• 10 Jahre AfD – Höckes Sozialfeindlichkeit - Campact Blog
    https://blog.campact.de/2023/01/afd-rassismus-des-hoecke-fluegels

    11.1.2023 Andreas Kemper - Am Wahlabend des 20. Januar 2013 wurde die AfD gegründet. Der Plan, als Wahlalternative 2013 mit Hilfe der Freien Wähler in den Bundestag einzuziehen, erschien aussichtslos. Bernd Lucke war als ein Spitzenkandidat in Niedersachsen angetreten, dieser erreichte jedoch nur 1,1 % der Wähler*innenstimmen. Im ersten Teil dieser Reihe hatte ich diese Entstehungsphase des ersten Sprecher*innen-Teams mit Bernd Lucke, dessen Hamburger Appell die Abschaffung des Sozialstaates forderte, mit Konrad Adam, der in der WELT offen das Wahlrecht für Arbeitslose in Frage stellte, und mit Dagmar Metzger, die dem Mises-Institut nahestand, welches nicht nur den Sozialstaat abschaffen, sondern den Staat komplett zerschlagen und durch eine totale Privatisierung ersetzen will, veröffentlicht. Im zweiten Teil habe ich das klerikal-aristokratische Netzwerk um Beatrix von Storch beleuchtet. Im dritten und letzten Teil wird nun die Sozialfeindlichkeit des Faschisten Björn Höcke genauer betrachtet.
    Björn Höckes aka Landolf Ladigs Weltkriegsthesen

    Faschisten wie Björn Höcke und Andreas Kalbitz traten bereits im März 2013 der AfD bei und machten sehr schnell Karriere. Kalbitz wurde aus der Partei geworfen, als seine jahrzehntelange politische Arbeit in faschistischen Organisationen bekannt wurde. Als „Strippenzieher“ muss er auch gar nicht unbedingt Parteimitglied sein. Höcke hingegen ist mit seinem Oberstudienrats-Habitus der bürgerlichen Halbbildung (Adorno) ein Repräsentant der faschistischen Bewegung, was vielleicht erklärt, warum er im Gegensatz zu Kalbitz nicht aus der Partei geworfen oder auch nur der Ämter enthoben wurde. Anlässe hierfür gab es genug.

    Als ich 2014/15 aufdeckte, dass Höcke 2011/12 hinter den neonazistischen Texten unter dem Pseudonym Landolf Ladig in den Publikationen von Thorsten Heise stand, gab es innerparteilich Versuche, Höcke zu entmachten. Schließlich ging es hier nicht einfach „nur“ darum, ob Höcke in NPD-Blättern Texte verfasst habe, wie dies in verschiedenen Medien verkürzt-verharmlosend dargestellt wurde, sondern um eine Zusammenarbeit mit Thorsten Heise, der den rechten Rand der NPD repräsentiert – mit Bezügen zu rechtsterroristischen Organisationen wie dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) und „Combat 18“ („Kampfgruppe Adolf Hitler“). Der damalige Parteivorsitz um Bernd Lucke und Hans-Olaf Henkel forderte im Sommer 2015 daher Björn Höcke auf, er solle mich anzeigen und im Gerichtsprozess eidesstattlich erklären, er sei nicht Landolf Ladig. Ihm wurde ein Ultimatum gesetzt: Schaffe er die Vorwürfe nicht gerichtlich aus der Welt, würden ihm alle Parteiämter entzogen. Höcke hat im Laufe seines Landesparteivorsitzes der AfD Dutzende von Prozessen geführt, mich jedoch hat er trotz dieser ultimativen Aufforderung nie angezeigt. Diese Geschichte endete damit, dass mehrere tausend Mitglieder um Lucke und Henkel die AfD verließen, die Partei zwischenzeitlich bei fünf Prozent landete, unter Frauke Petry dann aber erstmals laut Umfragen über fünfzehn Prozent erreichte.

    2017 kam es dann unter Frauke Petry zu einem Parteiausschlussverfahren gegen Björn Höcke. Ein Gutachten, das vom Parteivorstand der AfD in Auftrag gegeben wurde, kam wörtlich zum Schluss: Andreas Kemper habe Recht, Björn Höcke sei der Nazi Landolf Ladig. Das Verfahren wurde vom Landesschiedsgericht Thüringen mit einer nicht-öffentlichen Begründung abgeschmettert und Frauke Petry verließ zusammen mit ihrem Ehemann Marcus Pretzell und einigen Getreuen wenig später die Partei. Jörg Meuthen, der 2022 die AfD verließ, begründete nachträglich, warum er als Parteivorsitzender Kalbitz (aber nicht Höcke) aus der Partei entfernte, damit, dass dies in der Partei nicht machtbar gewesen sei. Schon bei Kalbitz war es ein knappes Ergebnis gewesen.
    Von Energieknappheit bis zu Präventivkriegen

    Es geht in diesem Artikel zur Sozialfeindlichkeit der AfD bei der Frage der Identität von Höcke mit Ladig nicht um „Kontaktschuld“, sondern vor allem darum, was Höcke kurz vor seinem Eintritt in die AfD unter dem Pseudonym „Landolf Ladig“ verfasste. In einem früheren Campact-Beitrag bin ich bereits darauf eingegangen, dass Höcke/Ladig in dem Nazi-Blatt „Volk in Bewegung“ eine Energieknappheit voraussagte, die die Möglichkeit einer Revolution in Aussicht stellte, auf die die nationalistische Systemopposition sich vorzubereiten habe.

    Höcke/Ladig vertritt die Auffassung, „daß eben nicht die Aggressivität der Deutschen ursächlich für zwei Weltkriege war, sondern letztlich ihr Fleiß, ihre Formliebe und ihr Ideenreichtum. Das europäische Kraftzentrum entwickelte sich so prächtig, daß die etablierten Machtzentren sich gezwungen sahen, zwei ökonomische Präventivkriege gegen das Deutsche Reich zu führen. Der zweite Krieg war allerdings nicht nur ökonomisch motiviert, sondern darf auch als ideologischer Präventivkrieg angesprochen werden, hatte sich im nationalsozialistischen Deutschland doch eine erste Antiglobalisierungsbewegung staatlich etabliert, die, wären ihr mehr Friedensjahre zur Erprobung vergönnt gewesen, wahrscheinlich allerorten Nachahmer gefunden hätte.“ (Höcke 2011)

    Der Zweite Weltkrieg war also laut Höcke/Ladig ein ökonomisch-ideologischer Präventivkrieg fremder Mächte gegen die Antiglobablisierungsbewegung im nationalsozialistischen Deutschland. Hier sollte man sich vor Augen führen, dass der Zweite Weltkrieg mit dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 begann. Wie sah zu diesem Zeitpunkt die „Antiglobalisierungsbewegung“ im Nationalsozialismus aus?
    Exkurs zur NS-Wirtschaftpolitik

    Da ich weder Historiker, noch Wirtschaftsexperte bin, beziehe ich mich auf den Artikel „Wirtschaft und Gesellschaft unterm Hakenkreuz“ von Hans-Ulrich Thamer, abgedruckt 2005 bei der Bundeszentrale für politische Bildung.

    In den 1930er Jahren erholte sich die Weltwirtschaft von ihrer Krise Ende der 1920er und auch die deutsche Industrie profitierte von den drastisch gesunkenen Arbeiter*innenlöhnen. Und Hitler hatte bereits 1933 verkündet, dass im Kampf gegen das „internationale Judentum“ eine „Wiederwehrhaftmachung des deutschen Volkes“ notwendig sei. Die Rüstungsausgaben stiegen von „720 Millionen Reichsmark im Jahre 1933 auf 10,8 Milliarden Reichsmark bereits im Jahre 1937“ (Thamer 2005). Die Finanzierung der 90 Milliarden Reichsmark für die Aufrüstung wurde vor allem mit Wechsel für die Rüstungsindustrie, für die der Staat die Bürgerschaft übernahm, praktiziert. Diese Praxis war aufgrund des Inflationsrisikos nur bis 1938 vorgesehen, wurde ab diesem Zeitpunkt stattdessen aber noch erheblich ausgedehnt. Zugleich kapselte sich das Regime vom Weltmarkt ab und baute eine autarke Struktur auf, ebenfalls vor allem aus dem Grund, im Kriegsfall autark zu sein. Allerdings behielt sie das kapitalistische System bei. Thamer: „Die kapitalistische Wirtschaftsstruktur wurde nicht abgeschafft, sondern auf ein vorrangiges Ziel ausgerichtet“ (ebd.), nämlich die Aufrüstung. Die Gewerkschaften waren bereits am 2. Mai 1933 zerschlagen worden und auch die NS-Gewerkschaftsbewegung der Nationalsozialistischen Betriebsorganisationen (NSBO) wurden schon im November 1933 wieder abgeschafft und durch ein „Führerprinzip im Betrieb“ (ebd.) und ein autoritäres Überwachungssystem von „Betriebs-, Straßen- und Blockwarten“ (ebd.) ersetzt. Auch Arbeitsrechte wurden abgeschafft, beispielsweise die Möglichkeit der freien Arbeitsplatzwahl. 1935 führte die NSDAP die „Arbeitsdienstpflicht“ ein.

    Entgegen aller Versprechungen litt der Mittelstand eher unter der NS-Wirtschaftspolitik, die vor allem die Rüstungsindustrie-Konzerne puschte. Beschwichtigt wurden große Teile des Mittelstandes durch die verklärende NS-Ideologie und die Plünderung jüdischer Geschäfte und Vermögen – auch diese als „Arisierungen“ bezeichneten Maßnahmen begannen bereits vor dem Krieg.
    Ideologisch wurden Frauen im Nationalsozialismus zu Gebärmaschinen für das Vaterland erklärt, ihr Ort sei das Heim. Tatsächlich wurden Frauen im Nationalsozialsozialismus aber von qualifizierten, gut bezahlten, in unqualifizierte, schlecht bezahlte Berufe gedrängt.

