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  • Der schlimmste Feind
    http://www.zeno.org/Literatur/M/Tucholsky,+Kurt/Werke/1926/Der+schlimmste+Feind?hl=der+schlimmste+feind

    Für Ernst Toller

    Der schlimmste Feind, den der Arbeiter hat,
    das sind nicht die Soldaten;
    es ist auch nicht der Rat der Stadt,
    nicht Bergherrn, nicht Prälaten.
    Sein schlimmster Feind steht schlau und klein
    in seinen eignen Reihn.

    Wer etwas diskutieren kann,
    wer einmal Marx gelesen,
    der hält sich schon für einen Mann
    und für ein höheres Wesen.
    Der ragt um einen Daumen klein
    aus seinen eignen Reihn.

    Der weiß nichts mehr von Klassenkampf
    und nichts von Revolutionen;
    der hat vor Streiken allen Dampf
    und Furcht vor blauen Bohnen.
    Der will nur in den Reichstag hinein
    aus seinen eignen Reihn.

    Klopft dem noch ein Regierungsrat
    auf die Schulter: »Na, mein Lieber . . . «,
    dann vergißt er das ganze Proletariat –
    das ist das schlimmste Kaliber.
    Kein Gutsbesitzer ist so gemein
    wie der aus den eignen Reihn.

    Paßt Obacht!

    Da steht euer Feind,
    der euch hundertmal verraten.
    Den Bonzen loben gern vereint
    Nationale und Demokraten.
    Freiheit? Erlösung? Gute Nacht.
    Ihr seid um die Frucht eures Leidens gebracht.
    Das macht: Ihr konntet euch nicht befrein
    von dem Feind aus den eignen Reihn.

    · Theobald Tiger
    Die Weltbühne, 28.12.1926, Nr. 52, S. 998, wieder in: Mona Lisa.

    #mouvement_ouvrier #fonctionnaires #parlamentarisme #lutte_des_classes #poésie #chanson #Allemagne #histoire #social-démocrates #communistes

  • Die Ackerstraße als Loch
    http://www.zeno.org/Literatur/M/Tucholsky,+Kurt/Werke/1931/Zur+soziologischen+Psychologie+der+L%C3%B6cher Meyers Hof


    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Meyers_Hof

    Das Loch ist der Grundpfeiler dieser Gesellschaftsordnung, und so ist sie auch. Die Arbeiter wohnen in einem finstern, stecken immer eins zurück, und wenn sie aufmucken, zeigt man ihnen, wo der Zimmermann es gelassen hat, sie werden hineingesteckt, und zum Schluß überblicken sie die Reihe dieser Löcher und pfeifen auf dem letzten. In der Ackerstraße ist Geburt Fluch; warum sind diese Kinder auch grade aus diesem gekommen? Ein paar Löcher weiter, und das Assessorexamen wäre ihnen sicher gewesen.
    ...
    Manche Gegenstände werden durch ein einziges Löchlein entwertet; weil an einer Stelle von ihnen etwas nicht ist, gilt nun das ganze übrige nichts mehr. Beispiele: ein Fahrschein, eine Jungfrau und ein Luftballon.

    Aus: Kaspar Hauser, Zur soziologischen Psychologie der Löcher, Die Weltbühne, 17.03.1931, Nr. 11, S. 389, in: Lerne Lachen.

    Quelle: Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 9, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 152-154.
    Permalink:
    http://www.zeno.org/nid/20005819199

    Bernauer Straße (Abschnitt Mietshäuser und Meyers Hof)
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Bernauer_Stra%C3%9Fe#Mietsh%C3%A4user_und_Meyers_Hof

    Entlang der Bernauer Straße wurden eine Reihe gründerzeitlicher Wohnhäuser errichtet. Direkt hinter dem Lazarus-Krankenhaus entstand ab den 1870er Jahren eine der bekanntesten Berliner Mietskasernen, der sogenannte Meyers Hof, ein hochverdichteter Wohn- und Arbeitskomplex mit 257 Wohnungen und 13 Gewerbebetrieben mit Eingang an der Ackerstraße. Bis zu 2000 Menschen lebten in dem fünfgeschossigen Bau mit sechs Hinterhöfen. Meyers Hof gilt als extremes Beispiel für die damals mitunter sehr engen und einfachen Lebensumstände des Proletariats rund um die Bernauer Straße und in ganz Berlin.

    1904: Kindermord in der Ackerstaße
    https://www.berlin-chronik.de/3995

    Die Ackerstraße im Wedding (heute: Gesundbrunnen) war Anfang des vergangenen Jahrhunderts eine berühmte und berüchtigte Gegend. Vor allem arme Arbeiter, Tagelöhner, Arbeitslose und Prostituierte wohnten in den Mietskasernen, die bis zu sechs Hinterhöfe hatten. Oft mussten ganz Familien in einem Zimmer leben, Wasser und Toiletten gab es oft nur auf dem Hof. In einem dieser Häuser wohnte auch die 8‑jährige Lucie Berlin mit ihren Geschwistern. Ihre Eltern lebten davon, in der Stube Zigarren zusammenzurollen.

    Am 9. Juni 1904 verschwand das Mädchen im Treppenhaus spurlos. Zwei Tage später fanden Fischer in der Spree den Rumpf des Mädchens. Bei der Befragung der Nachbarn kam schnell Theodor Berger, der vorbestrafte Zuhälter einer Frau ins Visier der Polizei, der gesehen wurde, wie er mit einem Mädchen an der Hand das Haus verlassen hatte. Die Frau wohnte im gleichen Haus, wie die Familie.

    In den folgenden Tagen fanden sich auch der Kopf und die restlichen Körperteile des Mädchens in der Spree. Der verdächtige Mann machte mehrmals sich widersprechende Aussagen, zahlreiche Indizien sprachen für ihn als Mörder. In der Presse, die jeden Schritt der Polizei sowie den Prozess teilweise seitenweise dokumentierte, wurden Forderungen nach der Todesstrafe gestellt. Am 23. Dezember 1904 wurde Berger wegen Vergewaltigung und Totschlags zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt.

    Lucie Berlin wurde auf dem St. Elisabeth-Friedhof beerdigt, ebenfalls in der Ackerstraße, nicht weit entfernt von ihrer Wohnung. Der Trauerzug mit offenem Leichenwagen und einer voranschreitenden Musikkapelle zog vom Gerichtsmedizinischen Institut in der Hannoverschen Straße zum Friedhof, rund 1.000 Menschen nahmen daran teil.

    Der Mordfall der kleinen Lucie ist nicht nur bemerkenswert, weil er viele Menschen und Medien in Berlin sehr beschäftigte. Im Prozess wurde auch das erste Mal in einem Kriminalfall in Berlin die Bestimmung von gefundenem Blut berücksichtigt. Zwar konnte noch nicht die Blutgruppe bestimmt werden, aber es wurde festgestellt, dass es sich um menschliches Blut handelt. Der Täter hatte behauptet, es wäre Blut von einem Tier.

    #Berlin #Mitte #Wedding #Ackerstraße

  • Bei uns in Europa
    http://www.zeno.org/Literatur/M/Tucholsky,+Kurt/Werke/1927/Bei+uns+in+Europa

    Il y a 97 ans déjà notre Kurt préféré nous a pondu un petit poème plein d’anti-américanisme et de bon sens. Les choses n’ont pas vraiment changé depuis sinon pour le pire .

    Ihr schickt uns aus dem Lande von Ford
    einen ziemlich miesen Menschenexport:
    überschwemmt sind Paris und Griechenland
    von euerm mäßigen Mittelstand.

    Diese Reisenden, laut und prahlerisch,
    legen geistig die Füße auf den Tisch,
    fallen lästig an allen Orten;
    und jeder zweite Satz beginnt mit den Worten:
    »Bei uns in Amerika . . . «

    Bei euch in Amerika gibts zweierlei Rechte
    (für Arme und Reiche) – gibt es Gute und Schlechte;
    gibt es solche und solche: Lewis und Mencken,
    und Dollardiener, die in Dollars denken.
    Bei euch in Amerika gibt es Republikaner
    und richtende blutige Puritaner.
    Ihr habt Kraft, Jugend und Silberlinge –
    aber ihr seid nicht das Maß aller Dinge,
    bei euch in Amerika.

    Bei uns in Europa ist das Weib
    keine Haremsfrau ohne Unterleib –
    bei uns in Europa ist die schwarze Haut
    kein Aussatz, dem man Extra-Bahnwagen baut;
    bei uns in Europa kann wer ohne Geld sein
    und dennoch, dennoch auf der Welt sein –
    bei uns in Europa kann man bestehn,
    ohne in die Sonntags-Schule zu gehn,
    weil fast keiner so am Altare steht:
    eine plärrende nüchterne Realität –
    wie bei euch in Amerika.

    Das wissen natürlich bei euch die Guten
    ganz genau. Der Rest hat von Blasen und Tuten
    keine Ahnung. Hört nur den Schmeichelchor
    seiner news-papers; kommt sich so erstklassig vor . . .
    Hör nicht hin, Arbeitsmann. Laß sie ziehn,
    die Eitelkeiten der Bourgeoisien.
    Pässe, Fahnen und Paraden
    das sind lächerliche Zementfassaden . . .
    Denn die wahre Grenze, zwischen Drohnen und Fronen,
    läuft quer hindurch durch alle Nationen –
    bei euch in Amerika.
    Wie bei uns in Europa.

    Theobald Tiger, Die Weltbühne, 04.10.1927, Nr. 40, S. 530, wieder in: Deutschland, Deutschland.

    Quelle :
    Kurt Tucholsky : Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 5, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 335-336.
    Permalink :
    http://www.zeno.org/nid/2000581393X

  • TV-Kritik : Ein intelligenter ’Tatort’ ohne Mord
    https://www.abendzeitung-muenchen.de/tv/tv-kritik-ein-intelligenter-tatort-ohne-mord-art-673976


    "Tatort : Ein paar Worte nach Mitternacht" : Nina Rubin (Meret Becker) und Robert Karow (Mark Waschke) finden Klaus Keller (Rolf Becker) an seinem 90. Geburtstag tot auf © rbb/Stefan Erhard

    Comment tomber dans le piège antisemite par négligence. Dans cette critiqe de polar de télévison Tatort l’auteur Prechtel perpétue le mythe antisemite des juifs vindicatifs en utilisant la tournure qui évoque un « Dieu jaloux, qui punit jusqu’à la septième génération ». Passons sur l’idée absurde vielle de plusieurs millénaires, la vérification dans quelques traductions de la bible dévoile l’erreur. Il n’y est question que de trois á quatre générations . Le nombre de « 7 » ou « 1000 » qu’on rencontre dans pas mal de textes autrement bien écrits a ses origines dans la propagande antisemite de la fin du dix neuvième siècle.

    4.1.2020 von Adrian Prechtel - „Ein paar Worte nach Mitternacht“ heißt der Fall aus Berlin, in dem es um ein Brüderpaar geht, dessen gemeinsames Verbrechen thematisiert wird.

    Auch für uns überzeugte Demokraten gibt es immer wieder aufrauende Momente, die auf gesunde Weise stutzig machen. Als die Kommissare Karow (Mark Waschke) und Rubin (Meret Becker) einen Überraschungsbesuch in einer Ostberliner Druckerei machen, um einen Tatverdächtigen aus dem Rechtsaußen-Lager zu vernehmen, treffen sie nur dessen Frau an. Und die haut ihnen einen Stakkato-Wutmonolog um die Ohren, der in wenigen, radikalen Minuten ein ganzes Ossi-Ohnmachtsgefühl zusammenfasst (eine Sternstundenszene des Drehbuchautoren Christoph Darnstädt): das Gefühl kolonisiert worden zu sein und der West-Selbstgerechtigkeit nichts entgegengesetzt zu haben.

    Berliner Tatort zum Jubiläum der Wiedervereinigung

    Der „Tatort - Ein paar Worte nach Mitternacht“ (Regie: Lena Knauss) ist am Wochenende des 30. Jahrestags der Wiedervereinigung natürlich nicht zufällig aus Berlin, wo die Trennlinie zwischen Ost und West mitten durch die Stadtgesellschaft lief.

    Aber dieser „Tatort“ schultert auch noch den ganz großen Geschichtsbogen, indem er davon ausgeht, dass die letzten Zeitzeugen der NS-Zeit noch leben. Ein Brüderpaar war in der HJ und beging als 15-Jährige gemeinsam ein Verbrechen. Dann trennte sie DDR und BRD. Einer wurde als jetzt überzeugter Antifaschist hoher Stasi-Offizier (Friedhelm Ptok), ohne den Widerspruch wahrzunehmen, der andere ein erfolgreicher westdeutscher Bauunternehmer (Rolf Becker), der viel Geld und Energie in deutsch-jüdische Versöhnung und Aufklärung gegen Rechts gesteckt hat.

    Geschickt geraten wir als Zuschauer in ein Familiennetz, in dessen Maschen sich alle Generationen verfangen haben, weil die Vergangenheit und ein blutiges Familiengeheimnis niemals aufgearbeitet wurde.

    „Seid verflucht bis ins siebte Glied!“, droht das Alte Testament Frevlern und meint: Es braucht viele Generationen, um aus der Last von Schuld und Verbrechen herauszukommen, selbst wenn man sich der Geschichte und den Familiengeschichten dazu stellt.

    Angenehmerweise ist dieser „Tatort“ aber kein politisch korrekter Geschichtsbetroffenheits-Krimi geworden, sondern ein dichtes psychologisches Geflecht bundesrepublikanischer Wirklichkeit. Eine junge Antifa-Aktivistin (Victoria Schulz) ist im Hintergrund – auch erotisch - treibende Kraft. Ihr Slogan: „Kein Vergeben! Kein Vergessen!“

    Aber auch diese Haltung kann tödlich sein, auch wenn dieser intelligente „Tatort“ geschickt und überraschenderweise ohne Mord auskommt.

