sein, in dem so viele Studenten aus dem Ausland untergebracht sind“, sagt Melanie G.

    Die alleinerziehende Mutter findet das „unwürdig und kriminell“, Menschen so beengt unterzubringen und dafür auch noch viel Miete zu kassieren. Aus einem Untermietvertrag der Studenten, den die Berliner Zeitung einsehen konnte, geht hervor, dass jeder von ihnen 450 Euro Miete zahlen soll.


    Die Klamotten liegen auf dem Boden, weil es zu wenige Schränke gibt. Foto: Gerd Engelsmann

    Die Reporter der Berliner Zeitung haben sich in einer der Wohnungen, die an die Studenten vermietet werden, umgesehen. Ein junger Mann, der ebenfalls anonym bleiben möchte, führt uns durch die drei Zimmer. In der Küche stehen zwei junge Männer am Herd und bereiten sich gerade eine warme Mahlzeit zu.

    Die etwa 98 Quadratmeter große Wohnung ist spärlich ausgestattet. Im Badezimmer gibt es nur eine Badewanne, ohne Duschvorhang. In drei Zimmern verteilt sind insgesamt drei Holzbetten und sechs Matratzen auf dem Boden. „Wir leben hier zu siebt und mitunter auch zu neunt. Das ist schon sehr beengt und schwierig, unter solchen Umständen zu lernen“, erklärt der junge Mann.

    Die 450 Euro pro Kopf an Miete würden jeden Monat von einem Mann abgeholt werden. Dieser wolle das Geld in bar haben, berichtet der Student. Die Berliner Immobilienfirma, die die Wohnung an die jungen Männer vermietet hat, ist nur unter der Postanschrift der Schwesterfirma zu finden. Es ist weder eine Mailadresse noch eine gültige Telefonnummer im Netz zu finden.

    Die Studenten haben das Zimmer über eine WhatsApp-Gruppe für indische Studenten in Berlin gefunden. „Es ist schwer, ein Zimmer in dieser Stadt zu bekommen, und wir sind froh, dass wir nicht auf der Straße sind“, erklärt einer von ihnen. Außerdem sei die Wohnung zentral gelegen und nur 15 Minuten mit dem Fahrrad von der Universität entfernt.

    Die Berliner Zeitung fragte bei der zuständigen Hausverwaltung an, ob ihnen die Zustände in dem Mehrfamilienhaus bekannt sind. Doch die Antwort blieb bis Redaktionsschluss aus.

    Der Eigentümer des Hauses, die Fortis Real Estate Investment AG, teilte mit: „Insbesondere der geplante Ausbau des Dachgeschosses zur Schaffung von neuem Wohnraum als auch die notwendigen Strangsanierungen und erforderlichen Wohnungsrenovierungen bringen die Erfordernis mit sich, dass Wohnungen temporär nicht bewohnt sein sollten“, so Vorstand Marco Mendler. Dabei werde aber für jeden Mieter eine individuelle Lösung gefunden, und hier im Haus habe es auch einige Mieter gegeben, die nach Ausführung der baulichen Maßnahmen nicht mehr hätten zurückziehen wollen. Sie hätten Mieter dabei unterstützt und Ersatzwohnungen nach deren individuellen Wünschen beschafft.


    Die vielen Paar Schuhe der neuen Untermieter. Foto: Gerd Engelsmann

    Die Heizung im Haus verfüge zur Energieeinsparung über eine übliche Nachtabsenkung. Eine Auskühlung in dem von Ihnen beschriebenen Maße sei hierbei jedoch unüblich und die Warmwasserversorgung von der automatischen Nachtabsenkung ebenfalls nicht betroffen. Die Heizungsanlage sei vor etwa 14 Tagen von einer Fachfirma überprüft und eingestellt worden. „Wir veranlassen jedoch umgehend die Überprüfung der Heizungsfunktion und deren Einstellung“, versprach Mendler.

    Die von Mietern beklagten Wasserschäden, die vermeintlich durch das Duschen ohne Vorhang in den Wohnungen darüber ausgelöst und bislang noch nicht behoben worden sind, seien inzwischen in Bearbeitung und sie stünden dazu bereits mit den betroffenen Mietern in Kontakt. Ein Wasserschaden vom vergangenen Freitag sei inzwischen in Augenschein genommen und der notwendige Reparatur- und Renovierungsumfang sowie der zeitliche Ablauf würden aktuell ermittelt. Ebenfalls sei eine Duschtrennwand bestellt, die noch nicht geliefert worden sei.

    Zum Untermietverhältnis äußerte sich der Vorstand folgendermaßen: „Grundsätzlich haben wir Mietern die Untervermietung erlaubt, aber was hier nun vermeintlich gemacht wurde, entbehrt jeglichem Verständnis und ist von uns weder gewünscht, noch geduldet. In der kommenden Woche wird durch eine Wohnungsbegehung dieser Umstand vor Ort geprüft und umgehend abgestellt“, erklärt Mendler weiter. Er versprach auch, nach Ersatzwohnungen aus seinem Bestand für die Studenten zu suchen.


    Melanie G. möchte unerkannt bleiben. Sie steht mit Jacke und Mütze in ihrer Wohnung, weil sie friert. Foto: Gerd Engelsmann

    Die Berliner Zeitung hat sich auch auf dem Gelände der Immobilienfirma im Osten Berlins umgesehen, die mit den indischen Studierenden die Mietverträge geschlossen hat. Doch nach unserem Klingeln machte niemand auf, an den Fenstern waren die Jalousien heruntergezogen.
    Berliner Mieterverein sieht darin ein „übles System“

    Dem Berliner Mieterverein sind solche Fälle bekannt. „Wir erleben zunehmend, dass insbesondere Migrantinnen und Migranten, aber auch Studierende aus dem EU-Ausland und anderen Kontinenten zimmerweise in überbelegten Wohnungen unterkommen und dieser üblen Masche ausgesetzt sind“, erläutert Geschäftsführer Sebastian Bartels.

    Man habe es hier offenbar mit einem dreisten Versuch zu tun, aus der Wohnungsnot möglichst viel Profit zu ziehen. Solche Untermietverhältnisse mit Briefkastenfirmen seien in der Regel konstruiert, um den starken gesetzlichen Kündigungsschutz zu unterlaufen.

    Der Berliner Mieterverein erkenne ein übles System hinter diesen Fällen: Unter Verstoß gegen die Mietpreisbremse würden einzelne Zimmer einer Wohnung untervermietet, wobei die vermeintlichen Untermieter nur konstruierte Briefkastenfirmen oder vorgeschobene Hausverwalter des Eigentümers seien. Typisch sei, dass Mängel selten beseitigt würden. Sobald Mieterinnen und Mieter sich gegen diese Zustände wehrten, hagele es Kündigungen – mit der Begründung, das Untermietverhältnis sei erloschen, da der Vermieter dem Hauptmieter gekündigt habe.

    Menschen, die mit dem Mietrecht nicht vertraut seien, könnten diesem vorgeschobenen Argument nichts entgegensetzen. „Wir beobachten seit Jahren eine Zunahme solcher Fälle und raten allen Betroffenen, solche Kündigungen nicht zu akzeptieren, also trotz Kündigung in der Wohnung zu bleiben“, so Bartels weiter.

    Daneben sollten die Betroffenen ihre Miethöhe überprüfen lassen und die Beseitigung von Mängeln einfordern. Dabei sei es jedoch wichtig, sich rechtlich vertreten zu lassen, denn die Firmen seien gewieft und schickten oft Anwaltskanzleien vor.

    Melanie G. hofft, dass nun bald Ruhe in ihrem Haus einkehren wird und sie wieder Frieden in ihren eigenen vier Wänden finden kann. Sie sagt: „Der Alltag ist stressig genug. Wenn man sich in seinem Zuhause nicht mehr wohlfühlt, ist das sehr belastend.“

    #Allemagne #Berlin #immobilier #logement #immigration

  • Cost of clubbing crisis : When did Berlin parties get so expensive ?
    https://www.exberliner.com/music-clubs/cost-of-clubbing-crisis-when-did-berlin-parties-get-so-expensive

    A Berlin le tickets d’entrée des clubs augmentent radicalement. Les membres du club autogéré Mensch Meier ne gagnent plus assez pour participer aux parties de leur propre boîte. Les augmentations de frais post-covid provoquent un Klubsterben . Les boîtes qui survivront la crise seront marquées par l’exploitation de leurs employés et des prix faramineux.

    https://www.youtube.com/watch?v=u0rKW3kduy0&t=217s


    J’ai la nostalgie de l’époque quand les copains transformaient d’anciens bunkers et toilettes publiques souterraines en boîtes techno. La vie chère tue la culture partout.

    24.11.2023 by Dan Cole - Like pretty much everything in Berlin, clubbing is getting more expensive. We could just pass this off as a simple fact of life – prices rise, that’s the way it is, suck it up. With clubbing, the impact is deeper. Door entry hikes start to price out the very people who built up the club culture in the first place. Clubs in Berlin are rightly lauded for their sense of community and the way they provide space for those who live more on the margins. When these people become unable to attend the parties they’ve arguably contributed to the success of, then we can say clubbing is facing a crisis.

    For one weekend in September, Berghain increased its entry cost to €30, sparking outrage. It was only last year that the standard door price rose to €25. That’s in addition to the increase in prices for drinks and the cloak room. And it’s not just Berghain – the entry fees for many clubs have risen disproportionately to the average rise in wages throughout the city, with an average increase of 25% across all venues according to Tagesspiegel. Not so long ago, Berghain was a mere €15, and you wouldn’t pay more than €10 to get into Sisyphos.

    There is even a German word for it, Klubsterben, which translates as the death of clubs

    The factors for these price hikes are well reported. Minimum wages for staff have risen since the pandemic began, and the less said about energy costs the better. Rents are also increasing, and DJ fees are going through the roof. Add on other various expenses and you’ve got a very costly business to run.
    Photo: IMAGO / Emmanuele Contini

    The collective behind Mensch Meier recently announced they would be closing at the end of the year due to these rising costs. In an interview with Groove, a German online magazine for electronic music and club culture, Jenny P, the club’s public relations officer, stated that the Mensch Meier’s members and staff couldn’t even party at their own events, because they were too expensive. This was the last straw for the club and they decided to close.

    It’s yet another sad chapter in the slow demise of clubbing in Berlin. The phenomenon is so pervasive that there is even a German word for it, Klubsterben, which translates as the death of clubs. This year, Anita Berber closed for similar reasons to Mensch Meier, and Fiese Remise will meet its end in November. But what’s the solution? Are high entry fees really the only way to keep a club open? At its core, clubbing is, or at least was, about community and creating safe spaces. Increased prices create social inequality, excluding many of the people who benefit the most from these spaces.

    Not so long ago, Berghain was a mere €15, and you wouldn’t pay more than €10 to get into Sisyphos.

    To find a better answer to this problem, we have to return to our roots. Yes, clubs need state support, but beyond that we need to start looking closer to home. Booking more local DJs than expensive international names can reduce a club’s overhead. Some of our favourite clubs were built upon having a strong roster of local, in-house residents. Smaller clubs and club nights are able to throw great parties with just Berlin-based DJs, so why don’t the bigger clubs use the same approach?

    Some underground venues still manage to keep their door fees low. Oxi Berlin, for example, is operating on a donation-only basis for their in-house events, safe in the knowledge that having an affordable-for-all door price that brings in more regular clubbers is a better solution than having a higher ticket price but less people on the dancefloor. Community spirit is thin on the ground these days, and it’s better to club together than to push each other further apart

    #Berlin #loisirs #tourisme #musique #techno #culture

  • Otto Bauer’s Theory of Nationalism Is One of Marxism’s Lost Treasures
    https://jacobin.com/2023/11/otto-bauer-austro-marxism-nationalism-theory-history

    26.11.2023 by Ronaldo Munck - If we look around the world today, we can see the critical importance of nationalism, whether ethnic or cultural, from Spain to Nagorno-Karabakh, the Uyghur question in China, or the unwinding of the formerly United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland.

    One might have expected Marxism, as the self-proclaimed “science of history,” to play a major role in analyzing — if not intervening in — such situations, which are bound to multiply as globalization unravels and its contradictions increase. Yet Marxists seem to be torn between Eric Hobsbawm’s admonition not to “paint nationalism red” and the somewhat wooden and not exactly operational Leninist principle of “the right of nations to self-determination.”

    Could Otto Bauer’s forgotten work The Question of Nationalities and Social Democracy — written in German in 1907, translated into English in 2000, and then promptly ignored — help us develop a theory of nationalism?

    Bauer’s understanding of nationalism was subtle and sophisticated, and fully deserves to be rescued from obscurity. But we can only make sense of Bauer’s contribution by setting it within its complex historical context, instead of seeing it as disembodied political theory.
    Austro-Marxism

    Otto Bauer was born in Vienna, in 1881, to a wealthy Jewish factory-owning merchant family in a rapidly industrializing Austria. This was a multicultural and multiethnic environment with a thriving labor and socialist movement, made famous in the Red Vienna period of 1918–34. Bauer became active in the framework of that movement, representing the Social Democratic Workers’ Party (SDAP) in the imperial parliament and editing its monthly magazine, The Struggle.