    Im Mai und Juni 1938 wurden mit der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ Menschen, unter ihnen viele Jüd*innen, verhaftet und in KZs interniert, weil sie nicht dem NS-Konzept von Volksgemeinschaft und deutscher Arbeitsfront entsprachen. Hierauf möchte ich im übernächsten Abschnitt konkreter eingehen. Doch zunächst noch ein paar Worte zur sogenannten „Antiglobalisierungsbewegung“.
    Höckes „Antiglobalisierungsbewegung“

    Der Begriff „Globalisierung“ entstand erst in den 1960er Jahren und wurde im Nationalsozialismus nicht verwendet. Statt von „Globalisierung“ wurde von „Internationalismus“ gesprochen. Wenn Höcke also von einer „Antiglobalisierungsbewegung“ im nationalsozialistischen Deutschland spricht, dann meint er damit die Bewegung gegen das internationale Finanzkapital und das war im Nationalsozialismus ohne jeden Zweifel die Bewegung gegen das von den Nazis so genannte „internationale Judentum“.

    Es gab im Nationalsozialismus keine Bewegung eines Anti-Internationalismus, die nicht zugleich auch antisemitisch war. Das zu wissen, unterstelle ich dem Geschichtslehrer Björn Höcke. Bereits im 19. Jahrhundert sprachen Marr und Treitschke von einer Gefahr des internationalen Judentums. Anfang des 20. Jahrhunderts tauchten die gefälschten „Protokolle der Weisen von Zion“ auf. Hitler kennzeichnete das „Weltjudentum“ bereits in den 1920er Jahren als Hauptfeind. Im Januar 1939, noch vor Kriegsbeginn, wurde das „internationale Judentum“ zu „dem“ Problem ernannt. Und in seinem „Politischen Testament“, welches er unmittelbar vor seinem Suizid diktierte, heißt es bei Hitler: „Es ist unwahr, dass ich oder irgendjemand anderer in Deutschland den Krieg im Jahre 1939 gewollt haben. Er wurde gewollt und angestiftet ausschliesslich von jenen internationalen Staatsmännern, die entweder jüdischer Herkunft waren oder für jüdische Interessen arbeiteten. […] Es werden Jahrhunderte vergehen, aber aus den Ruinen unserer Städte und Kunstdenkmäler wird sich der Hass gegen das letzten Endes verantwortliche Volk immer wieder erneuern, dem wir das alles zu verdanken haben: dem internationalen Judentum und seinen Helfern. […] Vor allem verpflichte ich die Führung der Nation und die Gefolgschaft zur peinlichen Einhaltung der Rassegesetze und zum unbarmherzigen Widerstand gegen den Weltvergifter aller Völker, das internationale Judentum.“ (Hitler 1945)

    Der Text Höckes „Krisen, Chancen und Auftrag“ unter dem Pseudonym „Landolf Ladig“ in der neonazistischen Zeitschrift „Volk in Bewegung“ übernimmt nicht nur Hitlers Deutung, dass fremde Mächte für den Krieg verantwortlich seien, weil sich hier eine „Antiglobalisierungsbewegung“ / „Bewegung gegen das Internationale Judentum“ etabliert habe; er liest sich wie eine Übernahme des Auftrags von Hitlers, wie die Absicht der Vollstreckung seines Testaments:
    Höcke aus dem Beamtenverhältsnis entlassen!

    Ein Faschist, der Kinder unterrichtet? Dagegen wehrt sich Ulf Berner auf WeAct, der Petitionsplattform von Campact. Er fordert: Björn Höcke muss der Beamtenstatus entzogen werden. Unterzeichne hier die Petition!

    „Trotz der beinahe totalen Zerschlagung des europäischen Zentrums ist hier die Glut immer noch nicht erloschen. Eine kleine politische Avantgarde existiert, die in der Lage ist, dieser Welt den Weg aus der kapitalistischen Sackgasse zu weisen. Ob sie sich eine Chance erkämpfen kann, hängt auch von den äußeren Umständen ab. […] Sollte die Menschheit weiter wachsen, wird die Natur ihre seit Jahrmillionen erprobten Selbstregulierungsmechanismen in Gang setzten. Wenn der große Hunger eine neue Wolfszeit einleitet, wird der heute herrschende Humanitarismus lange vergessen sein. Schon einige Dekaden vorher wird der Mangel, die Industrieländer eingeschlossen, überall bemerkt werden. Man spricht in diesem Zusammenhang von Peak Oil, Peak Soil und Peak Everything. […] Der Zusammenbruch globaler Wertschöpfungsketten könnte nicht nur spürbare Auswirkungen auf den Handel und das Preisgefüge haben, sondern recht rasch Engpässe bei der Versorgung mit lebenswichtigen Gütern hervorrufen. […] Der Systemkollaps wäre wohl unausweichlich. Wenn in dieser Situation dann bereits eine allgemeine und anhaltende Vertrauenskrise gegenüber zentralen staatlichen Institutionen und der Problemlösungsfähigkeit der Politik besteht, wie sie sich seit dem Beginn der Finanzkrise 2008 in stetig wachsendem Maße manifestiert, wird eine politische Revolution denkbar. […] Begreift sich die identitäre Systemopposition als in der Tradition der deutschen Ideenschmiede stehend und begehrt sie politischen Führungsanspruch, muß sie jetzt beginnen, die Fragen einer mittelfristigen Zukunft zu beantworten.“

    Höcke schrieb diesen Text als Geschichtslehrer (der er formal noch immer ist, nur freigestellt aufgrund seiner Tätigkeit als Landtagsmitglied; hier besteht dringender Handlungsbedarf) ein Jahr vor Gründung der AfD und trat parallel mit Neonazis wie Andreas Kalbitz bereits im März 2013 in die AfD ein, um dort seine Agenda fortzuführen.
    Rassenhygiene, Familismus und Bevölkerungspolitik

    Integraler Bestandteil der Wirtschafts- und Arbeitspolitik im Nationalsozialismus war deren rassenhygienische Bevölkerungspolitik. Das Konzept der Rassenhygiene entstand Anfang des 20. Jahrhunderts, als in den Besserungs- und Korrektionsanstalten für Alkoholiker*innen, Alleinerziehende, Prostituierte, „schwererziehbare“ Jugendliche, Obdachlose, also kurz: für die Menschen, die als „Asoziale“ bezeichnet wurden, deutlich wurde, dass sich diese Menschen auch mit den brutalsten Maßnahmen nicht „korrigieren“ ließen zu den ausbeutbaren Arbeiter*innen, die man gerne gehabt hätte. Ich zitiere den Anstaltsarzt Monkemöller zur Inhaftierung „pflichtvergessener Mütter“ in Korrektionsanstalten und Armenhäusern. Dieser zeigt sich pessimistisch hinsichtlich der Korrektionsmöglichkeiten, begrüßte aber trotzdem die Maßregel der Inhaftierung:

    „Vor allem aber ist eine Durchführung dieser Maßregel ist eines der wenigen prophylaktischen Mittel, die das Gemeinwesen zur Verfügung hat, um die vielen Schädlinge, die an ihm nagen, auszurotten. Wenn es sich seiner Haut wehrt, will ich nicht einmal den Hauptakzent auf die pekunären Vorteile legen, die es durch die Unschädlichmachung dieser gefühllosen Naturen sich erwirbt. Die Hauptursache ist jedenfalls die, daß sie für die Zeit, die sie im Armenhaus verbringen, gehindert werden, die Welt mit einer recht entbehrenswerten Nachkommenschaft zu beschenken. Was sie zur Welt bringen, wird dereinst sicher zum Fähnlein der Degenerierten und erblich Belasteten stoßen. Praktisch wird so daß erreicht, was man durch das sonst nicht durchführbare Verbot der Heiraten Geisteskranker zu erreichen sucht – es wird eine Quelle der Degeneration verstopft.“ (Monkemöller 1908: 218)

    Wenn also die Korrektionsanstalten daran scheitern, die einzelnen Menschen zu korrigieren, muss die Bevölkerungsentwicklung korrigiert werden: Die nicht-korrigierbaren Menschen dürfen erst gar nicht geboren werden. Dies war der Beginn der Sozialeugenik und der Rassenhygiene, die dann in den Vernichtungs- und Züchtungsprogrammen der NS-Politik voll entfaltet wurde. Der NS-Rassismus richtete sich in erster Linie gegen Jüd*innen und dann gegen alle „nicht arischen Rassen“. Diesem Rassismus liegt aber auch ein dynamischer Rassenbegriff zugrunde, denn ebenso, wie mit einer „Züchtung“ eine Verbesserung der „Rasse“ erzeugt werden kann, droht andererseits ständig die Dekadenz und Degenerierung der eigenen „Rasse“. Erforderlich sei daher die Rassenhygiene mit der Parole „Halte deine Rasse sauber“, zu der auch Hitler in seinem letzten Satz seines politischen Testaments implizit aufrief. Diese richtete sich dann nicht nur gegen „fremde Rassen“, sondern auch gegen Menschen „der eigenen Rasse“, nämlich gegen diejenigen, die nicht im Sinne der Nazis „arbeitsfähig“ waren, sondern eine wirtschaftliche „Belastung“ darstellten: Menschen, die nicht den körperlichen oder geistigen Nazi-Normen entsprachen oder die als Frauen gegen das Idealbild der Nazis verstießen.

    Ein Bekannter von mir, Paul Wulf, wurde als Sohn einer verarmten Arbeiter*innenfamilie zwangssterilisiert. Weil sie ihn aufgrund der Armut nicht ernähren konnten, gaben sie ihn in ein Kinderheim. Mit der Diagnose „erblicher Schwachsinn“ wurde er zwangssterilisiert. Paul Wulf erhielt auch nach dem Zweiten Weltkrieg nie eine vernünftige schulische Ausbildung, was ihn allerdings nicht daran hinderte, zu den Tätern der Rassenhygiene zu recherchieren. Als Hilfsgärtner an der Uniklinik Münster fiel ihm auf, dass dort der Mediziner Verschuer anzutreffen war. Wulf machte publik, dass der 1951 zum Dekan der Uni-Klinik ernannte Otmar Freiherr von Verschuer eine NS-Vergangenheit hatte. Er war der Doktorvater vom Auschwitz-„Arzt“ Mengele und von 1942 bis 1948 Chef des Dahlemer „Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik“ und ließ sich von seinem Doktoranden Mengele Leichenteile von Auschwitz nach Dahlem schicken, um erbbiologische Forschung zu betreiben. Nach 1945 war der „Dahlemer Kreis“ unter Verschuer weiter eugenisch-bevölkerungspolitisch aktiv. Unter anderem war Verschuer 1961 beteiligt an der Gründung der internationalen sozial- und rassen-eugenischen Zeitschrift „Mankind Quarterly“, finanziert vom Pioneer Fund. Und hier schließt sich wieder der Kreis zu Höcke.