    Luther-Bibel 1545, Das Alte Testament, Das fünfte Buch Mose (Deuteronomium), Deuteronomium 5
    http://www.zeno.org/Literatur/M/Luther,+Martin/Luther-Bibel+1545/Das+Alte+Testament/Das+f%C3%BCnfte+Buch+Mose+(Deuteronomium)/Deuteronomium+5

    Du solt dir kein Bildnis machen einicher gleichnis / weder oben im Himel / noch vnten auff Erden / noch im Wasser vnter der Erden / Du solt sie nicht anbeten /noch jnen dienen. DEnn ich bin der HERR dein Gott / ein eiueriger Gott / Der die missethat der Veter heimsucht vber die Kinder / ins dritte vnd vierde Gliede / die mich hassen. Vnd Barmhertzigkeit erzeige in viel tausent / die mich lieben vnd meine Gebot halten.

    cf. (quelques traductions plus récentes)
    https://www.bibleserver.com/de/verse/5.Mose5,9

    trad. 2017

    9 Du sollst sie nicht anbeten noch ihnen dienen. Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich hassen,
    10 aber Barmherzigkeit erweist an vielen Tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten.

    Chez Louis Segond (1910) on découvre un problème de traduction. Chez Luther (1545 et 2017) il est question des milliers (de personnes) que dieu récompensera alors qu’il interprète la phrase (grèque ?) par mille générations . Il confirme par contre que dieu ne persécutera les enfants des infidèles que pendant quantre générations alors que le mythe antisemite agrandit le nombre à sept ou mille afin de rendre plus impressionnant l’esprit vindicatif du dieu de l’ancien testament juif.

    9 Tu ne te prosterneras point devant elles, et tu ne les serviras point ; car moi, l’Éternel, ton Dieu, je suis un Dieu jaloux, qui punis l’iniquité des pères sur les enfants jusqu’à la troisième et à la quatrième génération de ceux qui me haïssent,
    10 et qui fais miséricorde jusqu’en mille générations à ceux qui m’aiment et qui gardent mes commandements.

    Conclusion - il faut arrêter de d’employer le nombre symbolique « 7 » dans ce contexte si on n’y ajoute pas une couche explicative ou ironique.

    #Allemagne #Berlin #TV #film_policier #histoire #nazis #DDR #BRD #RFA #antisemitisme

  • You went with me ... Erich Mühsam
    http://www.zeno.org/Literatur/M/M%C3%BChsam,+Erich/Lyrik+und+Prosa/Sammlung+1898-1928/Erster+Teil%3A+Verse/Weltschmerz+und+Liebe/Du+gingst+mit+mir+...

    You went with me. The low sky threatened
    and crept crouched closer from all sides.

    A rock hound lay by the path, a scout
    With flat belly and paw thrust forward.

    Dulled stars stared wet and lazy
    and coughed from age-sick lungs.

    Ill-lit from a tattered cloud mouth
    The moon hung yellow, the sky’s horny tongue ...

    You went with me. The sea gurgled in the distance.
    Signs of fire slipped from the hem of the world.

    We felt the damp night air creeping around us
    and trudged away from the fear of life,

    intent on our last courage of existence,
    that it might conquer the pale grey of the haunting. -

    But before us a tree darkened the night,
    That swayed its tops very precariously.

    #poésie

  • Über die allmähliche Verfertigung
    der Gedanken beim Reden
    Heinrich von Kleist an R[ühle] v. L[ilienstern]
    http://www.zeno.org/Literatur/M/Kleist,+Heinrich+von/%C3%84sthetische,+philosophische+und+politische+Schriften/%C3%9Cber+die+allm%C3%A4hliche+Verfertigung+der+Gedanken+beim+Reden?hl=kleist+

    A propos de la relation de la pensée et du discours public, avec des références à Honoré-Gabriel Riqueti de Mirabeau et Jean de La Fontaine

    Wenn du etwas wissen willst und es durch Meditation nicht finden kannst, so rate ich dir, mein lieber, sinnreicher Freund, mit dem nächsten Bekannten, der dir aufstößt, darüber zu sprechen. Es braucht nicht eben ein scharfdenkender Kopf zu sein, auch meine ich es nicht so, als ob du ihn darum befragen solltest: nein! Vielmehr sollst du es ihm selber allererst erzählen. Ich sehe dich zwar große Augen machen, und mir antworten, man habe dir in frühern Jahren den Rat gegeben, von nichts zu sprechen, als nur von Dingen, die du bereits verstehst. Damals aber sprachst du wahrscheinlich mit dem Vorwitz, andere, ich will, daß du aus der verständigen Absicht sprechest, dich zu belehren, und so könnten, für verschiedene Fälle verschieden, beide Klugheitsregeln vielleicht gut nebeneinander bestehen. Der Franzose sagt, l’appétit vient en mangeant, und dieser Erfahrungssatz bleibt wahr, wenn man ihn parodiert, und sagt, l’idée vient en parlant. Oft sitze ich an meinem Geschäftstisch über den Akten, und erforsche, in einer verwickelten Streitsache, den Gesichtspunkt, aus welchem sie wohl zu beurteilen sein möchte. Ich pflege dann gewöhnlich ins Licht zu sehen, als in den hellsten Punkt, bei dem Bestreben, in welchem mein innerstes Wesen begriffen ist, sich aufzuklären. Oder ich suche, wenn mir eine algebraische Aufgabe vorkommt, den ersten Ansatz, die Gleichung, die die gegebenen Verhältnisse ausdrückt, und aus welcher sich die Auflösung nachher durch Rechnung leicht ergibt. Und siehe da, wenn ich mit meiner Schwester davon rede, welche hinter mir sitzt, und arbeitet, so erfahre ich, was ich durch ein vielleicht stundenlanges Brüten nicht herausgebracht haben würde. Nicht, als ob sie es mir, im eigentlichen Sinne sagte; denn sie kennt weder das Gesetzbuch, noch hat sie den Euler, oder den Kästner studiert. Auch nicht, als ob sie mich durch geschickte Fragen auf den Punkt hinführte, auf[453] welchen es ankommt, wenn schon dies letzte häufig der Fall sein mag. Aber weil ich doch irgendeine dunkle Vorstellung habe, die mit dem, was ich suche, von fern her in einiger Verbindung steht, so prägt, wenn ich nur dreist damit den Anfang mache, das Gemüt, während die Rede fortschreitet, in der Notwendigkeit, dem Anfang nun auch ein Ende zu finden, jene verworrene Vorstellung zur völligen Deutlichkeit aus, dergestalt, daß die Erkenntnis, zu meinem Erstaunen, mit der Periode fertig ist. Ich mische unartikulierte Töne ein, ziehe die Verbindungswörter in die Länge, gebrauche auch wohl eine Apposition, wo sie nicht nötig wäre, und bediene mich anderer, die Rede ausdehnender, Kunstgriffe, zur Fabrikation meiner Idee auf der Werkstätte der Vernunft, die gehörige Zeit zu gewinnen. Dabei ist mir nichts heilsamer, als eine Bewegung meiner Schwester, als ob sie mich unterbrechen wollte; denn mein ohnehin schon angestrengtes Gemüt wird durch diesen Versuch von außen, ihm die Rede, in deren Besitz es sich befindet, zu entreißen, nur noch mehr erregt, und in seiner Fähigkeit, wie ein großer General, wenn die Umstände drängen, noch um einen Grad höher gespannt. In diesem Sinne begreife ich, von welchem Nutzen Molière seine Magd sein konnte; denn wenn er derselben, wie er vorgibt, ein Urteil zutraute, das das seinige berichten konnte, so ist dies eine Bescheidenheit, an deren Dasein in seiner Brust ich nicht glaube. Es liegt ein sonderbarer Quell der Begeisterung für denjenigen, der spricht, in einem menschlichen Antlitz, das ihm gegenübersteht; und ein Blick, der uns einen halbausgedrückten Gedanken schon als begriffen ankündigt, schenkt uns oft den Ausdruck für die ganze andere Hälfte desselben. Ich glaube, daß mancher große Redner, in dem Augenblick, da er den Mund aufmachte, noch nicht wußte, was er sagen würde. Aber die Überzeugung, daß er die ihm nötige Gedankenfülle schon aus den Umständen, und der daraus resultierenden Erregung seines Gemüts schöpfen würde, machte ihn dreist genug, den Anfang, auf gutes Glück hin, zu setzen.

    Mir fällt jener »Donnerkeil« des Mirabeau ein, mit welchem er den Zeremonienmeister abfertigte, der nach Aufhebung der letzten monarchischen Sitzung des Königs am 23. Juni, in welcher dieser den Ständen auseinanderzugehen anbefohlen hatte, in den Sitzungssaal, in welchem die Stände noch verweilten, zurückkehrte, und sie befragte, ob sie den Befehl des Königs vernommen hätten? »Ja«, antwortete Mirabeau, »wir haben des Königs Befehl vernommen« – ich bin gewiß, daß er bei diesem humanen Anfang, noch nicht an die Bajonette dachte, mit welchen er schloß: »ja, mein Herr«, wiederholte er, »wir haben ihn vernommen« – man sieht, daß er noch gar nicht recht weiß, was er will. »Doch was berechtigt Sie« – fuhr er fort, und nun plötzlich geht ihm ein Quell ungeheurer Vorstellungen auf – »uns hier Befehle anzudeuten? Wir sind die Repräsentanten der Nation.« – Das war es was er brauchte! »Die Nation gibt Befehle und empfängt keine« – um sich gleich auf den Gipfel der Vermessenheit zu schwingen. »Und damit ich mich Ihnen ganz deutlich erkläre« – und erst jetzo findet er, was den ganzen Widerstand, zu welchem seine Seele gerüstet dasteht, ausdrückt: »so sagen Sie Ihrem Könige, daß wir unsre Plätze anders nicht, als auf die Gewalt der Bajonette verlassen werden.« – Worauf er sich, selbst zufrieden, auf einen Stuhl niedersetzte. – Wenn man an den Zeremonienmeister denkt, so kann man sich ihn bei diesem Auftritt nicht anders, als in einem völligen Geistesbankrott vorstellen; nach einem ähnlichen Gesetz, nach welchem in einem Körper, der von dem elektrischen Zustand Null ist, wenn er in eines elektrisierten Körpers Atmosphäre kommt, plötzlich die entgegengesetzte Elektrizität erweckt wird. Und wie in dem elektrisierten dadurch, nach einer Wechselwirkung, der ihm inwohnende Elektrizitätsgrad wieder verstärkt wird, so ging unseres Redners Mut, bei der Vernichtung seines Gegners, zur verwegensten Begeisterung über.

