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Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren, müssen Männer mit Bärten sein. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die haben Bärte. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die fahren mit.

  • Präsident von Namibia : Wie Hage Geingob Deutschland noch im Tod einen Spiegel vorhält
    https://www.telepolis.de/features/Praesident-von-Namibia-Wie-Hage-Geingob-Deutschland-noch-im-Tod-einen-Spie

    Avec sa politique en faveur de l’état d’Israël l’Allemagne se montre comme esclave de son passé colonial.

    5.2.2024 von Uwe Kerkow, Harald Neuber - Kritiker westlicher Politik mit 82 Jahren verstorben. Eine der letzten Wortmeldungen galt deutscher Haltung zu Israel-Krieg. Reaktionen werfen Schlaglicht auf unser Weltbild.

    Kritiker westlicher Politik mit 82 Jahren verstorben. Eine der letzten Wortmeldungen galt deutscher Haltung zu Israel-Krieg. Reaktionen werfen Schlaglicht auf unser Weltbild.

    Noch vor gut drei Wochen hatte sich Hage Gottfried Geingob mit scharfer Kritik an Deutschland zu Wort gemeldet. Er sei „zutiefst besorgt“ über die Haltung Berlins zur international viel beachteten Völkermord-Klage gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof im niederländischen Den Haag, ließ Namibias Präsident wissen.

    Geingobs Letzte Worte: Scharfe Kritik an Deutschland

    Am frühen Morgen des 4. Februar starb Geingob im Alter von 82 Jahren in einem Krankenhaus in Windhoek. In Afrika und in vielen Ländern, die zu Zeiten des antikolonialen Befreiungskampfes dem „Trikont“ - Afrika, Asien und Lateinamerika - zugerechnet wurden, löste die Nachricht Bestürzung aus, in Europa war sie eher eine Randnotiz. Nicht nur daran zeigt sich der unterschiedliche Blick auf den Globalen Süden.

    Geingob wurde am 3. August 1941 im Distrikt Grootfontein in Südwestafrika geboren, das seit Ende des Ersten Weltkriegs nicht mehr unter deutscher Kolonialherrschaft, sondern unter dem Mandat des Völkerbundes stand. De facto stand das Gebiet jedoch unter der Apartheid-Verwaltung Südafrikas.
    Geingobs Wurzeln: Ein Leben unter Kolonialismus und Apartheid

    Mit 17 Jahren begann Geingob eine Lehrerausbildung, die er trotz seiner politischen Aktivitäten mit 21 Jahren abschloss. Seine Stelle als Lehrkraft musste er jedoch nach kurzer Zeit wieder aufgeben, da er gezwungen war, unter dem südafrikanischen Bantu Education Act zu unterrichten. Mit diesem Gesetz sollte die Rassentrennung im Schulsystem durchgesetzt werden. Stattdessen floh Geingob ins benachbarte Botswana, um dort die Südwestafrikanische Volksorganisation (Swapo) zu vertreten.

    Im Jahr 1964 erhielt Geingob ein Stipendium, das es ihm ermöglichte, in die Vereinigten Staaten zu gehen, wo er einen Master-Abschluss in Politikwissenschaft erwarb. Noch im selben Jahr wurde er zum Vertreter der Swapo bei den Vereinten Nationen ernannt. In den folgenden Jahren setzte er sich intensiv für die internationale Anerkennung des namibischen Befreiungskampfes ein, der seit 1966 auch mit Waffengewalt geführt wurde.

    Von der Bildung zur Politik: Geingobs Aufstieg bei der Swapo

    Und Geingob hatte Erfolg: 1976 wurde die Swapo schließlich von der Generalversammlung der Vereinten Nationen in der Resolution 31/146 als „einzige und authentische Vertreterin des namibischen Volkes“ anerkannt.

    Über verschiedene Stationen bei den Vereinten Nationen und Lehraufträge an US-amerikanischen Universitäten erarbeitete sich Geingob in den folgenden Jahren eine Position, die es ihm ermöglichte, 1989 als Mitglied des Politbüros der Swapo den ersten Wahlkampf für die Befreiungsorganisation in Namibia zu leiten.

    Geingob an der Macht: Erster Premierminister Namibias

    Geingob, der auch ein geübter Rhetoriker war und kompromisslos für die Rechte der Unterdrückten eintrat, leitete nun die verfassungsgebende Versammlung in Windhoek und wurde am 21. März 1990 zum ersten Premierminister der Republik Namibia gewählt.

    Seitdem hat Geingob der Republik Namibia mit kurzen Unterbrechungen in verschiedenen Regierungsämtern gedient, unter anderem als Minister für Regional- und Kommunalverwaltung und Wohnungsbau, als Minister für Handel und Industrie und als Vizepräsident, bevor er am 28. November 2014 zum Präsidenten Namibias gewählt wurde. Dieses Amt bekleidete er nach seiner Wiederwahl im Jahr 2019 bis zu seinem Tod.

    Geingob und der antikoloniale Befreiungskampf: Ein Vermächtnis

    Geingob war einer der letzten Vertreter des antikolonialen Befreiungskampfes, der von den westlichen Kolonialstaaten mit einer hierzulande bis heute fast unbekannten Brutalität bekämpft wurde. In vielen Ländern des Südens wird er in einer Reihe mit Fidel Castro oder Nelson Mandela gesehen.

    Ganz anders in den ehemaligen Kolonialstaaten. Dort spielte die Nachricht von seinem Tod eine eher untergeordnete Rolle und wurde teilweise einseitig aufgegriffen. Während Tagesschau.de weitgehend sachlich berichtete, reicherte das Nachrichtenmagazin Der Spiegel eine Agenturmeldung über den Tod Geingobs mit dem Satz an: „Doch seine Versprechen hielt er nicht immer.“

    Kritik und Interpretation: Was sagt Deutschlands Berichterstattung?

    Was das genau heißen soll, warum das relevant ist und ob man das nicht von jedem Politiker sagen kann – all das blieb offen. So sagt der Satz mehr über den deutschen Blick auf Afrika aus als über einen verstorbenen afrikanischen Staatschef.

    Nicht nur die Aussagen über Afrika lassen Rückschlüsse auf den deutschen Blick auf die Welt zu, sondern auch das, was nicht gesagt und berichtet wird. Drei Wochen vor Geingobs Tod hatte er scharfe Kritik an der Haltung der Bundesregierung gegenüber der Anklage Israels wegen Völkermords vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) geübt.

    Deutschland und IGH: Ein Streitpunkt in Geingobs letzten Tagen

    Dort war Ende Januar eine Klage Südafrikas gegen Israel wegen mutmaßlichen Völkermords erörtert worden. Zugleich hatte die deutsche Bundesregierung bekannt gegeben, Israel vor dem IGH zur Seite zu stehen.
    Lesen Sie auch

    In einer Stellungnahme verurteilte die namibische Regierung die Haltung Deutschlands, die ihrer Ansicht nach eine „völkermörderischen Absichten des rassistischen israelischen Staates gegen unschuldige Zivilisten in Gaza“ unterstützt.
    Namibias Standpunkt: Ablehnung der deutschen Unterstützung Israels

    Geingob selbst äußerte am Samstag seine „tiefe Besorgnis“ über die Entscheidung der deutschen Regierung, die Vorwürfe Südafrikas zurückzuweisen. Er bezeichnete dies als „schockierende Entscheidung“ und erinnerte an den Massenmord an Mitgliedern der Volksgruppen der Herero- und Nama durch Deutschland in den Jahren zwischen 1904 und 1908.
    Ein historischer Konflikt: Namibias Kritik an Deutschlands Rolle

    Namibia lehnt Deutschlands Unterstützung der völkermörderischen Absichten des rassistischen israelischen Staates gegen unschuldige Zivilisten in Gaza ab. Auf namibischem Boden beging Deutschland zwischen 1904 und 1908 den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts, bei dem Zehntausende unschuldiger Namibier unter unmenschlichsten und brutalsten Bedingungen starben.

    Die scharfe Kritik aus Windhoek kam in deutschen Medien vor, gibt man Namibia und Gaza ein, finden sich aber weitaus mehr Artikel in englischer Sprache. Womit der 82-jährige ein letztes Mal deutlich machte, wie der Blick Deutschlands auf Afrika und die Welt ist.

    #Allemagne #colonialisme #génocide

  • Allemagne : le Bundestag vote une loi réduisant de 100% les allocations sociales pour quelques personnes.
    https://harald-thome.de/newsletter/archiv/thome-newsletter-05-2024-vom-04-02-2024.html

    La sanction est prévue pour à partir de la deuxième sanction pour refus d’un travail ou non-collaboration avec le Jobcenter . Le loyer des bénéficiaires continue à être payé et ils ne perdent pas leur assurance maladie mais ne touchent plus d’argent pour se nourrir et les autres dépenses essentielles (Bedarf).

    La mesure touche d’abord les personnes en crise, les malades psy, les handicapé mentaux, analphabètes, bref les plus vulnérables qui ne sont souvent pas capables de « collaborer » avec le Jobcenter, cad de fournir des document en bonne et due forme et de se rendre aux rendez-vous imposés par l’administration.

    Le nombre de cas est assez réduite pour empêcher le nouveau règlement de permettre des économies sur budget social de l’état mais assez élevé pour empirer les situations de crise dans un nombre de cas qui va se faire sentir pour tout le monde. Bonjour les nouveaux mendiant, SDF et patients placés en institution.

    Thomé Newsletter 05/2024 vom 04.02.2024 - Harald Thomé

    1. Verschärftes 100 % - Sanktionsrecht vom Bundestag verabschiedet / „Neue Richtervereinigung“ hat gravierende verfassungsrechtliche Bedenken
    –-------------------------------------------------------------------
    Der Bundestag hat den Bundeshaushalt 2024 beschlossen, Teil des Haushaltsgesetz 2024 waren die verschärften 100 % - Sanktionen. Details hier nachzulesen: https://t1p.de/dfhy9

    Die Neue Richtervereinigung macht diesbezüglich auf gravierende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die beabsichtigte Einführung einer den gesamten Regelbedarf umfassenden Leistungsminderung (vormals: Sanktion) und die drohende Zweckverfehlung des Vorschlages aufmerksam. Sie sieht eine Gefahr, “denn auflaufende Stromschulden und Zahlungsprobleme bei Ausgaben für Kommunikation, Verkehr und Gesundheitskosten (Zuzahlungen und verschreibungsfreie Medikamente) werden regelmäßig entstehen und nach dem Vorschlag nicht durch Sachleistungen aufgefangen. Sie belasten die Betroffenen nicht nur in besonderer Weise, sondern behindern sie in der Wahrnehmung von Aktivitäten zur Arbeitsaufnahme.” Die Stellungnahme zum Nachlesen: https://t1p.de/cr1s7

    Auch die Diakonie kritisiert die Wiedereinführung der 100%-Sanktionierung deutlich. Sie meldet ebenfalls verfassungsrechtliche Bedenken an und erklärt, dass Sanktionen in erster Linie Menschen mit psychischen Erkrankungen, Leseschwierigkeiten, mangelnden Sprachkenntnissen, persönlichen Krisen oder Suchtkrankheiten trifft. Aus der Praxis der Beratung ist bekannt, dass Sanktionierungen die Lage Betroffener verschärfen und nicht zur Lösung ihrer individuellen Problemlagen beitragen. Hier geht’s zur Stellungnahme des DW: https://t1p.de/zmh3f
    ...

    #Allemagne #allocations_sociales #Bürgergeld #sanctions

  • "Nous nous sentons laissés pour compte" : six questions sur les raisons de la colère des policiers municipaux
    https://france3-regions.francetvinfo.fr/provence-alpes-cote-d-azur/bouches-du-rhone/marseille/nous-nous-sentons-laisses-pour-compte-six-questions-sur
    Vu les salaires je me demande qui devient encore policier aujourd’hui en France apart les personnages ultra-autoritaires qui ont besoin d’un uniforme pour leur l’estime de soi. Des malades quoi.

    Le Code général des collectivités territoriales (CGCT) stipule que « le maire est chargé, sous le contrôle administratif du représentant de l’État dans le département, de la police municipale, de la police rurale et de l’exécution des actes de l’État qui y sont relatifs » (art. L2212-1).

    Et c’est le maire qui décide de la rémunération d’un policier municipal, ce qui provoque des disparités suivant les communes.

    « Nous ce qu’on veut aujourd’hui, c’est une uniformisation des salaires, que tous les policiers municipaux touchent la même chose », indique Michel Choukri qui explique qu’"entre les policiers municipaux de Plan-de-Cuques par exemple et ceux de Marseille, il y a une différence de 400 à 500 euros en moins".

    « Ces problèmes de rémunération sont en grande partie responsables du manque de vocation, d’ici à l’horizon 2026, il va manquer 11 000 policiers municipaux en France », indique Philippe Angelelli, secrétaire général CFTC Ville de Marseille. Actuellement, il y a 26 000 fonctionnaires de police municipale dans le pays et les départs en retraite ne vont pas tous être comblés par manque d’attractivité du métier.

    Qu’est-ce que la « prime police »  ?
    Cette prime « police » comprend la dangerosité, la pénibilité et le risque que prennent les policiers.

    Au sens du Décret n° 2006-1391 du 17 novembre 2006 portant statut particulier du cadre d’emplois, les agents de police municipaux sont classés en catégorie C de la filière sécurité.

    Selon les grilles indiciaires, un agent de police municipale débutant comme brigadier, qui est donc à échelon 1, a un salaire brut de base de 1 541,70 €. Pour un chef de service de police municipale à échelon 1, le salaire brut est de 1 607,31 €.

    L’indemnité spéciale de fonctions (ISF), versée mensuellement, s’élève à 20% du traitement mensuel pour les Gardiens-Brigadiers et les Brigadiers-Chefs Principaux.

    L’indemnité d’administration et de technicité (IAT), variable selon l’assiduité, la qualité du service rendu, etc. À titre indicatif, elle peut varier de 452 € à 493 € annuels.

    Les salaires des flics berlinois suivant le rang et le groupe de salaire (A7 - A16/B2/B3)

    https://www.polizeitest.de/polizei-besoldung

    Dienstgrad Besoldungsgruppe
    Mittlerer Dienst
    Polizeimeister A7
    Polizeiobermeister A8
    Polizeihauptmeister A9
    Gehobener Dienst
    Polizeikommissar A9
    Polizeioberkommissar A10
    Polizeihauptkommissar A11/A12
    Erster Polizeihauptkommissar A13
    Höherer Dienst
    Polizeirat A13
    Polizeioberrat A14
    Polizeidirektor A15
    Leitender Polizeidirektor A16/B2/B3

    Un simple policier berlinois en début de carriére gagne € 2.314,42. Il peut monter jusqu’à € 10.809,50 pour la présidente de de la police de Berlin (B7). Au salaire il faut ajouter "le treizième mois" composé des primes de vacances et de noël et des primes diverses en fonction du type de service etc.

    Tableau pour la ville de Berlin à partir de 2022
    Besoldungstabellen - » dbb beamtenbund und tarifunion
    https://www.dbb.de/fileadmin/user_upload/dbb/pdfs/einkommenstabellen/2022-12_Besoldungstabelle_Berlin.pdf

    Les officiers de la police fédérale et les agents de plusieurs Länder sont mieux payés.

    #France #allemagne #rémunération

    • Plusieurs compléments d’information à proposer :
      – La police municipale est de plus en plus employée en remplacement de la police nationale. C’est un mouvement de fond engagé depuis plusieurs années. De plus en plus de PM sont armées et sont appelées à exercer des missions qui ne les distinguent en rien de celles de la PN, alors que la loi établit encore une distinction (la PM n’a pas les mêmes prérogatives que la PN).
      – Comme pour tous les agents territoriaux (fonctionnaires ou non) l’embauche des PM se fait sur le marché de l’emploi, comme dans le privé (contrairement à la fonction publique d’État) : le postulant envoie son CV avec une lettre de motivation au maire ; s’il reçoit une réponse favorable, le salaire fait l’objet d’une négociation lors de l’entretien d’embauche.
      – La négociation à l’embauche se fait uniquement sur le « régime indemnitaire », c’est à dire la partie du salaire qui est totalement décidée par chaque employeur (les maires). Le régime indemnitaire (RI) – autrement appelé « prime » - occupe une part de plus en plus importante dans le traitement des rémunérations, parfois près du tiers. Associées au RI (car décidées par l’employeur), d’autres primes liées au poste (comme évoqué ici) ou à des critères particuliers (travail le dimanche, travail salissant, etc.) pourront aussi être versées. Aucune cotisation n’est prélevée pour la retraite sur le RI, c’est la raison pour laquelle les agents territoriaux partent aujourd’hui avec des pensions de misère (salaire minables et partiellement sans cotisations). L’autre partie du salaire, par contre, est contrôlée par l’État ; il s’agit du fameux « point d’indice » (gelé), lequel est ventilé sur une grille indiciaire, en fonction des grades, des postes, de l’ancienneté, etc.
      – Pour plusieurs raisons (notamment, le renforcement des politiques répressives), le rapport entre l’offre et de la demande des policiers municipaux étaient, il y a encore quelques temps, plutôt favorable pour ces agents. Eh oui, on manque de flics dans les communes et les employeurs, en fonction de leurs ressources, étaient prêts à débourser de belles primes pour garnir leur service « tranquillité publique », afin de caresser les électeurs dans le sens du poil (enfin ceux qui votent). À l’époque où j’étais encore agent territorial, certains maires c’étaient accordés (dans le 93) pour éviter de se mettre en concurrence sur l’embauche des poulets municipaux. Cet article est peut-être le signe que les employeurs ont repris collectivement la main sur le contrôle de l’embauche de leurs flics. Quant à ce qui concerne les misions, les comportements et bavures, c’est une autre histoire. C’est encore pire que la PN !

  • Satire-Partei in Berlin-Kreuzberg : „Politiker oder Satiriker, Sie müssen sich entscheiden !“
    https://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/satire-partei-in-berlin-kreuzberg-politiker-oder-satiriker-die-mussen-s

    Qusnd les comiques se mêlent à la politique : les membrs du parti Die Partei font voter une résolution qui exige l’application de Taser sur tous les politiciens qui votent pour l’introduction du pistolet à flèchettes électriques. Résultat unanime : les politiciens qui sont pour l’introduction de l’arme votent contre la résolution. Seulement les élu de Die Partei votent en faveur de la mesure.

    2.2.2024 von Robert Klages - „Sind Sie hier Satiriker oder Politiker? Sie müssen sich entscheiden“, sagte Sebastian Forck von der SPD-Fraktion zu Beginn der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg in einer „persönlichen Erklärung“.

    Forck monierte eine Resolution der Satire-Partei „Die Partei“ mit dem Titel „CDU und SPD tasern“. Darin wird die BVV aufgefordert, das neue Polizeigesetz als „unsachlich, inhuman und unwirksam“ abzulehnen.

    Der Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses hatte bereits letztes Jahr das sogenannte „Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz“ beschlossen. Es regelt den Einsatz von Elektroschock-Pistolen, besser bekannt als „Taser“. Diese sind schon seit mehreren Jahren bei der Polizei im Testgebrauch, SPD-Innensenatorin Iris Spranger will sie nun in großer Zahl anschaffen.

    Die Satire-Partei fordert in der Resolution „Taser für alle“. Oder: „Ersatzweise ist der Tasereinsatz nur gegen Personen zu erlauben, die – wie SPD- und CDU-Anhänger – dem Einsatz zugestimmt haben.“

    Der SPD gefällt das gar nicht. Die Fraktion verließ während der Resolution die Sitzung. Die Resolution sei ein Aufruf zum Angriff auf Politiker:innen demokratischer Fraktionen, so Forck.

    „Wir sind hier übrigens gewählte Politiker:innen wie Sie alle“, antwortete Torben Denecke von der Satire-Partei. Nach seinem Vortrag über Taser gab es kurze Tumulte im Saal. Dann wurde abgestimmt und die Resolution mit 37 Nein-Stimmen abgelehnt. Lediglich die drei Verordneten der Satire-Partei stimmten dafür.

    #Allemagne #Berlin #Kreuzberg #politique #violence_policière #taser #parodie #wtf

  • Laurie Anderson Loses German Professorship Over Pro-Palestine Letter
    https://hyperallergic.com/868602/laurie-anderson-loses-german-professorship-over-pro-palestine-letter

    C’est honteux. Actuellement les opinions indépendants sont systématiquement persécutées en Allemagne.

    The artist and Folkwang University jointly announced her resignation in light of Anderson’s endorsement of a “Letter Against Apartheid” over two years ago.

    Visual artist, musician, and filmmaker Laurie Anderson is the latest target of Germany’s crackdown on speech critical of Israel. After accepting a professorship at the Folkwang University of the Arts in Essen earlier this month, Anderson and the school jointly announced her resignation on Friday, January 26, citing the artist’s endorsement of a “Letter Against Apartheid” over two years ago.

    The university claims that the 2021 missive, signed by about 16,000 artists among them Nan Goldin, Emily Jacir, and Kara Walker, “takes up boycott demands of the anti-Israeli BDS [Boycott, Divest, Sanctions] movement,” an initiative the German parliament equated with antisemitism in a 2019 resolution. While the 2021 letter does not mention the BDS movement by name, it calls on international governments to impose sanctions on Israel, among a number of other demands.

