klaus++

Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren, müssen Männer mit Bärten sein. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die haben Bärte. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die fahren mit.

  • Minderjährige Flüchtlinge in Berlin : Wie Betreiber von Unterkünften das Geschäft ihres Lebens machen
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/minderjaehrige-fluechtlinge-in-berlin-wie-betreiber-von-unterkuenft
    L’exploitation des mineurs réfugiés est le résultat du refus de l’état allemand de les reconnaître comme tels dans les délais prévus

    2.3.2024 von Jenni Roth - Jugendliche werden Drogenkuriere, weil sie nicht zur Schule dürfen. Betreiber machen das Geschäft ihres Lebens. Recherche über ein „volles System“ und eine verlorene Generation.

    Djamal legt eine Klarsichtfolie mit Dokumenten auf den Tisch, wichtige Papiere. Sie sollen beweisen, dass er 16 Jahre alt ist und nicht volljährig. Er trägt einen Kapuzenpulli, ein schwarzes Basecap und wippt nervös auf seinem Stuhl im Berliner Bildungs- und Beratungszentrum (BBZ). 70 Euro hat er für die Übersetzung bezahlt – viel Geld bei zwei Euro Taschengeld am Tag. Er fürchtet, dass die Behörden ihm und seinen Papieren nicht glauben. Das gehe vielen so, hat Djamal gehört. Wenn man ihm nicht glaubt, wäre er offiziell volljährig und auf sich allein gestellt.

    Er ist Syrer. Seit seiner Ankunft vor einem Dreivierteljahr in Berlin wartet er auf eine Entscheidung der Behörden: über sein Alter, über sein Schicksal. Erst hieß es, ein Monat, dann zwei, fünf, acht. Und Djamal wartet immer noch. Weil es einfach nicht schneller geht, sagen die Politiker. Das Warten sei Programm, sagen Kritiker: Am besten so lange, bis ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling, ein UmF, 18 ist. Dann steht ihm keine teure Jugendhilfe mehr zu, dann kann er seine Familie nicht nachholen, muss das ganz normale Asylverfahren durchlaufen.

    Berlin: 3000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge pro Jahr

    Die Gänge im BBZ sind voll mit Geflüchteten. Alle wollen irgendetwas: Informationen, Beratung, einfach mal reden. Daniel Jasch, Leiter der Beratungsstelle, versucht zwischen Tür auf, Tür zu das System zu erklären, die Probleme. Am Schluss liegen drei Blätter da, die so voll sind von Kritzeleien, Kürzeln und Paragrafen, dass man eine Ahnung davon bekommt, wie bürokratisch es hier zugeht.

    3195 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind 2022 nach Berlin gekommen, im Jahr darauf 3015. Nur 2015 waren es noch mehr. Jeden Tag kommen vier bis fünf weitere Jugendliche an, die meisten aus Afghanistan, Syrien und der Ukraine. Wenn es wärmer wird, rechnet man wieder mit doppelt so hohen Zahlen. Eigentlich müsste man jede Woche zwei neue Einrichtungen eröffnen. Rund 1429 UmF leben derzeit in der Obhut des Senats, in den Erstaufnahme- und Clearingeinrichtungen des Landesjugendamtes. Oft sind es noch Kinder, manche sind traumatisiert. Sie bräuchten besonderen Schutz und Betreuung, so ist es in den Grundsätzen des Sozialgesetzbuches VIII festgeschrieben.

    Aber gesetzliche Ansprüche und Kinderschutz prallen auf ein System, das an seine Grenzen kommt. In dem nur noch die Stärksten durchkommen. Und in dem andere das Geschäft ihres Lebens machen.

    Daniel Jasch spricht von „Goldgräberstimmung“. Es gebe ein paar Träger, die gutes Geld verdienen mit den Jugendlichen. Pro Tag und UmF kann eine Einrichtung bis zu 400 Euro abrechnen. Also 12.000 Euro im Monat – pro Kopf. Seit einiger Zeit schießen Einrichtungen aus dem Boden. Unklar bleibt, wie diese privaten Träger die UmF unterbringen und betreuen. Und keinen interessiere es, sagt Jasch: „Alle reden über die Ukraine, die Klimakrise. Die UmF fallen aus dem Radar.“

    Die UmF, das hört man öfter bei dieser Recherche, haben keine Lobby. Sie sind die Vergessenen. Wenn alles schlecht läuft, sind sie auch eine verlorene Generation. Und es läuft ziemlich schlecht.

    Auf das erste Blatt zeichnet Daniel Jasch Stufen, diagonal über das Papier, und zwei Kreuze, eines an jedem Ende. Das hier oben, sagt er, sei für manche das Ziel: „Wer hier ankommt, kann seine Familie nachholen.“ Jasch setzt ein Kreuz irgendwo unter der ersten Stufe, das heißt: „Hier steht Djamal jetzt. Offiziell existiert er also noch gar nicht – nach acht Monaten in Deutschland.“

    Flüchtlinge als billige Arbeitskräfte, Drogenkuriere

    Auf Stufe zwei käme er nach dem Erstgespräch, das über die offizielle Anerkennung als UmF entscheidet und über sein Alter: unter 18 oder über 18? Dieses sogenannte Clearing müsste laut Gesetz spätestens vier Wochen nach der Ankunft stattfinden. Zurzeit sind es laut Senat im Schnitt fünf bis sechs Monate, im Herbst waren es bis zu neun Monate. Und solange sie warten, dürfen UmF nicht einmal zur Schule. „Tausende Kinder sind in Berlin betroffen. Ich frage mich, wo bleibt da der Aufschrei?“, sagt Jasch.

    Es gibt Jungs, die sich in der Wartezeit durchbeißen, vielleicht eine Sportgruppe finden oder Deutsch lernen. Andere fallen hinten runter, werden im schlimmsten Fall ausgebeutet, als billige Arbeitskräfte oder Drogenkuriere.

    Es gibt Tage, an denen sitzt Djamal einfach nur auf dem Bett in seiner temporären Unterkunft und starrt die Wand an. Oder das Doppelbett gegenüber. Es gibt einen Tisch, ein paar Stühle, ihm gehören ein paar Fächer in einem Schrank. Besuchen darf man ihn nicht. Der Senat als Vormund müsste das erlauben, der Träger auch. Anfragen, ihn in seiner Unterkunft zu besuchen, werden abgelehnt. Zum Schutz der Minderjährigen, heißt es meistens. Also schickt Djamal Videos und Fotos. Vom Mittagessen in einem metallenen Wärmebehälter zum Beispiel. Es könnte Frikassee sein. Zum Frühstück gebe es Brötchen, Marmelade und Honig, in Portionsgrößen verpackt.

    Dabei hat ein UmF laut Gesetz ein Recht auf Ansprechpartner und Betreuung rund um die Uhr, wenn nötig. Das Recht auf ein Zweibettzimmer. Bestenfalls Wlan, Koch- und Aufenthaltsräume, Freizeitangebote, um wieder eine Tagesstruktur zu lernen. Es gibt Vorzeigeheime. Aber auch andere.

    Djamal teilt sich sein Zimmer mit vier anderen. Die seien laut, sagt er, sie hörten viel Musik, manchmal morgens um vier. Djamal traut sich nicht, etwas dagegen zu sagen. Überhaupt spricht er nicht viel, mit wem auch. Seine Mutter erreiche er per WhatsApp oft nur alle paar Tage, wenn es in seinem syrischen Heimatort mal Netz gibt. Immer wieder flammten dort die Kämpfe auf, sagt er. Sein Vater sei verschollen. Seit vier Jahren sei er unterwegs. In der Türkei habe er Sachen auf der Straße verkauft und in einer Bäckerei ausgeholfen. Beim Reden dreht er den Kopf weg, man weiß nicht, ob er kurz vor den Tränen ist, genervt oder erschöpft.

    Staatssekretär Falko Liecke: „Das System ist vollgelaufen“

    „Da lastet ein unglaublicher Druck auf den Jungs“, sagt Jasch. „Sie kommen oft aus einfachen Verhältnissen. Das Schicksal der ganzen Familie hängt von ihnen ab: Du bist unsere einzige Chance.“ Immerhin: Djamal musste nicht über das Mittelmeer, hat keine Gewalt erlebt wie andere. Die Situation an den EU-Außengrenzen wird schwieriger. Immer mehr UmF hätten Folter erlebt, berichten Flüchtlingsorganisationen, seien von Schleppern erpresst worden oder von Hunden gehetzt.

    Das Problem ist: Alle wissen, dass es ein Problem gibt. Aber keiner weiß so richtig, was zu tun ist.

    Ein Besuch bei der verantwortlichen Senatsverwaltung für Jugend und Familie in Berlin-Mitte. Ein kastenartiger Bau, Aufzug, langer Gang, weitläufiges Büro. „Das System ist im letzten Jahr vollgelaufen“, sagt der Staatssekretär Falko Liecke: „Die Fachkräfte waren am Limit.“ Im Winter sei die Lage witterungsbedingt etwas entspannter. Aber Liecke erwartet ab Mai wieder eine deutliche Zunahme des Zuzugs. Der Bund müsse sich stärker beteiligen, die Länder allein schafften das nicht – allein 2023 habe das Land Berlin 70 Millionen Euro für die Versorgung der UmF ausgegeben.

    Dabei ist die Situation nicht neu. 2015/16 baute man Strukturen auf – und wieder ab. Vielleicht zu schnell, sagt Falko Liecke. Die Zahl der UmF sei so stark gesunken, dass sich die altbewährten Träger auf andere Bereiche konzentriert hätten, etwa auf die Obdachlosenhilfe. Und die Stimmung in der Gesellschaft sei damals auch anders gewesen: mit vielen Ehrenamtlichen und einer Wir-schaffen-das-Kanzlerin. Inzwischen seien die Menschen müde, vielleicht auch abgestumpft von so vielen Krisen. Und neue Akteure versuchen, ein Geschäft aus der Situation zu machen.

    Zum Beispiel „Soziales Berlin“, ein privater Träger, hinter dem eine vielverzweigte Londoner Investmentfirma steht, und der plötzlich 150 Plätze für UmF anbietet. „Diese Träger und Immobilienbesitzer wissen, wie man Geld verdient“, sagt eine Jugendamtsmitarbeiterin, die anonym bleiben will: „Sie packen ihre Immobilie voll mit sozial Schwachen, teilen Wohnungen in Einzelzimmer und verlangen dann den zwei- oder dreifachen Preis – auf Staatskosten.“ Eine Stellungnahme von „Soziales Berlin“ bleibt aus, ebenso die Erlaubnis für einen Ortsbesuch.

    Private Träger in der Flüchtlingshilfe und ihre Geschäftsmodelle

    Zwischen 80 und 500 Euro bekämen die Träger pro Kopf und Tag, sagt Staatssekretär Liecke. Wenn etwa der Senat ein Hotel anmietet und den Träger nur für die pädagogische Arbeit bezahlt, gebe es 80, 90 Euro. Wenn der Träger selbst eine Immobilie stellt, kommt Geld für die Miete dazu, und je nachdem für Essen, Struktur- und Freizeitangebote oder Therapien. Wie viel genau, ist Verhandlungssache.

    Die Frau vom Jugendamt ärgert sich. Da seien Träger, die seit Jahren Vorgaben einhielten und keine neuen Unterkünfte anbieten könnten, weil passende Immobilien fehlen. Und da seien nun die privaten Firmen und Investoren, denen die Welt offen stünde. Unter der Hand heiße es im Senat: „Wir müssen die UmF irgendwie unterbringen. Kosten sind Nebensache. Standards sind eh abgesenkt worden.“

    Daniel Jasch vom Beratungszentrum BBZ sieht das ähnlich: „Da sagt der Senat zum Träger: Schreibt mal eine Seite Kurzkonzept, ah, ihr habt schon ein Kinderschutzkonzept, super, ihr kriegt den Auftrag.“ Und wo nicht genug Fachkräfte seien, greife man auf fachfremdes Personal zurück. „Aber was macht ein Student als Nachtwache, wenn sich im Extremfall ein traumatisierter Jugendlicher die Pulsadern aufritzt?“

    Staatssekretär Liecke bestreitet die Vorwürfe. Man prüfe überall und regelmäßig die Qualität. Und ja, es gebe „Glücksritter“, die Bruchbauten anböten, „Schrott-Platten“ aus dem früheren Osten, die forderten: Hier, könnt ihr sanieren, dann habt ihr 500 Plätze. „Aber wir übernehmen bestimmt nicht für Dritte die Sanierung.“

    Die abenteuerliche Vergabepraxis ist kein neues Phänomen: 2017 kritisierte der Berliner Landesrechnungshof „erhebliche Rechtsbrüche“: Der Senat lasse sich bei Tagessätzen abzocken und verteile UmF in Einrichtungen, deren Träger keine Betriebserlaubnis für eine vorläufige Inobhutnahme haben. Heute haben laut einer kleinen Anfrage an den Senat drei von 24 Trägern, die UmF aufnehmen, eine Betriebserlaubnis – der Senat dürfte dem Gesetz nach nur diese drei Einrichtungen beauftragen.

    Die Folge: Kinder und Jugendliche sitzen monatelang in Zimmern mit unbekannten Mitbewohnern, ohne Betreuung, ohne zur Schule zu gehen, ohne integriert zu werden. Wer einen Drogenring aufbauen wolle, sei bei den UmF an der perfekten Adresse, sagt die Frau vom Jugendamt. Hier könne man sich die Schwächsten aussuchen.

    Anzeige gegen den Senat wegen Kindeswohlgefährdung

    Andreas Thewalt, 67 Jahre alt, kennt solche Geschichten von seinen „Jungs“. Der frühere Journalist übernimmt seit 2016 ehrenamtlich Vormundschaften für junge Geflüchtete und ist Experte in der Berliner UmF-Szene. Er erzählt von einem Jugendlichen, der immer wieder unter anderen Vorwänden in einem Späti war. Bis Thewalt hinfuhr und herausfand, dass der Kioskbetreiber illegal junge Geflüchtete als billige Arbeitskräfte ausnutzte – für vier Euro die Stunde.

    Dabei haben diese Kinder Rechte, genau wie deutsche Kinder auch. „Alle Kinder sind gleich“, heißt es im Sozialgesetzbuch VIII.

    Auch deshalb hat Andreas Thewalt jetzt Anzeige gegen die Senatsverwaltung für Bildung erstattet: Er wirft den Politikern vor, hunderten UmF systematisch den Schulbesuch zu verweigern. Thewalt bezieht sich auf eine Mail, die der Berliner Zeitung vorliegt. Darin weist der Senat die Erstaufnahmeeinrichtungen an, „junge Menschen ab dem 15. Lebensjahr weiterhin nicht zur Schule anzumelden“. Das Wort „nicht“ ist unterstrichen. Diese Anweisung sei eine Kindeswohlgefährdung laut Bürgerlichem Gesetzbuch, sie verstoße gegen die UN-Kinderrechtskonvention und das Berliner Schulgesetz.

    Die Verwaltung weist die Vorwürfe zurück: Es gehe um junge Geflüchtete vor ihrem Erstgespräch, also bevor klar sei, wie alt sie offiziell sind oder ob sie in Berlin bleiben.

    Nur: Auch das Erstgespräch mit der entscheidenden Altersschätzung ist umstritten. Fällig wird sie immer dann, wenn keine gültigen Papiere vorliegen. Also ziemlich oft. Weil es in der Heimat der UmF keine Papiere gibt oder nur gegen Bestechungsgelder. Oder weil sie in Deutschland nicht anerkannt werden. Mitarbeiter von Jugendämtern und Hilfsorganisationen haben den Verdacht, die Senatsverwaltung erkläre Minderjährige für volljährig, um so das Problem loszuwerden und die Jugendhilfe zu entlasten. „Manche frotzeln, jeder, der größer ist als einen Meter, wird auf 18 oder älter geschätzt“, sagt der Ehrenamtler Thewalt. Es kursieren Berichte über Jugendliche, die im Erstgespräch erst für volljährig und dann von einem Gericht wieder für minderjährig erklärt werden.

    Fakt ist: Ist ein Jugendlicher volljährig, spart die Verwaltung Geld für Jugendhilfe, es braucht einen Schulplatz weniger, und es gibt kein Recht auf Familiennachzug, der das System noch weiter verstopfen würde. Volljährige müssen einen Asylantrag stellen, kommen in Massenunterkünfte, teils in andere Bundesländer oder, je nach Dublin-Verfahren, auch in Drittstaaten.

    Deshalb gebe es zurzeit auch nur neun speziell qualifizierte Mitarbeiter, die den Job machen dürfen, sagt Staatssekretär Liecke. Fünf weitere sind jetzt eingearbeitet worden. „Erfahrene Kräfte sind schwer zu finden. Sie müssen ein Vierteljahr hospitieren, bevor sie das allein machen können.“

    Andreas Thewalt mit einem jungen Geflüchteten in Berlin. Der frühere Journalist übernimmt ehrenamtliche Vormundschaften für die Jugendlichen.

    So läuft eine Altersbestimmung bei Flüchtlingen ab

    Etwa eine Stunde dauert so eine Inaugenscheinnahme, Dritte dürfen nicht dabei sein, außer sie haben die Vormundschaft. Andreas Thewalt hat es kürzlich geschafft und einen 16-Jährigen begleitet. Der Jugendliche wurde für 13:15 Uhr einbestellt, wobei man Thewalt gesagt habe, er solle erst um 14 Uhr kommen. „Die wollen Sie nicht dabeihaben und ihn für volljährig erklären“, habe man ihn in der Jugendhilfe gewarnt, berichtet er.

    Thewalt kam zusammen mit dem Jugendlichen. Drei Senatsmitarbeiter hätten sich dem Jugendlichen gegenübergesetzt, Thewalt musste hinter ihm sitzen. „Als ich mir Notizen gemacht habe, hat mich der Wortführer barsch angefahren, das sei unhöflich.“ Es habe Sachfragen gegeben zu Familie, Bildung, Fluchtgründen, Fluchtroute. Das Trio habe sich Notizen gemacht. Dann habe der Wortführer ohne Beratung verkündet, man sei sich einig, der Jugendliche sei minderjährig.

    Später liest Thewalt in der Akte, dass man aufgrund der äußeren Erscheinung, des Verhaltens und Angaben der Person entschieden habe. So heißt es da etwa zur Körperbehaarung: „durch Bekleidung nicht einschätzbar“, zum Bartwuchs: „frisch rasiert“.

    In der Senatsverwaltung heißt es, im Schnitt würden ein Drittel der Jugendlichen volljährig geschätzt. Die müssten im Zweifel oft noch am selben Tag von ihrer Unterkunft in Sammelunterkünfte wechseln, sagt die Frau vom Jugendamt, bräuchten dann einen Sozialarbeiter, der hilft, einen Schulplatz zu finden, bei Jugendamtsbesuchen dabei ist, im Alltag hilft.

    Klar, es gebe Jugendliche, die gut über ihre Rechte Bescheid wüssten, 30-jährige Männer, die sich für 17 ausgäben. Auch aus der Wirtschaft hört man Klagen, dass junge Geflüchtete mitunter lieber auf das Jobcenter setzen als auf eine Ausbildung – bringt mehr Geld. Oder über Minderjährige, die keinen Minijob annehmen wollten. Aber die meisten seien aus guten Gründen hier.

    Manche von ihnen treffen sich in der S27: Die Schlesische27 ist ein Vorzeigeprojekt des Senats, ein Träger, der keine Unterkünfte, aber Tagesstruktur bietet. Die Senatserlaubnis für einen Besuch kommt hier ganz schnell.

    Über Kopfsteinpflaster geht es zu dem Klinkerbau nahe der Spree. Die Geschäftsführerin Barbara Meyer führt durch das Atelier, in dem Jugendliche mit Pinseln vor Leinwänden sitzen, angeleitet von einer Kunsttherapeutin. „Wir organisieren Training im Umgang mit Alltagsstrukturen, auch für Jugendliche, die Traumatisches erfahren haben“, sagt Meyer. Jeden Tag können sie herkommen, Essen planen, einkaufen, in der weitläufigen Küche im ersten Stock kochen.

    „Wenn die Jungs zu lange ohne Struktur bleiben, nur mit einem Dach über dem Kopf und Essen, haben sie keine soziale Anbindung, sind nicht an Regeln gewöhnt“, sagt Barbara Meyer. Sie funktionierten dann wie auf der Flucht, organisierten sich selbst, manchmal auf Abwegen. Damit vergeude man ein großes Potenzial für die Gesellschaft: „Da sind so viele mutige, talentierte junge Menschen, die es schaffen könnten.“

    Nur: Die Jugendlichen müssen davon erfahren. Djamal weiß von nichts.

  • Paolo Taviani, acclaimed director of classic Italian films, dies aged 92
    https://www.theguardian.com/film/2024/mar/01/paolo-taviani-brothers-italian-films-padre-padrone-dies-92

    1.3.3024 - The Italian film-maker Paolo Taviani, whose gritty biopic Padre Padrone won top prize at the Cannes film festival, has died aged 92, Rome’s mayor, Roberto Gualtieri, said on Thursday.

    For more than three decades Taviani and his brother Vittorio formed one of cinema’s greatest directorial duos. “Paolo Taviani, a great maestro of Italian cinema, leaves us,” Gualtieri said on X. The brothers “directed unforgettable, profound, committed films which entered into the collective imagination and the history of cinema”, Gualtieri added.

    Taviani died in a clinic in Rome after suffering from a short illness, according to media reports. His wife and two children were at his bedside, according to Anasa news agency, which said Taviani’s funeral would be on Monday.