    Vielleicht, daß es auf diese Art zuletzt das Zucken einer Oberlippe war, oder ein zweideutiges Spiel an der Manschette, was in Frankreich den Umsturz der Ordnung der Dinge bewirkte. Man liest, daß Mirabeau, sobald der Zeremonienmeister sich entfernt hatte, aufstand, und[455] vorschlug: 1) sich sogleich als Nationalversammlung, und 2) als unverletzlich, zu konstituieren. Denn dadurch, daß er sich, einer Kleistischen Flasche gleich, entladen hatte, war er nun wieder neutral geworden, und gab, von der Verwegenheit zurückgekehrt, plötzlich der Furcht vor dem Chatelet, und der Vorsicht, Raum. – Dies ist eine merkwürdige Übereinstimmung zwischen den Erscheinungen der physischen und moralischen Welt, welche sich, wenn man sie verfolgen wollte, auch noch in den Nebenumständen bewähren würde. Doch ich verlasse mein Gleichnis, und kehre zur Sache zurück. Auch Lafontaine gibt, in seiner Fabel: Les animaux malades de la peste, wo der Fuchs dem Löwen eine Apologie zu halten gezwungen ist, ohne zu wissen, wo er den Stoff dazu hernehmen soll, ein merkwürdiges Beispiel von einer allmählichen Verfertigung des Gedankens aus einem in der Not hingesetzten Anfang. Man kennt diese Fabel. Die Pest herrscht im Tierreich, der Löwe versammelt die Großen desselben, und eröffnet ihnen, daß dem Himmel, wenn er besänftigt werden solle, ein Opfer fallen müsse. Viele Sünder seien im Volke, der Tod des größesten müsse die übrigen vom Untergang retten. Sie möchten ihm daher ihre Vergehungen aufrichtig bekennen. Er, für sein Teil gestehe, daß er, im Drange des Hungers, manchem Schafe den Garaus gemacht; auch dem Hunde, wenn er ihm zu nahe gekommen; ja, es sei ihm in leckerhaften Augenblicken zugestoßen, daß er den Schäfer gefressen. Wenn niemand sich größerer Schwachheiten schuldig gemacht habe, so sei er bereit zu sterben. »Sire«, sagt der Fuchs, der das Ungewitter von sich ableiten will, »Sie sind zu großmütig. Ihr edler Eifer führt Sie zu weit. Was ist es, ein Schaf erwürgen? Oder einen Hund, diese nichtswürdige Bestie?« Und: »quant au berger«, fährt er fort, denn dies ist der Hauptpunkt: »on peut dire«, obschon er noch nicht weiß was? »qu’il méritoit tout mal«, auf gut Glück; und somit ist er verwickelt; »étant«, eine schlechte Phrase, die ihm aber Zeit verschafft: »de ces genslà«, und nun erst findet er den Gedanken, der ihn aus der Not reißt: »qui sur les animaux se font un chimérique empire.« –[456] Und jetzt beweist er, daß der Esel, der blutdürstige! (der alle Kräuter auffrißt) das zweckmäßigste Opfer sei, worauf alle über ihn herfallen, und ihn zerreißen. – Ein solches Reden ist ein wahrhaftes lautes Denken. Die Reihen der Vorstellungen und ihrer Bezeichnungen gehen nebeneinander fort, und die Gemütsakten für eins und das andere, kongruieren. Die Sprache ist alsdann keine Fessel, etwa wie ein Hemmschuh an dem Rade des Geistes, sondern wie ein zweites, mit ihm parallel fortlaufendes, Rad an seiner Achse. Etwas ganz anderes ist es wenn der Geist schon, vor aller Rede, mit dem Gedanken fertig ist. Denn dann muß er bei seiner bloßen Ausdrückung zurückbleiben, und dies Geschäft, weit entfernt ihn zu erregen, hat vielmehr keine andere Wirkung, als ihn von seiner Erregung abzuspannen. Wenn daher eine Vorstellung verworren ausgedrückt wird, so folgt der Schluß noch gar nicht, daß sie auch verworren gedacht worden sei; vielmehr könnte es leicht sein, daß die verworrenst ausgedrückten grade am deutlichsten gedacht werden. Man sieht oft in einer Gesellschaft, wo durch ein lebhaftes Gespräch, eine kontinuierliche Befruchtung der Gemüter mit Ideen im Werk ist, Leute, die sich, weil sie sich der Sprache nicht mächtig fühlen, sonst in der Regel zurückgezogen halten, plötzlich mit einer zuckenden Bewegung, aufflammen, die Sprache an sich reißen und etwas Unverständliches zur Welt bringen. Ja, sie scheinen, wenn sie nun die Aufmerksamkeit aller auf sich gezogen haben, durch ein verlegnes Gebärdenspiel anzudeuten, daß sie selbst nicht mehr recht wissen, was sie haben sagen wollen. Es ist wahrscheinlich, daß diese Leute etwas recht Treffendes, und sehr deutlich, gedacht haben. Aber der plötzliche Geschäftswechsel, der Übergang ihres Geistes vom Denken zum Ausdrücken, schlug die ganze Erregung desselben, die zur Festhaltung des Gedankens notwendig, wie zum Hervorbringen erforderlich war, wieder nieder. In solchen Fällen ist es um so unerläßlicher, daß uns die Sprache mit Leichtigkeit zur Hand sei, um dasjenige, was wir gleichzeitig gedacht haben, und doch nicht gleichzeitig von uns geben können, wenigstens so[457] schnell, als möglich, aufeinander folgen zu lassen. Und überhaupt wird jeder, der, bei gleicher Deutlichkeit, geschwinder als sein Gegner spricht, einen Vorteil über ihn haben, weil er gleichsam mehr Truppen als er ins Feld führt. Wie notwendig eine gewisse Erregung des Gemüts ist, auch selbst nur, um Vorstellungen, die wir schon gehabt haben, wieder zu erzeugen, sieht man oft, wenn offene, und unterrichtete Köpfe examiniert werden, und man ihnen ohne vorhergegangene Einleitung, Fragen vorlegt, wie diese: was ist der Staat? Oder: was ist das Eigentum? Oder dergleichen. Wenn diese jungen Leute sich in einer Gesellschaft befunden hätten, wo man sich vom Staat, oder vom Eigentum, schon eine Zeitlang unterhalten hätte, so würden sie vielleicht mit Leichtigkeit durch Vergleichung, Absonderung, und Zusammenfassung der Begriffe, die Definition gefunden haben. Hier aber, wo diese Vorbereitung des Gemüts gänzlich fehlt, sieht man sie stocken, und nur ein unverständiger Examinator wird daraus schließen daß sie nicht wissen. Denn nicht wir wissen, es ist allererst ein gewisser Zustand unsrer, welcher weiß. Nur ganz gemeine Geister, Leute, die, was der Staat sei, gestern auswendig gelernt, und morgen schon wieder vergessen haben, werden hier mit der Antwort bei der Hand sein. Vielleicht gibt es überhaupt keine schlechtere Gelegenheit, sich von einer vorteilhaften Seite zu zeigen, als grade ein öffentliches Examen. Abgerechnet, daß es schon widerwärtig und das Zartgefühl verletzend ist, und daß es reizt, sich stetig zu zeigen, wenn solch ein gelehrter Roßkamm uns nach den Kenntnissen sieht, um uns, je nachdem es fünf oder sechs sind, zu kaufen oder wieder abtreten zu lassen: es ist so schwer, auf ein menschliches Gemüt zu spielen und ihm seinen eigentümlichen Laut abzulocken, es verstimmt sich so leicht unter ungeschickten Händen, daß selbst der geübteste Menschenkenner, der in der Hebeammenkunst der Gedanken, wie Kant sie nennt, auf das meisterhafteste bewandert wäre, hier noch, wegen der Unbekanntschaft mit sei nem Sechswöchner, Mißgriffe tun könnte. Was übrigens solchen jungen Leuten, auch selbst den[458] unwissendsten noch, in den meisten Fällen ein gutes Zeugnis verschafft, ist der Umstand, daß die Gemüter der Examinatoren, wenn die Prüfung öffentlich geschieht, selbst zu sehr befangen sind, um ein freies Urteil fällen zu können. Denn nicht nur fühlen sie häufig die Unanständigkeit dieses ganzen Verfahrens: man würde sich schon schämen, von jemandem, daß er seine Geldbörse vor uns ausschütte, zu fordern, viel weniger, seine Seele: sondern ihr eigener Verstand muß hier eine gefährliche Musterung passieren, und sie mögen oft ihrem Gott danken, wenn sie selbst aus dem Examen gehen können, ohne sich Blößen, schmachvoller vielleicht, als der, eben von der Universität kommende, Jüngling gegeben zu haben, den sie examinierten.

    (Die Fortsetzung folgt.)

    Quelle: Heinrich von Kleist: Werke und Briefe in vier Bänden. Band3, Berlin und Weimar 1978, S. 385,460.
    Permalink: http://www.zeno.org/nid/20005169518
    Lizenz: Gemeinfrei #CC0
    Kategorien: #Deutsche_Literatur #Theoretische_Schrift

    Honoré-Gabriel Riqueti de Mirabeau
    https://fr.wikipedia.org/wiki/Honor%C3%A9-Gabriel_Riqueti_de_Mirabeau

    #Germanistik #Sprachwissenschaft #lettres #réthorique #pensée #révolution

  • French publisher arrested in London on terrorism charge
    https://www.theguardian.com/uk-news/2023/apr/18/french-publisher-arrested-london-counter-terrorism-police-ernest-moret

    Tous des Feltrinelli ... dorénavant nos idées et informations sensibles ne passeront les frontières que dans le coffre fort de notre tête (ou dans une figure de la danse des électrons composant une connexion chiffrée).

    Rien n’a changé depuis l’époque de Heinrich Heine.
    http://www.zeno.org/Literatur/M/Heine,+Heinrich/Versepen/Deutschland.+Ein+Winterm%C3%A4rchen/Caput+2

    Ihr Toren, die ihr im Koffer sucht!
    Hier werdet ihr nichts entdecken!
    Die Konterbande, die mit mir reist,
    Die hab ich im Kopfe stecken.

    Le poème de 1844 donne un sens au fait divers. Cet éditeur ne prend pas au sérieux les textes de révoltés qu’il publie. Soyons clairs, les libertés garanties par les constitutions des états bourgeois ne le sont que pour les bourgeois, les vrais, pas pour les petits bourgeois rebelles.

    18.4.2023 by Matthew Weaver - A French publisher has been arrested on terror charges in London after being questioned by UK police about participating in anti-government protests in France.

    Ernest Moret, 28, a foreign rights manager for Éditions la Fabrique, was approached by two plainclothes officers at St Pancras station on Monday evening after arriving by train from Paris to attend the London book fair.

    He was questioned for six hours and then arrested for alleged obstruction in refusing to disclose the passcodes to his phone and computer. His treatment was condemned as an attack on the right to demonstrate, amid calls for protests outside the UK embassy in Paris and the French Institute in London.

    Moret arrived at St Pancras at 7.15pm with his colleague Stella Magliani-Belkacem, the editorial director at the Paris-based publishing house, to be confronted by the two officers.

    Magliani-Belkacem told the Guardian: “When we were on the platform, two people, a woman and a guy, told us they were counter-terrorist police. They showed a paper called section 7 of the Terrorism Act of 2000 and said they had the right to ask him about demonstrations in France.”

    She added: “I’m still shaking. We are in shock about what happened.”

    She said French publishers had drafted a joint letter calling for a protest outside the British embassy in France on Tuesday evening about Moret’s treatment.

    When the officers began questioning Moret, Magliani-Belkacem called her friend Sebastian Budgen, a senior editor at Verso Books in London, at whose home she and Moret had arranged to stay.

    Budgen arranged for a lawyer to visit Moret. The lawyer called Budgen at 1am on Tuesday to confirm that Moret had been arrested over his refusal to tell police the passcodes to his confiscated phone and laptop. He was transferred to a police station in Islington, north London, where he remained in custody on Tuesday. He was later released on bail.

    Éditions la Fabrique is known for publishing radical left authors. Moret also represents the French science fiction novelist Alain Damasio and had arranged more than 40 appointments at the London book fair.

    A joint press release from Verso Books and Éditions la Fabrique condemned Moret’s treatment as “scandalous”.

    It said: “The police officers claimed that Ernest had participated in demonstrations in France as a justification for this act – a quite remarkably inappropriate statement for a British police officer to make, and which seems to clearly indicate complicity between French and British authorities on this matter.”

    It added: “We consider these actions to be outrageous and unjustifiable infringements of basic principles of the freedom of expression and an example of the abuse of anti-terrorism laws.”

    The statement said a protest was planned at the French Institute in London and called on France’s ambassador to the UK, Hélène Duchêne, to request Moret’s immediate release.

    Budgen said: “It is causing a stink at the London book fair and there’s a big stink in France as well … there’s been an increasingly repressive approach by the French government to the demonstrations, both in terms of police violence, but also in terms of a security clampdown.”

    Hundreds of thousands of people took to the streets in France last month over Emmanuel Macron’s use of constitutional executive powers to push through an unpopular increase in the pension age. The protests caused King Charles’s planned visit to France, his first overseas tour as monarch, to be postponed.

    The writers’ association Pen International said it was “deeply concerned” that Moret was detained on counter-terrorism grounds.

    Pamela Morton, senior books and magazines organiser for the National Union of Journalists, also expressed concern.

    She said it seemed “extraordinary that the British police have acted this way” in arresting a publisher on the way to the London book fair. “We will be taking this up with the police,” she added.

    A Metropolitan police spokesperson said: “At around 7.30pm on Monday 17 April, a 28-year-old man was stopped by ports officers as he arrived at St Pancras station, using powers under schedule 7 of the Terrorism Act 2000.

    “On Tuesday 18 April, the man was subsequently arrested on suspicion of wilfully obstructing a schedule 7 examination, contrary to section 18 of the Terrorism Act 2000.”

    #Royaume_Uni #France #frontières #répression #liberté_d_expression

  • Kurt Tucholsky: Faust in Paris
    http://www.zeno.org/Literatur/M/Heine,+Heinrich/Tanzpoeme/Der+Doktor+Faust?hl=faust

    Ein Brief an Emil Jannings

    Paris, den heutigen

    Lieber Emil!

    Neulich, als Du auf dem hiesigen Film-Bankett der ›Erste Mann‹ warst, während gerade der ›Letzte Mann‹ über die Boulevards lief – da war Paris heiter und hell wie gewöhnlich, und es hat mir nur leid getan, daß ich Dir nicht zeigen konnte, wie es neben den Sensationsprozessen und Modevorführungen und dem ›faabelhaften Verkehr‹ denn doch immerhin noch andere Sachen in Paris gibt. Wärst Du vier Wochen später gekommen, hätte ich Dich zum ›Faust‹ mitgenommen.

    »Gala Universitaire donné au Théâtre de l’Odéon sous le Haut Patronage de . . . « Na, diesen Zimt kennst Du ja vom Film her. Aber so eine Aufführung – die hast Du beim Film denn doch noch nicht gesehen.

    Also denk Dir: ich und der Präsident Doumergue, wir beide hatten Karten zu dieser Galavorstellung, die so ungefähr einer öffentlichen Generalprobe entsprach. Doumerguen habe ich am Abend nicht gesehen – wahrscheinlich hatte man ihm den Besuch aus Gesundheitsrücksichten verboten; wäre er dagewesen, er hätte sicherlich zwei Wochen nicht regieren können. Aber ich war da.

    Das Odéon liegt beim Jardin du Luxembourg, es ist von außen ein ganz wunderhübsches Theater. Rundherum hat es Wandelgänge mit Laternchen, und es sieht so altväterisch aus, so gemütlich, durchaus wie die ›Komische Geschichte‹ von Anatole France, die da spielt. An diesem Abend ging es dortselbst furchtbar fein zu – galonierte Männer mit weißen Zwirnshandschuhen rissen einem die Türen vom Leibe, und[133] man sah viele Universitätsfräcke, ein auf der ganzen Erde gleiches Kleidungsstück. Die Aufführung fand zugunsten einer Studentenkasse statt, die halbe Sorbonne war anwesend. (Aber ganz voll wars nicht.)

    Lieber Emil, Du hast mir oft erzählt, wie Du noch in Kalbe an der Saale als alter Moor und als Franz, die Kanaille, und als Karl Moor zugleich aufgetreten bist und wie Du in den Schlußakten bei Sudermann immer das bengalische Feuer auf einer Kohlenschippe in die Kulissen halten mußtest. Lieber Emil, erzähle mir nie wieder etwas von einer Schmiere – da kannst Du nicht mit.

    Also denke Dir einen ›Faust‹, der brav und bieder Satz für Satz ins Französische übersetzt ist; das haben zwei Herren besorgt, die heißen Forst und Robert-Dumas. Warum sie den Foohst neu übersetzt haben, da es doch hier eine immerhin gute Übersetzung gibt, weiß niemand. Aber über die Übersetzung will ich nicht rechten – das mag schwer sein. Doppelt schwer, weil, erstens, das ganze Stück uns heute nicht mehr das bedeutet, was es einmal gewesen ist, weil wir uns mit anderen Dingen herumquälen, weil es keine Ewigkeitswerte in der Literatur gibt – und, zweitens, weil Verpflanzungen von nationalen Stücken immer eine kniffliche Sache sind. Sehen Franzosen einen deutschen Molière – dann werden sie das nicht immer für Molière halten, sondern für etwas anderes. Aber auch dieses andere kann gut und schön sein. Daß unsere deutschen Theater Racine jemals so spielen wie die Comédie Française, ist nicht anzunehmen – aber sie können ihn auf ihre Art auch gut spielen. Foohst aber . . .

    Stelle Dir vor, daß das Stadttheater in Guben einen Regisseur nach Berlin entsandt hat, der dort durch die Regisseure Jeßner, Fehling, Erich Engel und alle die andern völlig verdreht wird. In seinem Kopfe geht das alles herum: Faltenvorhänge, die Treppe, Getümmel, Scheinwerferkegel und stilisierte Einfachheit . . . und so, wirr und wilden Tatendranges voll, kommt er zurück nach Guben, und was er dann da anrichten würde, das kannst Du jetzt hier in Paris sehen.

    Über die Ausstattung ist nicht viel zu sagen – sie ist nicht gut. Das wäre nun an sich kein Unglück – obgleich diese kindlichen Späßchen eines mißverstandenen Kunstgewerbes heute nicht mehr aktuell sein dürften. Aber was an Schauspielern (frei!) herumlief – lieber Emil, bitte alles ab, was Du je auf das Theater im Schützenhaus zu Wendrinchen gesagt hast.