    When the Habsburg empire joined the Central Powers during World War I, Bauer served as an Austrian army officer and became a prisoner of war in Russia before he was allowed to return home in 1917. Before and after the war, he was a leading figure in the political current known as Austro-Marxism. In the wake of the October Revolution, the Austro-Marxists sought to develop a “third way” between the Communist International launched by the Bolsheviks and social democracy.

    Bauer’s stint as Austria’s foreign minister in 1918–19 after the collapse of the Habsburg Empire, with his SDAP colleague Karl Renner as chancellor, was followed by a period of futile compromise with the rising forces of reaction. His life ended in political defeat. The rise of Austro-Fascism and the outbreak of civil war in 1933–34 prompted him to leave Austria, and he died in Parisian exile in 1938.

    While the counterrevolution won out in Austria in the 1930s, Bauer’s theory and practice is a fragment of the history of Marxism that should not be ignored. It remains a fundamental part of the Marxist legacy that warrants attention today.

    Although it is sometimes compared to the Frankfurt School, Austro-Marxism was a philosophy of practice, not one of contemplation. It included major figures in Marxist economics (Rudolf Hilferding), philosophy (Max Adler), and law (Karl Renner), as well as Bauer himself. Bauer’s own definition of Austro-Marxism saw it as a synthesis between day-to-day realpolitik and the revolutionary will to attain the ultimate goal: the seizure of power by the working class.
    The National Question

    The context in which Bauer wrote The Question of Nationalities and Social Democracy, which was originally his PhD thesis, was the outbreak of national questions and conflicts throughout the Austro-Hungarian Empire. Towards the end of the nineteenth century, the development of capitalism had generated great social turmoil. The population of Vienna quadrupled due to internal migration in the fifty years leading up to 1917, with a multinational working class emerging.

    The burgeoning SDAP and the trade unions affiliated to it were in danger of being torn apart between their dominant German-speaking core and members from the peripheral nations. We should recall that before its breakup after 1918, the empire contained fifteen nationalities in a territory the size of the Iberian Peninsula.

    Faced with this situation, Bauer sought to develop a complex and sophisticated theory of nationalism — one that was not at all colored by sympathy towards his subject, we might add. For Bauer, modern nations can be understood as communities of character (Charakter gemeinschaften) that have emerged out of communities of fate (Schicksals gemeinschaften).

    This is a much more subtle and nonreductionist approach when compared to the orthodox Marxist theory of nationalism, as codified by Joseph Stalin and propagated throughout the world by the pro-Soviet communist movement. Stalin defined a nation as “a historically constituted, stable community of people, formed on the basis of a common language, territory, economic life, and psychological make-up manifested in a common culture.” This does not help us in a multinational context.

    Bauer saw the main strength of his work as being its description of the derivation of nationalism from the process of economic development, changes in the social structure, and the articulation of classes in society. However, much of his work and the debates to which it gave rise centered on his definition of a “nation” as the totality of human beings bound together through a common destiny into a community of character.

    Bauer viewed the nation as a “community of fate” whose character resulted from the long history of the conditions under which people labored to survive and divided the products of their work through the social division of labor. Before dismissing this conception of the nation as merely a form of idealism, as many critics have, we should note that Bauer repeatedly criticized forms of “national spiritualism” that depicted the nation as “a mysterious spirit of the people.” He also explicitly rejected psychological theories of the nation.
    A Product of History

    Bauer’s working definition of the nation was a methodological postulate that posed “the task of understanding the phenomenon of the nation” as

    explaining on the basis of the uniqueness of its history all that constitutes the peculiarity, the individuality of each nation, and which differentiates it from other nations, that is, showing the nationality of each individual as the historical with respect to him, and the historical within him.

    For Bauer, it was only by pursuing this task of uncovering the national components that we could dissolve the false appearance of the nation’s substantiality, to which nationalist conceptions of history always succumb.

    In Bauer’s perspective, the nation is above all a product of history. This is true in two respects: firstly, “in terms of its material content it is a historical phenomenon, since the living national character which operates in every one of its members is the residue of a historical development.” Secondly, “from the point of view of its formal structure it is a historical phenomenon, because diverse broad circles are bound together in a nation by different means and in different ways at the various stages of historical development.”

    In short, the ways in which the “community of character” is engendered are historically conditioned. It follows that this “community of character” is not a timeless abstraction but is continually modified over time. For Bauer, the different forms of “national character” are specific to a particular period and thus cannot be traced back to the origins of time, as nationalist mythology might suggest.

    He does not see national character as an explanation in itself, but rather as something that needs to be explained. In this framework, we cannot simply take internationalism for granted as a given, nor can we ignore national characteristics in the name of such internationalism. We must rather show how those characteristics are the result of historical processes.

    While Bauer’s theory of nationalism suffers from almost total oblivion today, even — or perhaps especially — amongst Marxists, in its day it was the subject of intense polemics. His thinking was rejected by both the Second (social-democratic) and the Third (communist) Internationals between which the Austro-Marxists fell.
    The End of Non-History

    One of Bauer’s major innovations was to openly reject the view of Frederick Engels that Slavic nations like the Czechs were “non-historic,” in contrast with what he saw as the great “historic” nations such as Germany, Poland, and France. For Engels, the “non-historic” nations were incapable of forming a state of their own and could only serve as tools of counterrevolution if they attempted to do so.

    Bauer agreed that there were peoples in Central and Eastern Europe who one might refer to as “non-historic,” but he disagreed with Engels on the question of their future prospects:

    The nations without history are revolutionary, they also struggle for constitutional rights and for their independence, for peasant emancipation: the revolution of 1848 is also their revolution.

    For Bauer, the category of “nations without history” did not refer to a structural incapacity of the nation to develop. Rather, it referred to a particular situation in which a people that had lost its ruling class in a previous phase had therefore not experienced its own cultural and historical development.

    He showed in detail how the “awakening of the nations without history” was one of the major revolutionary changes at the turn of the century. According to Bauer, it was one of the progressive features of capitalist development to have reawakened the national self-consciousness of these peoples and confronted the state with the “national question.”

    At the beginning of the twentieth century, he saw peoples such as the Czechs going through a process of capitalist and state development, which in turn led to the emergence of a cultural community, in which the ties of a once omnipotent traditional society were broken. The masses were thus being called on to collaborate in the transformation of the national culture.

    Bauer also carried out a detailed consideration of the relationship between class struggle and nationalism. In a striking phrase, he wrote that “nationalist hatred is a transformed class hatred.” He was referring specifically in this context to the reactions of the petty bourgeoisie in an oppressed nation as it was affected by shifts in population and other convulsions engendered by capitalist development. But the point is a more general one, and Bauer shows clearly how class and national struggles are intertwined.

    He gave the following example in the case of the Czech worker:

    The state which enslaved him [or her] was German; German too were the courts which protected property owners and threw the dispossessed into jail; each death sentence was written in German; and orders in the army sent against each strike of the hungry and defenceless workers were given in German.

    According to Bauer, the workers of the “non-historic” nations adopted in the first instance a “naive nationalism” to match the “naive cosmopolitanism” of the proletariat of larger nations. Only gradually in such cases does a genuinely internationalist policy develop that overcomes both “deviations” and recognizes the particularity of the proletarians of all nations.

    Although Bauer preached the need for working-class autonomy in the struggle for socialism as the best means for seizing power, he argued that “within capitalist society, national autonomy is the necessary demand of a working class that is compelled to carry out its class struggle within a multinational state.” This was not merely a “state-preserving” response, he argued, but rather a necessary aim for a proletariat that sought to make the whole people into a nation.
    Bauer in Our Time

    Bauer’s work represents a major break with economic determinism. In his interpretation, politics and ideology no longer appear as mere “reflections” of rigid economic processes. The very context in which Austrian social democracy operated made it particularly sensitive to cultural diversity and to the complex social processes of economic development.

    Bauer’s treatise on the national question implicitly rejected the economic determinism and basic evolutionism of Second International Marxism. In terms of its substantial contribution, Bauer advanced a concept of the nation as historical process, in pages of rich and subtle historical analysis. The nation was no longer seen as a natural phenomenon, but as a relative and historical one.

    This allowed Bauer to break decisively with the Engels position on “non-historic” nations. As with Antonio Gramsci’s much more influential work on the national-popular, we can find in Bauer’s work a welcome move beyond the (mis)understanding of the nation and of nationalism as “problems” — and not just an integral element of social organization — that has characterized so much Marxist theorizing on the subject.

    A modern-day reader of Bauer’s book might find some of its case studies obscure and its language archaic. However, critical engagement with Bauer can help us develop a more adequate Marxist theoretical practice with regard to nationalism. Can we really sustain the idea, as many Marxists did in Bauer’s time, that the advent of socialism will resolve the national question?

    Does Bauer’s rejection of the Bolshevik path to power make him simply a failed reformist or does it situate him, like Gramsci, as a theorist of revolution in the Western democracies? Can his “constructivist” theory of the nation provide us with a starting point for understanding the national question in the era of late globalization?

    Today, Bauer’s work is immediately relevant to our thinking on multiculturalism, of which it can be seen as a precursor. To be clear, Bauer’s central argument is to reject any essentialist principle in the conceptualization of the national question. For Bauer, we cannot think of modern nations in terms of “metaphysical theories” (such as notions of national spiritualism) or “voluntaristic theories” (as in Ernest Renan’s theory of the nation as a “daily plebiscite”). National identities are not “naturally given” and invariable but are rather culturally changeable.

    However, Bauer’s approach to the nation-state is very different from the dominant liberal one today. In the liberal nation-state, it is the cultural practice of the dominant national group that prevails. Multiculturalism is thus always limited by this hegemony and multicultural states cannot easily be constructed. Any commitment to cultural pluralism can amount to little more than a token commitment to diversity within overwhelmingly assimilationist structures.

    Bauer criticized the attitude of the early 1900s “German Austrian” workers’ movement as a “naïve cosmopolitanism” which rejected national struggles as diversionary and advocated a humanistic world citizenship as its alternative. There were clear echoes of this attitude in the promotion of “global cosmopolitanism” during the early 2000s. In that sense, we very much need a Bauer 2.0 to move beyond such naïve and complacent indifference to the national question today.

    Bauer fundamentally disagreed with the idea that the national movements were simply an obstacle for the class struggle and that internationalism was the only way forward. He was convinced that it was only the working class that could create the conditions for the development of a nation, proclaiming that “the international struggle is the means that we must use to realize our national ideal.”

    In his view, it was socialism that would consolidate a national culture for the benefit of all. In brief — and I realize this is a controversial statement — working-class consciousness has a class character but also, at the same time, a national character.

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Otto_Bauer

    Otto Bauer, Die Nationalitätenfrage und die Sozialdemokratie (1907)
    https://www.marxists.org/deutsch/archiv/bauer/1907/nationalitaet/index.html

    Verlag der Wiener Volksbuchhandlung Ignaz Brand, Wien 1907.
    Sonderausgabe aus dem II. Bande der Marx-Studien – herausgegeben von Dr. Max Adler und Dr. Rudolf Hilferding.
    Die Rechtschreibung wurde weitgehend der neuen Orthografie angepasst.
    Transkription u. HTML-Markierung: Einde O’Callaghan für das Marxists’ Internet Archive.

    #austromarxisme #socialdémocratie #Autriche #histoire #socialisme

  • 300 rechte Straftaten einfach liegengeblieben ? Berliner Innenausschuss thematisiert Fälle
    https://www.berliner-zeitung.de/news/innenausschuss-thematisiert-liegengebliebene-falle-li.2162665

    Après le départ du chef du commissariat berlinois pour délits politiques son successeur découvre une pile de 300 délits de droite abandonnés sans suite. Les tronches des policiers du « Stastsschutz » sont bien connus des autonomes et gauchistes à cause de leurs interventions massives lors de réunions et manifestations. Désormais c’est un fait avéré que les délits commis par des extrémistes de droite ne les intéressent pas du tout.

    Toi néonazi de la province la plus
    profonde sois le bienvenu à Berlin. Tu peux compter sur le soutien des forces l’ordre.

    27.11.2023 - Nachdem rund 300 Fälle rechter Straftaten in einer Abteilung des Landeskriminalamtes liegengeblieben sind, soll das Thema nun im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses behandelt werden.

    Die Ermittlungen der Berliner Polizei gegen Mitarbeiter des Staatsschutzes beim Landeskriminalamt sollen am Montag um 9 Uhr im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses thematisiert werden. Nachdem rund 300 Straftaten aus dem rechten Spektrum liegen geblieben sind, fordern Abgeordnete von Linken und Grünen von Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und Polizeipräsidentin Barbara Slowik Informationen zu den Fällen. Erst bei einem Führungswechsel in dem Kommissariat sei nach Angaben der Polizei aufgefallen, dass die Verfahren gar nicht oder unzureichend bearbeitet worden sind.