    Along with Vittorio, who died in 2018, the Tavianis made politically engaged films together for more than half a century. Padre Padrone, set in Sardinia, won the Palme d’Or at Cannes in 1977. The film is an adaptation of Gavino Ledda’s autobiographical novel about a young shepherd who escapes the despotic control of his father.

    Former Cannes president Gilles Jacob told AFP news Paolo Taviani was “one half of an enchanting duo”.

    After his brother’s death in 2018, Paolo Taviani premiered a movie on his own. Leonora Addio, which screened at the Berlinale film festival in 2022, explores death and the legacy of creative endeavours, and was based on an idea the brothers came up with together. Despite Vittorio’s death, “he is still with me”, Taviani told AFP at the time.

    He described how the brothers had been inspired by the master of neorealism, Italian director Roberto Rossellini. “When we decided to do cinema, Vittorio was 18 and I was 16. And it was because we saw Paisan by Rossellini,” Taviani said. “We realised that if films can change lives and can reveal us, our truth, then we wanted to make movies in our lives.”

    Jacob said Paolo and Vittorio were “heirs to Rossellini”, adding that “a kind of grace touched their films of inimitable moral rigour and poetry”. Padre Padrone and the 1982 fantasy war drama The Night of the Shooting Stars were miracles of strength and delicacy, Jacob added. Another of the brothers’ critically acclaimed films, 2012’s Caesar Must Die, won the Golden Bear prize at the Berlin film festival.

    Taviani was born in 1931 in San Miniato in Tuscany. The brothers’ father was an anti-fascist lawyer and they had an early interest in social issues, which they translated on to the screen with works known for their mix of history, psychological analysis and lyricism.

    His death “leaves an unfillable void not only in the world of cinema, but in the hearts of all of us who shared his origins, but also his love for this land,” said Eugenio Giani, the governor of Tuscany.

  • China : Das eurasische Drehkreuz
    Vorabdruck.Reise in das Uigurische Autonome Gebiet Xinjiang
    https://www.jungewelt.de/artikel/470457.china-das-eurasische-drehkreuz.html

    Comprendre le Xinjiang et son histoire

    1.3.2024 von Moritz Hieronymi, Beijing

    Wir dokumentieren im folgenden eine redaktionell leicht gekürzte Reportage, die in Heft 3/2024 der Mitteilungen der Kommunistischen Plattform der Partei Die Linke erscheinen wird. Wir danken Autor und Redaktion für die freundliche Genehmigung zum Vorabdruck. Das Heft kann über kpf@die-linke.de bestellt werden. (jW)

    Über den dicht verzweigten Straßen der Altstadt Macaus ragen die Ruinen der São-Paulo-Kirche empor. Diese Jesuitenkirche war einst der Prachtschmuck der portugiesischen Kolonisatoren, die im 16. Jahrhundert die Inseln Taipa (in Chinesisch: Dangzai) und Coloane (Luhuan) im Delta des Perlflusses unter ihre Kontrolle brachten. Mit Hilfe der Aufnahme diplomatischer und wirtschaftlicher Beziehungen gelang es Portugal unter König Manuel I. nach Jahrzehnten der Verhandlungen, dem chinesischen Kaiserreich die Gebiete des heutigen Macaus abzuringen. Lissabon hatte dieses Gebiet als einen geeigneten Umschlagplatz für die in Europa begehrten Waren aus Fernost ausgemacht. Um jedem Konflikt mit dem Ming-Kaiser vorzubeugen, wurde das Reich der Mitte angemessen an den Geschäften beteiligt. Mit dem Niedergang Portugals wurden die Zahlungen spärlicher und blieben irgendwann ganz aus – dennoch hielt Lissabon an seinem Pachtland fest.

    Von der einstigen Größe der portugiesischen Krone ist heute neben dem Kolonialviertel und dem barocken Portal der São-Paulo-Kirche wenig übriggeblieben. Das Fatum der Geschichte hat ausgerechnet die Krypta der vormals größten katholischen Kirche in China unbeschadet belassen. Ein brachialer Glasbau führt heute in die Katakomben, wo die Gebeine christlicher Märtyrer, meist chinesischer Provenienz, der Öffentlichkeit zur Schau gestellt werden.

    Zurecht könnte sich der Leser fragen, wieso dieser Beitrag über die zentralasiatische Region Xinjiang an einem der südlichsten Punkte der Volksrepublik China beginnt. Bietet es sich von Macau nicht eher an, Überlegungen über die keine 1.000 Kilometer entfernte Insel Taiwan, die die Portugiesen Formosa – die »Schöne« – tauften, anzustellen? Welche Rolle kommt Xinjiang zu, wenn die Strategen aus Washington und Beijing doch längst die Hohe See als Schlachtfeld einer möglichen Konfrontation ausgemacht haben?

    Als im Jahr 1999 Macau der Volksrepublik China übergeben wurde, endete nicht nur eines der letzten Kolonialregime der Welt, sondern auch die Herrschaft des weißen Mannes über China. Seither verschieben sich die geopolitischen Kräfteverhältnisse mit gravierenden Folgen. Auch der für den BRD-Mainstream über jeden Zweifel erhabene Politologe Herfried Münkler kam kürzlich zu dem Schluss: Diejenigen, »die glaubten, die bisherige Weltordnung sei wiederherstellbar, lägen falsch«.¹ Die US-Hegemonie hat ihr Ende erreicht, während sich eine alternative Ordnung noch nicht herauskristallisiert hat. Die Folgen sind Friktionen in den verbliebenen internationalen Institutionen und Konflikte, denen vermehrt mit militärischen Mitteln begegnet wird.

    Dieses Interim ist von einer Konfrontationsgefahr zwischen Washington und Beijing geprägt, weswegen dem indopazifischen Raum eine herausgehobene Bedeutung beigemessen wird. Dennoch scheint eine direkte Konfrontation der beiden Supermächte aufgrund der unkon­trollierbaren Risiken gegenwärtig unrealistisch. So hatte der einstige US-Generalstabschef Mark A. Milley darauf hingewiesen, dass die Folgen eines amerikanisch-chinesischen Krieges, selbst wenn der unwahrscheinliche Fall des gegenseitigen Verzichts auf den Einsatz nuklearer und biochemischer Waffen eintrete, allein aufgrund der dichtbesiedelten Pazifikregionen in den USA und China katastrophal wären.²

    Stellt man sich in Washington eigentlich die Frage, wie es zur einer solch unkomfortablen Lage gegenüber China kommen konnte? Mehr als 50 Jahre, nachdem US-Präsident Richard Nixon Mao Zedong besucht hatte, ist der letzte Veteran und Architekt der US-Annäherung an die Volksrepublik, Henry Kissinger, gestorben. Nur wenige der Gäste seiner Totenmesse werden daran Anstoß genommen haben, dass dieser Mann die Ermordung Hunderttausender Zivilisten in Lateinamerika und Asien zu verantworten hatte, wohl vielmehr daran, dass seine China-Politik dem Aufstieg des Reichs der Mitte erheblichen Vorschub leistete. Während die Sowjetunion bereits unter der ideologischen und wirtschaftlichen Sklerose der Breschnew-Ära litt, verfolgten damals die USA die alte Weisheit: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Und schon Napoleon hatte gewusst: »China ist ein schlafender Löwe, lasst ihn schlafen! Wenn er aufwacht, wird er die Welt verrücken!« Nunmehr stehen die USA vor der Aufgabe, den von ihnen gekitzelten Löwen zu bezwingen, indem sie einen beispiellosen Wirtschafts- und Medienkrieg führen.

    Währenddessen steht China vor gravierenden Herausforderungen. Erstmalig in ihrer Geschichte muss die Führung des Landes sich zu einer Generation verhalten, bei der die eigene Karriere Vorrang vor der Gründung einer Familie hat. Die Gesamtbevölkerung schrumpft. Zugleich wächst die Zahl der 25 Millionen Muslime innerhalb der Volksrepublik. Die westlichen Nachbarn Chinas erleben derweilen ein nationalistisches Aufbegehren, von dem die Proteste von 2022 in Kasachstan erst der Beginn waren. »Xinjiang wird dir noch Kopfschmerzen bereiten«, warnte einst Stalin seinen chinesischen Konterpart, Mao Zedong.

    In den Fernen Westen
    Das Zugpersonal schaut irritiert, als es den »Wei Guo Ren« – den »Ausländer« – in der Schlange zur Ticketkontrolle für den Zug nach Ürümqi, der Provinzhauptstadt von Xinjiang, erblickt. Im Vorfeld hatten chinesische Freunde wenig begeistert auf meinen Plan reagiert, in das Uigurisch Autonome Gebiet zu reisen. Zu weit weg, Kommunikationsschwierigkeiten, vielleicht nicht ungefährlich. Und was willst du da überhaupt? Dass ich beabsichtigte, den Zug zu nehmen, ließ sie vollends an meinem Verstand zweifeln. Schließlich würde die Zugreise von 2.800 Kilometern Strecke nicht nur mehr als 30 Stunden dauern, sondern weckte auch traumatische Erinnerungen: Im Jahr 2014 war es in der Hauptstadt der Südprovinz von Yunnan, Kunming, zu einem Terroranschlag gekommen. Neun Personen hatten im Zentralbahnhof Fahrgäste mit Macheten angegriffen. Während dieses Massakers starben 31 Menschen, 143 wurden verletzt. Kunming war nur der Kulminationspunkt einer Serie von Anschlägen des uigurisch geprägten Islamismus. Zwischen 1990 und 2016 kam es zu mehreren tausend Terroranschlägen, bei denen das Massaker von Ürümqi mit 197 Toten und mehr als 1.700 Verletzten den traurigen Höhepunkt darstellte.

    Der Passagierzug ist ausgebucht. Die überwiegende Anzahl der Mitreisenden ist schwer bepackt; die braun-gegerbte Haut weist auf einen Arbeiterhintergrund hin. Diese von westlichen Medien so bezeichneten »Wanderarbeiter« sollen entrechtet und teilweise versklavt ihrem Schicksal ausgeliefert sein. Dabei unterschlagen dieselben Medienanstalten, dass sich in den vergangenen neun Jahren die chinesischen Durchschnittsreallöhne verdoppelt haben. Ebenso fehlt jede Berichterstattung über die Abkehr vom quantitativen und die Hinwendung zum qualitativen Wirtschaftswachstum seit dem 19. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas. Die Konsequenzen dieser Beschlüsse werden sichtbar, je weiter der Zug ins Landesinnere fährt. In den Provinzen Shanxi und Shaanxi haben die Kleinstädte ihren Charme aus der Mao-Ära noch nicht verloren. Die beigefarbenen Mietskasernen, die sich in den Mittelgebirgslandschaften drängen, sind in die Jahre gekommen. Unweit dieser kümmerlichen Siedlungskomplexe sind neue Wohnviertel gebaut worden. Entlang der Bahnstrecke ragen 20stöckige Gebäude in die Landschaft. Diese im Entstehen begriffenen Stadtviertel werden plangemäß an das Autobahn- und Bahnnetz angeschlossen. Neue Krankenhäuser, Schulen und Stadien entstehen.

    Zum Spätnachmittag füllt sich der Speisewagen. Entgegen der unzumutbaren Versorgung der Deutschen Bahn wird hier frisch gekocht und ein überraschend schmackhaftes Mahl serviert. Zum Essen gibt es Bier. Die Flachmänner, gefüllt mit »Roter Stern« – eine beliebte Marke des in China weitverbreiteten Hirse-Schnaps (Baijiu) –, gehen herum. Die Stimmung ist ausgelassen. Ein junger Mann aus Tianjin bietet sich mir als Übersetzer an. Er stammt aus einer Han-Familie, die seit der dritten Generation in Xinjiang lebt. Der Großvater wurde nach seiner Demobilisierung am Ende des Koreakrieges in die Westregion versetzt. Dieses Schicksal trägt eine große Anzahl chinesischer Veteranen des Koreakriegs, die zu den Pionieren der uigurischen Provinz werden sollten. Beispielhaft steht hierfür das Großprojekt der über 2.000 Kilometer langen Lanzhou-Schienenlinie durch den Hexi-Korridor³, wodurch Beijing mit der uigurischen Hauptstadt Ürümqi verbunden wurde. Heldenhafte Leistungen bei Temperaturen von bis zu minus 30 Grad Celsius im Winter und über 40 Grad Celsius im Sommer.

    Geostrategisches Experimentierfeld
    In diesen Zeiten hatte es aber auch hinsichtlich der Nationalitätenpolitik weitreichende Veränderungen gegeben. Nach Jahrhunderten rassistischer Diskriminierung der Minderheitenvölker von Xinjiang hatte Mao Zedong die Pekinger Funktionäre zum Ende des Han-Chauvinismus aufgefordert. Die Kaderpolitik der regionalen KP-Organisationen wurde angepasst und die Provinzministerien wurden mit Angehörigen der unterschiedlichen Volksgruppen besetzt. Prominentestes Beispiel ist Saifuding (auf Uigurisch: Seypidin Aziz), uigurischer Separatist und Bildungsminister der kurzlebigen zweiten ostturkestanischen Republik⁴, der in die Reihen der KP aufgenommen und mit ministerialen Funktionen ausgestattet wurde.

    Zum 70. Geburtstag Stalins im Dezember 1949 reiste Mao Zedong mit einer uigurischen Delegation nach Moskau. Der Grund für diese Zusammensetzung der Delegation ist heute fast in Vergessenheit geraten, er sollte vergessen werden.

    Beilage zu Feminismus am Mittwoch, 6. März am Kiosk
    In den 1930er Jahren, während des Höhepunkts des chinesischen Bürgerkriegs, schloss die sowjetische Xinjiang-Handelsgesellschaft (Sovsintorg) mit der lokalen Regierung von Xinjiang einen Kreditvertrag zur Finanzierung von Infrastruktur, zur Erschließung unterschiedlicher Ressourcen und zum Bau von Militäreinrichtungen und Krankenhäusern in Höhe von fünf Millionen Rubel ab. Der Ausbau eines Netzes von Niederlassungen und sowjetischen Handelsvertretungen wurde nötig und führte dazu, dass die Sowjetunion de facto administrative Befugnisse in allen Städten in Xinjiang ausübte.

    In den folgenden Jahren erzeugte die Paral­lelität zwischen sowjetischen und lokalen Strukturen ein Machtvakuum in Ürümqi. Rassistische Übergriffe gegen die Minderheiten und soziale Unruhen führten zum Ausbruch der Hami-Rebellion.⁵ Nachdem sich die Rebellen gegen sowjetische Einrichtungen und Staatsbürger gerichtet hatten, sah sich Moskau veranlasst, militärisch zu intervenieren. Mit Unterstützung der Guomindang, den Feinden der Kommunistischen Partei Chinas, ging die Sowjetunion siegreich aus dem Konflikt hervor und bildete mit den Nationalisten ein informelles Kondominium über Xinjiang. Ab Mitte der 1930er Jahre verloren die Chinesen zusehends an Einfluss über die Region. Die Sowjetunion hatte ihre wirtschaftliche Potenz in Xinjiang genutzt, um direkten Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Beispielhaft steht hierfür die Berufung von Stalins Schwager, A. S. Swanidse, zum Wirtschaftsberater in Ürümqi.

    Ab 1940 verfolgte die UdSSR eine mehrgleisige Strategie: Zum einen unterstützte sie die offizielle nationalistische Lokalregierung unter Sheng Shicai. Zum anderen förderte sie separatistische Bewegungen bei der Errichtung der Zweiten Republik Ostturkestan. Dieses Vabanquespiel führte zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen.

    Mit der Niederlage der Guomindang gegen die Kommunisten in den Jahren 1948/49 erhob Mao Zedong Ansprüche auf Xinjiang. Eine KP-Delegation sollte in der selbstproklamierten Republik Ostturkestan über die Wiedereingliederung verhandeln. Dazu kam es nicht. Ein Hinterhalt der Guomindang forderte den Tod aller Delegierten. Unter den Opfern war der kommunistische Diplomat Mao Zemin, der jüngere Bruder des Staatsgründers der Volksrepublik China. Das sowjetische Katz-und-Maus-Spiel sollte erst enden, als Mao Zedong der UdSSR exklusive Abbaurechte für Erdöl, Uran- und Beryllium-Erze in Xinjiang zubilligte. Ein Handel, der äußerst nachteilig für China ausfiel. Es scheint daher nicht verwunderlich, dass die erste und einzige persönliche Zusammenkunft zwischen Mao und Stalin unterkühlt verlief.

    Erst Ende der 1950er Jahre wurden die Verbindungsbüros der Firma Sovsintorg endgültig geschlossen. Zuvor war es zu einem Eklat zwischen Mao und Chruschtschow gekommen, als Letzterer fragte, ob Mao wirklich die Sowjetunion als roten Imperialisten betrachte. Die Antwort, die weder in das eindimensionale Schema mancher Linker noch in das bürgerlicher Historiker passt, lautete: »Da war ein Mann namens Stalin, der nahm uns Port Arthur und verwandelte Xinjiang und die Mandschurei in Halbkolonien (…). Das waren alles seine guten Taten.«⁶ Jahrzehnte später, mit der Öffnung der sowjetischen Archive, sollte sich herausstellen, dass selbst nach der Gründung der Volksrepublik China die Sowjetunion ihre Rauminteressen über Xinjiang nicht aufgegeben hatte. So war bis zu Stalins Tod in Planung, den Bürgern von Xinjiang vereinfacht die sowjetische Staatsbürgerschaft zu erteilen sowie die Ressourcenausbeutung produktiver voranzutreiben.

    Die Geschichte lebt
    Am Morgen des nächsten Tages fährt der Zug in die bezirksfreie Stadt Jiuquan in der Provinz Gansu ein. Die letzte Station vor Xinjiang befindet sich in einer Halbsteppe. Jiuquan hat internationale Berühmtheit erlangt, seit hier ein Kosmodrom errichtet wurde, von dem die Mehrzahl der »Shenzhou«-Raketen für den Bau einer chinesischen Raumstation gestartet wird. Während die Touristenscharen das chinesische Baikonur bestaunen, nutze ich den Kurzstopp, um die Grabstätte des legendären Heerführers Huo Qubing zu besuchen.

    Um 100 v. u. Z., während der westlichen Han-Dynastie, litt das kurzzeitig zweigeteilte chinesische Reich unter wiederholten Überfällen und Brandschatzungen durch die Xiongnu, die mutmaßlichen Vorgänger der Hunnen. Der junge General Huo hatte entgegen allen militärischen Doktrinen mit Hilfe einer Nadelstichtaktik – kurze Vorstöße und Terrorisierung der Zivilbevölkerung – die Barbaren wirksam eindämmen können. Die Grabstätte für den an der Pest verstorbenen General ist mit einem kitschigen Denkmal aus Sandstein versehen, das den Geehrten in der Mitte von Soldaten und Bauern zeigt. Der martialisch aussehende Huo macht zwischen den ergebenen Blicken des Volkes einen anachronistischen Eindruck. Vielleicht drückt sich hierin auch die Sorge über das Kommende aus. Schließlich wurden aus den Barbarenstämmen die Horden, denen die Kriegsherren Dschingis Khan und Tamerlan entstammen. Im Jahr 1271 ließ sich der Mongole Kublai Khan zum chinesischen Kaiser ausrufen. Aufgrund der Verwandtschaft des Kublai Khans mit dem Herrscher des Tschaghatai-Khanats⁷ wurde Xinjiang faktisch aufgegeben. Erst 500 Jahre später konnte der Qing-Kaiser Qianlong erfolgreich die Gebiete zurückerobern.

    Seither gehört die Region ununterbrochen zu China. Die islamisch geprägte Bevölkerung besteht aus Uiguren, Kasachen, Kirgisen, Hui, Mongolen, Xiben, Russen, Tadschiken, Usbeken, Tataren, Manchu und Dachuren. Die Uiguren stellen, anders als behauptet, keine ethnische Einheit dar. Der ethnonymische Begriff »Uigure« ist eine von den Chinesen verwendete Fremdbezeichnung für verschiedene Stämme in Zentralasien. Es galt lange Zeit als strittig, ob es sich bei den Uiguren um eine ethnische oder politische Zugehörigkeit handelte. Diese Zweifel wurden erst 1921 auf dem Ersten Gesamttürkischen Kongress in Taschkent beseitigt. Auf Druck Sowjetrusslands wurde damals unter Bezugnahme auf Stalins Nationalitätenpolitik den Uiguren der Volkscharakter zugebilligt. Dabei erscheint es äußerst fragwürdig, worin sich die Uiguren wegen ihres Taranqi-Dialektes von den anderen Erben der Köktürken unterscheiden sollen.

    Vor dem Himmlischen Gebirge
    Mit der Einfahrt in die autonome Provinz verändert sich die Landschaft schlagartig. Die schon vorher kahle Steppe ist einer Wüste gewichen. Ausschließlich der schmale Korridor zwischen den tibetischen und mongolischen Plateaus macht die Durchfahrt in der ansonsten lebensfeindlichen Umgebung möglich. Die zehnstündige Fahrt durch diese Mondlandschaft und durch endlose Baumwollplantagen endet in der Provinzhauptstadt Ürümqi. Die Gebirgslandschaft des Tian Shan (Himmelsgebirge) erstreckt sich unweit der uigurischen Metropole und schafft ein beeindruckendes Panorama. Dieser Gebirgszug trennt das Reich der Mitte von der einstigen Sowjetunion.

    In der kleinen Provinzhauptstadt, so die Worte des Taxifahrers, leben 1,6 Millionen Menschen. Der erste Eindruck hinterlässt ein positives Bild von einer modernen und sauberen Stadt, die sich hinsichtlich ihrer Quirligkeit kaum von den Provinzstädten des Südens unterscheidet. Mit dem Besuch des Großen Basars ändert sich mein Eindruck: eine Touristenmeile, an deren Ständen überteuerter Nippes dargeboten wird, wobei, zu meiner Überraschung, das händlertypische Feilschen verpönt ist.