    Faust: Ein alter Umhängebart mit Geschrei, der nicht ein Wort seiner Rolle verstand. Nachher ein süßer Schokoladenjüngling, etwa der allseits beliebte Held am Stadttheater zu Stettin. (Vor zwanzig Jahren.) Gretchen: direkt vom Maskenverleiher. So etwas von Wergpuppenhaar, von Zopf, von völlig ausdruckslosem Verseaufsagen – gab Gretchen bei euch die Frau Direktorin mit einem Schmerbauch? Es muß eine noble Leistung gewesen sein, vergleichsweise. Drum herum die Schüler, die Bürger, der[134] Wagner-Mensch, das glaubst Du nicht. Wie sie johlten und blechern schrien, wie sie umherwankten, wie sie Kappen schwenkten, die man ihnen zum Schwenken in die Hand gesteckt hatte, wie sie leere Becher leerten, hei! Guter Emil, immer kommst Du zu spät nach Paris.

    Das Publikum muß gedacht haben, die Deutschen seien doch ein recht merkwürdiges Volk. Nur bei der Schülerszene lachten sie so nett und naiv und freundlich über alle die bösen Anspielungen auf die Wissenschaften, deren Vertreter ja im Parkett saßen. Es war wie bei einer Kneipe, wo ein Gelegenheitsstück aufgeführt wird. (Das wird aber besser aufgeführt.) Und im großen und ganzen hatte ich so den Eindruck, daß die Leute es nicht wissen wollten. Es war so ein Beifall . . . kennst Du diesen Beifall –? Na, Du kennst ihn natürlich nicht – aber Du hast wohl mal von ihm gelesen.

    Na, und Mephisto? Lieber Emil, hier wird die Sache ernst. Dieser Mephisto ist ein Schauspieler, den die Franzosen recht hoch halten – es ist Herr Gémier, der jüngst in Amerika war. O wär er dort geblieben –!

    Hast Du nicht auch einmal den Mephisto gespielt? Dann weißt Du ja, daß wir in Deutschland schon viele Mephistos gehabt haben: animalische, dicke, fette, tierische, die das Gretchen nur so abschleckern möchten; feine, spanierhafte, diplomatische, die sich das Stäubchen vom Rockärmel abknipsen; singende und randalierende; bösartige und verkrochene – alle Sorten. Aber dieser hier! –

    Denke Dir einen unangenehmen, gleichgültigen, aufgeblasenen Burschen, der in sehr unzüchtigem Verhältnis zum Souffleur steht; einen, der »Ha-haha-haa –!« lacht, daß es die Bauern in Deinem Schützenhaus nur so kalt überlaufen hätte; einen, der keine Nuance bringt, keine versteht, alles verwaschen aufsagt, ein berühmter Mann – Emil! Ihr habt auch in Wittstock an der Dosse gastiert – nicht zum Zettelankleben hättet ihr den Kerl genommen!

    Ja – also das war gar nichts. Und nun mußt Du hier den Gackerlärm lesen, der sich in den Literatenzeitschriften erhebt, das Geschrei für und dagegen, die ernsthafte Verteidigung der Herren Übersetzer, die gar nicht sehen, was sie da angerichtet haben. Aber da ist ja Pierre Mac Orlan in seiner Novelle von dem modernen Faust dem Ding viel näher gekommen! Nein, guter Emil: dieses ist ein Reinfall.

    Du bist ja verständig genug, nun nicht zu sagen: »Natürlich . . . die Franzosen!« Das ist ja töricht. Schließlich ist Herr Antoine auch ein Franzose, und was der dem Theater gegeben hat, weißt Du ja. Und es gibt hundertundeine Vorstellung in Paris, die ganz reizend ist. Nur grade: Foohst – was hätte dazu der alte Goethe gesagt?

    Es gibt eine schöne Geschichte, weißt Du, von Deinem guten, alten Kaiser Wilhelm dem Ersten. Der besah sich einmal eine Vorstellung am Gendarmenmarkt, und nach der Aufführung ließ er sich den überglücklichen Autor rufen. Ja – alles sehr schön und nett, reizend, ein unterhaltsamer[135] Abend – nur, vielleicht die eine Szene da im zweiten Akt, das wäre doch wohl etwas übertrieben – aber sonst sehr, sehr nett . . . Der arme Kerl strahlt vor Glück und geht selig ins Bett. Am nächsten Morgen ist das Stück vom Spielplan abgesetzt. Er sofort auf die Intendantur – sehr kalte Schulter. Was ist? Ja? Ein Hoftheater hätte Rücksichten zu nehmen, er müsse doch begreifen . . . Aber wüßten sie denn nicht, was Majestät zu ihm gestern noch gesagt hätte . . . ? »Ja, lieber Doktor – eben deswegen! Gröber wird Majestät nie!«

    Lieber Emil, denk Dir, wir hätten in der Loge gesessen, gleich über den Sorbonne-Professoren. Wir sind feine Herren – nach dem zweiten Akt (wie ich uns kenne) wären wir herausgegangen, ganz, ganz leise, draußen wären wir auf je einem Bein zur Tür gehüpft, nun aber nichts wie raus, an die frische Luft, Hilfe! Wir hätten uns einen schönen Whisky eingefüllt chez Catherine oder im Bœuf sur le Toit oder sonstwo . . . und Du hättest herrliche Geschichten erzählt von dem Regisseur, der immer durchs Megaphon »Schau . . . schau . . . schau!« ruft und vom Schwarzen Adler zu Niederhainichen und von Berlin. Was Gémier angeht: wie sagen Deine geliebten Schlesier? »Nimm mersch oog nich iibel!« –

    Grüß alle schön, Emil: Pinkus, den Waldspecht, und Maman und Deinen wilden Hund Greif, der immer wegläuft, wenn einer in der Nähe nur den Schlucken hat, und Dich selbst

    vielmals von Deinem lieben Peter Panter

    · Peter Panter
    Vossische Zeitung, 04.06.1925.

  • Goethe, Johann Wolfgang, Faust. Der Tragödie erster Teil, Studierzimmer
    http://www.zeno.org/Literatur/M/Goethe,+Johann+Wolfgang/Dramen/Faust.+Eine+Trag%C3%B6die/Faust.+Der+Trag%C3%B6die+erster+Teil/Studierzimmer

    Le Méphistophélès de Goethe incarne les valeurs libérales qu’il présente avec ironie. Son Faust est comme un chancelier social-démocrate allemand qui discute avec son ministre libéral le pour et le contre d’une livraison de chars dans une zone de guerre peu éloignée.

    MEPHISTOPHELES tritt, indem der Nebel fällt, gekleidet wie ein fahrender Scholastikus, hinter dem Ofen hervor.

    Wozu der Lärm? was steht dem Herrn zu Diensten?

    FAUST.
    Das also war des Pudels Kern!
    Ein fahrender Skolast? Der Casus macht mich lachen.

    MEPHISTOPHELES.
    Ich salutiere den gelehrten Herrn!
    Ihr habt mich weidlich schwitzen machen.

    FAUST.
    Wie nennst du dich?

    MEPHISTOPHELES.
    Die Frage scheint mir klein
    Für einen, der das Wort so sehr verachtet,
    Der, weit entfernt von allem Schein,
    Nur in der Wesen Tiefe trachtet.

    FAUST.
    Bei euch, ihr Herrn, kann man das Wesen
    Gewöhnlich aus dem Namen lesen,
    Wo es sich allzudeutlich weist,
    Wenn man euch Fliegengott, Verderber, Lügner heißt.

    Nun gut, wer bist du denn?

    MEPHISTOPHELES.
    Ein Teil von jener Kraft,
    Die stets das Böse will und stets das Gute schafft.

    FAUST.
    Was ist mit diesem Rätselwort gemeint?

    MEPHISTOPHELES.
    Ich bin der Geist, der stets verneint!
    Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
    Ist wert, daß es zugrunde geht;
    Drum besser wär’s, daß nichts entstünde.

    So ist denn alles, was ihr Sünde,
    Zerstörung, kurz das Böse nennt,
    Mein eigentliches Element.

    FAUST.
    Du nennst dich einen Teil, und stehst doch ganz vor mir?

    MEPHISTOPHELES.
    Bescheidne Wahrheit sprech’ ich dir.
    Wenn sich der Mensch, die kleine Narrenwelt,
    Gewöhnlich für ein Ganzes hält –
    Ich bin ein Teil des Teils, der anfangs alles war,
    Ein Teil der Finsternis, die sich das Licht gebar,
    Das stolze Licht, das nun der Mutter Nacht
    Den alten Rang, den Raum ihr streitig macht,
    Und doch gelingt’s ihm nicht, da es, so viel es strebt,
    Verhaftet an den Körpern klebt.
    Von Körpern strömt’s, die Körper macht es schön,
    Ein Körper hemmt’s auf seinem Gange,
    So, hoff’ ich, dauert es nicht lange,
    Und mit den Körpern wird’s zugrunde gehn.

    FAUST.
    Nun kenn’ ich deine würd’gen Pflichten!
    Du kannst im Großen nichts vernichten
    Und fängst es nun im Kleinen an.

    MEPHISTOPHELES.
    Und freilich ist nicht viel damit getan.
    Was sich dem Nichts entgegenstellt,
    Das Etwas, diese plumpe Welt,
    So viel als ich schon unternommen,
    Ich wußte nicht ihr beizukommen,
    Mit Wellen, Stürmen, Schütteln, Brand –
    Geruhig bleibt am Ende Meer und Land!
    Und dem verdammten Zeug, der Tier- und Menschenbrut,
    Dem ist nun gar nichts anzuhaben:
    Wie viele hab’ ich schon begraben!
    Und immer zirkuliert ein neues, frisches Blut.

    So geht es fort, man möchte rasend werden!
    Der Luft, dem Wasser, wie der Erden
    Entwinden tausend Keime sich,
    Im Trocknen, Feuchten, Warmen, Kalten!
    Hätt’ ich mir nicht die Flamme vorbehalten,
    Ich hätte nichts Aparts für mich.

    FAUST.
    So setzest du der ewig regen,
    Der heilsam schaffenden Gewalt
    Die kalte Teufelsfaust entgegen,
    Die sich vergebens tückisch ballt!
    Was anders suche zu beginnen,
    Des Chaos wunderlicher Sohn!

    FAUST (1960) von Peter Gorski und Gustaf Gründgens
    https://www.moviepilot.de/news/faust-verfilmungen-1104021

    Deutschland schickt Leopard-Panzer in Ukraine, USA prüfen Lieferung von Abrams
    https://www.berliner-zeitung.de/news/bericht-usa-prueft-doch-lieferung-von-abrams-kampfpanzern-an-ukrain

    Die Entscheidung für die Freigabe und Lieferung des Leopard 2 war zäh, aber unausweichlich. Sie ist eine erlösende Nachricht für die geschundene und tapfere Ukraine. Wir Freie Demokraten sind dankbar, dass kontinuierlicher Einsatz für die Menschen in der #Ukraine erfolgreich ist. https://t.co/6txdXZ5X03
    — Marie-Agnes Strack-Zimmermann (@MAStrackZi) January 24, 2023

    ...

    Heinrich Heine - Der Doktor Faust
    http://www.zeno.org/Literatur/M/Heine,+Heinrich/Tanzpoeme/Der+Doktor+Faust?hl=faust

    Rembrandt Harmensz. van Rijn: Faust

    #histoire #théâtre #libéralisme

  • Von Grillen und Ameisen
    https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Ameise_und_die_Heuschrecke

    Es gibt zwei Arten Menschen. Die Grillen und die Ameisen. Auch Taxifahrer kann man in diese Kategorien unterscheiden.

    http://www.zeno.org/Literatur/M/La+Fontaine,+Jean+de/Versfabeln/Fabeln/Die+Grille+und+die+Ameise

    Die Grille und die Ameise

    Die Grille musizierte
    Die ganze Sommerzeit –
    Und kam in Not und Leid,
    Als nun der Nord regierte.

    Sie hatte nicht ein Stückchen
    Von Würmchen oder Mückchen,
    Und Hunger klagend ging sie hin
    Zur Ameis, ihrer Nachbarin,

    Und bat sie voller Sorgen,
    Ihr etwas Korn zu borgen.
    »Mir bangt um meine Existenz,«
    So sprach sie; »kommt der neue Lenz,
    Dann zahl ich alles dir zurück

    Und füge noch ein gutes Stück
    Als Zinsen bei.« Die Ameis leiht
    Nicht gern; sie liebt die Sparsamkeit.

    Sie sagte zu der Borgerin:
    »Wie brachtest du den Sommer hin?«
    »Ich habe Tag und Nacht
    Mit Singen mich ergötzt.«

    »Du hast Musik gemacht?
    Wie hübsch! So tanze jetzt!«

    La Cigale et la Fourmi
    https://fr.m.wikipedia.org/wiki/La_Cigale_et_la_Fourmi_(La_Fontaine)

    La Cigale, ayant chanté
    Tout l’été,
    Se trouva fort dépourvue
    Quand la bise fut venue :
    Pas un seul petit morceau
    De mouche ou de vermisseau.
    Elle alla crier famine
    Chez la Fourmi sa voisine,
    La priant de lui prêter
    Quelque grain pour subsister
    Jusqu’à la saison nouvelle.
    « Je vous paierai, lui dit-elle,
    Avant l’Oût, foi d’animal,
    Intérêt et principal. »
    La Fourmi n’est pas prêteuse :
    C’est là son moindre défaut.
    « Que faisiez-vous au temps chaud ?
    Dit-elle à cette emprunteuse.
    -- Nuit et jour à tout venant
    Je chantais, ne vous déplaise.
    -- Vous chantiez ? J’en suis fort aise.
    Eh bien ! Dansez maintenant. »

  • Moskau 1813
    http://www.zeno.org/Literatur/M/K%C3%B6rner,+Theodor/Gedichte/Leier+und+Schwert/Moskau


    Il ne faut jamais sous-estimer la Russie. Les soldats de la Grande Armée ont payé de leur vie cette erreur stratégique de Napoléon. Notre poète très patriotique Theodor Körner chantait alors la gloire du phénix russe qui renaquit des cendres de Moscou. Ainsi périrent quelques centaines de milliers d’hommes de la génération de mon père dans les cendres de Stalingrad et Koursk nourrissant le feu de réincarnation du phénix. La troisième renaissance de l’oiseau prodigieux russe suivra inéluctablement aux défaites temporaires infligés par les forces de l’OTAN. Moi, je préfère ne jamais le voir périr. Si par malchance cela m’arrivait on s’embraserait tous avec lui sans partager son espoir de renaître.