    Inzwischen wird laut Polizei wegen Strafvereitelung im Amt ermittelt. Im Fokus stehen dabei der frühere Kommissariatsleiter und ein Sachbearbeiter. Laut Polizei ist zu klären, wem die liegengebliebenen Akten strafrechtlich anzulasten sind. Nach Angaben einer Polizeisprecherin stammen die Verfahren größtenteils aus den Jahren 2020 und 2021. Öffentlich nicht bekannt ist, um welche Straftaten aus dem rechten Spektrum es konkret geht. Unklar ist bislang auch, aus welchen Gründen die Verfahren liegenblieben – ob dies etwa aus Überlastung geschah oder absichtlich aus politischen Motiven.

    #Berlin #police #extrême_droite

  • Antisemitismus an Berliner Schulen – Lehrer schlägt Alarm : „Jüdische Schüler fühlen sich eingeschüchtert“
    https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/antisemitismus-an-berliner-schulen-juedische-schueler-fuehlen-sich-

    Le carnage de Gaza éloigne les jeunes allemands de leur propre histoire. Le meurtre d’innocents par l’armée du suprémacisme juif provoque la haine de toute expression juive et des juifs en général. L’état d’Israel a préparé ce changement de paradigme par sa revendication de représenter tous les juifs du monde.

    L’école berlinoise et ses enseignants ne comprennent plus la génération qu’ils sont censés préparer à l’avenir. Ce phénomène historique à répétition est en train d’atteindre une ampleur et et un degré d’irréconciliabilité inouïe.

    27.11.2023 von Nathan Giwerzew - Eine Lehrkraft des Anne-Frank-Gymnasiums schlägt Alarm: Die Empathie vieler Schüler für Terror-Opfer aus Israel nehme ab, die Lehrer drohen den Draht zur Jugend zu verlieren.

    Die Anne-Frank-Schule in Altglienicke, 9. November 2023 – das Gymnasium gedenkt der Reichspogromnacht vor 85 Jahren, als Nazi-Schlägerbanden Juden jagten, Synagogen anzündeten und jüdische Geschäfte verwüsteten. An diesem Tag besucht Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel (SPD) die Schule.

    Das Thema der Diskussionsveranstaltung mit Hikel: Antisemitismus an Schulen. Denn jetzt ist jüdisches Leben wieder in Gefahr. Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel wurden Molotowcocktails auf eine Berliner Synagoge geworfen, Häuser wurden mit Davidsternen markiert.

    Der Eindruck: Schüler ignorieren israelisches Leid

    Der Berliner Zeitung liegt eine Audioaufzeichnung der Diskussionsveranstaltung vor. Darin zu hören: zustimmendes Pfeifen, Jubel und Applaus, sobald ein Schüler Israel Kriegsverbrechen unterstellt. Ein Schüler fragt, weshalb Israel das Angebot Palästinas abgelehnt habe, eine Zweistaatenlösung umzusetzen. Wenn man so will: eine unterkomplexe Sicht auf den Nahost-Konflikt. Es entsteht der Eindruck, als wäre den Schülern die historische Bedeutung des 9. November nicht bewusst.

    Eine Auseinandersetzung mit Antisemitismus an Schulen findet hier offenbar bei vielen der anwesenden Schüler nicht statt, zumindest nicht auf dieser Veranstaltung. Die Lehrer und Martin Hikel halten dagegen. So fragt Hikel die Schüler: „Wenn im Namen der palästinensischen Flagge Terror gegenüber Israel ausgeübt wird, warum soll ich einen Tag später mit einer Palästina-Flagge rumlaufen? Mit welcher Motivation?“ Hikel erinnert im Gespräch mit den Schülern auch daran, dass es bei Solidaritätsbekundungen mit Palästina häufig zu Ausrufen wie „Tod den Juden“ kam.

    Bei der Veranstaltung sind auch Journalisten des Nachrichtenportals Apollo News anwesend. Sie berichten von einer Gruppe von etwa 25 Schülern, die ein einheitliches Vorgehen abgesprochen hätten: etwa indem sie bei Wortmeldungen, die auf vermeintliche Gräueltaten Israels hinwiesen, lautstark jubelten – und beim Thema Hamas-Terror auffällig ruhig blieben. Sie haben sich auch an den Solidaritätsbekundungen einiger Lehrer mit Israel gestört, berichtet Apollo News. Laut dem Nachrichtenportal kommt ein großer Teil der Schüler der Anne-Frank-Schule aus dem angrenzenden Neukölln.

    Berliner Lehrkraft: Jüdische Schüler fühlen sich eingeschüchtert

    Eine Lehrkraft, die am 9. November ebenfalls anwesend war, stellt die Lage an ihrer Schule im Gespräch mit der Berliner Zeitung als dramatisch dar. Es habe eine „klar antiisraelische Stimmung“ während der Diskussionsveranstaltung gegeben. Die Lehrkraft bittet um Anonymität. „Es ging sofort los mit Fragen, die nur auf die angeblichen Verbrechen der israelischen Armee abzielten“, so die Lehrkraft. „Da hat sich eine kleine Gruppe aus Schülern eindeutig vorgenommen, gezielt die palästinensische Seite vorzutragen. Das hat mich erschrocken.“

    An der Anne-Frank-Schule, heißt es vonseiten der Lehrkraft, habe es im Vorfeld der Veranstaltung einen deutlichen Stimmungswechsel gegeben: Nach einer kurzen Welle der Solidarität „standen plötzlich nicht mehr der Terrorangriff auf Israel und das Leid der Geiseln im Fokus, sondern die Kritik an Israel“. Es sei immer wieder die Forderung erhoben worden, „auch über die zivilen Opfer im Gazastreifen zu reden“. Über die Terrorangriffe der Hamas habe kaum einer sprechen wollen, berichtet die Lehrkraft resigniert.

    Diesen Stimmungswechsel hätten ihr zufolge auch die jüdischen Schüler der Anne-Frank-Schule wahrgenommen. Die Lehrkraft berichtet, dass in den folgenden Wochen nach dem Terrorangriff immer häufiger jüdische Schüler auf sie zugekommen seien und berichtet hätten, dass sie Angst haben. „Sie fühlen sich alleingelassen. Vor allem, wenn sie sehen, was in Berlin vor sich geht: jüdische Geschäfte schließen, Brandsätze werden auf Synagogen geworfen.“

    Da sei für das Lehrerkollegium klar gewesen: „Wir müssen etwas machen! Wir sind schließlich die Anne-Frank-Schule.“ Der Name verpflichte. „Vor allem in Neukölln“, sagt die Lehrkraft, „aber auch an anderen Orten sehen wir überall Palästina-Fahnen. Doch seien wir mal ehrlich: Wer würde sich gerade freiwillig eine Israel-Fahne offen ins Auto hängen?“

    Wie Martin Hikel die Diskussionsveranstaltung erlebt hat? Er bestätigt im Gespräch mit der Berliner Zeitung, Schüler hätten pro-palästinensische „Propaganda aus den sozialen Medien reproduziert, ohne sie zu überprüfen oder zu hinterfragen“. In einem Punkt widerspricht er aber den Journalisten von Apollo News: Störversuche von Schülern habe er nicht wahrgenommen. Er sah die Fragen der Schüler eher als Anregung, um „über diese Propaganda ins Gespräch zu kommen“. Sein Fazit? Positiv. „Ich fand es gut, dass sich die Anne-Frank-Schule dieser Thematik stellt“, sagt Hikel. „Dass da auch schulintern eine Auseinandersetzung stattfindet, war sehr beeindruckend.“

    Auf Anfrage der Berliner Zeitung weigert sich die Schulleitung, zum mutmaßlichen Verhalten ihrer Schüler Stellung zu nehmen. Sie verweist lediglich auf einen Brief von Schülern des Politik-Leistungskurses an die Redaktion von Apollo News. Darin nehmen diese zu der Berichterstattung des Nachrichtenportals Stellung.

    Die israelfeindlichen Zwischenrufe, das ist in dem Brief zu lesen, haben so nicht stattgefunden. Ein weiterer Vorwurf: Das Medium habe den Mitschnitt eines Schüler-Zwischenrufs auf X (vormals Twitter) veröffentlicht, ohne die Schülerin um ihre Zustimmung gefragt zu haben und außerdem ihr Statement aus dem Kontext gerissen. Es habe zudem tuschelnden Schülern unterstellt, sie würden eine pro-palästinensische Meinung vertreten, ohne dafür Beweise vorzulegen, so der Politikleistungskurs.

    Welche Meinung die Schüler zum Krieg in Gaza vertreten? Dazu bleibt der Leistungskurs vage. Es heißt, die Schüler würden sich nicht gegen Israel positionieren, sondern gegen „Krieg und Gewalt“. Aufgrund der Berichterstattung mache man sich nun Sorgen „um das Klima und die Sicherheit“ an der Schule. Eine explizite Verurteilung des Antisemitismus der Hamas sucht man im Schreiben vergeblich.
    Senatorin verbietet Schülern terrorunterstützende Meinungsäußerungen

    Die Einschätzungen zur Veranstaltung am 9. November an der Anne-Frank-Schule gehen auseinander, doch eines dürfte feststehen: Die Berliner Schulen stehen infolge des Kriegs in Gaza unter Druck. Das zeigt auch ein Brief von Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch, den die Senatorin am 13. Oktober an Berliner Schulleitungen verschickt hat.

    Sie teilte der Senatsverwaltung mit, dass „jede demonstrative Handlungsweise oder Meinungsäußerung, die als Befürwortung oder Billigung der Angriffe gegen Israel oder Unterstützung der diese durchführenden Terrororganisationen wie Hamas oder Hisbollah verstanden werden kann“, eine Gefährdung des Schulfriedens darstelle und untersagt werde. Einige Schulen interpretierten dies als generelles Verbot von Palästina-Flaggen und Tüchern an Berliner Schulen. Der Brief liegt der Berliner Zeitung vor.

    Die Senatorin setzte den Brief auf, nachdem es zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen einem 61-jährigen Lehrer und einem 15-jährigen Schüler des Ernst-Abbe-Gymnasiums in der Neuköllner Sonnenallee gekommen war: Ein 14-jähriger Schüler war am 9. Oktober mit Palästina-Flagge als Umhang und einem Palästinensertuch um den Kopf in der Schule erschienen. Der Lehrer forderte ihn auf, das zu unterlassen.

    Nach Polizeiangaben griff daraufhin ein 15-jähriger Schüler ein, stellte sich vor den Lehrer und versetzte ihm einen Kopfstoß. In sozialen Medien ist zu sehen, wie sich der Lehrer mit einer Ohrfeige wehrt – und dann nach einem Tritt durch den Teenager zu Boden geht. Beide Schüler wurden nach dem Vorfall suspendiert. Der Staatsschutz ermittelte gegen den Teenager und den 61-Jährigen wegen wechselseitiger Körperverletzung.

    Und das ist kein Einzelfall. Auf Anfrage der Berliner Zeitung gab die Berliner Polizei an, man habe dem Angriff der Hamas auf Israel an Berliner Schulen 97 Vorfälle mit dem Bezug zum Nahost-Konflikt gezählt. Und auch außerhalb der Schulen kocht die Stimmung hoch. In demselben Zeitraum hat die Polizei laut Sprecherin berlinweit 199 Strafverfahren im Zusammenhang mit Straftaten eingeleitet, die einen antisemitischen Hintergrund haben.

    Wie antisemitische Weltbilder unter Schülern zustande kommen? Die Schüler seien umgeben von Falschinformationen, mit denen sie täglich in den sozialen Medien konfrontiert würden, so die Lehrkraft. Hinzu komme eine Unbedarftheit der Schüler im Umgang mit dieser Informationsflut: Sie könnten zwischen glaubwürdigen Informationen und Propaganda nur selten unterscheiden. Die Lehrkraft kritisiert, dass man das Antisemitismusproblem an deutschen Schulen viel zu lange ignoriert habe – „um den Schulfrieden nicht zu stören“.

    Ist Antisemitismus vor allem ein Problem von Schülern mit Migrationshintergrund? Sie verneint mit Nachdruck. Das Elternhaus spiele selten eine Rolle, entscheidend sei der Medienkonsum der Schüler. Viele Schüler hätten vorgefertigte Meinungen zum Nahost-Konflikt, sagt die Lehrkraft. „Für sie stellt sich die Geschichte in Israel so dar: David kämpft gegen Goliath.“

    Israel nehme für viele Schüler die Rolle Goliaths ein, des biblischen Unterdrückers der Israeliten. Die Palästinenser stellen sie sich als David vor: der Unterdrückte, der sich wehrt. Viele Schüler würden zudem die Opferzahlen von Israelis und Palästinenser gegeneinander abwägen. Was dabei herauskommt? Israel sei für viele Schüler der alleinige Aggressor im Nahost-Konflikt – ungeachtet dessen, dass Israel mehr Wert auf den Schutz seiner Zivilisten lege als die Machthaber in den palästinensischen Gebieten. Sie spricht von einer „Täter-Opfer-Umkehr“, die jetzt, nach dem Terrorangriff der Hamas und Israels Militäroperation im Gazastreifen, bei vielen Schülern stattfinde.