    Autor bei Mankind Quarterly war J. Philippe Rushton, der von 2002 bis 2012 Vorsitzender des Pioneer Fund war und zuvor bereits 700.000 US-Dollar Fördergelder von dieser rassistischen Stiftung erhielt, um unter anderen sein Hauptwerk „Rasse, Evolution und Verhalten“ zu schreiben. Hier vertritt er die These, dass sich die Arterhaltungsstrategien der „Großrassen“ unterscheiden würden. Während die afrikanische „Rasse“ die biologische r-Strategie verfolge, nämlich viele Kinder zu gebären, von denen nur wenige überlebten, würden die kaukasische und asiatische „Rasse“ die K-Strategie verfolgen: Sie erfanden die fürsorgende Familie, bekämen weniger Kinder, sorgten sich aber besser um sie, und mit dem Konzept der Familie, welches Afrikaner*innen artfremd sei, wäre zugleich die Keimzelle für die entstehende Hochkultur gelegt worden.

    Höcke vertrat diese rassenbiologische These dezidiert in einem Vortrag beim „III. Staatspolitischen Kongress ‚Ansturm auf Europa’“ am 21. November 2015 beim Institut für Staatspolitik in Schnellroda, welcher über den Antaois-Verlag des Instituts das Rushton-Buch vertreibt. Konkret sagte Höcke: „In Afrika herrscht nämlich die sogenannte Klein-R-Strategie vor, die auf eine möglichst hohe Wachstumsrate abzielt. Dort dominiert der sogenannte Ausbreitungstyp. Und in Europa verfolgt man überwiegend die Groß-K-Strategie, die die Kapazität des Lebensraums optimal ausnutzen möchte. Hier lebt der Platzhaltertyp. Die Evolution hat Afrika und Europa vereinfacht gesagt zwei unterschiedliche Reproduktionsstrategien beschert. Sehr gut nachvollziehbar für jeden Biologen. Das Auseinanderfallen der afrikanischen und europäischen Geburtenrate wird gegenwärtig natürlich noch durch den dekadenten Zeitgeist verstärkt, der Europa fest im Griff hat. Kurz: Im 21. Jahrhundert trifft der lebensbejahende afrikanische Ausbreitungstyp auf den selbstverneinenden europäischen Platzhaltertyp.“ (Höcke 2015)

    Der Pioneer Fund, der bereits den NS-Propagandafilm „Erbkrank“ in den Vereinigten Staaten verbreitete, hat mit den 700.000 Dollar für Rushton gezielt eine Theorie entwickeln lassen, die extrem perfide einen Zusammenhang von „Rassen“, Familien- und Kulturfähigkeit herbei phantasiert. Und ich überlasse es der Phantasie der Leser*innen dieses Artikels, sich die Politik einer Regierung auszumalen, die sich diesen biologistischen Rassismus einer rassengenetisch verankerten Familien- und Kulturunfähigkeit zu eigen macht. Wichtig ist der Hinweis, dass die von den Rechten propagierte Politik der sogenannten „Traditionelle Familie“ nur für die vermeintlichen Träger*innen der Hochkultur gilt. „Artfremde“ aber auch „Asoziale“ sollen besser von Familiengründungen fern gehalten werden. Der Familismus zeigt sich hier nicht nur als Pro-Familismus, sondern auch als rassistischer/rassenhygienischer Anti-Familismus.
    Höcke provoziert nicht, er beißt sich auf die Lippen

    Höckes Übernahme von Rushtons rassenbiologischen Thesen impliziert nicht nur eine rassistische Migrationspolitik, sondern die Denkweise der Rassenbiologie umfasst natürlich auch das gesamte Konzept der Rassenhygiene, also auch „Degenerations-“ und „Entartungstendenzen“ der „eigenen Rasse“. Wäre die AfD ein oder zwei Jahre später entstanden, hätte Höcke/ Ladig seine Artikelserie von 2011/2012 vielleicht noch 2013 fortsetzen können und gegebenenfalls noch offener ausgeführt, was Rassenbiologie für ihn in der sozialpolitische Umsetzung heißt. Auch wenn es schwer zu glauben ist, müssen wir davon ausgehen, dass Höcke als Landespolitiker sich mit der Äußerung seiner wirklichen Gedanken zurückhält. Er provoziert nicht, im Gegenteil: Er beißt sich auf die Lippen, denn er weiß, dass das, was er im Nazi-Blatt „Volk in Bewegung“ unter Pseudonym geäußert hat, ihn heute seinen Parteiposten kosten könnte. Selbst noch in der AfD.

    Literatur:

    Hitler, Adolf (1945): Mein politisches Testament
    Höcke, Björn (2015): Asyl – eine politische Bestandsaufnahme. Vortrag beim Institut für Staatspolitik, Schnellroda
    Ladig, Landolf (2011): Krisen, Chancen und Auftrag, in: Volk in Bewegung. Nr. 5/2011, S. 6-9
    Monkemöller, Otto (1908): Korrektionsanstalt und Armenlandhaus. Ein soziologischer Beitrag zur Kriminalität und Psychopathologie des Weibes, Leipzig
    Rushton, J. Philippe (2005): Rasse, Evolution und Verhalten. Eine Theorie der Entwicklungsgeschichte. Ares-Verlag, Graz
    Thamer, Hans-Ulrich (2005): Wirtschaft und Gesellschaft unterm Hakenkreuz, in: Bundeszentrale für politische Bildung

    https://krautreporter.de/2769-was-bjorn-hocke-in-einer-npd-zeitschrift-schrieb-als-er-noch-nich

    https://www.wiwo.de/politik/deutschland/nach-lucke-abgang-unternehmer-verlassen-die-afd/12027900.html

    https://blog.campact.de/2022/10/afd-sozial

    https://www.bpb.de/themen/nationalsozialismus-zweiter-weltkrieg/dossier-nationalsozialismus/39551/wirtschaft-und-gesellschaft-unterm-hakenkreuz

    #Allemagne #nazis #politique

  • Reinigungskräfte am Potsdamer Platz: „Sie sollen sich nicht durch die obere Stadt bewegen“
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/reinigungskraefte-am-potsdamer-platz-sie-sollen-sich-nicht-durch-di

    Da ist er, der „größte Niedriglohnsektor Europas“, auf dessen Durchsetzung Ex-Bundeskanzler Schröder stolz ist. Ab dem Jahr 2003 setzten Grüne und SPD alles daran, der deutschen Wirtschaft Kostenvorteile im weltweiten und vor allem innereuropäischen Konkurrenzkampf durch massive Einkommensverluste großer Teile der Bevölkerung zu verschaffen. Der „Genosse der Bosse“ und seine Spießgesellen waren letztlich sehr erfolgreich darin, viele Familien nicht nur ärmer zu machen sondern die Arbeitsbedingungen derart zu verschlechtern, dass die Lebenszeit einfacher Arbeiterinnen und Arbeiter wieder deutlich verkürzt wurde.

    Dieses Interview erzählt davon, wie und wieso die Betroffenen der Armut trotz Arbeit bei ihrer eigenen Ausbeutung mittun.

    2.7.2023 von Niklas Liebetrau - Mitten in Berlin gibt es eine „Unterwelt“, durch die sich Menschen bewegen, die Dreck beseitigen. Eine Forscherin hat einige von ihnen über Monate dort begleitet.

    Es handelt sich um die größte Handwerksbranche Deutschlands. Eine, die gleichzeitig kaum sichtbar ist: die Gebäudereinigung. 700.000 Menschen putzen täglich Großraumbüros, Treppenhäuser, Einkaufszentren. Und werden dabei meistens gar nicht wahrgenommen. Auch am Potsdamer Platz ist das so. Die Arbeiter dort bewegen sich durch ein unterirdisches Tunnelsystem, fernab von Touristen, Büroangestellten und Anwohnern. Eine Unterwelt.

    Die Berliner Organisationswissenschaftlerin Jana Costas hat über Monate die Reinigungskräfte am Potsdamer Platz bei ihren Schichten begleitet. Herausgekommen ist ihre umfassende und nicht ganz unumstrittene ethnografische Studie „Im Minus-Bereich“. Zum Interview treffen wir die Forscherin in einem kleinen Gemeinschaftsbüro mit unverputzten Wänden und typischem Kreuzberger Charme, mitten im Bergmannkiez.

    Berliner Zeitung: Frau Costas, was hat Sie an Ihrer Studie am meisten überrascht?

    Jana Costas: Vor allem, dass die Reinigungskräfte entgegen gängiger Annahmen auch Freude und Spaß an ihrer Arbeit haben und ein starkes Arbeitsethos zelebrieren. Sie betonen zum Beispiel immer wieder, wie hart ihre Arbeit sei. Ich fand das bemerkenswert und habe mich gefragt, woran das liegt.

    Haben Sie eine Antwort gefunden?

    Trotz aller Unterschiede ist ihnen allen gemein, dass sie sich ihrer Arbeit zuwenden, um Würde zu erlangen. Einige kommen aus Deutschland, andere sind nach Deutschland immigriert, es gibt welche, die haben eine Ausbildung als Gebäudereiniger, andere haben Qualifikationen als Friseurinnen oder Heizungstechniker. Das Leben mancher Reinigungskräfte war durch Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit oder Abhängigkeit geprägt. Aber allen geht es sehr stark darum, sich als arbeitende Menschen zu definieren, die Geld verdienen, eine Struktur haben. So grenzen sie sich von denen ab, die nicht arbeiten.

    Für Ihre Studie haben Sie vier Menschen ins Zentrum gerückt: Luisa, Marcel, Ali und Alex. Wie kamen Sie auf diese vier?