    “Against the background of the question of her political stance, which has now become public, Laurie Anderson has finally decided to withdraw from the professorship,” the university’s statement reads.

    Anderson has not responded to Hyperallergic’s request for comment, but offered her perspective in a statement printed below the university’s announcement.

    “For me the question isn’t whether my political opinions have shifted. The real question is this: Why is this question being asked in the first place?” Anderson’s statement reads. “Based on this situation I withdraw from the project.” The artist added that she discussed the situation with the university and the Pina Bausch Foundation, a partial sponsor of the professorship, “at great length.”

    “We jointly decided this is the best way forward,” she wrote.

    Earlier this month, the Berlin Senate introduced a bill that would have forced cultural workers receiving state funding to “make a commitment against anti-Semitism.” The definition of “antisemitism” employed by the government, adopted from that of the International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA), comprises speech “demonizing the state of Israel, comparing Israeli policy with the actions of the Nazis and denying the Jewish people’s right to self-determination.”

    The initiative was withdrawn earlier this week in the wake of outrage from the international arts community. Nearly 6,000 creators, including artist Jumana Manna and 2024 Turner Prize winner Jesse Darling, signed an open letter denouncing the pending legislation. More than 1,400 people including artist Lawrence Abu Hamdan and writers Mohammed El-Kurd and Annie Ernaux signed another missive affirming their commitment to “Strike Germany,” an ongoing campaign urging creative workers to boycott the country’s heavily state-funded art institutions and decrying the nation’s “McCarthyist policies.”

    Other cultural figures and organizations critical of Israel, including author Masha Gessen, Forensic Architecture, and artist Adam Broomberg, have also seen their work stifled in Germany in recent months.

    On Friday, January 26, the United Nations’s International Court of Justice (ICJ) fell short of ordering an immediate ceasefire in Gaza, where Israeli forces have killed over 26,600 Palestinians since the October 7 Hamas attack in which 846 Israeli civilians were killed. The ICJ’s ruling on the case — brought by South Africa — demanded that Israel “take all reasonable measures within their power to prevent genocide” but avoided naming Israel’s ongoing bombardments of Gaza a “genocide.”

  • SAP-Gründer Hasso Plattner über Berlin : „Ganze Stadtteile von Arabern übernommen“
    https://www.berliner-zeitung.de/news/hasso-plattner-ueber-berlin-ganze-stadtteile-von-arabern-uebernomme

    Le Bill Gates allemand est un (peu) raciste et simplement de droite. Il partage son opinion sur Berlin avec la majorité des autres habitants de villas luxueuses à Potsdam. Ces gens ne se rendent jamais dans les "quartiers arabes" de Berlin. Quand on leur pose la question ils ne savent même pas de quels quartiers ils parlent.

    29.1.2024 - Der Unternehmer Hasso Plattner fühlt sich in Berlin offenbar nicht mehr wohl. In einem Interview zeichnet er ein düsteres Bild von der aktuellen Lage in Deutschland.

    Der Unternehmer Hasso Plattner hat sich in einem Interview kritisch über verschiedene Entwicklungen in Deutschland geäußert. So habe er etwa seiner Heimatstadt Berlin inzwischen den Rücken zugekehrt. Im Gespräch mit der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) sagte der SAP-Gründer: „Ich bin Berliner, aber ich fahre nicht mehr nach Berlin, ich bleibe in meinem Potsdam.“ Als Grund dafür nennt er die seiner Ansicht nach problematische Lage in einigen Berliner Stadtteilen.

    Gegenüber dem Schweizer Blatt mutmaßt er: „Dass ganze Stadtteile scheinbar übernommen wurden von Arabern, dass dort deren Ethik und Verständnis für Gesetze gelebt wird, ist nicht gut.“ Hinter vorgehaltener Hand sage Plattner zufolge jeder, „dass da etwas schiefgegangen“ sei. Auf die Rückfrage hin, was genau seiner Ansicht nach fehlgeschlagen ist, führt er „die Integration“ an. Auch „die Erziehung“ und „die Schulpolitik“ seien gescheitert. Über die Probleme wird ihm zufolge jedoch nicht offen genug gesprochen: „Keiner geht hin und sagt: Ja, das ist schiefgegangen, jetzt müssen wir es ändern. Weil das auch wieder unpopulär ist.“

    Welche Stadtteile in Berlin er genau meinte, sagte Plattner nicht. Auch blieb offen, anhand welcher Faktoren er seine These, ganze Stadtteile seien „von Arabern übernommen“, begründet.

    Gleichzeitig besorge den 80-Jährigen der derzeitige Aufstieg der AfD. „Nehmen wir mal an, in Amerika kippt die Demokratie. Dann hat die westliche Welt ein großes Problem.“, so Plattner. „Auf einmal müssten wir es selbst richten. Und das mit einem Drittel von Menschen in Deutschland, die ähnlich denken wie Trump, und die ganz schnell vielleicht 50 Prozent sein könnten.“ Nach aktuellen Umfragen kommt die AfD bundesweit auf etwa 21 Prozent - in Sachsen, Thüringen und Brandenburg hingegen sind es knapp oder über 30 Prozent. In diesen Bundesländern finden im September Landtagswahlen statt.

    Gegenüber der NZZ lehnte der Unternehmer ein Verbot der AfD ab. „Das würde sie nur noch stärker machen, denn es gibt eine starke Gruppe in der Bevölkerung, die dem Gedankengut der AfD sehr nahesteht.“ Weit verbreitet in Deutschland ist laut Plattner das Gefühl, anderen überlegen zu sein.

    Weitere Herausforderungen sieht Plattner bei der Bekämpfung des Klimawandels und in der gesamtwirtschaftlich schlechten Stimmung im Land. Die Regierungsarbeit der SPD bezeichnet der SAP-Gründer derweil als „Trauerspiel“, zeigt jedoch auch Verständnis: „Wenn Bundeskanzler Scholz mich jetzt fragen würde, was er denn machen solle, wüsste ich auch keinen Rat.“ Die Ampel sei „nicht auf natürliche Art stabil“.

    Der gebürtige Berliner Hasso Plattner arbeitete zunächst bei IBM und gründete in den 70er Jahren mit vier ehemaligen Kollegen den Unternehmenssoftware-Konzern SAP. Im Jahr 1999 gründete er das Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik (HPI). Das Museum Barberini – dessen Gründer und Mäzen er ist – öffnete im Jahr 2017, das von ihm umgebaute Kunsthaus Minsk 2022.

    #Potsdam #nantis #droite #racisme

  • Israel : Soldaten stürmen als Ärzte verkleidet in Krankenhaus, töten Hamas-Leute
    https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/nahost-krieg-israel-soldaten-stuermen-als-aerzte-verkleidet-in-kran

    Business as usual. On se demandait pouquoi les vietcong tuaient systématiquement les toubibs américains. Tout s’éclaire.

    Michael Maier - Bei einem Einsatz in einem Krankenhaus in Dschenin töteten israelische Spezialkräfte drei islamistische Kämpfer. Juristen sehen den Einsatz kritisch.

    Als Ärzte, Frauen und Sanitäter verkleidete israelische Spezialkräfte haben am Dienstag ein Krankenhaus im besetzten Westjordanland gestürmt und im Zug der Aktion nach eigenen Angaben drei palästinensische Hamas-Kämpfer und Kämpfer des Islamischen Dschihad getötet. Das berichten mehrere internationale Medien und Nachrichtenagenturen, unter anderem die New York Times, CNN und die AP. Das palästinensische Gesundheitsministerium sagte, israelische Streitkräfte hätten das Feuer im Ibn-Sina-Krankenhaus in der Stadt Dschenin im Westjordanland eröffnet. Ein Sprecher des Krankenhauses sagte, es habe keinen Schusswechsel gegeben, was darauf hindeutet, dass es sich um eine gezielte Tötung gehandelt habe. Das israelische Militär sagte, die Kämpfer nutzten das Krankenhaus als Versteck, ohne jedoch Belege für diese Aussage vorzulegen.

    Das Krankenhaus sagte laut CNN, die drei Männer hätten zum Zeitpunkt des Angriffs geschlafen. Einer der Getöteten wurde von der Hamas als Mitglied identifiziert. Die anderen beiden sollen vom Islamischen Dschihad als Mitglieder bezeichnet worden sein. Hamas sagte, alle drei seien Kämpfer der Dschenin-Brigade, einer Gruppe bewaffneter palästinensischer Einheiten in der Stadt im Westjordanland.

    Die getarnten Spezialeinheiten der israelischen Armee (IDF) seien „einzeln in das Krankenhaus eingedrungen, seien in den dritten Stock vorgedrungen und hätten die jungen Männer ermordet“, berichtete die staatliche palästinensische Nachrichtenagentur WAFA unter Berufung auf Quellen aus dem Krankenhaus.

    Während Israels Krieg seit fast vier Monaten im Gazastreifen tobt, hat sich der Konflikt auch auf das besetzte Westjordanland ausgeweitet. Seit den Hamas-Angriffen in Israel am 7. Oktober wurden dort mindestens 381 Palästinenser getötet, wobei die Bewohner zunehmenden Beschränkungen und Siedlergewalt ausgesetzt sind. CNN schreibt: „Doch die Morde am Dienstag stellen einen der kühnsten israelischen Angriffe seit Kriegsbeginn dar. Experten warnen, dass der Angriff der IDF möglicherweise gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen hat.“ Der TV-Sender zitiert Jura-Professor Aurel Sari, von der University Exeter in Großbritannien, der sagte, die Ermordung könne im Rahmen des Völkerrechts zulässig sein, wenn sich die Männer als Terroristen dort wirklich nur versteckt hätten. Wären sie als Verletzte im Krankenhaus in Behandlung, könnte ihre Tötung ein Kriegsverbrechen darstellen. Der Aufenthalt in einem Krankenhaus garantiere Patienten das Recht auf Schutz und Unversehrtheit.

    Die IDF sagte, sie habe den Hamas-Kämpfer Mohammed Jalamneh ins Visier genommen, der „kürzlich an der Förderung erheblicher terroristischer Aktivitäten beteiligt war“ und sich im Ibn-Sina-Krankenhaus „versteckte“. Darin hieß es, er plane einen bevorstehenden Terroranschlag „inspiriert durch das Massaker vom 7. Oktober“ und man habe ihn mit einer Pistole gefunden.

    Nach Angaben der IDF wurden auch zwei Brüder getötet, die mit dem Islamischen Dschihad in Verbindung stehen, Mohammed und Basel Al-Ghazawi.

    Die IDF sagte, die drei Männer hätten sich „in Krankenhäusern versteckt und sie als Basis für die Planung terroristischer Aktivitäten und die Durchführung von Terroranschlägen genutzt“ und Krankenhäuser zynischerweise als Zufluchtsorte und „menschliche Schutzschilde“ genutzt. Hamas hat solche Vorwürfe zuvor zurückgewiesen.

    Überwachungskameraaufnahmen aus dem Krankenhaus zeigen etwa ein Dutzend Personen, die meisten davon bewaffnet. Sie tragen muslimische Kopftücher, Krankenhauskittel oder weiße Arztkittel. Einer trug ein Gewehr in einem Arm und einen zusammengeklappten Rollstuhl im anderen. Ein anderer hält einen Kinder-Autositz, in dem sich Waffen befinden. Den Medienberichten zufolge sagte die israelische Armee, die Kämpfer hätten sich ihrer Festnahme zu entziehen versucht und seien daher an Ort und Stelle erschossen worden.

    Israels extrem-religiöser nationaler Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir teilte die Aufnahmen der Überwachungskameras in den sozialen Medien und lobte die Razzia: „Ich gratuliere den Marinekommandokräften der israelischen Polizei zu ihrer beeindruckenden Operation gestern Abend in Zusammenarbeit mit der IDF und dem Shin Bet im Flüchtlingslager Dschenin, die zur Eliminierung von drei Terroristen führte“, sagte Ben Gvir neben dem Video auf X.

    Das palästinensische Gesundheitsministerium verurteilte den Angriff und forderte die Generalversammlung der Vereinten Nationen auf, den notwendigen Schutz für medizinische Behandlungszentren und Notfallteams zu gewährleisten. Das Völkerrecht sehe „allgemeinen und besonderen Schutz für zivile Standorte, einschließlich Krankenhäuser, vor“, sagte das Ministerium in einer Erklärung am Dienstag.

    Der Generalstabschef der IDF, Herzi Halevi, kommentierte die Razzia am Dienstag und sagte laut CNN, die angegriffenen Männer seien Teil einer Terrorzelle, die einen „schweren Angriff“ auf israelische Zivilisten geplant hätten. Die Armee würde nicht zulassen, dass Krankenhäuser zu einem „Schutz für Terrorismus“ würden. „Wir wollen Krankenhäuser nicht in Schlachtfelder verwandeln“, sagte Halevi. Aber es dürfe nicht zugelassen werden, dass Krankenhäuser in Gaza, Judäa und Samaria und im Libanon oberirdisch oder in Tunnelschächten und Tunneln unter Krankenhäusern zu einem Orten würden, der es Terroristen ermögliche, Waffen zu verstecken, sich auszuruhen und loszuziehen, um einen Angriff zu verüben.

  • 24.12.2024 von Wilfried Nelles : Warum der Kampf gegen den Kapitalismus scheitert
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/wilfried-nelles-warum-der-kampf-gegen-den-kapitalismus-scheitert-li
    Quand un charlatan psy t’explique pourquoi tu devrais abandonner la lutte contre le capitalisme.

    Seit rund 200 Jahren, also praktisch seit es ihn gibt, rufen kluge Geister zum Kampf gegen den Kapitalismus auf – man will ihn überwinden. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Selbst das weltweite Scheitern von Sozialismus und Kommunismus, auch die im Namen dieser Ideen stattgefundenen Gräueltaten und Mordorgien – vom stalinistischen Gulag über Maos Befreiungskrieg samt Kulturrevolution und verheerenden Hungersnöten bis zur Auslöschung des gesamten Bürgertums durch Pol Pot und seine Genossen in Kambodscha, denen weit mehr Menschen zum Opfer fielen als dem Faschismus – haben nicht dazu geführt, dass die Idee, der Kapitalismus müsse abgeschafft und durch ein besseres System ersetzt werden, gestorben wäre. Der Wunsch, eine bessere Welt zu schaffen, lässt sich von keiner Wirklichkeit belehren.

    Alle, die den Kapitalismus abschaffen oder überwinden wollen, übersehen etwas Grundlegendes: Niemand hat ihn geschaffen, niemand hat den Kapitalismus – ganz im Gegensatz zum Sozialismus – gemacht! Er ist entstanden, er ist gewachsen, und zwar ganz von selbst. Niemand hatte die Idee: Jetzt schaffen wir das Feudalsystem und die Zünfte ab und machen den Kapitalismus, niemand hatte einen Plan, wie das geschehen und wie er aussehen sollte. Niemand hat eine „kapitalistische Partei“ gegründet, die Leibeigenen aufgerufen, ihre Fesseln abzuwerfen, und das als Massenbewegung organisiert.
    Natürliche Entstehung des Kapitalismus

    Kein König oder Parlament oder Volksentscheid hat beschlossen, jetzt den Kapitalismus einzuführen. Es hat noch nicht einmal jemand eine Theorie entwickelt, wie man die selbstgenügsame vorkapitalistische Wirtschaft in ein dynamisches System überführen könnte. Alle ökonomischen Theorien waren nur Antworten auf den Kapitalismus, sie kamen alle später.

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    Marx hat es ganz richtig gesehen: Mit der Entwicklung der Naturwissenschaft und den daraus entstandenen technischen Neuerungen wurde eine Dynamik in Gang gesetzt, die die Grenzen der vorindustriellen Produktionsweise überschritt. In marxscher Sprache: Die Produktionsverhältnisse waren für die neuen Produktivkräfte zu eng, die Dampfmaschine passte nicht mehr in einen Handwerksbetrieb, und die ständische Ordnung wurde einfach gesprengt.

    Die entstehenden Fabriken brauchten Lohnarbeiter, sie brauchten Menschen, die an die Fabrikstandorte strömten und ihre Arbeitskraft verkauften, und keine Leibeigenen. Zwar wurden die Arbeiter anfangs noch wie Leibeigene behandelt, aber auch das erwies sich bald als unproduktiv. Kurz: Der Kapitalismus ist das quasi naturgesetzliche Resultat der Entwicklung von Wissenschaft und Technik (der Produktivkräfte), die materielle Manifestation des menschlichen Geistes und seiner autonomen Entwicklung. Sie ist autonom, weil niemand den Geist dorthin bewegt hat.

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    Dasselbe gilt für das Resultat dieser Entwicklung, den Kapitalismus. Solange sich der dieser Entwicklung zugrunde liegende Geist, das menschliche Bewusstsein, nicht grundlegend wandelt, wird sich auch am Ergebnis nichts ändern. Der Kapitalismus wird bleiben, denn er steckt in uns drin, in jedem von uns. Er ist, wie die Wissenschaft, unsere geistige DNA. Wissenschaft, Technik und Kapitalismus sind nicht irgendwo dort draußen entstanden, sondern im menschlichen Geist.

    Das gilt ebenso für die Globalisierung. Auch sie ist das natürliche Resultat der wissenschaftlich-technischen Entwicklung – vor allem der Entdeckung des Computers und des Internets; ohne sie wären der ganze Handel, die Lieferketten und die Fertigungsmethoden nicht möglich. Und da das Internet alle Grenzen verschwinden lässt, entsteht in der Folge auch eine Dynamik, die Handelsgrenzen abzuschaffen.

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    Man kann das gut oder schlecht finden, Tatsache ist: Danach fragt niemand, dem Kapitalismus ist es ganz egal, ob wir ihn mögen oder nicht. Ein Zurück wird es nicht geben, auch kein Zurück hinter die Globalisierung. Es mag eine protektionistische Phase geben, aber die geht vorüber. Die gesamte Kapitalismuskritik, so berechtigt sie im Einzelnen sein mag, ist vollkommen ohnmächtig. Sie kann zwar Anpassungen und Veränderungen innerhalb des Kapitalismus bewirken, aber nie diesen selbst treffen oder gar beseitigen. Denn die treibende Kraft dahinter ist nicht das Kapital, sondern vielmehr die Wissenschaft und damit das menschliche Bewusstsein.

    Hier liegt der fundamentale Irrtum von Marx und Engels, der immer noch der fundamentale Irrtum der gesamten Moderne ist: Unsere heutige Welt, der Kapitalismus eingeschlossen, ist eine Folge der Entwicklung des Bewusstseins, und zwar des Bewusstseins im christlichen Abendland. Es ist immer das Bewusstsein, das das Sein bestimmt – es gibt Reiche, die todunglücklich sind, und Arme, die in tiefster Zufriedenheit leben. Dass der Kapitalismus in Europa und nicht in Indien oder Afrika entstanden ist, ist eine Folge des christlich-abendländischen Geistes.

    Mit den Entdeckungen und der Entstehung der Naturwissenschaft wurde aus einer begrenzten eine vollkommen offene und grenzenlose Welt, und das sprengte mit der Zeit auch alle Begrenzungen des Denkens und dann auch die institutionellen und ökonomischen Grenzen. Die Akkumulation von Kapital, die Entstehung der Geldwirtschaft bis hin zur Globalisierung sind nicht die Ursache, sondern die Folge davon. Das tiefste Wirkprinzip im Kapitalismus ist der Geist, der sich die Erde untertan machen will und keine Grenzen mehr kennt oder akzeptiert. Grenzenloses Wachstum ist unser innerster Antrieb, und zwar einer, der längst zum Zwang geworden ist (Hartmut Rosa, „Unverfügbarkeit“, Residenz Verlag, Wien 2019).

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    War der Mensch früher ein Teil von Gottes Schöpfung, die ihm einen festen Platz in einer ihn übergreifenden Ordnung zuwies, so gilt Gott jetzt als eine Schöpfung des Menschen – ob wir ihm eine Existenz zubilligen, hängt von uns ab, von jedem Einzelnen, und die Wissenschaft hat ihn längst abgeschafft. Die zeitgenössische Forderung, „der Wissenschaft“ zu folgen, ist zwar ebenso töricht wie politisch motiviert, weil es „die“ Wissenschaft in dem Sinne, dass sie eine Instanz wäre, die wüsste und einem sagen könnte, was zu tun ist, nicht gibt.

    Tatsächlich folgen wir der Wissenschaft aber schon längst, unser gesamter Alltag ist nicht nur von den Resultaten wissenschaftlicher Entdeckungen durchdrungen, sondern wir haben auch dieselbe Grundhaltung zur Welt, zum Leben und zu uns selbst wie die Wissenschaft. Sie ist die Religion der Moderne.

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    Auch der Kapitalismus ist aus ihr hervorgegangen, die geistige Bewegung von der christlichen Religion zur Wissenschaft ist ihm um einige Hundert Jahre vorausgegangen. Und sie geht ihm auch weiter voraus, auch wenn das Kapital maßgeblich daran mitwirkt, was erforscht wird und was nicht und wie die Erkenntnisse der Wissenschaft verwertet werden. Die Triebfeder liegt im Geist, und zwar im christlichen Geist.

