Studie zu Waffenexporten: Deutsche Panzerfäuste in Gaza - taz.de
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Deutschland ist Israels zweitgrößter Waffenlieferant, sagt eine neue Studie. In den Wochen nach dem 7. Oktober 2023 nahmen die Exporte stark zu.
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Deutschland ist Israels zweitgrößter Waffenlieferant, sagt eine neue Studie. In den Wochen nach dem 7. Oktober 2023 nahmen die Exporte stark zu.
Audre-Lorde-Straße in Kreuzberg: Kreuzberger Schilderstreich
▻https://taz.de/Audre-Lorde-Strasse-in-Kreuzberg/!5994987
14.3.2024 von Uta Schleiermacher - Die Manteuffelstraße in Kreuzberg wurde in Audre-Lorde-Straße umbenannt. Die Schilder wurden bislang nicht ausgetauscht.
Zu sehen ist die Oranienstraße/Manteuffelstraße in Kreuzberg
Ein Teil der Manteuffelstrasse wurde zu Audre-Lorde-Straße umbenannt, ohne dass die Bewohner:innen etwas davon wussten Foto: dpa | Paul Zinken
BERLIN taz | „Wo sind die Schwarzen Deutschen?“, das soll Audre Lorde gefragt haben, als sie 1984 zum ersten Mal Berlin besuchte. Die afroamerikanische Dichterin und Aktivistin kam in den folgenden Jahren regelmäßig nach Berlin, bis zu ihrem Tod 1992. Die Berliner Zeit soll sie als mit die wichtigste in ihrem Leben beschrieben haben. Und sie hatte einen großen Einfluss auf das Entstehen einer afrodeutschen Bewegung: Sie war es, die Schwarze Frauen in Deutschland liebevoll und bestimmt dazu ermutigte zu schreiben, um selbstbewusst und sichtbar zu werden. Ein Ergebnis ist der erstmals 1986 erschienene Sammelband „Farbe Bekennen. Afrodeutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte“, der Klassiker der afrodeutschen Bewegung.
„Wo ist die Audre-Lorde-Straße?“, kann man sich derzeit in Kreuzberg fragen. Der Bezirk hatte 2019 beschlossen, einen Teil der Manteuffelstraße umzubenennen – das nördliche Stück zwischen Köpenicker Straße und der Kreuzung, an der Oranienstraße und Skalitzer Straße die Manteuffel sowieso deutlich zerschneiden. Manteuffel war ein preußischer Ministerpräsident – höchst konservativ, wenn nicht gar demokratiefeindlich. Im vergangenen September wurde der Beschluss im Amtsblatt veröffentlicht, damit ist die Umbenennung rechtskräftig. Doch richtig umgesetzt ist sie bisher nicht: Auf den Straßenschildern ist immer noch Manteuffelstraße zu lesen. Und auch Google Maps weiß bisher nichts von einer Audre-Lorde-Straße in Berlin.
Krankenkassen kennen sie hingegen schon, sagt eine Anwohnerin der taz. Ihre Ärztin hätte sie gefragt, ob sie umgezogen sei. Der neue Straßenname sei auf ihrer Krankenkarte hinterlegt. Seit 16 Jahren lebe sie in der Straße, und sie „hätte erwartet, dass wir mal dazu befragt werden oder wenigstens direkt informiert“, sagt sie. Einige Briefe kämen bereits mit dem neuen Straßennamen. „Ich habe mich über Audre Lorde informiert, ich kann mit dem Namen gut leben“, sagt sie.
Auch andere Anwohner*innen berichten von Problemen mit der Krankenkassenkarte. Eine Frau, die vor gut drei Jahren nach Berlin gezogen ist, sagt, dass ihre Vermieterin (Deutsche Wohnen) sie bei einer Nachfrage letztens erst nicht gefunden habe, weil sie dort bereits unter der neuen Straße gespeichert sei. Die Umbenennung findet sie lästig. „Wie wird das überhaupt geschrieben? Das sehe ich dann wohl, wenn die Schilder hängen“, sagt sie.
Der Bezirk gibt an, es sei kompliziert: man habe hier erstmals eine „Teilumbenennung“ durchgeführt, und das sei – im Vergleich zu kompletten Straßenumbenennungen – ein „komplexer Prozess“, der eine „andere Herangehensweise“ erfordere. Es könne etwa vorkommen, dass Hausnummern geändert werden müssen. 1.559 Anwohnende seien von der Umbenennung betroffen. Zu neuen Schildern könne der Bezirk aktuell nichts sagen.
Die Erinnerung an Lorde in Berlin halten derweil ihre Freund*innen und Wegbegleiter*innen wach. Aktuell zeigt das FHXB-Museum Porträts von ihr. Und seit 2016 gibt es eine Audre Lorde City Tour: ein Rundgang an die Orte ihres Schaffens in Berlin.
#Berlin #Kreuzberg #Manteuffelstraße #Audre-Lorde-Straße #Straßenumbenennung
Verkehrspolitik in Neukölln: Der Siegeszug der Poller
▻https://taz.de/Verkehrspolitik-in-Neukoelln/!5993328
4.3.2024 von Alke Wierth - Gute Verkehrspolitik soll die Lebensqualität für Anwohnende verbessern. Reichen dafür Verbote und Absperrungen?
Als ich kürzlich in einer Berliner Tageszeitung las, die „Bürgerbeteiligung“ (sic!) am neuen Verkehrskonzept für den Kiez in Berlin-Neukölln, in dem ich wohne, sei abgeschlossen und das neue Konzept werde nun umgesetzt, musste ich erst mal ein bisschen lachen: Diese „Bürgerbeteiligung“ war mir komplett entgangen! Doch wohl hoffentlich nicht wirklich deshalb, weil ich mich als Bürgerin betrachte?
Nein, dass in Neukölln tatsächlich nur als männlich gelesene Menschen an Verkehrspolitik beteiligt werden, kann ich mir dann doch nicht vorstellen. Auch wenn die CDU bei den letzten Bezirkswahlen in Neukölln stets die Stimmenmehrheit geholt hat: Der Bezirksstadtrat für Verkehr ist immer noch grün!
Es muss dieser „Bürgerbeteiligung“ wohl irgendein anderes Auswahlverfahren zugrunde gelegen haben. Für mich jedenfalls ist es ein Rätsel, wann und vor allem wie die betroffenen Bürger:innen zu diesem Beteiligungsverfahren eingeladen worden sind. Ich lebe seit fast 17 Jahren in diesem Kiez, habe 16 davon als Lokaljournalistin gearbeitet und dabei wirklich viele Informationen aus allen möglichen Quellen und Kanälen wahrgenommen. Ehrlich: Wenn ich nichts von diesem Bürgerbeteiligungsverfahren mitgekriegt habe, muss da irgendwas schiefgegangen sein bei der Kommunikation.
Ich hätte mich jedenfalls sehr gerne daran beteiligt: Ich bin nämlich mit dem neuen Verkehrskonzept nicht so zufrieden, genauer gesagt: damit, wie es umgesetzt wurde.
In meinem Kiez stehen jetzt ganz viele rot-weiß gestreifte Poller und sperren Straßen für Autos ab. Eine Durchfahrt in den – von der es abgrenzenden Hauptstraße aus gesehen – hinteren Teil meines Stadtviertels ist zur Einbahnstraße erklärt geworden – und wer da einmal mit dem Auto hineingefahren ist, kommt wegen der vielen neuen Poller auch durch andere Straßen nicht mehr zurück. Er muss dann ebenso wie alle autofahrenden Leute, die in diesem hinteren Kiezteil wohnen, einen fast drei Kilometer langen Umweg durch eine bereits verkehrsberuhigte Straße nehmen, in der die Anwohnenden deshalb zur Hauptverkehrszeit nun stets einen langen Stau vor der Haustür haben. Und dann noch über zwei große Hauptstraßen fahren, um wieder zurück in sein Wohngebiet zu kommen und dort parken zu können.
Nirgendwo wurden Gehwege breiter gemacht und Bäume gepflanzt
Die Automaten, an denen man dafür neuerdings Parkscheine kaufen muss, standen eines Tages plötzlich da und waren in Betrieb – ohne dass es vorher irgendeine Information darüber gegeben hätte, dass man als Anwohner*in eine auf Dauer preiswertere und ein Jahr lang gültige Parkplakette kaufen kann oder wo und wie. Das Verkehrsaufkommen im Kiez ist seither tatsächlich geringer geworden, aber für anwohnende Autofahrer:innen sind diese Maßnahmen eine Last.
Ich fahre selbst nur sehr selten Auto, mich ärgert das also eigentlich persönlich nicht: Ich gehe zu Fuß. Was mich aber ärgert, ist das Autoritäre in dieser Verkehrspolitik. Da soll doch eigentlich die Lebens- und Aufenthaltsqualität für die Anwohnenden verbessert werden – oder habe ich da etwas falsch verstanden? Aber das einzige Mittel, mit dem dieses Ziel dann durchgesetzt wird, sind neue Verbotsschilder und Absperrpoller.
Dagegen keine einzige positive Maßnahme: Nirgendwo wurden zum Beispiel Fahrbahnen schmaler und Gehwege dafür breiter gemacht, nirgendwo ein paar Parkplätze entfernt und dort Bäume gepflanzt oder gar Bänke aufgestellt. Das neue Verkehrskonzept besteht nur aus Verboten. Ich mag solche Politik nicht: Ich fühle mich da als Bürgerin nicht gesehen, sondern nur bevormundet.
Doku „Berlin Utopiekadaver“: Die Freiheit wird geräumt
▻https://taz.de/Doku-Berlin-Utopiekadaver/!5994522
7.3.2024 von Carolina Schwarz - Wider klischeehafte Zuschreibungen von steinewerfenden Chaoten. Eine Doku über Berlins linke Szene kommt den Menschen ungewöhnlich nahe.
In Berlin hat man eigentlich immer das Gefühl, Zeug_in von etwas zu sein, das gerade zu Ende geht. In den letzten Jahren konnte man beobachten, wie immer mehr (Frei-)Räume verschwinden, der Immobilienkapitalismus über die Stadt hineinbricht und sie unter sich platt walzt.
Das klingt dramatisch. Ist es auch. In der Doku „Berlin Utopiekadaver“, ein Porträt der linksautonomen Szene in der Haupstadt, ist wenig Raum für Hoffnung. Denn in einem relativ kurzen Zeitraum wurde ein selbstverwalteter Ort nach dem anderen geräumt: die Liebig34, die Potse, der Köpi, die Meuterei oder das Syndikat.
Hinter den süßen Spitznamen verstecken sich linke Bars und Wagenplätze, Hausprojekte und Jugendclubs. Das seien „Orte, die zeigen, dass was anderes möglich ist. Orte außerhalb der kapitalistischen Verwertungslogik“, wie eine Bewohnerin des besetzen Hauses Liebig34 es beschreibt.
In der Berichterstattung werden die Menschen, die hinter diesen Orten stehen, oft als gewaltbereite Chaot_innen gezeichnet. Als Menschen, die Häuser besetzen, weil sie keine Lust haben zu arbeiten und eigentlich den ganzen Tag nur saufen und Steine werfen wollen. Diesem Bild setzt Filmemacher Johannes Blume etwas dagegen.
In seiner Doku, die beim Max-Ophüls-Filmfestival Premiere feierte, verzichtet er auf einen einordnenden Kommentar, auch Polizei und Politik kommen nicht zu Wort.
Die linken Aktivist_innen, Musiker_innen und Schutzsuchenden selbst stehen im Zentrum. Blume ist bei der Räumung des Köpi-Wagenplatzes und bei den letzten Tagen bis zur Schließung des Jugendzentrums Potse dabei, er ist auf Demos und spricht mit den Kollektiven. Er kommt der Szene wirklich ungewöhnlich nah.
Und diese Nähe ist die große Stärke der Doku. Wer im Detail verstehen will, welcher politische Wille und welche Fehlentscheidungen hinter der Räumungswelle stehen, muss auf andere Berichte und Dokus (beispielsweise „Capital B“) zurückgreifen.
Doch wer ein Gefühl dafür bekommen will, was Berlin in den letzten Jahren alles verloren hat und wie wenig die Stadt dafür gekämpft hat, wichtige und alternative Rückzugsorte zu erhalten, bekommt das ganze Ausmaß der Misere zu sehen.
Antisemitismusvorwürfe auf der Berlinale: Die Provinzialität des Joe Chialo
▻https://taz.de/Antisemitismusvorwuerfe-auf-der-Berlinale/!5995673
1.3.2024 von Claudius Prößer - Der CDU-Kultursenator bezeichnete die Äußerungen von Berlinale-PreisträgerInnen als antisemitisch und gratismütig. Ihm selbst fehlte jeder Mut.
Claudia Roth hat’s vergurkt: Mit ihrem Applaus bei der Berlinale-Preisverleihung am vergangenen Wochenende und einem Tweet, der diesen erklären sollte, wollte sie irgendwie alles richtig machen und hat sich zwischen alle Stühle gesetzt. Die Kulturstaatsministerin ließ auf X klarstellen, sie habe bei der Closing Ceremony im Berlinale-Palast für den jüdischen Israeli Yuval Abraham geklatscht – der freilich die Dankesrede für den Dokumentarfilmpreis gemeinsam mit seinem palästinensischen Co-Regisseur Basel Adra hielt.
Für die einen ist klar, dass Roth mit ihrem Exklusivapplaus den Palästinenser rassistisch ausgeblendet hat. Gleichzeitig erhob sich ein tagelanger rechter Shitstorm, der ihren Rücktritt forderte, weil sie überhaupt Beifall gespendet hatte. Und formal betrachtet stimmt es ja: Abraham hatte sich nicht einfach „für eine politische Lösung und ein friedliches Zusammenleben in der Region ausgesprochen“, wie die Ministerin behauptete, er hatte die auch im Film gezeigte Situation in Israel und den besetzen Gebieten explizit als „Apartheid“ bezeichnet.
Der international von kritischen BeobachterInnen – auch jüdischen und auch israelischen wie Yuval Abraham – verwendete Begriff wird nicht nur in vielen deutschen Medien, sondern auch von der Bundesregierung gern als antisemitisch eingeordnet oder zumindest mit Antisemitismus in Verbindung gebracht. Claudia Roth hatte ihn wahrscheinlich überhört und würde deshalb wahrscheinlich am liebsten ihren Tweet wieder löschen oder die Klarstellung klarstellen. Aber dass soziale Medien so nicht funktionieren, weiß sie vermutlich.
Auch mit etwas zeitlichem Abstand jedenfalls bereitet es Kopfzerbrechen, wie man ein paar politische Wortmeldungen, die die israelische Kriegsführung in Gaza mit zehntausenden Toten und die humanitäre Katastrophe dort anprangern, als lupenreinen Antisemitismus begreifen kann. Besonders ungut: die Äußerungen von Berlins CDU-Kultursenator Joe Chialo, der in mehreren Interviews kaum noch Superlative für die angeblichen Abgründe fand.
„Das war Antisemitismus, das darf es in Berlin nicht geben“, urteilte Chialo in den „Tagesthemen“ in Bezug auf die, so Interviewer Ingo Zamparoni, „Täter“. „Gratismut“ hätten die RednerInnen auf der Veranstaltung bewiesen, und leider, leider sei „das Publikum in der Kulturszene nicht ganz so divers, wie man’s selber gerne sähe“, „nicht alle Perspektiven“ seien repräsentiert, es träfen sich halt „Gleichgesinnte“ – das genaue Gegenteil von einem CDU-Parteitag also.
Tiefe Provinzialität
Abgesehen davon, dass Chialo den vermeintlichen Skandal nun als Vorlage für einen zweiten Anlauf zu seiner abgeschmetterten „Antisemitismusklausel“ für öffentlich geförderte KünstlerInnen machen will: Solche Aussagen zeugen von tiefer Provinzialität. Würde Chialo sich nicht nur über deutsche Zeitungen und Sender informieren, wüsste er, dass in vielen anderen Ländern, gerade auch in den USA und Großbritannien, gerade auch unter Kunstschaffenden und Intellektuellen, Kritik am Vorgehen Israels keineswegs hinter vorgehaltener Hand geübt wird. Und wenn man ein internationales Festival ausrichtet, sollte man sich nicht wundern, wenn auch etwas davon ins kleine Berlin herüberschwappt.
Solches künftig – mit welchen Mitteln auch immer – verhindern zu wollen, wie der Kultursenator, die Staatsministerin und andere nun verkünden, lässt nichts Gutes erwarten. Muss die nächste Jury von Land und Bund abgenickt werden? Wird die Unterzeichnung von Chialo-Klauseln zur Bedingung für eingeladene FilmemacherInnen? Schafft man vielleicht gleich noch den Panorama-Publikumspreis ab (man weiß ja nie)?