    Il faudrait un armistice immédiat suivi de négotiations de paix entre la Russie, les États Unis et l’Ukraine avec la participation des voisins européens. Nous, afin de préparer la paix, il faudrait q’on en finisse tout de suite avec les chantres de la guerre, même d’un moindre acabit que celui du géant Körner.

    Theodor Körner, Gedichte, Leier und Schwer

    Wie wölben dort sich deiner Kirchen Bogen!
    Wie schimmern der Paläste goldne Wände!
    Es schwärmt der Blick, wohin ich ihn versende,
    Von einer Pracht zur andern fortgeflogen.

    Da wälzen sich auf einmal glüh’nde Wogen:
    Es schleudern deiner Bürger eigne Hände
    Aufs eigne Dach die sprüh’nden Fackelbrände;
    Ein Feuerkreis hat prasselnd dich umzogen.

    O, laß dich nur vom Aberwitz verdammen!
    Ihr Kirchen, stürzt! Paläste, brecht zusammen!
    Der Phönix Rußlands wirft sich in die Flammen!

    Doch hochverklärt aus seinem Feuerkranze
    Wird er erstehn im frischen Jugendglanze,
    Und Sankt Georg schwingt siegend seine Lanze.

    Source : Theodor Körner : Werke, Band 1, Leipzig und Wien 1893, S. 82-83. Permalink : http://www.zeno.org/nid/2000522344X

    Oeuvres de Theoder Körner
    http://www.zeno.org/Literatur/M/K%C3%B6rner,+Theodor

    Tchaïkovski, Ouverture solennelle 1812, Herbert von Karajan, Berliner Philharmoniker
    https://www.youtube.com/watch?v=rLDPjcsdsbw

    Après sa mort en 1813 on a fait un héros national du poète guerrier Theodor Körner. Son art a motivé des millions de jeunes allemands à se sacrifier dans l’hécatombe prusse puis allemande pendant un siècle et demi. On pensait déjà en avoir fini avec cette horreur. Là, en écoutant les ministres verts et notre président social-démocrate je me rends compte que je me trompais.

    Straßenverzeichnis Berlin
    https://berlin.kauperts.de/Strassenverzeichnis/K
    La capitale allemande possède toujours quatre rues, un chemin et deux squares nommés en honneur de Theoder Körner.

    Körnerplatz Westend
    Körnerplatz Mahlsdorf
    Körnerstraße Niederschönhausen
    Körnerstraße Spandau
    Körnerstraße Steglitz
    Körnerstraße Tiergarten
    Körnerweg Französisch Buchholz

    Le récit héroïque sert à dresser les peuples les uns contre les autres. Il entre en scène quand on a besoin de jeunes gens encore assez naïfs pour se laisser induire à s’identifier avec des personnages qui n’ont rien en commun avec eux sauf l’euphorie du combat pour un idéal. Les jeunes idiots utiles sacrifient leur vie avec le soutien moral des idiots agés

    Là en Allemagne on se contente encore d’héros par procuration ukrainiens. Le fléaux nationaliste se cache pour le moment derrière la solidarité bigotte avec les combattants anti-russes.

    Pourquoi épargne-t-on nos voisins occidentaux tant détestés dans le passé ? Depuis 1945 la lutte contre l’ennemi héréditaire a changé de cap. L’ indoctrination anti-communiste par l’United States Information Agency est tombé sur une terre fertile travaillée par la propagande nazie. Leur produit commun est un peuple suffisamment conditionné pour croire la belle et tragique histoire du beau poète multimédia Navalny. Son histoire fait de lui un digne successeur du jeune Körner qui s’est lancé dans la bataille sans se soucier du danger de mort.

    La guerre se prépare par étapes. Tandis ce que le front de l’ouest est calme les héros, ces porteurs de l’espoir d’un avenir sans les méchant, sont dépèchés au front de l’est où ils rencontrent leur raison d’être sous les shrapnels russes. Bien entendu nous ne parlons pas ici des événements de guerre concrets mais des sentiments, croyances et espoirs sous jacents évoqués afin de planter l’esprit belliqueux dans les coeurs et convictions des braves gens.

    Theodor Körner (1932)
    https://www.youtube.com/watch?v=CPaTo-D6tF8

    Filmausschnitt Spielfilm Theoder Körner, Darsteller: Willi Domgraf Fassbaender, Dorothea Wieck

    Après avoir regardé ce film les jeunes en 1932 devaient haïr notre ennemi héréditaire la France et les Français.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Theodor_K%C3%B6rner_(1932)

    Preußen zur Zeit des napoleonischen Überfalls Anfang des 19. Jahrhunderts. Weite Teile des Landes sind bereits von den Franzosen besetzt worden, Der zaudernde und lavierende König Friedrich Wilhelm III. scheint politisch wie gelähmt. Unter den jungen Patrioten regt sich Widerstand, man will die Franzosen aus dem Land hinauswerfen. Zu diesen Männern zählt auch der aufstrebende Dichter und Schriftsteller Theodor Körner, Mitglied einer Leipziger Studentenverbindung. Er verfasst glühende, patriotische Schriften und Freiheitsgedichte. Nicht alle seine Kommilitonen teilen Körners Sturm-und-Drang-Denken, mit einem seiner Widersacher muss sich Körner sogar duellieren. Infolgedessen droht ihm die Verhaftung, und Körner flieht daher zu seinen Eltern nach Dresden. Ein Freund der Körner-Familie, der Diplomat Wilhelm von Humboldt, nimmt den jungen Heißsporn auf Wunsch der Eltern nach Wien mit, um Theodor aus der Schusslinie und dem Fokus der Franzosen zu ziehen. Dort kann der Nachwuchsautor am Hoftheater nicht nur seine Dramen zur Aufführung bringen, Körner lernt sogar eine junge Dame kennen, in die er sich später verliebt. Sie heißt Toni Adamsberger und ist Schauspielerin. Beide verloben sich schließlich miteinander.

    Ihr Glück währt nur kurz, denn es zieht den jungen Körner zurück nach Preußen. Er hat erfahren, dass sich daheim nun ernstzunehmender Widerstand in Gestalt von Freikorps gebildet hat. Diesen Männern will er unbedingt folgen. In Breslau schließt er sich dem Freikorps des Major Lützow an. In diesem Regiment leistet auch Eleonore Prohaska ihren Dienst, die sich in Soldatenuniform unerkannt unter die Männer gemischt hat. Rasch verliebt sich die junge Frau in Körner. Bei einem Kampfeinsatz wirft sie sich todesmutig vor seinen Körper, als der Gegner auf ihn schießt. Dabei kommt Eleonore ums Leben. In den Folgegefechten zwischen den Lützowern und den Franzosen werden die Freikorps-Kämpfer nahezu komplett aufgerieben. Bei den Kämpfen nahe Kitzen wird Körner schwer am Kopf verletzt. Dennoch gelingt es ihm, sich erneut in das Elternhaus nach Dresden zu retten. Kaum wieder genesen, eilt Theodor Körner erneut zu den Waffen. Auch die Liebe Tonis kann ihn nicht von seinem Kampfeswillen abhalten. In Mecklenburg möchte er sich unbedingt einem neugegründeten Freikorps anschließen. Weiterhin schreibt er Gedichte über Gedichte, die Zeugnis von der unruhigen Zeit geben. Sein letztes Werk trägt den Namen „Du Schwert an meiner Linken“. Bei einem erneuten Aufeinandertreffen mit dem „welschen Erbfeind“ nahe Gadebusch trifft ihn eine französische Kugel tödlich.

    Voici, cerise sur le gateau belliqueux, l’histoire d’Éléonore Prochaska la « Jeanne d’Arc de Potsdam ». Est-ce que la ministre des affaires étrangères, membre du parti vert, appellera-t-elle nos filles à suivre l’exemple de la vierge prussienne ?
    https://fr.wikipedia.org/wiki/%C3%89l%C3%A9onore_Prochaska

    #guerre #Russie #Prusse #histoire #France #propagande #poésie

  • Theobald Tiger (Kurt Tucholsky), Gebet nach dem Schlachten,
    Die Weltbühne, 07.08.1924, Nr. 32, S. 233
    http://www.zeno.org/Literatur/M/Tucholsky,+Kurt/Werke/1924/Gebet+nach+dem+Schlachten

    Kopf ab zum Gebet!

    Herrgott! Wir alten vermoderten Knochen

    sind aus den Kalkgräbern noch einmal hervorgekrochen.

    Wir treten zum Beten vor dich und bleiben nicht stumm.

    Und fragen dich, Gott:

    Warum –?

    Warum haben wir unser rotes Herzblut dahingegeben?

    Bei unserm Kaiser blieben alle sechs am Leben.

    Wir haben einmal geglaubt . . . Wir waren schön dumm . . . !

    Uns haben sie besoffen gemacht . . .

    Warum –?

    Einer hat noch sechs Monate im Lazarett geschrien.

    Erst das Dörrgemüse und zwei Stabsärzte erledigten ihn.

    Einer wurde blind und nahm heimlich Opium.

    Drei von uns haben zusammen nur einen Arm . . .

    Warum –?

    Wir haben Glauben, Krieg, Leben und alles verloren.

    Uns trieben sie hinein wie im Kino die Gladiatoren.

    Wir hatten das allerbeste Publikum.

    Das starb aber nicht mit . . .

    Warum –? Warum –?

    Herrgott!

    Wenn du wirklich der bist, als den wir dich lernten:

    Steig herunter von deinem Himmel, dem besternten!

    Fahr hernieder oder schick deinen Sohn!

    Reiß ab die Fahnen, die Helme, die Ordensdekoration!

    Verkünde den Staaten der Erde, wie wir gelitten,

    wie uns Hunger, Läuse, Schrapnells und Lügen den Leib zerschnitten!

    Feldprediger haben uns in deinem Namen zu Grabe getragen.

    Erkläre, daß sie gelogen haben! Läßt du dir das sagen?

    Jag uns zurück in unsre Gräber, aber antworte zuvor!

    Soweit wir das noch können, knien wir vor dir – aber leih uns dein Ohr!

    Wenn unser Sterben nicht völlig sinnlos war,

    verhüte wie 1914 ein Jahr!

    Sag es den Menschen! Treib sie zur Desertion![437]

    Wir stehen vor dir: ein Totenbataillon.

    Dies blieb uns: zu dir kommen und beten!

    Weggetreten!

    #première_guerre_mondiale #boucherie #poésie #1924

  • Ignaz Wrobel (Kurt Tucholsky), Les Abattoirs, Die Weltbühne, 08.09.1925, Nr. 36, S. 367
    http://www.zeno.org/Literatur/M/Tucholsky,+Kurt/Werke/1925/Les+Abattoirs

    Ein grüngrauer, stumpfer Himmel liegt über La Villette, dem Arbeiterviertel im Nordosten der Stadt. Ein Stückchen Kanal durchschneidet quer die Straßen, von hier fahren die Kähne mit dem Fleisch durch rußige Wiesen. Es ist sieben Uhr früh.

    Gegenüber dem begitterten Eingang zu den dunkeln Gebäuden des Schlachthofes hocken, sitzen, bummeln vor den Caféhäusern merkwürdige Männer und Frauen. Viele haben blutbespritzte Hosen, blutgetränkte Stiefel, ein grauer Mantel bedeckt das ein wenig. Einer ist nur in Jacke und Hose, unten ist er rot, als habe er in Blut gewatet, auf dem Kopf trägt’ er eine kleine, runde, rote Mütze – er sieht genau aus wie ein Gehilfe von Samson. Er raucht. Eine Uhr schlägt.

    Die Massen strömen durch die große Pforte, hinten sieht man eine Hammelherde durch eine schattige Allee trappeln, mit raschen Schritten rücken die Mörder an. Ich mit.

    Über den großen Vorhof, flankiert von Wärter- und Bürohäuschen, an einer Uhrsäule vorüber, hinein in die ›carrés‹. Das sind lange Hallen, nach beiden zugigen Seiten hin offen, hoch, mit Stall-Löchern an den Seiten. Hier wird geschlachtet. Als ich in die erste Halle trete, ist alles schon in vollem Gange. Blut rieselt mir entgegen.

    Da liegt ein riesiger Ochs, gefesselt an allen vieren, er hat eine schwarze Binde vor den Augen. Der Schlächter holt aus und jagt[205] ihm einen Dorn in den Kopf. Der Ochse zappelt. Der Dorn wird herausgezogen, ein neuer, längerer wird eingeführt, nun beginnt das Hinterteil des Tieres wild zu schlagen, als wehre es sich gegen diesen letzten, entsetzlichen Schmerz.

    Eine Viertelminute später ist die Kehle durchschnitten, das Blut kocht heraus. Man sieht in eine dunkle, rote Höhle, in den Ochsen hinein, aus dem Hohlen kommt das Blut herausgeschossen, es kollert wie ein Strudel, der Kopf des Ochsen sieht von der Seite her zu. Dann wird er gehäutet. Der nächste.

    Der nächste hat an der Stalltür angebunden gestanden mit seiner Binde. Die ist ihm jetzt abgenommen, er schnüffelt und wittert, mit geducktem Hals sieht er sich den Vorgänger an, der da hängt, und beriecht eine riesige weiße Sache: einen Magen, der, einer Meeresqualle gleich, vor ihm auf dem Steinboden umherschwimmt.

    Auf einem Bock liegen drei Kälbchen mit durchschnittenen Kehlen, noch lange zucken die Körper, werfen sich immer wieder. Rasch fließt das Blut mit Wasser durchmischt in den Rinnsalen ab. Dort hinten schlachten sie die Hammel.

    Zu acht und zehn liegen sie auf langen Böcken, auf dem Rücken liegen sie, den Kopf nach unten, die Beine nach oben. Und alle diese vierzig Beine schlagen ununterbrochen die Luft, wie eine einzige Maschine sieht das aus, als arbeiteten diese braunen und grauen Glieder geschäftig an etwas. Sie nähen an ihrem Tod. In der Ecke stehen die nächsten, sie sind schon gebunden, schnell nimmt der Schlächter eins nach dem andern hoch und legt es vor sich auf den Bock. Kein Schrei.