    Aber auch dieser Geist ist nichts Gemachtes, sondern etwas Gewachsenes. Von der biblischen Aufforderung, sich die Erde untertan zu machen, führt ein langer, aber ganz logischer Weg zur Wissenschaft, zum Kapitalismus, zur Globalisierung und neuerdings zum Transhumanismus. Sie sind die Erfüllung, die tatsächliche Verwirklichung des christlichen Geistes (Malte Nelles, „Gottes Umzug ins Ich“, Europa Verlag, München 2023). So wie es eine Evolution der Arten gibt, gibt es auch eine Evolution des Bewusstseins. Es ist ein natürlicher Prozess.
    Hat der Kapitalismus eine Zukunft?

    Daraus folgt etwas ganz Simples: Man kann den Kapitalismus nicht abschaffen. Er muss – auch dies hat Marx schon gesehen, aber nicht ernst genommen – an seine Grenzen kommen und dann von innen heraus zerbrechen, genauso wie das Feudalsystem und die ihm entsprechenden Formen des Wirtschaftens. Dazu muss aber in seinem Innern ein neues Bewusstsein entstehen, ein Bewusstsein, das über den Geist der Wissenschaft hinausgeht, so wie dies einst mit den Entdeckungen von Kopernikus, Kolumbus, Galilei und vielen anderen seinen Anfang nahm. Die linke Hoffnung auf ein „revolutionäres Subjekt“, das gegen die herrschenden Verhältnisse aufsteht und sie überwindet, ist vollkommen illusorisch.

    Porträt von Karl Marx

    Porträt von Karl MarxFriedrich-Ebert-Stiftung/dpa

    Die Proletarier (Marx) oder gar die Randexistenzen (Fanon, Marcuse) wollen nur genug zu essen oder Drogen, die sie ihr Elend nicht fühlen lassen, und die linken Denker sind alle desselben Geistes Kind, der auch im Kapitalismus wirkt. Wahrscheinlich wäre er ohne sie schon längst untergegangen, ihre Kritik und ihr Kampf machen ihn flexibel und halten ihn so am Leben.

    Überhaupt: Aus dem Dagegensein und dem Kampf entsteht nie etwas Neues. Dazu braucht es mutige Menschen, die einen neuen und weiteren Geisteshorizont betreten und damit für viele andere eröffnen, einen Horizont, der nicht gegen etwas ist, sondern über die wissenschaftliche Religion und den kapitalistischen Moloch, den diese geschaffen hat, hinausgeht und ihnen den Platz zuweist, der ihnen zusteht: den eines praktischen Instruments, das das Leben angenehmer machen kann.

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    So wie dies damals niemand gemacht hat, kann man dies auch heute nicht machen. Es geschieht, wenn die Luft zum Atmen zu eng wird, wenn der Geist aus sich heraus in eine neue Dimension will. Die Entdecker, die in diese unbekannte neue Welt aufbrechen, kommen dann von selbst – und werden selbstverständlich von der Masse und den Profiteuren des Status quo verfemt, verleumdet und verfolgt. Das war immer so und wird auch so bleiben. Es sind auch schon viele da, aber die alten Kräfte werden dem Neuen nicht kampflos weichen, sie werden sich mit Händen und Füßen und allem, was sie haben, gegen ihren Tod wehren.

    Der Untergang der alten Welt wird ein sehr schmerzhafter und sich lange hinziehender Prozess sein. Die letzten Reste des alten Feudalsystems wurden mit dem Ersten Weltkrieg weggefegt, also rund 400 Jahre nach Kopernikus und Kolumbus und 300 Jahre nach Galilei und den Anfängen der Aufklärung. Ob aus dem Untergang der heutigen wissenschaftlich-kapitalistischen Welt eine neue hervorgehen wird, steht in den Sternen. Eines ist jedoch gewiss: Niemand wird eine neue Welt schaffen können. Entweder sie entsteht von selbst, aus der inneren Bewegung des Geistes (des menschlichen Bewusstseins), oder sie entsteht nie.

    Wilfried Nelles ist Psychologe, Sozialwissenschaftler und Autor.

    #capitalisme #wtf

  • „Ich halte diese Bahn für nicht mehr reparabel.“
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=110219

    Les système des chemins de fer allemand est kaputt au point où personne ne peut le réparer. Les raisons principales de la catastrophe sont la privatisation et la gestion par des managers incapables.

    Les conséquence de cette situation sont l’impossibilité de remplacer le transport en camion par le train et la nécessité de prendre la voiture pour se déplacer.

    29.1.2024 von Ralf Wurzbacher - Mit einem fast sechs Tage dauernden Arbeitskampf haben die Lokführer den Zugverkehr in Deutschland weitestgehend lahmgelegt. Politik und Medien sehen in der Gewerkschaft GDL den Hauptschuldigen in der Auseinandersetzung, beklagen Maßlosigkeit und mangelnde Rücksichtnahme auf die Kunden. „Vollstes Verständnis“ für die Streikenden hat dagegen Arno Luik. Im Interview mit den NachDenkDeiten lässt der Journalist und Bestsellerautor kein gutes Haar am Staatskonzern mit einer Führungsriege aus „Azubis“, die sich „durchgeknallte“ Boni dafür genehmigten, einen einst „perfekt funktionierenden“ Betrieb vor die Wand gefahren zu haben. Sein Verdikt: „Diese Bahn ist eine Zumutung.“ Mit ihm sprach Ralf Wurzbacher.

    Ralf Wurzbacher: Seit Dienstag vorangegangener Woche wurde die Deutsche Bahn (DB) in einem Arbeitskampf historischer Dimension bestreikt und alle motzten – bevorzugt gegen die „starrköpfigen“ Lokführer. Gegen wen motzen Sie?

    Arno Luik: Ich motze nicht, ich staune. Ich staune über das, was in diesem Land alles möglich ist in Sachen Bahn. Da klebt diese Bahn als Zeichen ihrer angeblichen Umweltliebe grüne Streifen auf ihre ICE-Züge und verkündet: „Wir sind eine Öko-Bahn. Wir tun was fürs Klima.“ Doch gleichzeitig beteiligt sich dieser Staatskonzern über eine Bahn-Tochter in Mexiko an dem so gigantischen wie verwerflichen Bahnprojekt „Tren Maya“, ein Touristenzug, der auf über 1.500 Kilometern Länge durch malerische Landschaften führt – auch quer durch Regenwälder. Massenweise müssen für diesen Zug, von dem die Einheimischen nichts haben, diese für das Ökosystem so wichtigen Regenwälder abgeholzt werden. Dort lebende Nachfahren der Maya kämpfen gegen diesen Bau, indigene Völker fürchten, dass der Zug das sensible Ökosystem gefährdet, ihre Lebensgrundlagen zerstört und sie dazu zwingt, ihre Heimat zu verlassen. Geht’s noch?

    Diese Bahn, die hierzulande nicht in der Lage ist, ihre Strecken zeitgemäß zu elektrifizieren, vermeldet voller Stolz, dass sie „das größte Bahnprojekt in der Geschichte Ägyptens und mit 2.000 Streckenkilometern sechstgrößte Hochgeschwindigkeitsnetz der Welt übernehmen“ wird. Was soll dieser Auslandseinsatz? Angesichts des erbärmlichen Zustands der Bahn hierzulande? Hier sind gerade mal 61 Prozent der Strecken elektrifiziert – eine Schande für dieses Industrieland. Diese Bahn ist eine Zumutung. Und ich staune, mit welch buddhistischer Geduld die Bürger das alles hinnehmen: diese Verspätungen, diese Zugausfälle, diese strukturelle Unzuverlässigkeit, den offensichtlichen Zerfall eines so wichtigen Verkehrsmittels, diese Unfreundlichkeit gegenüber den Kunden. Und so unfreundlich benimmt sich die Bahnspitze auch nach innen, man sieht es nun beim aktuellen Lokführerstreik. Ziemlich ungehobelt agiert da die Staatsbahn.

    Ungehobelt?

    Es ist ein Unding, einen Tarifvertrag mit einer Laufzeit von 32 Monaten durchsetzen zu wollen. Die Bahn ist zu 100 Prozent im Staatsbesitz. Ich finde, ein Staatsbetrieb sollte ein Vorbild sein, was sein Verhalten gegenüber seinen Mitarbeitern betrifft. Doch das Bahn-Management agiert frech: Die Zeiten sind überaus unsicher, ökonomische Verwerfungen jederzeit möglich, ein Anhalten der Rekordinflation nicht unwahrscheinlich. Und in einer solchen Situation den Beschäftigten einen Tarifvertrag über zweieinhalb Jahre anzubieten – das ist eine Provokation.

    Lange Laufzeiten liegen im Trend …

    Das mag sein. Aber ist dieser Trend gut für die abhängig Beschäftigten? Nochmals: Die Bahn ist ein hundertprozentiges Staatsunternehmen, daraus erwächst eine besondere Verantwortung. Nun möchte die GDL den Einstieg in die 35-Stunden-Woche. Die gibt es bei der IG-Metall schon seit drei Jahrzehnten, für viele Betriebe ist dieses Modell längst das Normalste der Welt. Und genauso müsste es für einen Staatskonzern sein, der von uns Bürgern jedes Jahr viele Milliarden Euro an Steuergeldern bekommt. Wer zufrieden ist, streikt nicht. Streik ist Notwehr.

    Dabei geht es bei dem Konflikt gar nicht um eine flächendeckende, sondern um eine Arbeitszeitverkürzung für Schichtarbeiter. Trotzdem wollte die Bahn-Führung – bis zur am Wochenende signalisierten Verhandlungsbereitschaft – über zwei Monate lang gar nicht über die GDL-Forderung reden.

    So haben damals auch die Metallarbeitgeber geblockt, um dann nach sieben Wochen Streik einzulenken. Diese Bahn könnte natürlich die GDL-Forderung erfüllen. Wenn man ins Ausland schaut, nach Österreich, Luxemburg, in die Schweiz, zeigt sich, dass das Verhältnis zwischen der jeweiligen Bahnführung und den Angestellten gut funktioniert. Die dortigen Bahnmitarbeiter werden auch besser entlohnt, sie haben ordentliche Arbeitszeiten, nach Schichtdiensten geregelte Ruhezeiten. Warum geht das nicht in Deutschland?

    Ja, warum eigentlich nicht?

    Ich kenne Lokomotivführer, die im Jahr 400 bis 600 Überstunden anhäufen. Unfassbar. Ein normales Familienleben ist da kaum mehr möglich. Der Krankenstand bei der Bahn ist sehr hoch, der Schichtdienst sehr anstrengend. Mein vollstes Verständnis dafür, dass die Lokführer um bessere Bedingungen kämpfen. Es gibt ja auch noch einen Grund, weshalb die Streikbereitschaft so groß ist. Das speist sich aus einem tief sitzenden Gefühl der Ungerechtigkeit. Die Bahn-Mitarbeiter sehen die absurd hohen Gehälter ihrer Vorstände, die völlig durchgeknallten und nicht zu rechtfertigenden Boni – allein neun Millionen Euro für die neun DB-Vorstandsmitglieder. Boni für was? Und warum?

    Diese Bahn-Chefs haben aus einer mal hervorragend funktionierenden Bahn ein marodes Unternehmen geschaffen. Ein Unternehmen, das – kein Witz, die Wahrheit – die Finanzen des Staatshaushalts gefährdet. Diese Bahn ist mit 35 Milliarden Euro in den Miesen! Faktisch pleite. Und in einer solchen Situation Bahnchef Richard Lutz zu seinem überaus üppigen Grundgehalt, dreimal so hoch wie das des Bundeskanzlers, einen Bonus von zwei Millionen Euro zu spendieren – das lässt sich niemandem vermitteln.

    Dieses Absahnen schafft Staatsverdrossenheit, eine gefährliche Stimmung gegen „die da oben“. Es schafft Frust und Empörung bei den Bahn-Mitarbeitern, die diesen zerfallenden Laden am Laufen halten. Gestresste Mitarbeiter, die wegen Verspätungen, Zugausfällen die Aggressionen der Kunden ertragen müssen – und das zu Löhnen, für die ihre Chefs sich nicht aus ihren Sesseln erheben würden.

    Dabei geht es auch anders. Die Bahntarifrunde betrifft neben der DB rund 60 weitere öffentliche und private Eisenbahnunternehmen und in knapp 20 Fällen wurde bereits ein Abschluss erzielt.

    Und jedes Mal hat die Gegenseite einem schrittweisen Einstieg in die 35-Stunden-Woche zugestimmt. GDL-Chef Claus Weselsky wird ja jetzt häufig als der böse Bube dargestellt. Er ist aber – zumal CDU-Mitglied – kein Klassenkämpfer. Das sieht man auch daran, dass er diese Verträge mit vielen privaten Bahnunternehmern ratzfatz abgeschlossen hat. Da gab es faire Angebote, ordentliche Lohnerhöhungen und Erholungszeiten wurden vereinbart. Aber die Deutsche Bahn sperrt sich gegenüber diesen Selbstverständlichkeiten. Warum? Will sie einer etwas aufmüpfigen Gewerkschaft eine Lektion zu erteilen? Will die Bahn-Spitze bloß noch mit der kuschelzahmen Gewerkschaft EVG verhandeln?

    Allmählich schleift sich so ein Tenor in die Debatte ein: Streikrecht und Tarifautonomie sind ja schön und gut. Aber irgendwo muss auch mal Schluss sein. Wie klingt das in Ihren Ohren?

    Das ist bei jedem größeren Streik so. Friedrich Merz, Chef der BlackRock-CDU, spricht von einem „Streik-Exzess“ und will Gesetzesänderungen. Seine MdB-Kollegin Gitta Connemann fordert Verschärfungen, um solche Tarifkämpfe prinzipiell zu verhindern – alles Anschläge auf das Streikrecht, die Tarifautonomie. Ich habe die Sorge, dass gerade in den Zeiten der sogenannten „Zeitenwende“ bis vor Kurzem Undenkbares nun möglich wird: eben die Einschränkung des Streikrechts. Wobei, das muss gesagt werden, das deutsche Streikrecht ohnehin ein ziemlich schwächliches ist im internationalen Vergleich.

    Sie sagen es: Politische Streiks, das vielleicht schärfste Schwert gegen die Obrigkeit, sind verboten. Anderswo, etwa in Frankreich, gibt es Generalstreiks in Serie, auch und gerade seit der „Zeitenwende“.

    Ich will jetzt nicht zu düster werden und vielleicht gehe ich etwas zu weit, aber ich setze meine Gedanken mal in einen größeren Kontext: Bisher lautete die Prämisse unseres Staates nach der Erfahrung zweier Weltkriege: „Nie wieder Krieg!“ Dieses Glaubensbekenntnis ist entsorgt. Plötzlich spricht der deutsche Verteidigungsminister davon, kriegstüchtig zu werden. Plötzlich sagt der EU-Industriekommissar Thierry Breton, ein wichtiger Stratege: „Wir müssen in den Modus der Kriegswirtschaft wechseln.“ Kriegsertüchtigung. Kriegswirtschaft. Gedanken und Sätze, die es vor Kurzem nicht gab. Man müsse sich gegen einen Angriff Russlands gegen die EU wappnen, heißt es. Wer solche Gedankenspiele anstellt, der denkt sicherlich auch darüber nach, ob Streiks bei der kritischen Infrastruktur noch sein dürfen.

    Weil das die Kriegsertüchtigung hemmen könnte?

    Ja. Vielleicht werden die Bahn-Mitarbeiter plötzlich wieder zu Beamten, die dürfen ja nicht streiken. Bei dem Tempo, wie diese sogenannte Zeitenwende ehedem eherne Grundsätze über den Haufen wirft, kann einem schummerig werden.

    Zurück zum Bahntarifkonflikt …

    Es heißt ja, der Streik dauert zu lang und richtet großen volkswirtschaftlichen Schaden an. Da muss ich ein wenig lachen. Wenn es heute mal, was im Winter passieren kann, ein wenig schneit, dann stellt die Bahn häufig den Verkehr ein, hängt ganze Bundesländer vom Verkehr ab. Neulich gab es Schnee in Bayern, in München, fast ganz Bayern fuhren zwei Tage lang keine Züge mehr – ein teurer Witz für die Volkswirtschaft.

    In der Schweiz, in Österreich, in Norwegen, Finnland und Schweden schneit es viel mehr und da brausen die Züge ohne Probleme durch den Schnee. So war das auch mal in Deutschland. „Alle reden vom Wetter. Wir nicht“, hieß es bei der Bahn. Aber inzwischen ist die Bahn so runtergekommen, so runtergerockt, dass sie nicht in der Lage ist, ein bisschen Schnee wegzuräumen. Früher wurde geschippt, wurden die Weichen freigeschaufelt. Die Züge fuhren. Auf jedem Bahnhof, und es gab sehr viele, war man auf den Winter vorbereitet. Bahn-interner Spott heute: „Die einzigen Schneebesen, die es bei der Bahn noch gibt, sind die Schneebesen in den ICE-Bistros.“

    Die Bistros sind auch nicht selten „out of order“, wie die Toiletten, die Anschlussanzeigen und und und …

    Noch ein Wort zu diesem ideologischen Kampfsatz: „Die GDL verursacht volkswirtschaftlichen Schaden in Milliardenhöhe.“ Was macht die Bahn-Spitze? Sie sperrt monatelang die wichtigsten Bahnstrecken im Land. Vollsperrung. Etwa die Hauptverkehrsachse in Europa zwischen Frankfurt und Mannheim, fünf Monate lang, um die nicht instandgehaltene Strecke zu sanieren. Die Strecke zwischen Berlin und Hamburg wird ebenfalls monatelang gesperrt. Überdies fallen bei der Bahn jährlich Zehntausende von Zügen komplett aus, 2018 waren es 140.000 – ein immenser ökonomischer Schaden. Bahnalltag in Deutschland. Dagegen ist ein Sechs-Tage-Streik fast ein Witz.

    Das Sperren von Strecken – ist das in anderen Ländern nicht undenkbar?

    Was die Deutsche Bahn da anstellt, ist weltweit einmalig. Seit Züge fahren, repariert man „unterm laufenden Rad“. Der Kunde merkt meist nichts davon. Aber heute agiert die Bahn völlig unfähig und rücksichtslos. Was die Bahn mit ihrer sogenannten Generalsanierung treibt, ist der größte anzunehmende Unfug, schlimmer noch: Dieser GAU ist ein Umerziehungsprogramm. Er macht frustrierte Bahnkunden zu Autofahrern.

    Warum eigentlich freut sich die Bahn-Führung nicht über den GDL-Streik? Schließlich kann sie den üblichen Stillstand eine ganze Woche lang anderen in die Schuhe schieben …

    Der Notfahrplan, der für die Streiktage gilt, funktioniert wahrscheinlich besser als der Regelfahrplan. Warum? Jetzt ist das kaputtgesparte Bahnnetz mal für ein paar Tage nicht überlastet. Man muss sich vorstellen: 1994 betrug die Netzlänge über 40.000 Kilometer, heute sind es noch 33.000 Kilometer – ein Rückbau von rund 20 Prozent. Wären die Autobahnen um 20 Prozent zurückgebaut worden, es würde das totale Chaos herrschen. Und dieses Chaos haben wir nun bei der Bahn.

    Im Titel Ihres Bestsellers „Schaden in der Oberleitung“ schreiben Sie vom „geplanten Desaster der Deutschen Bahn“. Das klingt nach Verschwörungstheorie. Wer sind die Planer und wozu der Plan?

    Wir leben in einem absolut verrückten Autoland. In Österreich, der Schweiz, Italien funktionieren die Bahnen. Warum nicht in Deutschland? Ist eine schlechte Bahn ein Zufall, ein Betriebsunfall? Ich glaube nicht. Seit den frühen 1990er-Jahren kamen an die DB-Spitze Manager, die bei Amtsantritt keine Ahnung vom hochkomplexen System Bahn hatten: Heinz Dürr – Autoindustrie; Hartmut Mehdorn – Auto- und Luftfahrtindustrie; Rüdiger Grube – Autoindustrie. Das waren Bahn-Azubis, alles überbezahlte Azubis.

    Sie haben Volksvermögen verschleudert, sie haben das fast Nichtmachbare geschafft: Aus einer perfekt funktionierenden Bahn einen maroden Laden zu schaffen, der Milliarden verschlingt, aber seinen Kunden immer weniger bietet. Die Deutsche Bahn war mal ein weltweites Vorbild in Sachen Zugfahren, selbst die Schweizer staunten, was für eine tolle Bahn die Deutschen hatten. Zu Recht hieß es: „Pünktlich wie die Eisenbahn.“ Heute heißt es: „Schaden in der Oberleitung“, „Störung im Betriebsablauf“ – Worte, die früher kein Bundesbürger kannte.

    Und jetzt haben die Eidgenossen Züge aus Deutschland quasi ausgesperrt, weil sie die eng getakteten Fahrpläne durcheinanderbringen …

    Die Schweizer haben keine Lust, sich ihre perfekten Fahrpläne durch die notorisch unfähige Deutsche Bahn kaputtmachen zu lassen. Es ist wirklich tragisch: Die Bahn wurde in rund 30 Jahren, seit der Bahn-Reform, als das Unternehmen sexy für die Börse gemacht werden sollte und zur Aktiengesellschaft wurde, nachhaltig ruiniert. Ich halte diese Bahn für nicht mehr reparabel. Es ist sehr einfach, etwas zu zerstören, aber viel schwerer ist es, das Zerstörte zu reparieren.