    Einer solchen Täter-Opfer-Umkehr könne man nur mit der richtigen Vermittlung der politischen Fakten begegnen, glaubt die Lehrkraft. Doch Lehrern, die Falschinformationen aus sozialen Medien begegnen wollen, fehle dazu das nötige Rüstzeug. Der aktuelle Lehrplan, diesen Eindruck gewinnt die Berliner Zeitung im Gespräch, ist weder mit der Realität einer Einwanderungsgesellschaft kompatibel noch gibt er den Lehrern die nötige didaktische Unterstützung an die Hand, um Falschinformationen aus sozialen Medien wirksam widerlegen zu können.

    Die Lehrkraft kritisiert, es dürfe zudem nicht sein, dass jüdisches Leben immer nur im Kontext des Holocaust behandelt werde. So sehr die Schüler Deutschlands historische Verantwortung gegenüber Israel verstehen müssten: Auch das Leben sowohl in jüdischen Gemeinden als auch in Israel müssten sie aus erster Hand kennenlernen. „Es reicht nicht, nur ein KZ zu besuchen“, sagt sie. So könne die Verstärkung von bereits bestehenden Schüleraustausch-Programmen mit Schulen in Israel viel zur Völkerverständigung beitragen.
    Martin Hikel ist für weitere Auftritte offen

    Die Veranstaltung am 9. November solle keine Ausnahme bleiben, sagt die Schulleitung der Anne-Frank-Schule auf Anfrage der Berliner Zeitung. Für die Zukunft seien weitere Veranstaltungen geplant – unter anderem mit einem prominenten Historiker. Die Lehrkraft appelliert an ihre Kollegen in und außerhalb ihrer Schule, „unseren Bildungsauftrag ernst zu nehmen“. Ihr Plädoyer: „Wir können nicht zulassen, dass sich Juden in Deutschland jetzt alleingelassen fühlen.“

    Und Martin Hikel? Er sagt, er sei für weitere Auftritte an Berliner Schulen offen: „Wenn es Bedarf gibt, komme ich gerne.“ Auch im Vorfeld des 9. November habe er mehreren Schulen vorgeschlagen, an Veranstaltungen zu dem Thema teilzunehmen. Keine der Schulen habe sein Angebot angenommen, sagt er – bis sich die Anne-Frank-Schule gemeldet habe.

  • „Sie waren Nachbarn“: Jüdische Ausstellung in Berlin bleibt vorerst zerstört - als Mahnmal
    https://www.berliner-zeitung.de/news/sie-waren-nachbarn-in-berlin-moabit-juedische-ausstellung-durch-bra

    20.11.2023 von Maria Windisch - In Berlin wurde ein Schaukasten mit einer Ausstellung zur jüdischen Geschichte beschädigt. Als Mahnung gegen antisemitische Gewalt soll die zerstörte Vitrine erst mal so bleiben.

    Nachdem in Berlin-Moabit die jüdische Schaukasten-Ausstellung „Sie waren Nachbarn“ durch einen Brandanschlag zerstört wurde, soll die Vitrine vor dem Rathaus Tiergarten vorerst nicht repariert werden. Wie das Bezirksamt Mitte am Montag mitteilte, beschlossen Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger und Vertreter des gleichnamigen Vereins, dass die Vitrine als Mahnung gegen antisemitische Gewalt zeitweise so belassen werden soll. Laut dem Verein soll außerdem eine Hinweistafel aufgestellt werden. Die Ausstellung selbst soll in wenigen Wochen wiedereröffnen.

    Mit einem Stein hatten der oder die Täter am Sonntag die Scheibe des Schaukastens zerstört und danach Feuer gelegt, wie der Verein am Sonntag mitteilte. Eine Passantin hatte den Anschlag gegen Mittag entdeckt und die Polizei informiert. Da war die Ausstellung allerdings schon größtenteils zerstört. Beamte des Staatsschutzes sicherten Spuren am Tatort.

    Nicht der erste Anschlag? Schon zuvor gab es wohl Demolierungen

    Bereits in den Tagen zuvor soll es an dem Kasten Verschmutzungen und kleinere Beschädigungen gegeben haben. „Wir sind über den offensichtlich antisemitisch motivierten Brandanschlag entsetzt“, machte der Verein in einem Statement deutlich.

    Aro Kurp, Vorstandsmitglied des Vereins „Sie waren Nachbarn“, sagte, die Ausstellung in der Vitrine sei seit Anfang November zu sehen gewesen. Sie sollte noch bis Ende Dezember gezeigt werden. Der Verein, der sich regelmäßig mit solchen Ausstellungen der NS-Geschichte und dem jüdischen Moabit widmet, habe sich diesmal mit dem Krankenhaus des Stadtteils beschäftigt. Dort gab es Widerstand gegen das Naziregime und Unterstützung etwa für Juden oder Deserteure.

    Auch im sozialen Netzwerk X wurde über den Brandanschlag berichtet. So kommentierte Stefanie Remlinger, Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Mitte, mit ihrem Privataccount: „Keine Wut der Welt wegen dem Leid der Palästinenser rechtfertigt Antisemitismus und das Stören des Gedenkens an den Holocaust.“ Dazu postete sie ein Bild der mutwillig zerstörten Ausstellung.

    Unsere Ausstellung Jüdisches Leben in Moabit von „Sie waren Nachbarn“ wurde heute zerstört. Entsetzt, traurig und entschlossen sage ich: Keine Wut der Welt wegen dem Leid der Palästinenser rechtfertigt Antisemitismus und das Stören des Gedenkens an den Holocaust #Mitte #wir pic.twitter.com/4kf9CZxUrs
    — Stefanie Remlinger (@StefRemlinger) November 19, 2023

    #Allemagne #Berlin #antisemitisme

  • 好好学习,天天向上。
    https://commons.m.wikimedia.org/wiki/File:Red_Guards.jpg


    hǎohǎo xuéxí, tiāntiān xiàngshàng - on ne peut le répéter trop souvent aux petits écoliers ;-)

    The handwritten characters in the top left corner read (In Chinglish: Good good study, day day up ). Quotations from Chairman Mao Tse-tung (1965).

    Image shows three young Chinese Red Guards from the Cultural Revolution. Their brassards read
    hóng xiǎo bīng
    红小兵
    Máo Zédōng xuǎnjí
    毛泽东选集

    #Chine #éducation #histoire #révolition_culturelle #gardes_rouges

  • Nahostkonflikt – Kritik von Juden in Deutschland : „Wir verzweifeln an Israels Politik“
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/nahostkonflikt-kritik-von-juden-in-deutschland-wir-verzweifeln-an-i

    Voilà une position que la majorité politique allemande considère comme antisemite. De l’antisemitisme juif qu’il.a fallu inventer pour faire taire les voix juives humanistes.

    23.11.2023 von Nirit Sommerfeld
    ...
    Wir verzweifeln an Israels Politik, die seit Jahrzehnten das Ziel verfolgt, die Palästinenser loszuwerden und das gesamte Land zwischen Mittelmeer und Jordan für sich zu beanspruchen, was derzeit in einer rechtsradikalen Regierung manifest geworden ist, die unverhohlen Äußerungen von sich gibt, die in Deutschland (zurecht!) als Volksverhetzung oder Schlimmeres identifiziert würden.

    So will etwa Israels Staatspräsident Herzog nicht zwischen Hamas und Zivilisten unterscheiden und verlangt in einer martialischen Rede, ihnen „das Rückgrat zu brechen“. Verteidigungsminister Yoav Galant spricht, wie viele andere auch in der israelischen Zivilgesellschaft, von „Tieren“ oder „human animals“; die auf sie gerichteten Militäroperationen seien „nicht auf Genauigkeit aus, sondern auf Zerstörung“. Israels Minister für ‚Jerusalemer Angelegenheiten und Heimaterbe‘, Amichai Eliyahu, brachte den Einsatz einer Atombombe ins Spiel und schlägt den „Monstern von Gaza“ die Flucht in die Wüste oder nach Irland vor.

    Wir wissen: Worte bereiten Taten vor. Seit Netanyahu der Hamas den Krieg erklärt hat, findet meiner Ansicht nach ein Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung statt. Es ist die Rache für den 7. Oktober, bei dem die Hamas ihrerseits durch nichts zu rechtfertigende Kriegsverbrechen an Zivilisten verübt hat.
    In Israel sagt man lieber „Araber“ als „Palästinenser“

    Übrigens war das schon vor 15 Jahren, als ich in Israel gelebt habe, völlig normal, so über Palästinenser zu sprechen. Mehrere Bekannte sagten mir damals schon, es gäbe nur eine Lösung für das Palästinenserproblem, und das sei Vernichtung. Diese Araber – in Israel nimmt man ungern das Wort ‚Palästinenser‘ in den Mund, als fürchte man, die alleinige Namensnennung könne schon die Anerkennung ihrer Existenz andeuten – würden nicht leiden, sie machten nur Theater, um das Mitleid der Welt zu erregen. Geschichte sei nun einmal nicht gerecht, man habe als jüdisches Volk 2000 Jahre Diaspora hinter sich und mit der Shoa das schlimmste Menschheitsverbrechen erdulden müssen; jetzt seien eben andere dran.

    In solchen Aussagen liegt der Schmerz, den viele in der „Jüdischen Stimme“ kennen. Er rührt von einer Wunde, die sich nicht schließen will. Bei mir ist es die tiefe Enttäuschung, die ich erfahren habe, als ich 2007 in mein Geburtsland zurückzog. Im Laufe von zwei Jahren musste ich festzustellen, dass all meine Überzeugungen bezüglich dieses Landes, an denen ich ebenso wenig wie alle anderen Kinder Israels je gezweifelt hatte, Lügen und Täuschungen waren: Von der Mär vom leeren „Land ohne Volk für ein Volk ohne Land“ über die „moralischste Armee der Welt“ und der „einzigen Demokratie im Nahen Osten“ (die immerhin für jüdische Israelis bis vor kurzem noch halbwegs existierte) bis hin zur im israelischen Diskurs komplett geleugneten Nakba, der Ermordung tausender und Vertreibung hunderttausender Palästinenser im Zuge der Staatsgründung, des Raubes ihres Besitzes, ihres Landes, ihres verbrieften Rückkehrrechts. Die Liste ließe sich lang fortsetzen.

    Auf alledem baut sich eine existenzielle Angst auf: Angst um die Menschen in Israel, Angst um die Palästinenser, Angst um Juden weltweit, Angst vor einem Flächenbrand, der zu einem Dritten (und letzten?) Weltkrieg führen könnte. Wo soll das hinführen, wenn wir diesen Pfad der Gewalt nicht verlassen? Wenn wir ein Menschheitsverbrechen – und das hat die Hamas mit ihrem barbarischen Vernichtungszug am 7. Oktober begangen, was nicht nur verdammt, sondern auch bestraft werden muss – mit einem weiteren Menschheitsverbrechen vergelten?

    Bitte nicht mit dem Beispiel von Nazi-Deutschland kommen!

    Die Geschichte hat gezeigt, dass Gewalt immer nur Gegengewalt erzeugt, und dass Ideen und Ideologien nicht weggebombt werden können. Und da soll mir keiner mit dem Beispiel von Nazi-Deutschland kommen! Die Alliierten wussten schon Jahre vor 1945 von der Existenz von KZs, sie hätten das Grauen schon lange zuvor beenden können. Faschistische Nazi-Ideologie wurde nicht durch Bomben auf Dresden ausgelöscht. Sie macht das Leben in Deutschland heute noch für bestimmte Minderheiten gefährlich, siehe NSU, Hanau oder Halle, nur um die Spitze des Eisbergs zu benennen.

    Was erwarten wir von den überlebenden Kindern in Gaza, deren Eltern und Urgroßeltern schon Flüchtlinge von 1948 waren? Sollen sie, nachdem sie wochenlang Ruinen, Hunger und Durst, Verschüttete und Verbrannte, Tod und Trauma erlebt haben, nach einem Wiederaufbau ihres Freiluftgefängnisses unsere freundlichen Nachbarn mit eingeschränkten Rechten werden, die unsere israelischen Gärten bestellen und unsere Häuser bauen, so wie die meisten Palästinenser es sich eingerichtet haben in den vergangenen Jahrzehnten? Oder werden sie eines Tages zu jungen Männern werden, die in ihrer Verzweiflung und Wut wieder Waffen in die Hand nehmen, um sich zu rächen an der Rache Israels?