    Drüben in der nächsten Halle wird à la juive geschlachtet. Der Mann, der schachtet, ist aus dem Bilderbuch, ein Jude: ein langes, vergrämtes Gesicht mit einem Käppchen, in der Hand hat er einen riesigen Stahl, scharf wie ein Rasiermesser. Er probt die Schneide auf dem Nagel, er nimmt irgendeine religiöse Förmlichkeit mit ihr vor, seine Lippen bewegen sich. Die süddeutschen Gassenjungen übersetzten sich dies Gebet so: I schneid di nit, i metz di nit, i will di bloß mal schächte!

    Hier wird das Tier nicht vorher getötet und dann zum Ausbluten gebracht, sondern durch einen Schnitt getötet, so daß es sich im Todeskampf ausblutet. Ich bin auf den Schnitt gespannt.

    Der Ochse ist an den Vorderbeinen gefesselt, durch den Raum laufen über Rollen die Stricke, und zwei Kerls ziehen langsam an. Der Ochse strauchelt, schlägt mit den Beinen um sich, legt sich. Der Kopf hängt jetzt nach unten, die Gurgel strammt sich nach oben . . . Der Jude ist langsam nähergekommen, den Stahl in der Hand. Aber wann hat er den Schnitt getan –? Er ist schon wieder zwei Meter fort, und dem Ochsen hängt der Kopf nur noch an einem[206] fingerbreiten Streifen, das Blut brodelt heraus wie aus einer Wasserleitung. Das Tier bleibt so länger am Leben, unter der Rückenmuskulatur arbeitet es noch lange, fast zwei und eine halbe Minute. Ob es bei diesem System, wie behauptet wird, länger leidet, kann ich nicht beurteilen. Das Blut strömt. Erst dunkelrotes, später scharlachrotes, ein schreiendes Rot bildet seine Seen auf dem glitschrigen Boden. Nun ist das Tier still, der Augenausdruck hat sich kaum verändert. Neben ihm hat sich jetzt ein Mann auf den Boden gekniet, der das Fell mit einer Maschine ablöst. Sauber trennt der Apparat die Haut vom Fleisch, die Maschine schreit, es hört sich etwa an, wie wenn ein Metall gesägt wird, es kreischt. Dann wird dem riesigen Leib ein Schlauch ins Fleisch gestoßen, langsam schwillt er an: es wird komprimierte Luft eingepumpt. Das geschieht, wird gesagt, um die Haut leichter zu lösen. Es hat aber den Nachteil, daß diese Luft nicht rein ist, und das Fleisch scheint so schneller dem Verderben ausgesetzt zu sein. Und es hat den Vorteil, daß sich die Ware, da die Luft nicht so schnell entweicht, im Schaufenster besser präsentiert.

    Karrees und wieder Karrees – der Auftrieb auf dem benachbarten Viehmarkt, der zweimal wöchentlich stattfindet, ist stark genug: gestern waren es 13000 Tiere. Paris ist eine große Stadt, und es gibt nur noch kleinere Abattoirs, wie das an der Porte de Vaugirard, und eines nur für Pferde in Aubervilliers. Jetzt ist das Pferdefleisch annähernd so teuer wie das reguläre – der Verbrauch hat wohl etwas nachgelassen. La Villette hat das größte Abattoir – keineswegs das modernste –, mit dem in Nancy und den großen Musterschlachthöfen in Amerika und Deutschland nicht zu vergleichen.

    Stallungen und Stallungen. Viele Tiere sind unruhig, viele gleichgültig. An einer Stalltür ist ein Kalb angebunden, das bewegt unablässig die Nüstern, etwas gefällt ihm hier nicht. Zehn Uhr zwanzig, da ist nichts zu machen. Ein Ochse will nicht, er wird furchtbar auf die Beine geschlagen. Sonst geht alles glatt und sauber und sachlich vor sich. An einer Tür stehen zwanzig kurz abgeschnittene Rinderfüße, pars pro toto, eine kleine Herde. Hier liegt ein Schafbock und kaut zufrieden Heu. Es ist ein gewerkschaftlicher Gelber.

    Der wird an die Spitze der kleinen Hammelherden gesetzt, die da einpassieren, er führt sie in den Tod; kurz vorher verkrümelt er sich und weiß von nichts mehr, der Anreißer. Er ist ganz zahm und kommt immer wieder zu seinem Futterplatz zurück. Dafür schenkt man ihm das Leben. Das soll in den letzten Jahren schon mal vorgekommen sein.

    Hier im großen Stall ist ein Pferch ganz voll von Schafen. Sie werden wohl gleich abgeholt, sie stehen so eng aufeinander, daß sie sich überhaupt nicht bewegen können, und sie stehen ganz still. Sie sehen stumm auf, kein Laut, hundertzwanzig feuchte Augen sehen dich an. Sie warten.

    [207] Durch Stallstraßen, an Eisfabriken und Konservenfabriken vorüber, zu den Schweinen. Eine idyllische Hölle, eine höllische Idylle.

    In dem riesigen, runden Raum brennen in den einzelnen Kojen, die durch Bretterwände abgeteilt sind, große Strohfeuer. Die Rotunde hat Oberlicht, und die Schlächter, die Männer und Frauen, die die Kadaver sengen, sehen aus wie Angestellte der Firma Hephästos & Co. Die Schweine rummeln in den Kojen, durchsuchen das Stroh – der Schlächter mit einem großen Krockethammer tritt näher, holt, heiliger Hodler! weit aus und schlägt das Tier vor den Kopf. Meist fällt es sofort lautlos um. Zappelt es noch, gibt er einen zweiten Schlag, dann liegt es still. Keine Panik unter den Mitschweinen, kein Laut, kein Schrecken. Draußen, in den Ställen drumherum, schreien sie, wie wenn sie abgestochen werden sollen – hier drinnen kein Laut. Dem toten Schwein werden von Frauen die Borsten ausgerupft, mit denen du dich später rasierst, dann wird es ans Feuer getragen und abgesengt. Die schwarzen Kadaver, auf kleinen Wägelchen hochaufgeschichtet, fahren sie in den Nebensaal, wo man sie weiterverarbeitet. Hier, wie bei den Rindern, stehen Leute mit Gefäßen, die fangen das Blut auf. Das Blut raucht, es ist ganz schaumig, sie rühren ununterbrochen darin, damit es nicht gerinnt.

    Die Schlächter stehen sich nicht schlecht: sie verdienen etwa zweihundert Franken die Woche. (Eine Umrechnung ergäbe bei den verschiedenen Lebensbedingungen ein falsches Bild; der Reallohn ist für deutsche Verhältnisse hoch: der französische Arbeiter wohnt schlechter als sein deutscher Genosse, ißt bedeutend besser, kleidet sich fast ebenso gut.)

    Da an der Ecke stehen vor großen Trögen Männer und Frauen und kochen die Kalbsköpfe aus. Blutig kommen sie hinein, weiß kommen sie heraus. Auf dem Boden rollen die abgeschnittenen Köpfe mit den noch geöffneten Augen – ein Mann ergreift sie und pumpt sie gleichfalls mit der Luftpumpe auf. Jedesmal bläht sich der Kopf, jedesmal schließt das tote Kalb langsam und wie nun erst verlöschend die Augen . . . dann werden sie gekocht.

    Das einseitige Stiergefecht dauert noch an, bis elf wirds so weitergehen. An der Uhr, vorn am Eingang, hängen die Marktnotizen.

    Da ist zunächst eine große erzene Tafel, den Toten des Krieges als Erinnerung gewidmet, aufgehängt von den vereinigten Großschlächtereien der Stadt Paris. Namen, eine Jahreszahl . . . Ich studiere die Markttafeln. Und beim Aufsehen bleiben mir Worte haften, ein paar Worte von der Inschrift, die die Gefallenen ehren soll. So:

    La Boucherie en gros

    1914–1918

    Die Parallele ist vollständig.

    Abattoirs de la Villette : histoire
    https://fr.m.wikipedia.org/wiki/Abattoirs_de_la_Villette

    #Paris #La_Villette #1925 #boucherie #abattoir #guerre #première_guerre_mondiale #reportage

  • Harzreise / Goslar von Heinrich Heine
    http://www.zeno.org/Literatur/M/Heine,+Heinrich/Reisebilder+und+Reisebriefe/Reisebilder.+Erster+Teil/Die+Harzreise.+1824

    Der Kirchhof in Goslar hat mich nicht sehr angesprochen. Desto mehr aber jenes wunderschöne Lockenköpfchen, das bei meiner Ankunft in der Stadt aus einem etwas hohen Parterrefenster lächelnd herausschaute. Nach Tische suchte ich wieder das liebe Fenster; aber jetzt stand dort nur ein Wasserglas mit weißen Glockenblümchen. Ich kletterte hinauf, nahm die artigen Blümchen aus dem Glase, steckte sie ruhig auf meine Mütze und kümmerte mich wenig um die aufgesperrten Mäuler, versteinerten Nasen und Glotzaugen, womit die Leute auf der Straße, besonders die alten Weiber, diesem qualifizierten Diebstahle zusahen. Als ich eine Stunde später an demselben Hause vorbeiging, stand die Holde am Fenster, und wie sie die Glockenblümchen auf meiner Mütze gewahrte, wurde sie blutrot und stürzte zurück. Ich hatte jetzt das schöne Antlitz noch genauer gesehen; es war eine süße, durchsichtige Verkörperung von Sommerabendhauch, Mondschein, Nachtigallenlaut und Rosenduft. – Später, als es ganz dunkel geworden, trat sie vor die Türe. Ich kam – ich näherte mich – sie zieht sich langsam zurück in den dunkeln Hausflur – ich fasse sie bei der Hand und sage: »Ich bin ein Liebhaber von schönen Blumen und Küssen, und was man mir nicht freiwillig gibt, das stehle ich« – und ich küßte sie rasch – und wie sie entfliehen will, flüstere ich beschwichtigend: »Morgen reis ich fort und komme wohl nie wieder« – und ich fühle den geheimen Widerdruck der lieblichen Lippen und der kleinen Hände – und lachend[40] eile ich von hinnen. Ja, ich muß lachen, wenn ich bedenke, daß ich unbewußt jene Zauberformel ausgesprochen, wodurch unsere Rot- und Blauröcke öfter als durch ihre schnurrbärtige Liebenswürdigkeit, die Herzen der Frauen bezwingen. »Ich reise morgen fort und komme wohl nie wieder!«

    https://www.youtube.com/watch?v=sFUGvdxuQGQ

    Man schlägt immer Seitenwege und Fußsteige ein und glaubt dadurch näher zum Ziele zu gelangen. Wie im Leben überhaupt, geht’s uns auch auf dem Harze. Aber es gibt immer gute Seelen, die uns wieder auf den rechten Weg bringen; sie tun es gern und finden noch obendrein ein besonderes Vergnügen daran, wenn sie uns mit selbstgefälliger Miene und wohlwollend lauter Stimme bedeuten, welche große Umwege wir gemacht, in welche Abgründe und Sümpfe wir versinken konnten und welch ein Glück es sei, daß wir so wegkundige Leute, wie sie sind, noch zeitig angetroffen. Einen solchen Berichtiger fand ich unweit[45] der Harzburg. Es war ein wohlgenährter Bürger von Goslar, ein glänzend wampiges, dummkluges Gesicht; er sah aus, als habe er die Viehseuche erfunden .

  • Bauern, Bonzen und Bomben, Kurt Tucholsky, 1931
    http://www.zeno.org/Literatur/M/Tucholsky,+Kurt/Werke/1931/Bauern,+Bonzen+und+Bomben

    Wer, um sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, einen andern durch Gewalt oder Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt . . .

    § 253 StGB

    Ein politisches Lehrbuch der Fauna Germanica, wie man es sich nicht besser wünschen kann:

    ›Bauern, Bonzen und Bomben‹ von Hans Fallada (erschienen bei Ernst Rowohlt in Berlin). Bevor wir ins Thema steigen: das Buch hat ein gotteslästerlich schlechtes Satzbild. Wie sieht denn nur die Seite aus? Ich habe immer gelernt, der weiße Rand müsse sich nach der Innenseite des Buches hin verbreitern – dies Satzbild ist aber gar nicht schön. Rowohlt, Sie sind doch sonst nicht so? Jetzt gehts los.

    Falladas Buch ist die beste Schilderung der deutschen Kleinstadt, die mir in den letzten Jahren bekannt geworden ist. Der Verfasser hat einen Bauernroman schreiben wollen – wohl anknüpfend an die Vorgänge in Neumünster in Holstein, wo Bauernführer im Sinne Klaus Heims und, unabhängig von ihm, die Nationalsozialisten die vorhandene Unzufriedenheit der Bauern benutzten, um gegen das, was sie die Republik nennen, vorzugehen. »Die Gestalten des Romans«, steht im Vorwort, »sind keine Fotografien, sie sind Versuche, Menschengesichter unter Verzicht auf billige Ähnlichkeit sichtbar zu machen. Bei der Wiedergabe der Atmosphäre, des Parteihaders, des Kampfes aller gegen alle ist höchste Naturtreue erstrebt. Meine kleine Stadt steht für tausend andere und für jede große auch.«

    Die Bauern nun sind in diesem Roman eine dunkle, anonyme Masse – die paar Typen, die herausgegriffen werden, sind viel blasser als die Bewohner der kleinen Stadt Altholm; und von den wirtschaftlichen Gründen bäurischer Notlage wird so gut wie nichts gesagt. Einmal ist das heikle Thema, daß die Bauern vielleicht intensiver wirtschaften sollten, um sich gegen die ausländische Konkurrenz anders als mit Schutzzöllen zu behaupten, leise angeschlagen; kein Wort davon, daß die Verdienste, die der Bauernschaft durch die Inflation in den Schoß gefallen sind, sie damals für lange Zeit hätten schuldenfrei[168] machen können, es war jene Zeit, wo die Ledersessel und die Klaviere in die Bauernhäuser transportiert wurden. Und wo stehn die Bauern heute . . . also davon ist in dem Buch wenig zu spüren. Den Bauern gehts eben schlecht – und nun revoltieren sie.

    Das tun sie auf eine recht merkwürdige Weise.