Chialo, der im „Tagesthemen“-Interview den KünstlerInnen empfahl, sie sollten doch immer auch die Toten im Jemen und die Millionen Geflüchteten im „Südsudan“ erwähnen (richtig war: Sudan), sagte an anderer Stelle noch einen bezeichnenden Satz: Niemand im Publikum sei aufgestanden und habe seine Meinung gesagt, „ich auch nicht“. Genau das aber hätte er tun können, und vielleicht wäre eine fruchtbare Debatte daraus entstanden. Wer als Politiker und Gastgeber diesen Mut nicht hat, muss anderen auch keinen „Gratismut“ vorwerfen.
Tesla und die Abwasser-Grenzwerte : Fast so unverschämt wie Elon Musk
▻https://taz.de/Tesla-und-die-Abwasser-Grenzwerte/!5995378
Quand les élus préfèrent quelques postes d’emploi et versements d’impôts à la survie des espèces dont l’humaine de leur région. L’usine Tesla aux portes de Berlin met en danger l’approvisionnement en eau de toute la région.
1.3.2024 von Jonas Wahmkow - Tesla leitet seit Jahren zu viel Phosphor und Stickstoff ins Abwasser ein. Der Fall zeigt: Das Unternehmen ist kein guter Partner für die Region.
Monster in der Mark: Die Tesla-Fabrik in Grünheide bei Berlin Foto: Jochen Eckel/ImagoVor allem Brandenburger Politiker:innen sehen in Tesla einen Segen für die Region. Doch was sieht der Autobauer eigentlich in Grünheide, der idyllischen 9.000-Seelen-Gemeinde, in der es sich angesiedelt hat? Natur, die sich ausbeuten lässt, Infrastruktur, die die Allgemeinheit bereitstellt und Behörden, die alle Wünsche zu erfüllen haben – dieser Eindruck verfestigt sich zumindest angesichts der Nachricht, dass Tesla mit seinem Grünheider Werk seit Jahren die zulässigen Grenzwerte für Stickstoff und refraktäres Phosphor regelmäßig und teilweise bis zu einem Fünffachen überschreitet.
Nach wiederholt ergebnislosen Abmahnungen und Du-Du-Briefen kündigte der zuständige Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) drastische Maßnahmen an: Auf einer außerordentlichen Sitzung am Freitag will der WSE die Abwasserversorgung einstellen, bis das Unternehmen die Grenzwerte wieder einhält. Das geht zumindest aus einer 27-Seitigen Beschlussvorlage hervor, über die zuerst der Stern berichtete.
Ein Umweltskandal, wie das bereits dokumentierte Auslaufen von tausenden Litern Lacks oder flüssigen Aluminiums, ist der Fall nicht. Schließlich handelt es sich bei Stickstoff und Phosphor um Pflanzennährstoffe, die zu großen Teilen in Klärwerken herausgefiltert werden.
Ein Großteil der Belastung stammt wahrscheinlich aus den Sanitärabwässern der Fabrik – längst arbeiten hier mehr Menschen, als in Grünheide wohnen. Die zusätzliche Nährstoffbelastung ist mittelfristig problematisch, weil sie das Algenwachstum begünstigt und die Gewässerqualität der Spree verschlechtert, aber sie stellt kein Gesundheitsrisiko dar.
Tesla erwartet Loyalität
Der Grund, warum der WSE derart Druck macht, ist ein anderer. Der Wasserverband verfügt über kein eigenes Klärwerk und leitet die gesamten Abwasser zum Klärwerk der benachbarten Berliner Wasserbetriebe (BWB) weiter. Nun fürchtet der WSE, es könnte selbst die Grenzwerte gegenüber den BWB überschreiten, was wiederum zu Vertragsstrafen in Millionenhöhe führen könnte.
Die WSE äußert sich nicht zu dem Dokument, wird aber guten Grund gehabt haben, warum sie 2020 Höchstmengen für Stickstoff und Phosphor mit Tesla vertraglich festlegte. Doch das US-Unternehmen tut so, als hätte es den Vertrag nie gegeben und verwies als Reaktion auf die Enthüllung darauf, dass ja im Klärwerk flussabwärts alles in Ordnung sei.
Noch dreister scheint sich der Konzern von Elon Musk gegenüber der WSE verhalten zu haben. Entweder ignorierte Tesla die Briefe komplett oder es gelobte Besserung, um nur wenige Wochen später die Grenzwerte wieder zu überschreiten, oder zweifelte die Glaubwürdigkeit des Labors an, bei dem der WSE die Proben analysieren ließ.
Abschließend habe Tesla in seinem Schreiben „auf den Grundsatz der Loyalität“ verwiesen und „die Erwartung“ geäußert, „der WSE möge weiter zuwarten und Grenzwertüberschreitungen dulden“, heißt es in dem Dokument.
Dem Autobauer seine Grenzen aufzeigen
Die Selbstverständlichkeit, mit der Tesla Verträge bricht und sich wiederholt über geltendes Recht hinwegsetzt, und die Arroganz, mit der der Autobauer mit lokalen Behörden umgeht, wecken Zweifel daran, ob das Unternehmen tatsächlich jemals so etwas wie ein verantwortungsvoller Partner sein kann.
Dabei ist die Region eine der niederschlagärmsten in Deutschland. Die wasserreichen Ökosysteme um die Fabrik sind hochempfindlich und Quelle für die Wasserversorgung von Berlin. Anstatt die notwendige Sensibilität für ihre natürliche Umgebung aufzubringen, legt Tesla feudale Gutsherren-Allüren an den Tag. Und rechnet damit, mit allen Regelverstößen durchkommen zu können.
Umso wichtiger ist es, Tesla seine Grenzen aufzuzeigen. Ob die Einstellung der Abwasserversorgung seitens der WSE, die Entscheidung der Bürger:innen gegen die Erweiterung des Werksgeländes oder die Baumbesetzung am Donnerstagmorgen unweit der Fabrik: Auf den Konzern und seine Fabrik muss Druck ausgeübt werden.
Protest-Filmfest in Berlin: Ohne Taxis keine Kultur - taz.de
▻https://taz.de/Protest-Filmfest-in-Berlin/!5990599
21.2.2024 von Jonas Wahmkow - Unweit vom Berlinale Palast veranstalten Taxi-Fahrer:innen ein eigenes Mini-Festival. Mit der Aktion wollen sie gegen Ubers Sponsoring protestieren.
BERLIN taz | Der wohl charmanteste Kinosaal Berlins befindet sich diese Woche nicht auf der Berlinale, sondern in einem Großraumtaxi auf dem Mittelstreifen der Potsdamer Straße. Hier, in der direkten Nachbarschaft zum Berlinale-Palast, hat der ehemalige Taxifahrer Klaus Meier mit ein paar Freunden das „Taxi-Filmfest“ ins Leben gerufen.
Die ersten Besucher:innen sind schon eingetroffen und unterhalten sich vor der Tür des beigefarbenen Transporters. Gleich startet der erste Film des Tages, eine Dokumentation von 1982 über Taxifahrer:innen aus Toronto. Klaus Meier nimmt sich noch etwas Zeit, um Fragen zu beantworten, feste Spielzeiten gibt es bei dem Filmfest nicht. „Es geht nicht darum, hier die Massen anzuziehen“, sagt Meier, „sondern nach Außen zu zeigen, dass wir Taxifahrer noch da sind“.
Die Aktion ist nicht nur als Hommage an die Branche gedacht, sondern auch als Protest gegen das wiederholte Sponsoring des Plattformunternehmens Uber. Unweit des roten Teppichs fahren links und rechts luxuriöse Uber-Limousinen vorbei, die das Unternehmen nur für die Berlinale betreibt. „Wir sind die Kultur der Stadt, und nicht die, die Opfer von Ausbeutung bei Uber werden“, sagt Meier. Dass Taxis und Kultur zusammengehören, beweisen die vielen Taxifilme, die noch die ganze Woche zu sehen sind.
Früher war Meier selbst Taxifahrer, heute arbeitet er als Berlins erster Taxi-Sozial-Lotse, eine Art Sozialarbeiter für Taxifahrer:innen. Meier ist gut vernetzt, viele der Gäste sind selbst Fahrer:innen. Ein Klagelied über die Plattform-Konkurrenz können hier alle singen. Vor Corona habe er 30 Autos gehabt, sagt Taxiunternehmer Stephan Brandt, jetzt seien es 15. Kein Wunder bei der Konkurrenz, die systematisch Arbeitsrecht missachten und somit Löhne drücken würde. Erst am Vormittag berichtete der RBB, dass geschätzte 2.000 Mietwagenfahrer:innen illegal unterwegs sind.
Der Film startet, die kleine Menschentraube zwängt sich in das Taxi. Erstaunlicherweise finden alle auf der ausgeräumten Ladefläche und zwei Holzbänken Platz. Die Gruppe blickt auf einen alten Flachbildfernseher hinter der vordersten Sitzbank, eine Bluetooth-Box sorgt für Sound, ein Heizlüfter für heimelige Wärme und ein Kasten Berliner Kindl für Erfrischung.
Vielleicht, sagt Meier, komme Martin Scorsese auch noch vorbei. Der Kultregisseur habe etwa zeitgleich die Ehrung für sein Lebenswerk auf der Berlinale erhalten. Passend dazu ist die nächste Vorstellung Scorseses Film-Noir-Klassiker „Taxi-Driver“.
#Berlin #Mitte_Potsdamer_Straße #Berlinale #TaxiFilmFest #Medienecho
Konflikte um die Berlinale: Politisch jenseits der Leinwand
▻https://taz.de/Konflikte-um-die-Berlinale/!5988921
Cool, hat uns das 7 zusätzliche Website-besucher eingebracht. Wir zählen weiter. Mal sehen, was der Stand am Ende des Festivals sein wird.
13.2.2024 von Jonas Wahmkow - Ob Proteste gegen die AfD, Arbeitsbedingungen oder den Nahostkonflikt: Die 74. Filmfestspiele sind Austragungsort gesellschaftlicher Konflikte
BERLIN taz | Die 74. Internationalen Filmfestspiele werden in diesem Jahr politisch wie selten. Das liegt nicht nur an dem Programm, in dem die Filmemacher:innen weltpolitische Themen und gesellschaftliche Missstände verarbeiten. Auch das Festival selbst wird zum Austragungsort politischer Konflikte: Nach dem Eklat um die Einladung von AfD-Politiker:innen nutzen Gewerkschaften den roten Teppich, um auf miese Arbeitsbedingungen in der Filmbranche hinzuweisen. Und auch der Krieg in Gaza geht nicht unbemerkt an der Berlinale vorbei.
Arbeitskampf hinter den Kulissen
Parallel zur Berlinale-Eröffnung am Donnerstag ruft Verdi zum „Union Day“ auf. Mit einer Protestaktion will die Dienstleistungsgewerkschaft, die sowohl Filmschaffende als auch Mitarbeiter:innen in den Kinos vertritt, ein Zeichen für bessere Arbeitsbedingungen in der Branche setzen. Am Donnerstagnachmittag wollen Filmschaffende auf einer Kundgebung am Potsdamer Platz ein Filmset nachbauen, in dem sie ihren eigenen Protest filmen.
„Wir wollen darauf aufmerksam machen, wie viele Leute hinter der Kamera bei einer Filmproduktion arbeiten“, erklärt Lisa Klinkenberg. Die Arbeitsbedingungen in der Branche bezeichnet die Gewerkschaftssekretärin als „aus der Zeit gefallen“: 60-Stunden-Wochen seien bei Filmproduktionen keine Seltenheit. „Wir wollen die 40-Stunden-Woche, und das bei vollem Lohnausgleich.“ Nur so sei eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erreichen.
Die Berlinale 2024
An diesem Donnerstag startet die Berlinale, die mit dem Film „Small Things Like These“ eröffnet wird. Hauptspielstätte für Premieren ist der Berlinale-Palast am Potsdamer Platz. Tickets sind seit Montag online erhältlich und kosten zwischen 15 und 18 Euro. Erhältlich sind sie immer drei Tage im Voraus. Wie eine Sprecherin am Dienstag mitteilte, konnten am Montag mit 77.757 Tickets etwas mehr als im vergangenen Jahr verkauft werden. Für den Goldenen Bären gehen 20 Filme ins Rennen – darunter zwei Projekte von den deutschen Regisseuren Andreas Dresen und Matthias Glasner. Laut Programm werden der Ukrainekrieg und die Lage in Nahost und im Iran eine große Rolle spielen. (taz)
Mit dem „Union Day“ will Verdi Druck machen in den aktuellen Tarifverhandlungen mit dem Arbeitgeberverband Produzentenallianz. Aber es geht nicht nur um den Tarifabschluss, einige Forderungen sind auch an die Politik gerichtet. „Dass tariflich festgelegte Lohn- und Arbeitszeiten eingehalten werden, muss im Filmförderungsgesetz festgeschrieben werden“, fordert Klinkenberg. Förderung bekäme dann nur noch, wer nach Tarif bezahlt.
Auch die Beschäftigten der CineMaxx und Cinestar Kinos beteiligen sich an den Protestaktionen. Auch sie befinden sich in Tarifverhandlungen. Gerade zu Berlinale-Zeiten sind sie hohem Arbeitsdruck ausgesetzt, bekommen aber häufig nur Mindestlohn. Verdi fordert daher ein Einstiegsgehalt von 14 Euro pro Stunde. „Die Berlinale strahlt Glanz und Glamour aus, das soll auch so sein“, sagt Verhandlungsführerin Martha Richards. „Uns ist wichtig, auch ein Schlaglicht auf die Leute zu werfen, die als Arbeitskräfte die Branche mittragen.“
Kein roter Teppich für die AfD
Die Ankündigung der Berlinale-Leitung am vergangenen Donnerstag, die AfD für die Eröffnungsgala wieder auszuladen, hat die Wogen im Berlinale-Kosmos wieder ein wenig geglättet. Auf sich beruhen lassen wollen einige Filmschaffende die Sache dennoch nicht und kündigen für die Eröffnung eine Protestaktion gegen die AfD auf dem roten Teppich an.
„Die Filme, die auf der Berlinale gezeigt werden, würde es mit der AfD nicht geben“, sagt Schauspielerin Pegah Ferydoni, die im Netzwerk Berlinale gegen Rechts die Aktion mitorganisiert. Man wolle verhindern, dass die AfD im nächsten Jahr wieder eingeladen wird. Auch wolle man das Momentum der Anti-AfD-Proteste auf die Berlinale weitertragen.
Die Protestaktion wird wahrscheinlich in Form einer Lichterkette stattfinden und ist mit der Berlinale-Leitung abgesprochen. Ebenso ist eine weitere Kundgebung zum Jahrestags des rechtsextremen Attentats in Hanau am 19. Februar geplant. „Es ist auch die Agenda der AfD, die dazu geführt hat, dass die Menschen in Hanau ermordet wurden“, sagt Ferydoni.
Die Einladung von fünf AfD-Abgeordneten sorgte nicht nur in der Kulturszene für einen Eklat. Bei öffentlich finanzierten Veranstaltungen wird in der Regel ein Kontingent an Parlamentsabgeordneten mit eingeladen. Der Senat schickte eine entsprechende Liste an die Organisator:innen, darunter auch einige Abgeordnete der AfD. Obwohl die Festivalleitung dazu nicht verpflichtet ist, lud sie alle auf der Liste ein. Wie bei der Berlinale in Zukunft mit der rechtsextremen Partei umgegangen wird, wird sich zeigen.
Taxis gegen Uber
Dass Berlins traditionsreiches Filmfestival ausgerechnet durch ihren ungeliebten Konkurrenten aus dem Silicon Valley Uber gesponsert wird, ist vielen Taxifahrer:innen ein Dorn im Auge. Bereits im vergangenen Jahr protestierten sie vor dem roten Teppich gegen Lohndumping und systematische Verstöße gegen das Arbeitsrecht bei dem US-Konzern. Dieses Jahr wählen die Taxifahrer:innen einen kreativeren Ansatz und organisieren kurzerhand ihr eigenes Filmfestival. In einem Großraumtaxi auf dem Potsdamer Platz werden die ganze Woche Filme gezeigt, darunter Klassiker wie „Taxi Driver“, „Taxi, Taxi“ oder „Das Fünfte Element“.
Krieg in Gaza
Auch der Krieg zwischen Israel und der Hamas könnte stärker in den Mittelpunkt des Filmfestivals rücken. Am Montag forderte ein Zusammenschluss aus Berlinale-Mitarbeiter:innen einen sofortigen Waffenstillstand und die Freilassung aller Geiseln. In dem Statement beklagen die Unterzeichner:innen die „Trägheit der Kulturbranche“ in Deutschland und fordern Institutionen wie die Berlinale zu einer klareren Haltung auf. Auch solle die Berlinale ein Raum für eine offene Auseinandersetzung zu dem Konflikt sein.