    Diese tödliche Spirale wird ausschließlich durch einen Paradigmenwechsel zu unterbrechen sein. Entweder durch radikale Trennung zwischen Israelis und Palästinensern, was ich bis dato immer abgelehnt habe, weil ich durch meine eigene Familiengeschichte weiß, wie gut Juden und Araber neben- und miteinander leben konnten, solange die einen sich nicht über die anderen gestellt und sie entrechtet haben. Oder durch gleiche Rechte für alle Menschen zwischen Mittelmeer und Jordan in einem wie auch immer gearteten gemeinsamen Staat, einer Konföderation, einem Staatenbündnis oder einer sonstigen Organisationsform, die ohnehin die Menschen vor Ort selbst zu bestimmen haben.

    Aber bis dahin wird viel Blut fließen. Mit jedem Tag, an dem das Gemetzel in Gaza und die Tötungen, Vertreibungen und Hauszerstörungen im Westjordanland weitergehen, entfernt sich ein gerechter Frieden um eine Generation, mindestens. Hier kommt meine Verzweiflung über die deutsche Politik ins Spiel – von der EU und den USA ganz zu schweigen. Deutschland begreift nicht, dass sein „Wir stehen bedingungslos an der Seite Israels“ zu einer riesigen Gefahr für Israel und vor allem für Juden in Deutschland werden kann.

    Wo war Deutschlands Staatsräson, als Zivilisten Schutz brauchten?

    Wie nur kann der deutsche Staat wegsehen, wenn israelische Minister sich selbst als Faschisten bezeichnen, und Israels korrupter Ministerpräsident alles tut, um nur ja an der Macht zu bleiben? Seht Ihr nicht, dass er sein eigenes Volk verraten hat? Wo war die israelische Selbstverteidigung am 7. Oktober, auf deren Recht Ihr permanent pocht? Wo war Deutschlands „Staatsräson“, als israelische Zivilisten dringen Schutz vor Terroristen gebraucht hätten? Und wo ist jetzt Eure „unverbrüchliche Freundschaft“ mit einem Staat, der Völkermord und Vertreibung an den Palästinensern vorantreibt und womöglich nicht einmal vor dem Einsatz einer „kleinen“ Atombombe zurückschreckt?

    Oder – was fast schlimmer wäre – die gesamte islamische Welt auf den Plan rufen könnte, wenn der Plan von rund 20 radikal-jüdischen Organisationen und deren Anhängern sich durchsetzt, den Felsendom zu sprengen und den Dritten Tempel an seiner Stelle zu erreichten? Die Einrichtungsgegenstände samt der goldenen Menorah, so wie sie in der Bibel beschrieben ist, das Gewand des Hohepriesters, Becher und Löffel für Weihrauch und Vieles mehr liegt schon im „Tempel-Institut“ in der Altstadt Jerusalems bereit und erfreut sich einer steigenden Besucherzahl, vor allem von evangelikalen und andere Christensekten.

    Das alles macht mir, macht uns „Jüdischen Stimmen“ Angst. Ich habe Angst um meine Verwandten und Freunde in Israel, um den Niedergang der einst sozialistisch beflügelten, einst demokratisch und geschlechter- und herkunftsgleich gedachten israelischen Gesellschaft, in der heute nur noch Hass und Überlegenheitsanspruch regiert. Deswegen senken wir die Köpfe angesichts des Todes und der Gewalt, die auch wieder auf uns zurückfallen kann – und es ist gut, dass Grauschöpfe, dunkle Locken, Juden und Nichtjuden dabei sind. Der Staat Israel verrät sein eigenes Volk, verrät uns Juden weltweit, indem er am laufenden Band gegen jüdische Werte verstößt und seine Bürger nicht schützte, als sie es am nötigsten hatten. Stattdessen waren Militär und Polizei mit dem Schutz gewalttätiger Siedler in der Westbank beschäftigt.

    Ist es da nicht auch für Deutsche ermutigend, dass Juden in Deutschland ihre Stimme erheben? In den USA sind Tausende dem Ruf unserer Schwesterorganisation „Jewish Voice for Peace“ gefolgt, haben den Kongress in Washington besetzt und den zentralen Bahnhof von New York blockiert. Sie tragen T-Shirts mit der Aufschrift „Not in our name“ (Nicht in unserem Namen), verlangen einen sofortigen Waffenstillstand, die Befreiung der Geiseln, Verhandlungen. „We still need to talk“ (Wir müssen immer noch reden) ist dort wie hier die Devise, unter der vorletzte Woche eine von Jüdinnen und Juden in Berlin geführte Demonstration mit mehr als tausend Menschen friedlich stattfand.
    ...
    Für eine gemeinsame, gerechte und friedliche Zukunft werde ich laut und eigensinnig weiterhin meine jüdische Stimme erheben. Denn unsere Trennlinie verläuft nicht zwischen Juden und Arabern, sondern zwischen Humanisten und Fanatikern.

    Im Übrigen hat der Berliner Kultursenator verkündet, dass dem Kulturzentrum Oyoun aufgrund der Zusammenarbeit mit „Jüdische Stimme“ sämtliche Fördergelder entzogen werden. Begründung: „Versteckter Antisemitismus“. Ich wünschte, in Deutschland würde mit dieser Entschlossenheit echtem, unverhohlenem Antisemitismus begegnet werden.

    Nirit Sommerfeld, in Israel geboren, in Ostafrika und Deutschland aufgewachsen, ist Schauspielerin, Sängerin und Autorin. Von 2007 bis 2009 lebte sie mit ihrer Familie in Tel Aviv und besuchte regelmäßig die besetzte Westbank, seitdem setzt sie sich für die Beendigung der Besatzung und gleiche Rechte für Israelis und Palästinenser zwischen Mittelmeer und Jordan ein.

    #Allemagne #Israël #sionisme #antisemitisme

  • Test de recherche d’idéogrammes chinois dans #seenthis :
    recherche : Qingdao - O.K. ( /recherche ?recherche=Qingdao )
    recherche : #Qingdao - O.K. ( /recherche ?recherche=%23Qingdao )
    filtrer : #Qingdao .O.K ( /tag/qingdao )

    recherche : 青岛 - échec ( /recherche ?recherche=青岛 )
    recherche : #青岛 O.K. ( /recherche ?recherche=%23青岛)
    filtrer : #青岛 O.K. ( /tag/青岛 )

    Les hashtags sont des mots clé alors on cherche au fait pour titre_mot, pas vrai ? Pourquoi la recherche sur le texte par contre échoue-t-elle ?
    Je suppose que c’est un problème de bdd, charset UTF-8 mais pas de jeu de caractères étendus.
    J’essaie de pour comprendre ces résultats afin de rendre possible la recherche pour des expressions en chinois dans d’autres sites #SPIP.

    Des idées ? Merci !

  • Zhanqiao Pier
    https://en.m.wikipedia.org/wiki/Zhanqiao_Pier


    青岛栈桥 Ehemalige Landungsbrücke Qingdao

    Faire du tourisme en Chine signifie ne jamais être seul le moindre instant. La photo est prise hors saison quand il n’y a pas grand monde


    Bundesarchiv : China 1898.- Landungsmanöver S.M.S. Deutschland bei der Landungsbrücke am Brückenlager.

    #Chine #Qingdao #青岛 #tourisme #colonies #histoire

  • On Tocqueville in Algeria and epistemic violence
    https://www.aljazeera.com/opinions/2020/7/7/on-tocqueville-in-algeria-and-epistemic-violence
    On ne peut étudier les peuples barbares que les armes à la main.
    Alexis de Tocqueville, Rapport sur l’Algérie (1847)

    Ce texte est intéressant parce qu’il est l’expression du réformisme académique qui se prend pour radical.

    ... there is no end in sight to all that needs to be renamed, toppled, and changed both on the streets and in academia

    Dans sa conclusion l’auteure n’ose qu’à peine revendiquer qu’on change de nom des endroits et institutions et ne va pas plus loin que de rappeller qu’il y a encore des statues à renverser. Elle ne revendique pas qu’on renverse le reigne des héritiers des profit extorqués aux habitants des pays colonisés. Elle reste sur un plan symbolique alors qu’il faudrait changer la réalité matérielle. Voilà c’est ce qui rend superflues la plupart des publications académiques depuis la disparition des états socialistes.

    Les philosophes n’ont fait qu’interpréter le monde de différentes manières, ce qui importe c’est de le transformer.
    Karl Marx, Thèses sur Feuerbach, XI, 1845/1888

    7.7.2020 by Lina Benabdallah - The news that Princeton University had finally given in to years of student protests and calls to change the name of the Woodrow Wilson School of Public and International Affairs – finding that the former president’s “racism makes him an inappropriate namesake” – reverberated across academic institutions in the United States.

    It was the latest in a series of anti-racist acts that included the toppling of statues of racist historical figures and the removal of racist emblems from state flags. The removal of Wilson’s name from Princeton University buildings has shaken the ivory tower, in particular, scholars of international relations who are being pushed to think or rethink the way they read, teach and write about these classic figures of political thought.

    But while Princeton’s decision is welcome, it is merely one of many steps the discipline of political science must take in order to reckon with its explicit and implicit epistemic violence.

    Alexis de Tocqueville is a case in point. Tocqueville, who is almost synonymous with liberalism, democracy, and individual rights in the US, is known to be an apologist for colonisation and white settlers in North Africa.

    Writing Democracy in America in 1835 made him a hero of sorts, with streets, hedge funds, and restaurants named after him across the US. In the classroom, he is taught as a classic, timeless thinker in many comparative politics and political theory syllabi. His praised work on democracy, however, was built on the twin practice of glorifying democracy in a white-settler society – the US – and defending a French-led total war against North Africans in their own territories.

    Tocqueville was not just a theorist with a knack for travel; he was a member of parliament from 1839 to 1851 and was briefly French foreign minister during the Second Republic in 1849. When the French government and its elites were debating the merits of domination as opposed to partial colonisation of Algeria, Tocqueville wrote, in his 1841, Essay on Algeria, an unequivocal endorsement of a full-on colonisation. His thoughts on the merits of democracy and individual liberties clearly did not extend to North African natives.

    Tocqueville’s plan to subjugate Algerians and replace the population with European settlers included several concrete steps. He contended that the second-most important step in the conquest “after the interdiction of commerce, is to ravage the country”. As he further explained, “I believe that the right of war authorises us to ravage the country and that we must do it, either by destroying harvests during the harvest season, or year-round by making those rapid incursions called razzias, whose purpose is to seize men or herds.”

    If this savage policy recommendation was not clear enough, he reiterated in bullet points the necessity to “destroy everything that resembles a permanent aggregation of population or, in other words, a town.” The essay is littered with Orientalist views on nomads, on Islam, on the uncivilised Africans, and the trigger-happy Arabs. Tocqueville’s most stubborn recommendation comes in repeating throughout the text that “until we have a European population in Algeria, we shall never establish ourselves there (in Africa) but shall remain camped on the African coast. Colonisation and war, therefore, must proceed together.”

    In October 1843, upon returning from a trip to Algeria, Tocqueville revealed his thoughts on Islam in correspondence with French writer Arthur de Gobineau, an early promoter of scientific racism, stating that he was convinced that there were “few religions as deadly to men”, and that Islam was a step back from paganism.

    What Tocqueville observed in (white) America, he had hoped for in North Africa. The Arabs and Amazigh could be, like America’s original peoples, ruled over and governed, but should exist separately, together, from their free, democracy-deserving white colonisers – European settlers in Algeria and white Americans in the US. Opposing dictatorship in Algeria, as Tocqueville did, was not out of a commitment to democracy for native peoples but for a Manichean world with a twin practice of granting freedoms to white settlers and subjugating, in his words, even “ravaging”, Arab-populated towns.
    Should we just ‘learn to appreciate’ the good parts?

    To pause for a moment and ask difficult questions about political thinkers that we have long taken for granted is not a call to stop reading them. Quite the opposite. It is a call to read them fully and unselectively, not in small segments.

    A typical move in defending and sanitising Tocqueville’s political thought has been for some to remind us that he was an eloquent critic of slavery in the US and a proponent of original people’s rights. But is this enough? I am no psychoanalyst to figure out how one can be this and the other at the same time, but I know that Tocqueville’s work on Algeria, from 1841, was much later than his work on the US – 1835.

    I am also ready to believe that Tocqueville might have felt a deeper sense of empathy with causes and peoples that were too distant – slavery in the US – to cause a direct clash with the interests of the government he served. That same empathy, if there was such, was not afforded, in practice, to the natives of North Africa as it was in the context of North America.

    Another one is to tell us that “people are complex” and that there is no merit in pointing out the “bad stuff”. When I posted on Twitter, a year ago, my thoughts about Tocqueville and Algeria, voicing that the continued praise and adoration of him among political scientists is an epistemic violence to so many of us, I was scolded for failing to appreciate what a good piece of writing Democracy in America was. This trope of tone-policing and scolding people for not being able to “appreciate” or at the very least disagree in silence is nothing new, we see it everywhere, but it is part of a larger structure of epistemic violence against people of colour.