    In dieser sino-orientalischen Kulisse sticht ein Militärcheckpoint hervor. Auf einem gepanzerten Fahrzeug stehen zwei Han-Soldaten, ihre Typ-95-Sturmgewehre mit aufgepflanztem Bajonett im Anschlag. Es bedarf keiner großen Vorstellungskraft, wie es einem deutschen Fernsehteam in den Fingern jucken würde, dieses Bild in der Totalen aufzunehmen. Dabei erinnern diese schmächtigen Soldaten eher an die Wachmannschaften vom Platz des Himmlischen Friedens. Im Allgemeinen erscheinen die Sicherheitsvorkehrungen denen in Beijing ähnlich. Beschränkungen oder gar Kontrollschikanen muss ich zu keinem Zeitpunkt zu erdulden. Im Gegenteil. Auf dem Internationalen Flughafen von Ürümqi fällt der laxe Umgang mit den Sicherheitsvorkehrungen auf – obwohl zu diesem Zeitpunkt die 19. Asienspiele in Hangzhou stattfinden.

    Die endlose Steppe
    Nachdem sich das kleine Passierflugzeug über den Tian Shan gemüht hat, erstreckt sich die endlose Steppe der zentralasiatischen Republik Kasachstan unter uns. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einer chinesischen Rechtsanwältin, die auf meine Frage, ob Taiwan im Vergleich zu Xinjiang nicht das kleinere Problem sei, mit Unverständnis antwortete: »Wir hatten immer Probleme in dieser Region, aber wir haben es jedes Mal wieder hinbekommen. Xinjiang gehört zu China.« In der Sowjetunion wird man wohl nicht minder selbstbewusst über die zentralasiatischen Republiken gesprochen haben, deren islamo-nationalistische Wiederbelebung mit großrussischer Überheblichkeit abgetan wurde. Dabei ist Xinjiang aufgrund seiner geographischen Lage, des Ressourcenreichtums und der militärischen Bedeutung eine der Schlüsselregionen im eurasischen Großraum. Mithin von strategischer Wichtigkeit für die Vereinigten Staaten von Amerika.

    Im Jahr 2018 hatte Oberst a. D. Lawrence Wilkerson, ehemaliger US-Stabschef in Afghanistan, eingeräumt, dass einer der drei Hauptgründe der Afghanistan-Besetzung – an Xinjiang angrenzend – in der Eindämmung der Volksrepublik China bestand.⁸ Da diese Strategie jedoch nicht aufgegangen sei, müsse China, so Lawrence, von innen statt außen destabilisiert werden. Dafür könnte die CIA Unruhen unter den Uiguren organisieren, um Druck auf Beijing zu erzeugen. Nach diesem Affront waren die westlichen Medien darauf bedacht, die Aussagen des Obersts als bedauerliche Einzelmeinungen oder gar als Fake News aus Beijing abzutun. Gleichzeitig blieb die Berichterstattung über Vorkommnisse in Xinjiang auffällig tendenziös. Grundsätzlich werden dortige Polizeimaßnahmen als unbegründet dargestellt, wird die Existenz von Konzentrationslagern behauptet⁹, während uigurische Terroristen als solche nicht benannt bzw. in Anführungszeichen gesetzt werden.

    In Anbetracht dieser geopolitischen Lage fragt sich, ob die schwadronierenden »Experten« in Washington, London, Brüssel oder Berlin sich überhaupt im Klaren sind, was sie mit ihrer verantwortungslosen Politik anrichten. Ist ihnen denn nicht bewusst, dass sie die Lunte an ein Pulverfass halten, das die gesamte Welt ins Chaos stürzen könnte?

    Anmerkungen

    1 Deutschlandfunk, 17.1.2024

    2 How to Avoid a Great-Power War, Foreign Affairs Podcast, 2.5.2023, https://t1p.de/Milley

    3 Der »Hexi-Korridor« ist ein schmaler, langgestreckter Landstreifen in Xinjiang, zwischen dem Kunlun-Gebirge im Süden und dem Tian-Shan-Gebirge im Norden. Der Begriff »Hexi« bedeutet »westlich der Pässe« und bezieht sich auf die historische Bedeutung als Durchgangsroute entlang der Seidenstraße. Diese Region spielte eine zentrale Rolle als Handels- und Kulturweg während der Ära der historischen Seidenstraße, aufgrund seiner strategischen Lage als Hauptverbindungsweg zwischen China und dem westlichen Teil des Kontinents.

    4 Die Zweite Ostturkestanische Republik erstreckte sich geographisch über den Nordwesten der Region Xinjiang. Diese unabhängige Republik, die von Uiguren und anderen muslimischen Gruppen beansprucht wurde, existierte von 1944 bis 1949.

    5 Soziale Aufstände in der Region Hami (Kumul) – später die großen Teile von Xinjiang – von 1931 bis 1934 führten zur Unabhängigkeitsbewegung unter Führung verschiedener Sufi-Orden.

    6 Cold War International History Project Bulletin, 12/13, 2001, S. 254, https://t1p.de/CWIHP

    7 Das Tschaghatai-Khanat war ein zentralasiatisches Khanat, das im 13. Jahrhundert gegründet wurde und ein Teil des Mongolischen Reiches war. Es erstreckte sich über Teile Zentralasiens.

    8 What Is The Empire’s Strategy?, Ron Paul Institute, 22.8.2018, https://t1p.de/wilkerson

    9 Vgl. Human Rights Foundation, What’s Happening In China’s Concentration Camps?, 13.4.2023, https://t1p.de/hrf

  • Lügnerische Träume
    https://www.jungewelt.de/artikel/470379.psychoanalyse-l%C3%BCgnerische-tr%C3%A4ume.html

    29.2.2024 von Barbara Eder - Margarethe Csonka war die erste und einzige lesbische Analysandin auf der Couch von Sigmund Freud. Eine »Fallgeschichte« aus Wien

    Markante Gesichtszüge, für die Moden der Zeit ungewöhnlich kurze Haare und ein scharfer Intellekt – das sind die ersten Eindrücke, die Sigmund Freud von Margarethe »Gretl« Csonka im Frühjahr des Jahres 1919 zu Papier bringt. Die 18jährige Frau aus großbürgerlichem Haus befindet sich nicht aus freien Stücken auf der Couch des Wiener Psychoanalytikers. Ihre regelmäßigen Treffen mit einer rund zehn Jahre älteren Frau, die Freud auch als »Dame ›aus der Gesellschaft‹«¹ bezeichnete, hatten ihren Vater Aspad Csonka dazu veranlasst, einen Arzt zu konsultieren. Das Oberhaupt der wohlsituierten Wiener Industriellenfamilie aus Lemberg fürchtet um sein Ansehen: Seine Tochter trifft sich seit mehr als einem halben Jahr mit der preußischen Gräfin Bertha Hermine Leonie von Puttkamer und küsst ihr vor jedem Abschied zärtlich die Hand.

    Sigmund Freud ist zu Beginn der Analyse nur wenig über sein Gegenüber bekannt. Aus der dürftigen Informationslage sollte dennoch eine psychoanalytische Meistererzählung werden, die im Jahr 1920 erstmals veröffentlicht wurde. Sie trägt den Titel »Über die Psychogenese eines Falles von weiblicher Homosexualität« und sieht Exkursionen in ein noch unbekanntes Territorium vor. Freud gesteht sich ein, dass er bislang über keinerlei therapeutische Erfahrung mit homosexuellen Frauen verfüge, der ihm unterbreitete Auftrag erscheint ihm nur bedingt als sinnvoll: »Im allgemeinen ist das Unternehmen, einen vollentwickelten Homosexuellen in einen Heterosexuellen zu verwandeln, nicht viel aussichtsreicher als das umgekehrte, nur dass man dies letztere aus guten praktischen Gründen niemals versucht«², heißt es bereits auf den ersten Seiten der »Psychogenese« – und es klingt wie ein frühes Resümee zu einem unmöglichen Versuch. Trotz erheblicher Zweifel lehnt Freud die ihm zugetragene Aufgabe nicht ab – in den kargen Jahren nach dem Ersten Weltkrieg ist auch er auf die in Aussicht gestellte Entlohnung angewiesen.

    Unheimliche Couch
    Für Margarethe Csonka hat das Therapiezimmer in der Berggasse 19 von Beginn an nichts Heimeliges an sich, ihre »Talking Cure« ist fremdverordnet. Der gesellschaftliche Druck zur heterosexuellen Norm erwies sich als so groß, dass Gretls Eltern selbst auf die Wirkung einer dazumal gering geschätzten Lehre vertrauten. Wo familiäre Autoritäten »die Machtmittel der häuslichen Disziplin«³ vergeblich gegen die eigene Tochter angewandt hatten, soll nun die Analyse Wunder bewirken. Bleibt sie ohne Effekt, droht die Zwangsverheiratung – als letztes Mittel, um die Tochter auf den gesellschaftlich geachteten Weg zurückzubringen.

    Sie selbst ist frisch verliebt und verspürt keinerlei Leidensdruck. Bei einem Sommerurlaub im Hotel Panhans am Semmering hat Margarethe ihre spätere Freundin Leonie von Puttkamer in Begleitung von Klara Waldmann erstmals gesehen. Zurück in Wien machte sie ihre Adresse ausfindig. Gretl wird Leonie fortan jeden Tag von der Kettenbrückengasse bis zum Naschmarkt begleiten, bei einem dieser Spaziergänge trifft das junge Paar unerwartet auf Margarethes Vater – und die Schwierigkeiten beginnen.

    Dass es Margarethe »ein dringendes Bedürfnis sei, von ihrer Homosexualität befreit zu werden«⁴, kann Freud nicht im Geringsten feststellen. In seinen Aufzeichnungen lässt er sie dahingehend immer wieder indirekt zur Sprache kommen: »Sie könne sich im Gegenteil gar keine andere Verliebtheit vorstellen, aber, setzte sie hinzu, der Eltern wegen wolle sie den therapeutischen Versuch ehrlich unterstützen.«⁵ Autoritäten sind schlechte Ratgeber – nicht nur in Gesprächen über psychische Tiefenschichten. Margarethe schweigt und ihr Schweigen hat gute Gründe. Sie wird Freud auch als »alten, stinkenden Mann« bezeichnen, seine Fragen findet sie zudringlich und indiskret zugleich. Denkwürdiger noch als Gretls bisherige Beziehungen zu Frauen, über die sie nur vage Auskünfte zu erteilen bereit ist, erscheint diesem ihre aktuelle. Freud nennt Margarethes Geliebte eine »Kokotte« und unterstellt dieser, »von der Preisgabe ihres Körpers«⁶ zu leben. In Gretes Verliebtheit sieht er anfangs nicht viel mehr als den Versuch, die Freundin aus falschen Verhältnissen zu befreien, ihre Zuneigung resultiere aus »einem großen Mitleid und in der Entwicklung von Phantasien und Vorsätzen, wie sie die Geliebte aus diesen unwürdigen Verhältnissen ›retten‹ könne«.⁷

    Realiter ist alles anders: Als Geliebte von Klara Waldmann und Mätresse von deren Ehemann Ernst findet Baronin Puttkammer, die einen ausufernden Lebensstil gewohnt ist, in einer Ménage à trois mehr als ein bescheidenes Auskommen. Zuerst lebt sie mit dem Ehepaar Waldmann in einem Haus in der Klöstergasse, später in einer ihr von Graf Apponyi zur Verfügung gestellten Wohnung am Arenbergring Nummer 12. Dort wird sie sich von Gretl aus Felix Saltens Roman »Josefine Mutzenbacher« vorlesen lassen, die troubadourhafte Pose der jüngeren Verehrerin imponiert. Freud bringt die Freizeitaktivitäten des lesbischen Liebespaares klischeehaft in Verbindung mit der Dekadenz des Fin de Siècle und stößt sich immer wieder am »schlechten Ruf der ›Dame‹«⁸ aus der Wiener Demimonde. Um ihre Liebe zur Gräfin wider Willen zu kurieren, muss Margarethe Csonka fünfmal pro Woche die therapeutische Praxis in der Wiener Berggasse aufsuchen. Nach jeder Sitzung trifft sie ihre Freundin Leonie heimlich im Café Herrenhof.

    Befreite Liebe
    Wo eine Vorliebe für mythologische Repräsentationen auf das narrative Medium der Fallgeschichte trifft, entstehen Bilder von Frauen, die mit Bühnenfiguren mehr gemein zu haben scheinen als mit realen Personen. Auf der Landkarte der Psychoanalyse verdichten sich Haustor und Trambahnhaltestelle zu einer Kartographie, die das Hier und Jetzt zufälliger Begegnungen nicht länger kennt. Freuds Detektivgeschichte über die Entstehung gleichgeschlechtlichen Begehrens stützt sich auch auf steckbriefartige Beschreibungen von Außenstehenden. Demnach soll Margarethe besonderen Gefallen daran gefunden haben, sich »öffentlich in belebten Straßen mit der anrüchigen Geliebten zu zeigen«.⁹

    Wo das Liebespaar sich nicht länger verstecken will, wittert Freud eine stark ausgeprägte Schau- und Exhibitionslust; der kurze Moment des Sichtbarseins hatte jedoch andere Ursachen – und fatale Folgen: Als Gretl und Leonie auf der Straße von Arpad Csonkas zornigem Blick taxiert werden, endet dieser Zwischenfall nahezu letal. Margarethe stürzt sich über eine Mauer der nahe gelegenen Wiener Stadtbahn und kommt mit gebrochenen Rippen und einem längeren Krankenhausaufenthalt davon. Die Liebenden dürfen sich nicht offen zeigen – die gesellschaftlichen Sanktionen sind zu groß. Unter dem Vorwand, seiner Analysandin weitere Beschämungen ersparen zu wollen, bedient Sigmund Freud sich eines technischen Tricks. Er versucht die bislang versperrten Wege zu einer latent vorhandenen Heterosexualität in Margarethes Psyche freizulegen – und er tut dies, indem er dort eine bisexuelle Orientierung annimmt, wo sich eine ausschließlich homosexuelle zeigt. Insgeheim hofft der Analytiker auf eine nur schwache Ausprägung der Liebe zu Personen des gleichen Geschlechts und plädiert in paternalistischer Manier dafür, »der homosexuell eingeengten Person den bis dahin versperrten Weg zum anderen Geschlechte frei machen«¹⁰ zu wollen. Gelingt dies, dann läge es nunmehr in Margarethes Hand, die heterosexuelle Lebensform für sich zu akzeptieren.

    Anders als angenommen, gestaltet sich das Freischaufeln unbewusster Verbindungen mehr als schwierig: Was verschollen geglaubt, lässt sich aus den Tiefenschichten der Psyche nicht ohne weiteres bergen. Angesichts des geringen Erfolges seiner Strategie gerät Sigmund Freud immer wieder in Erklärungsnotstand. Um darüber hinwegzutäuschen, bedient er sich eines rhetorischen Werkzeuges: Er setzt auf eine Art »Kippschalter«, mit dem man zwischen Bewusstem und Unbewusstem »switchen« kann. Legt man den Hebel im richtigen Moment um, sorgt dies für den fließenden Übergang zwischen unterschiedlichen Bewusstseinsniveaus. Freud durchforstet das Unbewusste seiner Analysandin fortan nach heterosexuellen Phantasien und Wunschvorstellungen und versucht, diese nachträglich dem Bewusstsein zu überführen. Er befragt Margarethe nach ihren Träumen und sie erfindet sie frei. Gretl spricht von einer bislang verborgenen Sehnsucht nach einer Familie und Kindern, die Erwartungshaltung ihres Gegenübers stellt sie damit mehr als zufrieden. Dem Anschein nach erfüllt sie alle Ansprüche von Eltern und Analytiker, allerdings mit dem Ziel, aus der Analyse endlich heraus- und in die freie Liebe zu einer Frau einzutreten.

    Freud fühlt sich von Margarethes Träumen anfangs angesprochen – und stellt auch gleich eine »Heilung der Inversion« in Aussicht. Als der Druck endlich nachlässt, verändert Gretl jedoch die Regeln des Spiels und revidiert alle bisherigen Ausführungen zu ihrem Traumleben. Heiraten würde sie nur, »um sich der Tyrannei des Vaters zu entziehen und ungestört ihre wirklichen Neigungen zu leben«¹¹; zudem habe sie von ihrer Geliebten gelernt, dass man sexuelle Beziehungen zu Männern und Frauen gleichzeitig unterhalten könne – ob verheiratet oder nicht. In Reaktion darauf muss Freud enttäuscht feststellen, wovon Margarethe in Wirklichkeit träumt. Er sieht sich betrogen und bezichtigt sie der lügnerischen Träume.

    Maskenball der Identitäten
    Margarethe kämpft um ihre Geliebte – und hält bis zum Ende der Analyse stand. Freud hingegen muss erkennen, dass nicht er die primäre Liebesadresse seiner Analysandin gewesen ist und sie den Traum vom heterosexuellen Familienleben nur fingiert hat. Sich nicht länger in der Position des Vaterstellvertreters wähnend, erklärt er die psychoanalytische Übertragungsreaktion für gescheitert – eine Kränkung, die er zur Folge einer verspäteten »Rachebefriedigung« Margarethes an ihrem Vater ummünzt. Alles Weitere sei Ausdruck eines handfesten »Männlichkeitskomplexes«: Im Zuge des Vergleichs der eigenen Genitalien mit denen ihrer Brüder habe Margarethe einen »mächtigen Penisneid entwickelt, dessen Abkömmlinge immer noch ihr Denken erfüllten«¹²; ein solcher sei infolge der Zurückweisung durch die Mutter, welche die Brüder bevorzuge, noch bestärkt worden und führe zu einem unglücklich konstellierten »Triebschicksal«: Nicht die Zuneigung zu einer anderen Frau, sondern die mit dem Liebesentzug der Mutter gepaarte Ablehnung des Vaters hätten aus Margarethe eine lesbische Frau gemacht; im gesellschaftlichen Spiel der Geschlechter nimmt sie fortan die männliche Rolle ein.

    Offenbar ist Homosexualität für Freud nichts, das man aus freien Stücken leben kann, eine ihrer Ursachen bestehe im »Trotz gegen den Vater«. Er trennt des Weiteren nicht zwischen dem sozialen Geschlecht, der geschlechtlichen Identifikation (Gender) und der sexuellen Orientierung einer Person, statt dessen entsteht ein fataler Kurzschluss: Freud versteht Homosexualität nicht als unabhängig vom »biologischen« Geschlecht (Sex), er vermutet sogar eine hermaphroditische Grundausstattung bei vielen Homosexuellen. Demnach erscheint ihm Margarethe auch in immer eigentümlicheren Maskeraden: »Sie wandelte sich zum Manne und nahm die Mutter anstelle des Vaters zum Liebesobjekt«¹³, schreibt Freud an einer Stelle der »Psychogenese«. Aus der geschlechterübergreifenden Identifikationen wird wenig später purer Drag: Zuerst ist die von Margarethe geliebte Frau eine, die den von ihrer Liebhaberin gehassten Bruder imitiert. Gretl selbst wird hingegen zu einer Tochter, die ihren Vater liebt, um anschließend zu einem Knaben zu werden, der eine Dame liebt. Auf diese Weise versuche sie, jene Person zurückzuerobern, die ihr der jüngere Bruder streitig gemacht habe: die Mutter. Gretls Geliebte wäre demnach nichts anderes als ein veritabler Ersatz für Vater und Mutter zugleich.

    »Lebhaft, rauflustig, durchaus nicht gewillt, hinter dem wenig älteren Bruder zurückzustehen«¹⁴ – diese Eigenschaften teilt Margarethe Csonka mit Tomboys und Frauen aus der Arbeiterklasse über die Jahrhunderte hinweg. Sie verstand sich zeitlebens auch als Frauenrechtlerin und stellte sich den Geschlechterungleichheiten und Diskriminierungen ihrer Zeit mutig entgegen. Ihre politische Überzeugung ist für Freud indes nicht viel mehr als ein innerpsychischer Effekt – für die sozialen Veränderungen seiner Zeit hatte er kein besonders ausgeprägtes Sensorium. Bereits in den Zwanzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts zeichnete sich jedoch ein langsamer Abschied von einem dualistisch ausgerichteten Geschlechtermodell und dessen heteronormativen Beziehungsweisen ab. Im Gefolge einer erstarkenden Frauenbewegung und den homosexuellen Emanzipationsbestrebungen der aufkommenden Schwulenbewegung, erhielten bislang dominante Geschlechterbilder erste Risse. Mit der Gründung von Magnus Hirschfelds »Wissenschaftlich-humanitären Komitees« im Jahr 1897 und einem einschlägigen Institut für Sexualwissenschaft in Berlin, fand die Idee vom »dritten Geschlecht« zunehmend Verbreitung. Anstelle eines dualen Modells schlug Hirschfeld eines der sexuellen Zwischenstufen und polymorphen Übergänge zwischen den Geschlechtern vor, und setzte sich für die Abschaffung des in Deutschland auf die Kriminalisierung männlicher Homosexualität ausgerichteten Paragrafen 175 ein. Im Januar 1898 legte er gemeinsam mit August Bebel eine Petition zu einer dahin gehenden Veränderung des Strafrechtes im Reichstag vor.