Gelegenheit bietet die Berlinale auch in ihrem Programm. So dokumentiert der Film „No other Land“, der am Samstag im Kino International Premiere feiert, den gemeinsamen Widerstand eines palästinensischen Aktivisten und israelischen Journalisten im Westjordanland.
#Berlin #Mitte #Potsdamer_Straße #Marlene_Dietrich_Platz #Berlinale #TaxiFilmFest
Ich, der Weltretter
▻https://taz.de/Motorrad-statt-Flieger/!vn5991559
First World Problems
Quand un auteur de presse connu veut donner le responsable climatique c’est un échec fini. Il raconte l’exemple des conditions auxquelles on s’expose quand on veut juste faire un saut chez un copain en Italie. Comme le Tasse il témoigne à la fois de sa situation de classe (d’invité à la cour italienne d’un mécène) et des conséquences de cette situation de classe (voyages démocratisées au prix de la destruction du monde). Il arrache le masque écolo aux protagonistes bourgeois voire petit bougeois verts.
15.2.2024 von Arno Frank - Arno Franks bester Freund feiert seine Geburtstage an der Adria. Als ökologisch bewusster Partygast entschied er sich bei der Anreise gegen das Flugzeug.
Mein bester Freund pflegt seine Geburtstage in einer Villa am Strand der Adria zu feiern. Das Haus ist eigentlich ein winziges Dörfchen in extrem abgelegener Gegend, es liegt auf einem felsigen Sporn im Meer, erreichbar zuletzt nur über ein bizarres Wollknäuel an Serpentinen und ganz am Ende zu Fuß über Stock und Stein. In dieser paradiesischen Abgeschiedenheit könnte mein bester Freund in Ruhe einen Roman schreiben oder, ebenfalls in Ruhe, perverse Orgien feiern. Lieber lädt er seine Freunde ein. Deshalb ist er mein bester Freund.
Vergangenes Jahr hatte ich nur wenig Zeit und wollte eigentlich mit dem Zug anreisen. Aus ökologischen Erwägungen, versteht sich. Und weil ich auf Schienen sehr gut arbeiten kann. Weil mich das Fliegen stresst, ehrlich gesagt. Und weil’s, noch ehrlicher gesagt, auch irgendwie cool wäre. Aus Jux erkundigte ich mich bei der Bahn – und »staunte«, wie man so sagt, »nicht schlecht«.
Es ist tatsächlich möglich, innerhalb eines einzigen Tages von Hessen nach Apulien zu fahren. Ich müsste nur um 5.26 Uhr in Wiesbaden in den ICE 991 nach München steigen, knapp vier Stunden später dort nur 16 Minuten warten, um dann den EC 83 nach Bologna zu nehmen, wo ich nur 26 Minuten nach meiner Ankunft um 16.45 Uhr bereits den FR 8815 nach Süden nehmen könnte, den ich dann nach einer Reisezeit von insgesamt 15 Stunden und 27 Minuten erreicht haben würde. In Foggia, so heißt das da, ist es dann gerade mal 21.19 Uhr, und ich kann mir nach einem Expresso im Stehen einen Mietwagen suchen.
Mit dem Mietwagen bräuchte ich dann nochmal knapp zwei Stunden für die letzten 100 Kilometer bis zum Strand, anders geht es nicht. Um ein Auto kommt also nicht herum, wer Herumkommen will im wilden Süden. Ich hatte mich dennoch gegen diese Zugreise entschieden, weil ich erfahrungsgemäß dem Umstiegsspielraum von nur 16 Minuten in München nicht traue und keine Nacht in einem bayerischen Hotel verbringen wollte.
Reality-Check auf dem Feuerstuhl
Also nahm ich mein Motorrad, das kommt mit fünf Litern aus. Für 1.500 Kilometer würde ich ebenfalls 15 Stunden brauchen, Tankpausen nicht eingerechnet, könnte mich am Ende auf den Serpentinen vergnügen und wäre vor Ort mobil. Es ist immer irrsinnig wichtig, »vor Ort mobil« zu sein, sogar im Paradies. Außerdem ist mein Motorrad eine Italienerin, das schien mir passend. Und auch irgendwie cool, wenn auch auf altmodischere Weise als eine Bahnfahrt.
Nach dann doch knapp 20 Stunden stumpfsinnigen Pfahlsitzens bei Dauerregen auf italienischen Autobahnen kam ich in tiefster Nacht als psychisches und physisches Wrack an – und ließ mich ausgiebig von den übrigen Gästen bemitleiden, die fast alle von Deutschland nach Neapel geflogen (zwei Stunden) und von dort mit dem Mietwagen »rübergefahren« waren an die Adria (vier Stunden).
Komplizierte Kalkulationen
Immerhin wurde mir unter beifälligem Schulterklopfen der (imaginäre) Preis der »umweltfreundlichsten Anfahrt zuteil«. Ich bezweifelte allerdings, dass mir diese Ehre zustand. Eine vierköpfige Familie war in einem Auto etwa 1.000 Kilometer von München nach Apulien gegondelt, ich hingegen hatte ganz alleine auf meinem Bock gesessen. Das müsse man, warf ich ein, ins Kalkül ziehen. Die Autofahrer dachten nach, machten dann aber zu ihrem Nachteil fairerweise geltend, dass in einem eleganten Mittelklassekombi der Marke BMW doch bedeutend mehr Rohstoffe und Energie stecken als in einem alten Moped.
Hier hätten wir nun Zettel und Stift zücken und die in beiden Fahrzeugen gebundene »graue Energie« ausrechnen können, multipliziert um den Faktor vier, den Reifenabrieb addiert, die Verbrauchswerte exakt kalkuliert, solche Sachen. Dinge jedenfalls, die noch vor zehn Jahren kein Thema gewesen wären. Wir haben die Nacht dann doch lieber dem schmackhaften Primitivo gewidmet.
Dieses Jahr bin ich dann nach Neapel geflogen und mit dem Mietwagen an die Adria gefahren. Mea culpa, mea maxima culpa. Zum Ausgleich werde ich dann im kommenden Jahr wohl wirklich die Bahn nehmen. Oder dem Geburtstag meines besten Freundes halt gleich per Videocall beiwohnen.
Ehemaliges Militärgelände in Deutschland : Rückkehr der Soldaten
▻https://taz.de/Ehemaliges-Militaergelaende-in-Deutschland/!5989279
C’est fini la démilitarisation des terrains militaires d’Allemagne. On a besoin d’espace pour préparer les guerres prévues. Je me sens de plus en plus comme Max Liebermann en 1933.
„Ick kann jar nich soville fressen, wie ick kotzen möchte.“
Bernd Küster : Max Liebermann. Ein Malerleben
6.2.2024 von Clara Suchy - Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine wird die Verteidigungspolitik neu ausgerichtet. Ein Ende der Ära der Konversion ist absehbar.
ein zugewucherter Bunkereingang auf einem ehemaligen Militärgelände der US-Streitkräfte in Rheinhessen
Ein ehemaliger Bunker der US-Streitkräfte im Ober-Olmer Wald in Rheinhessen wird von Sträuchern überwachsen Foto: Peter Zschunke/dpa
BERLIN taz | Wo früher Soldat:innen wohnten, decken heute Mütter und Väter den Frühstückstisch. Wo früher Schießübungen stattfanden, wandern Menschen durch Naturschutzgebiete. Durch den Abzug der Nato-Truppen aus Deutschland wurden bis 2020 laut der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) 400.000 Hektar Land frei. Die sowjetischen Streitkräfte hatten laut Recherchen des Museums Karlshorst (ehemals Deutsch-Russisches Museum Berlin-Karlshorst) eine Fläche in der Größe des Saarlandes besetzt. Der größte Teil davon ist bereits für die Konversion freigegeben worden.
Auch die Bundeswehr reduziert seit Jahrzehnten ihre Standorte und Flächen. Im aktuellen Stationierungskonzept wurden 31 Standorte zur Schließung angekündigt und 90 weitere sollten drastisch verkleinert werden. Die Umnutzung von ehemals militärisch genutzten Flächen war in den vergangenen Jahrzehnten das Gebot der Stunde. Nicht nur Land sollte entmilitarisiert werden. Seit dem Ende des Kalten Krieges wurde die deutsche Verteidigungspolitik grundlegend neu ausgerichtet: Die Wehrpflicht wurde ausgesetzt, der Verteidigungshaushalt gekürzt und der Truppenbestand der Bundeswehr mehr als halbiert.
Doch seit zwei Jahren befindet sich Europa wieder im Krieg. 2022 verkündete der deutsche Bundeskanzler die Zeitenwende. Das 2-Prozent-Ziel der Nato, dass jedes Bündnisland 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung investiert, würde erfüllt werden. 100 Milliarden Euro würden in das Sondervermögen der Bundeswehr fließen. Kurzum: „Was für die Sicherung des Friedens in Europa gebraucht wird, das wird getan“, sagte Olaf Scholz (SPD) damals, nur drei Tage nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine.
Seither ist viel passiert. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will Deutschland wieder „kriegstüchtig“ machen. Er will sein Ressort umkrempeln und effizienter machen. Dazu soll die Bundeswehr erstmals dauerhaft im europäischen Ausland stationiert werden. Spätestens 2027 sollen 5.000 Soldat:innen einer Kampfbrigade in Litauen die Ostflanke der Nato schützen.
„Gut ausgebildete Reserve“
Pistorius will nicht nur die Truppen im EU-Ausland verstärken. Die Bundeswehr soll auf 203.000 Soldat:innen aufgestockt werden. Derzeit sind es knapp 181.000. Dazu veröffentlichte der Verteidigungsminister im November neue Richtlinien für sein Ministerium. Darin wird unter anderem eine „gut ausgebildete Reserve“ gefordert, die im Falle einer Landes- und Bündnisverteidigung für Verstärkung sorgen soll.
Hält der aktuelle Trend der Militarisierung an, wird die Bundeswehr irgendwann Flächen für ihre Expansion benötigen. Der taz sind noch keine Fälle bekannt, in denen der Bund bereits konvertierte Flächen zurückfordern will. Doch ein Fall in Gütersloh zeigt, was möglich ist. Der Flugplatz der Stadt in Nordrhein-Westfalen wurde während des Zweiten Weltkriegs von der deutschen Luftwaffe genutzt. Nach Kriegsende lag der Militärflugplatz in der britischen Besatzungszone. Bis 2018 wurde die Fläche von verschiedenen britischen Militäreinheiten genutzt. Als sich die britischen Streitkräfte aus Deutschland zurückzogen und der letzte Hubschrauber abgehoben hatte, wurde das Gelände an die Bima übergeben.
Inzwischen ist der Flugplatz in zwei Teile geteilt: Seit 2017 gehört der nördliche Teil der Gewerbepark Flugplatz Gütersloh GmbH, die zu 70 Prozent im Besitz der Stadt Gütersloh ist. Der südliche Teil gehört weiterhin der Bima, die für die Konversion ehemaliger Militärflächen zuständig ist. Auf deren Website wird der Flughafen auch noch als „Konversionsfläche“ bezeichnet.
Doch das könnte sich bald ändern. Seit 2023 liegt ein Antrag der US-Luftwaffe vor, den südlichen Teil des Flugplatzes wieder militärisch nutzen zu dürfen. Auf Nachfrage der taz wollten weder die Bima noch die Gütersloh GmbH sagen, wie weit die Verhandlungen über die Remilitarisierung des Flugplatzes fortgeschritten sind. Die Anfrage der U.S. Air Force lässt jedoch erahnen, in welche Richtung künftig konvertiert wird.
Vor 75 Jahren erhielt die HU ihren Namen : Ein Markenname mit Bestand
▻https://taz.de/Vor-75-Jahren-erhielt-die-HU-ihren-Namen/!5987402
L’auteur du TAZ nous rappelle que l’université de Berlin porte un nom qui symbolise l’antifascisme et l’amitié entre les peuples. Les frères Humboldt symbolisent d’abord le progrès scientifique et politique de l’époque de sa fondation. En même temps l’auteur affiche son ignorance complète du sens des thèses sur Feuerbach et de place de Karl Marx dans l’histoire de la pensée scientifique quand il l’appelle un « critique du capitalisme » alors que ce sont l’introduction de la pensée matérialiste dialectique, ses recherches sur la loi/théorie de la valeur (Wertgesetz) et la valeur travail (Arbeitswerttheorie) puis la découverte des antagonismes de classe comme moteur du progrès historique qui font de lui l’éminent penseur qui défend toujours sa place dans l’entrée de l’université.
8. 2. 2024, 07:00 Uhr von Andreas Hergeth - 1949, kurz vor DDR-Gründung, kam die Humboldt-Universität zu ihren Namen. Warum der Staatssozialismus diesen beibehielt, weiß eine HU-Historikerin.
Was Jubiläen aber auch für Assoziationsketten auslösen können: Am 8. Februar vor 75 Jahren, im Jahr 1949, bekam die Humboldt-Universität ihren Namen, also Monate vor Gründung der DDR am 7. Oktober desselben Jahres. Und schon schwelgt der Autor in Erinnerungen an die Zeit nach der Wende, als er an der Humboldt-Uni unter anderem Kulturwissenschaften und Europäische Ethnologie studierte – mit Schwerpunkt (es gab auch andere) auf der Alltagskultur der DDR.
Denn die galt auf einmal als null und nichtig. Kaum jemand wollte sich damit beschäftigen. Aber eine Dozentin, aus der DDR wie er selbst stammend, tat das ausführlich. Und überhaupt war in den 1990ern die DDR an der HU ständig präsent.
Denn es waren die Jahre des großen Umstrukturierens des wissenschaftlichen Lehrbetriebs und der Evaluierungen. Was gab das für heiße Diskussionen über Rektoren, Dozenten, Inhalte, Studienordnungen. Beliebte Professor:innen mit DDR-Vergangenheit wurden auf eine „reine Weste“ hin untersucht und durften sich auf die Professur, die sie gerade noch innehatten, bewerben. Oft genug bekam aber jemand aus dem Westen den Job. Eine prägende Erfahrung in einem Jahrzehnt ständigen Wandels.
Was nie zur Debatte stand, war der Name der Universität. Dabei hätte man ja auf die Idee verfallen können – so wie es Berlin nach der Wende mit vielen Straßennamen tat –, die Uni wieder wie früher zu benennen. Also ganz früher.
Vom Preußenkönig gegründet
Im Jahr 1809 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. als „Universität zu Berlin“ gegründet, nahm sie ein Jahr später den Lehrbetrieb auf. Von 1828 bis 1945 trug sie dann den Namen ihres Gründers und hieß „Friedrich-Wilhelms-Universität“. 1949 schließlich taufte man die „Universität zu Berlin“, wie sie nach Ende des Zweiten Weltkrieges wieder genannt wurde, um: nach den Universalgelehrten Wilhelm und Alexander von Humboldt.
Doch wie kam es, dass die größte und älteste Universität Berlins im sowjetisch besetzten Teil der Stadt diesen Namen erhielt? Eine Frage, die Gabriele Metzler, Professorin am Institut für Geschichtswissenschaften und Vorsitzende der historischen Kommission beim HU-Präsidium, beantworten kann.
Die Frage nach der Umbenennung „stellt sich eigentlich sofort nach dem Zweiten Weltkrieg“, sagt Metzler der taz. „Es besteht damals allgemeiner Konsens, dass man die Universität nicht unter dem Namen Friedrich Wilhelm weiterführen kann. Schon sehr früh gibt es eine stillschweigende Einigung darüber, dass es auf eine Humboldt-Universität hinausläuft. Als die ‚Universität Berlin‘ Ende Januar 1946 offiziell wiedereröffnet und den Lehrbetrieb aufnimmt, geht dieser Name sogar durch die Presse, ohne dass er zu diesem Zeitpunkt offiziell feststeht. In den ersten Entwürfen zu einer Satzung der Universität, die 1947/48 entsteht, ist ‚Humboldt-Universität‘ bereits präsent.“
Der neue Name war in der Welt
Es gibt zwar kein Dokument darüber, dass der Universitätsleitung irgendwann eine Urkunde mit dem neuen Namen überreicht wurde. Aber ein wesentliches Datum gibt es: „Am 8. Februar 1949, dem Tag der Wahl und der Investitur des neuen Rektors Walter Friedrich, wurde der neue Name der Universität offiziell verkündet“, erklärt Metzler. Ein entsprechendes Schreiben von Paul Wandel, Präsident der Zentralverwaltung für Volksbildung, später der erste Minister für Volksbildung der DDR, wurde in der Presse abgedruckt – und der neue Name war in der Welt.
Von Kaisers Gnaden
1809 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. als „Universität zu Berlin“ gegründet, trug die Uni seinen Namen bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs.