    Sie sind auf unterschiedlichen Wegen zu ihrem Beruf gekommen, und sie üben unterschiedliche Tätigkeiten aus: Zigarettenstummel auf der Straße aufsammeln, das Einkaufszentrum säubern, in Wohn- und Bürohäusern oder Cafés reinigen. Ich habe mich den unterschiedlichen Schichten angeschlossen, um ihre verschiedenen Perspektiven auf die Arbeit kennenzulernen.

    Reinigungskräfte sollen so unsichtbar wie möglich sein.

    Wer sind die vier?

    Alex ist ein 18-Jähriger aus dem Wedding, der, genau wie sein Vater einst, eine Ausbildung zum Gebäudereiniger macht. Für ihn ist das eine ganz normale Arbeit, er möchte nicht im Büro sitzen, sondern körperlich arbeiten. Ali, Ende dreißig, aus Kreuzberg, hat eine Ausbildung zum Maschinenfahrer gemacht und ist dann gewechselt. Bei ihm ist auffällig, wie zuvorkommend er den Kunden gegenübertritt. Luisa, 37, kommt aus Angola, spricht fast kein Deutsch und wurde vom Jobcenter vermittelt. Sie hat einen schweren Stand unter den Reinigungskräften. Und Marcel, 38, aus Eberswalde, ehemals drogenabhängig, der auch mal eine Zeit im Gefängnis saß, sagt, seine Mutter sei mächtig stolz auf ihn, dass er einen solchen Job hat.

    Sie alle arbeiten für die gleiche Firma am Potsdamer Platz in unterschiedlichen Objekten. Was ist das für ein Ort?

    Im Grunde ist das eine Mikrostadt. Es gibt Kinos, Hotels, Restaurants, Supermärkte, Arztpraxen, Büros, Wohnungen, sogar ein Casino. Ein Ort, der hell erstrahlt und sich glamourös darstellt: Sehr viel Glas, sehr viele hohe Gebäude, große Empfangshallen, zum Teil ausgestattet mit edlem Holz oder Marmor. Entworfen von internationalen Stararchitekten.

    Im Minus-Bereich ist es stickig, manchmal stinkt es.

    Aber es gibt auch eine Unterwelt.

    Genau. Die Unterwelt nennen die Reinigungsleute auch den Minus-Bereich. Ein Ort, der bis zu vier Ebenen in die Tiefe geht, ein labyrinthisches Tunnelsystem, über das sie von einem Gebäude zum nächsten kommen. Dort befinden sich ihr Materialraum mit den Reinigungsutensilien und ihre Schließfächer. Einige verbringen hier ihre Frühstückspausen. Im Minus-Bereich ist es mal stickig, an anderen Stellen kalt, manchmal stinkt es. Ab 9 Uhr morgens sollen sie sich mit ihrem Reinigungswagen nicht mehr durch die obere Stadt bewegen. Sie sollen die Touristinnen, Büroangestellten und Bewohner nicht stören und so unsichtbar wie möglich sein.

    Sie thematisieren in Ihrem Buch den Begriff „Dramen der Würde“. Was muss man sich darunter vorstellen?Würde fußt auf zwei Aspekten: Dem Selbstwertgefühl und der Anerkennung durch andere. Bei Reinigungskräften stehen diese Komponenten in einem Spannungsverhältnis. Während sie es zwar schaffen, ein Selbstwertgefühl bei ihrer Arbeit zu entwickeln, erfahren sie in der Begegnung mit anderen gerade wegen dieser Arbeit wenig Respekt.

    Können Sie ein Beispiel nennen?

    Ich habe mit einer Reinigungskraft mal die Lobby eines Apartmenthauses gesäubert. Dort stand ein Tisch mit einer Glasplatte. Diese Reinigungskraft ist sehr gewissenhaft, benutzt nur die besten Reinigungsutensilien, ist sehr höflich, auch zu den Empfangsdamen. Und dann kam der Manager dieses Hauses und hat mitbekommen, dass die Gummimagnete unter der Glasplatte beim Säubern ganz leicht verrutscht waren. Er ist sehr laut geworden und war extrem herabwürdigend. Das Drama wird ersichtlich, wenn die Reinigungskraft danach draußen steht, mit zitternden Händen eine Zigarette raucht und Rachefantasien entwickelt.

    Rachefantasien?

    Er hat dem Manager gewünscht, dass man den mal in die Fankurve von Union Berlin stecken sollte und der dort dann „Ich hasse Union“ rufen solle. Dann könne er mal sehen, was mit ihm geschehe. In solchen Momenten merkt man, wie schwer es für die Reinigungskräfte ist, ihre Würde zu bewahren.

    Wie war das für Sie in dem Moment?

    Schlimm, weil ich auch noch mit daran Schuld hatte, dass die Magnete verrutscht waren. Das ist mir nahegegangen, auch wenn ich mich als Forscherin anders als die Reinigungskraft distanzieren konnte. Bei einer anderen Szene war das schon schwerer.

    Welche war das?

    Da ging es um Luisa, die Frau aus Angola. Sie ist neu in der Gruppe, hat vorher nie als Reinigungskraft gearbeitet. Die anderen sind genervt von ihr. Einer der Vorarbeiter hat ihr empfohlen, zu ihrem Geburtstag einen Kuchen mitzubringen, weil man das ja so mache in Deutschland. Also hat sie eine Torte gebacken und auch noch angolanische Hähnchenbällchen mitgebracht, sie ist nach ihrer Schicht morgens um 9 Uhr länger geblieben und hat alles im Materialraum in Minus Zwei angerichtet. Aber die anderen haben nur ihre eigenen Graubrote gegessen und niemand hat ein Wort gesagt. Als Luisa ihnen ihre Torte angeboten hat, haben die meisten abgelehnt.

    Das klingt, als hätten da auch rassistische Motive eine Rolle gespielt.

    Die gab es durchaus. Gleichzeitig ist mir sehr wichtig zu betonen, dass nicht alle Reinigungskräfte Rassisten sind. Und dass sich das auch wandeln kann. Nach dieser Situation gab es eine Intervention durch das Management. Und als Luisa wenig später in eine andere Schicht kam, haben die, die gerade noch schlecht über sie sprachen, gesagt: Die Guten werden immer abgezogen. Verrückt, oder?

    Wie erklären Sie sich das?

    Durch Ausgrenzung versuchen sich die Reinigungskräfte voneinander abzuheben. Es ist ein Beruf ohne Zugangshürden, im Grunde kann den jeder machen. Aber wenn ihn jeder oder jede machen kann, was heißt es dann, eine Reinigungskraft zu sein? Deswegen betonen sie die individuellen Unterschiede: Die ist so faul, aber guck mal, wie toll ich das hier mache. Das kann aber nicht aufrechterhalten werden, weil sie trotzdem alle die Herabwürdigung von außen erfahren.
    Scham bei der Einstellung einer Reinigungskraft

    Woher kommt die Stigmatisierung von Reinigungskräften?

    Schmutz wird in vielen Kulturen abwertend gesehen, das gilt auch für die Arbeit damit. Es gibt die These, dass Reinigungskräfte uns an unsere Unreinheit erinnern. Reinigungskräfte haben außerdem einen Einblick in unsere intimste Privatsphäre und werden deswegen unsichtbar gemacht. Damit sie aus dem Wissen keine Macht über uns entwickeln.

    Mir scheint, viele Menschen, die eine Reinigungskraft beschäftigen, schämen sich dieses Privilegs. Wie sehen Sie das?

    Ich bin mir nicht sicher, ob das in der Breite wirklich der Fall ist. Wenn die Büroangestellte mit zwei Kindern jetzt aus Scham keine Reinigungskraft mehr einstellt und es selbst macht, ist das ja auch eine Unsichtbarmachung dieser Arbeit. Für mich ist die Frage eher: Wie verbessern wir die Arbeitsbedingungen der Reinigungskräfte? Wenn sie gut bezahlt werden und unter anständigen Bedingungen arbeiten, sehe ich weniger ein Problem. Sonst würde sich die Frage stellen: Wer macht es dann?

    Inwiefern hat sich für Sie persönlich der Umgang mit Reinigungskräften verändert?

    Erst mal fühle ich mich bestätigt, dass man die Realitäten dieser Menschen dann am besten verstehen kann, wenn man Teil ihrer Arbeitswelt wird. Und dann ist mir noch mal bewusst geworden, wie schon kleine Gesten der Wertschätzung, etwa eine freundliche Begrüßung, sehr viel ausmachen können. Es ist wichtig für diese Menschen, für ihre Würde.

    Ihre Art des Forschens wurde auch kritisiert. Ihnen wurde vorgeworfen, aus einer privilegierten Haltung auf Probleme zu schauen, die nicht Ihre sind, und dass dadurch die Gefahr bestehe, Verhältnisse durch die eigene Brille zu interpretieren, also zu verzerren. Was entgegnen Sie dem?

    Erst mal kann die Verzerrung bei jeder Form des Forschens stattfinden, bei Statistiken, Umfragen, Interviews. Wenn man sich sechs Monate mit den Menschen beschäftigt, bekommt man einen ganz anderen Zugang, als wenn man sie eine Stunde lang interviewt. Davon abgesehen bin ich mir vollkommen bewusst, dass meine Studie natürlich von meinem Blickwinkel beeinflusst ist. Das ist aber nur dann problematisch, wenn ich dies nicht reflektiere. Das habe ich aber getan. Außerdem muss man sich auch mal die Alternative ansehen: Dann könnte ich ja nur Menschen beforschen, die so sind wie ich. Und die Perspektive der Reinigungskräfte bliebe weiterhin unsichtbar.

    Zur Person

    Jana Costas, 40, ist in Berlin geboren und aufgewachsen. Sie hat in Cambridge und London studiert und seit 2014 den Lehrstuhl in Personal, Arbeit & Management an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) inne.

    Ihr Buch „Im Minus-Bereich: Reinigungskräfte und ihr Kampf um Würde“ ist im Suhrkamp-Verlag erschienen (280 Seiten, 20 Euro).