    Es fehlt heute an allem: an Gleisen, an Land für Gleise, an Loks, an Personal, aber vor allem fehlt es an Know-how. Beispielhaft dafür der Vorstand der Deutschen Bahn. Keiner der Damen und Herren dort hat das Bahnhandwerk von der Pike auf gelernt. Es heißt ja nun oft: Lutz sei ein Bahner, er sei lange bei der Bahn. Das stimmt. Aber er war Finanzkontrolleur. Und er hat all die zerstörerischen Sparprogramme seiner Chefs mitgetragen und exekutiert.

    Aber wird jetzt nicht endlich alles besser? Seit Jahresanfang wirkt unter dem DB-Dach die neue Netzgesellschaft InfraGO, die per Kraftakt und mit viel öffentlichem Geld unter dem Label Gemeinwohlorientierung das marode Schienennetz in Schuss bringen will. Wie weit reicht Ihre Zuversicht, dass das hinhaut?

    Augenwischerei. Es geht weiter wie bisher. „Gemeinwohlorientiert“ besagt gar nichts, der juristisch belastbare Begriff wäre „gemeinnützig“. Ich fürchte, diese InfraGO wird ein Einstieg in die Zerschlagung und Privatisierung der Bahn sein. Vor einiger Zeit, nach dem gescheiterten Börsengang, sagte Bahn-Chef Lutz, der Börsengang sei nur verschoben, nicht aufgehoben. Das lässt nichts Gutes ahnen.

    Nun wurden der Bahn von der Politik ja viele Milliarden Euro versprochen. Nur: Es gibt eine unsägliche Geschichte der Versprechungen in Sachen Bahn. Aber nichts davon wurde je eingelöst, im Gegenteil. Und noch etwas: Im Koalitionsvertrag umfasst das Thema Bahn gerade mal eine Seite – angefüllt mit den üblichen Versprechungen, den lästigen Plattitüden. So richtig wichtig scheint den Regierenden die Bahn, diese angeblich so wichtige Waffe für die ökologische Verkehrswende, nicht zu sein.

    Das neueste Versprechen, auf kurze Sicht 43 Milliarden Euro zu investieren, ist auch schon wieder hin, weil in Teilen vom Haushaltsloch der Ampel geschluckt. Ihr Urteil?

    Selbst wenn es das Geld gäbe, würde es doch nur in wahnwitzigen Betonprojekten wie Stuttgart 21, Untertunnelung von Frankfurt oder ICE-Rennstrecken verbaut. Alles, was über 230 Kilometer schnell fährt, ist unökologisch. Viele der Neubaustrecken führen durch unglaublich lange Tunnel mit einer desaströsen Ökobilanz. Ein gebauter Tunnelkilometer setzt so viel CO2 frei wie 26.000 Pkw mit einer Jahresleistung von 13.000 Kilometern.

    Gibt es überhaupt etwas, was Ihnen in puncto Bahn noch Hoffnung macht?

    Wenig. Besserung wäre nur möglich, würde man die komplette DB-Führung entlassen und durch Bahnfachleute ersetzen, die das Handwerk gelernt haben und es beherrschen. Wird Bahn-Chef Lutz entlassen? Man kann nicht davon ausgehen, dass jene, die das Desaster angerichtet haben, die Retter sein können. Man macht ja einen Brandstifter nicht zum Feuerwehrkommandanten. Nochmals: Von den neun Bahn-Vorständen ist kein Einziger ein gelernter Eisenbahner. Wenn der FC Bayern München einen Mittelstürmer sucht, würde er einen Basketballspieler holen? Ich glaube nicht. Aber so agiert die Politik bei der Bahn – seit viel zu vielen Jahren.

    Zur Person: Der Journalist und Autor Arno Luik, Jahrgang 1955, gilt als einer der profiliertesten Kritiker der Deutschen Bahn (DB) und der bahnpolitisch Verantwortlichen. Sein 2019 erschienenes und 2021 aktualisiertes Buch „Schaden in der Oberleitung. Das geplante Desaster der Deutschen Bahn“ stand wochenlang auf den Bestsellerlisten. Für seine Enthüllungen zum Bahnprojekt Stuttgart 21 hatte er 2010 den „Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen“ des Netzwerks Recherche erhalten. Geschätzt ist Luik für seine geistreichen Interviews mit Prominenten aus Politik und Gesellschaft. Eine Sammlung der besten Gespräche mit dem Titel „Als die Mauer fiel, war ich in der Sauna.“ war 2022 im Westend Verlag erschienen.

    #Allemagne #trains #chemins_de_fer #privatisation #infrastructure

  • Verein erinnerte an Spionin und DDR-Schriftstellerin — nun löst er sich auf
    https://www.nordkurier.de/regional/neustrelitz/verein-erinnerte-an-spionin-und-schriftstellerin-nun-loest-er-sich-auf-15


    Die Autorin Ruth Werner signiert Bücher bei einem sogenannten Solidaritätsbasar. Foto vom 15. Juni 1978. (Foto: Bernd Lasdin)

    Le musée Ruth Werner ferme le 15 mai 2024. Il se trouve à proximité de la maison de Hans Fallada.

    19.4.2023 von Marlies Steffen - Es ist eine Entscheidung, die den Vereinsmitgliedern nicht leicht gefallen sein dürfte. Dennoch gab es offenbar keine andere Lösung. Der Feldberger Ruth–Werner–Verein hat seine bevorstehende Auflösung bekannt gegeben. Ein entsprechender und einstimmiger Beschluss wurde während der Jahresversammlung vor wenigen Tagen gefasst. Der im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte ansässige Verein heißt nach der Frau, die als erfolgreichste Agentin der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg gilt, sich für den Widerstand gegen das Naziregime engagierte und später als Autorin bekannt wurde.
    Auflösung im kommenden Jahr im Visier

    Nach dem Beschluss der Mitglieder wird der Verein noch in diesem Jahr aktiv bleiben und sich zum 117. Geburtstag von Ruth Werner am 15. Mai 2024 auflösen. Das hat die Vereinsvorsitzende Ingrid Becker dem Nordkurier bestätigt. Die Altersstruktur, der Gesundheitszustand mehrerer Aktiver, die teils weit entfernten Wohnorte der Mitglieder von München über Potsdam und Berlin bis Hamburg sowie die Tatsache, dass die wenigen jungen Kräfte arbeitsmäßig unabkömmlich seien, würden keine kontinuierliche Wirksamkeit des Gremiums mehr erlauben. Die Feststellung sei für alle Mitwirkenden schmerzlich, besonders für die noch verbliebenen tätigen acht Gründungsmitglieder.


    Im vergangenen Jahr war durch den Ruth-Werner-Verein am Carwitzer Bohnenwerder unweit des Bungalows, in dem die Schriftstellerin und Kundschafterin sich zeitweise aufgehalten hatte, eine Erinnerungstafel aufgestellt worden. (Foto: Archiv)

    Der Ruth–Werner–Verein war am 7. Juli 2010 gegründet worden. Ingrid Becker zufolge zählt er noch um die 30 Mitglieder.
    Ausstellung zum Leben der Spionin und Schriftstellerin öffnet bald noch einmal

    Der gemeinnützig arbeitende Verein hat sich seit seiner Gründung laut Satzung für Kunst, Kultur, Erziehung und Bildung eingesetzt. Es sei um die Ehrung der Persönlichkeit Ruth Werners als Kundschafterin und Schriftstellerin gegangen, um Frieden und Humanität, um das Zusammenleben von Menschen verschiedener Nationalitäten, um Toleranz, Natur und Umwelt, so der Verein. Auch in diesem Jahr möchte der Verein noch einmal diesen Ansprüchen gerecht werden.

    Die schon länger bestehende und stets über den Sommer gezeigte Ausstellung zu Leben und Wirken Ruth Werners im Scheunenladen in Carwitz wird vom 11. Mai bis 30. September letztmalig geöffnet und entsprechend ehrenamtlich betreut sein. Die Ausstellung kann ab 11. Mai jeweils dienstags bis sonntags von 14 bis 16 Uhr besichtigt werden. Zudem können Sondertermine vereinbart werden.
    Wer übernimmt Dokumente und Materialien?

    Außerdem soll zu mehreren Themen an der Digitalisierung der im Verein zu Ruth Werner vorhandenen Materialien gearbeitet werden. So geht es etwa um das Weltbild Ruth Werners, ihre Tätigkeit im Nachrichtendienst, ihr Leben in der DDR und BRD. Die in Neustrelitz ansässige Stiftung für Engagement und Ehrenamt unterstützt dies. Des Weiteren soll der Verbleib der Original–Dokumente geklärt werden. Eine regionale Präsentation werde angestrebt, machte Ingrid Becker deutlich.

    Erinnerungstafel aufgestellt

    Im vergangenen Jahr war durch den Verein in Carwitz eine Erinnerungstafel an die Schriftstellerin, Kommunistin und Agentin Ruth Werner (1907 — 2000) aufgestellt worden. Werner hatte unter dem Decknamen Sonja als Agentin des sowjetischen Militärnachrichtendienstes GRU gearbeitet. Sie gilt als eine der erfolgreichsten sowjetischen Kundschafterinnen. Ruth Werner habe sich jedoch für Frieden und Völkerverständigung eingesetzt und dafür, dass der Dialog miteinander unabdingbar sei, hatte Ingrid Becker die Aufstellung der Tafel begründet. Sie steht am Weg zum Bohnenwerder. Unweit davon befindet sich der Bungalow, den Ruth Werner zu Arbeitszwecken nutzte, wenn sie in der Feldberger Seenlandschaft war. Unter anderem entstanden dort Teile ihres bekanntesten und autobiografischen Buches „Sonjas Rapport“.

    https://www.openstreetmap.org/node/112202225
    https://www.openstreetmap.org/way/27130487

    #Allemagne #histoire #espionnage #antifascistes

  • Sartre am Berliner Ensemble: Die hässliche Dialektik der Tat
    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1179584.theater-sartre-am-berliner-ensemble-die-haessliche-dialektik-der-

    29.1.2024 von Gunnar Decker - Am Anfang explodieren gleichsam die Effekte im Berliner Ensemble. Immerhin sind an der Inszenierung von Jean-Paul Sartres »Die schmutzigen Hände« neben der slowenischen Regisseurin Mateja Koležnik zwei Altmeister ihres Fachs beteiligt: Bühnenbildner Olaf Altmann und Musiker Bert Wrede. Beide aber trauen offenbar den leise-eindringlichen Tönen des im Grunde doch philosophischen Textes nicht, sondern greifen zu den Werkzeugen fürs Grobe. So liegt sofort ein lärmiger Klangteppich über einem riesigen kreisenden Bretterverschlag, dann wabert der Nebel.

    Die Schauspieler müssen anfangs per Mikroport trotz Schreiens hochgeregelt werden, damit man sie versteht. Zwischen den Latten des Bretterverschlags blitzt grelles Stroboskoplicht (Licht: Rainer Casper) den Zuschauern schmerzhaft in die Augen. Existenzialismus heißt Leiden lernen?

    Mehr theatralische Mobilmachung geht nicht, schneller kann der Traum einer lichten Zukunft nicht zerschossen werden. Gründlicher vermag niemand Intensität mit Lärm zu verwechseln. Trotz dieser verrücktspielenden Rummelszenerie am Anfang kehrt dann erstaunlich schnell so etwas wie Ruhe ein. Das ist der Verdienst von Koležnik, die sich glücklicherweise nicht für bloße Effekte, sondern für Sartres Text interessiert. Sie zeichnet den Antagonismus, der sich durch dieses Kammerspiel um Geist und Macht, Idee und Ideologie, Treue und Verrat zieht, sehr präzise nach.

    Sartre, Vordenker des Existenzialismus und in lebenslanger Hassliebe der Kommunistischen Partei verbunden, verhandelt in den 1948 uraufgeführten »Schmutzigen Händen« auch sein Problem als Intellektueller bürgerlicher Herkunft mit der Partei. Bevor die finalen Schüsse knallen, mündet das Stück mit: »Nicht verwendbar«. Nein, verwendbar sein wollte er nicht. Sein Begriff von politischem Engagement unterschied sich von blinder Gefolgschaft.

    In »Die schmutzigen Hände« fließen viele seiner Erfahrungen mit der Résistance und immer auch mit dem Stalinismus ein. So konnte er sicher sein, von rechts und links heftige Reaktionen auf seine Stücke zu bekommen. In der frühen DDR war Sartre eine Hassfigur für die SED-Ideologen. Von seinem Theater der Distanz, dieser Mischung aus Brecht und Heidegger, sahen sie sich angegriffen. Seinen philosophischen Existenzialismus, der gegen den dialektischen und historischen Materialismus mit seinem Fetisch der Geschichtsgesetze opponierte, nannten sie revisionistisch. Doch in den achtziger Jahren brachte Vincent von Wroblewski bei Reclam Leipzig Sartres Stücke mit einem klugen Kommentar heraus, der auch die Stalinismuskritik nicht unterschlug.

    Sartre war kein Gefolgsmann, sondern Selbstdenker. Darum lässt er hier auch zwei Hauptfiguren aufeinandertreffen: Hugo, der als unter Beweislast stehender Intellektueller eingeführt (eher: vorgeführt) wird und den hohen Parteifunktionär Hoederer, der jedoch große Teile der Partei gegen sich hat. Manche wollten in ihm Trotzki erkennen, was Sartre jedoch immer dementiert hat. Ihm geht es vor allem um die Kollaboration in Frankreich während der deutschen Besatzung. Er provozierte mit der Aussage, die Résistance habe sich eher am Vichy-Regime als an den Besatzern abgekämpft. Nach seiner Verhaftung durch die Gestapo wurde Sartre bald wieder entlassen und stand bei seinen Genossen unter Verdacht, ein Spitzel zu sein. Von der Angst, als Feind der Partei liquidiert zu werden, wird Hugo beherrscht.

    Dann verschieben sich politische Koordinaten. Die Rote Armee beginnt ihren Siegeszug. Wird Frankreich nun von den Sowjets besetzt und was bedeutet das für die französischen Kommunisten? Lauter strategische Planspiele, bei denen es keine Unschuldigen gibt. Nur Hugo, der handlungsunfähige Intellektuelle, der seine Überzeugungen »rein« zu halten versucht, lässt sich vom rivalisierenden Parteifunktionär Louis (Gerrit Jansen) als Attentäter zum mutmaßlichen Verräter Hoederer schicken, der ihn durchschaut: »Ihr seid alle gleich. Ein Intellektueller ist kein wirklicher Revolutionär, er taugt höchstens zum Mörder.«

    Marc Oliver Schulze ist ein Hoederer mit politischem Weitblick, der die Dogmen Dogmen sein lässt und versucht, politisch handlungsfähig zu bleiben. Er wirkt hier viel urteilsfähiger als der avisierte Intellektuelle Hugo, den Paul Zichner als starrsinnigen Überzeugungswicht spielt. Tatsächlich erschießt er Hoederer; jedoch aus purer Eifersucht. Denn Genosse Hugo sieht seine Ehefrau Jessica (Lily Epply) den Genossen Hoederer küssen. Jessica scheint in weibchenhafter Verpuppung klüger zu sein als die sich in ihrer Wichtigkeitsmanie gegenseitig übertrumpfenden Männer. So wird aus dem schwächlichen Hugo tatsächlich ein Mörder. Aus Leidenschaft oder verletztem Besitzerstolz? Dazu kommt Olga (mit dem dauernden Ernst der Funktionsträgerin: Pauline Knof), in der Gefühl und Parteitreue einen ungleichen Kampf führen.

    Als Hugo nach einigen Jahren das Gefängnis verlässt, hat sich die Parteilinie geändert: Jetzt ist der tote Hoederer kein Verräter mehr, sondern Nestor einer neuen weitsichtigen Politik. Hugo soll von der Bildfläche verschwinden, er brachte schließlich nicht nur den Hoffnungsträger um, er weiß auch zu viel.

    Wir sehen Hugo und Hoederer als zwei Seiten einer Figur: der des mit der Versuchung zum Verrat kämpfenden Parteiintellektuellen. Diese starke innere Spannung gibt dem Abend seine dramatische Intensität. Wie Brecht – und noch stärker Heiner Müller – behandelt Sartre die Figuren wie fremde Objekte, kühl und fast unbeteiligt als ein Chronist der Irrungen des 20. Jahrhunderts. »Ich möchte, dass das Publikum unser Jahrhundert als Zeuge von außen wie eine fremde Sache sieht. Und dass es sich zugleich einfühlt, da es ja dieses Jahrhundert macht.«, so Sartre 1959. Dieser Riss, der durch das Jahrhundert geht, droht auch den engagierten Intellektuellen innerlich zu zerreißen – in einen wie Hugo und einen wie Hoederer.

    Julien Benda hat mit seinem Buch »Der Verrat der Intellektuellen« die Frage gestellt, warum die Denker so oft ihrer Zeit eher schaden als nutzen. Sie tun nicht das, was man von ihnen erwartet. Aber wen verraten sie denn? Die Parteigeister einerseits und Zeitgeistsurfer anderseits, gefangen in Strategie des politischen Kampfes hier und purem Relativismus dort? Das ist unausweichlich, wenn sie nur nicht sich selbst verraten.

    Manche vermissten an dem Abend das Aktualisierende an der Inszenierung: Bundeskanzler Scholz redet plötzlich von einer »Zeitenwende«, ein schönes Wort für eine hässliche Sache: neue Feindbilder, Militarisierung des Denkens. Den Grünen scheint nichts so egal wie der Schutz der Natur. Absurde Welt, in der sich jeder auf seine Weise die Hände schmutzig macht.

    Soll man aber deshalb den immer noch starken Sartre-Text vordergründig aktualisieren? Mir scheint es ein Vorzug, dass dies Koležnik in ihrer Inszenierung ganz bewusst nicht unternimmt. So kann man sich als Zuschauer mit Schaudern der Tatsache überlassen, dass Lügen und Verrat schon immer zur Politik gehörten – und Intellektuelle gut daran tun, zu dieser auf Abstand zu gehen, wenn sie ihre Worte nicht entwerten wollen.

    Nächste Vorstellungen: 17.2., 18.2., 12.3., 13.3.

    #Berlin #Mitte #Schiffbauerdamm #Bertolt-Brecht-Platz #théâtre #événement #Berliner_Ensemble

  • Berliner Antifa-Aktivist bekennt sich
    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1179596.tag-der-ehre-berliner-antifa-aktivist-bekennt-sich.html

    La Hongrie ne fait plus partie des pays touristiques sûrs. La justice y pratique des méthodes japonaises où une arrestation mène systématiquement à une condamnation. Ce qui arrive là aux antifascistes concerne chaque personne qui tombe entre les mains de cet état. Un conflit autour de la facture dans un restaurant, un excès de vitesse, en cas d’arrestation c’est fini. L’arbitraire règne. Tu avoueras tout pour sortier du cachot d’instruction. Le pays se montre peu acceuillant.

    29.1.2024 Matthias Monroy - Gericht in Budapest verurteilt Tobias E. wegen Mitgliedschaft in krimineller Vereinigung

    Der aus Berlin stammende Antifa-Aktivist Tobias E. hat sich vor dem Stadtgericht in Budapest schuldig bekannt, Mitglied einer kriminellen Vereinigung zu sein. Anschließend wurde der 29-Jährige in einem Vorverfahren zu drei Jahren Haft verurteilt. Hintergrund ist ein Verfahren wegen einer Serie gewaltsamer Angriffe am Rande des »Tages der Ehre« am vergangenen 10. und 11. Februar in der ungarischen Hauptstadt. Bei dem europaweiten Neonazi-Aufmarsch waren neun tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten verletzt worden, sechs davon schwer. Die Angreifer sollen mit Teleskopschlagstöcken, Hämmern und Bleihandschuhen bewaffnet gewesen sein, von einem der Vorfälle gibt es eine Videoaufzeichnung.

    Es war der erste Verhandlungstag eines Prozesses, in dem drei Aktivisten aus Deutschland und Italien angeklagt sind. Gegen Tobias E. ließ die Staatsanwaltschaft eine Anklage wegen Körperverletzung fallen, übrig blieb deshalb nur der Vereinigungsparagraf. »Ich bitte das Gericht und die Staatsanwaltschaft um Entschuldigung. Ich erkenne meine Schuld an und verzichte auf die mir im Verfahren zustehenden Rechte«, zitierte ihn die ungarische Zeitung »Blikk«. Der Angeklagte sitzt seit seiner Festnahme vor einem Jahr in Untersuchungshaft und wurde in Hand- und Fussfesseln in den Saal geführt.

    Die Staatsanwaltschaft hatte für Tobias E. dreieinhalb Jahre Haft beantragt und könnte nun in Berufung gehen. Anschließend kann die Verteidigung beantragen, dass er seine Gefängnisstrafe in Deutschland absitzen darf. Bliebe er in Ungarn inhaftiert, wäre nach zwei Dritteln der Strafe eine Umwandlung in eine Bewährung möglich.