Von SED-Gnaden
Seit dem 8. Februar 1949 trägt die Universität den Namen der Humboldt-Brüder Wilhelm und Alexander. Der hatte auch nach der Wende Bestand.
Und die Studierenden?
Die HU gehört zu den 20 größten Hochschulen in Deutschland und den renommiertesten Universitäten weltweit. Hier studieren in 171 Studiengängen rund 45.000 (die Universitätsklinik Charité mitgezählt) junge Menschen aus aller Welt. (heg)
Weiß man, wer die Idee mit den Humboldts hatte, und vor allem warum? Das sei nicht so genau zu ermitteln, sagt Professorin Metzler. „Wir wissen etwa, dass Edwin Redslob, der damalige Mitherausgeber des Tagesspiegels, zu dieser Zeit viel über diese Idee geschrieben hat.“
Zunächst bezog man sich auf Wilhelm von Humboldt, den liberalen preußischen Bildungspolitiker, auf den die Initiative zur Gründung der Universität zurückgeht. Später kommt auch Alexander von Humboldt ins Spiel. „Das macht es auch der SED und der Verwaltung mit Paul Wandel an der Spitze leichter, den Namen zu akzeptieren“, sagt Metzler.
„Wilhelm von Humboldt stand für Humanismus und die Freiheit der Wissenschaft, Alexander von Humboldt für den naturwissenschaftlichen Fortschritt. Insofern ist sein Name in dieser Situation ganz wichtig, um den ‚Humboldt‘ politisch durchsetzen zu können – mit Wilhelm alleine wäre das vermutlich bei der von der SED beherrschten Bildungsveraltung gar nicht möglich gewesen.“
Klare Abkehr vom Preußentum
Spielte bei der Namensfindung Ideologie denn keine Rolle? Die Sowjets saßen doch mit im Boot?
„Ja, natürlich spielt die Ideologie eine Rolle“, sagt Gabriele Metzler. „Es geht zum einen um eine klare Abkehr vom Preußentum. Der Staat Preußen selbst wird 1947 aufgelöst – und die Friedrich-Wilhelms-Universität war die zentrale preußische Universität. Die Professoren der Universität verstanden sich einem berühmten Zitat zufolge als ‚geistiges Leibregiment der Hohenzollern‘. Von dieser Tradition will man weg“, erklärt Metzler.
Einst sahen sich die Professoren als „geistiges Leibregiment der Hohenzollern“
Es gehe aber auch „um Antifaschismus und darum, den Geist der neuen Demokratie in der Universität zu verankern. Das schlägt sich auch in den Versuchen der Neuordnung der Universität nieder. Die Satzung von 1949 definiert ganz klar antifaschistisch-demokratische Ziele neben den allgemeinen wissenschaftlichen-akademischen Aufgaben, die die Universität hat.“
Eine ganze Zeit lang wird aber durchaus, vor allem seitens der SED, erwogen, die Namen Marx und Engels in den Universitätsnamen einfließen zu lassen. „Das war zum Beispiel die Position von Paul Wandel“, sagt Metzler. „Weniger Chancen hätte gehabt – auch das gab es kurz als Überlegung –, Lenin oder Stalin als Namenspatron zu wählen. Aber die realistische Alternative wäre tatsächlich Marx oder Engels gewesen.“ Nach Marx benannt wird dann die Leipziger Universität.
Zu einer Marx-Universität in Berlin kam es nicht. „Zum einen wird aus der Universität selbst heraus Druck aufgebaut zugunsten der Benennung nach Humboldt. Der Studentenrat zum Beispiel gibt im März 1947 ein einstimmiges Votum dafür ab.
Und die sowjetische Besatzungsmacht?
Aber auch die sowjetische Besatzungsmacht kann sich mit dem Namen anfreunden und stellt die Weichen in Richtung Humboldt-Universität. Ihr Interesse war, möglichst auch bürgerliche Kreise für ihre Politik zu gewinnen. Genau diese bürgerlichen Wissenschaftler hätte man mit einer Benennung nach Stalin oder Lenin verprellt.“
Das Ganze muss auch vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass sich im Westteil der Stadt zu dieser Zeit die Freie Universität von der Universität Unter den Linden abspaltet. Studierende wechseln nach Dahlem, auch Professoren, die dort im Herbst 1948 die Gründung der FU vorantreiben. „Diese Entwicklung gehört dazu“, fasst Metzler zusammen, wenn es darum geht, warum die Wahl auf die Humboldts fiel.
Der Name hatte Bestand, auch in DDR-Zeiten. „Pläne zu einer Umbenennung gab es nicht. Der Akzent in der Traditionspflege lag stärker auf Alexander – dem Mann der Völkerverständigung, der internationalen Verbindungen, der Naturwissenschaften.“ Und, auch das lässt sich sagen: Die Wahl erwies sich „als kluger Zug“, „Humboldt“ habe sich „zum Markennamen entwickelt“. Deshalb wollte auch nach der Wende niemand die Umbenennung.
Karl Marx hat es aber doch noch in die Humboldt-Universität geschafft, schon im Mai 1953, zu seinem 70. Todestag: mit einem bekannten Zitat, das in riesigen Lettern am Treppenaufgang im Hauptfoyer prangt.
Karl Marx hat es aber doch noch in die Humboldt-Uni geschafft
Es handelt sich dabei um die 11. Feuerbachthese des Kapitalismuskritikers, der ja derzeit neu entdeckt wird: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“ Marx hatte übrigens von 1836 bis 1840 an der damaligen Friedrich-Wilhelms-Universität Jura studiert.
#Berlin #Mitte #Unter_den_Linden #sciences #histoire #antifascisme #Prusse #marxisme
Ein Besuch beim Neandertaler : Ort für urzeitliche Erkundigungen
▻https://taz.de/Ein-Besuch-beim-Neandertaler/!5985330
►https://fr.m.wikipedia.org/wiki/Heimat
L’homo neanderthalensis s’appelle homo neanderthalensis parce que l’endroit où on a trové ses ossements n’existait déjà plus quand on s’est rendu compte de son importance pour la généalogie humaine. La vallée qui a remplacé les monticules de son habitat est le résultat des ravages de l’industrialisation. il fallait un nom pour ce néo-paysage et on choisit celui du pasteur romantique Neander pour le désert minier. Conclusion - nous sommes tous des descendants d’un Homme de nulle part parce que nos arrière grand parents ont détruit sa « Heimat ».
►https://fr.m.wikipedia.org/wiki/Heimat
5.2.2024 von Burkhard Straßmann - Das Neandertal kennt man wegen des Neandertalers. Hier wurde er entdeckt. Vom Wildromantischen, das ihn umgab, findet sich allerdings nichts mehr.
Illustration mit urzeitlichen Tieren und einem Neandertaler in einem modernen Museumsbau.
Urzeitliche Sensationen im Neandertal Illustration: Jeong Hwa Min
METTMANN taz | Ich bin ein Neandertaler. Die Leute in New York, Berlin und Gütersloh starren mich an, wenn ich mich so vorstelle. Dann grinsen sie verunsichert. Die Leute denken: gedrungen, Knubbelnase, dumm. Keule über der Schulter. Was sie nie denken: 40822 Mettmann.
Genau zwischen Düsseldorf und Wuppertal liegt Mettmann. Und ein Teil des Ortes heißt Neandertal. Den Neandertaler kennen sie alle. Das dazugehörige Neandertal ist unbekannt. Ich weiß, dass es das gibt, weil ich einen Faustkeilwurf entfernt von der „Fundstelle“ wohne.
Wen es ins wirkliche und wahre Neandertal zieht, der macht es am besten wie die Urahnen des Düsseldorfer Aktionskünstlers Joseph Beuys vor 200 Jahren. Die dortigen AkademiestudentInnen gingen dreieinhalb Stunden zu Fuß. Immer an einem Großbach namens Düssel lang. Singend. Saufend. Vögelnd. Das entnimmt man jedenfalls zeitgenössischen Berichten.
Wisente und Urpferde
Irgendwann kommen Busparkplätze. Dann ein Spielplatz. Ein Wald mit viel Kunst drin, zum Beispiel die Skulptur von einem Menschen, der sich von einer 1,5 Meter hohen Düsselbrücke in den Bach gestürzt hat und dort auf dem Bauch liegt. Für Tierfreunde gibt es Wiesen mit Wisenten, ausgestorbenen Auerochsen und Urpferden. Gefälschte Nachzüchtungen, aber lieb.
nix wie hin
Die Besonderheit
Zwar ist hier alles irgendwie Fake und Disneyland, aber manchmal, ganz selten, finden Wissenschaftler immer noch Knöchelchen von Neandertalern. Im Jahr 2000 entdeckte man ein Stück Augenhöhle mit Jochbein. Gänsehautmoment!
Die Zielgruppe
Großer Spielplatz, steile Wanderwege, Café mit Zitronenrollen, ein schlaues Museum plus niederbergische Frischluft – für jeden was dabei.
Hindernisse auf dem Weg
Es gibt eine S-Bahn ab Düsseldorf Hauptbahnhof. Die S28 scheint aber leider von Gleis 13 ¾ abzufahren. Vermutlich fahren 50 Prozent der Züge nach Hogwarts, der Rest zerfällt hinter dem Bahnhof wegen Altersschwäche. Es ist umstritten, ob jemals überhaupt eine S28 in Neanderthal (für die Bahn mit „h“!) angekommen ist.
Auf der anderen Seite der Talstraße liegt das Neanderthal Museum (unentschieden ist der orthografische Streit, ob man Neandertal mit „h“ wie auch die Deutsche Bahn beim zugehörigen Bahnhof schreibt. Oder ohne, wie alle anderen). In einem grannysmithgrünen ovalen Betonkörper schraubt sich vom Erdgeschoss spiralförmig eine breite Rampe in die Höhe, die oben in einem Café endet, welches immer noch 6 Prozent Steigung hat. Flaschen rollen von den Tischen, aber es ist ja klar, was das soll: die Evolution symbolisieren! Denn da geht es ja auch nur immer bergauf.
Lebensgroße Puppen schauen uns hier an, nachgebaute Vor-, Ur- und Noch-nicht-mal-Menschen. Lucy zum Beispiel, 1 Meter groß, 3,2 Millionen Jahre alt. Und natürlich der Neandertaler, mit seinen lächerlichen 40.000 Jahren fast ein Vetter. Man kann sich neben ihn stellen für ein Selfie. Machen alle.
Der Neandertaler ist traditionell ein Weißer. Doch neuere paläogenetische Untersuchungsergebnisse forderten eine Korrektur: Vor zwei Jahren ersetzte man den Alten durch eine neue, dunkelhäutige Kopie. Was das alte Erbgut noch ergab: Der Neandertaler hat mit unseren Urahnen vom Stamme Homo sapiens Kinder gezeugt. Darum haben wir heute noch einige seiner Gene in der DNA, was zum Beispiel unsere großen Neandertalernasen erklärt. Sehr nützlich bei Eiszeitkälte! Leider sind die Knöchelchen vom Alten im Neanderthal Museum Fake – die echten gehören dem Rheinischen Landesmuseum in Bonn und sind dort ausgestellt.
Was der Mettmann-Tourismus auch nicht zeigen kann, ist das Neandertal des Neandertalers. Denn das ist weg. Noch vor 200 Jahren war es hier wildromantisch, zerklüftet, Hunderte Gewässer stürzten und tosten aus dem Bergischen Land rheinwärts. Überall Gewölbe, Höhlen. Die Gegend hieß damals zutreffend „Gesteins“.
Die fehlende Fundstelle
Das Gesteins bestand leider aus Kalkstein. Dieser wurde ab Mitte des 19. Jahrhunderts für die Stahlindustrie gebraucht, und zwar gründlich. 1856, so eben noch rechtzeitig, fanden Steinbrucharbeiter die Knochenstücke des Neandertalers. Danach wurde weiter fleißig Kalk abgebaut – bis alles Gesteins futsch war. Nicht nur das Gesteins: Wasserfälle waren weg. Höhlen. Wälder. Eine ganz Landschaft. Und natürlich die Fundstelle – die war auch weg.
Mettmann, das Touristen sonst nichts zu bieten hat, wollte trotzdem eine Fundstelle haben. So verfiel man auf die beknackte Idee, da, wo die Fundstelle mal war, bevor sie weggebaggert wurde, einen Turm zu errichten. Damit man, wenn man oben ist, ungefähr da in der Luft steht, wo mal der Neandertaler hockte. Der „Erlebnisturm Höhlenblick“ hat dummerweise auch noch ein Dach, das einer riesigen Schädeldecke nachempfunden ist – unappetitlich!
Schön dagegen ist die Geschichte, wie das Tal und der Mann zum Namen Neander kamen. 1674 verschlug es den Bremer Theologen Joachim Neander nach Düsseldorf, wo er lehrte und predigte. Neander verdrückte sich aber noch lieber mit seinen Schülern in der Natur, um unter Bäumen zu beten und im Gesteins zu singen – das war sein Ding. Und als man Jahrhunderte nach Neander mangels Gesteins einen neuen Namen für die Gegend brauchte, erinnerte man sich an den Komponisten des Chorals „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“. Und verfiel auf Neandertal. Was postum zur Heimat des Neandertalers wurde.
Kotti-Wache : Im Zweifel sind’s immer die anderen
▻https://taz.de/Kotti-Wache/!5987351
A Berlin-Kreuzberg la police légalise ses habitudes de stationnement illégal et continue ainsi à bloquer l’accès au bus pour les handicapés Son attaché de presse trouve que c’est o.k.
6.2.2024 von Lilly Schröder - Die Einsatzwägen der Polizei parken dauerhaft im Halteverbot und verhindern damit den barrierefreien Zugang zum Bus. Dagegen klagt eine Awohnerin.
Verkehr am U-Bahnhof Kottbusser Tor
BERLIN taz | Alle Wege führen nach Rom – und auf die Adalbertstraße. Die der BSR, die den Müll abholt, des Busses, der Fahrgäste ausspuckt, des Lieferanten fürs türkische Restaurant und der Radfahrerin, die sich hindurchschlängelt. Seit Eröffnung der Kotti-Wache bereichert noch jemand das Gewusel: die Einsatzwagen der Polizei.
Die parkten aus „einsatztaktischen Gründen“ direkt unter der Wache, sagt ein Polizeisprecher. Da befindet sich aber die Bushaltestelle, und es gilt Halteverbot. Nicht in Ordnung finden das Anwohner*innen wie die 66-jährige Gertrud Trisolini: Aufgrund der Fahrzeuge könne der Bus nicht an den Bordstein heranfahren, sagt sie. Ständig müsse er mitten auf der Straße halten und könne den barrierefreien Ein- und Ausstieg nicht mehr gewährleisten.
Trisolini reichte Beschwerde bei der Polizei ein. Deren Reaktion: Sie besorgte sich ein Sonderparkrecht und montierte „Einsatzfahrzeuge frei“-Schilder. „Damit hat die Kotti-Wache ihren Fuhrpark auf Kosten des ÖPNV nach Beschwerde legalisiert“, kritisiert Trisolini.
Die grüne Bezirksverordnete Taina Gärtner unterstützt das Anliegen des „Kreuzberger Urgesteins“ Trisolini und stellte einen Antrag an die BVV Friedrichshain-Kreuzberg. Das Sonderparkrecht führe in der ohnehin stark belasteten Adalbertstraße zu Engpässen für den 140er Bus, heißt es darin, und der „Ersatzhalt auf offener Straße“ sei für körperlich beeinträchtigte Menschen exkludierend. Sie fordert eine „alternative Lösung“, die sicher für die Nutzer*innen ist, „die Belange des ÖPNV wahrt sowie praktikabel für die Belange der Kottiwache ist“. „Perfide“ findet Gärtner das „monatelange Geparke im Halteverbot“. Es sei ein weiteres Beispiel dafür, dass die Wache, „die behaupte, dass Anwohnende sie hier haben wollen“, von oben herab über ebendiese regierte. „Der blanke Hohn!“.
Die Polizei behauptet dagegen, bei den Falschparker*innen handele es sich um private und gewerbliche Verkehrsteilnehmer*innen. Gärtner und Trisolini bestreiten das. Auch sonst glaubt die Behörde, dass sie das Problem schon wuppt: Neben dem Sonderparkrecht habe man das Haltestellenschild und Fahrradstellplätze um einige Meter verlegen lassen sowie eine zusätzliche Stellfläche für Funkwagen eingerichtet, so der Polizeisprecher. Auch die Flächen auf der Fahrbahn habe man deutlich markiert. „Müsste jetzt alles wunderbar funktionieren“, sagt ein Polizist vor Ort – schon klar, wer hier die Hosen anhat.