    Einkommensgruppen | Die soziale Situation in Deutschland | bpb.de
    https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61763/einkommensgruppen

    Der Anteil der Einkommensschwachen erhöhte sich zwischen 1996 und 2016 von 18,4 auf 24,4 Prozent und der Anteil der Einkommensstarken von 16,8 auf 19,6 Prozent.

    Ergo dürfte sich der Anteil der „Normalverdiener“ auch „Mittelschicht“ genannt von 64,8 Prozent auf 56 Prozent verringert haben. Für diese Menschen wurde durch die gesetzlich Verschlechterung ihrer Rechte der soziale Abstieg zur alltäglichen Bedrohung.

    Agenda 2010
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Agenda_2010

    Auch der Euro-Beitritt erfolgte zu einem überhöhten Wechselkurs. Um das Preisniveau zu korrigieren, sei eine Innere Abwertung insbesondere durch Reallohnverluste erforderlich gewesen. Diese notwendige Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sei aber nicht der Reformpolitik, sondern der Unabhängigkeit der Lohnverhandlungen von der staatlichen Gesetzgebung und dem im internationalen Vergleich einzigartigen Zusammenspiel der deutschen Tarifpartner bei der Entscheidung über Löhne und Tarifverträge mithilfe der Tarifautonomie zuzuschreiben. Die typisch deutschen Arbeitsmarktinstitutionen der Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und Betriebsräte seien die Voraussetzung dafür, dass flexibel auf außergewöhnliche ökonomische Situationen reagiert werden könne, wie sie die Deutsche Wiedervereinigung und die Osterweiterung der EU darstellten. Die Tarifpartner könnten so bei der Lohnfindung auf die konjunkturelle Lage je nach Branche, Region oder sogar innerhalb der Unternehmen selbst Rücksicht nehmen, unabhängig von gesetzlichen Regelungen wie etwa Mindestlöhnen oder den Arbeitszeiten, und sich im gegenseitigen Einvernehmen einigen.

    #Berlin #Arbeit #Niedriglohn #Agenda_2010 #Potsdamer_Platz #Dienstleistung #Soziologie

  • Nationalsozialismus und Naturschutz : Braune Wurzeln
    https://taz.de/Nationalsozialismus-und-Naturschutz/!5203719


    Die Reste eines Krematoriums von Auschwitz. Wer pflanzte die Bäume, die in der Nähe stehen ?

    Le premier gouvernement vert du monde fut celui d’Adolf Hitler. Les camps d’extermination d’Auschwitz étaient aussi des projets écologiques. Méfiez-vous des écolos ? Bof, tout ce qui est vert n’est pas forcément brun, n’est-ce pas ?

    NS-Naturschützer begrünten die Autobahn, tarnten den Westwall, pflanzten Bäume in Auschwitz. Sie schrieben auch an der „Grünen Charta“ mit.

    Wie Grün soll Auschwitz sein? Welche Bäume eignen sich für die „Grüne Grenze“ zwischen Lager und Stadt? Und wie könnte die Bepflanzung rund um die Krematorien aussehen? Fragen, auf die 1942 Werner Bauch Antworten suchte. Für die Abteilung Landwirtschaft plante der Gartengestalter die Begrünung des größten deutschen Vernichtungslagers. Bauchs Pläne gefielen der Lagerleitung. Heinrich Himmler leitete nach einem Besuch von Auschwitz bereits im März 1941 die grüne Gestaltung des Lagers ein. Im Oktober 1942 verlangte Lagerkommandant Rudolf Höß: „Es sollte ein natürlicher Abschluss zum Lager hin erreicht werden.“

    Werner Bauch ist nicht der einzige sogenannte „Landschaftsanwalt“, der sich im Nationalsozialismus verdient machte. „Aus dem Berufsfeld der Landschaftsplanung und des Naturschutzes wirkten viele Männer im Nationalsozialismus mit“, sagt Nils Franke. Der Historiker hat im Auftrag des rheinland-pfälzischen Umweltministeriums eine Studie zur Rolle des Naturschutzes im Nationalsozialismus erstellt und im Mai dieses Jahres vorgelegt.

    Er kommt zu einem klaren Urteil: „Die personellen Verstrickungen und ideologischen Verbindungen sind eine Erblast für den heutigen Naturschutz“, sagt Franke. Viele Naturschützer hätten ihre Karriere im Nationalsozialismus begonnen und dann nach dem Krieg fortgesetzt. Doch bis heute werde dieses Erbe kaum angenommen, sagt der Historiker, der seit Jahren zu der Thematik forscht und gerade an der Universität Leipzig seine Habilitation abschließt.

    Kritik kommt nicht nur von außerhalb: Auch innerhalb der Organisationen des Naturschutzes werde bis heute gestritten, wie mit der Verantwortung umgegangen werden müsse, sagt Eva-Maria Altena vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Rheinland-Pfalz. Bei Veranstaltungen würden Teilnehmer auch mal den Raum verlassen, wenn sie den Komplex Nationalsozialismus und Naturschutz aufgreife, sagt Altena, die auch das Projektbüro „Grüner Wall im Westen“ leitet.

    DER WESTWALL
    Größe: Der Westwall war ein über 600 Kilometer langes militärisches Verteidigungssystem aus über 20.000 Bunkern, Stollen und Panzersperren. Es war eines der größten Bauprojekte der Nationalsozialisten.

    Verlauf: Der Westwall verlief an der Westgrenze des deutschen Reichs von Kleve an der niederländischen Grenze bis zur Schweizer Grenze.

    Naturschutz: Bei der Umsetzung des Baus waren auch Naturschützer involviert. Ihre Aufgabe war es, die militärischen Anlagen zur Tarnung in die Landschaft einzufügen.

    Grünen Träume für Auschwitz
    Das Gedankengut der Naturschützer und die nationalsozialistische Ideologie waren leicht vereinbar. Bauch, der Landschaftsplaner von Auschwitz, schrieb 1942 in der Zeitschrift Gartenkunst: „Jede echte Kultur wurzelt in der Kraft und dem geistigen Gefüge ihrer Landschaft.“ Völker aus der Steppe und der Wüste könnten keine tiefen Gedanken entwickeln, so Braun. Ihnen fehle die Verwurzelung im „Urgrund“. In der Ideologie von „Blut und Boden“ wird der Naturschutz so zum Heimat- und Volksschutz gemacht.

    Der Blick auf den Naturschutz zeigt, dass Auschwitz von Beginn an nicht nur Ort der Vernichtung sein sollte, sondern Experimentierfeld für die nationalsozialistische Ideologie. Auschwitz, träumte Lagerleiter Höß, sollte die „landwirtschaftliche Versuchsstation für den Osten“ werden. Dort habe man Möglichkeiten, wie man sie in Deutschland bisher nicht gehabt habe. Das große Gebiet rund um das Lager Auschwitz-Birkenau und der Zugriff auf ein nicht endendes Reservoir an Arbeitskräften ließen Höß träumen.

    Zwei Männer sollten diese grünen Träume für Auschwitz umsetzen. Neben Werner Bauch half auch Heinrich Wiepking-Jürgensmann, als „Sonderbeauftragter des Reichsführers SS für Fragen der Landschaftsgestaltung in den eingegliederten Ostgebieten“.

    Wiepking-Jürgensmann prägte damals die universitäre Ausbildung der Landschaftsplaner, er vergab sogar eine Diplomarbeit mit dem Titel „Grünplanung und die Gestaltung der Stadt und des Raumes Auschwitz“. Beide Männer stehen für die Kontinuität des braunen Naturschutzes nach dem Krieg, und zwar in beiden deutschen Staaten. So wurde Heinrich Wiepking-Jürgensmann Professor für Gartenbau und Landeskultur der Technischen Hochschule Hannover. Werner Bauch prägte in der DDR den Naturschutz mit.

    Die Tarnung des Westwalls

    Mit ihrem Anteil am Projekt „Auschwitz“, in dem die SS über eine Million Menschen industriell ermordete, waren die Landschaftsplaner offensichtlich zufrieden. In einem Brief von 31. August 1942 schrieb Bauch: „In Auschwitz, wo nach der bevorstehenden Genehmigung unserer endgültigen Landschaftsplanung diese Dinge erst voll anlaufen werden, wird sich vieles in der gewünschten Richtung verwirklichen lassen.“

    Der Brief von Bauch aus Auschwitz ging an Alwin Seifert, den „Reichslandschaftsanwalt“ des NS-Regimes – also eine der führenden Personen des nationalsozialistischen Naturschutzes. Seifert gilt als einer der ersten Vertreter der Ökologiebewegung in Deutschland und als Vorreiter des biologischen Landbaus. In den fünfziger Jahren wurde er Vorsitzender des Bund Naturschutz in Bayern, 1961 erhielt er das Bundesverdienstkreuz. Auch Seifert steht für die Kontinuität des NS-Naturschutzes in der Bundesrepublik. Und seine Biografie zeigt, dass die Verbindung zwischen Nationalsozialismus und Naturschutz nicht erst in Auschwitz begann, sondern bereits Anfang der 30er Jahre, bei einem Projekt der Nazis, das vom Umweltschutz zunächst weit entfernt zu sein scheint: die Autobahnen.

    Hitlers Landschaftsplaner begrünten das Vernichtungslager in Auschwitz und den Westwall, die gigantische Verteidigungsanlage gen Westen. Und einige von ihnen machten als Naturschützer später auch in der Bundesrepublik Karriere. In der taz.am wochenende vom 13./14. Juni 2015 erzählen wir, warum sich der deutsche Naturschutz mit seiner braunen Vergangenheit beschäftigen sollte. Außerdem: Sind kleine Höfe wirklich besser? Ein Blick auf einen Agrarriesen und einen Biohof, als Reportage und Grafik. Und: Eine Foto-Reportage aus einer kleinen Bar in Tokio, in der die Menschen nichts auf Traditionen geben. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

    Alwin Seifert meinte, nur die „deutsche Landschaft“ bringe den „deutschen Menschen“ hervor. Schon früh hatte er von den Plänen für den Autobahnbau gehört und gefordert, dass sich diese in die Landschaft einpassen müssten. Seifert überzeugte und wurde 1933 von Fritz Todt zum Beauftragen für Naturschutz beim Bau der Autobahnen berufen. 1940 folgte die Ernennung zum „Reichslandschaftsanwalt“. Da die Arbeit für Seifert allein schon bald zu viel wurde, durfte er eine Reihe weiterer Landschaftsanwälte einstellen. Einer von ihnen, Gert Kragh, wird 1952 Leiter der Bundesanstalt für Naturschutz und Landschaftspflege, einer Vorgängerbehörde des Bundesamts für Naturschutz.