    Die dem Altdeutschen entlehnten romantischen Formen des armen Konrad wirken wie aufgeklebt. »Bauern Pommerns, habt ihr darüber hinaus schuldig gefunden die ganze Stadt Altholm mit allem, was darin lebt, so sprecht: sie ist schuldig! – Ankläger, welche Strafe beantragst du gegen die Stadt Altholm?« Das ist tragische Oper, Film und neuruppiner Bilderbogen. Sicherlich wird auf diesen Things so gesprochen; es ist die gehobene Sprache von Ackerbürgern, die das Feierliche solcher Handlungen durch einen Stil bekunden, der leise Erinnerungen an die Bibel und an alte verschollene Zeiten aufweist, da der Bauer einmal wirklich revolutionär gewesen ist. Aber warum, warum das alles so ist – davon bekommen wir in diesem Buch wenig zu hören. Gut gesehn und gut geschildert ist das Dumpfe am Bauern, seine Schlauheit, seine ungeheure Aktivität im passiven Erdulden, woran sich jeder Gegner mit der Zeit totläuft . . . aber der Bauer: der ist nicht in diesem Buch. Das hat kein Bauer geschrieben. Dieser Autor hat die Bauernbewegung schildern wollen, und unter der Hand ist ganz etwas andres herausgekommen: ein wundervoller Kleinstadtroman.

    George Grosz, der du das Titelbild hättest zeichnen sollen, das lies du! Es ist dein Buch.

    Die Technik ist simpel; es ist der brave, gute, alte Naturalismus, das Dichterische ist schwach, aber der Verfasser prätendiert auch gar nicht, ein großes Dichtwerk gegeben zu haben. Ein paar Stellen sind darin, an denen schlägt ein Herz. Nein, ein großes Kunstwerk ist das nicht. Aber es ist echt . . . es ist so unheimlich echt, daß es einem graut.

    Gezeigt wird das politische Leben einer kleinen Provinzstadt; ihre Intrigen und ihre Interessenten; ihre Stammtische und ihre Weiberkneipen; ihr Rathaus und ihre Polizeiwache . . . es ist schmerzhaft echt. Das hat einer geschrieben, der diese Umwelt wie seine Tasche kennt, einer, der sich aber doch so viel Distanz dazu bewahrt hat, sie schildern zu können. Er hat genau die richtige Entfernung, deren ein Schriftsteller bedarf: nah, aber nicht zu nah. Es scheint mir ungemein bezeichnend, daß wir keinen solchen Arztroman haben; keinen solchen Börsianerroman; keinen solchen Großstadtroman: es ist, als hätten die Angehörigen dieser gehobenen Bürgerschichten keine Augen im Kopf, um das zu sehen, was rings um sie vorgeht. Es ist ihnen wohl zu selbstverständlich. Fallada hat gesehn.

    Es ist eine Atmosphäre der ungewaschenen Füße. Es ist der Mief der Kleinstadt, jener Brodem aus Klatsch, Geldgier, Ehrgeiz und politischen Interessen; es ist jene Luft, wo die kleine Glocke an der Tür des Posamentierwarenladens[169] scheppert und eine alte Jungfer nach vorn gestolpert kommt . . . Augen tauchen hinter Fensterladen auf und sehen in den ›Spion‹ . . . und wenn das nun noch ein Dichter geschrieben hätte, der nicht nur theoretisch im Vorwort sagt, daß dieses Altholm für tausend andre Städte stehe, sondern wenn er uns das nun auch noch im Buch selbst gezeigt hätte –: dann wäre dies ein Meisterwerk.

    So ist es nur ein politisch hochinteressanter Roman geworden. Ich kann mir nicht denken, daß ich dieses Buch zu Ende gelesen hätte, wenn es etwa eine bretonische Kleinstadt schilderte; das kann für den Fremden nur ein Künstler wie Maupassant schmackhaft machen. Dieses Werk hier habe ich in zwei Nächten gefressen, weil es uns politisch angeht, nur deswegen. Beinah nur deswegen.

    Im Gegensatz zu diesen dummen Büchern gegen die ›Bonzen‹, wo der Sozialdemokrat nichts als dick, dumm und gefräßig ist und die andern rein und herrlich; wo die Arbeiter abwechselnd als verhetzt und unschuldig oder als blöde Masse geschildert werden, und wo sich die ganze Wut nicht zu Worte gekommener Zahlabendmitglieder entlädt – im Gegensatz dazu sind hier Menschen gezeichnet, wie sie wirklich sind: nicht besonders bösartig, aber doch ziemlich übel, mutig aus Feigheit, klein, geduckt alle zusammen – und niemand ist in diesem Betrieb eigentlich recht glücklich.

    Die Bauern demonstrieren in der Stadt mit der schwarzen Fahne gegen die zu hohen Steuern. Der Bürgermeister verbietet die Demonstration nicht, der Regierungspräsident will sie verboten haben; beides sind Sozialdemokraten. Der Regierungspräsident entsendet an die Grenze des städtischen Machtbereichs Schupo; sowie einen ›Vertrauensmann‹. Der Vertrauensmann bringt die städtische Polizei und die Bauern ein bißchen aufeinander; hier ist ausgezeichnet geschildert, wie so etwas verläuft: wie guter böser Wille, Tücke, Schlauheit und Gerissenheit des Beamten ineinander übergehn – Amtsmißbrauch? Das weisen Sie mal nach! Und wie sich dann vor allem die Ereignisse selbständig machen; wie es eben nicht mehr in der Macht der Menschen liegt, ihnen zu gebieten – das ›es‹ ist stärker als sie. Die Herren Führer stehen nachher als Opfer da – wie ist das gewesen? Ein Telefonanruf, die Ungeschicklichkeit eines Polizeiinspektors . . . du lieber Gott, es sind lauter Kleinigkeiten, und zum Schluß ist es ernste Politik. Fallada hat das gut aufgebröselt; er begnügt sich an keiner Stelle mit diesen schrecklichen Rednerphrasen, wie wir sie sonst in jedem politischen Roman finden: er trennt das Gewebe auf und zeigt uns das Futter. Riecht nicht gut, diese Einlage.

    Hießen alle diese Leute: Kowalski, Pruniczlawski, Krczynakowski und spielte dieser Roman in Polen –: die deutsche Rechtspresse würde ihn mit Freudengeheul begrüßen. Was? Diese Tücke! diese Falschheit – denn ein Grundzug geht durch das ganze Buch, und der ist wahr:

    Fast alles, was hier geschieht, beruht auf Nötigung oder Erpressung.

    Der Bürgermeister drückt auf die Zeitungsleute; die Zeitungsleute drücken auf das Rathaus; die Bauern auf die Kaufleute; jeder weiß etwas über wen, und jeder nutzt diese Kenntnis auf das raffinierteste aus. Nun wollen wir uns nicht vormachen, es käme solches nur in deutschen Kleinstädten vor; diese Leute sind immer noch Waisenknaben gegen die Franzosen, die aus Personalkenntnissen gradezu meisterhaft Kapital zu schlagen verstehn – die gute Hälfte ihrer Politik besteht aus solchen Dingen, und es ist sehr lustig, daß der Name ihrer einschlägigen Institution in wörtlicher Übersetzung »allgemeine Sicherheit« bedeutet. Also das ist überall so. Gestaltet ist es in diesem Buche meisterhaft.

    Was vor allem auffällt, ist die Echtheit des Jargons. Das kann man nicht erfinden, das ist gehört. Und bis auf das letzte Komma richtig wiedergegeben: es gibt eine Echtheit, die sich sofort überträgt: man fühlt, daß die Leute so gesprochen haben und nicht anders.

    Diese Aktschlüsse, wenn sie auseinandergehn, mit »Na, denn . . . « und »Also nicht wahr, Herr Bürgermeister . . . «; der schönste Gesprächsschluß ist auf der Seite 517 . . . die grammophongetreue Wiedergabe dessen, was so in einer Konferenz gesprochen wird: wie da die Bürger aller Schattierungen eine Nummer reden, halb Stammtisch und halb Volksversammlung; wie sie unter Freunden sprechen und wie sie sprechen, wenn jemand dabei ist, gegen den sie etwas haben; wie sie schweinigeln . . .

    Ja, da lesen wir nun so viel über die Sittenverderbnis am Kurfürstendamm. Aber auf keinem berliner Kostümfest der Inflationsjahre kann es böser zugegangen sein als es heute noch in jeder Kleinstadt in gewissen Ecken zuzugehen pflegt, wenn die Ehemänner, fern von Muttern, in das Reich der Aktfotografien und der Weiberkneipen hinuntertauchen. Jeder hat was auf dem Kerbholz. »Ich sage bloß: Stettin . . . « sagt einer zum Bürgermeister. Ich sage bloß: Altholm – und hierin steht dieses erfundene Altholm, das gar nicht erfunden sein kann, für jede Stadt. Dieses Laster ist unsagbar unappetitlich.

    Wenn sie aber festgestellt haben, daß Betty, die Sau, heute keine Hosen trägt, dann reißen sie sich am nächsten Vormittag zusammen und werden ›dienstlich‹. Und das ist nun allerdings ganz und gar deutsch. »Ich komme dienstlich«, sagt einer zu einem Duzfreund. Und dann spielen sie sich eine Komödie vor: jeder weiß, daß der andre weiß, daß er weiß – sie grinsen aber nicht, sondern sie wechseln vorschriftsmäßig Rede und Gegenrede, damit sie nachher in den Bericht setzen und beschwören können: »Herr Stuff sagte mir, daß er von dem Verbleib des Inseratenzettels nichts wüßte. So wahr mir Gott helfe.«

    O welsche Tücke, o polnische Niedertracht, o deutsche Dienstlichkeit.

    Und eine Gerichtsverhandlung: wie da die unbequemen Zeugen zu Angeklagten werden; wie es gedreht wird; wie dieses ganze Theater gar nichts mehr mit Rechtspflege, dagegen alles mit Politik zu tun hat –: das ist ein Meisterstück forensischer Schilderung. Nur zu lang.

    Und wenn man das alles gelesen hat, voller Spannung, Bewegung und ununterbrochen einander widerstreitender Gefühle: dann sieht man die immense Schuld jener Republik, die wir einmal gehabt haben und die heute zerbrochen ist an der Schlappheit, an der maßlosen Feigheit, an der Instinktlosigkeit ihres mittlern Bürgertums, zu dem in erster Linie die Panzerkreuzer bewilligenden Führer der Sozialdemokratie zu rechnen sind. Der Lebenswille der andern war stärker; und wer stärker ist, hat das Anrecht auf einen Sieg. Beklagt euch nicht.

    Hier, in diese kleinen Städte, ist der demokratische, der republikanische Gedanke niemals eingezogen. Man hat – großer Sieg! – auf manchen Regierungsgebäuden Schwarz-Rot-Gold geflaggt; die Denkungsart der breiten Masse hat die Republik nie erfaßt. Nicht nur, weil sie maßlos ungeschickt, ewig zögernd und energielos zu Werke gegangen ist; nicht nur, weil sie 1918 und nach dem Kapp-Putsch, nach den feigen Mordtaten gegen Erzberger und Rathenau alles, aber auch alles versäumt hat – nein, weil der wirkliche Gehalt dieses Volkes, seine anonyme Energie, seine Liebe und sein Herz nicht auf solcher Seite sein können. Die Sozialdemokratie ist geistig nie auf ihre Aufgabe vorbereitet gewesen; diese hochmütigen Marxisten-Spießer hatten es alles schriftlich, ihre Theorien hatten sich selbständig gemacht, und in der Praxis war es gar nichts. Das Volk versteht das meiste falsch; aber es fühlt das meiste richtig. Daß nun dieses richtige Grundgefühl heute von den Schreihälsen der Nazis mißbraucht wird, ist eine andre Sache.

    Hier ist eine Blutschuld der nicht mehr bestehenden Republik. Aus keinem Buch wird das deutlicher als aus diesem, der Verfasser hat es uns vielleicht gar nicht zeigen wollen – die These springt aber dem Leser in die Augen. Was war hier zu machen –! Und was hat man alles nicht gemacht –! Zu spät, zu spät.

    Ich empfehle diesen Roman jedem, der über Deutschland Bescheid wissen will. Wie weit ist das von dem Rapprochement-Geschwätz der braven Leute aus den großen Städten entfernt. Hier ist Deutschland – hier ist es.

    Es wäre anzumerken, daß der Künstler in Fallada nur an einigen wenigen Stellen triumphiert. Manchmal sagt er kluge Sachen; wie sich zwei bei einer Unterredung vorsichtig abtasten: »Ein Anfang ist gemacht, ein günstiger Anfang. Die beiden Herren haben sich in ihren Antipathien getroffen, was meistens wichtiger ist, als daß die Sympathien übereinstimmen.« Und einmal steht da einer dieser Sätze, an denen das frühere Werk Gerhart Hauptmanns so reich ist. Einem[172] Bauern geht alles, aber auch alles schief. »Welche sind, die haben kein Glück, sagt Banz und meint sich.«

    Ja, das ist ein Buch! So ist die Stadt; so ist das Land, vor allem das niederdeutsche, und so ist die Politik. Man sieht hier einmal deutlich, wie eben diese Politik nicht allein in wirtschaftliche Erklärungen aufzulösen ist; wie sich diese Menschen umeinanderdrehen, sich bekämpfen und sich verbünden, sich anziehen und abstoßen, sich befehden und verbrüdern . . . als seien sie von blinden und anonymen Leidenschaften getrieben, denen sie erst nachher, wenn alles vorbei ist, ein rationalistisches Etikett aufkleben; das Etikett zeigt den Flascheninhalt nicht richtig an. Sie drücken aufeinander und »lassen den andern hochgehn«; sie spielen einander die Komödie des Dienstlichen vor – und es sind arme Luder, alle miteinander. Und man bekommt einen kleinen Begriff davon, wie es wohl einem zumute sein mag, der in diesen mittlern und kleinen Städten auf republikanischem Posten steht. Fällt er wegen seiner Gesinnung? Natürlich. Fällt er durch seine Gesinnung? Nie. Sie »machen ihn kaputt«, wie der schöne Fachausdruck heißt, aber so: »Herr Schulrat P. hat gegen den § 18 der Bestimmung verstoßen, nach der er . . . « Immer ist da so ein § 18, und immer funktioniert dieser Paragraph prompt, wenn sie ihn grade brauchen. Und niemals hilft die Republik ihren Leuten; sie wird so gehaßt und hat dabei gar nich veel tau seggn. Sie sieht sich das alles mit an . . . sie läßt diese unsäglichen Richter machen, die die Hauptschuld an den blutigen Opfern der letzten Zeit tragen. Rechtsschutz gibt es nicht. Gleichheit vor dem Strafgesetz gibt es nicht. Kommunist sein bedeutet: Angeklagter sein, und wenn die Nazis ganze Kleinstädte terrorisieren, so bleibt der Landgerichtsrat milde und hackt auf den Belastungszeugen herum. Und wenn es gar nicht anders geht, wenn sonst nichts da ist, einen verhaßten Republikaner tot zu machen, dann hilft irgend ein § 18. Noch niemals aber ist ein Mitglied der herrschenden Rechtskaste über solch einen Paragraphen gestolpert, falls er sich nicht bei seiner Klasse mißliebig gemacht hat. Da gilt dann der Paragraph nicht. Man fällt nicht über seine Fehler. Man fällt immer über seine Feinde, die diese Fehler ausnutzen.