    Several awards in the name of Tocqueville are given to students, researchers, and alumni to recognise excellence in scholarship on freedom, democracy, and academic achievement. My favourite is the Prix Alexis de Tocqueville, a prize for political literature awarded every two years to “a person who has demonstrated outstanding humanistic qualities and attachment to pubic liberties.” The winner of the latest edition of the Prize is none other than Henry Kissinger. When I learned of this, I wondered what someone in Cambodia might think humanism looks like with Kissinger as its face.

    What these awards do is, like statues and buildings’ names, institutionalise epistemic violence. At the most basic level, epistemic violence is about dominant systems of knowledge oppressing “other” knowledge structures and normalising a common sense that is inherently violent and unjust. Having to apply to study in buildings and programmes named after organic intellectuals who spent their careers normalising racism and othering is a form of oppression. Likewise, for academics in political science, sitting in a conference room, as I have many times, listening to talks glorifying Tocqueville as a beacon for democracy and individual freedoms is a form of epistemic violence.

    To close, there is no end in sight to all that needs to be renamed, toppled, and changed both on the streets and in academia because the violence that is folded in with these histories we tell, theories we teach, name chairs we hire for, and awards and accolades we seek to add to our credentials are countless. Repairing epistemic violence has got to be a long and challenging path, given how deeply rooted it is and far back it goes, but it is necessary.

    Rapport sur l’Algérie (1847)
    Extraits du premier rapport de 1847 des travaux parlementaires
    de Tocqueville sur l’Algérie
    http://classiques.uqac.ca/classiques/De_tocqueville_alexis/de_la_colonie_algerie/rapport_sur_algerie/rapport_sur_algerie.html

    #histoire #USA #France #Algérie #Israël #génocide #colonialisme #théorie_polutique #libéralisme

  • Hauke Benner : The Green Party in Germany - Two years of hypocrisy in government
    https://braveneweurope.com/hauke-benner-the-green-party-in-germany-two-years-of-hypocrisy-in-go

    Les verts au sein du gouvernement allemand mènent une politique contraire à leur image de marque. Aujurd’hui c’est un parti belliqueux, antisocial et extractiviste. On verra lors du prochain congrès du parti si ses membres soutiennent ce changement de paradigme.

    Throughout Europe Green parties in government become avid supporters of authoritarian liberalism. More in Germany than elsewhere.

    Next week, the party conference of the German Greens will take place in Karlsruhe. After almost two years as part off the traffic light coalition, it is time to take stock of the Greens’ policies in this constellation. From the point of view of the emancipatory left, it can only be described as catastrophic.

    In autumn 2021, the so-called “progressive coalition” consisting of theGreens, Social Democrats (SPD), and Liberals (FDP) set a high bar for itself. Green Economy Minister Robert Habeck promised to “renew prosperity in a climate-neutral process”. But this promise has turned into the opposite policy. The Greens have not been able to realise even the smallest climate goal. The speed limit on the motorway failed due to opposition from the FDP, and the climate protection law passed by the Merkel government was watered down in such a way that the transport sector in particular was spared a reduction in CO2 emissions. The example of the Building Energy Act, which stipulates that only climate-neutral heating systems such as heat pumps are to be installed in new heating systems from 2025, shows that the Greens have no regard for the poorer half of the population and for small homeowners. Many cannot afford investments of over €20,000 and in apartment buildings the modernisation costs are largely passed on to tenants. Above all, climate justice also means financial security for the less well of in the core nations, but also in the countries of the South. But this is a foreign concept to the traffic light coalition. No wonder that this central legislative proposal of the Energy Minister has met with widespread rejection.

    However, the latest judgement of the Federal Constitutional Court of 15 November places the financing of the coalition’s entire climate policy in jeopardy. By means of a simple sleight of hand, the coalition had simply reclassified the remaining €60 billion from the coronavirus emergency fund into the climate fund, thus circumventing the budget. This was a highly controversial transfer in terms of budgetary policy and in legal terms, because the financial “debt brake”, which Finance Minister Lindner (FDP) is determined to adhere to, was evaded. Now there is a double-digit billion gap in the large climate investment fund, some of which has already been promised. This also includes the financing of the so-called “climate money” from the surpluses of the CO2 tax for the poorer citizenry. This means that the centrepiece of the Green Party, massive and rapid investment in climate protection for the period after 2024, is jeopardised. If Lindner remains firm and and refuses to take on new debt to finance the investments, a break-up of the coalition can no longer be ruled out.

    With regard to energy and industrial policy, Habeck is pursuing business as usual. His top priority is to strengthen the competitiveness of German industry and its large corporations, including the major CO2 emitters in the chemical, steel, and cement industries. Habeck wants to protect large electricity consumers against foreign competition by means of a tax-subsidised “industrial electricity price” and has almost completely dispensed with energy-saving targets in these sectors. Instead, four new LNG terminals, the necessity of which are questionable, are being built against the opposition of local groups, while the village of Lützerath in the Rhineland lignite region is being demolished to expand open pit mining protected by a massive police force dispatched by a Green minister, contrary to the Greens’ election promise.

    In the medium term, the fossil fuel industry is to survive by switching to green hydrogen. To this end, Habeck and other German ministers travelled to Morocco, Namibia, Colombia and Chile, together with major German energy companies such as RWE, enabling contracts with governments there to produce hydrogen on a large scale using solar and wind power and then exporting it to Germany. The fact that this deprives the local population of water, the basis of their livelihood, is of little interest to the Green friends of German corporations. This policy is rightly criticised as green extractivism and neo-colonialism.

    The 2021 coalition agreement of the current coalition had explicitly called for the ban on glyphosate. Recently the responsible minster from the Green party, Cem Özdemir, abstained from voting on the question of whether the EU should adopt a ban on glyphosate, which has been suspected of being carcinogenic for years by many scientists (in the USA, Bayer has recently stopped using glyphosate in the pesticide “Round-up” sold on the retail market as tens of thousands are suing them for causing their cancer). The FDP and lobbyists from the agricultural industry, in particular Bayer-Monsanto and the farmers’ organisation had exerted much pressure. The EU Commission has now extended the authorisation for the pesticide by 10 years.

    In terms of social policy, the basic child protection programme included in the coalition agreement was just a waste of paper. The Green Minister Lisa Paus has completely caved in to the opposition of the SPD and FDP. Finance Minister Lindner blocked this key Green programme as “not affordable”. Social and charitable organisations are desperate. A leading charity association, the Paritätische Wohlfahrtsverband commented: “The traffic light coalition’s so-called basic child protection scheme has already failed in its most important objective, the fight against child poverty, even before it was launched”.

    In the 1980s the Greens were a pacifist party. But since the war in Yugoslavia in 1998 and its then Foreign Minister Fischer, this party has been in favour of both NATO and war as a “peacemaking tool”. Today, under Green Foreign Minister Annalena Baerbock, this is pure bellicism. A year ago Baerbock warned the German population against war-weariness during the Ukraine war, saying that “we can no longer afford to be pacifists”. Her cabinet colleague, Defence Minister Pistorius of the Social Democrats, wants to make Germany “ready for war” – and no prominent Green dissents.

    The Greens as political censors

    Since 7 October, protest against Israeli genocide in Gaza has been silenced with the claim that it is anti-Semitic. The Green Party’s Volker Beck, President of the German-Israeli Association, is preventing a joint prayer for peace by Muslims, Jews, and Christians in Munich. Berlin state politician Susanna Kahlefeld called for a ban on an event organised by the Berlin group “Jewish Voice” with the BDS and for an immediate stop to the funding of the socio-cultural and artistic cultural institution “Oyoun” because it provided spaces for marginalised Jewish and Palestinian groups to meet. The federal chairwoman of the Greens, Ricarda Lang, described Greta Thunberg’s speech in Amsterdam with its core statement “there is no climate justice in an occupied country” as “indecent” and “anti-Israel”. Even four weeks after the start of the bombardment of Gaza by the Israeli military, Baerbock has still not called for a ceasefire, as she declared on 13 November after a trip to the Middle East: “I totally understand the impulse in this terrible situation, where innocent children, people, women, mothers, families are not only suffering so terribly, but are dying.” But, she went on, impulses are not enough to help people. Those who demanded such things would also have to answer questions such as how Israel’s security could be guaranteed and what would happen to the Hamas hostages.

    When it comes to migration and asylum policy, the Greens have completely capitulated to the agitation against asylum seekers from the the Christian Democrats, FDP, SPD and far right AFD. In the Greens’ parliamentary faction in the Bundestag, there was only mild opposition to the de facto abolition of the right of asylum in order to curb so-called illegal migration. Green Minister President Winfried Kretschmann justified the sealing off of the EU’s external border with the restoration of “order and humanity”.

    When it comes to transport policy, Transport Minister Volker Wissing (FDP) doubles up as the car industry’s top lobbyist. The promotion of private transport, now with the electric car, continues. The discounted train ticket for the whole of Germany is being made so expensive that neither the poorer classes can afford it nor are people being encouraged to leave their cars at home. Air travel will continue to be subsidised to the tune of billions (including no ticket tax and no paraffin tax). The new major Berlin-Brandenburg airport is begging for additional long-haul flight slots with the support of Green ministers. All in all, the Greens continue to focus on the most climate-damaging transport infrastructure measures and neglect the development of an effective alternative to the German car craze.

    The Greens have only one goal: to remain in power come hell or high water. Always with the justification of “preventing worse things from happening”, so the speaches of Green parlamentarians. But even this minimal goal is not being achieved, because the backward-looking FDP, which is veering ever further to the right, means that the Greens are ultimately just the subservient facilitator for a new authoritarian (neo-)liberalism.

    As early as 1934, the social democratic lawyer Hermann Heller was one of the first to coin the term authoritarian liberalism: “As soon as the economy is mentioned, the authoritarian state completely renounces its authority and its supposedly conservative spokesmen only know the slogan: freedom of the economy from the state”, which does not mean “abstinence of the state from subsidising big banks, big industrialists and big agrarians, but authoritarian dismantling of social policy”. This is precisely the policy of the traffic light coalition today, with the active participation of the Greens.

    In view of this scenario, the Green party association in Cloppenburg had already called on the party leadership to leave the traffic light coalition in the spring. Too many “red lines” had been crossed. It will be interesting to see whether this will be debated at the party conference in Karlsruhe.

  • Tesla may have picked an unwinnable fight with Sweden’s powerful unions
    https://www.theguardian.com/commentisfree/2023/nov/21/tesla-sweden-unions-us-strikes-blockade-carmaker

    21.11.2023 by Martin Gelin - The first ever strikes and a solidarity blockade against the US carmaker could force it to rethink its entire anti-union model

    For the first time anywhere in the world, workers for the US carmaker Tesla have gone on strike. It’s not a coincidence that this strike is happening in Sweden, which has one of the strongest labour movements in Europe. More than 90% of workers are protected by collective bargaining agreements, and the system has strong backing among employees and employers alike. With good reason: the Swedish labour relations model has sustained relative industrial peace between wage-earners and corporations for decades.

    By refusing to play ball, Elon Musk’s car giant may have picked an unwinnable fight. What started as a minor local disagreement has grown to the point that it could have global implications, with potential ripple effects for labour movements and auto workers across Europe and the US.

    Tesla doesn’t manufacture cars in Sweden, but it does operate workshops to service its cars. The dispute began when a group of 130 disgruntled mechanics had their request for a collective bargaining agreement rejected. As is customary in Sweden, unions in other sectors came out in solidarity. Dockworkers, mail and delivery workers, cleaners and car painters have so far all agreed to refuse to work with Tesla products. Stockholm’s largest taxi company has also stopped buying new Tesla cars for its fleet. Their fight against Tesla’s anti-union business model could now spread to Germany, where Tesla runs factories and has a significantly larger workforce. The powerful German union IG Metall has said that it is ready to launch collective bargaining negotiations if the workers demand it.

    Tesla and other US corporations have certainly misjudged the situation if they expect special treatment in Sweden. Much about Swedish society has changed in the past few decades, but strong support for collective bargaining agreements is still considered the backbone of the country’s economic model.

    Minimum wage rates and benefits are generally not regulated by law, but in negotiations between unions and employers in each sector. It has mostly worked well: Sweden has fewer strikes than its Nordic neighbours. This is because the unions are so strong they only need to call for industrial action as a last resort. Despite the rightwing government currently in power in Sweden, calls to change the employment model are rare.

    Foreign and domestic tech giants have tried to challenge the system, but these attempts are now more likely to backfire. The financial tech company Klarna recently had to give way after several years of attempting to resist collective bargaining agreements, and settled with employees in a victory for white-collar unions. There is increasing pressure on Spotify to do the same.