    Fall- und andere Geschichten
    Die psychoanalytische Fallgeschichte ist Bestandteil einer Erzählpraxis, die sich aus der mündlichen Weitergabe von Geschichten entwickelt hat. Aus der Rekonstruktion von Ereignissen, Träumen und Begegnungen ist eine Textsorte entstanden, in der sich literarische und wissenschaftliche Verfahrensweisen immer wieder vermischen. Der positivistische Anspruch, eine Krankengeschichte möglichst lückenlos darzustellen, wird von phantastischen Szenarien und mythologischen Referenzen konterkariert, neben messbaren Daten verhandeln Fallgeschichten auch Obsessionen und Imaginationen. Sprachliche Vielschichtigkeit ist dabei nicht bloß ästhetische Zugabe, sondern eine der Voraussetzungen für das, was bis heute psychoanalytische Erkenntnisarbeit genannt wird.

    Freuds Schriften sind nicht nur von mythologischen Referenzen durchzogen. Er äußerte durchaus auch Vermutungen und Hypothesen, die sich vom heutigen Standpunkt aus als sexualwissenschaftlich progressiv einordnen lassen. In seinen »Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie« von 1905 stellte Freud etwa Spekulationen darüber an, ob der »psychosexuelle Geschlechtscharakter« – also das gefühlte Geschlecht – und die Objektwahl – die sexuelle Orientierung einer Person – unabhängig voneinander existieren könnten, »Triebe« bezeichnete er darin auch als Abkömmlinge mythologischer Wesen.

    jW-Shop, Broschüre 75 Jahre junge Welt
    Diese und ähnliche Erkenntnisse blieben im Fall der »Psychogenese« ohne nennenswerte Konsequenzen. Margarethes therapeutische Sitzungen endeten nach einer Sommerpause am Semmering im September 1919, am Ende blieben die meisten Fragen offen. »Ich brach also ab, sobald ich die Einstellung des Mädchens zum Vater erkannt hatte, und gab den Rat, den therapeutischen Versuch, wenn man Wert auf ihn legte, bei einer Ärztin fortführen zu lassen«¹⁵, resümiert Freud die gescheiterte Analyse – und empfiehlt anderswo ihre Fortsetzung.

    Sigmund Freud hatte für die queeren Existenzweisen seiner Zeit kein ausreichendes Bewusstsein. Auch aus diesem Grund ermangelt es seiner »Fallgeschichte« nicht an sexistischen Implikationen und homophoben Unterstellungen. Die Charakterzeichnung seiner Analysandin reicht von dekadent bis latent heterosexuell. Homosexuelles Begehren bleibt darin an die Kategorie der »verfehlten Weiblichkeit« oder die des »männlichen Protests« gebunden – keineswegs aber ist sie normal und einfach da. Über die Positivität des Begehrens von Frauen verliert Freud in der »Psychogenese« nicht viele Worte, über die zeitgenössischen Codes lesbischer Liebe ebenso wenig. Für seine Interpretationen hatte die inzwischen 19jährige Gretl Csonka nur einen distanzierten Blick übrig. Fast gelangweilt reagierte sie auf die Erläuterungen des Analytikers, der sie durch das Weltmuseum der Psychoanalyse führte.

    Im September 1919 ordinierte Anna Freud noch nicht in einem der Nebenzimmer der Berggasse 19, und Margarethe Csonka, deren Geschichte unter dem Pseudonym Sidonie »Sidi« Csillag mehr als ein halbes Jahrhundert später der Öffentlichkeit bekannt wurde, hatte andere Sorgen. Am Vorabend der Machtübernahme der Nazis ist die homosexuelle Frau aus einer zum Katholizismus konvertierten Familie von Mehrfachdiskriminierungen betroffen, erst im Jahr 1940 gelingt ihr die Flucht aus dem seit 1938 zum »Dritten Reich« gehörigen faschistischen Österreich. Ihr Zuhause hat Margarethe Csonka auf einem Schiff für Auswanderer hinter sich gelassen – und mit ihm auch die Wiener Couchgeschichten.

    Exil in Kuba
    Erzwungene Nähe kann fatale Folgen haben, Seelenstriptease auch. Margarethe Csonka soll Freuds Couch in einer Mischung aus Erleichterung und Befreiung verlassen haben, rund zehn Jahre später zwingen sie die gesellschaftlichen Verhältnisse dennoch zur Heirat. Im Mai 1930 vermählen sich Margarethe Csonka und Eduard Rzemenowsky von Trautenegg in Wien, nach wenigen Wochen verlangt sie die Scheidung. Die Ehe wurde am Ende nicht geschieden, sondern annulliert: Am 13. September 1938 sorgte ein Dekret der Nazis für ihre Auflösung, demnach seien »Mischehen« ungültig, wenn einer der Ehepartner vor der Hochzeit dem anderen die Zugehörigkeit zur »jüdischen Rasse« verschwiegen hatte. Da die jüdische Geschichte ihrer Familie für Gretl nie Thema war, hatte sie mit ihrem Mann nicht darüber gesprochen. Und so war sie von einem Tag auf den anderen wieder unverheiratet.

    Leonie Puttkamer kehrte 1923 von Berlin nach Wien zurück. In Berlin hatte sie die Schauspielerin und Tänzerin Anita Berber kennengelernt, für die sich Margarethe Csonka später begeisterte. Auch Leonie ging eine Ehe ein, die nur von kurzer Dauer war. Nach den ersten Streitigkeiten wurde sie von ihrem Exmann Albert Geßmann, der als Präsident des österreichischen Landwirtschaftsamtes eine hohe politische Stellung innehatte, der versuchten Vergiftung bezichtigt. Im Jahr 1924 kam es zur Anklage, sie endete mit einem Freispruch für Leonie. Im August 1940 trifft sie Margarethe ein letztes Mal in Berlin, 1953 stirbt sie vor Ort.

    Bereits zu Beginn des Jahres 1940 hatte sich Margarethe Csonka-Trautenegg darum bemüht, einen Platz auf einem Schiff und ein Visum für Kuba zu bekommen. Sie sah sich dazu gezwungen, die Hilfe einer Auswandereragentur in Anspruch zu nehmen und erreichte im Dezember 1940 nach mehrmonatiger Reise die karibische Insel. Die Reise verlief ostwärts. Zuerst gelangte sie von Berlin nach Königsberg, später nach Moskau. Am 18. August 1940 bestieg sie die Transsibirische Eisenbahn, Wochen später kam sie in der Mandschurei an. Margarethe reiste weiter nach Japan und überbrückte dort eine längere Wartezeit. Am 24. Oktober schiffte sie sich ein, um den Pazifik zu überqueren, am 7. November erreichte sie Honolulu, am 17. November San Francisco; Anfang Dezember folgte Balboa am Panamakanal. Dort bestieg die Emigrantin aus Wien am 24. Dezember 1940 das vorerst letzte Schiff und kam drei Tage später in Havanna an.

    Die letzten Jahre des Naziregimes hat Margarethe Csonka also auf Kuba überlebt, wo sie auch ihr früheres Hobby, die Porträtmalerei, wiederentdeckte; 1949 kehrte sie über Paris nach Wien zurück und landete erneut in der Fremde. Sie hat nichts Eigenes, findet einige der von ihrem Exmann Eduard aufbewahrten Gegenstände und verkauft sie ans Dorotheum. Margarethe muss erstmals arbeiten, um zu überleben – sie gibt Sprachunterricht und lukriert kleine Einnahmen aus ihren Porträts.

    Die Freiheit, zu lieben
    Weite Teile ihres Lebensabends verbringt sie auf Reisen: 1966 landet sie in Florida, wo sie ihren Bruder Ernst trifft, 1976 reist sie nach Bangkok und dann erneut nach Kuba – ihre Liebe zu Frauen bleibt auch unterwegs bestehen, sie währt ein Leben lang. Anfang der Neunzigerjahre findet Margarethe Csonka mit Unterstützung von Freundinnen einen Platz in einer gemeinnützigen Einrichtung der katholischen Kirche in Wien-Schönbrunn. Im Caritas-Wohnheim für Rentnerinnen trifft sie sich mit Freundinnen und spielt Bridge, 1999 stirbt sie im hundertsten Jahr ihres Lebens.

    Gretl Csonkas Biographie erzählt von einem lesbischen Leben gegen alle Widerstände, von heimlichen Lieben und den heterosexuellen Tarnungsmanövern zwischendurch: Um sich freizuspielen, erfand sie Freud gegenüber einen lügnerischen Traum, der zum Ende einer unfreiwilligen Analyse führte. Oft wird Gretls Leben auf jene vier Monate reduziert, die sie zwangsweise auf Sigmund Freuds Couch verbrachte, ihre Homosexualität konnte auch er ihr nicht nehmen. Trotzig verteidigte sie ihr gleichgeschlechtliches Begehren gegenüber dem Analytiker und ihren Eltern, die allgemein ablehnende Haltung gegenüber Homosexuellen hatte jedoch auch Margarethe internalisiert. Die Drohungen durch den in Österreich erst im Jahr 1971 abgeschafften Paragraphen 129 Ib, mit dem »Unzucht wider die Natur« von Frauen und Männern mit bis zu fünf Jahren schweren Kerkers bestraft werden konnte, blieben fast ihr ganzes Leben lang aufrecht, und Gretl drängte dies immer wieder zu großer Vorsicht. »Freud war ein Trottel«¹⁶ – so lautete ihr abschließender Kommentar zu den Wiener Therapiegesprächen. Margarethe Csonka sollte damit das letzte Wort behalten – für ein Leben, in dem sie sich die Freiheit nicht nehmen ließ, zu lieben, wen sie wollte.

    Anmerkungen

    1 Sigmund Freud: Über die Psychogenese eines Falles von weiblicher Homosexualität (1920), in: ders.: Studienausgabe Band VII, hrsg. von Alexander Mitscherlich, Angela Richards und James Strachey. Frankfurt am Main 2000, S. 257–281, hier: S. 257

    2 Ebd., S. 261

    3 Ebd., S. 258

    4 Ebd., S. 263

    5 Ebd.

    6 Ebd., S. 271

    7 Ebd.

    8 Ebd., S. 270

    9 Ebd., S. 258

    10 Ebd., S. 260

    11 Ebd., S. 274

    12 Ebd., S. 278

    13 Ebd., S. 268

    14 Ebd., S. 278

    15 Ebd., S. 273

    16 Ines Rieder und Diana Voigt veröffentlichten im Jahr 2000 erstmals die Biographie von Margarethe Csonka, die Autorinnen sind für die Pseudonymisierung ihres Namens verantwortlich. Ihre Aufzeichnungen beruhen auf zahlreichen Interviews mit Gretl Csonka, aus denen auch dieses Zitat stammt. Vgl. Ines Rieder und Diana Voigt: Die Geschichte der Sidonie C. Sigmund Freuds berühmte Patientin, Wien 2012

    Barbara Eder ist Soziologin und Publizistin aus Österreich.

  • Skandal um den „Halstuch-Mörder“ - als Deutschland wegen einer Krimireihe durchdrehte | STERN.de
    https://www.stern.de/kultur/tv/skandal-um-den--halstuch-moerder----als-deutschland-wegen-einer-krimireihe-dur

    29.05.2021, 08:23
    2 Min.
    Eine Fernsehnation im Ausnahmezustand: 1962 sorgte die Serie „Das Halstuch“ mit 89 Prozent Einschaltquote für leere Straßen und prägte den Begriff „Straßenfeger“. Zu einem Skandal kam es vor Ausstrahlung des letzten Teils.

    „Das deutsche Kulturleben ist zum Erliegen gebracht worden.“ So lautete das knappe Urteil des Programmbeirats der ARD 1962. Grund war die Ausstrahlung der Krimireihe „Das Halstuch“. Das sechsteilige Fernsehspiel nach der Vorlage von Francis Durbridge sorgte in Ost- und West-Deutschland für Krimifieber. An den Ausstrahlungsabenden blieben Theater, Kinos, Volkshochschulen und andere öffentlichen Einrichtungen leer. Selbst Firmen legten die Bänder still, um ihren Mitarbeitern das Zuschauen zu ermöglichen. Wer keinen eigenen Fernseher hatte, schaute bei Nachbarn oder in Kneipen. Ganz Deutschland fragte sich: Wer ist der Halstuch-Mörder?
    VOE STERN 25/2020 Ich Heirate Eine Familie / Angie Muss Sich Entscheiden / D 1986 / Im Bild: Angie Und Werner Schumann (Thekla Carola Wied U. Peter Weck) / Em-0-52722 / / †berschrift: Ich Heirate Eine Familie
    Ehemaliger Serienstar Der Vater aus „Ich heirate eine Familie“ – Was macht eigentlich Peter Weck?

    89 Prozent Einschaltquote erzielte der Mehrteiler an den sechs Abenden im Januar 1962. Ein unglaublicher Wert. Selbst die Fußball-WM in Chile im gleichen Jahr erzielte nicht solches Interesse. Wahnsinn. Der Begriff „Straßenfeger“, der bereits 1959 für die Verfilmungen der Paul-Temple-Hörspiele zum ersten Mal genannt wurde, bekam eine völlig neue Dimension. Schauspieler wie Heinz Drache (Harry Yates) oder Horst Tappert (Nigel Matthews) wurden über Nacht zu Stars.
    Zeitungsanzeige verrät den Täter und sorgt für Morddrohungen

    Zum neuen Fernsehhype trug auch die geschickte Inszenierung mit Cliffhangern am Ende jeder Folge bei. Dann, am 17. Januar 1962, sollte es endlich soweit sein. In der letzten Folge sollte die Identität des „Halstuch-Mörders“ aufgeklärt werden. Doch eine Zeitungsannonce sorgte am Vortag für einen Skandal. Die „Bild“-Zeitung sprach sogar von „Vaterlandsverrat“. Um Menschen statt vor den Fernseher in die Kinos zu locken, hatte der Berliner Kabarettist Wolfgang Neuss eine Anzeige mit brisantem Inhalt geschaltet: Er verriet den Mörder.

    „Nicht zu Hause bleiben, denn was soll’s: Der Halstuchmörder ist Dieter Borsche …… Also: Mittwochabend ins Kino!“, war da in der Boulevardzeitung „Der Abend“ zu lesen. Der Spoiler, wie es heute neudeutsch heißt, verfehlte seine Wirkung nicht. Ganz Deutschland bekam Schnappatmung. Neuss wurde übel beschimpft und erhielt sogar Morddrohungen. In Interviews beteuerte er, den Mörder (es war wirklich Borsche) nur erraten zu haben. Kurios: Klatschblätter wollen herausgefunden haben, dass Neuss’ Mutter und Borsches Ehefrau dieselbe Pediküre in Berlin besuchten. Dabei sollen sie sich über die streng vertrauliche Information ausgetauscht haben.
    „Die Schwarzwaldklinik“ wird zum letzten „Straßenfeger“

    Die letzte Folge war trotzdem ein voller Erfolg. Einer, an den nur noch wenige Fernsehereignisse wie die Mondlandung oder Fußball-Endspiele herankamen. 1985 wurde der Begriff „Straßenfeger“ noch einmal für eine Fernsehserie gebraucht. „Die Schwarzwaldklinik“ flimmerte im Zweiten Deutschen Fernseher über die Mattscheibe. Professor Brinkmann und Schwester Christa schalteten 28 Millionen ein, was 60 Prozent Marktanteil entsprach. Ein Wert, der mit der neuen Vielfalt an Sendern und veränderte Sehgewohnheiten heute utopisch klingt.

  • Franz Joseph Degenhard, Lea Rosh, 1988 Freitagnacht / SFB, « Gewalt und Terrorismus »
    https://www.youtube.com/watch?v=XcQxXVC4EFU

    La discussion est d’une grande actualité parce qu’on entend les mêmes arguments fallacieux contre le courage des simples gens.

    L’émission a été archivée par la Stasi sous le sigle ZAIG, Vi, Nr. 439
    https://www.stasi-unterlagen-archiv.de/assets/bstu/de/Downloads/aktenverzeichnis_mfs_filme_videos.pdf

    La chanson pour les camarades courageux sur l’air de la Chanson Pour L’Auvergnat de Georges Brassens.

    Lied für die ich es sing’

    Dieses Lied ist für Pastor Klaus,
    weil - der ließ in sein Pastorhaus
    nachts jemand, den hat er nicht gekannt,
    Beine und Füße verbrannt
    Der war gestolpert kurz vorm Ziel?
    und weil der Strommast zu früh umfiel.

    Pastor Klaus hat sofort kapiert,
    Die Angst hat sein? Hals zugeschnürt.
    Aber er hat das Blut gestillt
    und hat die Wunden gesalbt und geölt,
    und er linderte die Pein
    mit Canabis und rotem Wein.

    Pastor Klaus, bist nur Pastor, schwach
    glaubst du nur an ein Leben danach.
    Doch wenn du stirbst, kommst du ganz schnell
    au père éternel.

    Dies? Lied ist für Rosemarie,
    weil - bei der Kripo, da hat sie
    einen einfach nicht wiedererkannt,
    einen aus Morgenland.

    Der war aus der Bank rausgerannt,
    und die Pistole noch in der Hand,

    lief auf sie zu, und sie blieb stehn.
    Sie hat sein Gesicht gesehn.
    Aber wie er jetzt so da stand
    zwischen zwei Deutschen und an der Wand
    mit diesem schrecklich verlorenen Gesicht,
    sagte sie: Der war es nicht.

    Rosemarie, bist nur Rentnerin,
    und die Belohnung, die ist jetzt hin.
    Aber du lachst und weißt, deinen Lohn,
    hast du ja schon.

    Dieses Lied ist für die Richter, die
    sich vor Raketen bei Eis und Schnee
    auf die Straße setzten und sie
    blockierten. Das gab es noch nie!

    Solche wie ihr haben immer nur
    so gerichtet wie’s immer schon war
    und geschielt, ob der Chefpräsident
    euch winkt, eure Namen nennt.

    Ihr habt gebrochen mit diesem Brauch
    und habt gezeigt, anders geht’s auch.
    Mehr ist das als nur ein Hoffnungsstrahl.
    Das funkelt und funkt überall.

    Einfache Richter seid ihr nur, doch
    eure Namen, die nennt man noch,
    wenn den Namen vom Chefpräsident
    längst keiner mehr kennt

    Und für Natascha Speckenbach
    ist dieses Lied, weil ? die gibt nicht nach;
    sagt, es ginge nicht, daß sie sich schont
    im Viertel, da wo sie jetzt wohnt

    Geht mit den Arbeitslosen aufs Amt,
    steht, meist allein noch, am Info-Stand,
    macht mit den Frauen aus der Türkei
    Deutsch und noch so allerei.

    Haare noch wie Tomatensaft,
    immer noch gibt sie den anderen Kraft.
    Aber die Ärzte geben ihr klar
    höchstens noch anderthalb Jahr.

    Natascha Speckenbach von der Ruhr,
    bist eine schlichte Genossin nur,
    aber unsterblich bist du ganz klar
    noch nach anderthalb Jahr.

    Pastor Klaus und Rosemarie,
    Natascha Speckenbach und auch die
    Richter. Und gibt auch noch paar mehr;
    kommen von überall her.

    Die machen vieles so ohne Netz
    und, wenn es nottut, auch ohne Gesetz,
    und tun auch oft was ganz ungeschützt,
    was ihnen gar nicht nützt.

    Überhaupt nicht auf der Höhe der Zeit,
    sind sie vor fremder Not nicht gefeit
    Einige glauben sogar daran,
    daß man das alles noch ändern kann.

    Ob das so kommt und ob das so geht ?
    das weiß ich nicht mehr. Ich sing nur dies Lied.
    Doch ohne die, für die ich es sing
    hätt’ alles kein’ Sinn.

    #Allemagne #terrorisme

  • Westeuropa Sohn
    Poète maudit aus dem Ramschladen: Zum Tod des genialischen Popmusikers Kiev Stingl (1943 - 2024)
    https://www.jungewelt.de/artikel/470447.popgeschichte-westeuropa-sohn.html


    Wirrkopf, Sexist, Phantom: Kiev Stingl 1991 in seiner Berliner Arbeitsbibliothek

    Hart wie Mozart
    https://www.youtube.com/playlist?list=OLAK5uy_m7maem_mps4JZ34mSMDcUoqEV5_TjfODU

    1.3.2024 von Maximilian Schäffer - »Ab sofort verbiete ich, Kiev Stingl, der Sprecher der deutschen Schweinenation, sämtlichen Jugendlichen, Staatsnegern und sonstwem, den Keuchakt loszuficken.«

    Kiev Stingl (15.3.1943 bis 20.2.2024), Präsident im Reich der Träume, spricht in Zungen

    In der 1-Euro-Kiste vor dem Laden fand ich ihn, 2020. Unterste Bückware zwischen Volksmusik und Kinderhörspiel. Nicht einmal ins Abteil »Deutsch« hatten sie ihn gepfercht, noch ins Fach »NDW« verramscht. »Kiev Stingl – Hart wie Mozart« prangte auf dem Cover, das aussah wie eine Ausgabe des Spiegel von 1979. Geiler Name, geiler Titel. Wieso will den keiner, kennt den keiner? Ich legte den Euro auf den Tisch, und staunte noch mehr, als ich es zum ersten Mal hörte: »Es lebe die Sowjet­union, nieder mit dem Zar! (…) Ich bin Frank Sinatras Westeuropa Sohn!« Unbestreitbar eine Hymne, dazu erstklasssig aufgenommen und produziert. Diese Stimme aus Ethanol, Nikotin und Testosteron, die 40 Minuten lang nur Sex raunzt. Und hätte ich hundert Euro bezahlt gehabt – sowas hatte ich von der BRD nicht erwartet.
    Frühstücksangebot: RLK-Emaillebecher +Kaffee

    Kiev hingegen hatte von der BRD nichts zu erwarten. Seine Karriere versaute er gründlich und notwendigerweise aus purem individuellen Drang. Eine einzige Tournee versenkte er in allen möglichen Drogen. Im Hessischen Rundfunk rabulierte er gegen Feministinnen, warf Bierflaschen nach dem Aufnahmeleiter (siehe obiges Zitat). Nach Rock und Art-Punk wollte er auf einmal Disco machen, danach Post-Industrial mit der Hälfte der Einstürzenden Neubauten. Er sah gut aus und klang ebenso gut, hätte das Zeug gehabt, dem braven Genuschel eines Udo Lindenberg die Selbstverständlichkeit der eigenen Geilheit im Dienste von mindestens zwei Generationen Punks entgegenzusetzen. Das Messianische allerdings pflegte er eher im Halbprivaten, wollte lieber ein Phantom sein als Legende – so predigte er es mir noch letztes Jahr zu seinem 80. Geburtstag im Interview. Auch Raubtiere – Kiev Jaguar Stingl nannte er sich kurz selbst – sind die meiste Zeit nur scheue Katzen.

