• Utopie ǀ Hippies mit Gewehr — der Freitag
    https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/hippies-mit-gewehr
    https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/hippies-mit-gewehr/achzivland-meer/@@images/5d451527-ae12-4b4a-b311-9440570a9c0f.jpeg

    Während der Dreharbeiten zum Film Exodus sei Paul Newman oft in Achzivland gewesen, erzählt Rina Avivi. Sophia Loren, Brigitte Bardot und Bar Refaeli hätten in der türkisblauen Bucht in der Sonne gelegen. „Sophia hat mir beigebracht, wie man richtig gute Spaghetti kocht“, erinnert sich die 70-Jährige.

    Halb Deutsche, halb Dänin, ist Rina Avivi noch genauso weißblond wie auf den vergilbten Fotografien an den Wänden ihres Wohnzimmers. Einige der Bilder zeigen sie zu Pferd, andere gemeinsam mit ihrem Ehemann Eli, mal auf einem Kutter, mal mit einem Gewehr in der Hand oder mit Hammer und Säge. Es überrascht einen nicht, dass auch Stars und Möchtegernstars Gefallen an dem kuriosen Ehepaar und seinem utopischen Refugium im Norden Israels gefunden haben. Nur wenige Kilometer von der libanesischen Grenze entfernt, eingebettet zwischen dem Mittelmeer und dem ehemals umkämpften Galiläa, öffnet sich ein blaues Metalltor zum kleinen Reich der Avivis: dem Staat Achzivland. Gleich dahinter geht der Blick über mehrere Häuser, wild zusammengezimmert, ein Holzhäuschen zur Passkontrolle, ein Open-Air-Parlament, Bootsanlegestelle, Museum.
    Zum ersten Mal ernsthaft gestört wurde das Idyll 1982 während des ersten Libanonkriegs. Militante Gruppen nutzten den Küstenabschnitt, um unbeobachtet auf israelisches Land überzusetzen. „Einmal brachen sie sogar in unser Haus ein“, sagt Rina. „Zum Glück war ich vorbereitet und bewaffnet, und sie waren wohl so überrascht, eine blonde, junge Frau barfuß und mit Maschinengewehr zu sehen, dass sie wieder verschwanden.“ Zäune aus Stacheldraht waren das Ergebnis, Überwachungskameras an allen Ecken des Geländes. Das Paradies verwandelte sich in eine Festung. In Israel wird man vielleicht ein Hippie, dann aber nur mit Gewehr.