    Instead of importing the US’s lax labour standards to Sweden, Tesla may end up jeopardising its own business model. In the US, Tesla has been involved in a number of scandals over the past decade, with allegations relating to workplace safety, racial discrimination, sexual harassment, labour violations and unlawful practices to curb unionisation efforts.
    A United Auto Workers picket line in Wayne, Michigan, 26 September 2023
    A United Auto Workers picket line in Wayne, Michigan, 26 September 2023. Photograph: Matthew Hatcher/AFP/Getty Images

    Corporations used to get away with such behaviours, but increasingly successful strikes and labour organising this year suggest that the power balance is shifting. 2023 has been a year of high-profile strikes and labour union victories in the US. Despite decades of supreme court rulings that make it harder to form unions, and conservative state governments enacting so-called right-to-work laws (an Orwellian euphemism for suppressing labour organising), there now seems to be real momentum, with support for unions at record highs. Fewer than 10% of US private sector workers are unionised, but 67% now support unions, up from only 48% in 2009.

    The Hollywood actors’ strike organised by the Sag-Aftra union lasted 118 days, making it the longest strike in the guild’s history. It ended with significant victories including big increases in salaries, benefits and pensions, as well as a framework for AI guardrails for actors. More than 75,000 workers for the healthcare giant Kaiser Permanente also participated in a US-wide strike, resulting in pay rises of more than 21% for workers.

    When United Auto Workers organised strikes at the “big three” car companies – General Motors, Ford and Stellantis – in Michigan this summer, three-quarters of Americans said they supported it. Joe Biden showed up, having called himself “the most pro-union president in American history”. Characteristic hyperbole perhaps, but Biden’s administration has accomplished quite a lot for labour unions in the past three years, especially compared to the dismal record of other recent presidents. (Donald Trump also showed up in Michigan, but gave a speech at a non-unionised car parts maker, which was equally characteristic of his signature working-class cosplay without policy substance.)
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    The United Auto Workers strike resulted in big concessions from the carmakers, who agreed to 20-30% pay increases for workers. For Musk, there are reasons to worry that his business model could be challenged, as the fight in Sweden reverberates with the strengthening power of labour organisers across American unions. The average worker for the big three US carmakers now makes significantly more money, and has better benefits, than a Tesla worker, which could make it easier for UAW to organise workers at Tesla factories across the US as well.

    In an interview, Susanna Gideonsson, who heads the Swedish trade union federation fighting Tesla, sounded remarkably confident. “This will end with the employees winning a collective bargaining agreement, one way or another,” she said. And if they don’t? “Then Tesla can leave the country.” If she is right, this could be a tremendous symbolic victory, which would strengthen the tailwinds for union movements on both sides of the Atlantic.

    In facing off with its Swedish mechanics, Tesla seems to have underestimated the sheer force of the union movement behind them. In classic David v Goliath fashion, the mechanics took on the world’s richest man, but the momentum is now with them.

    Martin Gelin writes for the Swedish newspaper Dagens Nyheter

    #Suède #industrie_automobile #travail #syndicalisme

  • Tesla workers in Germany join union as health and safety issues grow
    https://www.reuters.com/business/autos-transportation/tesla-workers-germany-join-union-health-safety-issues-grow-union-2023-10-09

    9.10.2023 von Victoria Waldersee, GRUENHEIDE - Tesla (TSLA.O) workers at the carmaker’s Brandenburg plant are joining the IG Metall union in rising numbers over concerns around health, safety and overwork, the union said on Monday.

    Lack of staff and inadequate safety provisions in the workplace were leading to a high number of accidents at work, and it was not rare that around 30% of workers were signed off sick, the union said in a statement.

    Reuters was not able to independently verify the union’s claims and Tesla did not immediately respond to a request for comment.

    Union representatives met workers at the factory gates, on the platforms of nearby stations and inside the factory on Monday handing out stickers stating “Together for safe and fair work at Tesla”.

    On Sunday night, Tesla managers invited their teams to a meeting with “free food and a surprise” to discuss IG Metall’s presence on the site, stating: “We want to speak with you and your teams about the questionable methods and actual goals of IG Metall,” according to a copy of the email seen by Reuters.

    “The law gives all workers the right to organise in a union and stand openly for that at their workplace. That counts at Tesla in Brandenburg as well,” Dirk Schulze of IG Metall said.

    The union said it does not share specific membership numbers for companies as a matter of course, but that it has seen a steep rise in the number of new members at Tesla.

    Reuters spoke to twelve workers at the factory on Monday.

    While four said they were satisfied with working conditions, eight said pressure was too high, with some reporting high incidence of accidents and issues with receiving overtime pay.

    Two workers said they were not allowed to speak to the media.

    “Speed is not compatible with safety,” said one 56-year-old worker from Poland, who declined to be named, adding there were too few workers to meet targets and that he would seek a new job next year if conditions did not improve.

    Reporting by Victoria Waldersee; Editing by Sharon Singleton

    Victoria Waldersee - Autos correspondent in Germany, covering the industry’s transition to electric vehicles. Previously reported on the impact of the COVID-19 pandemic on the retail sector in South Asia, China and Europe, and wider general news. Formerly at YouGov and Economy, a charity working to produce accessible economics coverage.

    #Allemagne #industrie_automobile #travail #syndicalisme

  • At Tesla’s Giant Texas Factory, Injuries and Safety Lapses Mount
    https://www.theinformation.com/articles/at-teslas-giant-texas-factory-injuries-and-safety-lapses-mount

    An explosion in the castings department. A worker pinned by a robot. Elon Musk’s gargantuan car factory in Austin is critical to Tesla’s plans to sell 20 million vehicles a year. But there’s a pattern of risky incidents at the plant, current and former workers say.

    In 2021, an engineer was programming the software that controls manufacturing robots at Tesla’s Austin, Texas, factory when something went wrong.

    Two of the robots, which cut car parts from freshly cast pieces of aluminum, were disabled so the engineer and his teammates could safely work on the machines. A third one, which grabbed and moved the car parts, was inadvertently left operational, according to two people who watched it happen. As that robot ran through its normal motions, it pinned the engineer against a surface, pushing its claws into his body and drawing blood from his back and his arm, the two people said.

    After another worker hit an emergency stop button, the engineer maneuvered his way out of the robot’s grasp, falling a couple of feet down a chute designed to collect scrap aluminum and leaving a trail of blood behind him, one of the witnesses said.
    ...

    #paywall #USA #travail #accident #exploitation #robotique

  • Missing Link: Digitalisierung befeuert milliardenschwere Untergrundwirtschaft
    https://www.heise.de/hintergrund/Missing-Link-Digitalisierung-befeuert-milliardenschwere-Untergrundwirtschaft-9

    17.9.2023 von Stefan Krempl - Online bestellbare Auftragsarbeiten ("Crime-as-a-Service"), Verschlüsselung, FinTech, Neobanken und Kryptowährungen beflügeln laut Europol die Kriminalität.

    Inhalt
    Cyber-Komponente biete „einen größeren Pool an Angriffszielen“
    Schreckbild der durchgehenden Verschlüsselung
    Crime-as-a-Service
    FinTech als Chance für Kriminelle
    Buy-Now-Pay-Later-Finanzierung und Blockchain
    Kryptowährungen und Non-Fungible Tokens
    Betrug, Diebstahl und anderen Straftaten im Metaverse
    CEO- und E-Commerce-Betrug
    Urheberrechtsverletzungen
    Geldwäsche
    Finanz- und Wirtschaftskriminalität am schwierigsten zu untersuchen und bekämpfen
    Beschlagnahme von Vermögenswerten „eines der wirksamsten Instrumente“
    Die „perfekte Zielgruppe“

    Die digitale Beschleunigung der Gesellschaft führt zu einem deutlichen Anstieg cybergestützter Finanz- und Wirtschaftskriminalität. Davor warnt Europol in einem jetzt veröffentlichten Bericht über die „milliardenschwere kriminelle Untergrundwirtschaft“. Das Europäische Polizeiamt beleuchtet darin erstmals eigenständig „die andere Seite der Medaille“ der technischen Vernetzung mit einer Analyse von Straftaten mit wirtschaftlichem Hintergrund in der EU und bewertet die Bedrohung. Die Darstellung enthält aber einige Lücken und ist klar interessengetrieben.
    Cyber-Komponente biete „einen größeren Pool an Angriffszielen“

    Die Untersuchung basiert laut der Behörde „auf einer Kombination aus operativen Erkenntnissen und strategischen Informationen“, die Mitgliedstaaten und Partnern zur Verfügung stellten. Abgedeckt werde „die gesamte Palette der Finanz- und Wirtschaftskriminalität, die die EU betrifft“. Dazu zählten insbesondere Geldwäsche, Korruption, Betrug, Kriminalität im Bereich Immaterialgüterrecht sowie Waren- und Währungsfälschung.

    „Finanzkriminalität, die mithilfe von Computertechnologie begangen wird, ist für Kriminelle besonders attraktiv“, betont Europol. Sie trage dazu bei, Geldflüsse zu verschleiern sowie schnellere und größere Gewinne zu erzielen. Die Cyber-Komponente biete schwerer und organisierter Kriminalität „einen größeren Pool an Angriffszielen“, die oft auch gleich mehrfach zu Opfern werden könnten. Parallel bringe die Digitalisierung Kriminelle dazu, Technologien zu entwickeln, die einerseits die Anonymität der Täter und andererseits die Zusammenarbeit untereinander ermöglichten.
    Schreckbild der durchgehenden Verschlüsselung

    Verschlüsselte Messaging-Apps, Marktplätze im Darknet, Kryptowährungen und andere Technologien zum Schutz der Privatsphäre verschleierten die Identität von Verbrechern, verweisen die Autoren auf das viel beschworene „Going Dark“-Szenario. Demnach macht vor allem die zunehmende durchgehende Verschlüsselung von Kommunikationsdiensten Ermittler blind und taub.

    Eine US-Expertengruppe kam aber schon 2016 zu dem Schluss, dass dieses Schreckbild nicht sonderlich stichhaltig ist. Die Geschäftsmodelle der Mehrzahl der Betreiber von sozialen Netzwerken beruhen ihr zufolge auf unverschlüsselten Nutzerdaten für personalisierte Werbung. Das Internet der Dinge bringe ferner eine Flut an Bild-, Video- und Audiodaten mit sich, die häufig in Echtzeit abgefangen werden könnten. Europäischen Sicherheitsbehörden ist es zudem bei mehr oder weniger gut verschlüsselten Diensten wie EncroChat, Sky ECC und Anom gelungen, Kommunikation im großen Stil abzuschöpfen.
    Crime-as-a-Service

    Als weiteren Digital-Turbo für die Finanz- und Wirtschaftskriminalität hat Europol Crime-as-a-Service (CaaS) ausgemacht. Dabei werden kriminelle Dienste wie das Ausspähen oder Abfangen von Daten angeboten, bestellbar übers Internet. Mit diesem Ansatz sei es kinderleicht, heißt es in der rund 50-seitigen Studie, illegale digitale Produkte und technische Dienstleistungen auch von Kriminellen im Rahmen eines einschlägigen Geschäftsmodells zu mieten oder zu kaufen.

    CaaS ermöglicht es Europol zufolge auch nicht besonders technikaffinen Straftätern, illegale Aktivitäten durchzuführen, die eigentlich IT-Kenntnisse erforderten. Über den Online-Bestellservice für individuelle Dienstleistungen kommen Hacker für kurzzeitige Aufträge zusammen. Tätergruppen bilden so keine festen und hierarchisch strukturierten großen Netzwerke mehr und sind damit für die Polizei schwerer identifizierbar. Die EU-Strafverfolger zeichnen hier ein ähnliches Bild wie das Bundeskriminalamt, das CaaS in seiner aktuellen Cybercrime-Einschätzung ebenfalls als große Bedrohung darstellt.

    Was fehlt: In der rapiden Technikwelt häufig die Zeit, die vielen News und Hintergründe neu zu sortieren. Am Wochenende wollen wir sie uns nehmen, die Seitenwege abseits des Aktuellen verfolgen, andere Blickwinkel probieren und Zwischentöne hörbar machen.

    Mehr zum Feuilleton „Missing Link“

    FinTech als Chance für Kriminelle

    Auch die unter dem Stichwort FinTech bekannten „rasanten technologischen Fortschritte im Finanzsektor“ sehen Kriminelle als Chance für ihr sinistres Treiben, ist dem Bericht zu entnehmen. Die Finanztechnologie sei prinzipiell ein Sammelbecken für bessere Dienstleistungen in dem Sektor. Sie treibe Innovationen voran, stärke die finanzielle Inklusion und senke die Betriebskosten. FinTech sei daher mittlerweile in das traditionelle Bankwesen sowie in Systeme nicht-klassischer Finanzinstitutionen fest integriert. Zugleich biete aber auch diese Technologie „viele Möglichkeiten für kriminellen Missbrauch“. Beispiele nennen die Verfasser nicht.