    Achim Reichel fand Stingl Mitte der 70er Jahre in Hamburg genauso unvorbereitet, wie ich ihn später in Berlin wiederfand. Im abgedunkelten Zimmer drosch er ihm was auf der Gitarre vor, von »Lila Lippen, Milchkuhtitten!« In seiner Autobiografie »Ich hab das Paradies gesehen« erzählt Reichel von diesem Damaskuserlebnis und seinen Folgen. Drei Alben fertigten sie zusammen: »Teuflisch« (1975), »Hart wie Mozart« (1979) und »Ich wünsch den Deutschen alles Gute« (1981). Reichel, der selbst als Solomusiker sowie mit den Rattles um ein Vielfaches erfolgreicher war als sein unmöglicher Star, hielt Stingl für genial, aber unberechenbar. Die Regisseure Klaus Wyborny, Heinz Emigholz und Christel Buschmann drehten Filme mit Kiev. Letztere setzte ihn in Ballhaus Barmbek neben Christa Päffgen alias Nico – das reale Aufeinandertreffen zweier großer Phantome. Im lange schon verblichenen Kaufbeurer Verlag Pohl ’n’ Mayer erschien 1979 sein Lyrikband »Flacker in der Pfote«, fünf Jahre später »Die besoffene Schlägerei« im Cyrano-Verlag. Sein Alterswerk, ein Dialog aus passionierter Hitlerei und Bumserei, erscheint posthum. »Roman ist fertig!« – war sein letzter Satz auf Whats-App, dann hatte er keinen Bock mehr auf Siechtum.

    Nun fehlt mir der Abstand, um für Zeitungsleser in glaubwürdigem Maße von der Großartigkeit seiner Musik berichten zu können. Natürlich kenne ich sie heute mantrisch auswendig – jeden Song, jede Zeile. Ich kann allerdings davon berichten, was passierte, als ich einst mein Umfeld mit Kiev Stingls Platten zu terrorisieren begann: keinerlei Widerstand. Innerhalb von Wochen bildete sich ein Privatfanclub aus Künstlern, Musikern, Autoren, Barkeepern und Handwerkern im Alter von 18 bis 60. In der Neuköllner Stammkneipe hängten wir bald sein Konterfei über den Tresen, direkt neben den gekreuzigten Messias. Der Chef, bald genervt: »Schon wieder Kiev!?« Aber auch solidarisch: »Wenigstens Kiev!« Wir waren nicht die einzigen, so fand ich heraus: Auch Flake von Rammstein, Dieter Meier von Yello und Hans Joachim Irmler von Faust zählen zu seinen ewigen Fans.

    Irgendwann fand ich mich in Stingls Wohnung wieder. Ein junges, hübsches Mädchen brachte ich ihm mit, das war ihm noch lieber als Cremeschnitten – auch Vanessa sollte später seine Urinflaschen ausleeren. In den vergangenen beiden Jahren sah ich den Berserker deutscher Coolness, den »Einsam Weiss Boy« vom alten Mann zum Greis werden. Wir stritten kokett über Hitler, ich leerte die Pissflaschen aus. Er scheuchte mich durch die zugestellte Altbauwohnung, ich ließ es irgendwie über mich ergehen. In den zartesten Momenten zweier sich halbwegs nahe gekommenen Männer mit 50 Jahren Altersabstand saßen wir uns gegenüber, hatten uns nichts zu sagen übers Leben. »No Erklärungen« heißt ein 2020 erschienener kurzer Dokumentarfilm über ihn. Kiev wusste zuviel, ich noch zuwenig. Ein paar Minuten Stille und Traurigkeit zusammen, weil auch er nicht vergessen werden wollte – so scheißegal ihm alles auch gewesen sein mochte. Kiev Stingl war das konsequent missachtete transgressive Genie der deutschen Popmusik und Beat-Literatur. Er starb am 20. Februar im Alter von 80 Jahren.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Kiev_Stingl

    #Allemagne #musique #post-punk

  • WEISS hoch ZWEI. Heinz Emigholz.
    https://www.youtube.com/watch?v=ke0QCQ_dgmU

    https://pym.de/de

    Die Basis des Make-Up
    https://pym.de/de/taxonomy/term/6

    Zeichnung (484) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

    „Loving cups. Am 9. Juli 2019 ist David Marc gestorben. Er war einer der ersten und besten Analytiker des amerikanischen Fernsehens. Seine Bücher Demographic Vistas (1984) und Comic Visions (1989) waren grundlegend, seine Essaysammlung Bonfire of the Humanities (1995) ist genial. Hier steht er im Herbst 1974 stoisch neben seinem VW, mit dem wir in den Catskill Mountains einen Abhang hinabgerutscht waren. Unser Freund Tim Kennedy, der Filmemacher und spätere Landschaftsplaner, verläßt fluchtartig den Unfallort. Wir waren Nachkriegskinder und sind langsam aber sicher zu Theoretikern dieser Übergangszeit geworden, die für ihn viel eher in einem neuen Krieg mündete. Sein verehrter Lehrer, Ken Jacobs, der ihn wegen einer Bagatelle früh verstoßen hat, hatte 1975 zu mir als erstem Deutschen in jenem Kreis gesagt: ’Ich würde kein Wort mit dir reden, wenn es den Vietnam-Krieg nicht gegeben hätte.’ David stand eine solche Harschheit nicht zu, weil er wußte, daß unsere persönlich erlebten Kriege noch ganz andere sein würden.“ (Aus: arsenal, september 19).

    (1975)

    #art #film #dessin

  • Le monde selon Elon Musk
    https://www.arte.tv/fr/videos/117797-000-A/le-monde-selon-elon-musk

    Doucumentaire disponible du 27/02/2024 au 26/05/2024 - le contenu de la vidéo correspond à un texte qui se lit en dix minutes. On y apprend surtout une chose : X/Twitter n’est pas le dada d’un milliardaire excentrique mais la clé de voûte d’un empire dont le seigneur correspond assez à l’entrepreneur-surhomme d’Ayn Rand dans Atlas Shrugged . C’est assez flippant que ces énergumènes soient à la tête de puissantes organisations.

    Twitteur compulsif, Elon Musk s’est offert en 2022 son réseau social préféré, et l’a brutalement façonné selon ses désirs. Cette enquête punchy relate les relations orageuses entre la plate-forme et le milliardaire, et leurs incidences sur le débat public.

    « Certains s’expriment à travers leurs cheveux, moi je me sers de Twitter. » En 2010, l’entrepreneur Elon Musk a rejoint la « conversation mondiale » et s’est vite fait remarquer par ses tweets potaches ou absurdes. Cette notoriété a rejailli sur ses activités industrielles, axées notamment sur la conquête spatiale et les voitures électriques, contribuant à réduire les dépenses marketing de son empire. Mais les relations entre le magnat d’origine sud-africaine et Twitter ont connu des hauts et des bas. Elon Musk, influencé par ses aspirations libertariennes, a souvent vitupéré contre sur ce qu’il considérait comme des atteintes à la liberté d’expression, quand l’équipe dirigeante de Twitter, longtemps accusée de laxisme face aux propos haineux et aux fake news, tentait, elle, de redresser la barre. Il a par exemple volé au secours de Donald Trump en janvier 2021, lorsque le compte Twitter de ce dernier a été supprimé après l’assaut du Capitole. Pour modeler son réseau social favori à sa guise, Elon Musk a fini par se l’offrir en octobre 2022, après une bataille juridique mémorable. Depuis, Twitter, rebaptisé X en 2023, a licencié des milliers de salariés, notamment des modérateurs de contenu, et ouvert les vannes du complotisme et de l’incitation à la haine.

    Choc des cultures
    Selon la recette éprouvée qui fait la force des documentaires d’actualité Frontline, ce film de James Jacoby entremêle témoignages clés et archives récentes. Il nous replonge jour après jour dans un haletant feuilleton qui a mal fini : la reprise en main de Twitter et une « conversation mondiale » qui vire à la polarisation et à la virulence. Plusieurs ex-salariés de la plate-forme livrent d’éclairants témoignages sur l’avant et l’après-Elon Musk, racontant le choc des cultures entre monde industriel et pépite de la tech, les licenciements brutaux et même un inquiétant déchaînement de haine, complaisamment relayé par le réseau social, à l’encontre de l’un d’entre eux, Yoel Roth, en charge du département de la confiance et de la sécurité de la plate-forme au moment du rachat. Retraçant une décennie de relations orageuses entre Twitter et l’impulsif milliardaire, et le débat sur la liberté d’expression et la désinformation qu’elles ont alimenté, cette enquête à l’efficacité anglo-saxonne montre comment la démocratie a perdu quelques plumes dans l’aventure.

    Réalisation : James Jacoby

    Pays : Etats-Unis

    Année : 2023
    Durée : 91 min

    Disponible du 27/02/2024 au 26/05/2024

    Genre : Documentaires et reportages

    #impérialisme #propagande #relatiins_publiques #manipulation #réseaux_sociaux #économie #idéologie #culte_de_la_personne #monopoles #film #documentaire #TV

  • Grünheide: Polizei will Protestcamp nicht räumen, Tesla überschreitet Abwassergrenzwerte
    https://www.berliner-zeitung.de/news/gruenheide-proteste-im-baumhaus-gegen-tesla-gehen-weiter-li.2192141

    Quand Elon Musk pollue tes eaux

    29.2.2024 - Die Besetzung des Tesla-Waldes soll weitergehen. Zeitgleich überschreitet der Autobauer laut amtlichen Messungen Abwassergrenzwerte. Was in Grünheide derzeit los ist.

    Umweltschützer haben jüngst aus Protest gegen den E-Autobauer Tesla ein Waldstück in Grünheide besetzt. Die Aktivisten wollten in der Nacht auf Freitag in selbst errichteten Baumhäusern übernachten und das Camp vorerst nicht verlassen - und auch die Polizei will vorerst nicht eingreifen. Die Proteste können bis Mitte März fortgesetzt werden, wie die Behörde am Donnerstag mitteilte.

    Die Bürgerinitiative Grünheide rief Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) indes dazu auf, das Camp zu besuchen und mit den Besetzern zu sprechen. Im Wald bei der E-Autofabrik kamen am Donnerstag um die 100 Aktivisten zusammen, von denen etliche auch bei Protestaktionen im Hambacher Forst oder im Braunkohle-Dorf Lützerath dabei waren.
    Tesla-Fabrik in Grünheide sicher? Das sagen die Klimaaktivisten

    Die Umweltschützer kritisieren neben der geplanten Rodung von Wald unter anderem auch den Abbau von Lithium für Batterien. Sie werfen Tesla eine Gefährdung des Trinkwassers vor und schlechten Arbeitsschutz. „Saubere Autos sind eine dreckige Lüge“ und „Wasser ist ein Menschenrecht“ war auf Plakaten zu lesen.

    Mit Blick auf den Widerstand gegen Großfabriken wie Tesla rät der Ostbeauftragte Carsten Schneider derweil den Unternehmen, bei den Menschen am Ort für sich zu werben. Denn aus Schneiders Sicht sind Industrieansiedlungen auch in Ostdeutschland kein Selbstläufer mehr. „Ich nehme da in Ostdeutschland eine Veränderung wahr“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. „Früher wurde praktisch jedes Großprojekt begrüßt, solange es nur Arbeitsplätze brachte. Jetzt gibt es vereinzelt auch mal Widerstände. Das muss man bei der Planung künftig mitdenken.“ Die Erweiterungspläne des US-Elektroautobauers waren bei einem Bürgerentscheid in der betroffenen Gemeinde Grünheide vor einigen Tagen mehrheitlich abgelehnt worden.

    Erhöhte Abwassergrenzwerte von Tesla: Wasserverband beruft Sitzung ein

    An diesem Freitag will der Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) bei einer außerordentlichen Versammlung beraten, ob er die Abwasserentsorgung bei Tesla einstellen wird. Denn Tesla hat nach amtlichen Messungen bestimmte Abwassergrenzwerte überschritten. Der Landkreis Oder-Spree sieht aber keine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung, wie er auf Anfrage mitteilte.

    Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur lag der Wert für Phosphor seit der Eröffnung der Tesla-Fabrik vor fast zwei Jahren fünfmal über dem behördlichen Grenzwert, vier Überschreitungen gab es bezogen auf den Vertrag mit dem Wasserverband Strausberg-Erkner. Die Werte gehen auf eigene Messungen von Tesla zurück, die dem Landkreis vorliegen.

    Protest gegen Tesla-Fabrik: ÖDP verlangt Schließung der Abwasserleitung

    Der Autobauer warnte den Wasserverband vor einem Entsorgungsstopp. Er verwies darauf, dass die Stoffkonzentration höher ist, weil Tesla Wasser einspare. „Zur Reduktion des Trinkwasserbedarfs der Gigafactory setzen wir schrittweise weitere Wassersparmaßnahmen um“, teilte das Unternehmen mit. „Nach unserer Kenntnis sind beim Betrieb des Klärwerks Münchehofe im Jahr 2023 keinerlei Auffälligkeiten oder Überschreitungen von Grenzwerten aufgetreten.“

    Die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) verlangt die Schließung der Abwasserleitung, einen Produktionstopp und strengere Umweltauflagen.

  • RAF-Terroristin Daniela Klette in Berlin-Kreuzberg gefasst : Waren wir zusammen im Lidl an der Ecke ?
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/raf-terroristin-daniela-klette-in-berlin-kreuzberg-gefasst-waren-wi


    Mais oui, mon Cher Timo, moi , ton voisin, je suis peut-être un terroriste..Tu ne peux pas le savoir, d’ailleurs moi non plus, c’est la police politique qui le décide. C’est inquiétant, pas vrai ? Et si par hasard les flics t’arrêtaient toi, tu serais tout aussi terroriste que la petite bonnnefemme qu’ils viennent de faire voyager en hélico vers une prison lointaine. Ça fait peur, non ? Arrête de me faire c... avec tes commentaires de gros beauf, il y a des choses plus importantes à transformer en news pour ton canard.

    A ne pas confondre : B.Z. et Berliner Zeitung

    29.2.2024 von Timo Feldhaus - Es klingt wie ein Klischee, aber noch immer kann man sich in Kreuzberg offenbar gut verstecken, wenn man Terrorist ist. Wie wohnt es sich in der Nachbarschaft?

    Die gerade enttarnte und festgenommene RAF-Terroristin Daniela Klette tanzte, so viel weiß man nun, gerne Capoeira, sie liebte den Karneval der Kulturen, lebte seit 20 Jahren in einer Wohnung in Kreuzberg, und natürlich frage ich mich nun, wie wahrscheinlich es war, dass sie meiner Tochter Mathenachhilfe gegeben hätte.

    Die 65-jährige, so ihre Ex-Nachbarn, gab Nachhilfe in Mathe und wohnte immerhin nur zehn Minuten von uns entfernt, und wir suchten gerade eine geeignete Mathe-Hilfe. Viele sind nun verwundert, wie „normal“ sich das Leben von einer der meistgesuchten Frauen des Landes unter falscher Identität mitten in Berlin gestaltete. Das kann man einerseits verstehen, andererseits wirkt auch von München-Pasing aus betrachtet das Leben vieler Kreuzberger, die keine Terroristen sind, wie ein surrealistischer Trip in einer anderen Welt.

    Ja, denken wir hier auch nicht unstolz, wir sind alle ein bisschen anders, aber manche sind es eben noch etwas mehr. Man denkt aber natürlich auch: Bin ich der RAF-Omi wohl öfters begegnet? Waren wir im selben Supermarkt einkaufen? Viele Nachbarn sind jetzt erstaunt, mit wem sie es all die Jahre zu tun hatten. Vor zwei Monaten wurde nur drei Minuten von uns zu Hause eine potenzielle Hamas-Terroristenzelle hochgenommen, sie hatten einen Anschlag auf jüdische Einrichtungen geplant.

    Kreuzberg fühlt sich gefährlich an

    Jetzt der Afrobrasilien-Fan Klette. Sie postete gerne auch Selfies, musste aber des Öfteren ihr einigermaßen bürgerliches Leben im bunten Kreuzberg verlassen, um einen Raubüberfall zu unternehmen. In ihrer Wohnung – gab sie dort Mathenachhilfe? – fand man Waffen, wohl auch eine Granate. Klette lebte gefährlich, man selbst lebt täglich so vor sich hin. Und plötzlich überschneidet sich das.

    Das Leben in Kreuzberg fühlt sich manchmal gefährlich an, aber die meiste Zeit führen wir hier so ein langweiliges, schönes Leben wie alle anderen.

  • Das unsterbliche RAF-Gespenst und wozu der Staat es braucht
    https://www.telepolis.de/features/Das-unsterbliche-RAF-Gespenst-und-wozu-der-Staat-es-braucht-9641108.html

    L’arrestation d’une petite femme d’un certain age provque un tollé médiatique. Les medias officiels allemands publient des menaces contre toute opposition de gauche fondamentale : on vous aura tous, si vous ne rentrez pas dans les rangs.

    Peter Nowak nous rappelle les faits et dangers qu’emmène l’engouement pour la cause antiterroriste. J’ai l’impression d’assister à une mise en scëne parodique des campagnes antiterroristes des années 1970, lui par contre y identifie de véritables menaces pour toute expression libre de gauche.

    28.2.2024 von Peter Nowak - Staat präsentiert großen Fang: Daniela Klette wird als Top-Terroristin bezeichnet. Wird sie am Ende nur wegen „unpolitischer“ Taten verurteilt? Ein Kommentar.

    Man fühlte sich in die BRD der 1980er-Jahre und frühen 1990er-Jahre zurückversetzt, als an allen Bahnhöfen Fahndungsplakate von tatsächlichen oder vermeintlichen Mitgliedern der Roten Armee Fraktion (RAF) zu sehen waren.

    Senatorin lobt Hartnäckigkeit der Ermittler gegen aufgelöste RAF

    Dort war auch ein Foto von Daniela Klette abgebildet. Am Dienstag ist sie in Berlin verhaftet worden, was für die Berliner Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz, Felor Badenberg gleich Anlass einer kurzen Pressemeldung war, in der auch der politische Charakter deutlich wurde:

    Die Festnahme zeigt, dass sich der lange Atem der Ermittlungsbehörden auszahlt. Ihnen gilt mein Dank und meine Anerkennung, dass sie bei der Suche nach extremistischen Gewalttätern immer wieder beharrlich bleiben. Es war entscheidend, den Verfolgungsdruck aufrecht zu erhalten, um die Bevölkerung vor weiteren schweren Taten zu schützen.
    Aus der Pressemeldung der Berliner Senatsbehörde Justiz und Verbraucherschutz

    Abgesehen davon, dass Straftaten, die Klette im letzten Vierteljahrhundert begangen haben soll, gar nicht mehr politisch motiviert waren, sondern gegebenenfalls wohl nur noch zur Finanzierung des Lebensunterhalts im Untergrund dienten, ist der Verweis auf den langen Atem der Ermittlungsbehörden durchaus auch als Drohung zu verstehen.
    Lesen Sie auch:

    Sie vergessen nicht, vor allem nicht bei einer politischen Gruppe, die einmal aus einem linken gesellschaftlichen Aufbruch entstanden ist und über deren weitere Entwicklung sich die gesellschaftliche Linke über Jahrzehnte gestritten hat.
    RAF: Ein Gespenst, das der Staat nicht ruhen lässt

    Am 20. April wird es bereits 26 Jahre her sein, seit sich die RAF aufgelöst hat, was selbst die Generalbundesanwaltschaft als Fakt auf ihrer Homepage notiert hat. Trotzdem behauptet die Senatsbehörde, dass der Verfolgungsdruck aufrechterhalten wurde, „um die Bevölkerung vor weiteren schweren Taten zu schützen“.

    Hier kann man wirklich behaupten, dass die RAF hier als Gespenst herangezogen wird, die noch ein Vierteljahrhundert nach ihrer Auflösung als Gefahr für die Bevölkerung hingestellt wird.

    Vorwand RAF: Eine Warnung an heutige linke Gruppen

    Das ist durchaus auch als Drohung für aktuelle linke Gruppen, die überhaupt keinen Bezug zur RAF haben und trotzdem sofort mit der RAF in Verbindung gebracht werden.

    So erklärte laut Medienberichten der Sprecher der Berliner Gewerkschaft der Polizei, Benjamin Jendro, die Festnahme der „Topterroristin“ zeige, dass der Rechtsstaat auch nach Jahrzehnten nicht locker lasse – und dass Berlin „nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzt bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist“.

