« Dear Hillary » - Politik und Philanthropie in den Soros-Leaks

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  • „Dear Hillary“ - Politik und Philanthropie in den Soros-Leaks | Telepolis
    https://www.heise.de/tp/artikel/49/49563/1.html

    Der Milliardär hat’s schwer. Erst bringt Wikileaks eine E-Mail, die zeigt wie „Dear Hillary“ Clinton Rat von Soros in Sachen Unruhen in Albanien bekommt, dann kommt die neue Plattform DCLeaks mit weiteren Sensationen, etwa einem Botschafter-Brunch in Kiew 2014, der Soros’ Förderung der „Maidan-Revolution“ (Kritiker sprechen von einem Putsch) belegt.
    Aufmacher der DCLeak-Webseite

    Das könnte Soros mühsam aufgebautes liberales Image kosten, wie er es z.B. durch Unterzeichnung einer Pro-Snowden-Petition an Obama aufgebaut hat. Soros’ mächtige Open Society Foundation (OSF) ist global aktiv, fördert NGOs, Netzmedien und politische Gruppen, wie die Leaks belegen, auch in der europäischen Hackerbewegung. Könnte mehr dahinter stecken als rein karitatives Engagement eines superreichen Philanthropen für liberale, „offene“ Gesellschaften?
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    Ein Intranet namens „Karl“

    Bloomberg geht auf die geleakten Inhalte kaum ein, doch seine anonymen „Sicherheitsexperten“ wussten noch einiges zum Hintergrund zu erläutern: Das Intranet der OSF heiße „Karl“ (Soros sieht sich als Adepten des Philosophen Karl Popper), neben den 800 Festangestellten OSF-Mitarbeitern hätten ca. 7.000 weitere Personen Zugang, die dort Projektvorschläge, Budget-Pläne und andere interne Dokumente ausgetauscht hätten.

    Dabei wären „Taktiken verdächtiger russischer Hacker“ eingesetzt worden, wie das Ausspähen von E-Mail-Accounts - was allerdings als Beschuldigung besonders aus NSA-Kreisen etwas seltsam klänge, nachdem Snowden diese Behörde als die vermutlich E-Mail-schnüffel-freudigste Vereinigung unseres Planeten enttarnt hat:

    In the case of Soros’s Open Society, hackers stole a trove of documents after accessing the foundation’s internal intranet, a system called Karl, according to a person familiar with its internal investigation. (…) The hackers may have had access the foundations’ network for nearly a year, according to another person familiar with the investigation. Although Open Society has about 800 full-time staff, as many as 7,000 people have access to Karl, which is used to circulate draft program proposals, budgets and other internal documents. DCLeaks.com provides a possible outline of the successful tactics used by the suspected Russian hackers, like targeting personal e-mail accounts to scoop up sensitive information.
    Bloomberg

    Bei den 7000 externen Karl-Nutzern dürfte es sich um die „Partner“ der OSF handeln, d.h. die Mitglieder diverser NGO, Oppositionsgruppen, Medienarbeitern, Polit- und Netzaktivisten, die Soros über seine OSF mit dreistelligen Millionenbeträgen fördert. Wie jetzt detailliert enthüllt wurde, arbeiten diese Leute in aller Welt inklusive den USA, besonders oft aber in der weichen Südflanke Russlands, in osteuropäischen und zentralasiatischen Ländern wie der Ukraine, Kasachstan oder Usbekistan für die Ziele einer „Offenen Gesellschaft“.

    Das ist eine Gesellschaft nach westlich-neoliberalem Vorbild, wie sie etwa auch die Strukturprogramme des IWF zum Ziel haben. Die neoliberale Deregulierung der globalen Finanzmärkte, der Soros sein Vermögen verdankt, geht auch auf den IWF zurück, der entsprechende Forderungen in seinen berüchtigten „Strukturanpassungsprogrammen“ durchsetzte.

    Soros befürwortet in seinem zuweilen von Börsenjournalisten als „Globalisierungskritik“ bezeichneten Buch Der Globalisierungsreport (2002) die Arbeit des IWF, wenn er auch gelegentlich linksliberale Kritik an Details übte. Im „Globalisierungsreport“ will er sogar den IWF und andere Finanzinstitutionen (WTO, Weltbank) gegen „Marktfundamentalisten der extremen Rechten und Globalisierungsgegner der extremen Linken“ verteidigen und reformieren1 - teilweise nach dem Vorbild seiner OSF.

    Die „extremen Rechten“ dürften in dieser Beschreibung wohl US-Rechtslibertäre wie Breitbart und Ludwig von Mises sein, die eher Fördergelder bei den Ölbaronen von Koch Industries bekommen.

    Mit linker Globalisierungskritik wie von Attac kann Soros aber scheinbar auch wenig anfangen. Die Tobin-Tax auf Währungsspekulation will der Währungsspekulant, wenn sie denn schon eingeführt wird, lieber auf alle Finanztransaktionen ausweiten. Er gibt aber zu bedenken, dass dies wohl in der Praxis nie gelingen würde und setzt einen raffinierten Vorschlag dagegen, der wohl letztlich die Verantwortung auf die Zentralbanken und Regierungen abschiebt und mit Sonderziehungsrechten des IWF arbeitet2. Damit wären er und sein Hedgefonds aus dem Schneider.
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    Leitmedien beschweigen Soros-Leaks

    Wellen schlug die Soros-Enthüllung vor allem in rechtslibertären bis rassistisch-rechtsextremen Randmedien der USA, wo man Soros ebenso wie die von ihm protegierte und politisch beratene Hillary Clinton hasst. In Deutschland brachte RTdeutsch die Soros-Leaks, vielleicht weil Soros als erklärter Gegner Putins gilt, und das Magazin von Elsässer.

    Links der Mitte scheinen bislang nur die Nachdenkseiten mit Paul Schreyers Artikel Die Demokratie des George Soros etwas dazu gebracht zu haben. Schreyer konzentriert sich auf Soros’ Drahtzieherrolle im jüngsten Regimewechsel in der Ukraine, seine Förderung des prowestlichen Ministerpräsidenten Jazenjuk und seine enge Beziehung zu dessen Regierung und zu US-Botschafter Geoffrey Pyatt. Der Artikel hebt, wie schon vor den Soros-Leaks die Autorin der Nachdenkseiten, Isabelle Lascar, Bezüge zum CIA-Programm „Congress on Cultural Freedom“ (CCF) hervor.

    Wie heute die OSF galt der CCF in seiner Blütezeit, den 1950ern und - 1960ern, als politisch linksliberal, war aber Teil eines Geflechts von CIA-Tarnorganisationen mit dem Ziel, westeuropäische Linksintellektuelle gegen Moskau in Stellung zu bringen. Bereits 1966 erstmals enthüllt, geriet der CCF-Komplex aufgrund mangelnder Resonanz in den Medien immer wieder in Vergessenheit, unterbrochen nur von einzelnen Stimmen, wie 2006 der Arte-Doku Benutzt und gesteuert - Künstler im Netz der CIA.

    #politique #impérialisme #propagande #USA