    Die Staatsanwaltschaft warf Tobias E. vor, für die Taten in Budapest eine »mit der linksextremen Ideologie sympathisierende Organisation« gegründet zu haben. Hauptangeklagte in diesem Verfahren ist die Italienerin Ilaria S.; ihr wird außerdem versuchte lebensgefährliche Körperverletzung vorgeworfen – dafür verlangt die Staatsanwaltschaft elf Jahre Haft. »Ich habe diese Verbrechen nicht begangen, ich akzeptiere nicht, was sie mir vorwerfen«, sagte sie laut einer ungarischen Zeitung am Montag vor Gericht.

    Wegen der menschenunwürdigen Haftbedingungen von Ilaria S. hat sich in Italien eine große Solidaritätskampagne gebildet. Eine Petition zu ihrer Freilassung und Überstellung nach Italien hat die anvisierten 50 000 Unterschriften erreicht und ist nunmehr geschlossen. Zu dem Prozess am Montag war auch der Vater der in Italien bekannten Aktivistin angereist, auch verschiedene italienische Medien waren anwesend.

    In dem Verfahren ist außerdem die aus Deutschland stammende Anna M. angeklagt. Anders als die anderen beiden Aktivisten erhielt sie vor einem Jahr Haftverschonung und Meldeauflagen an ihrem Wohnort; zum Prozess am Montag war sie angereist. Auch gegen sie steht nur noch der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, sie soll deshalb ebenfalls dreieinhalb Jahre ins Gefängnis.

    Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
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    Zusammen mit Tobias E. soll Anna M. laut der Anklage einer deutschen Gruppe angehören, die es sich zur Aufgabe gemacht habe, militant gegen Rechtsextremisten vorzugehen. Vier Personen waren in diesem Zusammenhang Ende Mai im sogenannten Antifa-Ost-Verfahren vom Landgericht in Dresden wegen mehrerer Angriffe zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt worden. Das deutsche Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

    Zusammen mit dem Landeskriminalamt in Sachsen fahndet die ungarische Staatsanwaltschaft nach 14 weiteren mutmaßlichen Tätern, darunter zehn Deutsche. Mindestens vier sollen sich auch an den Taten beim »Tag der Ehre« in Budapest beteiligt haben. Nach einem europäischen Haftbefehl aus Ungarn hat die Berliner Polizei im Dezember eine weitere beschuldigte Person in Berlin festgenommen, die von ihrem Unterstützerkreis Maja T. genannt wird und in Dresden in der Untersuchungshaft auf den Ausgang ihres Auslieferungsverfahrens wartet. In Italien war zuvor Gabriele M. festgenommen und in Hausarrest gesteckt worden.

    Vergangene Woche hat eine Initiative von Angehörigen mehrerer Gesuchter einen »Elternbrief« veröffentlicht und dazu aufgerufen, den zehn aus Ungarn gesuchten Deutschen ein faires Verfahren in Deutschland zu ermöglichen und diese nach einer Festnahme nicht auszuliefern. In drohe ansonsten ein »im Vergleich zu Deutschland unangemessen hohes Strafmaß«.

    In die gleiche Richtung argumentieren mehrere Verteidiger rund um den »Antifa-Ost-Komplex« in einer Erklärung. »Das ungarische Justizsystem entspricht nicht rechtlichen Standards«, heißt es darin unter Verweis auf Urteile mehrerer Oberlandesgerichte. Mit den Haftbedingungen sollten die Gesuchten mürbe gemacht und bewogen werden, sich in Deutschland zu stellen, kritisieren die Anwälte.

    In diese Lücke stößt nun das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), das nach Aussagen mehrerer Angehöriger von Gesuchten in mehreren Bundesländern Ansprachen durchgeführt hat. Jedoch blieb der Geheimdienst erfolglos, keiner der Angesprochen war zur Mitarbeit bereit. Nun ist auch klar was das Amt vorhat: Laut der Anwaltsgruppe hat sich das BfV der Generalstaatsanwaltschaft in Dresden als »Vermittlung« für einen Deal angeboten. Die Gesuchten sollten sich stellen, dafür soll die Nichtauslieferung zugesichert werden. Ob sich die Justiz auf eine solche Absprache einlässt, ist noch unklar.

    Auch die Soligruppen von Tobias E. und Maja T. vermuten, dass das heutige Schuldbekenntnis auf die menschenunwürdigen Bedingungen im Budapester Gefängnis zurückgeht. »Dass Tobias den Deal des Gerichts angenommen hat, beweist, wie das ungarische System funktioniert: Beschuldigte werden durch die unsäglichen U-Haftbedingungen zu Geständnissen gezwungen«, heißt es in einer Stellungnahme. Ein fairer Prozess könne deshalb gar nicht erst stattfinden. »Deswegen müssen wir die Auslieferung von Maja und Gabriele unbedingt verhindern und Tobias und Ilaria sobald wie möglich in ihre Länder zurückholen.«

    #Europe #Hongrie #justice #antifascisme

  • Deutsche Bahn sucht Admin für Windows 3.11 for Workgroups
    https://www.heise.de/news/Deutsche-Bahn-sucht-Admin-fuer-Windows-3-11-for-Workgroups-9611543.html

    Depuis les années 1990 il faut renouveler tous les deux ans ses compétences en matière de systèmes informatiques si on veut trouver des jobs. Les services de la Deutsche Bahn sont moins exigeants. On y trouve toujours des postes avec ses connaissances d’il y a 30 ans.

    29.1.2024 von Dirk Knop - Eine Stellenanzeige der Deutschen Bahn wirkt auf den ersten Blick wie ein irrlaufender Wiedergänger aus der Vergangenheit. Darin suchte das Unternehmen nach Administratoren für Windows 3.11. Das Betriebssystem Windows 3.11 wird in wenigen Tagen 30 Jahre alt, es erschien im Februar 1994. Windows for Workgroups 3.11 erschien ein Quartal früher und tauchte in der Stellenanzeige ebenfalls auf. „Tauchte“, weil etwa gegen 11:30 Uhr am heutigen Montag die Stellenanzeige aus nicht näher erläuterten Gründen vom Netz genommen wurde, auch in anderen Job-Portalen, wo sie geschaltet war. Eine Anfrage von heise online zu den Details der Stellenanzeige bei Gulp blieb bisher unbeantwortet.


    Stellenanzeige für Windows-3.11-Admin

    Die Bahn sucht nach Administratoren für Windows 3.11. (Bild: Screenshot / dmk / gulp.de)

    Windows 3.11 for Workgroups ergibt deshalb Sinn, da die Stelle als „Remote“ ausgeschrieben war. Daher sollte ein TCP-IP-Stack für Fernwartung vorhanden sein. Das Aufgabenspektrum, das die Bahn sich vorstellte, umfasste die Aktualisierung von Treibern sowie die Pflege des Altsystems. Bewerber sollen Kenntnisse in Windows 3.11 haben, präziser in den „Legacy-Betriebssystemen und Windows-Managern (insbesondere MS DOS und Windows for Workgroups)“.
    Bahn: unglückliche Stellenbeschreibung

    Die Stellenbeschreibung war etwas unglücklich formuliert. Möglicherweise kam eine KI zur Ausformulierung zum Einsatz, was ebenfalls auf die Aktualität der Meldung deutet. Das könnte auch der Grund für den Rückzug der Ausschreibung sein.

    „Das Ergebnis Ihrer Arbeit ist eine hochwertige Display-Software, deren Schnittstellen zur Fahrzeugsteuerung bzw. Fahrzeugleittechnik reibungslos funktionieren“, forderte die Bahn. Das Anzeigesystem in den Führerständen von Hochgeschwindigkeits- und Regionalzügen zeige dem Fahrer die wichtigsten technischen Daten in Echtzeit an, erklärte das Unternehmen weiter. Das gewünschte Ergebnis lässt sich bei genauer Betrachtung eigentlich nur sicherstellen, wenn man gegebenenfalls selbst Hand an den Programmcode anlegt.

    Allerdings sagte die Aufgabenbeschreibung lediglich, dass die Administratoren „Treiber aktualisieren“ sollen. Auch das könnte schwer sein: Anbieter „normaler“ Produkte bieten keine Treiber für ein derart altes System mehr an. Selbst programmieren wäre auch da eine Lösung. Womöglich hat die Bahn aber entsprechende Wartungsverträge mit Hardware-Anbietern von damals, die die Software-Pflege auf viele Jahrzehnte sichern. Explizit erläuterte die Stellenanzeige das jedoch nicht. Es war auch nicht ersichtlich, welche Pflege die Altsysteme benötigen würden. Beim Auswerten von Daten könnten temporäre Dateien anfallen, sodass Systemreinigungen und Defragmentierungen alter Festplatten noch sinnvoll sein könnten. Auch hier blieb die Stellenbeschreibung oberflächlich.

    Gerne sollten Bewerber jedoch bereits Kenntnisse von Systemen der Deutschen Bahn wie Sibas (Siemens Bahn Automatisierungs System) haben, auch seien „Kenntnisse mit bildgebenden Systemen oder im Bahnbereich von Vorteil“.

    Systeme sind bei der Bahn oft viele Jahrzehnte im Einsatz, was mit modernen und gewohnten Produkt-Lebenszyklen nicht viel gemein hat. Neue Entwicklungen für die Bahn haben auch langen Vorlauf. Erst 2015 wurde die ICE-Flotte etwa mit einer Sitzplatzreservierung ausgestattet, die per DFÜ die Informationen ausliefert. Bis dahin war es üblich, die Daten auf Disketten zu liefern.

    Wer Windows 3.11 for Workgroups noch einmal anfassen möchte, muss dafür keine alte Hardware entstauben oder erst Installationsmedien suchen. Das Internet Archiv stellt eine im Browser lauffähige Version für die Zeitreise zurück nach 1993 bereit.

    #Allemagne #chemins_de_fer #Deutsche_Bahn #Microsoft #Windows #travail #wtf

  • Absage Chinas an US-Staatsanleihen : Die siamesischen Zwillinge werden getrennt
    https://www.telepolis.de/features/Absage-Chinas-an-US-Staatsanleihen-Die-siamesischen-Zwillinge-werden-getre

    Le désengagement du capital états-unien des marchés chinois pose plusieurs problëmes. D’abord une guerre entre la super-puissance militaire et le géant économique est de moins en moins risqué pour le capital américain. En même temps les économies des anciens partenaires ne soutiennent plus leur croissance mutuelle. Où investiront-ils alors ?

    Le défi est lancé, la lutte pour la domination des régions avec la plus grande probabilité de croissance a commencé il y a un bon moment. Et l’Europe alors, quel rôle pourrat-elle encore jouer ?

    29.1.2014 von Wolfgang Pomrehn - Beijings Zentralbank trennt sich Schritt für Schritt von ihren Treasuries. US-Firmen ziehen wiederum ihre Investitionen aus China ab. Eine Entkopplungsgeschichte.

    Es gab Zeiten – gerade zehn Jahre ist es her –, da waren die Volkswirtschaften der USA und Chinas sowie ihre Finanzsphären so eng miteinander verknüpft, dass sie siamesischen Zwillingen glichen, wenn auch sehr ungleichen. Manchem Beobachter erschienen die großen wechselseitigen Abhängigkeiten gar als Garant für ein friedliches Miteinander.

    Rund ein Drittel aller chinesischen Exporte gingen in die USA, die diese vor allem mit einer wachsenden Auslandsverschuldung finanzierten, mit Kredit, den nicht zuletzt China selbst gab. Zeitweise hielt die chinesische Zentralbank 2011 US-Staatsanleihen (Treasuries) im Wert von bis zu 1,3 Billionen US-Dollar. 2013 wurde dieser Höchstwert noch einmal erreicht.
    Entkopplung nimmt Fahrt auf

    Doch während sich die USA in der Zwischenzeit immer weiter im Ausland verschuldete – die Funktion des US-Dollars macht es möglich –, hat China in den vergangenen Jahren seinen Treasury-Bestand abgebaut.

    Zuletzt hatte er noch einen Wert von 782 Milliarden US-Dollar. Und während der chinesische Staat 2011 noch 14 Prozent aller ausgegebenen US-Staatsanleihen hielt, sind es derzeit nur noch drei Prozent, wie die Nachrichtenagentur Reuters meldet.

    Chinas Währungsreserven belaufen sich insgesamt auf 3,24 Billionen US-Dollar, wovon noch immer über diverse Kanäle schätzungsweise 60 Prozent in US-Dollar gehalten werden und der Rest in anderen Währungen wie dem Euro, dem Schweizer Franken oder dem japanischen Yen. Aber die finanzielle Entkoppelung hat parallel zur entsprechenden Entwicklung im Warenaustausch Fahrt aufgenommen, und sie verläuft nicht einseitig.

    US-Firmen und -Fonds haben in den letzten Jahren massiv Investitionen aus China abgezogen und einige Beobachter meinen, das könnte einer der Gründe für die derzeitigen Berg- und Talfahrten der chinesischen Aktienmärkte sein. Im dritten Quartal 2023 verlor die Volksrepublik zum ersten Mal seit Beginn der Öffnungspolitik Anfang der 1980er-Jahre mehr ausländische Direktinvestitionen als zugleich ins Land flossen, und zwar 12 Milliarden US-Dollar. Das Kapital flösse aus China ab und der USA zu, meint Reuters.

    Ansonsten ist China aber nicht der einzige Staat, der sich aus den einst bei Zentralbanken sehr beliebten Treasuries zurückzieht. Einerseits strebt die US-Staatsverschuldung immer neuen Rekorden entgegen. Die Schuldverschreibungen haben inzwischen den sagenhaften Umfang von 26 Billionen US-Dollar (93 Prozent des US-Bruttoinlandsprodukts). Das ist immerhin das Fünffache des Standes vor dem Beginn der großen Immobilien- und Börsenkrise 2007.

    Andererseits wird das Gros jedoch von Privatpersonen und privaten Gesellschaften gehalten. Ausländische Zentralbanken haben in ihren Portfolios Treasuries mit einem Wert von nur noch 3,8 Billionen US-Dollar. Weitere gut drei Billionen US-Dollar werden von Privaten im Ausland gehalten, und mit fast 20 Billionen US-Dollar ist der US-Staat im Inland verschuldet.

    #Chine #USA #Europe #économie #impérialisme

  • The Latest Scapegoat in Israel’s Witch-hunt Against Its Arab Citizens - Haaretz Editorial - Haaretz.com
    https://www.haaretz.com/opinion/editorial/2024-01-29/ty-article-opinion/the-latest-scapegoat-in-israels-witch-hunt-against-its-arab-citizens/0000018d-51eb-d5c3-a9fd-75ff5d670000

    Singer and neuroscientist Dalal Abu Amneh was a victim of political persecution. Haaretz’s Hebrew edition published a chilling account that reveals this persecution, from the first informer through the incited masses and the neighbors to the police, the justice system and the Afula municipality.

    It all began with something she posted after Hamas’ attack on October 7 – “God is the only victor,” along with a Palestinian flag. That was enough to ignite the persecution reserved for Arabs labeled as supporters of terrorism, even though only anti-Arab prejudice could explain seeing this post as support for Hamas.

    The post was shared, and as it spread, so did the public onslaught and the threats. When Abu Amneh complained to the police, it turned out that they were already on her trail.

    In times of crisis, there is no freedom of expression in Israel, especially not for Arabs. At the start of the war, State Prosecutor Amit Aisman gave the police sweeping permission to open investigations into anyone suspected of supporting the October 7 massacre.

    The result was a wave of arrests, many of them unjustified, of Arabs who dared to criticize the war or express solidarity with the suffering of the Palestinian residents of the Gaza Strip.

    At the police station, the officers verbally abused Abu Amneh, subjected her to a body search, shackled her wrists and ankles and detained her for three days before releasing her to five days of house arrest. The case was referred to the prosecution, which viewed it as quite weak, and it is expected to be closed. But the damage has already been done.

    For more than two and a half months, Abu Amneh has suffered from daily demonstrations outside her home in Afula. Dozens of protesters, led by Mayor Avi Elkabetz, show up every evening and demand that she and her family be kicked out. The water supply to the house has been cut off and a dumpster has been placed outside the house. And when she turned to the police, she said, the officers ignored her complaints and sided with the demonstrators.

    “They chose me as a scapegoat precisely because I’m a normative person – educated, an academic,” she said. “They want to break my spirit in order to intimidate all of us – all the Arabs.”

    That’s the way things are when you’re an Arab citizen of Israel. It’s enough for one Facebook post to be misunderstood to have your life and that of your family turned upside down.
    Everything you were before that post, everything you did, all your achievements, your status, your relations with your neighbors, the life you thought you had – all of it vanishes. And the agencies that are supposed to protect you – the police, the justice system, the municipality – turn against you.

    Abu Amneh’s case reveals the rot in the police, the prosecution and the municipality. Everyone she encountered abused their positions, and all of them were party to this baseless political harassment.

    #vitrine_de_la_jungle #sionisme

  • EDEKA - Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler im Halleschen Torbezirk zu Berlin
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Edeka

    Depuis 1918 le colonialisme allemand est un souvenir nostalgique. Les locataires de jardins ouvriers forment des associations qui gèrent leurs « colonies » et les colons achetaient leurs fruits et légumes au magasin de marchandises coloniales (Kolonialwarenhandlung). Depuis la disparition des petits commerces dans les années 1970 cette appellation ne survit plus que dans le nom de la chaîne de grandes surfaces Edeka.

    Notre âme de colon ne peut alors s’exprimer qu’à travers la solidarité inconditionnelle avec nos petits apprentis sorciers au proche orient. Comme ça tous les matins mon peiti colon philosemite intérieur acceuille avec joie et le soleil et la.lumière culturelle occidentale qui illumine le proche orient.

    Il faudrait que j’ouvre un commerce de Kolonialwaren pour me libérer de ces velléités démodées.

    Die Edeka-Gruppe (Eigenschreibweise: EDEKA; ehemals Abkürzung für Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler im Halleschen Torbezirk zu Berlin) ist ein genossenschaftlich organisierter kooperativer Unternehmensverbund im deutschen Einzelhandel. Die Edeka-Zentrale hält jeweils Kapitalanteile in Höhe von 50 Prozent an sieben Regionalgesellschaften, die jeweils anderen 50 Prozent werden von einer oder mehreren regionalen Genossenschaften gehalten. Die Edeka-Zentrale kontrolliert zudem mehrheitlich den Discountfilialisten Netto und betreibt mit Edeka Fruchtkontor eine eigene Beschaffungsorganisation vorrangig für Obst- und Gemüseimporte, eine Wein- und Sektkellerei sowie verschiedene Servicegesellschaften wie die Edekabank, die Edeka Verlagsgesellschaft oder die Edeka Versicherungsdienst Vermittlungsgesellschaft. Die Bezeichnung „EDEKA“ für das Unternehmen wird feminin,[8] die Bezeichnung „Edeka“ für einen Supermarkt maskulin verwendet.

    Stichtag - 21. Oktober 1907 : Gründung der « Edeka » in Leipzig - Stichtag - WDR
    https://www1.wdr.de/stichtag/stichtag-edeka-100.html

    Nur kurz zu Edeka - besser hätte man die Philosophie des Lebensmittelverbunds nicht beschreiben können. Im Schnitt dauert es in Deutschland laut Unternehmen nur sieben Minuten bis zum nächsten Laden. Und da soll der Kunde sich wohlfühlen.

    In Hannover wurde ein Edeka-Markt nach Feng-Shui-Prinzipien errichtet, mit runden Wänden und Springbrunnen im Zentrum; ein Markt in Dortmund erhielt einen Architekturpreis. „Man soll sich wohlfühlen wie im Schlaraffenland“, bemerkt eine Kundin schon 1961, „und kaufen, kaufen, kaufen“.

    Großaufträge sparen Kosten

    Grundlage für Edeka ist der „Verband deutscher kaufmännischer Genossenschaften“. Gegründet wird er von Genossenschaften und Einkaufsvereinigungen am späten Nachmittag des 21. Oktober 1907 im Leipziger Hotel de Pologne, um den darin organisierten Einzelhändlern bessere Einkaufsmöglichkeiten zu eröffnen.

    1911 wird aus dem vom Verband gewählten Kürzel E.d.K. ("Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler") der Firmen- und Markenname Edeka. Konkurrenz gibt es von Anfang an, namentlich durch die Kula ("Kolonial- und Lebensmittelausstellung") und die PUG ("preiswert und gut").
    Vom Krämerladen zum Supermarkt

    Die Konkurrenten überlebt die Edeka aber ebenso wie einen Lieferboykott von 40 Markenartikelherstellern, der 1913 nach nur einem Jahr zusammenbricht.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg mausern sich die Edeka-Geschäfte im Deutschland des Wirtschaftswunders vom Krämerladen zum Supermarkt. Betrieben werden sie unter dem Ketten-Label von selbstständigen Einzelhändlern, die die Geschäfte auf eigene Rechnung und Verantwortung betreiben.

    Die Ladengestaltung ist ebenfalls jedem Einzelnen überlassen, wenn der Marken-Bezug erhalten bleibt. Als Gruppe vergeben die Edeka-Händler Großaufträge an die Lieferanten. So können Gewinne maximiert und die Preise trotzdem möglichst klein gehalten werden.
    Wenige Euro über Mindestlohn

    Rund 4.000 Edeka-Geschäfte gibt es derzeit – ein straff organisiertes Handelsimperium, das aus einer Hamburger Zentrale, sieben Regionalgemeinschaften und der Discount-Tochter Netto besteht.