    Als wäre selbstverständlich anzunehmen, dass eine gesuchte RAF-Frau hier in der „Szene“ verkehrt hat, die im Fokus von Polizei und Verfassungsschutz steht. Hätte das in ihrem Sinn 20 Jahre „gutgehen“ können – so lange, wie sie mindestens in Berlin gewohnt haben soll?
    Beschwörung neuer RAF: Keule gegen Klimabewegung und Antifa

    Immer wieder wird von Seiten der repressiven Staatsorgane und ihnen nahe stehender Medien eine neue RAF beschworen, wenn sich Menschen jenseits von Staat und Kapital organisieren. Mal soll eine „Klima-RAF“ verhindert werden, wenn Klimabewegte über klassische Demo-Konzepte hinausgehen, mal wird „die Antifa“ zur neuen RAF stilisiert.

    Das hat durchaus Methode. Die RAF wird hier zum Synonym für größtmögliche Feindschaft zum Staat. Um die konkrete Programmatik der einst real existierenden RAF geht es da gar nicht mehr. Mit dem Hype um die Verhaftung von Klette soll dann noch mal von Seiten des Staatsapparates klargemacht werden, dass sie bei ehemaligen Staatsfeinden keine Gnade und kein Vergessen gibt. Das soll heutigen politischen Gruppen eine Lehre sein.

    Deutung der RAF-Taten: Wo fängt Terrorismus an?

    Tatsächlich hat sich bis weit in linke Kreise in Bezug auf die RAF der Begriff Terrorismus durchgesetzt – in den 1970er-Jahren waren selbst Linksliberale nicht bereit, diesen Begriff zu verwenden, nicht aus Sympathie mit der RAF, aber aus der Ablehnung vor dem Staatsapparat einen Kotau zu machen. Der Begriff hat sich heute aber weitgehend durchgesetzt.

    Mit der Verhaftung von Klette wird noch einmal verdeutlicht: Der deutsche Staatsapparat besiegt weiterhin einen Gegner, der sich längst aufgelöst hat. Damit soll auch klargestellt werden, dass die Staatsapparate gegen ihre tatsächlichen oder vermeintlichen Feinde aus linken, rechten oder islamistischen Milieus vorgehen, um der Totalitarismustheorie die Ehre zu geben.

    XY ungelöst: Schmückt sich die Sendung mit fremden Federn?

    Auch die ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“, die erst kürzlich wieder die noch gesuchten Ex-RAF-Mitglieder thematisierte, will sich die Verhaftung von Klette als Erfolg anrechnen lassen, obwohl laut Polizei die Observation der Frau schon Monate andauerte, als die Folge ausgestrahlt wurde.

    Erst im Februar wurde in der Sendung die Fahndung nach Klette und den beiden noch gesuchten ehemaligen RAF-Mitgliedern Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub reaktiviert – was angeblich zu mehr als 160 Hinweisen aus der Bevölkerung führte – und am 17. Februar zu einem stundenlangen Polizeieinsatz in einem Zug bei Wuppertal. Doch der dort als früheres RAF-Mitglied verdächtigte Mann war verwechselt worden.

    Auch hier fühlte man sich in die 1970er- und 1980er-Jahre zurückversetzt, als eine deutsche Volksgemeinschaft Staatsfeinde jagte. Nur: Damals haben es manche der Verwechselten nicht überlebt. Es ist keineswegs ein gutes Zeichen, dass in Zeiten angestrebter „Kriegstüchtigkeit“ und der erklärten Absicht der Herrschenden, mit Kanonen statt Butter großen Teilen der Bevölkerung die Rechnung zu präsentieren, auch die Denunziationsbereitschaft gegen vermeintliche oder tatsächliche Staatsfeinde wächst.
    Umgang mit RAF-Mitgliedern: Ein Lehrstück politischer Justiz?

    Nun stellt sich natürlich die Frage, wie es nach der Verhaftung von Daniela Klette weitergeht. Droht ein klassischer RAF-Prozess, wie es die Gefangenenhilfsorganisation Rote Hilfe in ihrer Pressemitteilung befürchtet?

    Zu erwarten ist ein politisch motivierter Gesinnungsprozess, wie sie heutzutage vielfach gegen Aktivist:innen der türkischen und kurdischen Linken sowie antifaschistische Gruppen stattfinden.

    Damit erübrigt sich für die Anklage der jeweilige Tatnachweis. Schon in früheren RAF-Prozessen wurden regelmäßig allen Mitgliedern sämtliche Taten während der Zeit ihrer Mitgliedschaft zur Last gelegt. Dies steht auch aktuell zu befürchten. Es ist die Aufgabe von Solidaritäts- und Grundrechtsorganisationen ebenso wie der gesamten Linken, sich gegen diese Gesinnungsjustiz zu stellen.
    Bundesvorstand der Roten Hilfe

    Noch ist es zu früh, darüber zu urteilen. Das hängt auch vom Verhalten der Verhafteten ab. Klette wurde schon angeraten, sie könne die Kronzeugenregelung für sich in Anspruch nehmen – was bedeuten würde: Strafnachlass gegen Aussagebereitschaft gegen sich und andere. Würde ein solches Szenario eintreten, wäre ein weiterer „Triumph“ des Staates über die schon aufgelöste RAF besiegelt.

    Widerstand gegen Verurteilung nach alter Methode ist nötig

    Doch noch ist nicht klar, wie sich die Gefangene verhält, wie sie sich verteidigt und wie ihre Anwälte agieren. Die demokratische Öffentlichkeit könnte schon jetzt fordern, dass eine Verurteilung nach der alten Methode gegen tatsächliche oder vermeintliche RAF-MItglieder heute nicht mehr erfolgt.

    Es gib keine RAF mehr, also kann auch nicht nach dem Konstrukt der Gesamt-RAF verurteilt werden. So müssen den einzelnen Angeklagten individuelle Taten nachgewiesen werden. Das kann auch im Fall von Klette schwierig werden.

    Zur Last gelegt wird ihr unter anderem Beteiligung an einem Sprengstoffanschlag im Jahr 1993, bei dem keine Menschen verletzt oder getötet wurden – was auch erkennbar nicht beabsichtigt war: Die Wachmannschaft des noch leer stehenden Gefängnisneubaus im hessischen Weiterstadt war von den bisher nicht identifizierten Tätern gefesselt und in einem Lieferwagen aus der Gefahrenzone gebracht worden, ehe die Bomben explodierten.
    Mordanschläge hörten schon Jahre vor der RAF-Auflösung auf

    Als Mordversuch interpretiert werden könnten dagegen die Schüsse auf das US-Botschaftsgebäude 1991 in Bonn – in verschiedenen Medienberichten heißt es, dort sei nur „durch einen glücklichen Zufall“ niemand getötet worden.

    Die Verteidigung dürfte da genauer hinsehen, falls Klette eine Beteiligung nachzuweisen ist, denn Tötungsdelikte verjähren nicht, im Gegensatz zur bloßen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, die gemäß der Höchststrafe von zehn Jahren nach § 129a innerhalb von 20 Jahren verjährt.

    Eine Beteiligung an vollendeten Morden wird Klette bisher nicht vorgeworfen – die RAF hatte schon mehrere Jahre vor der Auflösung 1998 aufgehört, Repräsentanten von Staat und System gezielt umzubringen.
    RAF-Geschichte kaum noch in öffentlichem Bewusstsein

    Es wird sich auch zeigen, wie ein solcher RAF-Prozess in einer gegenüber vor 30 Jahren völlig anderen politischen Umgebung stattfinden würde.

    Die RAF und ihre Aktionen sind heute vielen völlig unbekannt. Dabei gibt es den Roman „Erzählung zur Sache“ in dem die Autorin Stephanie Bart die Geschichte der RAF literarisch bearbeitet. Vielleicht ist die Verhaftung von Klette ein guter Anlass, nach diesem Buch zu greifen.

  • Ist der Golfstrom wirklich in Gefahr ?
    https://www.telepolis.de/features/Ist-der-Golfstrom-wirklich-in-Gefahr-9639633.html?seite=all


    Geografie der Atlantischen Meridionalen Umwälzzirkulation (AMOC). Grafik : NASA, gemeinfrei

    Byebye Gulfstream, bienvenu le retour des hivers quand on faisait du patin à glace sur tous lacs, étangs et bassins des fontaines de la ville ? Pas de chance, si les températures tombent à cause de l’arrêt des courants océaniques on aura du moins 30, trop froid pour s’amuser dehors. Quoi qu’il arrve il faut oeuvrer contre afin d’éviter les pires catastrophes dans l’avenir. C’est ce que nous disent les climatologues avertis.

    27.2.2024 von Jutta Blume - Neue Studie sieht Golfstrom auf dem Weg zu dramatischem Kipppunkt. Europas Wärmepumpe ist in Gefahr. Ob sie zusammenbricht, bleibt aber umstritten.

    Was zurzeit am meisten Sorge bereiten sollte, ist die rapide globale Erwärmung. Sei es, dass in den vergangenen zwölf Monaten die globalen Durchschnittstemperaturen durchweg 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau lagen, sei es, dass die Ozeane schon wieder Rekordtemperaturen aufweisen, und zwar noch deutlich höhere als im vergangenen Jahr.

    Mitten in diesem realen Klimageschehen sorgte eine, Anfang Februar im Fachjournal Science Advances veröffentlichte Studie der niederländischen Klimaforscher René M. Van Westen, Henk a. Dijkstra und Michael Kliphuis für Aufsehen. Sie kommt zu dem Schluss, dass der Nordatlantikstrom sich auf dem Weg zum Kollaps befinden könnte und als Teil davon der Golfstrom, der Wärme nach Europa transportiert.

    Würde die Atlantische Meridionale Umwälzzirkulation (AMOC), wie die Ozeanzirkulation fachsprachlich genannt wird, zum Erliegen kommen, könnte es in Europa ziemlich schlagartig kälter werden – rund 3 Grad Celsius pro Dekade und bis zu 30 Grad insgesamt.

    Bis zu 30 Grad kälter in Europa

    Gleichzeitig würde es in der südlichen Hemisphäre noch wärmer und trockener werden, was für den Amazonas-Regenwald, der sich aufgrund der Abholzung ebenfalls auf einen Kipppunkt zubewegt, keine guten Neuigkeiten wären.

    Angetrieben wird dieses gewaltige Strömungssystem vor allem durch das Gefrieren des Meerwassers im hohen Norden. Dabei sinkt kaltes Wasser in die Tiefe, das im westlichen Atlantik nach Süden strömt. Auf dem Rückweg nach Norden wird wiederum warmes Wasser transportiert, das für das vergleichsweise milde Klima in Europa sorgt.

    Gestört werden könnte die Umwälzbewegung im Ozean durch den zunehmenden Eintrag von Süßwasser von abschmelzenden grönländischen Gletschern. Damit verändern sich die Dichteverhältnisse und weniger Wasser könnte in die Tiefe absinken. Die Strömung würde sich abschwächen.
    Abschwächung oder Kipppunkt?

    Die wissenschaftliche Diskussion um AMOC dreht sich um die Fragen, ob die Zirkulation mit der Klimaerwärmung nur schwächer wird oder ob sie einen Kipppunkt erreichen kann, an dem sie ganz zum Erliegen kommt. Hinzu kommt die Frage, ob bisherige Messdaten natürliche Schwankungen abbilden oder auf einen grundsätzlichen, mit dem Klimawandel verbundenen Trend hindeuten.

    Bei letzterer stellt sich das Problem, dass die bisherige Messreihe eigentlich zu kurz ist, um längerfristige Trends auszumachen. Spezielle Messbojen, die die Strömung überwachen, wurden erst im Jahr 2004 ausgebracht. Daher behelfen sich Klimaforschende in erster Linie mit Computersimulationen.

    Im 6. Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC wird ein vollständiger Kollaps der AMOC noch in diesem Jahrhundert zwar als unwahrscheinlich beschrieben – was aber nicht bedeutet, dass er nicht doch eintreten könnte. Und im vergangenen Jahr veröffentlichten der dänischen Klimaforscher Peter Ditlevsen und die Mathematikerin Susanne Ditlevsen eine Studie, in Nature Communications der zufolge die AMOC schon zwischen 2025 und 2095 zum Erliegen kommen könnte.

    Dem Berechnungsmodell zugrunde lagen Daten zur Oberflächentemperatur des Nordatlantik zwischen 1870 und 2020. Andere Klimaforschende äußerten allerdings Zweifel an der Aussagekraft der Untersuchung und schätzten das einbezogene Datenmaterial als nicht ausreichend ein, um zu einer solchen Prognose zu kommen.
    Die große Frage ‚wann‘ bleibt unbeantwortet

    Die Studie von van Westen und Kollegen simuliert einen graduell ansteigenden Süßwassereintrag im Nordatlantik über einen Zeitraum von 2200 Jahren, wobei Klimabedingungen aus vorindustrieller Zeit als Startpunkt gesetzt werden. Das Ergebnis ist eine langsam abnehmende Strömung bis das System nach 1758 Modelljahren an einen abrupten Kipppunkt gerät.

    Als Indikator für das Bevorstehen dieses Kipppunkts machten die Forscher einen minimalen Süßwassertransport in 34 Grad südlicher Breite 25 Jahre vor dem Ereignis aus.

    „Die große Frage, wann die atlantische Zirkulation einen Kipppunkt erreichen wird, bleibt unbeantwortet. Die Beobachtungen reichen nicht weit genug zurück, um ein klares Ergebnis zu liefern“, schreiben van Westen, Dijkstra und Kliphuis allerdings in The Conservation.
    Irreversible Klimaveränderungen

    Wenn die Zirkulation jemals kollabieren würde, dann würde das zu ziemlich sicher irreversiblen Klimaveränderungen führen, betont van Westen in einer Pressemitteilung der Universität Utrecht.

    Klimaforscher:innen des Max-Planck-Instituts für Meteorologie sehen die Sachlage weit weniger dramatisch. „Es ist zwar nicht völlig ausgeschlossen, dass sich die Nordatlantikzirkulation in den nächsten paar hundert Jahre deutlich abschwächt, aber wir sehen zurzeit dafür weder in den Messdaten noch in unseren Simulationen Anzeichen“, sagt Daniela Matei, die am Max-Planck-Institut für Meteorologie die Rückkopplungen zwischen Klimawandel und Nordatlantikzirkulation erforscht.

    Das Institut kritisiert eine geringe räumliche Auflösung des in Utrecht verwendeten Modells, sowie dass neben dem Süßwassereintrag die Erderwärmung nicht in die Berechnungen eingeflossen sei.
    Zusammenbruch des Golfstroms unbedingt vermeiden

    Anders bewertet wiederum der Klimaforscher Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung die jüngst erschienene Studie. „Die neue Studie bestätigt frühere Bedenken, dass Klimamodelle die Stabilität der AMOC systematisch überschätzen“, schreibt Rahmstorf.

    Er sieht in der Veröffentlichung einen wichtigen Fortschritt auf diesem Forschungsgebiet und hebt den dahinterliegenden Rechenaufwand hervor: „Die Rechnung dauerte sechs Monate auf 1.024 Rechnerkernen in der niederländischen nationalen Supercomputing-Einrichtung, dem größten System der Niederlande für Hochleistungsrechnen.“

    Der entscheidende Punkt aber bleibt, dass ein Zusammenbruch der AMOC in jedem Fall vermieden werden muss. Das Warten auf sicherere Forschungsergebnisse könnte sich daher als fatal herausstellen. „Sobald wir ein eindeutiges Warnsignal haben, wird es angesichts der Trägheit des Systems zu spät sein, etwas dagegen zu unternehmen“, kommentiert Rahmstorf in seinem Blogeintrag.

    #climat

  • „Reihenweise Vorladungen verschickt“ : Ermittler übten offenbar Druck auf Familien der Ex-RAF-Mitglieder aus
    https://www.tagesspiegel.de/politik/reihenweise-vorladungen-verschickt-ermittler-ubten-jahrelang-druck-auf-

    Les revoilà sur nos écrans, les petis enfants et avatars des ex-nazis et leurs copains qui ne fatigaient jamais en essayant de nous gâcher la jeunesse. Là ils ont un look plus jeune et plus féminin mais ce sont les mêmes "Charaktermasken", les fonctionnaires d’un système meurtrier qui font croire aux propriétaires de pavillons de banlieue qu’il sont là pour protéger leur vie tranquille.

    Cet article souligne que le "Stastsschutz" ne cesse jamais de traquer la gauche terroriste ou juste politique. On sait par contre que les dossiers de terrorisme de droite moisissent sur les étagères de la police avant de finir en poubelle car il y a d’autres priorités.

    A chier.

    27.2.2027 von Pascal Bartosz - Bundesinnenministerin Faeser (SPD) bezeichnet die Festnahme von Daniela Klette als „großen Erfolg der Polizei- und Ermittlungsbehörden“. Wie kam es dazu?

    Kurz nach der Verhaftung des früheren RAF-Mitglieds Daniela Klette haben Fahnder am Dienstag ebenfalls in Berlin einen weiteren Verdächtigen festgenommen. Der Mann wird auch im Zusammenhang mit Aktivitäten früherer RAF-Leute gesucht.

    Es handele sich um eine Person im „gesuchten Alterssegment“ der Ex-RAF-Männer Burkhard Garweg, 55 Jahre, und Ernst-Volker Staub, 69, teilte das federführend ermittelnde Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen mit. Man kläre die Identität des Festgenommenen, da nicht sicher sei, ob sein Ausweis echt ist.

    Klette war fast 35 Jahre auf der Flucht, sie soll unbestätigten Angaben zufolge 20 Jahre unentdeckt in Berlin gelebt haben. Ein Hinweis aus dem November 2023 habe die Ermittler auf die Spur der Ex-Terroristin geführt, teilte Niedersachsens LKA-Chef Friedo de Vries mit: „Es stellte sich heraus, dass aus dem Hinweis eine echte Spur wurde.“ Auch nach der Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ vor einigen Wochen sind demnach Hinweise eingegangen, die noch ausgewertet würden.

    Klette wurde mit einem Hubschrauber von Berlin nach Bremen geflogen, von dort aus zum Amtsgericht Verden gebracht. Der 65-Jährigen wurden am Dienstag sechs Haftbefehle wegen verschiedener Überfälle verkündet. Sie sitzt nun in Untersuchungshaft. Klette bestritt den LKA-Angaben zufolge ihre Identität nicht, machte aber keine Aussagen zu den konkreten Tatvorwürfen.
    Faeser: „Niemand sollte sich im Untergrund sicher fühlen“

    Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens sprach nach der Festnahme von einem „Meilenstein“ in der deutschen Kriminalitätsgeschichte. Die SPD-Politikerin sagte, dass es sich um einen bedeutenden Tag für die Sicherheitsbehörden ganz Deutschlands handele.

    Ermittler hatten Klette am Montagabend in Berlin-Kreuzberg festgenommen. Dort lebte sie in einer Mietwohnung, in der sie sich zum Einsatzzeitpunkt allein aufhielt. In der Wohnung, die nicht von Klette angemietet worden war, fanden die Polizisten eigenen Angaben zufolge zwei Magazine für eine Pistole sowie Munition. Eine Schusswaffe sei nicht sichergestellt worden.

    Die mutmaßliche Ex-Terroristin wurde laut Staatsanwaltschaft durch Fingerabdrücke identifiziert. Klette habe in den vergangenen Jahrzehnten eine falsche Identität genutzt, hieß es, ein italienischer Pass mit anderem Namen werde derzeit untersucht.

    Die Taten, die Klette mit RAF-Bezug begangen haben soll, sind offenbar verjährt. Der Staatsanwaltschaft Verden und dem LKA Niedersachsen geht es um in den letzten fast 25 Jahren verübte Raubüberfälle, an denen sie mit den früheren RAF-Männern Garweg und Staub beteiligt gewesen sein soll.

    Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bezeichnete die Festnahme als „großen Erfolg“, der Rechtsstaat habe „langen Atem“ gezeigt: „Niemand sollte sich im Untergrund sicher fühlen.“
    Behördlicher Druck auf Familienmitglieder

    Auch auf die Familien der drei Gesuchten aus der RAF übten die Behörden offenbar Druck aus, zuletzt wurden Briefe und Computer ausgewertet. Zudem ermittelten die Fahnder intensiv in der autonomen Szene, unter mutmaßlichen Sympathisanten.

    Noch vor einer Woche hieß es in der Szene: „Da die Verfolgungsbehörden völlig ahnungslos sind, wo die drei sind, verschickt die Staatsanwaltschaft Verden derzeit reihenweise Vorladungen.“ So steht es auf Indymedia, einer unter Linken vielfach genutzten Internet-Plattform. „Die Vernehmungen laufen so: Nach kurzem Vorgeplänkel wird das Video einer Überwachungskamera gezeigt, das den versuchten Überfall auf einen Geldtransporter in Stuhr (bei Bremen) zeigt. Aus dieser Situation resultiert der Vorwurf ,versuchter Mord’.“

    Ein Trio hatte im Juni 2015 versucht, mit Maschinenpistolen bewaffnet vor einem Einkaufsmarkt in Stuhr in Niedersachsen einen Geldtransporter zu überfallen – die Waffen, so eine These der Ermittler, stammten aus RAF-Zeiten. Bei dem Überfall schossen die Täter auf den Geldtransporter.

    #Allemagne #RAF #persécution #police

  • Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette in Berlin-Kreuzberg festgenommen
    https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2024/02/raf-terroristin-daniela-klette-festnahme-berlin-kreuzberg.html


    Archivbild : Daniela Klette 1988

    No country for old women. On les aura tous. Horst Herold avait raison, mais la question était mal posée.

    https://www.youtube.com/watch?v=a7E7NLKU3VA

    27.02.2024 von Tim Korge - Über 30 Jahre auf der Flucht - Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette in Berlin-Kreuzberg festgenommen

    Die ehemalige RAF-Terroristin Daniela Klette ist in Berlin gefasst worden. Klette soll für Sprengstoffanschläge und Überfälle auf Geldtransporter verantwortlich sein und war seit mehr als 30 Jahren auf der Flucht.