    Neben der Begrünung der Autobahnen kümmerten sich die Naturschützer um ein weiteres riesiges Bauprojekt: die Tarnung des Westwalls. Dieser verlief auf rund 630 Kilometer im heutigen Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Saarland. Rund 23.000 Bunker, Laufgräben und Flugabwehrstellungen wurden gebaut. „Der Westwall war das Rückgrat für die Angriffskriege des NS-Regimes“, sagt Historiker Franke. Sein Gutachten beschäftigt sich vor allem mit diesem Projekt der Naturschützer. Diese erhielten ab 1938 den Auftrag, den Westwall zu einer „grünen Wehrlandschaft“ zu gestalten – und zu tarnen. Aus der Luft sollten die Anlagen für die alliierten Flugzeuge nicht zu erkennen sein.

    Einsatz von Zwangsarbeitern

    Die Naturschützer wurden kreativ, sie schütteten Hügel auf und transportierten Mutterboden zur Baustelle, sie pflanzten Bäume, Büsche und Feldgehölz. Selbst Kübelpflanzen kamen bei der Tarnung zum Einsatz.

    Die Arbeiten gingen schnell voran, Reichslandschaftsanwalt Seifert lobte die Leistungen. Ende 1940 berichtete Wilhelm Hirsch, der Verantwortliche für das Projekt, an Seifert: „Ich habe nun den größten Teil des Westwalls bereist und will Ihnen heute mitteilen, wie glücklich sich die Tätigkeit der Landschaftsanwälte am Westwall ausgewirkt hat.“

    Bis etwa 1942 liefen die Arbeiten der Landschaftsanwälte am Wall. Sie taten ihre Arbeit nicht allein: Bei der Tarnung des Westwalls seien auch Zwangsarbeiter zum Einsatz gekommen, nimmt Historiker Franke an. Ein Indiz ist für ihn ein Schreiben der Großgärtnerei und Samenhandlung J. Lambert & Söhne aus Trier an den Lagerkommandanten Hermann Pister des SS-Sonderlagers Hinzert. In dem Schreiben heißt es, dass die Arbeit nicht vorankomme, da die Zahl der „Zöglinge“ aus dem SS-Lager deutlich abgenommen habe.

    Die Naturschützer fügten ihre Arbeit am Westwall in ihr nationalsozialistisches Weltbild ein. Wilhelm Hirsch, der für den Westwall verantwortliche Naturschützer, träumte schon von der Zeit nach dem Endsieg. Im November 1940 schreibt er begeistert: „Der Westwall ist und bleibt für alle Zeiten geschichtlicher Boden. Er wird zur geschichtlichen Größe deutschen Schaffens, wenn nach der technisch-militärischen Großtat in gleicher Größe die kulturelle Tat des Wiederaufbaus der wund gewordenen Landschaft folgt“. 1951 bis 1953 wird Hirsch Leiter des Bundes Deutscher Gartenarchitekten, 1954 erfolgt die Ernennung zum Ehrenpräsidenten.

    Bei der Bepflanzung des Westwalls orientierten sich Hirsch und Seifert an den „pflanzensoziologischen Arbeiten“ von Reinhold Tüxen, der ebenso schon bei den Planungen der Reichsautobahnen mitwirkte. Mit seiner Methode sollte erkannt werden, welche Pflanzen „ursprünglich“ und „bodenständig“ seien. Tüxens Theorien waren wichtig für die scheinbare Verwissenschaftlichung der Blut-und-Boden-Ideologie. „Sein Verhältnis zum Nationalsozialismus ist bisher ungenügend untersucht“, sagt Historiker Franke.

    Erinnerung vs. Naturschutz

    Heute ist der Westwall ein großes Biotop, Fledermäuse und Wildkatzen haben sich in den verfallenden Bunkern angesiedelt. In Führungen am Westwall weist der BUND auf die geschichtliche Bedeutung des Ortes zwar hin. Doch die Diskussionen um Nationalsozialismus und Naturschutz sind nicht immer einfach. Ein Teil der Naturschützer möchte lieber Flora und Fauna schützen, als Erinnerungspolitik zu betreiben.

    Doch was ist der richtige Umgang mit der Geschichte eines solchen Ortes? Für diese Frage ist zentral, ob man im Westwall einen Ort für den Naturschutz sieht – oder in erster Linie einen historischen Ort, der gerade nicht natürlich gewachsen ist. Ist es problematisch, nun jene Natur schützen zu wollen, die von Nazis erst angelegt wurde?

    „Die Studie über den Westwall skizziert eine neue Dimension“, sagt Eva-Maria Altena vom BUND Rheinland-Pfalz. Bei den Bemühungen, den grünen Wehrwall als neuen Biotopverbund zu entwickeln, müssten Naturschutz und Denkmalpflege ineinander greifen, sagt sie. Altena glaubt, dass die Abneigung mancher Naturschützer auch darin begründet ist, dass eigene kulturelle Identitäten zu hinterfragen wären. Bis heute seien vor allem ältere Männer im Naturschutz engagiert. Eine „Stigmatisierung“ von früheren Akteuren sei da wenig hilfreich.

    Die Brisanz der Debatte offenbart auch die „Grüne Charta von der Mainau“. Bis heute gilt die 1961 formulierte Charta als Gründungsdokument des bundesdeutschen Natur- und Umweltschutzes. An der Erstellung waren auch Kragh und Wiepking-Jürgensmann beteiligt, zwei der Landschaftsplaner aus Auschwitz und vom Westwall. Eine Untersuchung der Universität Mainz zeigte, dass rund 68 Prozent der an der Charta beteiligten Personen in unterschiedlicher Weise im NS-Regime organisiert waren. Bis heute würden diese Verstrickungen nicht klar benannt, sondern „kollektiv beschwiegen“. Diese Aussagen verstimmten den Deutschen Rat für Landespflege. Aus den Mitgliedschaften ließen sich keinen Überzeugungen des besagten Personenkreises ableiten, erklärte der Rat. Von einem „gemeinsamen Überzeugungsvorrat“ könne nicht ausgegangen werden.

    Historiker Franke fordert eine neue Auseinandersetzung. Er sieht die Arbeit der Landschaftsanwälte am Westwall als Sprungbrett für die Zusammenarbeit mit der Wehrmacht, der SS und der NSDAP. „Das Know-how, das die Landschaftsanwälte bei dem Bau der Reichsautobahn und des Westwalls sammelten, wurde angewendet – bis zum Zentrum des Holocaust: Auschwitz.“

    Wie grün waren die Nazis ?
    Jens Ivo Engels
    https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/211921/wie-gruen-waren-die-nazis

  • Causa Patrik Baab : Des Journalismus‘ bezichtigt
    https://overton-magazin.de/top-story/causa-patrik-baab-des-journalismus-bezichtigt

    Je découvre la publication Overton et je ’ai pas encore d’idée où la situer politiquement et sur mon échelle de crédibilité. Pourtant cette histoire est assez remarquable pour la noter :

    Un journaliste très expérimenté "vielle école" entreprend un voyage à ses propres frais en Ukraine pour nous renseigner sur le referendum de sécession de régions frontalières avec la Russie. Il fait son travail, il observe et critique le déroulement du vote, puis il se fait bousculer et licencier par les universités où il enseigne le journalisme.

    Il est intéressant de suivre cette affaire car elle peut aider à comprendre dans quelle mesure il est justifié de qualifier de "Gleichschaltung" ce qui se passe dans médias et la société allemande.

    J’ajoute quelques liens supplémentaires sous l’article.

    10.3.2023 von Roberto De Lapuente - Patrik Baab ist ein renommierter Journalist. Aber er soll seine Know-How nicht mehr an angehende Journalisten weitergeben dürfen. Grund: Er hält sich an journalistische Standards. Und das ist heute nicht mehr gerne gesehen. Über den Niedergang einer Zunft.

    Journalisten, die mehr als nur Haltung haben, Berufsethos nämlich, haben es dieser Tage schwer. Aktuelles Beispiel: Seymour Hersh. Der amerikanische Journalist hat mittels einer anonymen Quelle herausgearbeitet, wer für die Anschläge auf Nord Stream I und II verantwortlich zu machen ist. Die US-Navy und Norwegen nämlich. Die deutsche Presse stürzte sich auf diese Eminenz des amerikanischen Investigativjournalismus und ließ den Mann wie einen Anfänger aussehen. Die Kritik kam von »Kollegen«, von Journalisten, die die meiste Zeit ihres Arbeitsleben damit zubringen, am Schreibtisch zu sitzen oder gegenseitig von sich abzuschreiben.

    Feldstudien kennen sie eher nicht. Für sie heißt journalistische Arbeit lediglich, vorgefertigte Stellungnahmen zu akzeptieren, sie lediglich auf Anweisungen hin zu hinterfragen. Als die US-Regierung Hershs Bericht dementierte, akzeptierten diese Kritiker Hershs das Dementi als glaubhafte Stellungnahme – hier endete ihr journalistisches Gespür mal wieder abrupt.

    Ähnlich wie Hersh ist es in der jüngsten Vergangenheit dem deutschen Journalisten Patrik Baab ergangen. Er hat seinen Schreibtisch verlassen, um etwas zu tun, was der zeitgenössische Journalismus in Deutschland kaum noch tut: Sich einen Eindruck vor Ort zu verschaffen. Letztlich macht man ihm genau das zum Vorwurf. Als Journalist, so empfiehlt es sich offenbar in diesen Zeiten und Landen, bleibt man brav vor seinem Laptop sitzen und recherchiert bei Wikipedia und in den Weiten von Twitter. Allerdings niemals in der Ostukraine.