    Andere Entwicklungen im Finanzwesen haben zur Einführung von Online-Banking oder sogenannter App-basierter Neobanken wie N26 oder Revolut geführt, bei denen es sich um Online-Finanzinstitute ohne Filialen handelt. Solche Einrichtungen erfreuten sich immer größerer Beliebtheit, ist Europol nicht entgangen. Sie wüchsen oft schnell – aber auch „auf Kosten ordnungsgemäßer Compliance-Prozesse, wodurch die Gefahr einer unverhältnismäßig hohen Zahl von Finanzbetrugs- und Geldwäschedelikten besteht“. In diesem Zusammenhang sei bereits in allen Mitgliedstaaten die Nutzung digitaler Zahlungen für Geldwäschezwecke beobachtet worden.
    Buy-Now-Pay-Later-Finanzierung und Blockchain

    Die Buy-Now-Pay-Later-Finanzierung (BNPL) hat in letzter Zeit ebenfalls zugenommen. Solche auch als Point-of-Sale-Ratenkredite bekannten Zahlungsvarianten bietet in der EU etwa Klarna an. Mit deren Beliebtheit sei indes auch die Zahl der BNPL-missbrauchenden Kriminellen nach oben gegangen, konstatiert die Polizeibehörde. Diese nutzten „aktuelle Schwachstellen“ im Antragsverfahren solcher aufgeschobener Zahlungen für Diebstahl.

    Als Treiber betrachten die Autoren ferner Formen der dezentralen Finanzierung, die den Einsatz der Blockchain zur Ergänzung oder Ersetzung des traditionellen zentralisierten Finanzsystems beinhalten. Die dezentrale Datenbanktechnologie verspreche mehr Unabhängigkeit und Sicherheit, „da sensible Informationen robuster geschützt werden können“. Allerdings öffne hier die mangelnde Regulierung des Sektors Tür und Tor für Wirtschaftskriminalität, wenn Straftäter illegale Vermögenswerte auf einschlägigen Plattformen hielten. Die EU-Gesetzgeber haben aber bereits ein umfangreiches Regelwerk für Krypto-Werte beschlossen und das Aus für anonyme Zahlungen besiegelt.
    Kryptowährungen und Non-Fungible Tokens

    Auch die Nutzung von Kryptowährungen für kriminelle Machenschaften nehme „entsprechend ihrer Gesamtakzeptanzrate zu“, behauptet Europol. Es folgt die Einschränkung, dass deren kriminelle Nutzung „immer noch weniger als ein Prozent des gesamten Transaktionsvolumens“ ausmache. Potenzielle Täter würden offenbar durch die hohe Volatilität dieser Währungen und durch „einige hochkarätige Erfolge der Strafverfolgungsbehörden bei der Verfolgung krimineller Krypto-Währungstransaktionen“ abgeschreckt. Dennoch seien Bitcoin, Ethereum, Ripple & Co. immer noch das Ziel betrügerischer Investitionsprogramme und würden auch für eine Vielzahl krimineller Aktivitäten verwendet, die vom Handel mit illegalen Gütern bis zu Betrug und Geldwäsche reichten.

    Non-Fungible Tokens (NFTs), die auf Basis von Krypto-Münzen das Eigentum an realen Objekte wie Kunst, Musik und Videos repräsentieren, beschreiben die Verfasser als „einzigartige digitale Identifikatoren, die in einer Blockchain aufgezeichnet werden“. Viele Krypto-Börsen böten die immer populäreren NFTs inzwischen auf ihren Plattformen an. Aber auch diese Blockchain-Technik werden häufig für Betrug missbraucht: Kriminelle böten einerseits gefälschte NFTs an und versuchten andererseits, legitime Tokens mehrfach zu verkaufen. Zudem bärgen NFTs „ein erhebliches Geldwäscherisiko, da sie den sofortigen grenzüberschreitenden Handel ermöglichen“.
    Betrug, Diebstahl und anderen Straftaten im Metaverse

    Auch am Metaverse kommt Europol bei der Aufzählung nicht herum. Dabei handle es sich primär um eine Reihe offener und interoperabler virtueller Räume, „die für viele Aspekte des täglichen Lebens genutzt werden können“. Der Finanzsektor sei einer der ersten Anwender mit eigenen Präsenzen im Metaversum gewesen. Auch hier seien bereits „Fälle von Betrug, Diebstahl und anderen Straftaten gemeldet werden“, Tendenz steigend.
    CEO- und E-Commerce-Betrug

    Zudem widmet Europol der Unterwanderung von Geschäfts-E-Mails alias „Zahlungsumleitungsbetrug“ einen Abschnitt. Dabei handle es sich um hochprofitable Täuschungen. Diese richteten sich gegen Privatunternehmen und Organisationen in der EU, „die häufig international tätig sind, Überweisungen durchführen und über Lieferantennetzwerke verfügen“. Die Chef-Masche alias CEO-Betrug, bei der sich Kriminelle als führende Mitarbeiter auszugeben und Organisationen zu prellen versuchen, sowie gefälschte Rechnungen stellten die häufigsten Kategorien dar.

    E-Commerce-Betrug hat die Behörde als „erheblichen und wachsenden Grund für wirtschaftlichen Schaden in den letzten zwei Jahren“ identifiziert. Dabei würden etwa Pakete nicht ausgeliefert, Kartenzahlungen vorgetäuscht, gefälschte Tickets oder andere Waren geschickt oder Versandkosten zu hoch angegeben. Dazu komme etwa Betrug bei Kunstwerken oder Unterkünften. Ferner verursachten Rückbuchungen und Nichtzahlungen bei Händlern weltweit finanziellen Schaden.

    Ein kriminelles Netzwerk, das „aus Staatsangehörigen verschiedener afrikanischer Länder mit Wohnsitz in der EU“ besteht, hat dem Bericht zufolge ein ausgeklügeltes System eingerichtet, das Zahlungsumleitungs- und E-Commerce-Betrug kombiniere. Die Betrüger fälschten E-Mail-Adressen und Webseiten, um sich als legitime Großhandelsunternehmen auszugeben und Bestellungen von anderen Firmen hauptsächlich aus Europa und Asien zu erhalten. Sie verlangten Vorauszahlungen, verschickten die Ware aber nie. Die Erlöse seien über rumänische, von Kriminellen kontrollierte Bankkonten gewaschen und dann an Geldautomaten abgehoben worden.
    Urheberrechtsverletzungen

    Ein Beispiel aus dem Verzeichnis für Urheberrechtsverletzungen im großen Stil: Erst im Mai habe Europol den niederländischen Finanzinformations- und Ermittlungsdienst bei der Abschaltung eines illegalen IPTV-Dienstes unterstützt, der über eine Million Nutzer in ganz Europa bediente. Im Rahmen der Razzia gegen illegales Streaming sei in den gesamten Niederlanden zu einer Reihe von Durchsuchungen gekommen: „Mehrere Personen wurden wegen des Verdachts der rechtswidrigen Verbreitung von Premium-Inhalten festgenommen.“ Durch den Kauf von Paketen erhielten die Abonnenten Zugriff auf über 10.000 Live-TV-Kanäle sowie eine Bibliothek mit 15.000 Filmen und Fernsehsendungen.

    Seit März 2014 „haben die EU und die internationale Gemeinschaft allmählich eine breite Palette von Maßnahmen gegen russische Organisationen und Einzelpersonen verhängt“: finanzielle Einschränkungen, Handelssanktionen, Reiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten. Ziel sei es, Russland „wichtige Technologien und Märkte zu entziehen“ und seine „wirtschaftliche Basis zu schwächen“, um die Kriegsfähigkeiten einzuschränken.
    Geldwäsche

    Die Betroffenen setzen laut der Analyse jedoch „verschiedene illegale Mechanismen“ ein, um diese Maßnahmen zu umgehen. Europol erwähnt hier die Verschleierung des wirtschaftlichen Eigentums, den Einsatz von Vermittlern und gefälschten Dokumenten sowie die Verlagerung und Unterbewertung beweglicher Vermögenswerte. Die Nutzung von Drittländern zur Kanalisierung von Transaktionen aus Russland sei ein häufiges Element.

    Kryptowährungen dürften (neben Bargeldtransaktionen) auch für Geldwäscheprogramme im Zusammenhang mit der Umgehung von Sanktionen eingesetzt werden, schreibt Europol und erwähnt die Schließung der Krypto-Plattform Bitzlato. Diese habe die schnelle Umwandlung verschiedener Krypto-Werte wie Bitcoin, Ethereum, Litecoin, Bitcoin Cash, Dash, Dogecoin und Tether in russische Rubel ermöglicht. Insgesamt habe die Börse wohl einen Umsatz im Gesamtwert von 2,1 Milliarden Euro gemacht. Ermittlungen hätten ergeben, „dass große Mengen krimineller Vermögenswerte über die Plattform liefen“.
    Finanz- und Wirtschaftskriminalität am schwierigsten zu untersuchen und bekämpfen

    Aufgrund ihres wenig hervorstechenden Charakters gehören Finanz- und Wirtschaftskriminalität laut der Studie zu den verbrecherischen Aktivitäten, die am schwierigsten zu untersuchen und zu bekämpfen sind. In einer fragmentierten Landschaft interagierten verschiedene kriminelle Akteure miteinander, was einschlägige Operationen komplexer und verworrener mache. Die Hauptakteure blieben in der Regel anonym und operierten unabhängig.

    Nicht arm ist der Bericht an Statistiken: Fast 70 Prozent der in der EU tätigen kriminellen Netzwerke nutzen demnach die eine oder andere Form der Geldwäsche, um ihre Aktivitäten zu finanzieren und ihr Vermögen zu verschleiern. Mehr als 60 Prozent setzten auf Methoden der Korruption, um ihre illegalen Ziele zu erreichen. 80 Prozent missbrauchten legale Geschäftsstrukturen für kriminelle Aktivitäten. Die Hauptverantwortlichen seien häufig außerhalb der EU ansässig.
    Beschlagnahme von Vermögenswerten „eines der wirksamsten Instrumente“

    Die Beschlagnahme von Vermögenswerten bleibt laut Europol „eines der wirksamsten Instrumente zur Gegenwehr“. Sie entziehe Kriminellen ihre unrechtmäßig erworbenen Reichtümer und hindere sie daran, es in weitere Kriminalität zu reinvestieren oder es in die allgemeine Wirtschaft zu integrieren. Die EU-Gesetzgeber, Mitgliedstaaten und Strafverfolgungsbehörden seien zunehmend bemüht, die wirtschaftliche Macht schwerer und organisierter Kriminalität über diesen Ansatz zu untergraben. Dennoch sei die Höhe der eingezogenen Erlöse immer noch zu niedrig – sie liege bei weniger als 2 Prozent der geschätzten jährlichen Erträge der organisierten Kriminalität.

    Aktuell bietet den Analysten zufolge auch der Übergang der EU zu einer ökologisch nachhaltigeren und widerstandsfähigeren Wirtschaft „Risiken für kriminelle Unterschlagung“. Unterschiedliche Betrugspläne, korrupte Praktiken, die Veruntreuung von Geldern, der kriminelle Missbrauch der wachsenden Umweltindustrie und die schädlichen Nebenwirkungen der Produktfälschung auf die natürliche Umwelt könnten die Ambition des grünen Deals behindern. Es sei auch mit ausgefeilteren Betrugsversuchen zu rechnen, die auf Schwellenländer im Rahmen dieser Transformation abzielten.
    Die „perfekte Zielgruppe“

    Als „perfekte Zielgruppe“ für die beschriebene parallele Untergrundwirtschaft hat Europol „gefährdete Bevölkerungsgruppen“ und dabei insbesondere Jugendliche ausgemacht, „denen es an Vertrauen in gesellschaftliche Institutionen“ und in die Rechtsstaatlichkeit fehle. „Akteure, die an Wirtschafts- und Finanzkriminalität beteiligt sind, nutzen Schwachstellen in Wirtschafts- und Sozialsystemen aus, um illegale Gewinne in Milliardenhöhe zu erwirtschaften“, zeigt sich Europol-Direktorin Catherine De Bolle alarmiert. Beschlagnahmte Vermögenswerte seien dagegen bislang nur „ein Tropfen im Ozean“. Für sie steht fest: „Wir müssen bestehende Kooperationen und Partnerschaften stärken und neue Ansätze entwickeln.“ Insbesondere die öffentlich-private Zusammenarbeit werde dabei eine zentrale Rolle spielen: Nur gemeinsam lasse sich verhindern, „dass kriminelle Gewinne in das legale Finanzsystem gelangen“.

    EU-Innenkommissarin Ylva Johansson beklagt die „zerstörerische Kraft“ in der Gesellschaft, die das große Ausmaß der Finanz- und Wirtschaftskriminalität schon erlangt habe. Europol und das dort 2020 eingerichtete Europäische Zentrum für Finanz- und Wirtschaftskriminalität seien Teil der Lösung. Wenn die Mitgliedstaaten in diesem Kampf noch enger zusammenarbeiteten, „können wir großartige Ergebnisse erzielen“.