    Die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette ist gefasst worden. Die 65-Jährige wurde am Montagabend in Berlin-Kreuzberg festgenommen, wie die Staatsanwaltschaft im niedersächsischen Verden am Dienstag mitteilte.

    Klette soll für Sprengstoffanschläge und Geldtransporter-Überfälle verantwortlich gewesen sein, unter anderem für einen Sprengstoffanschlag auf die JVA im hessischen Weiterstadt im Jahr 1993. Die Staatsanwaltschaft Verden und das Landeskriminalamt Niedersachsen fahndeten jahrzehntelang nach ihr und zwei Komplizen wegen versuchten Mordes im Zusammenhang mit Raubüberfällen in Deutschland.

    DPA: Festnahme geschah in der Sebastianstraße


    Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur handelt es sich beim Ort der Festnahme um ein siebengeschossiges Mietshaus in der Sebastianstraße. Am Dienstag standen uniformierte Polizisten vor dem Haus. Der Eingang war gesperrt. Kriminaltechniker waren noch vor Ort und untersuchten die betreffende Wohnung. Die Festnahme am Montagabend erfolgte vor allem durch die Polizei aus Niedersachsen, die Berliner Polizei war nur als Unterstützung dabei.

    Die Sebastianstraße verläuft in der Gegend zum Teil unmittelbar entlang der früheren Grenze zwischen West- und Ost-Berlin, wo die Mauer entlanglief. An vielen Stellen gehörte die eine Straßenseite zum Westen und die andere zum Osten der Stadt.

    Mehrere Raubüberfälle innerhalb von 17 Jahren

    Den Beschuldigten Daniela Marie Luise Klette, Ernst-Volker Staub, und Burkhard Garweg wird unter anderem versuchter Mord sowie eine Serie von schweren Raubüberfällen vorgeworfen. Die gesuchten drei ehemaligen RAF-Terroristen sind bereits in den 90er Jahren untergetaucht. DNA-Spuren brachten die Ermittler darauf, dass die drei für Raubüberfälle auf Geldtransporte und Supermärkte im Zeitraum zwischen 1999 und 2016 verantwortlich sein können.

    Tatorte waren unter anderem Wolfsburg, Cremlingen und Stuhr in Niedersachsen sowie Bochum-Wattenscheid und Essen in Nordrhein-Westfalen. Die Staatsanwaltschaft Verden geht davon aus, dass die Raubüberfälle nicht politisch motiviert waren, sondern die drei damit ihren Lebensunterhalt im Untergrund finanzieren, weshalb weitere Taten möglich seien. Insgesamt sollen sie mehr als zwei Millionen Euro erbeutet haben.
    Ein Kameramann nimmt am 28.3.1993 vor dem schwer beschädigten Verwaltungsgebäude des Gefängnisbaus in Weiterstadt bei Darmstadt ein umgestürztes Baufahrzeug auf. Am Vortag hatte ein Kommando der RAF einen Sprengstoffanschlag auf die Baustelle von Hessens modernster Justizvollzugsanstalt verübt hatte. Der Komplex wurde wieder aufgebaut und am 13.8.1997 in Betrieb genommen (Quelle: dpa / Frank Kleefeldt).


    Am 27. März 1993 hatte ein Kommando der RAF einen Sprengstoffanschlag auf die Baustelle von Hessens modernster Justizvollzugsanstalt verübt. Verletzt wurde niemand, aber die Baukosten stiegen um 90 Millionen Mark.Bild: dpa / Kleefeldt

    „Dritte Generation“ der linksextremistischen RAF

    Staub, Garweg und Klette werden zur sogenannten dritten Generation der linksextremistischen RAF gezählt. Die Terrororganisation löste sich 1998 auf. Der dritten RAF-Generation werden unter anderem die Morde an Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen im Jahr 1989 und an Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder im Jahr 1991 zur Last gelegt. Rohwedder war am 1. April 1991 in Düsseldorf in seinem Haus am Schreibtisch erschossen worden. Das RAF-Kommando hatte ihn aus einer Kleingartenlage und mehr als 60 Metern Entfernung ins Visier genommen. Es war der letzte RAF-Mordanschlag.

    Zuletzt hat die Staatsanwaltschaft Verden am 14. Februar Hinweise zu früheren Terroristen der Roten Armee Fraktion (RAF) in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ erbeten. Daraufhin gingen laut der Redaktion 250 Hinweise von Zuschauern ein. Ob einer davon zur Festnehme Klettes geführt hat, ist noch offen.

    Sendung: rbb24 Inforadio, 27.02.2024, 12 Uhr


    Jaja, Holger, der Kampf geht weiter, und so weiter. Es wäre komisch, wenn das alles nicht so tragisch wäre.

    #Allemagne #Berlin #Kreuzberg #Mitte #Sebastioanstraße #terrorisme #RAF

  • Dieter Hallervorden - Die Nazikneipe in Schweinewalde
    https://www.youtube.com/watch?v=6tpEXvWUeIw

    Vous connaissez la blague : Quand ca ça fait coin-coin comme un canard, se dandine comme un canard et nage comme un canard c’est bien un canard ..
    C’est pareil pour les fachos de province (Schweinewalde ou forêt des cochons est un homonyme ou prèsque de plusieurs villages du Brandebourg dont le nom se termine par -walde ). Si on regade bien, on les recommît facilement, même s’ils prétendent d’être des citoyens démocratiques indignés.

    #nazis #Allemagne #Brandebourg #sketch #humour #parodie

  • Axel Springers Yad2 : Immobilienanzeigen in Israels besetzten Gebieten
    https://www.martinlejeune.de/nahostkonflikt/axel-springers-yad2-immobilienanzeigen-in-israels-besetzten-gebieten

    Le philosemitisme allemand montre son véritable caractère. Son propagandiste notoire, le groupe Axel Springer, vend des biens immobiliers dans les territoires occupés de Palestine.

    Last Updated: 8. Februar 2024By Martin Lejeune

    «Vom Fluss bis zum Meer», lautet im Dezember 2023 in der Wirtschaftszeitung «TheMarker» eine Reklame, mit der das Internet-Portal Yad2 für Immobilien in völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen im Westjordanland, in Ostjerusalem und in den Golanhöhen wirbt.

    Der Yad2-Werbespruch «Vom Fluss bis zum Meer» steht in der Reklame neben eine Karte, welche die Gebiete Israels, des besetzten Palästinas, des annektierten Ostjerusalems und der annektieren Golanhöhen zeigt. Auf all den Gebieten dieser monochromen Karte zeigen Stecknadeln auf Immobilienangebote.

    Auf der Karte gibt es keine «Grüne Linie» oder andere Markierungen, welche die international anerkannten Grenzen Israels, Palästinas, Syriens und Ostjerusalems trennen oder zumindest kenntlich machen. Unter dem Slogan «Vom Fluss bis zum Meer», die das Existenzrecht der aus diesen Gebieten stammenden Palästinenser und Syrer leugnet, steht: «Yad2 hilft Ihnen, nach vorne zu schauen und eine Zukunft in Ihrem nächsten Zuhause in Israel aufzubauen.»

    Die von Yad2 veröffentlichten Immobilienangebote für Mietwohnungen, Eigentumswohnungen und Hausverkäufe in diesen Gebieten verletzen das internationale Recht.

    Die Politik Israels, seine Zivilbevölkerung in besetzten palästinensischen und syrischen Gebieten sowie in Ostjerusalem anzusiedeln und die dortige einheimische Bevölkerung zu vertreiben, verstößt gegen grundlegende Regeln des humanitären Völkerrechts. Artikel 49 der Vierten Genfer Konvention besagt: «Die Besatzungsmacht darf Teile ihrer eigenen Zivilbevölkerung nicht in das von ihr besetzte Gebiet deportieren oder überführen.»

    Als israelische Siedlung werden Städte und Dörfer in jenen israelisch besetzten Gebieten im Westjordanland, in Ostjerusalem und in den Golanhöhen bezeichnet, die außerhalb der Grünen Linie, der Waffenstillstandslinie von 1949, liegen. Dort leben fast eine Million Siedler, deren Ansiedlung die Genfer Abkommen verletzen.

    Yad2 verletzt mit den Immobilienangebote die territoriale Integrität der Arabischen Republik Syrien, zu derem Gouvernement al-Quneitra die Golanhöhen gehören. Auch vertößt Yad2 gegen den völkerrechtlichen Status Jerusalems als «corpus separatum unter internationalem Recht», der seit der Teilungsresolution der VN-Generalversammlung vom 29.11.1947 international anerkannt ist.

    In Deutschland ist die politische Kampfparole «Vom Fluss bis zum Meer» durch Bekanntmachung (veröffentlicht am 02.11.2023 im Bundesanzeiger zum GZ BAnz AT 02.11.2023 B10) vom Bundesministerium des Innern und für Heimat verboten worden (auf Deutsch oder anderen Sprachen), Az. ÖSII2 – 20106/31#2.

    Yad2 wurde 2005 gegründet, ist heute das größte Kleinanzeigen-Portal in Israel und hat laut Axel Springer SE eine Markenbekanntheit von fast 100 Prozent.

    Wem gehört Yad2?

    Am 06.05.2014 kaufte Axel Springer Digital Classifieds (ASDC), ein damaliges joint venture der Axel Springer und General Atlantic Unternehmensgruppen, für 234 Millionen US-Dollar (seinerzeit ca. 165 Millionen Euro) 100 Prozent der Coral-Tell Ltd., der Eigentümerin von Yad2.

    Heute gehört Yad2 zur AVIV Group GmbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg unter HRB 172136, mit Sitz in der Axel-Springer-Straße 65, 10888 Berlin.

    Einzige Gesellschafterin der AVIV Group GmbH ist die Axel Springer Digital Classifieds Holding GmbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg unter HRB 141303.

    Einzige Gesellschafterin der Axel Springer Digital Classifieds Holding GmbH ist die Axel Springer Digital Classifieds GmbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg unter HRB 141922.

    Einzige Gesellschafterin der Axel Springer Digital Classifieds GmbH ist die Axel Springer Digital GmbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg unter HRB 87210.

    Einzige Gesellschafterin der Axel Springer Digital GmbH ist die Axel Springer SE, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg unter HRB 154517.

    Aktionäre der Axel Springer SE sind die Axel Springer Gesellschaft für Publizistik GmbH & Co, die Friede Springer Stiftung, die MD Beteiligungsgesellschaft mbH, Mathias Döpfner, die Brilliant 310. GmbH, Axel Sven Springer, Traviata B.V. und Ariane Melanie Springer.

    Friede Springer ist Geschäftsführerin der Axel Springer Gesellschaft für Publizistik GmbH & Co, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg unter HRB 10472. Komandistin der Axel Springer Gesellschaft für Publizistik GmbH & Co ist die MD Beteiligungsgesellschaft mbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg unter HRB 220303.

    Gesellschafter der MD Beteiligungsgesellschaft mbH ist Mathias Döpfner.

    #Allemagne #Israël #Palestine #apartheid #colonialisme

  • Kriegsertüchtigung - Ampel zerlegt Sozialstaat
    https://www.jungewelt.de/artikel/469990.kriegsert%C3%BCchtigung-ampel-zerlegt-sozialstaat.html


    Lindner am Donnerstag abend bei »Maybrit Illner« : »Das Wichtigste ist, dass keine neuen Sozialausgaben dazukommen« 

    La situation est grave. La droite et les libéraux ne se gênent plus. Ils proclament : des canons ou du beurre, il faut choisir. La majorité des allemands paiera pour la guerre. So it goes.

    4.2.2024 von Raphaël Schmeller - Finanzminister Lindner will Aufrüstung mit Kürzungen finanzieren. Armutsforscher spricht von »sozialpolitischer Zeitenwende«

    Die Ampelkoalition will Deutschland kriegstüchtig machen. Und weil das ins Geld geht, führt für Finanzminister Christian Lindner kein Weg an Sozialkürzungen vorbei. Ein »mehrjähriges Moratorium bei Sozialausgaben und Subventionen« sei nötig, um mehr in die Aufrüstung investieren zu können, erklärte der FDP-Politiker am Donnerstag abend bei »Maybrit Illner«. Clemens Fuest, Präsident des kapitalnahen Ifo-Instituts und ebenfalls Gast der ZDF-Sendung, fügte zustimmend hinzu: »Kanonen und Butter – das wäre schön, wenn das ginge. Aber das ist Schlaraffenland. Das geht nicht. Sondern Kanonen ohne Butter.« Der Sozialstaat werde noch nicht abgeschafft, »aber er wird kleiner«, so ­Fuest. Auch die dritte in der Runde, die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang, sagte, Deutschland müsse mehr Geld in die Hand nehmen, um die Ukraine zu unterstützen und Europa bei der Verteidigung unabhängiger von den USA zu machen.

    In der vergangenen Woche hatte Bundeskanzler Olaf Scholz auf der Münchner Sicherheitskonferenz angedeutet, dass Kürzungen bei Renten und Sozialausgaben nötig sein könnten, um die Verteidigungsausgaben langfristig zu erhöhen. »Deutschland investiert dieses Jahr und auch in den kommenden Jahren, in den Zwanziger-, den Dreißigerjahren und darüber hinaus zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung«, so Scholz auf der Konferenz. Er fügte hinzu: »Mein Ziel ist es, dass wir nach dem Auslaufen des Sondervermögens die Ausgaben für die Bundeswehr aus dem allgemeinen Haushalt finanzieren.« Nach Berechnungen des Spiegels würde das im Jahr 2028 Ausgaben von 107,8 Milliarden Euro bedeuten. Zum Vergleich: Der aktuelle Verteidigungsetat des Bundes beträgt 51,9 Milliarden Euro. Um diese Ausgaben zu decken, müsste also an anderer Stelle gekürzt werden – an welcher, hat Lindner nun bekanntgegeben.

    Der Armutsforscher Christoph Butterwegge verurteilte die »sozialpolitische Zeitenwende« der Ampelkoalition am Freitag gegenüber jW. »Was von Christian Lindner als Moratorium erklärt wird, läuft in Wahrheit auf eine Demontage des Wohlfahrtsstaates hinaus. Denn wenn die sozialen Probleme wie bereits seit geraumer Zeit deutlich zunehmen, die Ausgaben aber nicht mehr mitwachsen dürfen, handelt es sich um reale Kürzungen in diesem Bereich«, so Butterwegge. Deutschland stehe vor der Alternative: Rüstungs- oder Sozialstaat. »Setzen sich Bum-Bum Boris Pistorius, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Anton Hofreiter und Co. mit ihren Hochrüstungsplänen durch, wird sich die schon jetzt auf einem Rekordstand befindliche Armut noch verschärfen.«

    Auch der Bundestagsabgeordnete und BSW-Generalsekretär Christian Leye kritisierte Lindners Ankündigung scharf: »Während Rüstungskonzerne Dividendenpartys feiern, sollen Menschen, die ohnehin auf dem Zahnfleisch gehen, noch mehr bluten«, erklärte er gegenüber dieser Zeitung. »Dass sich Vertreter der Regierungsparteien am Wochenende gegen rechts auf die Straße trauen, obwohl sie den Rechten die Wähler von Montag bis Freitag in die Arme treiben, grenzt an Hohn.«

    Nach einem Bericht der Financial Times vom Freitag hat weltweit kein Rüstungskonzern so stark vom »Revival der europäischen Verteidigungspolitik« profitiert wie Rheinmetall. Die Düsseldorfer rechnen bis 2026 mit einer Verdoppelung des Umsatzes auf bis zu 14 Milliarden Euro.

    #Allemagne #guerre #austérité

  • Männerstrip-Show: „Magic Mike“ am Potsdamer Platz
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/sixx-paxx-maennerstrip-show-am-potsdamer-platz-steck-ihn-schoen-tie

    23.02.2024 von Kevin Gensheimer - Unser Autor kannte Stripshows bisher nur aus Filmen. Für unsere Serie „Was tun bei schlechtem Wetter?“ hat er sich die Sixx-Paxx-Show in Berlin angesehen.

    Nur wenige Meter von mir entfernt, buchstäblich zum Greifen nah, steht er vor mir: der Popstar, den Generationen von Fans auf der ganzen Welt vergöttern. Er trägt die ikonische rote Lederjacke aus dem weltbekannten Musikvideo, das in den 1980er-Jahren bereits meinen Eltern das Fürchten lehrte. Seine Welthits schallen aus den Boxen des Clubs und er gleitet mit seinen Füßen rückwärts über den Boden, fast so, wie man es von ihm gewohnt war.

    Kurz darauf zieht sich Michael Jackson bis auf die Unterhose aus.

    Rund 100 Frauen johlen und kreischen und applaudieren dem „King of Pop“ weiter zu. Michael ist tot, und trotzdem habe ich mich wie alle anderen schnell drauf eingelassen.

    Alle kennen die Chippendales, das ist diese amerikanische Tänzergruppe, deren Mitglieder außer schwarzen Fliegen um den Hals wenig tragen. Ich kannte diese Muskel-Männer bislang nur aus dem Fernsehen und aus Erzählungen über wilde Jungeselinnenabschiede. Seit dem Film „Magic Mike“ aus dem Jahr 2012 ist das Phänomen männlicher Stripper bekannt. Ich habe alle drei Teile von „Magic Mike“ gesehen, nur der erste lohnt sich.

    Was genau aber bei solchen Stripshows im echten Leben passiert – egal ob sich Männer oder Frauen auf der Bühne ausziehen – war mir bislang ein großes Rätsel. Mit einem guten Freund verabrede ich mich zu einer solchen Show am Potsdamer Platz, um dieser Frage nachzugehen.

    Sixx-Paxx-Show am Potsdamer Platz: Im Publikum fast nur Frauen

    Vor dem Club steht schon rauchend meine Begleitung, neben ihm eine Schlange Frauen. Einmal drin werde ich vom Chef des Ladens mit festem Händedruck begrüßt. In der Mitte des ungewöhnlich kleinen Clubs ist eine quadratische Bühne aufgebaut, die auf jeder Seite offen ist und mit Vorhängen ringsherum verhüllt werden kann. Drumherum stehen Stühle in Reihen und um Tische rum. An den Wänden befinden sich Separees. Die Show geht gleich los; der Club ist ausverkauft.

    Während ich mich unterhalte, baut ein Kellner einen Tisch für uns auf, mittig vor der Bühne, ein absoluter Premiumplatz.

    Zu meiner linken sitzt eine Frauengruppe aus Eisenach, die den Junggesellenabschied von Verena feiert. Da ich kein junges Eheglück in Gefahr bringen will, habe ich ihr hier einen anderen Namen gegeben. Sie bemerken, dass sie neben den beiden einzigen Männern im Publikum sitzen: Kreischerei. Verena und ihre Freundinnen tragen leuchtende Reifen in den Haaren, trinken Sekt und Sprudelwasser. Sie sagen, sie seien in einer Stretch-Limousine zum Stripclub gekommen.

    Plötzlich wird es dunkel, nur die Haarreifen der Frauen aus Eisenach leuchten weiter. Dann Studionebel. Im Dunkeln kann man erahnen, dass eine Handvoll Männer die Bühne betritt. Das Licht geht an und beleuchtet grell die Männer auf der Bühne. Ich werde geblendet, aber erkenne, dass sie mir alle direkt in die Augen schauen. Ist es nur Zufall?

    Sixx Paxx, so nennen sie sich, eine Gruppe von wechselnden Tänzern, die in Berlin auftreten, aber auch durch Deutschland touren mit ihrer Show. Bekannt wurden sie durch eines ihrer berühmtesten Mitglieder, Marc Terenzi, der Exmann von Sarah Connor. Tickets kosten ab 50 Euro aufwärts, anschließend können einzelne Tänzer in Separees für einen Lapdance gebucht werden.

    Schon nach wenigen Takten Musik werden die Sixx Paxx ihrem Namen gerecht: Sie reißen sich ihre schwarzen Unterhemden vom Leib. Kreischerei. Kurz darauf betritt eine Dragqueen die Bühne. Sie nennt sich „Mataina Vagina“ und stellt zu Beginn der Show die sechs Tänzer vor.

    Sie haben Künstlernamen wie Bryan McFly, Curtis Johnson oder Leon Rush. Mein Liebling ist zunächst der Stripper namens Junio Muniz, weil er ein wenig aussieht wie der junge Robert Downey jr. Mataina Vagina setzt derweil andere Prioritäten. Sie stellt ihn als „Sunnyboy, den jeder ficken will“ vor. Kreischerei.

    Die Männer schwirren aus. Sie laufen durchs Publikum und tanzen die Frauen an, denen das direkt zu gefallen scheint. Mit Gelnägeln bestückte Hände streifen über nackte Oberkörper. Einige Frauen spielen den fremden Männern am Gürtel herum, trauen sich direkt ein wenig tiefer.