    Unterwegs im Donbass

    Der NDR-Journalist Patrik Baab war im September des letzten Jahres in der Ostukraine unterwegs. Grund seiner Reise dorthin: Recherchen für ein Buchprojekt. Die Inaugenscheinnahme der Verhältnisse vor Ort, gehört für ihn zum journalistischen Standard, wie er auch in seinem 2022 erschienen Buch »Recherchieren. Ein Werkzeugkasten zur Kritik der herrschenden Meinung« darlegte. Zu jener Zeit fanden jene umstrittenen Referenden in Luhansk, Donezk und Cherson statt, die den Beitritt der Regionen zur russischen Föderation ermöglichen sollten. Baab war zugegen. Er beobachtete die Geschehnisse vor Ort als Journalist – nicht aber, wie man ihm hernach unterstellte, als Wahlbeobachter.

    Gemeinhin werden Wahlbeobachter berufen oder eingeladen. Patrik Baab hat eine solche Einladung nie erhalten, er war gewissermaßen in eigener Sache an Ort und Stelle. Als Rechercheur und neugieriger Journalist. Dennoch folgte die Reaktion prompt: Ein Bericht von Lars Wienand für das Nachrichtenportal von t-online machte damit auf, dass ein NDR-Reporter – Baab eben – bei jenen Referenden als Wahlbeobachter fungiere und damit die strittige Vorgehensweise Russlands legitimiere.

    Anders gesagt: Man machte einem Journalisten Vorwürfe, weil er seine Arbeit tat. Wenn schon alleine die Anwesenheit eines Journalisten bei kritischen Ereignissen zur Legitimation eben dieser Ereignisse führe, dann wäre – dialektisch betrachtet – Berichterstattung im eigentlichen Sinne gar nicht mehr denkbar. Denn der Journalist wäre qua Existenz schon ein beeinflussender Faktor, der nicht mehr als Chronist der Ereignisse wirken könnte, sondern Ereignisse nur durch Anwesenheit verändere. Vielleicht ist das ja der Grund, warum man heute immer seltener Vor-Ort-Recherchen betreibt: Weil man sich raushalten will – das käme freilich einem Offenbarungseid des Berufsstandes gleich.

    Die HMKW: Minutenlang mit sich gerungen

    Prompt unterstellte man Baab, er habe sich mit der Sache Putins gemein gemacht. Sein Besuch in der Ostukraine belege das. Patrik Baab selbst distanziert sich vom Krieg Russlands gegen die Ukraine. In seiner Vita als NDR-Reporter finden sich unzählige Filme und Features, die kritisch über und aus Russland berichten – und damit die russische Führungsriege nicht gut aussehen lassen. Der Infosperber hat unter einem Artikel zur Causa einige Produktionen von Baab verlinkt: Sie belegen, der Journalist hielt stets nüchterne Distanz zu Russland – professionell halt.

    Obwohl sich der Vorwurf, dass Patrik Baab als Wahlbeobachter zugegen war, nicht verifizieren lässt (hier kommen Wahlbeobachter zu Wort, Baab war nicht anwesend und auch nicht eingeladen), distanzierte sich die Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (HMKW) in Berlin von Baab. In der Vergangenheit hatte der Journalist oft als Lehrbeauftragter dort gewirkt. Unter anderem hieß es in der Begründung der HMKW, Baab würde »den Aggressoren ein willkommenes Feigenblatt an die Hand« gebe. Außerdem betreibe er »journalistische Scheinobjektivität« – die Stellungnahme der HMKW lässt sich hier nachlesen. Interessant ist die Einleitung des Begründungstextes, in der man davon spricht, man habe von der Sache erst »vor wenigen Minuten durch den Artikel Scheinreferendum, hurra von Lars Wienand (t-online.de) erfahren« – nach Minuten hat man schon entschieden? Das klingt nicht nach einer umsichtigen Prüfung: Eher nach einem günstigen Moment für Leute, die ein politisches Exempel statuieren wollen.

    Da Patrik Baab keinen gültigen Vertrag mit der HMKW hatte, konnte er gegen diese Entscheidung nach Minutenfrist nicht vorgehen. Im Falle der Christian-Albrechts-Universität in Kiel (CAU) sieht das etwas anders aus. Sie entzog ihm eine Woche nach der HMKW den Lehrauftrag. Die Begründung: Faktisch dieselbe. Offenbar machte man sich in Kiel nicht mal die Mühe und kontaktierte Baab vorab. Begründung seitens der CAU: Es sei »Gefahr in Verzug« gewesen. Man rätselt, was das bedeuten soll: Stand Baab mit Panzern vor Kiel – geht ja gar nicht, denn die Panzer Richtung Ukraine stehen nicht vor, sie stehen in Kiel.

    In dieser Sache ist nun eine Widerspruchsklage anhängig, der »Widerruf der Lehrtätigkeit« scheint aus vielerlei Gründen unbegründet. Baab war ja nun eben kein Wahlbeobachter, ging seiner Arbeit nach: Die CAU hat eine mangelnde Sorgfaltspflicht beim Überprüfen von Pressemeldungen zu Baabs Reise bewiesen. Sie hat eben genau das getan, wovor Baab als Journalist dringlich warnt: Sie hat ungeprüft Behauptungen übernommen.

    Eine sehr kurze Geschichte der Uni Kiel

    Ohne jetzt vertieft auf die historischen Verfehlungen der CAU eingehen zu wollen: Die Kieler Universität hat schon aus Tradition ein recht gespaltenes Verhältnis zu demokratischen Standards – um es mal freundlich auszudrücken. So tat sie sich etwa 1914 durch Hurra-Patriotismus hervor, stützte Jahre später den Kapp-Putsch mit einem Freikorps (der Schriftsteller Axel Eggebrecht berichtete sehr anschaulich in seinem Buch »Der halbe Weg. Zwischenbilanz einer Epoche« davon) und stand 1933 nicht nur nicht abseits, sondern ermutigte Professoren deutlich, die neuen Machthaber zu unterstützen. Die Autorin Katia H. Backhaus hat zudem in ihrer Arbeit »Zwei Professoren, zwei Ansätze. Die Kieler Politikwissenschaft auf dem Weg zum Pluralismus (1971 – 1998)« herausgearbeitet, dass der Lehrkörper der CAU in den Achtzigerjahren eng mit Geheimdiensten (mit deutschen und auch amerikanischen) zusammenarbeitete.

    Auf diese geschichtliche Dimension der CAU wird demnächst gesondert rekurriert, das verdient nochmal einer genauen Betrachtung. Erinnert sei aber noch an jenen erst neulich auffällig gewordenen Professor namens Joachim Krause vom Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel. Der hatte unlängst zur Eskalation aufgerufen und dabei – schlimme Wortschöpfung – von einer »Eskalationsphobie« in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung gesprochen. Krause ist freilich noch nicht mal von der CAU gerügt worden. Dabei gäbe es rückblickend mindestens einen weiteren Grund dazu.

    Denn vor zwanzig Jahren hat Krause den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Vereinigten Staaten und der Briten gegen den Irak gerechtfertigt. Beredt Zeugnis legt Krauses Analyse von 2003 ab: Sie ist hier nachzulesen. In den Schlussbemerkungen liest man, »dass die Politik der USA gegenüber den Irak (einschließlich der Androhung eines gewaltsamen Regimewechsels) im Sinne der internationalen Ordnung der Kollektiven Sicherheit außerordentlich konsequent ist und auch notwendig«. Und weiter: »Primäres Motiv der US-Politik ist es, einen Staat in die Schranken zu weisen, der die derzeitige internationale Ordnung wie kein anderer herausfordert […]« – offenbar ließ sich Krause mit dieser Aussage von jenen Falken der US-Politik beeinflussen, die damals bereits von Massenvernichtungswaffen im Irak sprachen und deren Drängen in jenen lügenbehafteten Auftritt Colin Powells vor dem UN-Sicherheitsrat mündete.

    Damals im Irak: Kein Angriffskrieg?

    Kritikern, die schon damals von einem nicht legitimierten Angriffskrieg sprachen, erteilte Krause gleich noch eine Absage. Er schrieb: »Für die Annahme, wonach die Politik der USA primär durch egoistische Energieinteressen geleitet seien, findet sich kein Anhaltspunkt.« Anders jedoch Franzosen und Russen, sie orientierten sich »durch sehr eng definierte finanzielle Interessen an Erdölexploration im Irak«. Die US-Außenpolitik, so erklärte Krause damals also recht ungeniert, handle aus Gründen guter Absicht – man stelle sich mal vor, das würde heute einer Putin oder Russland ganz allgemein nachsagen wollen.

    Die CAU wirft Patrik Baab vor, er habe seine journalistische Arbeit nicht richtig gemacht, weil er parteilich auftrete: Jedenfalls ist das die Quintessenz, zu der man kommen muss, führt man sich die Begründung zu Gemüte. Aber ein Akademiker, der in Sicherheitspolitik macht und gleichzeitig von »Eskalationsphobie« spricht: Wie geht das zusammen? Ist das die Wortwahl eines Menschen, der sich auf sicherheitspolitische Fragen spezialisiert hat? Weshalb unterstellt Krause niemanden, dass er seinen Aufgabe verfehlt hat?

    Hätte Patrik Baab der Eskalation des Krieges bis hin zum potenziellen Atomschlag das Wort geredet, würde er heute munter Vorträge in Kiel halten. Sein Vergehen war, dass er sich nicht zum akademischen Nutzidioten machen ließ, sondern seinem Arbeitsethos nachging: Er postuliert keine ideologischen Worthülsen, sondern macht das, was er kann: Berichterstattung.

    Grundsätzlich scheint das – wie oben schon angerissen – der schlimmste Vorwurf zu sein, mit dem man aktuell konfrontiert werden kann. Journalismus wird seit längerer Zeit als etwas begriffen, was die Strukturen der Macht konstruktiv begleitet. Er wird nicht als Korrektiv umgesetzt, sondern schreibt sich auf die Fahne, die Politik durch den Alltag zu lotsen. Nach Möglichkeit ohne zu viel Aufsehen zu erregen. Synonym für diese Entwicklung sind Legionen von Journalisten, die sich als sogenannte Faktenchecker verdingen. Ihre Aufgabe besteht nicht daran, etwaige Fakten ans Licht zu befördern, sondern Fakten zu schaffen, die politische Vorgaben oder Entscheidungen flankieren und stützen. Der Faktencheck wäre qua Definition ja ergebnisoffen zu betreiben: Wenn man jedoch schon mit einer Absicht ans Werk geht, ist nach hinten nichts offen, sondern schon alles abgesperrt und eingehegt.