    So einen Arztroman möchten wir lesen. So einen Journalistenroman. So einen berliner Roman. Dazu wäre allerdings der besondere Glücksfall nötig, daß ein schriftstellerisch begabter Mann in diesem Milieu lebt und es so genau kennt, wie Fallada das seinige.

    Er hat es kaschiert. Seine Helden heißen nicht Knut, sondern Tunk. Wird diese Tarnkappe genügen? Begeistert wird die kleine Stadt von seiner Schilderung grade nicht sein – nicht davon, wie er sie entblößt; wie er aufzeigt, daß weit und breit keine Juden da sind, die man für alles verantwortlich machen könnte; weit und breit keine Kommunisten,[ die etwas bewirken. Fallada, sieh dich vor. Es gibt ein altes Grimmsches Märchen von der Gänsemagd, die eine Prinzessin war und die nun als Magd dienen muß. Den Kopf ihres treuen Rosses haben sie ans Stadttor genagelt, und jeden Morgen, wenn sie ihre Gänse da vorübertreiben muß, sieht sie es an und spricht:

    »O Fallada – daß du hangest!«

    Wenn sie dich kriegen, Hans Fallada, wenn sie dich kriegen: sieh dich vor, daß du nicht hangest! Es kann aber auch sein, daß sie in ihrer Dummheit glauben, du habest mit dem Buch den Sozis ordentlich eins auswischen wollen, und dann bekommst du einen Redakteurposten bei einem jener verängstigten Druckereibesitzer, die in Wahrheit die deutsche Presse repräsentieren.

    Obgleich und weil du den besten deutschen Kleinstadtroman geschrieben hast.

    · Ignaz Wrobel
    Die Weltbühne, 07.03.1931, Nr. 14, S. 496.

    #Allemagne #histoire #nazis #SPD #politique #province #fascisme

  • The Masque of the Red Death by Edgar Allan Poe
    https://poestories.com/read/masque

    Sous prétexte d’une épidémie dévastatrice et incurable on nous interdit de faire grève et de célébrer de joyeuses fêtes, de gagner notre vie et de nous déplacer librement. Ceux qui ordonnent ces mesures devraient consulter cette vielle histoire afin de comprendre que le pouvoir et les richesses qu’ils détiennent ne le les sauveront pas.

    FR - Le Masque de la mort rouge
    https://fr.wikisource.org/wiki/Nouvelles_Histoires_extraordinaires/Le_Masque_de_la_mort_rouge

    DE - Die Maske des roten Todes
    http://www.zeno.org/Literatur/M/Poe,+Edgar+Allan/Erz%C3%A4hlungen/Die+Maske+des+roten+Todes

    published 1850

    THE “Red Death” had long devastated the country. No pestilence had ever been so fatal, or so hideous. Blood was its Avator and its seal — the redness and the horror of blood. There were sharp pains, and sudden dizziness, and then profuse bleeding at the pores, with dissolution. The scarlet stains upon the body and especially upon the face of the victim, were the pest ban which shut him out from the aid and from the sympathy of his fellow-men. And the whole seizure, progress and termination of the disease, were the incidents of half an hour.

    But the Prince Prospero was happy and dauntless and sagacious. When his dominions were half depopulated, he summoned to his presence a thousand hale and light-hearted friends from among the knights and dames of his court, and with these retired to the deep seclusion of one of his castellated abbeys. This was an extensive and magnificent structure, the creation of the prince’s own eccentric yet august taste. A strong and lofty wall girdled it in. This wall had gates of iron. The courtiers, having entered, brought furnaces and massy hammers and welded the bolts. They resolved to leave means neither of ingress or egress to the sudden impulses of despair or of frenzy from within. The abbey was amply provisioned. With such precautions the courtiers might bid defiance to contagion. The external world could take care of itself. In the meantime it was folly to grieve, or to think. The prince had provided all the appliances of pleasure. There were buffoons, there were improvisatori, there were ballet-dancers, there were musicians, there was Beauty, there was wine. All these and security were within. Without was the “Red Death.”

    It was toward the close of the fifth or sixth month of his seclusion, and while the pestilence raged most furiously abroad, that the Prince Prospero entertained his thousand friends at a masked ball of the most unusual magnificence.

    It was a voluptuous scene, that masquerade. But first let me tell of the rooms in which it was held. There were seven — an imperial suite. In many palaces, however, such suites form a long and straight vista, while the folding doors slide back nearly to the walls on either hand, so that the view of the whole extent is scarcely impeded. Here the case was very different; as might have been expected from the duke’s love of the bizarre. The apartments were so irregularly disposed that the vision embraced but little more than one at a time. There was a sharp turn at every twenty or thirty yards, and at each turn a novel effect. To the right and left, in the middle of each wall, a tall and narrow Gothic window looked out upon a closed corridor which pursued the windings of the suite. These windows were of stained glass whose color varied in accordance with the prevailing hue of the decorations of the chamber into which it opened. That at the eastern extremity was hung, for example, in blue — and vividly blue were its windows. The second chamber was purple in its ornaments and tapestries, and here the panes were purple. The third was green throughout, and so were the casements. The fourth was furnished and lighted with orange — the fifth with white — the sixth with violet. The seventh apartment was closely shrouded in black velvet tapestries that hung all over the ceiling and down the walls, falling in heavy folds upon a carpet of the same material and hue. But in this chamber only, the color of the windows failed to correspond with the decorations. The panes here were scarlet — a deep blood color. Now in no one of the seven apartments was there any lamp or candelabrum, amid the profusion of golden ornaments that lay scattered to and fro or depended from the roof. There was no light of any kind emanating from lamp or candle within the suite of chambers. But in the corridors that followed the suite, there stood, opposite to each window, a heavy tripod, bearing a brazier of fire, that projected its rays through the tinted glass and so glaringly illumined the room. And thus were produced a multitude of gaudy and fantastic appearances. But in the western or black chamber the effect of the fire-light that streamed upon the dark hangings through the blood-tinted panes, was ghastly in the extreme, and produced so wild a look upon the countenances of those who entered, that there were few of the company bold enough to set foot within its precincts at all.

    It was in this apartment, also, that there stood against the western wall, a gigantic clock of ebony. Its pendulum swung to and fro with a dull, heavy, monotonous clang; and when the minute-hand made the circuit of the face, and the hour was to be stricken, there came from the brazen lungs of the clock a sound which was clear and loud and deep and exceedingly musical, but of so peculiar a note and emphasis that, at each lapse of an hour, the musicians of the orchestra were constrained to pause, momentarily, in their performance, to harken to the sound; and thus the waltzers perforce ceased their evolutions; and there was a brief disconcert of the whole gay company; and, while the chimes of the clock yet rang, it was observed that the giddiest grew pale, and the more aged and sedate passed their hands over their brows as if in confused revery or meditation. But when the echoes had fully ceased, a light laughter at once pervaded the assembly; the musicians looked at each other and smiled as if at their own nervousness and folly, and made whispering vows, each to the other, that the next chiming of the clock should produce in them no similar emotion; and then, after the lapse of sixty minutes, (which embrace three thousand and six hundred seconds of the Time that flies,) there came yet another chiming of the clock, and then were the same disconcert and tremulousness and meditation as before.

    But, in spite of these things, it was a gay and magnificent revel. The tastes of the duke were peculiar. He had a fine eye for colors and effects. He disregarded the decora of mere fashion. His plans were bold and fiery, and his conceptions glowed with barbaric lustre. There are some who would have thought him mad. His followers felt that he was not. It was necessary to hear and see and touch him to be sure that he was not.

    He had directed, in great part, the moveable embellishments of the seven chambers, upon occasion of this great fête; and it was his own guiding taste which had given character to the masqueraders. Be sure they were grotesque. There were much glare and glitter and piquancy and phantasm — much of what has been since seen in “Hernani.” There were arabesque figures with unsuited limbs and appointments. There were delirious fancies such as the madman fashions. There were much of the beautiful, much of the wanton, much of the bizarre, something of the terrible, and not a little of that which might have excited disgust. To and fro in the seven chambers there stalked, in fact, a multitude of dreams. And these — the dreams — writhed in and about, taking hue from the rooms, and causing the wild music of the orchestra to seem as the echo of their steps. And, anon, there strikes the ebony clock which stands in the hall of the velvet. And then, for a moment, all is still, and all is silent save the voice of the clock. The dreams are stiff-frozen as they stand. But the echoes of the chime die away — they have endured but an instant — and a light, half-subdued laughter floats after them as they depart. And now again the music swells, and the dreams live, and writhe to and fro more merrily than ever, taking hue from the many tinted windows through which stream the rays from the tripods. But to the chamber which lies most westwardly of the seven, there are now none of the maskers who venture; for the night is waning away; and there flows a ruddier light through the blood-colored panes; and the blackness of the sable drapery appals; and to him whose foot falls upon the sable carpet, there comes from the near clock of ebony a muffled peal more solemnly emphatic than any which reaches their ears who indulge in the more remote gaieties of the other apartments.

    But these other apartments were densely crowded, and in them beat feverishly the heart of life. And the revel went whirlingly on, until at length there commenced the sounding of midnight upon the clock. And then the music ceased, as I have told; and the evolutions of the waltzers were quieted; and there was an uneasy cessation of all things as before. But now there were twelve strokes to be sounded by the bell of the clock; and thus it happened, perhaps that more of thought crept, with more of time, into the meditations of the thoughtful among those who revelled. And thus too, it happened, perhaps, that before the last echoes of the last chime had utterly sunk into silence, there were many individuals in the crowd who had found leisure to become aware of the presence of a masked figure which had arrested the attention of no single individual before. And the rumor of this new presence having spread itself whisperingly around, there arose at length from the whole company a buzz, or murmur, expressive of disapprobation and surprise — then, finally, of terror, of horror, and of disgust.

    In an assembly of phantasms such as I have painted, it may well be supposed that no ordinary appearance could have excited such sensation. In truth the masquerade license of the night was nearly unlimited; but the figure in question had out-Heroded Herod, and gone beyond the bounds of even the prince’s indefinite decorum. There are chords in the hearts of the most reckless which cannot be touched without emotion. Even with the utterly lost, to whom life and death are equally jests, there are matters of which no jest can be made. The whole company, indeed, seemed now deeply to feel that in the costume and bearing of the stranger neither wit nor propriety existed. The figure was tall and gaunt, and shrouded from head to foot in the habiliments of the grave. The mask which concealed the visage was made so nearly to resemble the countenance of a stiffened corpse that the closest scrutiny must have had difficulty in detecting the cheat. And yet all this might have been endured, if not approved, by the mad revellers around. But the mummer had gone so far as to assume the type of the Red Death. His vesture was dabbled in blood — and his broad brow, with all the features of the face, was besprinkled with the scarlet horror.

    When the eyes of Prince Prospero fell upon this spectral image (which with a slow and solemn movement, as if more fully to sustain its role, stalked to and fro among the waltzers) he was seen to be convulsed, in the first moment with a strong shudder either of terror or distaste; but, in the next, his brow reddened with rage.

    “Who dares?” he demanded hoarsely of the courtiers who stood near him — “who dares insult us with this blasphemous mockery? Seize him and unmask him — that we may know whom we have to hang at sunrise, from the battlements!”

    It was in the eastern or blue chamber in which stood the Prince Prospero as he uttered these words. They rang throughout the seven rooms loudly and clearly — for the prince was a bold and robust man, and the music had become hushed at the waving of his hand.

    It was in the blue room where stood the prince, with a group of pale courtiers by his side. At first, as he spoke, there was a slight rushing movement of this group in the direction of the intruder, who, at the moment was also near at hand, and now, with deliberate and stately step, made closer approach to the speaker. But from a certain nameless awe with which the mad assumptions of the mummer had inspired the whole party, there were found none who put forth hand to seize him; so that, unimpeded, he passed within a yard of the prince’s person; and, while the vast assembly, as if with one impulse, shrank from the centres of the rooms to the walls, he made his way uninterruptedly, but with the same solemn and measured step which had distinguished him from the first, through the blue chamber to the purple — through the purple to the green — through the green to the orange — through this again to the white — and even thence to the violet, ere a decided movement had been made to arrest him. It was then, however, that the Prince Prospero, maddening with rage and the shame of his own momentary cowardice, rushed hurriedly through the six chambers, while none followed him on account of a deadly terror that had seized upon all. He bore aloft a drawn dagger, and had approached, in rapid impetuosity, to within three or four feet of the retreating figure, when the latter, having attained the extremity of the velvet apartment, turned suddenly and confronted his pursuer. There was a sharp cry — and the dagger dropped gleaming upon the sable carpet, upon which, instantly afterwards, fell prostrate in death the Prince Prospero. Then, summoning the wild courage of despair, a throng of the revellers at once threw themselves into the black apartment, and, seizing the mummer, whose tall figure stood erect and motionless within the shadow of the ebony clock, gasped in unutterable horror at finding the grave cerements and corpse-like mask which they handled with so violent a rudeness, untenanted by any tangible form.

    And now was acknowledged the presence of the Red Death. He had come like a thief in the night. And one by one dropped the revellers in the blood-bedewed halls of their revel, and died each in the despairing posture of his fall. And the life of the ebony clock went out with that of the last of the gay. And the flames of the tripods expired. And Darkness and Decay and the Red Death held illimitable dominion over all.