Von der BVG heißt es, man befinde sich in Abstimmung mit der Polizei, um für eine „konsequentere Freihaltung“ der Haltestelle zu sorgen. „Allerdings gelingt das leider nicht immer.“ Die Folgen seien „ärgerlich“. Noch ärgerlicher scheint, dass die Polizei sich hier auf dem Rücken der Schwächsten ins Recht setzt.
Fahrdienste in Stadt und Land: Halb Bus, halb Taxi
▻https://taz.de/Fahrdienste-in-Stadt-und-Land/!5985404
28.1.2024 von Amira Klute - Ridesharing-Dienste verstehen sich als Ergänzung zum ÖPNV. Das klappt mit Moia in Hamburg und rund um Hannover mit Sprinti unterschiedlich gut.
Was wäre eigentlich, wenn öffentlicher Nahverkehr viel flexibler wäre? Wenn er einen da abholte, wo man ist und einen dahin führe, wo man hin will, und zwar, wann man es möchte? Kurz: Wenn der Fahrplan sich den Menschen anpassen würde und nicht umgekehrt?
Bürgergruppen auf Facebook sind oft das Gegenteil von solch gut gelaunten Utopien. Zwischen der Suche nach entlaufenen Haustieren und Handyfotos von Sonnenuntergängen findet sich viel Gemecker über alles, was nicht geht: Straßensperrungen, Schlaglöcher, die Müllabfuhr.
Um so verblüffender, wenn sich über ein öffentliches Angebot einmal so unverhohlene Begeisterung ergießt. „Nutzt den Sprinti. Mega-Sache:)“, schreibt ein Nutzer in der Gruppe „Bürger der Stadt Neustadt am Rübenberge“. „Keine Ahnung, wer das angeschoben hat!?! Auf jeden Fall super!“, kommentiert Thomas B. Und Steffen S. schreibt: „Es ist so geil Leute! Was für eine Errungenschaft.“
Der „Sprinti“ fährt in der Region Hannover herum, und zwar so erfolgreich, dass es selbst die Verantwortlichen erstaunt. Das Prinzip ist nicht neu und wird an vielen Stellen erprobt: „On-Demand-Verkehr“ und „Ridepooling“ sind die Schlüsselbegriffe, die in der Branche rauf und runter diskutiert werden.
Moia, Sprinti und Co
Ridepooling-Dienste sind irgendetwas zwischen öffentlichem Nahverkehr und Taxi. Dahinter steckt eine ausgeklügelte Software, die Fahrten bündelt, die in eine ähnliche Richtung gehen – das ist der Unterschied zu Plattformen wie Uber, bei dem Privatautos als Taxi fungieren, oder Mitfahrzentralen wie Blablacar, bei denen die Route weitgehend festgelegt ist.
Die große Hoffnung ist, dass Ridepooling-Dienste den Nahverkehr effizienter und bequemer machen und private Autofahrten überflüssig machen. Das klappt allerdings nicht immer.
Moia, eine VW-Tochter, fährt seit 2017 durch Hannover und seit 2019 durch Hamburg, wo Moia bisher nach eigenen Angaben auf rund 8,6 Millionen Fahrgäste kam. Ungefähr eine Million Menschen haben sich Stand November 2023 als Kund:innen registriert.
Der Sprinti fährt seit Juni 2021 durch immer mehr Dörfer rund um Hannover. Nach zwei Jahren feierte man hier die millionste Fahrt. Durchschnittlich 1.500 Fahrgäste nutzen Sprinti pro Tag, der bisherige Tagesrekord liegt bei 2.400 Fahrgästen - in einer Region, in der rund 360.000 Menschen Zugriff auf das Angebot haben.
Aus Nutzersicht funktioniert das so: Man gibt seinen Startpunkt und den Zielort in eine App ein und bekommt wenig später angezeigt, wo man in einen Kleintransporter steigen darf und wie lange dieser benötigt, um einen zum Ziel zu bringen. Das hängt in der Regel davon ab, wie viele andere Fahrgäste er unterwegs noch einsammelt und wieder absetzt. Dahinter steckt ein Algorithmus, der kalkuliert, welche Route die günstigste ist.
Viele Anbieter als Problem
In der Praxis ist das ein Markt, in dem viele Anbieter mitmischen. Das, sagt die Verkehrswissenschaftlerin Anke Borcherding am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, sei allerdings auch ein Teil des Problems: Fahrgäste haben in den letzten Jahren viele On-Demand Angebote kommen und wieder verschwinden sehen. „Das Angebot ist dann plötzlich weg oder taucht unter neuem Namen wieder auf und kein Mensch versteht, was das soll“ sagt Borcherding.
Besonders häufig würden Angebote wieder eingestellt, wenn große Unternehmen an Entwicklung und Betrieb beteiligt sind. So wie die Deutsche Bahn, die den Dienst Clever Shuttle in Berlin erst gefördert und sich später zurückgezogen hat. Warum genau, ließ das Unternehmen offen und erklärte, man habe sich auf „keine gemeinsame Finanzierungslösung“ einigen können.
Bisher am Ball bleibt Volkswagen (VW), das mit seinem Tochterunternehmen „Moia“ On-Demand Shuttles anbietet. Seit 2019 surren die goldschwarzen, elektrisch angetriebenen Kleinbusse durch Hamburg, seit 2017 mit Verbrennungsmotoren durch Hannover, dem Eindruck vieler in beiden Städten nach oft: leer.
Zwar nutzen immer mehr Menschen Moia, für volle Busse scheint es aber noch nicht zu reichen. Laut einer von Moia selbst beauftragten Studie sind pro Fahrt im Durchschnitt nur 1,3 der sechs Plätze besetzt. Das ist nicht viel und ungefähr die gleiche Auslastung wie bei privaten PKW. Effizient und umweltfreundlich durch „Ridepooling“, also das Bündeln von Fahrgastwünschen? Das Konzept geht bei Moia noch nicht so richtig auf.
Vielleicht liegt es daran, dass Moia bisher nur da unterwegs ist, wo es ohnehin ein gutes Nahverkehrsangebot gibt – in großen Städten. Der Sprinti fährt dagegen da, wo sich Linienverkehre oft nicht lohnen: Zwischen Dörfern, die Bolzum, Ilten oder Wehmingen heißen. Schmucke Käffer im Speckgürtel Hannovers, wo sonst zweimal am Tag ein Schulbus fährt und sonst nichts.
Zwangskunden und Eltern-Taxis
„Zwangskunden“ nennt Verkehrswissenschaftlerin Bocherding die Menschen, die hier überhaupt noch öffentlichen Nahverkehr nutzen. Das meint diejenigen, die zu jung, zu alt oder zu arm für eine Führerschein und ein eigenes Auto sind.
Wobei auch die oft mit dem Privat-PKW durch die Gegend kutschiert werden. „Mit dem Sprinti hat der Anteil an Eltern-Taxis deutlich abgenommen“, erzählt Sehndes Bürgermeister Olaf Kruse (SPD). Wenn mal wieder Unterricht ausfällt und zur dritten Stunde kein Bus fährt, kann man für seine Kinder jetzt einen Sprinti ordern.
Ein Kleinbus steht bei einem Pressetermin vor dem Rathaus in Sehnde in der Region Hannover
Überhaupt schwärmt Kruse davon, was der Sprinti für die Dorfgemeinschaften bedeutet. Er bringt die Oma zum Frühschwimmen und die Jugendlichen heil aus der Disko zurück, die Kinder zum Sportverein und die Erwachsenen zum Schützenfest. Aber eben auch Berufspendler vom S-Bahnhof ins Gewerbegebiet und andersherum.
Für 40 Prozent der Sprintifahrten wurde der eigene PKW stehen gelassen, 30 Prozent der Fahrten hätten sonst nicht stattgefunden, hat eine Evaluation ergeben, die von der Region Hannover in Auftrag gegeben wurde.
Netter als sonst im Nahverkehr
Die Atmosphäre in den Kleinbussen, sagt Kruse, sei auch viel netter als sonst im öffentlichen Nahverkehr. Man fährt ja quasi mit Nachbarn, kennt sich, grüßt sich, kommt ins Gespräch. Und das Ganze für den Preis eines normalen Bustickets.
Wer in Hamburg oder Hannover Moia fahren will, zahlt dagegen mehr als bei den städtischen Verkehrsgesellschaften. Außerdem ist der Preis immer unterschiedlich. Auf einen Grundpreis von vier Euro kommt nämlich ein flexibler Aufpreis, der sich nach Strecke, Uhrzeit und Wochentag richtet. Laut dem Unternehmen hängt der von Angebot und Nachfrage ab.
In den letzten zwei Jahren wurde dieser Betrag deutlich angehoben. Im Vergleich zu 2020 hat sich der Preis für die selbe Strecke fast verdoppelt. In Hamburg sind die „Moias“ seit Anfang 2023 offiziell als „eigenwirtschaftlicher Linienbedarfsverkehr“ in den ÖPNV integriert, und wer ein gültiges Abo der städtischen Verkehrsgesellschaft hat, bekommt auf eine Moia-Fahrt einen Euro Rabatt. Die Preissteigerungen fängt das nicht ab.
Tatsächlich kostet eine Moia-Fahrt momentan fast genauso viel wie ein Taxi. Montagmittag dreieinhalb Kilometer durch Hamburg-Altona? 10 Euro Minimum
Den User Bernd Janke hat der Preisanstieg zurück aufs Rad getrieben. „Habe beschlossen, die Moia-App zu löschen“ schreibt er auf „Trustpilot“, einer Webseite für Kundenbewertungen. Wie ihm geht es vielen Kund:innen auf dieser Seite. Tatsächlich kostet eine Moia-Fahrt momentan fast genauso viel wie ein Taxi. Montagmittag dreieinhalb Kilometer durch Hamburg-Altona? 10 Euro Minimum. Wer in der Gruppe unterwegs ist, kommt mit einer Fahrt bei der Plattform Uber, die Festpreise unabhängig von der Passagierzahl anbietet, günstiger weg.
Der Sprinti bei Hannover kostet zwar immer so viel wie der Bus, es gibt aber einen kleinen Haken: Die Fahrkarte muss man mitbringen oder in der App kaufen, beim Fahrer kann man nicht bezahlen. Das ist natürlich ungewohnt und stört manche Nutzer.
Wobei die Hürde mit der App-Nutzung nicht so hoch zu sein scheint wie befürchtet. Man kann den Sprinti auch telefonisch buchen, aber die Wenigsten tun das. „96 Prozent der Buchungen erfolgt in der App“, sagt der Verkehrsdezernent der Region, Ulf-Birger Franz. Die Rufbusse und Rufsammeltaxen, die es auf einigen Strecken vorher gab, hatten deutlich weniger Nutzer:innen.
Abbau von Hemmschwellen
Die Region Hannover und der von ihr beauftragte Dienstleister Via haben allerdings auch einigen Aufwand getrieben, um Hemmschwellen abzubauen. In den zwölf Kommunen, in denen der Sprinti mittlerweile fährt, gab es Infostände auf den Marktplätzen zur Einführung. Dort wurde auch nicht so versierten Smartphonenutzern geholfen, die App herunterzuladen, und die Bedienung erklärt. In einigen Gemeinden machten die Seniorenräte Werbung dafür.
Ein anderer Kritikpunkt sind die Haltestellen und Nutzungsgebiete. Eigentlich sollte der Zustiegspunkt nicht weiter als 150 Meter entfernt liegen. Allerdings darf der Sprinti auch keinen Tür-zu-Tür-Service anbieten – er ist ja immer noch öffentlicher Nahverkehr und kein Taxi.
Also hat der Anbieter ein Netz aus „virtuellen Haltestellen“ über das Einsatzgebiet gespannt, manchmal sind das ganz normale Bushaltestellen, manchmal andere Sammelpunkte – nicht jedem Nutzer erschließt sich auf Anhieb, warum er denn nun ausgerechnet dort hin laufen soll.
Außerdem fährt der Sprinti immer nur innerhalb des Gebietes einer Kommune, Ausnahmen gibt es allenfalls, wenn der nächste S-Bahnhof in der Nachbarkommune liegt. Das ist blöd für alle, die zum Einkaufen, zum Zahnarzt oder zum Reitverein knapp hinter die Gemeindegrenze wollen und nicht verstehen, warum der Sprinti diese paar Kilometer nun nicht fährt.
„Das lässt sich leider schwer vermeiden“, sagt Verkehrsdezernent Ulf-Birger Franz. „Irgendwo muss man eine Grenze ziehen, und die muss ja auch irgendwie kommunizierbar sein. Wenn ich zu viele Ausnahmen mache, wird es unübersichtlich, das schreckt Nutzer ab. Aber je weiter der Sprinti fährt, desto länger dauert es, bis er zurück und wieder verfügbar ist. Das verlängert entweder die Wartezeiten für die Anschlussnutzer oder man muss eine riesige Flotte bereithalten.“
Auch der Sprinti ist ein Zuschussgeschäft
Letzteres geht natürlich schon deshalb nicht, weil sich das System nicht selbst trägt. Wie die meisten Formen des öffentlichen Nahverkehrs ist auch der Sprinti ein Zuschussgeschäft.
Auch deshalb sind die Region Hannover und ihre Nahverkehrsgesellschaft Üstra sehr darauf bedacht, den Sprinti nur dort einzusetzen, was Verkehrsexperten „die letzte Meile“ nennen. Also die Strecke von der Haustür bis zum nächsten Linienverkehr. Wenn man in die Sprinti-App eine Strecke eingibt, auf der auch ein Linienbus oder eine Straßenbahn fährt, wird einem diese Verbindung angezeigt.
Bisher wurde der Sprinti vom Bundesverkehrsministerium mit 17 Millionen Euro gefördert. Allerdings nur als Pilotprojekt, die Förderung läuft Ende 2024 aus. Deshalb befürchten viele Nutzer, dass auch dieses Projekt wieder eingestellt wird – obwohl es gerade erst den Deutschen Mobilitätspreis gewonnen hat.
„Das wird nicht passieren“, sagt der Regionsabgeordnete Wolfgang Toboldt (SPD), „als wir das beschlossen haben, war uns allen klar, dass wir dann nicht mehr zurück können.“ Hinter den Kulissen läuft derzeit eine fieberhafte Suche nach weiteren Fördertöpfen, man hofft, vielleicht doch eine Anschlussfinanzierung vom Bund zu bekommen oder EU-Mittel aus den Strukturprogrammen für ländliche Räume.
In der Zwischenzeit hat die Region auch bei ihrem eigenen Anteil noch einmal kräftig drauf gelegt: 3,4 Millionen Euro waren es im Jahr 2023 und 19 Millionen Euro im Jahr 2024. Langfristig, sagt Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies, wird man bei den ohnehin anstehenden Verhandlungen mit dem Bund zur Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs eben auch schauen müssen, wie man solche Angebote künftig einpreisen kann.
Nach dem Absetzen eines Fahrgasts des Ridesharing-Anbieters Moia bestätigt die Fahrerin auf einem Panel den Ausstieg
Auch Moia bekommt Fördermittel vom Bund. Knapp 1,7 Millionen Euro sind schon geflossen, über 8 Millionen sollen bis 2026 folgen, das hat eine kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag ergeben. Die VW-Tochter schreibt wohl noch keine schwarzen Zahlen. Insider vermuten, dass VW trotzdem dabei bleibt, weil man auf zukünftige Gewinne hofft, zum Beispiel dadurch, das Konzept als Komplettpaket an Städte oder Verkehrsunternehmen zu verkaufen. Aktuell berät „Moia“ etwa München bei der Entwicklung eines On-Demand-Service.
Zur Wette auf die Zukunft gehört auch, dass ein Kostenpunkt wegfallen könnte: der Lohn für die Fahrer:innen. Aktuell liegt der bei 13 Euro die Stunde, plus Zuschläge für Fahrten am Wochenende, an Feiertagen und in der Nacht. Moia wirbt um neue Fahrer:innen mit dem Versprechen, dass man in Vollzeit mit durchschnittlich 2.700 Euro rechnen könne.
In Wahrheit sei so ein Gehalt aber die Ausnahme, sagt Peter Alexander, Betriebsrat bei Moia in Hamburg. „Die Werbung hat viele Kolleginnen und Kollegen geärgert.“ Selbst von den Vollzeitfahrer:innen hätten nicht wenige noch einen Nebenjob, weil das Geld am Ende des Monats nicht reiche.
Die Arbeitsbedingungen bei Moia stehen schon länger in der Kritik, nicht nur wegen der Bezahlung. Ende 2023 ergab eine Kleine Anfrage der Linken in der Hamburger Bürgerschaft, dass es seit 2019 schon mehr als 140 arbeitsgerichtliche Prozesse zwischen Moia und ehemaligen Beschäftigten gegeben hat. Beim Großteil ging es um Kündigungen.