    2016 erwirtschaftete die „Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler“ fast 50 Milliarden Euro. Damit ist Edeka der größte Lebensmittelhändler Deutschlands.

    Und er möchte weiter wachsen: 2017 übernimmt der Supermarktriese die rund 400 Filialen der angeschlagenen Kette Kaiser’s Tengelmann mitsamt der Mitarbeiter. Viele davon verdienen laut Gewerkschaftskritik in der Stunde gerade einmal zwei Euro mehr als den vom Staat bestimmten Mindestlohn.

    #colonialisme #Allemagne #commerce #psyholigie #parodie #wtf

  • Rat Race
    https://www.youtube.com/watch?v=127rJwowaAc

    https://en.wikipedia.org/wiki/Rat_Race_(film)

    Rat Race is a 2001 American comedy film directed by Jerry Zucker. Inspired by Stanley Kramer’s 1963 film It’s a Mad, Mad, Mad, Mad World,[3] the film features an ensemble cast consisting of Rowan Atkinson, Whoopi Goldberg, Cuba Gooding Jr., Wayne Knight, Jon Lovitz, Kathy Najimy, Lanei Chapman, Breckin Meyer, Amy Smart, Seth Green, Vince Vieluf, John Cleese and Dave Thomas.

    #hilarant

    Randy and his family, at the insistence of their daughter, visit a museum about the Nazi German officer Klaus Barbie, believing it to be about the Barbie doll. They steal Adolf Hitler’s staff car after Duane and Blaine sabotage their vehicle. They are attacked by a gang of bikers after making a bad impression on one of the bikers.

    #cinéma #comédie #nazis

  • De la guerre révolutionnaire à la guerre d’annexion | L’Anticapitaliste
    https://lanticapitaliste.org/opinions/histoire/de-la-guerre-revolutionnaire-la-guerre-dannexion


    „Friede den Hütten ! Krieg den Palästen !“ fut le slogan du Messager hessois écrit par Georg Büchner et redigé par le pasteur Weidig qui supprima dans le texte quelques idées à son goût trop radicales. Büchner cita une devise des armées révolutionnaires francaises que ses parents avaient vu passer dans la région de Hesse quarante ans auparavant. On la trouve aussi dans un pamphlet de Buonarroti de 1793 (1er ventôse an IV) . Voici quelques sources qui témoignent de la célèbre devise.

    Enfin, la majeure partie de la bourgeoisie comprit qu’elle ne pourrait gagner la guerre qu’en s’appuyant sur l’énergie populaire. Il fallait donc s’allier les sans-culottes et c’est ce qui conduisit à la « politique de l’an II »3.

    En effet, dès la première levée de volontaires, en 1791, les artisans urbains étaient majoritaires (66 %). Les volontaires bleus s’imposèrent dans l’armée aux côtés des blancs4 : la discipline se relâcha, l’armée devint une école de républicanisme, le lieu où se trouvaient tous les patriotes les plus ardents, prêts à donner leur vie pour leurs idéaux révolutionnaires. L’armée avait ses clubs, ses journaux. La victoire de Valmy – qui ne fut pas militaire, mais politique5 – fut obtenue essentiellement grâce au fait que l’armée française, contrairement aux armées monarchistes, était composée de combattants soudés par des convictions profondes.

    « Paix aux chaumières, guerre aux palais ! »

    C’est sous ce cri que les hommes partirent dans un premier temps au combat. Rapidement, la guerre eut un impact politique sur de larges parties du continent : Comtat-Venaissin, Savoie, Comté de Nice, Belgique, Rhénanie, Malte, Italie, Grande-Bretagne et tout particulièrement Irlande, Etats allemands et Russie. Enfin son retentissement ne fut pas moindre à Saint-Domingue et aux Caraïbes.

    Son accueil en terres allemandes est assez représentatif de la manière dont les armées françaises furent accueillies sur leur passage. Dès 1790, des intellectuels – Hegel, Hölderlin et Schelling parmi les plus connus – s’enthousiasmèrent pour les événements français. Des « pèlerins de la liberté », accueillis au club des Jacobins, prirent le chemin de la France pour y voir les événements de plus près. En Bade et au Palatinat, sous l’effet de la Révolution, des troubles se produisirent au sein des couches les plus défavorisées dès l’automne 1789. La révolte des paysans saxons en 1790 fut néanmoins la plus importante et elle entraîna les artisans des villes, comme les étudiants. Des clubs se formèrent à Hambourg, Altona ou encore Nuremberg. En Rhénanie, les troubles furent particulièrement spectaculaires.

    Après Valmy, l’armée des Vosges commandée par Custine pris l’offensive sur le Rhin. Cette marche à travers le Palatinat s’effectua sans encombre : souvent les habitants prirent contact avec l’armée – et eux-mêmes les armes pour combattre aux côtés de la France. Dans certaines régions, dès l’arrivée de l’armée, les paysans se partagèrent la propriété féodale.

    Mais lorsqu’elle marcha sur Mayence, l’enthousiasme des villes s’amoindrit. Custine demanda aux corporations de choisir une constitution, et elles optèrent très majoritairement pour la monarchie constitutionnelle. Du coup, il établit un gouvernement provisoire auquel il demanda de mettre en place les institutions de la République, de proclamer l’indépendance et la souveraineté du peuple, d’élire de nouvelles autorités au suffrage universel masculin, d’abolir la féodalité, de lever des impôts plus justes, de placer sous séquestre les biens de l’Eglise.

    Adam Philippe de Custine
    https://fr.wikipedia.org/wiki/Adam_Philippe_de_Custine

    https://fr.wikipedia.org/wiki/Famille_de_Custine

    Newsletter des hessischen Landesarchivs
    https://landesarchiv.hessen.de/sites/landesarchiv.hessen.de/files/2022-11/newsletter_hessenarchiv_aktuell_2018_neu.pdf

    Im Herbst 1792 gelangte ein französisches Heer unter General Custine über Rheinpfalz, Rheinhessen, das Darmstädter Ried bis an die Lahn und in die Wetterau. Der Darmstädter Hof floh aus Angst vor einer Besetzung Darmstadts in das sichere Gießen, denn „Krieg den Palästen, Friede den Hütten“ lautete die Losung an General Custine, als er 1792 den Befehl erhielt,
    gen Norden zu ziehen. Hintergrund war die Sorge der französischen Revolutionsregierung vor weiteren Angriffen aus dem Grenzgebiet,
    waren doch erst im Sommer 1792 deutsche Truppen in Frankreich einmarschiert, um den durch die Revolution faktisch entmachteten König Ludwig XVI. wieder zu seinen ursprünglichen Rechten zu verhelfen. Aber Custine sollte den Menschen hier auch die Idee einer neuen Gesellschaftsordnung und die Vorzüge der Demokratie nahebringen, doch er
    scheiterte politisch und militärisch. Nicht nur musste er sich aus den Gebieten rechts des Rheins bald wieder zurückziehen. Auch die Gründung des sogenannten Rheinisch-Deutschen Nationalkonvents, besser bekannt als „Mainzer Republik“, scheiterte schon nach wenigen Monaten. Die Expedition Custine endete mit dem Fall von Mainz am 23. Juli 1793, er selbst starb kurz darauf unter der Guillotine in Paris.

    Des révoltes aux révolutions - Chapitre XVII. Révoltes et révolutions dans l’Europe en guerre - Presses universitaires de Rennes
    https://books.openedition.org/pur/28068?lang=en

    Annexe. LES PATRIOTES ITALIENS PROPOSENT DE « RÉVOLUTIONNER » L’ITALIE ET D’EN FAIRE L’UNITÉ

    Notes sur l’Italie.

    Les soussignés chargés par les patriotes piémontais et autres italiens réunis à Nice s’empressent de faire passer au ministre des Affaires étrangères les renseignements et les demandes ci-après conformément à l’entretien qu’ils ont eu avec lui et en conséquence des instructions qu’ils ont reçues de ceux qui leur ont accordé leur confiance.

    1° L’île de Sardaigne s’est soustraite à la domination de son tyran : une armée d’insurgés s’est détachée dernièrement de Cagliari pour écraser le parti de la Cour qui s’était réfugié à Sassari. Trois partis divisent actuellement cette île : un veut l’indépendance, un demande à suivre le sort de la Corse, un troisième réclame la réunion à la France.

    2° Une fermentation universelle règne dans les deux Siciles. Le peuple accablé sous le gouvernement féodal et les jeunes gens nobles ou roturiers éclairés par la philosophie appellent à grands cris la révolution. Depuis 1792 il existe dans ce pays, un nombre infini de clubs patriotiques où se réunissent les hommes les plus instruits et les plus courageux ; si l’escadre française lors de son arrivée dans ce malheureux pays eut fait feu, ils étaient prêts à la seconder et ils avaient déjà pris des mesures pour rendre impuissants tous les préparatifs de la Cour.

    L’esprit révolutionnaire se propageait rapidement lorsqu’il s’éleva au commencement de 1795 une persécution acharnée contre tous ceux qu’on soupçonnait de patriotisme. Des amis de la liberté périrent alors sur l’échafaud, d’autres se réfugièrent en France où ils ont servi la liberté. Cette persécution qui n’a jamais cessé depuis son commencement vient de se renouveler avec plus de violence. Toute la province de l’Abruzze (l’ancien Samnium), où l’insurrection était prête à éclater, trahie par un de conjurés, est en proie au ravage des soldats de la tyrannie. Ces hommes ont abandonné leurs foyers et se battent avec acharnement contre le despotisme : on incarcère dans tout le Royaume et indistinctement peuple, nobles, avocats, prêtres, officiers. 1 000 victimes gémissent dans les Bastilles affreuses, le sang des patriotes coule tous les jours sur des échafauds.

    3° Dans les états du Pape la révolution a de nombreux partisans. Depuis longtemps les légations de Ravenne, Ferrare et Bologne cherchent à rompre leurs chaînes et à Rome même les Transtéverins, toujours remuants, toujours courageux, sont très disposés au régime de la liberté.

    4° En Toscane, où des mouvements révolutionnaires se firent sentir en 1791, le peuple est mécontent par la misère, par l’insouciance du gouvernement à son égard, par la cherté de toutes les denrées, par le défaut de travail. Les nobles regrettent les privilèges que leur arracha Léopold. Il y a dans toutes les classes une nombreuse jeunesse formée à l’étude des droits de l’humanité par la lecture de bons livres et par quelques professeurs de l’université de Pise.

    5° Sans rappeler la révolution que le Sénat gênois craignait en 1796, on peut garantir l’existence d’un très grand nombre de chauds patriotes. Dans la ville de Gênes et particulièrement sur toute la rivière de l’Est et de l’Ouest, on pourrait citer des traits de patriotisme de leur part qui ne laisseraient à cet égard aucun doute.

    6° Les patriotes de Naples ont eu des correspondances avec quelques sociétés patriotiques de Milan.

    7° Les voyageurs assurent que les patriotes sont en nombre dans l’État de Venise.

    8° En même temps que les patriotes Napolitains tramaient au Midi de l’Italie la perte de leur Roi, les Piémontais en faisaient autant au Nord. Si l’armée française eut pu faire alors un mouvement pour les seconder, c’en était fait de la cour de Turin, mais, faute de ce mouvement, le gouvernement, aidé des phalanges autrichiennes parvint à étouffer l’explosion patriotique qui commençait à éclater. Dès l’aurore de la Révolution française, le peuple piémontais sentit le charme de la liberté. En 1791, plusieurs insurrections avaient déjà fait trembler le gouvernement. Ces essais, quoique inutiles, allumèrent toujours plus le feu révolutionnaire qui couvait sous la cendre et qui était puissamment fomenté par l’odieux du gouvernement féodal, par le poids excessif des impôts, par la misère du peuple, par l’orgueil de la noblesse et du clergé.

    Depuis alors il se forma dans toutes les provinces du Piémont des associations patriotiques qui, dirigées par l’action unique d’un club central établi à Turin, avaient éclairé le peuple, réuni les hommes doués des moyens de tout genre et préparé l’explosion qui fut déjoué par la lenteur de l’armée française et par les nombreuses arrestations qui eurent alors lieu à Turin. Les Patriotes piémontais ont subi le même sort que ceux des Deux Siciles.

    Quoique incarcérés, suppliciés et persécutés, ils n’ont jamais perdu courage ; par leur influence secrète, ils ont maintenu dans le peuple l’esprit révolutionnaire, ont gagné
    un grand nombre d’officiers de l’armée et ont même fait délivrer des places à l’armée française.

    Lorsque cette armée battit à la fin de l’an II à Cairo les Austro-Sardes, le peuple vint au-devant d’elle et les provinces environnantes l’attendaient avec impatience.

    Cet enthousiasme, nourri par les maux toujours croissants de la guerre, s’est révélé avec plus de violence depuis la dernière victoire des troupes de la République, événement qui a ranimé l’espoir de toute l’Italie.

    Les Patriotes du Piémont n’attendaient plus que la prise de Ceva pour se montrer et tomber sur la Cour et ses suppôts. Voyant le retard du général français Schérer, ils se sont adressés à lui pour l’encourager et lui promettre une insurrection, et sur ce qu’il leur dit qu’il ne pouvait avancer faute de moyens de transport, ils lui promirent 6oo mulets chargés de vivres ; leur promesse commençait à être remplie lorsque l’apparence d’un traité de paix avec le gouvernement sarde ralentit les opérations militaires et jeta le désespoir dans le cœur des patriotes. Cependant ils n’ont pas perdu courage et c’est sur leur invitation que les soussignés se sont adressés au gouvernement, dans la personne du ministre des Affaires étrangères, pour lui annoncer que les Patriotes du Piémont sont prêts à faire un mouvement révolutionnaire et qu’ils n’attendent pour l’exécution que l’assurance d’être secondés par l’armée française.

    Les soussignés sont aussi chargés de représenter au gouvernement français que le Général Augereau, employé à l’armée d’Italie, a formé un plan pour seconder facilement la révolution piémontaise, plan qu’il serait bon que le gouvernement pût connaître.

    D’après ce qu’on vient de dire il paraît certain que la révolution du Piémont amènera nécessairement celle de toute l’Italie. Par cette opération, la Révolution française, après avoir enlevé à l’Autriche la plus belle partie de ses états et détruit le commerce de l’Angleterre dans la Méditerranée, aura acquis des alliés éternels, qui feront, avec elle, cause commune contre les tyrans, et c’est là, sans contredit, le moyen le plus sûr d’avoir une paix durable. Si ces vues, conformes au droit éternel de la nature sont, comme nous n’en doutons pas, celles du gouvernement français, nous devons à la cause que nous défendons de lui donner quelques avis qui influeront infiniment sur l’issue d’une si belle entreprise.

    On a souvent dit que l’Italie était le tombeau des Français ; cet adage ne se vérifiera pas cette fois-ci, si, conformément à la doctrine qu’ils ont embrassée, ils entrent en libérateurs et en amis du peuple : mais si l’indiscipline et surtout la barbare cupidité des administrateurs militaires renouvelait, dans l’intérieur, les scènes horribles qui ont affligé le pays déjà conquis en Italie, il serait à craindre que l’invasion ne se terminât par le revers de l’armée et par la destruction des patriotes.

    Ceux, au nom desquels nous parlons, nous ont chargé de recommander au gouvernement français cette partie essentielle à la réussite, en même temps qu’ils nous ont particulièrement insinué de lui déclarer que tous les patriotes italiens sentent que toutes les richesses de l’Italie doivent être employées au soutien de l’armée française, à laquelle nous devons le suprême des biens, la liberté.

    Guerre aux châteaux, paix aux chaumières.

    Cette maxime fera des prodiges en Italie et les autorités que la révolution y fera naître sauront bien porter le peuple à ne rien laisser désirer à ses libérateurs.

    Les soussignés terminent ces notes en assurant le Ministre qu’ils ont transmis à leurs commettants la réponse verbale par laquelle il leur déclara que la conduite du gouvernement français en Hollande devait être pour les Piémontais un sûr garant de l’amitié et de la fraternité avec laquelle il seconderait leurs efforts révolutionnaires et protégerait en tout temps ceux qui les auraient suscités comme amis zélés de la République française.

    D’après cela, les soussignés ne doutent pas que le feu sacré de la liberté ne tardera pas à éclater dans le Nord de l’Italie et surtout en Piémont.

    Paris ce 1er ventôse an IV

    Buonarroti, Cerise réfugiés

    Georg Büchner
    https://fr.wikipedia.org/wiki/Georg_B%C3%BCchner#%C5%92uvre

    Œuvre
    1834 : Le Messager hessois (Der Hessische Landbote), pamphlet, avec Friedrich Ludwig Weidig
    1835 : La Mort de Danton (Dantons Tod), théâtre
    1835 : Lenz, nouvelle (adaptée au cinéma en 1970 par George Moorse (de).
    1836 : Léonce et Léna (Leonce und Lena), comédie satirique
    1837 : Woyzeck, pièce de théâtre (inachevée)1

    Marc Chagall - Paix aux chaumières, guerre aux palais, 1918

    Projet de panneau décoratif pour le premier anniversaire de la Révolution d’octobre. Aquarelle et mine de plomb. Galerie nationale Trétlatkov, Moscou.

    1834 - Krieg den Palästen, Hessisches Landesarchiv
    https://www.youtube.com/watch?v=To4Z1FwxT2I

    #France #Allemagne #histoire #révolution #guerre

  • Je découvre #duckdb
    https://duckdb.org/docs/archive/0.9.2

    Quel merveilleux outil pour travailler avec open data.

    Merci @simplicissimus pour ce lien vers la présentation à Toulouse.
    https://seenthis.net/messages/1038730

    Côté pratique c’est mpressionnant

    Data Import & Export

    CSV Import
    CSV Export
    Parquet Import
    Parquet Export
    Query Parquet
    HTTP Parquet Import
    S3 Parquet Import
    S3 Parquet Export
    JSON Import
    JSON Export
    Excel Import
    Excel Export
    SQLite Import
    PostgreSQL Import

    Tout sauf du #PHP

    There are various client APIs for DuckDB:

    C
    C++
    Java
    Julia
    Node.js
    Python
    R
    Rust
    WebAssembly/Wasm
    ADBC API
    ODBC API

    Additionally, there is a standalone Command Line Interface (CLI) client.

    There are also contributed third-party DuckDB wrappers for:

    C# by Giorgi
    Common Lisp by ak-coram
    Crystal by amauryt
    Go by marcboeker
    Ruby by suketa
    Zig by karlseguin

    Les arguments pour
    https://duckdb.org/why_duckdb

    ... what goals DuckDB has and why and how we try to achieve those goals through technical means. To start with, DuckDB is a relational (table-oriented) DBMS that supports the Structured Query Language (SQL)
    ...
    no external dependencies ...
    no DBMS server software to install ...
    support for complex queries in SQL with a large function library ...

    DuckDB is deeply integrated into Python and R for efficient interactive data analysis. DuckDB provides APIs for Java, C, C++, Julia, Swift, and others.
    ...
    DuckDB is released under the very permissive MIT License
    etc.

    don’t

    High-volume transactional use cases (e.g., tracking orders in a webshop)
    Large client/server installations for centralized enterprise data warehousing
    Writing to a single database from multiple concurrent processes
    Multiple concurrent processes reading from a single writable database

    mais

    PHP example to integrate DuckDB using PHP-FFI
    https://github.com/thbley/php-duckdb-integration

    Currently there is no PHP extension available for using DuckDB, so I created a small library using PHP-FFI.

    DuckDB is an embeddable SQL OLAP database management system. It does not require external servers. Databases are stored in single files (similar to SQLite). Compared to SQLite, DuckDB is much faster. E.g. I imported 16M rows from a CSV file in 5s on my notebook (i5-8250U).

    DuckDB can import CSV files with automatic format detection and automatic table creation using:

    CREATE TABLE test1 AS SELECT FROM read_csv_auto(’test1.csv’);
    CREATE TABLE test2 AS SELECT
    FROM read_csv_auto(’test2.csv.gz’);

    Usage:

    php -dffi.enable=1 test.php

    or:

    docker build -t php-ffi .
    docker run -it —rm -v $(pwd):/code php-ffi php /code/test.php

    Requirements:

    PHP 7.4+ with FFI extension enabled

    Question / défi

    Directly running DuckDB queries on data stored in SQLite files | Hacker News
    https://news.ycombinator.com/item?id=30801575

    #SQL #open_data

  • Blockade von Leningrad : »Die schlimmen Zeiten sind nicht vergessen« 
    https://www.jungewelt.de/artikel/468044.blockade-von-leningrad-die-schlimmen-zeiten-sind-nicht-vergessen.ht


    Verteidiger der Stadt während der Blockade : Sowjetische Panzer auf der Urizkistraße (30.10.1942)

    Un entretien avec un des derniers survivants du siège de Léningrad. Le 27 janvier marque le quatre vingtième anniversaire de la fin de cet acte de barbarie allemand.

    Aujourd’hui en Allemagne on préfère commémorer la libération du camp d’Auschwitz exactement un an plus tard en évitant autant que possible de parler des soldats de l’armée rouge. On plaint les juifs assassinés et passe sous silence le crime contre les citoyens de l’Union Soviétique qui a couté la vie à vingt fois plus d’hommes, femmest et enfants.