    Zu meiner rechten sitzt eine blonde Frau, die mir erzählt, dass sie Kandidatin bei der aktuellen Staffel von „Der Bachelor“ war. Während Curtis Johnson auf ihrem Schoß sitzt, sie ihn streichelt, denke ich daran, dass sie vor der Show noch ihre Bedenken hatte: „Ich bin viel zu prüde hierfür!“

    Auch Verena zu meiner Linken ist beschäftigt: Für echtes Geld kann man sich falsches Geld kaufen, das man den Männern in die Hose steckt. Ihre Freundin filmt alles. Verena nimmt ein Geldbündel und steckt es dem Mann in den Hosenbund, vorne seitlich. Sie schreit und jubelt für alle hörbar: „Ich war an seinem Schwanz!“
    Ein Höhepunkt der Show: Die Dusch-Nummer

    Waren Striptease lange Zeit vor der allgemeinen Verfügbarkeit der Pornografie eines der wenigen erotischen Kulturphänomene, ziehen Stripshows heute den Reiz besonders aus ihrem Eventcharakter. Es sind große unterhaltsame Veranstaltungen mit schillernden Tänzern, die keine Scheu haben, das Publikum zu berühren. Es ist nicht ganz genau bekannt, wann der Mensch begann, sich vor anderen erotisch zu entkleiden.

    Völlig verschwitzt vom bloßen Zusehen stehen wir mit mehreren Frauen vor dem Eingang und rauchen. Die Frauen unterhalten sich. „Echt? Du hast auch keine Gebärmutter mehr?“, weht es zu mir herüber. Ein feministischer Solidaritätsmoment vorm Strippschuppen, in einer Wolke aus Parfüm und Marlboro Gold.

    Vorm glitzernden Lotus höre ich die Stimme von Mataina Vagina im Saal. Den Frauen wird offenbar noch mal ordentlich eingeheizt. Zwischendrin unterhalte ich mich mit einer jungen Frau aus der Eisenacher Jungeselinnen-Gruppe. Als Pädagogin gehört sie zum systemrelevanten Teil in unserer Gesellschaft. Der Verlobte, so erfahre ich, vergnügte sich bereits als Junggeselle ein letztes Mal – selbstverständlich auf der Reeperbahn.

    Die Zeit für Reinaldo Silvas Soloauftritt ist gekommen. Er hat ein weißes Frotteehandtuch um die Hüfte gewickelt und steht allein auf der quadratischen Bühne. Von oben prasselt Wasser auf ihn und zu Joe Cockers Fummelkracher „You Can Leave Your Hat On“ lässt er das weiße Stück Badetextil fallen, bis er nur noch in Unterhose auf der Bühne steht, genauso eng wie die von Michael Jackson am Anfang. Doch das Publikum wirkt erschöpft: Ist es nach rund zwei Stunden Striptease reizüberflutet?

    Dabei ist dieser Moment eigentlich der Höhepunkt dieser Show. Die nassen Muskeln, sein Blick, das Lied, das wirklich jeder kennt. Der Mann bietet seinen Körper stolz an, wie alle Stripper vor ihm wird auch er im letzten Moment immer ein Feigenblatt vor seinen Schritt halten.

    Rhythmisch bewegt er seinen Körper unter der Brause. Dann geht er zu einer Zuschauerin in der ersten Reihe, schaut ihr tief in die Augen. Sie zögert, erst als Reinaldo Silva mit dem Finger auf den Reißverschluss zeigt, öffnet sie zurückhaltend seinen Slip. Dann steht er nackt auf der Bühne, nur noch ein völlig durchnässtes Handtuch zwischen den Beinen. Wieder Kreischerei.

    Die anderen Sixx Paxx kommen auf die Bühne. Sie tragen Matrosenkostüme und trocknen den Boden. Matrosen also, Männer, deren einzige Frau die raue See ist. Auch sie ziehen sich viel zu schnell aus. Für feinsinnige Erotik ist die Menge an diesem Abend wohl nicht mehr zu haben.

    Ich weiß, wer du bist, wenn du anfassen willst, einfach anfassen.
    Leon Rush, Stripper

    Leon Rush geht auf mich zu und sagt mit leicht russischem Akzent: „Ich weiß, wer du bist. Wenn du anfassen willst, einfach anfassen.“ Meine Begleitung lässt sich sofort auf das Angebot ein und streift über seine Brust. Leon breitet derweil seine muskulösen Arme aus und ruft: „Jetzt kommt mal her, ihr Männer!“ Wir stehen auf und er umarmt uns beide ganz fest. Seine verschwitzten Brustmuskeln drückt er an meinen Kopf und ich spüre wie sein Schweiß meine Schläfe heruntertropft.

    Ich möchte mich noch einmal mit der „Bachelor“-Kandidatin unterhalten, aber auf ihr sitzt wieder so ein Typ und macht anzügliche Bewegungen. Er drückt ihr einen falschen Geldschein in die Hand und sagt: „Steck ihn schön tief rein!“ Zur große Schlussnummer kommen alle Männer noch mal auf die Bühne. Kreischerei. Währenddessen stellen ein paar Kellner die Tische weg. Da, wo noch vor wenigen Minuten Eiskübel mit Secco-Flaschen und Tischfeuerwerk ausgeben wurden, wird nun getanzt.

    Aus dem Theater wird ein Ladys-Club.

    Einige Stripper tanzen auf der Bühne weiter. Andere rauchen vor der Tür erst mal eine Zigarette. Wieder andere können für 50 Euro für einen Privat-Dance im Separee gebucht werden. Meine Freundinnen aus Eisenach legen zusammen. Verena freut sich.

    Vor der Tür unterhalte ich mich mit Mataina Vagina. Ich biete der Dragqueen eine Zigarette an. Wir unterhalten uns über die hohen Mietpreise in Berlin und dass sie North America Studies am Goldsmiths College in London und in Turin studiert hat. Sie redet von der Rente und von ihrem Freund und dass sie sich gerade eine Wohnung im idyllischen Chemnitz gekauft habe. Dann zeigt sie mir ihre Polster am Hintern. Mit meinem Finger drücke ich in das weiche Teil; er versinkt darin ganz langsam.

    Die Frauen auf der Tanzfläche schenken mir keine Beachtung. Zwischen den muskulösen Männern, die nun noch nahbarer erscheinen, fühle ich mich fehl am Platz. Ich hole meine Zuhälter-Jacke und werfe sie mir über. Auf dem Weg nach draußen treffe ich dann noch mal die „Bachelor“-Kandidatin. Sie umarmt mich fest und nennt mir ihren Instagram-Namen. Ich habe ihr bisher noch nicht geschrieben.

  • At the Berlin Film Festival, Tension Onscreen and Behind the Scenes - The New York Times
    https://www.nytimes.com/2024/02/15/movies/berlin-film-festival.html


    Mariette Rissenbeek and Carlo Chatrian, who have led the Berlinale Film Festival for four years, in Berlin in 2020. Credit...Lena Mucha for The New York Times

    Feb. 15, 2024 by Thomas Rogers, reporting from Berlin -

    At the Berlin Film Festival, Tension Onscreen and Behind the Scenes
    Thomas Rogers - The final edition overseen by a pair of once celebrated festival directors starts Thursday. Their successor will face financial headwinds and political hurdles.

    When Mariëtte Rissenbeek and Carlo Chatrian took over the Berlin International Film Festival in 2019, many hoped it would mark a new beginning for the festival, one of the most important in world cinema and the largest by audience numbers.

    Under its previous leadership, some argued, the event had grown bloated and unglamorous compared with competitors like Cannes and Venice. They hoped the pair would reinvigorate the Berlinale, as the festival is known, by streamlining its offerings and attracting more high-profile movies.

    Five years later, the directors are departing under a cloud of controversy, and many will be debating their legacy at this year’s edition, which begins on Thursday.

    Rissenbeek, who oversees the Berlinale’s finances, announced last March that she would be retiring after this year’s festival. And in the summer, Germany’s culture minister, Claudia Roth, said that the festival would return to the leadership of a single figure, eliminating Chatrian’s position as artistic director.

    That decision spurred pushback: Over 400 filmmakers and artists, including the directors Martin Scorsese and Claire Denis, signed an open letter in September praising Chatrian and calling his dismissal “harmful, unprofessional and immoral.” Others have argued that Chatrian’s removal was justified, and that the pair never fulfilled their early promise.

    In December, Roth announced that Tricia Tuttle, an American who has previously helmed the London Film Festival, would take over the Berlinale after this year’s edition. She will inherit a sprawling program as well as financial challenges and a perilous political backdrop.

    The behind-the-scenes turmoil will likely be a hot topic at this year’s event, which opens with a gala screening of “Small Things Like These,” a drama about the institutional abuse of women in Ireland, starring Cillian Murphy. Further films in this year’s competition include new works by the French filmmakers Olivier Assayas and Mati Diop, whose “Atlantics” won the Grand Prix at Cannes in 2019, and the Korean director Hong Sang-soo, a Berlinale mainstay.

    Other movies will feature the actors Rooney Mara, Isabelle Huppert and Adam Sandler, whose Netflix film “Spaceman” will premiere in an out-of-competition slot. Lupita Nyong’o, the Kenyan Mexican actress best known for “12 Years a Slave” and “Black Panther,” will lead the jury, and this year’s Honorary Golden Bear, the festival’s equivalent to a lifetime achievement award, will go to Scorsese.

    Yet the starry program came together under unsettled conditions, and in a recent joint interview with the outgoing directors, Chatrian chafed at questions about his departure. He said that the announcement had come as a surprise, because Roth had indicated that his contract would be extended. Maybe there had been a “misunderstanding,” he said — in any case, his focus was now on bringing attention to the films in this year’s selection.

    Under the leadership of Chatrian and Rissenbeek, the festival cut several sidebar programs and introduced a new competition called Encounters for more experimental features. But they said it had been difficult to put their stamp on the festival because of disruptions caused by the pandemic. Germany’s first lockdowns were imposed weeks after their first edition, in 2020, and ensuing events were held online, outdoors or under strict Covid protocols, requiring constant reinvention.

    “It made it much more difficult to think about a continuous line for where we want to go with the festival,” Rissenbeek said.

    She noted that the festival had also faced tough financial headwinds, including inflation and the loss of some long-term sponsors. Although Germany’s federal government recently announced a cut in financing, she said that Berlin’s local government had stepped in to fill in the gap.

    Some have also interpreted the duo’s decision to cut a program dedicated to up-and-coming German filmmakers as a lack of interest in fostering local cinema. In an email, Linda Söffker, who ran the program from 2010 until 2022, described it as a crucial “building block” for German cinema and for smaller production companies with less access to stars and money. Chatrian said the program had been cut for financial reasons and had attracted insufficient interest from industry festivalgoers.

    In an emailed statement, Roth declined to comment on her reasons for ousting Chatrian, but said that her long-term goal was to strengthen the Berlinale among the “top-level film festivals.” She added that the “the grand task of the Berlinale is to combine its artistic goals with a commercially successful cinema that also relies on stars and familiar names.”

    The Berlinale is the most political of the major film festivals, and this year’s program is once again shaped by global developments. Several films on the program deal with the war in Ukraine, including a documentary by the American director Abel Ferrara.

    The war in Gaza is creating rumblings, too.

    Some artists have complained that Germany’s overzealous implementation of a 2019 parliamentary resolution means that they face being shut out by state-funded institutions if they speak publicly against Israel’s attacks on Gaza or show solidarity with the Palestinians. This gave rise to a movement called Strike Germany that, in the name of fighting censorship, urges artists to boycott cultural events.

    Many of the movement’s followers hoped that sympathetic filmmakers would join in. But so far, only three films in a sidebar program have been withdrawn by their creators from among the Berlinale’s 239 movies.

    The Berlinale has also been at the center of an uproar over its decision to invite two lawmakers from the far-right Alternative for Germany party to Thursday’s opening gala.

    After 200 film professionals signed an open letter protesting the invitations, Rissenbeek defended the decision by emphasizing that the tickets had been distributed among lawmakers from all elected parties in Berlin’s legislature. But the festival later backpedaled and disinvited the party’s representatives, maintaining in a statement that they “hold views that are deeply contrary to the fundamental values of democracy.”

    Kristin Brinker, the Alternative for Germany leader in the Berlin legislature, said in a statement that the Berlinale had acted undemocratically by “refusing to engage in dialogue and shutting out representatives of other political views.”

    Political debates like these are among the challenges that Tuttle will face when she takes over the reins in April.

    She is a longtime film festival programmer who oversaw B.F.I. Flare, a London festival of L.G.B.T. movies, and the London Film Festival, where audience numbers nearly doubled during her tenure. Roth said that she had been selected for her “clear idea of the Berlinale’s artistic perspective, team-oriented festival management” and “contemporary sponsorship concepts.”

    Tuttle declined to be interviewed for this article, but, in a video interview, Clare Stewart, the managing director of the Rotterdam Film Festival and Tuttle’s former boss in London, described her as particularly adept at bridging the gaps between the art-house and mainstream film worlds, and noted that she had a particular understanding of L.G.B.T. cinema, which always has a strong showing at the Berlinale.

    “Tricia has an extremely broad-ranging taste,” Stewart said.

    Stewart also said that Tuttle’s experience managing a large event’s finances would prove especially useful in a festival landscape shaped by inflation and state funding cuts.

    “We’re not through the challenges of the pandemic yet,” she said, “and these really have to do with certainty around resources.” That wasn’t just true of the Berlinale, she said — “it’s worldwide.”

    #Berlin #cinéma #Berlinale

  • US-Botschaft Pariser Platz : Der Film, in dem wir leben
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/kino-streaming/berlinale-in-der-us-botschaft-der-film-in-dem-wir-leben-li.2189453

    A Berlin une réception à l’ambassade US souligne l’attachement des élites allemandes au big brother impérialiste. Il est à la fois triste et étonnant de constater que des personnes qu’on estime pour leur travail de qualité se révèlent comme des opportunistes politiques ou laquais du régime le plus meurtrier depuis celui soutenu par nos ancêtres nazis.

    21.2.2024 von Michael Maier - In der US-Botschaft wurde Nawalnys gedacht. Draußen forderten Aktivisten Freiheit für Assange. Drinnen treffen deutsche Sterne auf echte Stars.

    Die US-Botschaft hatte am Dienstagabend den roten Teppich ausgebreitet und zu einem Empfang anlässlich der Berlinale geladen. Zahlreiche mehr oder weniger prominente Gäste waren der Einladung gefolgt: Franziska Giffey kam, ganz in Rot und wurde in einem Zwischenakt von Siegfried und Joy verzaubert, allerdings nur für ein privates Video. Minu Barati-Fischer kam, mit Fliegen-Schuhen von Chanel, aber ohne Ehemann Joschka. Natalia Wörner kam ebenfalls allein. Veronica Ferres zeigte Grandezza, Fatih Akin echte Coolness. Florence Kasumba erschien auch ohne „Tatort“-Melodie respekteinflößend.

    Theo Koll vertrat die Crème des heimischen Journalismus und tat dies mit angemessener Würde. Dem ukrainischen Botschafter in Berlin, Oleksii Makeiev, fiel das Amüsement schwer, gemeinsam mit seiner Frau brachte er den Auftritt mit Anstand hinter sich. Drei Elevator Boys und andere Influencer begeisterten Töchter, deren Eltern ihnen Fotos aus der Botschaft zugespielt hatten. Dieter Hallervorden kam zunächst über den falschen Pfad ins Haus und hätte das Rampenlicht beinahe verfehlt. Er wurde nach Abgabe seines Mantels auf den roten Teppich zurückgeführt, wo er sich den Kameras stellte.

    Springer-Chef Mathias Döpfner verweigerte das obligate Foto, hastete mit fuchtelnden Armbewegungen an den Fotografen vorbei. „So sind sie, die Milliardäre“, knurrte ein Fotograf. Ganz anders Sharon Stone: Sie bewegte sich geduldig lächelnd von Pose zu Pose, hatte für jeder der Bild-Heischenden ein Lächeln oder einen tiefen Blick, je nachdem, was gefordert wurde.

    Botschafterin Amy Gutmann war aus familiären Gründen verhindert und sprach via Videoschalte von einer großen Leinwand zu den Gästen. Sie sagte: „Nur zwei Jahre, nachdem alliierte Flugzeuge als Lebensader für West-Berlin gedient hatten, wurde die Berlinale in schwierigsten Zeiten ins Leben gerufen. Für manche Menschen in ärmeren Gegenden schien ein Filmfestival das Letzte zu sein, was die Menschen brauchten. Sie hätten nicht falscher liegen können.“ Als die Mauer Stadt und Land spaltete, sei die Berlinale hartnäckig geblieben und habe den Blick der Filmwelt auf einen Ort gerichtet, wo auf der großen Leinwand ein die Geschichte prägender Konflikt der Ideen tobte.

    Die Berlinale habe schon immer eine ganz besondere deutsch-amerikanische Verbindung. Nicht nur, weil die Berlinale in den Anfangsjahren des Festivals eine Marshallplan-Initiative und die Unterstützung US-amerikanischer Filmstudios war: „Die deutsch-amerikanische Kinoverbindung reicht über ein Jahrhundert zurück. Es begann mit den Einwanderern, die die großen Filmstudios gründeten: MGM, Paramount und Universal. Es begann mit Menschen – viele davon Juden –, die in den 1930er-Jahren aus Nazi-Deutschland flohen. Diese Künstler wurden anderswo nicht immer mit offenen Armen empfangen. Die Staats- und Regierungschefs vieler Länder – darunter auch Diplomaten des US-Außenministeriums – widersetzten sich der Aufnahme jüdischer Flüchtlinge in den Vereinigten Staaten.“

    Gutmann lobte den Kampf gegen rechts als Ausdruck besonderer Zivilcourage, erinnerte an den russischen Angriff auf die Ukraine und den im Strafgefängnis verstorbenen politischen Aktivisten Alexej Nawalny: Er habe den unerschütterlichen Glauben daran gehabt, dass das Recht am Ende siegen werde, sagte Gutmann.

    Vor der US-Botschaft forderten Aktivisten vor dem Brandenburger Tor die Freilassung von Julian Assange. Auch spätabends kamen noch Aktivisten. Sie standen mit gesenktem Kopf vor der Botschaft, Gespräche mit gedämpfter Stimme. Aus einem Zelt leuchtete in der Nacht ein Foto des Wikileaks-Gründers, dessen Schicksal sich an diesem Abend zu entscheiden begann. Im Hintergrund der Fernsehturm, weit weg im Osten.

    #Berlin #Berlinale #USA #Pariser_Platz

  • Long-Lost Letters Bring Word, at Last - The New York Times
    https://www.nytimes.com/2023/03/09/arts/prize-papers.html

    By Bryn Stole

    Bryn Stole reported from London, Berlin and Oldenburg, Germany.

    March 9, 2023

    In a love letter from 1745 decorated with a doodle of a heart shot through with arrows, María Clara de Aialde wrote to her husband, Sebastian, a Spanish sailor working in the colonial trade with Venezuela, that she could “no longer wait” to be with him.

    Later that same year, an amorous French seaman who signed his name M. Lefevre wrote from a French warship to a certain Marie-Anne Hoteé back in Brest: “Like a gunner sets fire to his cannon, I want to set fire to your powder.”

    The Decline of the Civil War Re-enactor — Bunk
    https://www.bunkhistory.org/resources/the-decline-of-the-civil-war-re-enactor

    The 155th anniversary Gettysburg re-enactment was a snapshot of a hobby with dwindling ranks.
    by Bryn Stole via New York Times on July 28, 2018

    Berlin aquarium explosion: German pundits see a ripe metaphor in the collapse of this gigantic structure.
    https://slate.com/news-and-politics/2022/12/berlin-aquarium-explosion-germany.html

    Letzte Generation: The German activists who keep gluing themselves to highways and buildings are up to something bigger.
    https://slate.com/news-and-politics/2023/02/letzte-generation-last-generation-germany-climate-gluers.html

    Sleeper car trains: The hottest trend in travel is a throwback.
    https://slate.com/business/2023/08/sleeper-car-trains-trend-travel.html

    Bryn Stole on X: ““Europe can’t stay united without the United States,” Biden said in a speech to the Senate in 1995 during the crisis in Bosnia. “There is no moral center in Europe.” https://t.co/fpWjoNXg8v” / X
    https://twitter.com/brynstole/status/1757329836375183850

    “Europe can’t stay united without the United States,” Biden said in a speech to the Senate in 1995 during the crisis in Bosnia. “There is no moral center in Europe.”

    Baltimore Sun reporter Stole departs for Fulbright opportunity - Talking Biz News
    https://talkingbiznews.com/media-moves/baltimore-sun-reporter-stole-departs-for-fulbright-opportunity

    June 24, 2022
    Posted by Mariam Ahmed
    Bryn Stole

    Bryn Stole, a reporter at The Baltimore Sun has left.

    A part of his Tweet reads, “Excited to say I’ve been offered a Fulbright grant to report from Germany starting in the fall. I’ll be reporting as a freelancer (so on the hunt for assignments, places to pitch, tips, etc.—get in touch!). I’ll be around Baltimore for most of the summer in the meantime.”

    Previously, Stole was at The Advocate for more than five years, where he worked as a metro reporter, Washington correspondent and investigative reporter. He also reported for Greenwood Commonwealth in Mississippi.

    Stole has a B.A. from Kenyon College in Gambier, Ohio.

    Letzte Generation: The German activists who keep gluing themselves to highways and buildings are up to something bigger.
    https://slate.com/news-and-politics/2023/02/letzte-generation-last-generation-germany-climate-gluers.html

    Glue-ten Tag!
    Behind the scenes with Germany’s reviled “climate-gluer” activists.
    By Bryn Stole
    Feb 03, 20235:45 AM

    Protests Against Police Shootings in the US Continue, Protestors Face Arrest
    https://thewire.in/world/protests-police-shootings-us-blockade-major-roads-arrests

    Bryn Stole and David Bailey
    World
    10/Jul/2016

    Baton Rouge/Minneapolis: Protests against the shootings of two black men by police officers shut down main arteries in a number of US cities on July 9, leading to numerous arrests, scuffles and injuries in confrontations between police and demonstrators.

    #journalisme