„Jeden Tag werden Fahrer abgemahnt, jeden Tag Fahrer gekündigt“, bestätigt eine ehemalige „Moia“-Fahrerin der taz. Unter Fahrer:innen sorge das für große Unsicherheit, vor allem in der Probezeit. Hauptkündigungsgrund seien Krankheitstage, viele kämen daher auch krank zur Arbeit. „Durch Druck und Angst soll die Krankheitsquote niedrig gehalten werden“ sagt die ehemalige Fahrerin. Zwei Mal haben die Beschäftigten im vergangenen Jahr wegen der Arbeitsbedingungen und des niedrigen Stundenlohns gestreikt. Das Unternehmen lehnt Forderungen nach besserer Bezahlung ab.
Beim Sprinti verdienen Fahrende 2,50 Euro mehr pro Stunde, plus Zuschläge für Wochenend- und Nachtarbeit. Trotzdem ist auch für die Region Hannover klar: Die Personalkosten sind der dickste Brocken und Fahrer:innen eine knapper werdende Ressource. Kostendeckend oder sogar gewinnbringend wird sich dieses Geschäft erst betreiben lassen, wenn man autonom fahrende Busse einsetzen kann. In der Region Hannover laufen bereits Modellprojekte dazu. Und auch VW setzt auf diesen Zukunftsmarkt.
Berliner Mercedes-Benz-Arena: Neuer Name für die Mehrzweckhalle
▻https://taz.de/Berliner-Mercedes-Benz-Arena/!5985391
So what ?
26.1.2024 von Jonas Wahmkow - Die Umbenennung der Mercedes-Benz-Arena in Uber-Arena ist auch eine Machtdemonstration. Die größten Kapitalhaufen bestimmen das Bild der Stadt.
Der freie Markt kann einfach alles besser. Straßenumbenennungen zum Beispiel. So benötigen Berliner Bezirke oft Jahre, um den Namen einer Straße zu ändern, wenn sie nach einem Kolonialverbrecher oder Antisemiten benannt ist. Die Immobilieninvestoren der Anschutz Entertainment Group hingegen schaffen das in nur etwas mehr als zwei Monaten.
So soll die Mercedes-Benz-Arena ab dem 22. März „Uber-Arena“ heißen, wie die Unternehmensgruppe vergangene Woche bekanntgab. Auch die Fläche vor der Mehrzweckhalle, in der Konzerte und Sportevents stattfinden, wird dann in „Uber-Platz“ umbenannt. Mit im Paket ist auch die Verti Music Hall, die bald „Uber Eats Music Hall“ heißen wird.
Natürlich erfolgt der Namenswechsel nicht aufgrund etwaiger moralischer Bedenken über den auch zwischen 1933 und 1945 sehr aktiven Automobilkonzern, sondern weil Uber einfach mehr Geld auf den Tisch gelegt hat. Nach O2 und Mercedes Benz ist Uber nun bereits der dritte Namensgeber der Mehrzweckhalle.
Zum Vergleich: Die Umbenennung der Mohrenstraße benötigte über 10 Jahre aktivistische Arbeit und intensive Diskussion, bis es im Bezirksparlament 2021 eine Mehrheit für die Umbenennung gab. Und die ist aufgrund einer Klage von Anwohnenden immer noch nicht abgeschlossen.
Der entscheidende Unterschied: Beim Mercedes-Benz-Platz handelt es sich nicht um öffentlichen Straßenraum, sondern um ein Privatgelände. Und der Eigentümer darf mit seinem Eigentum bekanntlich machen, was er will, da müssen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit schon mal zurücktreten.
Kein Aufschrei in der Stadtgesellschaft
Für einen großen Aufschrei in der Stadtgesellschaft sorgte die Umbenennung bisher nicht. Das liegt vor allem daran, dass es sich bei dem Quartier um den Mercedes-Benz, Pardon, Uber-Platz um ein relativ neues Stadtviertel handelt, zu dem die meisten Berliner:innen bis auf den gelegentlichen Konzertbesuch kaum einen Bezug haben. Anschutz errichtete 2008 die Mehrzweckhalle auf dem ehemaligen Güterbahnhofgelände, das direkt an den Resten der Berliner Mauer liegt. Da der Investor dem Traditionsklub Eisbären Berlin eine neue Heimstätte bot, wurde Anschutz vom Senat hofiert.
In den darauf folgenden Jahren errichtete der Investor um die Halle herum in bester Citylage gleich gegenüber der East-Side-Gallery eine Art kapitalistischen Todesstreifen: Kaum eine Grünpflanze ziert den Platz, dafür grelle LED-Tafeln, umringt von austauschbaren Systemgastronomiefilialen, Multiplexkino und Bowlingbahn sind natürlich auch mit dabei. Komplettiert wird das Ensemble von futuristischen Bürotürmen, die nach ihren Hauptmietern „Zalando-Tower“ und „Amazon-Tower“ genannt werden. Was der Ausverkauf der Stadt bedeutet, lässt sich an wenigen Orten so gut bewundern wie hier.
Nur das Taxigewerbe protestierte erwartungsgemäß gegen die Namensänderung. Man können den Uber-Platz ja gleich in den „Platz der Schwarzarbeit“ umbenennen, schlug Michael Oppermann, Geschäftsführer des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands, in der Branchenzeitung Taxi-Times vor. Die Taxibranche wirft dem Transportdienstleister Uber vor, mit seinem Geschäftsmodell systematisch arbeitsrechtliche Standards zu umgehen, Lohnkosten zu drücken und somit „organisierte Schwarzarbeit“ zu betreiben.
Die Umbenennung ist nicht nur ein guter Deal für Anschutz, sondern auch eine Machtdemonstration. Nicht etwa demokratische Entscheidungsprozesse bestimmen das Bild der Stadt, sondern der größte Kapitalhaufen. Was dabei herauskommt, ist selten das Beste für die Allgemeinheit. Aber halt besser für private Investor:innen.
Mustafa Barghouti über den Gazakrieg: „Hamas ist Teil unserer Gesellschaft“ - taz.de
▻https://taz.de/!5986884
Der Politiker will die Hamas in eine gesamtpalästinensische Regierung einbinden, um zu Stabilität zu kommen. Für Israelis zeigt er wenig Verständnis.
Mustafa Barghouti auf einer Demonstration in Ein Hijleh, Westjordanland, im Jahr 2014 Foto: Daniel Tepper/Redux/laif
Mustafa Barghouti ist Generalsekretär der Palästinensischen Nationalen Initiative (PNI), einer Initiative, die gewaltfreien Widerstand gegen die israelische Besatzung propagiert. Er gilt als möglicher Nachfolger von Mahmud Abbas als Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde. Mit seiner NGO Medical Relief Society (PMRS), die in Gaza an vorderster Front kämpft, ist er rund um die Uhr beschäftigt. Den Gazakrieg beobachtet er aus der Ferne – aus Ramallah im Westjordanland.
wochentaz : Herr Barghouti, dass es in Gaza noch keinen Waffenstillstand gibt, liegt auch daran, dass eine Strategie für den Tag danach fehlt. Wie kann ein weiterer 7. Oktober verhindert werden?
Mustafa Barghouti :
Indem man vermeidet, nur über den 7. Oktober zu sprechen.
Das war nicht nur irgendein Tag.
Was ist das Problem? Dass der Stacheldraht durchbrochen wurde oder dass dieser Stacheldraht existiert? Ich bin Arzt und ich konzentriere mich nicht auf die Symptome, sondern auf die Ursachen. Der 7. Oktober ist ein Symptom. Die Hamas selbst ist ein Symptom. Im Jahr 1948 …
… nein, bitte fangen Sie nicht mit 1948 an. Wir kennen die Geschichte. Bleiben wir bei den aktuellen Entwicklungen.
Wenn Sie die falsche Frage stellen, bekommen Sie die falsche Antwort. Es sieht aus, als wollte ich Fragen ausweichen, aber Sie sind es, die den Antworten ausweicht. Der Rückzug aus dem Gazastreifen, den Ariel Scharon (ehem. Regierungschef Israels, Anm. d. Red.)2005 anordnete, war nie als echter Rückzug gedacht. Israel kontrolliert weiterhin die Grenzen, den Zoll, den Handel, die Steuern, die Telekommunikation, den größten Teil der Stromversorgung, den Luftraum, das Standesamt: alles. Anfangs zählte es die Mindestmenge an Kalorien, die zum Überleben notwendig ist, und ließ keinen zusätzlichen Krümel in den Gazastreifen. Nach UN-Angaben sollte der Gazastreifen schon 2020 nicht mehr lebensfähig sein. Und nun schreiben wir das Jahr 2024. Es gab nicht einmal mehr Trinkwasser, nur noch Meerwasser, Salzwasser. Es war klar, dass diese Barriere früher oder später niedergerissen werden würde.
Sie vergessen die über 1.000 Israelis, die in Stücke gerissen wurden.
Das tue ich nicht. Und deshalb muss die Belagerung beendet werden. Niemand hier will, dass sich der 7. Oktober wiederholt.
Sie sprachen von Ursachen und Symptomen. Was ist die Therapie?
Der 7. Oktober beweist nicht, dass nur Macht funktioniert, sondern das Gegenteil: dass Macht nicht ausreicht. Selbst wenn man die fortschrittlichste Technologie hat, wird es immer einen Gleitschirm geben, den man nicht vorhergesehen hat. Der 7. Oktober zeigt, dass es Zeit ist, zur Politik zurückzukehren. Der letzte Gipfel zwischen Netanjahu und Abbas fand 2014 statt.
An Politik mangelt es in erster Linie in Ramallah. Abbas’ Amtszeit ist 2009 ausgelaufen. Die Palästinenser haben zuletzt 2006 gewählt.
Absolut. Wir sind da, wo wir sind, auch weil die Palästinensische Autonomiebehörde so ist, wie sie ist. In Oslo (steht für einen 1993 begonnene Reihe von Friedensabkommen, Anm. d. Red.) wurde sie schlecht konzipiert, und seit Oslo wurde sie noch schlechter verwaltet. Deshalb fordern wir als Palästinensische Nationale Initiative Neuwahlen. Wir wollen eine Übergangsregierung für den Gazastreifen und das Westjordanland zusammen: eine Regierung der Nationalen Einheit, die von uns allen gebilligt ist. Und so schnell wie möglich Wahlen.
Bedeutet nationale Einheit die Einbeziehung der Hamas?
Ja, natürlich.
Israel wird das nicht zulassen.
Wir sprechen von der palästinensischen Regierung, nicht von der israelischen.
Aber glauben Sie, Israel würde die Hamas akzeptieren?
Darum geht es nicht. Die Hamas existiert. Sie kann nicht einfach ausgelöscht werden. Denn es geht nicht nur um Jahja Sinwar (Hamas-Führer im Gazastreifen, Anm. d. Red.), die Kämpfer oder Gaza. Die Hamas ist eine komplexe Bewegung. Sie ist Teil unserer Gesellschaft. Sollte sie auch nur 5 Prozent der Stimmen haben, hätte sie das Recht, eine Stimme zu haben. Wie alle. Es geht nicht um Zahlen: Es geht um Demokratie.
Was ist die Hamas aus Ihrer Sicht?
Nehmen Sie eine beliebige Zeitung aus den 70er Jahren. Lesen Sie über die Palästinensische Befreiungsorganisation und Arafat. Auch er wurde als Terrorist betrachtet, genauso wird die Hamas heute gesehen.
Können Sie sich wirklich Hamas-Chef Ismail Hanijeh etwa als Regierungschef vorstellen?
An der Führung beteiligt zu sein, bedeutet nicht, in der Regierung zu sitzen. Die Hamas ist immer sehr pragmatisch gewesen. Sie ist bereit, einen Schritt zurück zu machen, wenn es zu einem Schritt nach vorne führt.
Sie wissen aber auch, dass die Hamas die Wahlen vermutlich gewinnen würde.
Aber sie wird keine Mehrheit haben. Stimmen sind ja keine Sitze: Sie werden durch das Wahlgesetz in Sitze umgewandelt. 2021 haben wir ein Verhältniswahlsystem eingeführt, um zu Koalitionsregierungen zu kommen und Fehden zu vermeiden. Die Auseinandersetzung mit der Besatzung ist kompliziert genug. Wer auch immer gewinnt, wir werden zusammen regieren.
Und wie wollen Sie mit Ihrem Ansatz die Sicherheit Israels gewährleisten?
Wie wird Israel unsere Sicherheit gewährleisten?
Die Hamas erkennt die Grenzen von 1967 nicht an. Ihr Palästina reicht vom Jordan bis zum Mittelmeer. Da ist kein Platz für Israel.
Wer sagt das? Die Grenzen von 1967 werden im Abkommen von 2006 erwähnt, das zu unserer ersten Regierung der Nationalen Einheit führte. Seither werden sie in allen unseren Abkommen erwähnt, bis hin zum Abkommen über das neue Wahlgesetz und die Neuwahlen. Und Hanijeh hat bestätigt, dass die Hamas ihre Haltung nicht geändert hat. Es ist vielmehr Netanjahu, der die Grenzen nicht anerkennt, der Israel vom Fluss bis zum Meer sieht. Im September zeigte er bei der UNO eine Karte, auf der alles Israel war, sogar das Westjordanland und der Gazastreifen. Niemand erhob Einwände.
Ich hatte nach der Sicherheit gefragt.
Sicherheit wird durch das Ende der Besatzung entstehen. Punkt. Nach 1948 blieben uns nur noch 22 Prozent unseres Landes, und schließlich, nach 1967, einigten wir uns darauf, nicht mehr zu beanspruchen. Wir haben unseren Anteil bereits geleistet. Aber jetzt sind die israelischen Siedler überall und wir haben nur noch 18 Prozent dieser 22 Prozent. Die letzte Siedlung wurde am 5. Dezember genehmigt. In der Hitze des Krieges. Lasst uns in Frieden und ihr werdet in Frieden leben.
Netanjahu sagt, er werde den Gazastreifen nicht verlassen, bevor die Hamas ausgelöscht ist.
Über 70 Prozent der Häuser liegen in Trümmern. Sein Ziel ist ein anderes: Er will die Palästinenser zwingen, wegzuziehen.
Israel wird vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) des Völkermords beschuldigt. Glauben Sie, dass dies das richtige Wort ist, um diesen Krieg zu beschreiben?
Das ist eine Frage an Sie.
Wie meinen Sie das?
Darf ich Elie Wiesel zitieren? In jedem Krieg gibt es drei Kategorien. Die Mörder, die Opfer und diejenigen, die daneben stehen und zusehen. Eines Tages wird man Sie fragen: Wo waren Sie?
Allerdings hat der IGH keine Macht – selbst wenn er Israel verurteilen sollte.
Macht hat viele Formen. Die meisten Regierungen sind auf der Seite Israels, aber die öffentliche Meinung ist mehrheitlich auf der Seite des Gazastreifens. Vor zehn Jahren mussten Journalisten von der „sogenannten Besatzung“ schreiben. Heute schreiben sie über Apartheid. Es gibt die Macht der Waffen und die der Ideen. Die Macht der Vernunft. Ich bin geboren, als Schwarze in den USA in die hinteren Reihen der Busse verbannt wurden, und ich habe erlebt, wie ein Schwarzer Präsident wurde.
Was erwarten Sie von Europa?
Nichts.
Nicht einmal Sanktionen?
Sie haben tausende Sanktionen gegen Putin verhängt, aber gleichzeitig machen Sie hier Urlaub in den Airbnbs in den Siedlungen (im Westjordanland, Anm. d. Red.).
Sie haben keine Glaubwürdigkeit mehr.
Qu’attendez-vous de l’Europe ?
Rien.
Même pas des sanctions ?
Vous avez imposé des milliers de sanctions à Poutine, mais en même temps vous passez des vacances dans des Airbnb dans les colonies (en Cisjordanie, ndlr). Vous n’avez plus aucune #crédibilité.
Ils [ Les Européens] ont imposé des milliers de sanctions à Poutine, mais en même temps, ils viennent ici passer des vacances dans des Airbnbs dans les colonies (en Cisjordanie, ndlr).
Ils n’ont plus aucune crédibilité.
Iatrocratie sur la toile
HERRSCHAFT DER ÄRZTE - Lösung mit 11 Buchstaben - Kreuzwortraetsel Hilfe
▻https://kreuzwortraetsel-hilfe.com/f/herrschaft-der-aerzte
Rätselfrage
Wir haben 2 Lösungen
Frage ▼ Lösung
herrschaft der ärzte 11 iatrogratie
herrschaft der ärzte 11 iatrokratie
David versus Goliath
▻https://gehe.blogspot.com/2003/11/die-kirche-ist-eine-verbrecher.html?m=1
Meine persönlichen Erlebnisse, Ansichten, Anmerkungen als ortsfester Weltbürger im globalen Polizeistaat
Donnerstag, November 20, 2003
Die Kirche ist eine Verbrecher-Organisation!