    27.1.2024 von Arnold Schölzel - Sie haben die Leningrader Blockade überlebt. Wie viele Überlebende gibt es in Berlin?

    Allein hier sind wir 40 bis 45 Menschen, in der Bundesrepublik etwa 300. Wir haben uns in der Vereinigung »Lebendige Erinnerung« zusammengeschlossen und arbeiten mit dem »Club Dialog« im Wedding und der Stiftung »Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« zusammen. Bis zur Pandemie feierten wir den Jahrestag der Befreiung Leningrads stets im Haus der Russischen Kultur, aber das ist jetzt nicht mehr möglich. Einige wenige fliegen auch in diesem Jahr auf Einladung des Gouverneurs von St. Petersburg dorthin, um den 80. Jahrestag der Befreiung Leningrads zu feiern. Überlebende der Blockade leben überall auf der Welt.

    Wie begehen Sie im »Club Dialog« den Jahrestag?

    Wir hören dort ein Fragment der »Leningrader Sinfonie« von Dmitri Schostakowitsch, die er zu Beginn der Blockade komponiert hat und die am 9. August 1942 in Leningrad aufgeführt wurde. Wir gedenken vor allem der Toten. Niemand weiß, wie viele es letztlich waren. Die Schätzungen reichen von 600.000 bis 1,2 Millionen Menschen. Sie starben durch Hunger, Kälte, Bomben und viele andere Ursachen. Heute wissen hier allerdings viele junge Menschen kaum noch, dass St. Petersburg und Leningrad dieselbe Stadt sind.

    Sie waren am 22. Juni 1941 zwölf Jahre alt. Wie haben Sie den Kriegsbeginn erlebt?

    Ich war an jenem Tag in einem Pionierferienlager, gut 20 Kilometer von Leningrad entfernt. Es war für Kinder von Mitarbeitern der großen Leningrader Textilfabrik »Rotes Banner«. Dort arbeitete mein Großvater, denn ich lebte bei meinen Großeltern. Meine Eltern waren unterwegs auf Großbaustellen des sozialistischen Aufbaus, vor allem in den großen Kraftwerken am Wolchow und am Swir. Bis 1936 war ich im Sommer manchmal zwei Monate bei ihnen, dann ging es zurück zu Opa und Oma. 1936 sollte ich auf einmal bei den Eltern bleiben und zur Schule gehen, das war in Staraja Russa. Als ich einen Monat lang die Schule geschwänzt hatte, durfte ich zurück. Ich hatte vier Klassen absolviert, als der Krieg kam.

    Was passierte im Ferienlager?

    Es herrschte Chaos. Nach einigen Tagen kamen viele Mütter und holten unter Klagen und Weinen ihre Kinder ab, zurück blieben ungefähr zehn bis 15 Kinder, darunter ich. Zu mir kam niemand, und ich war sehr unglücklich. Die Lagerleiter erklärten uns nichts, wir hatten nur Zeitungen. Irgendwann entschloss ich mich, allein nach Leningrad zu fahren. Wir waren ja nicht weit weg, aber für mich als Kind war das eine lange Reise. Zum Glück holte mich mein Opa am Bahnhof ab, meine Oma war leider im Januar 1941 gestorben.

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    Meine Mutter sah ich erst nach zehn Jahren 1946 wieder. Sie lebte damals in Wologda, nördlich von Moskau. Von den Behörden hatte sie die Mitteilung erhalten, dass mein Vater bei der Verteidigung Leningrads drei Tage vor dem Ende der Blockade, am 24. Januar 1944, getötet worden war. Er hatte in Jelisawetino, etwa 70 Kilometer südwestlich der Stadt, eine Artilleriestellung kommandiert. Sie erhielt einen Volltreffer, alle fünf Soldaten waren tot. Meine Mutter bekam eine sehr kleine staatliche Unterstützung und arbeitete als Grundschullehrerin. Aber es reichte nicht, um meine drei jüngeren Geschwister zu ernähren. Sie lebten in einem Kinderheim.

    Der Winter 1941/42 war mit bis zu minus 40 Grad extrem kalt. Wie haben Sie und Ihre Familie überlebt?

    Uns halfen vor allem eine Cousine und ein Onkel, der beim Militär war: Sie teilten ihre Lebensmittelrationen mit uns. Aber es war schwer: Im November kam der Befehl, alle Holzzäune und Holzhäuser für Heizung zur Verfügung zu stellen. Wir mussten das Haus, in dem wir wohnten, aufgeben, und zogen alle zusammen in ein Zimmer. Zum Glück waren einige wegen ihrer militärischen Verpflichtungen nur selten da. Das Zimmer war Teil einer Gemeinschaftswohnung, einer Kommunalka, und wurde von einer Granate getroffen, die zwar nicht explodierte, aber es in der Kälte unbewohnbar machte. Wir zogen ein Haus weiter – es gab bereits viele leerstehende Wohnungen. Ich wurde im Februar 1942 zusammen mit meiner Tante und deren Kindern in ein sibirisches Dorf evakuiert, 120 Kilometer südlich der Gebietshauptstadt Tscheljabinsk in der Nähe der kasachischen Grenze. Dort arbeiteten alle in einer Molkerei und ich von Mai bis Ende September als Schafhirte. 1944 hatte ich die Verantwortung für 533 Schafe. Im Kolchos sagten sie, ich müsse das übernehmen, weil ich ein belesener Mensch sei – ich war ständig mit einem Buch unterwegs.

    Die Blockade beendete Ihre Schulbildung?

    Es gab in Leningrad nur wenige Schulen, die weiterarbeiten konnten – vor allem für Jüngere. Ende 1944 hörte ich eines Tages in unserem Dorfrundfunk, der täglich zweimal jeweils 30 Minuten sendete, einen Aufruf: Moskauer und Leningrader Bildungseinrichtungen fordern dazu auf, sich im Januar und Februar 1945 für die ersten Kurse einzuschreiben. Wir erhielten eine Genehmigung, nach Leningrad zu fahren, und kamen im Februar 1945 dort an. In der Marineschule, für die ich mich beworben hatte, gab es aber eine böse Überraschung: Bei der Musterung stellte der Augenarzt bei mir Astigmatismus fest, eine Hornhautverkrümmung. Das war’s.

    Unserer Regierung war aber klar, dass nach dem Krieg Zehntausende, wenn nicht Hunderttausende Kinder und Jugendliche ihre unterbrochene Bildung und Ausbildung fortsetzen wollten. Ich wurde schließlich von einer Fachschule, die Funktechniker ausbildete, angenommen. Der Unterricht und die Ausbildung dort waren allerdings hart, sehr hart, ein halbes Jahr militärischer Ausbildung gehörte dazu. Dort erhielt ich 1949 mein erstes Abschlusszeugnis.

    Sie machten weiter?

    Ich wollte zur Hochschule. Das hieß: Arbeit und zugleich Studium. Das allein war schon anstrengend, aber hinzu kamen die schlimmen Wohnverhältnisse. 1952 heiratete ich meine Frau, stand aber noch bis 1955 auf der Liste der Wohnungssuchenden. Plötzlich erhielten wir ein Zimmer in einer Kommunalka. Zu den Schwierigkeiten gehörte auch: Menschen jüdischer Herkunft waren in den 50er Jahren bestimmte Arbeitsbereiche, gerade in der Nachrichtentechnik und der Militärtechnik insgesamt, verschlossen. Auf mich kam aber irgendwann ein Freund zu und forderte mich auf, in seinem Forschungsinstitut anzufangen. Es stellte sich heraus, dass es um Funktechnik zur Steuerung und Abwehr von Raketen ging, also ein Gebiet, das strenger Geheimhaltung unterlag, auf dem aber Tausende Menschen arbeiteten.

    Vom Blockadekind und Schafhirten zum Spitzenwissenschaftler?

    In den 60er Jahren begann ich eine Aspirantur, das war in der Sowjetunion ein Weg zur Promotion, wurde Dozent und schließlich Professor, erhielt viele Auszeichnungen. Nach meinem 60. Geburtstag und der Pensionierung wollten meine Frau und ich unserem Sohn nach Berlin folgen, ich nicht so sehr, aber meine Frau hatte hier eine ihr nahestehende Cousine, die in der DDR Generaldirektorin der Nachrichtenagentur ADN gewesen war. 1993 konnten wir ausreisen. Übrigens habe ich auch hier vor einem Jahr für meine ehrenamtliche Tätigkeit einen Orden erhalten, das Bundesverdienstkreuz. Das ist unter uns ehemaligen Sowjetbürgern selten.

    Wie empfinden Sie den Umgang mit dem Zweiten Weltkrieg und der Blockade Leningrads in der Bundesrepublik?

    Das ist nicht einfach. Ich habe dazu nicht wissenschaftlich gearbeitet und kann nur meine persönliche Meinung sagen: Die Leute in Deutschland wissen zumeist nichts davon und verstehen auch nichts. Jetzt herrscht dieser Krieg in der Ukraine, und ich höre, dass die Ukraine ihn gewinnen muss. Ich vermeide, darüber zu sprechen, denn die Menschen, die diesen Krieg führen, haben die schlimmen Ereignisse und Zeiten von damals vergessen. Wir Überlebende hören junge Leute sagen: »Die Krim gehört uns.« Ich finde das alles nicht richtig. Ich bin gegen Krieg, alle Menschen sollten in Frieden leben können, sollten Arbeit und Erholung haben. In unserem »Club Dialog« erzählen Zeitzeugen wie ich zu den Jahrestagen des Zweiten Weltkrieges davon. Wir arbeiten weiter, denn niemand ist vergessen und nichts ist vergessen.

    Leonid Berezin wurde 1929 in Sibirien geboren, kam aber als Kleinkind nach Leningrad. Er überlebte die Blockade der Stadt und arbeitete dort Jahrzehnte im Zentralen Forschungsinstitut für Schiffsinstrumente an Waffentypen, über die der Westen nicht verfügte. Seit 1992 lebt er in Berlin

    Siège de Léningrad
    https://fr.m.wikipedia.org/wiki/Si%C3%A8ge_de_L%C3%A9ningrad

    #URSS #Alkemagne #guerre #histoire

  • Sahra Wagenknecht und Co. : Im Zweifel nennt man sie „Querfront“
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/sahra-wagenknecht-und-co-im-zweifel-nennt-man-sie-querfront-li.2180

    Une vérification de quelques faits historique révèle pourquoi les accusation de collaboration avec la droite sont des prétextes pour nuire au mouvement contre l’extrême droite.

    27.1.2024 von Dennis Desoi - Politischen Widersachern wird allzu schnell der Kampfbegriff „Querfront“ angehängt. Wieso sieht man in neuen linken Bewegungen keine Chance? Ein Gastbeitrag.

    Der Gebrauch von Kampf- und Schimpfbegriffen hat in den letzten 20 Jahren inflationär zugenommen. Bereits die „Schurken“-Staatschefs Milosevic, Saddam, Gaddafi, Assad und Putin waren wahlweise „Hitler II“. Mediale, elektronisch geladene Kontaktsperrgitter werden errichtet um sogenannte Nach-rechts-Offene, Verschwörungstheoretiker, Querdenker, Klimaleugner oder Schwurbler.

    Sogar der Begriff „links“, einst aus Parlamentssitzordnungen abgeleitet, droht als Worthülse zu versanden. Jedenfalls hat es nichts mit „links“ zu tun, wenn Leitmedien auf sogenannte bildungsferne AfD-Wähler herabschauen. Das führt nur dazu, dass sich sozial Abgehängte zusätzlich noch kulturell abgehängt fühlen.

    Auch „Querfront“ wurde ein solcher Kampfbegriff: Sehnsucht für die einen, wenn sich im Wagenknecht-Büro die Appelle stapeln, „doch endlich mit Alice zusammenzugehen“. Und Hassfigur für die anderen, besonders für „woke“ Journalisten. Die hätten zwar nichts dagegen, wenn das Bündnis Wagenknecht die AfD zerkleinerte. Aber nach den Europa- und Thüringen-Wahlen wird es dann schnell wieder totgeschwiegen. Und höchst vorsorglich schon jetzt als „Querfront“ dämonisiert.

    Goebbels Teilnahme am BVG-Streik

    In der Realität gelingt die Verteidigung der Demokratie nur mit einer breiten Bündelung der Kräfte und in aller Öffentlichkeit. Und genau dagegen wird das sperrige Wort aus den letzten Tagen der Weimarer Republik in Stellung gebracht, leichtgläubig und quellenfrei: Querfront.

    Um es vorwegzunehmen: In der deutschen Geschichte hat es eine demokratieschädigende Querfront nie gegeben. Früher wurde linken Schülern vom Lehrpersonal ein Foto gezeigt, auf dem Walter Ulbricht neben Joseph Goebbels zu sehen war. Angeblich auf einem Lohnstreik-Podium der Berliner Verkehrsbetriebe am 4. November 1932. Der Tenor: wie „Extremisten von links und rechts“ gemeinsam die Weimarer Republik zerstört hätten. Doch das Foto stammt aus dem Januar 1931 und zeigt ein Streitgespräch, das in einer Saalschlacht zwischen Kommunisten und Nazis endete. Goebbels Teilnahme am BVG-Streik brachte ihm in seinem Wahlbezirk bei der Reichstagswahl am 6. November 1932 erhebliche Stimmenverluste.

    Schleicher präsentierte sich als „sozialer General“

    Der Begriff Querfront erweist sich bei historischer Betrachtung als Wortpatronenhülse. „Quer“ – das soll eine angebliche „Front“ gewesen sein: vom KPD-Führer Ernst Thälmann bis zu Adolf Hitler. Doch erstens war Thälmann zu keinem „Querfront“-Gespräch je eingeladen. Und zweitens richtete sich das Ganze gegen Hitler. Georg Fülberth im „Freitag“ (48/22) beschreibt jene schicksalhaften Tage differenzierter als viele Kritiker: „Kurt von Schleicher versucht als Reichskanzler Ende 1932, den ‚linken‘ Flügel der NSDAP, die SPD und Gewerkschaften zu gewinnen, um mit einer Links–Rechts-Front die Nazi-Diktatur zu verhindern. Industrie und Banken jedoch wollten Adolf Hitler.“

    Nach links versprach Schleicher die Intensivierung gemeinsamer Manöver der Reichswehr und der Roten Armee als friedensbildende Maßnahme. Außerdem bot er an: weitergehende soziale Rechte und die Eindämmung der politischen Macht des extremen Hitlerflügels im Monopolkapital um Krupp und Thyssen. Schleicher wollte tatsächlich – sicher auch aus egoistischen Motiven – ein Massenbollwerk aus Teilen der Arbeiterbewegung, der Bauern und der Reichswehr formen. Er präsentierte sich als „sozialer General“ gegen Hitler – von Goebbels prompt als „der rote General“ verspottet.

    Auch Gregor Strasser, der den Arbeiterflügel in der NSDAP anführte, war zu jener Zeit bereits Hitlers Gegner, nicht anders als sein Bruder Otto, der schon zwei Jahre zuvor aus der Nazipartei ausgetreten war. Prominente Führungskader der SA, etwa Bodo Uhse, traten in die KPD über. Andere folgten, beispielsweise der auf der Rechten hochgeachtete Offizier und Großbauer Richard Scheringer, der sich 1931 mit Anhängern und Familie von der NSDAP abwandte und nach dem Krieg die KPD/DKP aufbauen half.

    Schleicher und Strasser wurden erschossen

    Zum Jahreswechsel 1932/33 hatten die Geheimgespräche Hitlers mit dem inzwischen abgelösten Reichskanzler Franz von Papen Fahrt aufgenommen. Im Kern ging es darum, Kurt von Schleicher, Reichskanzler seit Anfang Dezember, zum Abschuss freizugeben. Anfang Januar schockten dann der Industrielle Gustav Krupp, Papen und dessen Vorgänger Heinrich Brüning den Reichspräsidenten mit einer heißen Information: Reichskanzler von Schleicher organisiere einen „Querfront-Staatsstreich“. Deshalb müsse Hindenburg so schnell wie möglich Hitler an dessen Statt zum Reichskanzler ernennen.

    In der Tat hatte Schleicher den Reichstag auflösen wollen. Doch trotz der Nazi-Wahlschlappe im November 1932 (gegenüber der Juli-Wahl hatte die NSDAP 4,2 Prozent verloren) wuchs die Reputation des „kleinen Gefreiten Hitler“ (Hindenburg) beim Großkapital. Von ziemlicher Bedeutung war dabei ein Treffen am 3. Januar 1933 im Kölner Haus des Bankiers Kurt Freiherr von Schröder. Die Unterredung war auf Initiative rheinisch-westfälischer Industrieller um die Frontkämpfer-Vereinigung „Stahlhelm“ zustande gekommen. Bei dem Treffen hatte Hitler sich als „wirtschaftlichen Liberalen“ bezeichnet und dem Industriekapital angedient. Dem Journalisten Hellmuth Elbrechter, einem Vertrauten Schleichers und Gregor Strassers, gelang ein Foto, das die Beteiligten beim Betreten der Villa zeigte.

    Noch am selben Abend legte Elbrechter dem Reichskanzler das Foto vor. Schleichers Zornesausbruch sprach sich bis zu Hitlers Kadern rum. Am 5. Januar titelte die „Tägliche Rundschau“: „Hitler und Papen gegen Schleicher.“ Die beiden „Querfrontler“ Schleicher und Strasser wurden im Jahr darauf, im Rahmen der sogenannten Röhm-Morde um den 1. Juli 1934, erschossen.
    Die demokratische Linke war vor 1933 gespalten

    In der Rückschau waren Schleichers Bemühungen vielleicht der letzte ernsthafte Versuch, die Naziherrschaft abzuwenden. Dennoch schlagen einige Journalisten heute mit den Begriffen „Querfront“ und „nach rechts offen“ in Richtung linker Rüstungsgegner. (Aber in welche Richtung sollten marxistische Ohren sonst offen sein? Richtung linksaußen, wo die Sekten sitzen?) Und: hatte nicht die Weimarer Linke mit ihrem viel zu kleinlauten Protest gegen die Versailler Vertragsdiktate besonders die Langzeitarbeitslosen und Kleinstunternehmer den Rechtsextremen in die Küche getrieben? Und das, obwohl Paul Levi, Karl Radek, Clara Zetkin, Ernst Bloch, Bert Brecht, Hanns Eisler, Wolfgang Abendroth und andere linke Querdenker für breitere Volksbündnisse geworben hatten?

    Im August 1930 verabschiedete die KPD immerhin ihre Programmerklärung zur „Nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes“. Auf deren Grundlage konnten die Kommunisten im November 1932 den Nazis noch rund 700.000 Stimmen abnehmen. Dennoch warf ihnen Ernst Bloch später vor: „Kampflos, Genossen, habt ihr das Kleinbürgertum dem Faschismus überlassen!“

    Die demokratische Linke war vor 1933 gespalten und daher zu keiner breiten Volksfront fähig. Dabei ist schon richtig: Die ganze Monstrosität des Hitlerflügels innerhalb des Monopolkapitals konnte sie kaum vorausahnen. Ein medial bis heute gut gehütetes Geheimnis blieben auch die eiskalten Spekulationen des späteren Deutsche-Bank-Chefs Hermann Josef Abs von „innerdeutscher Kapitalbindungskraft (…) von ungeheurem Reiz (…) durch den siegreichen Ausgang des Krieges“ vor Bankenvertretern und Reichswirtschaftsführern am 25. Oktober 1940, acht Monate vor dem Überfall auf Sowjetrussland.
    Anstrengungen der Patrioten aller Parteien zur Rettung des Vaterlands

    Aber „Mein Kampf“ war bekannt. Dennoch begnügten sich die meisten Nicht-Faschisten mit passiver Beobachtung der Kräfteverschiebungen im Berliner Regierungsviertel – die sie dann allenfalls wie nörglerische Zuschauer mit spöttischem Agitprop kommentierten. Jedoch dort keineswegs eingriffen.

    Dabei hatte Lenin schon 1920 gerade die deutschen Linken gemahnt, die „feinsten Risse“ im gegnerischen Mauerwerk zu nutzen – ansonsten hätten sie vom „Marxismus keinen Deut verstanden“. Die Kommunisten hatten zwar im April 1932 zur Reichspräsidentenwahl plakatiert: „Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler. Wer Hitler wählt, wählt den Krieg“ – aber dann doch nur ihren Parteivorsitzenden Thälmann gegen Hindenburg aufgeboten. Und – was viele abstieß – von „Sowjetdeutschland“ geschwärmt, statt an einem wirklich breiten Anti-Hitler-Angebot zu arbeiten und etwa einen Carl von Ossietzky zur Kandidatur zu bewegen.

    Während die KPD die SPD-Führung als „Sozialfaschisten“ beschimpfte, ließen SPD-Beamte auf KPD-Leute als „rot lackierte Faschisten“ knüppeln und schießen. Diese Spaltung auf der Linken begünstigte die Überlegenheit des vom „terroristischsten, imperialistischsten Finanzkapital“ (Georgi Dimitroff) geförderten Hitlerflügels auf der Rechten. Dagegen musste Schleichers Anlauf saft- und kraftlos bleiben.

    Heißt das nun postum, dass es keine außerordentlichen Bündnisanstrengungen gegen außerordentliche Bedrohungen geben darf? Etwa, wenn jetzt öffentliche Aufrufe von Wolodymyr Selenskyj und Joschka Fischer für atomare Abschreckung gegen Russland ertönen? Wer sagt, wir befänden uns bereits mit einem Zeh im Dritten Weltkrieg, dem steht Engstirnigkeit schlecht zu Gesicht.

    Andere hatten „ihren“ Lenin besser verstanden. Mao Zedong zum Beispiel. Im Krieg gegen die massenmörderischen japanischen Besatzer und Hitler-Verbündete appellierte er im Oktober 1943 eindringlich an das 11. Plenum der Kuomintang-Partei (seine Gegner!) und besonders an deren rechten Flügel um Tschiang Kai-schek, „die Anstrengungen der Patrioten aller Parteien (…) zur Rettung des Vaterlands zu vereinen“.
    Sozialstaatlichkeit kann gesetzlich nur im Nationalstaat abgesichert werden

    Oder: Wie breit mussten die Alliierten aufgestellt sein, um den Hauptfeind Faschismus zu schlagen – vom Antikommunisten Winston Churchill bis zu Josef Stalin. Weitsichtige Antiimperialisten wollten selten Macht und Köpfe kampflos ihren Todfeinden überlassen. Als der „Faschistische Großrat“ in Italien am 25. Juli 1943 Mussolini absetzte und durch eine Regierung der nationalen Einheit ohne faschistische Parteimitglieder, aber unter dem militant-monarchistischen Marschall Pietro Badoglio ersetzte, traten schließlich (gegen harte innerlinke Widerstände) zwei Kommunisten in die Regierung ein, unter ihnen Palmiro Togliatti. Und zwar mit einer Erklärung unter dem Titel „Liebe zum Vaterland“. Alles „Querfront“?

    Ebenfalls „nach rechts offen“ hat Erich Weinert agitiert, als er für das „Nationalkomittee Freies Deutschland“ mit patriotischen Parolen Wehrmachtssoldaten zum Desertieren aufrief – im Übrigen erfolgreich. Oder war es falsch von Walter Ulbricht, in der „Nationalen Front“ um Breite und Traditionen zu ringen - und damit um kleine NS-Mitläufer? Während in Westdeutschland der Justiziar der Judenausrottung, Hans Globke, Chef in Adenauers Kanzleramt wurde? Während der Auschwitz-Kreditgeber Abs zu Adenauers Chefverhandler in Geldfragen werden und Polen wie Griechenland um Wiedergutmachung prellen durfte? Während der Wehrmachtsgeneral Reinhard Gehlen zu Adenauers Geheimdienstchef wurde und - freilich mit Geleitschutz der CIA - linke Journalisten niedermachen konnte?

    Das alles wird beim Querfront-Vorwurf vieler Medien totgeschwiegen. Dafür warf in der FAZ vom 5. September 2022 der Leiter der Augsburger Brecht-Forschungsstätte dem Dichter vor, mit einstigen „Günstlingen des NS-Regimes zusammengearbeitet“ zu haben. Gemeint waren unter anderem Brechts Jugendfreund und Bühnenbildner Caspar Neher und Gustaf Gründgens.

    Im Grunde geht es bei dem Querfront-Vorwurf darum, populäre Positionen für die Nation und für die Heimat von Linken fernzuhalten. Das Spiel heißt: „Teile und herrsche!“ Es reduziert den Wirkungskreis Intellektueller auf die Universitätshörsäle und öffnet den Rechten die Festzelte und Plenarsäle. In demagogischer Weise werden chauvinistischer Nationalismus und nationalstaatliche Vernunft gleichgesetzt. Heute können sich transnational agierende Konzernchefs bei woken Medien bedanken, wenn sie Nationalstaaten und deren Grenzen schleifen und zu Failed States machen.

    Sozialstaatlichkeit kann gesetzlich nur im Nationalstaat abgesichert werden. Das Recht der Freihandelszone EU bietet nämlich der Sozialstaatlichkeit per se keinen Platz – allen „Pro-EU-Gesängen“ zum Trotz, die zum Europa-Wahljahr von neuem gegen die Nationalstaaten angestimmt werden. Auch heute wieder wird der werktätige und kleinbürgerliche Alltagsverstand kampflos dem Chauvinismus überlassen. Dabei hatten bereits Marx und Engels im „Kommunistischen Manifest“ geschrieben, dass im Bewusstsein und „der Form nach der Kampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie zunächst ein nationaler“ sei.

    Joschka Fischer, der Völkerrechtsbrecher gegen Jugoslawien, schlug 1982 im „Pflasterstrand“ vor, „deutsche Helden wie tollwütige Hunde“ zu erschlagen. Aber wer waren die eigentlichen „deutschen Helden“? Waren es nicht die des Widerstands? Hießen sie nicht Robert Blum, Rosa Luxemburg und Sophie Scholl?

    #Allemagne #,politique #antifascisme #histoire #front_populaire #Querfront

  • Uiguren in China – Sinologin Mareike Ohlberg : „Peking will sich Ressourcen Xinjiangs aneignen“
    https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/sinologin-mareike-ohlberg-ueber-lage-der-uiguren-in-china-peking-wi

    Voilà la position officielle de la fondation transatlantiste German Marshall Fund sur la situation au Xinjiang. Je suis un peu deçu car la sinologue de sevice ne fait que répéter les opinions et partis pris connus sans apporter de nouvelles informations ou analyses.

    Les accusations de génocide et d’élimination d’une culture sont en train de faire place à des jugements négatifs de la politique d’éducation et de formation professionnelle chinoise. On dénonce comme entrave à la liberté religieuse la politique du gouvernement chinois qui cherche à limiter l’impact des états et organisations religieuses étrangers comme le vatican, les frères muselmans er le salafisme des pays du golfe.

    Après la fin de la campagne de réeducation massive qui était sans doute critiquable, l’argumentaire états-uniens semble manquer d’éléments suffisamment crédibles pour maintenir les accusations les plus graves du passé.

    27.1.2024 von Simon Zeise - Mareike Ohlberg vom German Marshall Fund wirft Peking eine „quasikoloniale“ Politik in Xinjiang vor. Ziel der Regierung sei es, den Uiguren die Identität zu nehmen, sagt sie im Interview.

    Über die nordwestliche chinesische Region Xinjiang gibt es regelmäßig Berichte, in denen der Umgang mit den ethnischen Minderheiten, wie den Uiguren, angeprangert wird. Die Berliner Zeitung konnte vor kurzem nach Xinjiang reisen. Vor Ort hat sich die Situation anders dargestellt. Wir wollten von der Sinologin Mareike Ohlberg vom German Marshall Fund wissen, wie sie die Situation einschätzt.

    Frau Ohlberg, in zahlreichen westlichen Medienberichten ist zu lesen, dass in der chinesischen Provinz Xinjiang systematisch die Bevölkerungsminderheit der Uiguren unterdrückt wird. Die chinesische Regierung weist die Anschuldigungen von sich und erklärt, sie schütze und unterstütze die Minderheiten. Wer hat recht?

    Die Regierung in Beijing startet gerade wieder eine Kampagne, um unser Bild über die Region durch gemanagte Besuche ausländischer Forscher und Medien zum Positiven zu beeinflussen. Fakt ist jedoch, in Xinjiang herrschen bereits seit der Eroberung 1949 durch die chinesische Volksbefreiungsarmee quasikoloniale Zustände. So wurde das Xinjiang-Produktions-und-Aufbau-Korps, Bingtuan, gegründet, um sich Xinjiangs Ressourcen anzueignen und Han-Chinesen dort anzusiedeln. Seit Chen Quanguo dort 2016 an die Macht gekommen ist, haben die Repressionen gegen Minderheiten in der Region drastisch zugenommen. Die Regierung begründet das Vorgehen offiziell damit, Terrorismus und Extremismus zu bekämpfen.

    Xinjiang wurde von schweren Terroranschlägen erschüttert. Denken Sie nicht, dass China das Recht hat, sich gegen Attentäter zu wehren?

    Es gab vereinzelte Terrorangriffe, das ist richtig. Wer sich jedoch anschaut, was die chinesische Regierung in der Praxis als „Terrorismus“ und „Extremismus“ bewertet, stellt schnell fest, dass es sich dabei um ganz normalen Ausdruck religiöser, ethnischer und sprachlicher Identität handelt: Der Bart ist zu lang, eine Frau hat zu viele Kinder oder man pflegt Kontakt zur Familie im Ausland.

    Die chinesische Regierung verfolgt und bestraft, was eine alternative Identität zur staatlichen Volksrepublik darstellen könnte. Sie will Minderheiten assimilieren, und zwar mit allen Mitteln. Ab 2017 gab es erste Berichte über Umerziehungslager. Immer mehr Uiguren im Ausland haben damals den Kontakt zu ihren Angehörigen in China verloren. Die chinesische Regierung stellte die Lager als Erziehungsmaßnahme dar, aber Forscher konnten unter anderem über Satellitenbilder, Fotos, Ausschreibungsdokumente und Augenzeugenberichte dokumentieren, welches Ausmaß die Lager haben und dass es sich eben nicht um Weiterbildungszentren handelt, sondern um außerrechtliche Internierung ethnischer Minderheiten.

    Aufgrund der internationalen Aufmerksamkeit hat die chinesische Regierung ihr Verhalten angepasst: Einige Lagerinsassen wurden freigelassen, viele leben jedoch weiterhin unter starker Überwachung und Kontrolle. Andere wurden offiziell verurteilt, wenn jedoch auch häufig für vermeintliche „Vergehen“, die andernorts keine wären. So wurden mehrere Personen zu lebenslanger Haft für angebliche Fehler in Schulbüchern verurteilt.

    Die chinesische Regierung stellt die Integration der Uiguren und anderer Minderheiten in Xinjiang als Erfolgsmodell dar. Was sagen Sie dazu?

    Die Regierung hatte lange bestritten, dass Lager existieren. Erst 2018 hat Peking als Reaktion auf steigenden Druck, unter anderem durch die Vereinten Nationen, die Existenz der Lager eingeräumt und erklärt, dass dort Weiterbildungsmaßnahmen durchgeführt würden. Die Insassen könnten die chinesische Sprache und andere Qualifikationen erlernen, die ihnen den Eintritt in den Arbeitsmarkt erleichtern würden, sagten Regierungsvertreter.

    Diese Stellungnahmen widersprechen aber den Erklärungen ehemaliger Inhaftierter. Auch haben wir Berichte, dass Personen damit gedroht wurde, in ein Umerziehungslager geschickt zu werden. Eine weitere Unterdrückungsmaßnahme war, dass die Regierung Han-Chinesen in Familien nach Xinjiang geschickt hatte. Sogenannte Ersatzverwandte wurden in Familien geschickt, in denen Mitglieder in Lagerhaft waren. Wir wissen davon, weil in chinesischen Medien und sozialen Medien regelrecht damit geprahlt wurde.

    Es wurde als erfolgreiche Maßnahme dargestellt, wie die Bevölkerung stärker in den gemeinsamen Austausch kommen kann. Aber stellen Sie sich das einmal vor: Ein Verwandter verschwindet, stattdessen kommt ein Regierungsbeamter, der fortan im Familienbett schläft und darauf achtet, dass muslimische Familien Schweinefleisch essen und Alkohol trinken. Für die Betroffenen muss das der absolute Horror gewesen sein.

    Das heißt, in der Bevölkerung wird der Austausch unter den verschiedenen Kulturen durchaus begrüßt. Sie sagen, es sollen Identitäten ausgelöscht werden. Können Sie dafür Beispiele nennen?

    Es geht letztlich um alles, was eine eigene sprachliche, ethnische oder religiöse Identität darstellen könnte, die der Staat nicht kontrollieren kann. Uigurisch wird nur noch als ein Unterrichtsfach unter vielen in Schulen angeboten und nicht mehr als Sprache für den gesamten Unterricht. Kinder werden teilweise von ihren Familien getrennt, um die Weitergabe kulturellen Erbes zu verhindern und die kulturellen Wurzeln abzuschneiden, wie es der Staat selber formuliert. Und es gab Bestrebungen, Moscheen in Kulturzentren umzuwandeln, damit in den Gebetshäusern keine eigene religiöse Identität entstehen kann.

    China betont, dass die Religionsfreiheit im Land gewährleistet wird. In Ürümqi kann man in jedem Viertel zahlreiche Moscheen sehen, Koranschulen werden vom Staat finanziert. Erklären Sie mir, wie die muslimische Bevölkerung unterdrückt wird?

    Die Koranschulen, die Ausländern auf offiziellen Besuchen in der Region vorgeführt werden, sind aus meiner Sicht Potemkinsche Dörfer. Religion wird dort, wenn überhaupt, unter strengster staatlicher Kontrolle praktiziert. Das gilt übrigens, wenn auch in geringerem Maße, genauso für das Christentum in China. Der Staat will in die Kirchen reinregieren und kontrollieren, was dort gepredigt wird und was die Leute glauben. Dementsprechend ist es extrem schwierig für Personen, ihren religiösen Ritualen nachzugehen. Wer sich in Xinjiang religiös trauen lässt oder eine religiöse Beerdigung durchführt, riskiert, dafür bestraft zu werden.

    Laut Berichten des deutschen Anthropologen Adrian Zenz sollen in Xinjiang etwa eine Million Uiguren inhaftiert sein. Für wie glaubhaft halten Sie diese Berichte und die Quellen, auf denen sie basieren?

    Wie viele Menschen tatsächlich insgesamt interniert sind oder waren, weiß nur die chinesische Regierung – und die verrät es nicht. Es gibt aber verschiedene Quellen, die man heranziehen kann. Es gab Leaks chinesischer Regierungsdokumente. Es hat an einzelnen Orten Interviews mit Freigekommenen oder den Angehörigen Inhaftierter gegeben. Außerdem kann man auf Satellitenbilder, Ausschreibungsdokumente und Berichte in chinesischen Medien zurückgreifen. Die Quellenbasis ist alles andere als perfekt. Aber insgesamt bin ich ziemlich beeindruckt von dem, was Forscher mit den Quellen, die zur Verfügung stehen, gemacht haben.

    Zwischenzeitlich gingen Schätzungen von bis zu 1,8 Millionen Uiguren aus, die in Lagern inhaftiert waren. Bei den Zahlen, auf die Sie sich beziehen, handelte es sich um zwei unabhängig voneinander erstellte Hochrechnungen basierend auf Zahlen für einen Teil der Region, wo über zehn Prozent der Bevölkerung inhaftiert waren. Solche Schätzungen vorzunehmen ist auch deshalb sinnvoll, weil das chinesische System auf Quoten basiert. Lokalen Beamten werden Vorgaben gemacht, gegen wie viel Prozent sogenannter problematischer Elemente sie in ihrer Region vorgehen sollen.

    Die chinesische Regierung wirft dem Westen vor, die angespannte soziale Lage in Xinjiang als Propaganda zur Destabilisierung Chinas zu nutzen. Die USA hätten ein geostrategisches Interesse an der Region, weil sich dort unter anderem der Hauptumschlagplatz der Neue-Seidenstraße-Initiative befindet. Was sagen Sie dazu?

    Das sind die klassischen Narrative, die man immer wieder hört von der KP: Wer mit der Politik der Partei unzufrieden ist, kann nur vom Ausland angestiftet sein. In Peking kann man sich nicht vorstellen, dass Menschen ihre eigenen Gründe haben, um mit der Politik der Partei unzufrieden zu sein. Für die chinesische Regierung gibt es nur Großmächte und deren Interessen. Wir sehen dieses Narrativ auch in Drittländern in der Region, wo hinter jeglichen Protesten gegen die Neue-Seidenstraße-Initiative, ob in Myanmar, Kambodscha oder Nepal, ausländische Kräfte am Werk sein müssen. Auch die Proteste in Hongkong 2019, als Millionen gegen potenzielle Auslieferungen nach Festlandchina auf die Straße gingen, konnten nur von Amerika angezettelt sein. Ich glaube tatsächlich, es war für die chinesische KP unvorstellbar, dass Menschen unter chinesischer Herrschaft unzufrieden sein könnten und sich dagegen zur Wehr setzen.

    Es fällt auf, dass das Uiguren-Thema immer vor wichtigen politischen Entscheidungen prominent in den Medien auftaucht. Zum Beispiel wurde das EU-China-Handelsabkommen im Dezember 2020 nach Medienberichten über die Unterdrückung der Uiguren auf Eis gelegt. Auch während des Besuchs der UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet in China im Mai 2022 wurden große Berichte lanciert. Ist das Zufall oder Kampagnenjournalismus?

    Es sind nur wenige Forscher und Aktivisten, die sich der Unterdrückung der Uiguren annehmen. Sie leisten sehr viel und investieren wahnsinnig viel Arbeit, unabhängig davon, welche politischen Großereignisse gerade stattfinden. Ich bin aber auch der Meinung, dass es absolut legitim ist, zum Beispiel die Publikation von Forschungsergebnissen an größere Events zu koppeln. So war es auch 2008 bei den Olympischen Spielen von Peking. Natürlich nutzt man Veranstaltungen wie die Olympischen Spiele, um Aufmerksamkeit auf Menschenrechtsverletzungen in China zu ziehen. Man hat die Aufmerksamkeit der Welt und will der chinesischen Regierung zeigen, dass es Kosten hat, die eigene Bevölkerung massiv zu unterdrücken. Bei den Beispielen, die Sie genannt haben, kann ich ehrlich gesagt nicht sagen, ob der Zeitpunkt abgestimmt war, da ich nicht involviert war. Aber als Strategie ist das grundsätzlich völlig legitim.

    Vielen Dank für das Gespräch.

    Zur Interviewpartnerin

    Mareike Ohlberg ist Sinologin. Sie arbeitet als Senior Fellow im Indo-Pacific Program und leitet das Stockholm China Forum des German Marshall Fund. Zuvor war sie als Analystin am Mercator Institute for China Studies tätig, wo sie sich auf Chinas Medien- und Digitalpolitik sowie auf die Einflusskampagnen der Kommunistischen Partei Chinas in Europa konzentrierte. Sie ist Mitautorin des Buches „Hidden Hand: How the Communist Party of China is Reshaping the World“ (2020).

    #Chine #Xinjiang #politique #fondamentalisme_religieux

  • Ikone des Widerstands - Rosen für Angela
    https://www.jungewelt.de/artikel/468226.ikone-des-widerstands-rosen-f%C3%BCr-angela.html


    Nous avon raté le quatre vingtième anniversaire d’Angela Davis

    27.1.2024 von Nick Brauns - Am 26. Januar 1971 starten die Freie Deutsche Jugend und die Junge Welt die Kampagne »Eine Million Rosen für Angela Davis« zum 27. Geburtstag der Kommunistin. Die Philosophiedozentin war mit dem konstruierten Vorwurf der Terrorunterstützung inhaftiert worden. Ihr drohte unter Kaliforniens Gouverneur Ronald Reagan die Todesstrafe. Nicht nur aus der DDR trafen körbeweise Postkarten im Gefängnis ein, weltweit kämpften Millionen für die junge Afroamerikanerin. Mit Erfolg. Davis wurde 1972 in allen Anklagepunkten freigesprochen.

    Die erfahrene Solidarität war für ihr politisches Leben ebenso prägend wie die Erfahrung rassistischen Terrors durch den Ku-Klux-Klan und Apartheid in ihrer Kindheit in Alabama. Nach kurzer Mitgliedschaft bei den Black Panthers trat sie 1968 der kommunistischen Partei bei. Anstatt Identitäts- gegen Klassenpolitik zu stellen, zeigte sie in ihrem Buch »Women, Race & Class« (1981) den Zusammenhang zwischen verschiedenen Unterdrückungs- und Ausbeutungsformen auf und plädierte für entsprechende politische Koalitionen.

    Bis heute ist Angela Davis politisch aktiv – etwa gegen das Gefängnissystem, in der »Black Lives Matter«-Bewegung und für die Freiheit von Palästina. Am Freitag ist sie 80 Jahre alt geworden. Junge Welt gratuliert und wünscht noch viele gesunde und kämpferische Jahre.

    #USA #communistes #féminisme

  • Abschieberitis gegen Rechts?
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=109841

    KannmichmalKanzler OlliScholz „will endlich im großen Stil abschieben“ .
    Er fordert auch, „die Anreize dafür zu senken, sich hier irregulär bei uns aufzuhalten“.

    Moin,
    es wäre nur noch traurig, wenn es nicht so komisch wäre.

    Der Anreiz dafür, mich hier irregulär aufzuhalten, ging irgendwann im Jahr 1959 von meinen Eltern aus. Daran, wann das genau war, erinnere ich mich nicht mehr. Ich war noch zu klein. Höchstwahrwscheinlich war es die animalische Seite meiner halbpolnischen Mutter, die den Ausschlag gab.

    Man kennt das, wenn einen, obschon im Sinne der Scholzschen Genealogiegesetze Viertelbrandenburger, der Wunsch nach Irregulärem packt. Jetzt soll ich also meinem irregulären polnischen Ich sagen „schieb ab, hier will dich keiner mehr“. Alles schwer zu verstehen. Ich glaube, ich muss mal die Ampel um Rat fragen.

    #Allemagne #politique #wtf