So die öffentlich geäusserte private Meinung von Darsteller Matthieu Carriere des aktuellen Films Luther:
Keine neue Erkenntnis - aber doch völlig anders, wenn man es selbst am eigenen Leib erfährt.
Bezüglich katholischer Kirche stimme ich dieser Meinung vehement zu.
Die Funktionsträger-Truppe ist gemeint - nicht das Fussvolk, diese gutgläubigen (gar blinden?) frommen Christen ehrlichen Herzens.
An einem katholischen Krankenhaus in Bayern behandelt ein Medizin-Prof. Patienten so Menschen verachtend, dass es mich an KZ-Arzt Mengele erinnert.
Ich konfrontiere den verantwortlichen Arzt schriftlich mit meinen Vorwürfen.
In seinem kurzen Antwortschreiben bezeichnet er meine jeweiligen Anschuldigungen wiederholt als „nicht beweisbar“!!
Ein Anwalt macht mich darauf aufmerksam, das dies nicht die Wortwahl eines Arztes zu seinem Patienten ist.
Als dem Anwalt im Verlauf des Erstkontaktes klar wird, dass er nicht über eine Rechtschutzversicherung abrechnen kann, sondern sein Bemühen per Beratungs- resp. Prozesskostenhilfe finanziert werden muss, will er die Sache nicht weiter verfolgen.
Ich informiere die Staatsanwaltschaft beim zuständigen Landgericht mache eine Strafanzeige gegen den kriminellen Arzt.
Die Staatsanwaltschaft prüft und lässt medizinisch nach PatientenAktenlage prüfen und hält weitere Ermittlungen für nicht angebracht.
Meine wiederholten dringenden Bitten, um gutachterliche Untersuchung des betroffenen Patienten, werden abgelehnt.
Ich informiere die zuständige Ärztekammer. Eine Schlichtung ist nach einer Strafanzeige natürlich nicht mehr möglich. Standesrechtliche Konsequenzen bleiben aber auch aus - dafür bräuchte man Urteile von Gerichten.
Ich wende mich telefonisch an die katholische Organisation „Kirche von unten“, kritische Christen.
In zwei Schreiben informiere ich den katholischen Verantwortlichen Bischof Karl Lehmann über die o.g. furchtbaren Ärzte und den ungeheuerlichen Vorgang in dem katholischen Krankenhaus.
Anders als staatliche Krankenhäuser unterliegen konfessionelle Kliniken nicht der üblichen staatliche Aufsicht, sondern der inner-kirchlichen! Ich bekomme nicht mal eine Antwort.
Update: Lange Zeit später hatte ich im Gästebuch/Forum von „Kirche von unten“ zweimal knapp und sachlich meine erfolglosen Schreiben an Kardinal Lehman erwähnt - jedesmal verschwand nach einiger Zeit mein Posting von der Seite. Daraufhin fragte ich dort nach dem Grund dafür. Nun wurde sogar die gesamte Seite des Monats August mit allen Einträgen gelöscht.
Nach dem der Chef des Hartmannbundes sich öffentlich auf einer Veranstaltung für die Schäden und Nachteile für jüdische Ärzte in der Nazizeit entschuldigt hat, mit den üblichen Erklärungen gegen den Faschismus und so weiter, schreibe ich ihm von faschistoiden Zuständen im Medizinwesen heutzutage und der Unmöglichkeit, diese furchtbaren Ärzte zur Rechenschaft zu ziehen, weil sich kein seriöser med. Gutachter finden lässt, und frage ihn, wie er denn dazu stehe. Ich bekomme zur Antwort, das sei allein Sache der Gerichte und anderer zuständiger Einrichtungen.
Ich schreibe den Kriminalexperten und späteren Justizminister von Niedersachsen, Christian Pfeiffer an, vor dem Hintergrund diverser Aktionen „Gesicht zeigen“ und dergleichen gegen angeblich zunehmenden Faschismus in unserer Gesellschaft. Und frage ihn, wie es mit irgend einer Unterstützung aussehe, für die Opfer faschistoider Ärzte.
Immerhin wenden sich die o.g. Aktionen immer nur gegen den NeoFaschismus auf der Straße, begangen von Skinheads und dergleichen - wohingegen ständig vor dem zunehmenden Neofaschismus der Eliten unseres Landes gewarnt wird - nur wo bleibt konkret das Engagement dagegen?
Ich bekam aus seinem Büro ein floskelhaftes Ablehnungsschreiben.
Zu der Zeit las ich, dass er einer Studentin, die anti-faschistische Demos organisiert hatte, angeblich zu ihrem Schutz, einen längeren Aufenthalt in Großbritannien finanziert hatte - ohne dass sie selbst das für nötig und geboten hielt.
Ich schrieb an die exponierte Wortkämpferin für Menschenrechte, die ehemalige Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium und katholische Kontaktfrau der Grünen, Christa Nickels. Sie redete auf ihrer Homepage viel von Glaubwürdigkeit, durch vorbildlichen Umgang mit den Menschenrechten auch hier im Lande. Ich schrieb ihr ausführlich und fragte sie nach irgend einer Unterstützung. Von ihr bekam ich nur ein paar kurze lapidare Sätze der Ablehnung, was mich von dieser Frau besonders enttäuschte. Sie verwies mich an einen alten Wehrexperten der Grünen. Pro forma schrieb ich den dennoch an und bekam auch von dort Null Unterstützung.
Parallel zu diesen ganzen Anstrengungen, die mir nicht leicht fielen - ich brauchte für etliche Schreiben Monate, meist Wochen - hatte ich Konversation mit Krankenkassen, Gutachtern, Verbraucherzentralen, Patientenhilfestellen, Rechtsanwälten, Ärzten und Kliniken zur Unterlagenbeschaffung. Und das alles vor dem Hintergrund diverser Gesundheitsprobleme und etlicher Wohnungsumzüge.
Nur in Details hier und da zu guten Ergebnissen führend - im Großen und Ganzen erfolglos.
Es ist ziemlich erschütternd, wie selbst an Uni-Kliniken getrickst, gelogen und betrogen wird, Unterlagen verschwinden resp. werden fälschlich als nicht (mehr) vorhanden bezeichnet. Es offenbaren sich insgesamt mafiöse Zustände, wenn man mal hinter die Kulissen blickt.
Und es wird im Medizinbetrieb untereinander kommuniziert, dass die Drähte glühn.
Allerdings will ich nicht verschweigen, es gibt auch immer wieder kleine und große Lichtblicke. Durch glückliche Zufälle und gute wohlgesonnene, charakterstarke Ärzte, die sich noch ihren klaren Verstand und ein demokratisches Bewustsein bewahren konnten.
Aber ich meine, was sind das für Gesetze, was sind das für Demokraten und Juristen, dass deren berufliches Engagement nur bekommt, wer diese Leute nur mit Geld und/oder Macht überzeugen kann? Das ist Plutokratie, keine Demokratie und kein Rechtstaat!
Ich hatte zwei Petitionen beim zuständigen Ausschuss des Bundestages eingereicht, die ausführlich beantwortet wurden - in Details hier und da ein bisschen hilfreich - letzten Endes aber ohne wirklichen Erfolg.
Mit den Bundesministerien für Gesundheit und für Justiz hatte ich einigen Briefwechsel. Letztlich wurde Verantwortung, Zuständigkeit und Handlungsbedarf zurück gewiesen.
Zur Gutachtersuche telefonierte und fuhr ich durch etliche Regionen dieses Landes - ohne Erfolg.
Ein niedergelassener Facharzt in Hamburg sagte mir unter vier Augen gar, ich werde in ganz Deutschland keinen Kollegen von ihm finden, der gegen den inkriminierten Prof. ein Gutachten erstellen wird!!
Er hat leider „recht“ behalten. Das ist dann aber keine Demokratie, sondern Medizin-Totalitarismus / Iatrokratie! Mediziner-Staat im Staate!
Um auch ja nichts unversucht zu lassen, schrieb ich wegen der Menschenrechtsverletzung auch an ai-Deutschland, an den VDÄÄ, an medico-international. Von allen bekam ich nur Absagen oder gar keine Antwort. Zugegeben war mein Anliegen ja auch ungwöhnlich. Aber extreme Situationen bedingen eben auch extreme Lösungsversuche.
Zuletzt schrieb ich an unsere Bundes-Forschungsministerin Frau Bulmahn, zuständig für Professoren. Sie verwies mich an eine örtliche Abgeordnete des Landtages. Bei der Terminvergabe für ein Gespräch wurde von derem Büro drauf geachtet, diesen möglichst nicht noch vor den Bundestagswahltermin zu legen - da schwante mir schon, dass wenig Hilfreiches zu erwarten ist. Schliesslich durfte ich die Dame treffen - sie wollte das Problem Ärzteverbrechen und die undemokratische, faktisch rechtlose Stellung der Patienten, mit mir in der Cafeteria des Landtages besprechen. Ich konnte sie grade noch bewegen, uns wenigstens in einen ruhigeren separaten Speiseraum zu setzen - das Gespräch verlief dann leider wie erwartet abwimmelnd / kleinredend - fruchtlos.
Aber nett, dass die Dame ihre sicher sehr kostbare Zeit meinem (nicht nur meinem!) Problem gewidmet hatte. Vielleicht hat es wenigsten ihr etwas gebracht - und vielleicht kommt es doch irgendwie einmal dem Patientenschutz, also allen Bürgern zu Gute.
–—
In dem katholischen Krankenhaus steht in einem extra Raum eine lebens- oder überlebensgroße Jesus-am-Kreuz Statue. Irritierend schockende Drastik: Grosze Wunden, viel Blut, sehr leidend.
Anfangs dachte ich noch, zwar sehr befremdlich, aber wenn die Leute solchen Naturalismus brauchen, um sich der Leidensgeschichte bewusst zu werden, ist es vielleicht okay. Aber mitlerweile bin ich überzeugt, diese Folterszene dient nicht der Mahnung und Abschreckung - sondern dort tätigen Ärzten als Leitbild.
Professoren, die in ihrer Multiplikator-Funktion als Lehrer, Ordinarienträger und Doktor-Macher ihre faschistoide Berufsauffassung und ihre Charakterlosigkeit weitergeben.
Unter den Augen der informierten Zuständigen und der Patienten, die sich wie Schafe oder Lemminge unwissend halten, be- und ausnutzen lassen, von einer gefährlich unantastbaren Elite in weissen Kitteln.
Jerome um Donnerstag, November 20, 2003
Medien-Kritik
▻https://medien-kritik.blogspot.com/2022/02/bei-nie-die-hand-die-dich-futtert-je.html?m=1
Living the nightmare - den Alptraum leben - Kontakt: opendialog@posteo.de twitter.com/GuteLaune19
Freitag, 25. Februar 2022
Stockholm-Syndrom: Je mehr Menschen auf Ärzte und Medizin angewiesen sind, desto weniger rebellieren gegen die Iatrokratie - ut in pandemic probatum est
Ethikrat gegen Sterbehilfe-Regelung: „Sterben ist nicht normierbar“
▻https://taz.de/Ethikrat-gegen-Sterbehilfe-Regelung/!5025684
Suizidbeihilfe ist für den Ethikrat keine Aufgabe des Arztes. Gewissensentscheidungen müsse man aber respektieren. Ein Statement für Sterbehilfe ist das nicht.
...
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Leser*innenkommentare
oliverrr
21.12.2014, 22:37
Wie definiert sich Iatrokratie?
Was tatsächlich vom Deutschen Ethikrat gesagt wurde, hier in der Übersetzung:
> Ärzte sollen nun offiziell töten dürfen, vorerst noch beihilfsweise, aber natürlich im Verborgenen und ungebunden an irgendwelche Gesetze.
> Ärzte werden dabei von niemandem und nichts kontrolliert – oder steht von nun an immer der Staatsanwalt dabei?
> Der Patient ist jederzeit und überall dem „Gewissen“ des Arztes unterworfen.
> Alle Macht den Ärzten!?
Voraussetzung: Der Patient vertraut dem Arzt auf Leben und Tod. Aber warum nur? Die Ärzte sind doch selbst die schlechtesten Patienten, sie vertrauen selbst keinem Arzt – und sie müssen es ja schließlich wissen.
Wer sich dieser Iatrokratie (s.a. Internet) nicht beugen will, weder im Tod noch im Leben – es gibt ja auch noch ein Leben davor –, kann mehr tun, als er/sie möglicherweise auch nur zu ahnen bereit ist.
tatblatt.net
▻https://parkfiction.org/nadir/periodika/tatblatt/164lesy.html
▻http://parkfiction.org/nadir/periodika/tatblatt/TbNet.gif
LeserInnenbrief
zum Thema Euthanasie
Intellektuell unterstütze ich grundsätzlich die Forderung nach Entkriminalisierung der Sterbehilfe. Letztes Jahr hatte ich einen Schlaganfall mit einer Störung des Atemzentrums mit dem Risiko lebenslänglicher künstlicher Beatmung im Koma. Ein paar Mal war Multiorganversagen diagnostiziert, die Ärzte haben mich dem Tod entrissen. Jetzt lebe ich auch im Rollstuhl gerne - was die selbständige Atmung betrifft habe ich Glück gehabt. Ich bin froh, daß bei uns keine Ärzte die Erlaubnis hatten, mich „abzudrehen“. In einer Gesellschaft, wo Gierdominantes Handlungsmotiv ist, mag ich auch nicht der Laune von Angehörigen ausgeliefert sein, deren oder eines Arztes/einer Ärztin momentanen Blickwinkel auf meine Lebensperspektiven und den Wert meines Lebens. Auch wird durch Legalisierung der Sterbehilfe die größenwahnsinnige Iatrokratie unterstützt, in der Ärzte die Herren über Leben und Tod sind. Der komplette Lebenslauf, von der Geburt über die Fortpflanzung bis zum Ableben ist ohnedies schon in die Hände der Ärzte gelegt, die dieser Verantwortung jetzt schon nur noch ungenügend gerecht werden. Mit der Sterbehilfe kommt nun auch noch der Selbstmord in die Hände der Pharmakonzerne und der „Götter in Weiß“, die ja in einigen Staaten sowieso schon das Amt des Scharfrichters innehaben. Das ist mir eine unangenehme Vorstellung.
R.
aus TATblatt Nr. +164 vom 26. April 2001
>> TATblatt-Inhaltsverzeichnis
>> WiderstandsChronologie (Wien)
©TATblatt, 2001
Alle Rechte vorbehalten
Nachdruck, auch auszugsweise, nur in linken alternativen Medien ohne weiteres gestattet (Quellenangabe undBelegexemplar erbeten)!
In allen anderen Fällen Nachdruck nur mit Genehmigung der Medieninhaberin (siehe Impressum)
8 2006 dann überraschend
▻https://www.yumpu.com/en/document/view/54451826/strafanzeige-gegen-who-handlanger/9
Skurriler Fund: Die Homepage der Patientenfront/Sozialistisches Patientenkollektiv(H). [x-post /r/IchFand]
▻https://www.reddit.com/r/de/comments/28hhhq/skurriler_fund_die_homepage_de
r/
TheOriginalSamBell
•
10y ago
Schon ein reichlich skurriles kulturelles Artefakt, guter Fund!
Koh-I-Noor
•
10y ago
Bevor man sich, wie ich, fasziniert-zweifelnd auf der Seite verliert sollte man vielleicht was objektives über die Gruppe lesen (z.B. den Wikipedia-Artikel).
Irgendwie kann ich die Entstehung nachvollziehen, wenn man sich die Methoden der Psychatrie Anfang der 70er vorstellt. Und der Fall Mollath zeigt ja dass es aktuell auch noch ähnliches gibt - leider habe ich keine Erwähnung dieses Muster-"Frontpatienten" gefunden.
Ansonsten ist der Klassenkampf der transnationalen Patientenfront gegen die herrschende Iatrokratie tatsächlich äußerst skurril.
...
Reddit
reReddit: Top posts of June 18, 2014
Reddit
reReddit: Top posts of June 2014
SPK - Turn Illness into a Weapon
For agitation by the Socialist Patients’ Collective at the University of Heidelberg
von W D Huber
▻https://www.lovelybooks.de/autor/W-D-Huber/SPK-Turn-Illness-into-a-Weapon-9377257609-w
Illness and Revolution
It’s a matter of fact that the economic and materialistic "prosperity’’ of the working class from nowadays which is only a relative welfare in western industrial nations, resulting from the warfare between one class against the other, a welfare which has nothing to do with a “just” portion of the working class in a “natural” evolution, this matter of fact has been hidden more or less successfully by the agents of capitalism until nowadays.
As we know from Marx there exists a historic necessity urging that from the contradictions of capitalism must result socialism. This necessity which constitutes an intrinsic factor in the inner of each person is illness, from which the subject suffers are the internal contradictions which alter consciousness and urge the suffering subject to act. The necessity is the need of each person, suffering in consciousness and sensuality.
On the one hand illness is productive power. On the other hand as identity of production and destruction illness is concept (Begriff) of all relations of production (Produktionsverhältnisse).
The basic antagonism (Grundwiderspruch) between productive powers (forces of production, Produktivkrafte) and relations of production is to be thought in this manner, that illness is all around the necessity which produces its own complement (Gegenteil), revolution. The patients are in illness thus the revolutionary class (revolutionäre Klasse) by themselves (an sich; that means – see Hegel, Sartre – : following from the potentiality, but not yet in reality) and they are identically - yet concerning their potentiality, but now consciously (für sich) suffering - the revolutionary class for themselves (für sich). Class warfare (Klassenkampf) represents, what is more, life process (Lebensprozess) itself producing revolution, the only value of use (utility value, Gebrauchswert) of future and eminence.
KRRIM - PF-Verlag für Krankheit
books
▻https://www.book-info.com/publisher/KRRIM+-+PF-Verlag+f%C3%BCr+Krankheit.mobi.htm
1.) Der Begriff Einzelhaft
W. D. Huber (author)
1975 [paperback] [German]
2.) Dokumentationen zum Sozialistischen Patientenkollektiv an der Universität Heidelberg
Giessen /Fachschaft Medizin, Giessen Basisgruppe Medizin (Eds.), W. D. Huber (foreword)
1980 [Fifth, unveränderte Auflage, paperback] [German]
3.) Dokumentationen zum Sozialistischen Patientenkollektiv an der Universität Heidelberg
Giessen /Fachschaft Medizin, Giessen Basisgruppe Medizin (Eds.), W. D. Huber (foreword)
1980 [Fourth, unveränderte Auflage, paperback] [German]
4.) El camino de salida de la tortura está empedrado con médicos rotos
R. Aldeapzoli-Loev (translator), P. Hogernig (translator), PF/SPK(H) y EMF EspanolColectivo Socialista de Patientes/Frente de Pacientes (author)
2002 [First edition] [Spanish]
5.) Hunde, wollt Ihr ewig sterben!?
Gérard Hof (author), W. D. Huber (foreword)
1993 [Second edition, paperback]
6.) Iatrokratie im Weltmassstab
W. D. Huber (author)
1976 [paperback] [German]
7.) Jugendbilder heute
SPK/PF(MS) (author)
1999 [First edition, audio cassette] [German]
8.) Kleinkrieg gegen Patienten
W. D. Huber (foreword)
1987 [Third, unveränderte Auflage, paperback] [German]
book
9.) SPK – Aus der Krankheit eine Waffe machen
Jean P. Sartre (foreword), Sozialistisches Patientenkollektiv SPK(H) (author)
1995 [Sixth, extended edition, paperback] [German]
10.) SPK – Faire de la Maladie une Arme
B. Gleize (translator), R. Gleize (translator), W. D. Huber (foreword), Collectif Socialiste de Patients (author), Jean P. Sartre (foreword)
1995 [First edition, paperback] [French]
11.) SPK – Hacer de la enfermedad un arma
P. Hogernig (translator), W. D. Huber (foreword), Jeona Kriklin (translator), Colectivo Socialista de Pacientes (author), Jean P. Sartre (foreword)
1997 [First edition, paperback] [Spanish]
book
12.) SPK – Turn Illness into a Weapon
W. D. Huber (foreword), PF/SPK(H) Socialist Patients’ Collective (author), Jean P. Sartre (foreword)
2002 [First edition, paperback] [English]
13.) Testi del Collettivo Socialista dei Pazienti (SPK) e del Fronte dei Pazienti (PF)
W. D. Huber (author)
1992 [paperback] [Italian]
14.) Utopathie vorweg
W. D. Huber (foreword), Patientenfront (author)
1996 [paperback]
status date: 1/23/2024
Mehrzweckhalle in Berlin umbenannt: Wie wär’s mit „Rotkäppchen Forum“?
▻https://taz.de/Mehrzweckhalle-in-Berlin-umbenannt/!5984202
Danke Tino, Du hast ja soo Recht. Aber eigentlich macht das alles nichts, denn es wird dazu kommen, dass „Uber“ für Massenkarambolagen, vergewaltigte Fahrgäste und viele andere schreckliche Dinge steht, die niemand haben will. Dann wird sich die Uber-Reklame gegen die dummen Marketing-Fuzzis und ihr Produkt wenden. Das gibt dann einen schönen Uber-Bankrott.
21.1.2014 von Andreas Hergeth - Die Mercedes-Benz-Arena wird in „Uber Arena“ umbenannt. Muss das sein? Was wird als Nächstes in Berlin umbenannt? Wir hätten da ein paar Vorschläge.
Namen sind eben nicht Schall und Rauch. Namen sind wichtig, vor allem dann, wenn sie uns alle angehen, weil es sich um Plätze oder öffentliche Gebäude handelt. Gerade gibt es ein verrücktes Beispiel einer solchen Umbenennung aus Friedrichshain. Schlimmer geht nimmer? Von wegen.
Am Freitag gab die Anschutz Entertainment Group (AEG) bekannt, dass die „Mercedes-Benz Arena“ in Friedrichshain vom 22. März an „Uber Arena“ heißen wird. Darauf hätten sich die AEG und das für seine Taxi-App bekannte Unternehmen aus den USA verständigt.
Ja, noch mehr: Uber hat auch die Namensrechte an der benachbarten „Verti-Music-Hall“ (benannt nach einem Kfz-Direktversicherer) erworben, sie firmiert nun als „Uber Eats Music Hall“. Beide Gebäudekomplexe liegen am unwirtlichen Mercedes-Platz in Friedrichshain, auch der wird in „Uber Platz“ umbenannt. Auf den entsprechenden Webseiten sind die Namenszüge schon mal digital an Gebäudefotos zu sehen. Über den Preis, den die Firma für diese Werbecoup hinblätterte, wurde zunächst nichts bekannt.
Ja, geht’s noch? Schnell regte sich erster Protest. Tino Schopf (SPD), Mitglied im Abgeordnetenhaus und Sprecher für Mobilität und Verkehr, hat am Samstag seinen Unmut in einer Presseerklärung kundgetan: „Mit dem Wechsel übernimmt ein Unternehmen die Namenshoheit, dass in den letzten Jahren in Berlin vor allem durch seine unrühmliche Rolle in Bezug auf Lohndumping, Sozial- und Steuerbetrug im Mietwagengewerbe von sich reden gemacht hat.“
Schon der dritte Namensgeber
Immerhin geht es hier um die größte Sport- und Konzerthalle Berlins, die nun unter neuem Namen firmiert. Hier treten Weltstars auf. Hier spielen die Eisbären Berlin in der Deutschen Eishockey Liga und die Basketballer von Alba Berlin ihre Heimpartien. Die Arena mit bis zu 17.000 Plätzen wurde 2008 unter dem Namen „O2 Arena“ eröffnet. 2015 hatte es zuletzt eine neue Namenspartnerschaft mit der Umbenennung zur „Mercedes-Benz Arena“ gegeben.
Aber mal sehen, was in Berlin als Nächstes umbenannt wird. Wir hätten da ein paar Beispiele parat: Das Humboldt Forum könnte „Rotkäppchen Forum“ (eine kleine Reminiszenz an den verschwundenen Palast der Republik) heißen, das Rote Rathaus vielleicht „Volkswagen Rathaus“, die Deutsche Oper eventuell „Amazon Oper“ – und wie wäre es mit dem „Berliner Luft Flughafen“ statt BER?
Aber okay, unliebsame Namen lassen sich ja locker umgehen. Ganz einfach, indem man den links liegen lässt. In diesem Fall lässt sich weiterhin von der Mehrzweckhalle am Ostbahnhof sprechen. Niemand zwingt einen dazu, den offiziellen Namen zu verwenden.
Oder, um noch einmal Tino Schopf zu zitieren: „Dass sich nun sowohl die Arena als auch die Music Hall, also zwei große Event-Aushängeschilder der Stadt, ausgerechnet mit dem Namen eines solchen Unternehmens schmücken, sollte sowohl beim Eigentümer der Locations als auch bei den Berlinerinnen und Berlinern kein Grund zur Freude sein“, so Schopf in seiner Pressemitteilung.
Und weiter: „Für die Fahrgäste, deren Sicherheit nicht gewährleistet ist und für die unterdurchschnittlich entlohnten Fahrerinnen und Fahrer des Vermittlers, ist die jüngste Meldung vielmehr ein Schlag ins Gesicht. Dem Eigentümer sei gesagt: Augen auf bei der Partnerwahl – nicht nur im Privaten, sondern auch in der Wirtschaft. Ein gutes Angebot allein rechtfertigt nicht jeden Deal.“
Mit Postkarten gegen die Todesmaschine
▻https://www.spiegel.de/fotostrecke/widerstand-gegen-hitler-das-berliner-ehepaar-hampel-fotostrecke-142653.html
Auf Karten riefen Elise und Otto Hampel zum Sturz der Nazis auf. 1943 wurden sie in Berlin hingerichtet.
Text :
Fort mit dem Hitler Verreckungssystem!
Der gemeine Soldat Hitler und seine Bande stürzen uns in den Abgrund!
Diese Hitler Göring Himmler Goebbels Bande ist in unser Deutschland nur Todes Raum zu gewähren!
Elise und Otto Hampel
Hintergrund
▻https://www.berlin.de/kunst-und-kultur-mitte/geschichte/erinnerungskultur/artikel.723588.php
Elise und Otto Hampel verteilten im Umfeld ihrer Wohnung im Wedding, aber auch in Charlottenburg, Schöneberg und Kreuzberg von 1940 bis 1942 handbeschriftete Postkarten, in denen sie zum Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime aufriefen. Zunächst lange unentdeckt, wurden sie 1942 beim Auslegen der Karten beobachtet, denunziert und am 8. April 1943 in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Ihr Handeln gilt heute als ein herausragendes Beispiel für den unorganisierten Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur.
...
an ihrem Wohnhaus in der Amsterdamer Str. 10 weist eine Gedenktafel auf ihr Schicksal hin.
Platzbenennung in Wedding : Das bessere Argument
▻https://taz.de/Platzbenennung-in-Wedding/!5010771
Mais non, pour des raisons formelles (qui cachent toujours les véritables forces et mobiles) aujourd’hui (13.1.2024) le square ne porte toujours pas le nom des résistants contre le nazisme célébrés par Hans Fallada.
26. 4. 2015 von Claudius Prößer
In der Weddinger Müllerstraße wird ein namenloser Platz nach den Antifaschisten Elise und Otto Hampel benannt. Der Weg dahin war steinig.
...
Widerstand Wedding Straßenname Armin-Paul Hampel
Jeder stirbt für sich allein
▻https://de.m.wikipedia.org/wiki/Jeder_stirbt_f%C3%BCr_sich_allein_(Roman)
Roman von Hans Fallada (1947), Seul dans Berlin
Texte complet (DE)
▻https://www.projekt-gutenberg.org/fallada/jedersti/jedersti.html
Demo von Israelis in Berlin : Ein wenig Diversität
▻https://taz.de/Demo-von-Israelis-in-Berlin/!5983815
6.1.2024 von Darius Ossami - Linke Israelis protestieren vor dem Auswärtigen Amt gegen die israelischen Angriffe auf Gaza – und deren kritiklose deutsche Unterstützung.
Linke Israelis protestieren vor dem Auswärtigen Amt gegen die israelischen Angriffe auf Gaza – und deren kritiklose deutsche Unterstützung.
DemonstratInnen mit Schildern, u. a. „Ceasefire now“
Die Protestierenden am Freitag vor dem Auswärtigen Amt Foto: Darius Ossami
BERLIN taz | „Ceasefire now!“, ruft der Mann in das kleine Mikrofon, gut 50 Demonstrant*innen wiederholen die Parole im Chor. Eine kleine, aber lautstarke Minderheit der israelischen Gesellschaft hat sich am Freitagnachmittag vor dem Auswärtigen Amt versammelt. Die kleine Kundgebung ist die zweite der Initiative „Israelis für Frieden“, die sich erst vor einem Monat zusammengefunden hat.
Fast alle Demonstrant*innen tragen ein kleines laminiertes Schild mit mehrsprachigen Forderungen wie: „Menschenrechte für alle“, „Zwei Staaten jetzt“, „Stoppt das Massaker in Gaza“, „Gerechtigkeit für Palästina“ – und immer wieder: „Waffenstillstand jetzt“. Eine Hundertschaft der Polizei ist vor Ort und überprüft akribisch die Schilder, auch die hebräischen Texte, auf mögliche strafbare Inhalte. Doch politisch aufgeladene Kampfbegriffe sucht man hier vergeblich, auch Nationalflaggen sind ausdrücklich nicht erwünscht.
„Wir haben schon viel zu lange gewartet: Dieser Krieg muss beendet werden. Jetzt.“ So beginnt Alon Sahar, ein Mitglied der Initiative, seinen auf Englisch gehaltenen Redebeitrag, der freilich kaum zu verstehen ist. Seine Gruppe habe einen Monat lang über die angemessenen Worte diskutiert, „während Palästinenser*innen in Gaza durch Hunger und Bomben sterben, und durch Siedlergewalt in der Westbank“.
„Wenn wir noch länger warten, könnte uns eine noch größere Katastrophe bevorstehen“, so Sahar. Er meint die Pläne der israelischen Rechten, in Gaza einen „Schutzkorridor“ und wieder israelische Siedlungen zu errichten. Doch nicht die Siedlungen würden Israel beschützen, sondern die Armee – auf Kosten der Palästinenser*innen. Das dürfe nicht wieder geschehen: „Wir müssen über eine Vision für ein freies, sicheres und nachhaltiges Leben sowohl für Palästinenser*innen als auch Israelis nachdenken“, endet Sahar seine Rede.
Die „Israelis für Frieden“ sind linke israelische Aktivist*innen, die in Berlin leben und eine Stimme im öffentlichen Diskurs werden wollen. Sie fordern einen sofortigen und wirksamen Waffenstillstand, die Freilassung aller Geiseln und eine realistische diplomatische Lösung für den Konflikt zwischen Israel und Palästina. Von Deutschland fordert die Gruppe, Druck auf Israel für einen Waffenstillstand auszuüben.
Uneingeschränkte Unterstützung
Die deutsche Regierung stehe offiziell für Menschenrechte und eine Zwei-Staaten-Lösung, „aber in der Praxis gewährt es Israel uneingeschränkte Unterstützung bei dessen Politik“, kritisiert Nimrod Flaschenberg, einer der Organisator*innen der Kundgebung. Damit meint er die israelischen Siedlungen, die Gewalt gegen Palästinenser*innen und die Besetzung palästinensischer Gebiete. Seit Kriegsbeginn unterstütze Deutschland uneingeschränkt „die abscheulichen Kriegsverbrechen, die Israel in Gaza verübt“. Deutschland solle sich stattdessen für ein Ende des Krieges einsetzen.
Die Hamas, so Flaschenberg, könne nicht durch militärische Aktionen vernichtet werden. „Die Gräueltaten der Hamas vom 7. Oktober sind furchtbar, und ich kenne Leute, die dabei gestorben sind. Aber ich denke, der einzige Weg, die Hamas zu bekämpfen, ist, die Teile der palästinensischen Community zu stärken, die sich für Frieden einsetzen. Die Hamas kann nur besiegt werden, indem man den Palästinenser*innen eine Perspektive der Hoffnung und der Freiheit bietet. Denn die Hamas ist wie die israelische Rechte: Sie profitiert vom Konflikt und vom Blutvergießen.“
Die israelische Gesellschaft sei diverser, als sie in den deutschen Medien dargestellt werde, sagt eine Teilnehmerin der Kundgebung. Viele Israelis suchten nach Möglichkeiten, sich zu engagieren, trauten sich aber noch nicht richtig, vermutet sie. Kein Wunder: Unter den Posts auf X von der letzten Kundgebung Ende Dezember finden sich neben Zustimmung auch zynische und beleidigende Kommentare. Als die linksliberale israelische Tageszeitung Haaretz über die Kundgebung berichtete, bezeichnete ein Nutzer die Teilnehmer*innen als „Verräter“.
Die „Israelis für Frieden“ planen weitere Kundgebungen. Sie hoffen, so den Menschen eine Stimme zu verschaffen, die bisher in diesem Konflikt zu wenig gehört wurden: linke Israelis, die nicht der kriegerischen Rhetorik ihrer Regierung folgen, sondern sich für Frieden und eine humane Zukunft für Israelis und Palästinenser*innen einsetzen.
#Allamagne #Israël #Palestine #guerre #Berlin #manifestation #politique