    Nur schlechte Journalisten sind gute Journalisten

    Journalisten wie Patrik Baab kommen aus einer anderen Zeit, in der es noch als selbstverständlich galt, auch mal mit den Mächtigen oder auch nur mit dem eigenen Redakteur anzuecken. Natürlich sind Journalisten narzisstisch, ein Umstand, den Patrik Baab in seinem oben genannten Buch selbst bestätigt: Sie wollen – und wollten – immer von sich Reden machen. In anderen Tagen gelang das durch einen investigativen Coup, durch eine schwer ans Tageslicht geförderte Information, die man präsentieren konnte. Heute macht man von sich reden, wenn man Narrative stützt, die Wirtschaft und Politik etablieren möchten. In diesem neuen Sinne ist Baab freilich ein schlechter Journalist – eben weil er ein guter Journalist ist.

    Das haben auch einige Studenten der Universität Kiel erkannt. Sie fordern Gerechtigkeit für Baab. Ihr Statement auf einem kleinen Telegram-Kanal zur Affäre Baab lautet: »Umfassende Recherche, die alle Blickwinkel beleuchtet, ist ein journalistisches Qualitätsmerkmal und kein moralisches Verbrechen. Wir fordern daher Patrik Baabs sofortige Wiedereinstellung an der CAU.« Julian Hett, Initiator des sich formierenden Widerstands gegen den CAU-Kurs sagte mir außerdem: »Der t-online Artikel vertrat falsche Tatsachenbehauptungen, die mittlerweile korrigiert wurden. Somit war es klar für mich: Reputation vor Wahrheit! Die letzten drei Jahre Corona-Politik an der Universität haben mir schon gezeigt, in welche Richtung sich das Ganze entwickelt. Es braucht deshalb dringend Reformen, die wieder die Wahrheit ins Zentrum stellen und Debatten zulassen, auch wenn sie kontrovers sind. Stattdessen wird sich aber darum bemüht die Gendersprache allumfassend einzuführen.«

    Die Causa Baab zeigt, dass Journalismus ein Delikt darstellt in diesen Tagen. Aber nur dann, wenn er mit allen Sorgfaltspflichten ausgeführt wird. Wer vom Schreibtisch aus Journalismus spielt, weil er halbwegs in der Lage ist, dpa-Meldungen zu begreifen, sitzt auf der sicheren Seite eines Berufsstandes, der gerade dabei ist, sich endgültig selbst abzuschaffen. Um das zu verhindern ist es dringend notwendig, dass die Expertise eines Mannes wie Baab nicht verlorengehen darf. Er sollte nicht einer der letzten seiner Art sein: Er hat vielen jungen Leuten, deren Traumberuf im Journalismus liegt, noch viel zu zeigen. Ihn nicht mehr lehren zu lassen bedeutet letztlich auch, sein Know-How zu verlieren. Das können nur Leute wollen, die Journalismus als Hofberichterstattung begreifen: Und das sind die Kräfte der Gegenaufklärung.

    Liens de l’article

    https://www.buchkomplizen.de/buecher/medien/recherchieren.html

    https://www.infosperber.ch/medien/medienkritik/deutsche-journalisten-sollen-nicht-vom-donbas-aus-berichten

    http://oprf.ru/news/6553?lang=en

    https://www.hmkw.de/news/stellungnahme

    https://www.kn-online.de/lokales/kiel/marder-panzer-warten-im-hafen-von-kiel-auf-die-faehre-nach-litauen-B3AQ5SF

    https://www.ispk.uni-kiel.de/de/publikationen/kieler-analysen-zur-sicherheitspolitik/upload-working-paper/kazs_4.pdf

    https://www.neulandrebellen.de/2022/08/offenbar-und-anderes-halbwissen

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    Deutsche Helfer in der Ostukraine
    Scheinreferendum, hurra !
    https://www.t-online.de/nachrichten/ukraine/id_100057900/deutsche-helfer-in-der-ostukraine-scheinreferendum-hurra-.html

    Stellungnahme
    https://www.hmkw.de/news/stellungnahme

    26.09.2022
    Wir haben vor wenigen Minuten durch den Artikel „Scheinreferendum, hurra“ von Lars Wienand (t-online.de) erfahren, dass der freie Journalist Patrik Baab, der bereits mehrfach als Lehrbeauftragter für unsere Hochschule gearbeitet hat, als ‚Wahlbeobachter‘ in der Ostukraine aufgetreten ist. Wir haben Herrn Baab, der sich aktuell in Donezk aufhält, sofort angerufen.

    Hr. Baab hat uns mitgeteilt, dass er privat, ohne jeden staatlichen Auftrag irgendeiner Seite, in die russisch besetzten Gebiete gereist sei. Er wolle und müsse als Journalist mit beiden Seiten sprechen und neutral beobachten. Er habe sich seiner Auffassung nach dadurch keineswegs instrumentalisieren lassen. Im Gegenteil, er habe ja sogar einzelne Verstöße gegen demokratische Wahlprinzipien durch die russischen Akteure kritisiert.

    Wir haben Herrn Baab gegenüber unsere Fassungslosigkeit über dieses Verhalten geäußert. Wir haben ihm unseren Standpunkt verdeutlicht, dass schon seine reine Anwesenheit bei dieser Aktion, ob er wolle oder nicht, zwangsläufig zur Legitimation der in unseren Augen völkerrechtswidrigen und inhumanen Scheinreferenden, die Teil einer imperialistischen Politik und eines verbrecherischen Krieges sind, beiträgt. Sie gibt den Aggressoren ein willkommenes Feigenblatt an die Hand, dass alles rechtens sein müsse, weil man ja sogar „Kritik“ zulasse und nicht unterdrücke.

    Wir distanzieren uns als Hochschule ausdrücklich von einem solchen Verhalten. Die journalistische Scheinobjektivität trägt hier u. E. zur Legitimation von Mord, Folter, Verstößen gegen die Humanität und das Völkerrecht bei.

    Wir haben Herrn Baab mitgeteilt, dass es mit den Grundprinzipien unserer Hochschule nicht vereinbar ist, ihn weiter als Lehrbeauftragten an unserer Hochschule einzusetzen.

    Klaus-Dieter Schulz, Rektor
    Ronald Freytag, Kanzler

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    Als Wahlbeobachter bei Scheinreferenden : Deutscher Journalist verliert Lehrauftrag
    https://www.rnd.de/politik/wahlbeobachter-bei-scheinreferenden-deutscher-journalist-patrik-baab-verliert-le

    Deutscher Journalist soll nicht vom Donbas aus berichten
    https://www.infosperber.ch/medien/medienkritik/deutsche-journalisten-sollen-nicht-vom-donbas-aus-berichten

     »Wahlbeobachter« für Scheinreferenden Früherer NDR-Redakteur verliert Lehraufträge wegen umstrittener Ukrainereise
    https://www.spiegel.de/wirtschaft/ukraine-reise-frueherer-ndr-redakteur-verliert-lehrauftraege-a-f00c815e-f925

    Patrik Baab
    https://www.rubikon.news/autoren/patrik-baab

    Schlagwort : Baab, Patrik
    https://www.nachdenkseiten.de/?tag=baab-patrik

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    Gleichschaltung | bpb.de
    https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/das-junge-politik-lexikon/320425/gleichschaltung

    https://fr.m.wikipedia.org/wiki/Gleichschaltung

    #journalisme #médias #censure #Allemagne #Gleichschaltung

  • Trotz Mindestlohn hat Deutschland nach wie vor einen der größten Ni...
    https://diasp.eu/p/11774489

    Trotz Mindestlohn hat Deutschland nach wie vor einen der größten Niedriglohnsektoren in Europa. Durch die Corona-Krise wird einmal mehr offensichtlich, dass das deutsche Wirtschafts- und Sozialmodell hier über ein grundlegendes Funktionsdefizit verfügt, und der Problemdruck steigt gleich in mehrfacher Hinsicht. #Arbeit #HartzIV https://www.bpb.de/apuz/315575/der-niedriglohnsektor-in-der-corona-krise

  • Wolfgang Schäuble : Abschied einer Nervensäge - SPIEGEL ONLINE
    http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/wolfgang-schaeuble-abschied-einer-nervensaege-a-1172675.html


    C’est un départ accompagné de mensonges aussi graves que les crimes commis contre les peuples par l’homme politique le plus puissant d’Europe. Au vingtième siècle sa longuevité politique est sans pareil sur le continent. Il faut se souvenir de la France au dix neuvième siècle pour identifier une éminence grise aussi importante que lui. Adolphe Thiers, le bourreau de la Commune de Paris, a trouvé sa réincarnation moderne dans le corps du fanatique prêtre du culte du "Zéro noir".

    On connait Wolfgang Schäuble surtout pour sa politique contre la Grèce, mais on oublie généralement que sa gestion de la crise de remboursement des dettes grèques dues aux banques allemandes suivait exactement le scénario développé sous sa direction pour le démantèlement des industries est-allemandes au profit de leurs concurrent de l’Ouest après 1989.

    Bei der großen Schäuble-Show ging zudem häufig unter, dass der Minister daheim nur begrenzt das Gepredigte praktizierte. In Schäubles neun Jahren als Finanzminister wurde weder groß reformiert noch eingespart. Dass er 2014 den ersten ausgeglichenen Haushalt seit 45 Jahren vorlegen konnte, lag vor allem an sprudelnden Steuereinnahmen und den niedrigen Zinsen, die Deutschland seit Jahren für neue Schulden zahlen muss - der Eurokrise sei Dank.

    Als Schäuble die „schwarze Null“ anschließend trotz Kritik von Ökonomen und Koalitionspartner zum Dogma erhob, ließ ihn Kanzlerin Angela Merkel gewähren.

    Vladimiro Giacchè : « L’Allemagne de l’Est ne s’est pas remise de son annexion par l’Ouest » - Le Vent Se Lève
    http://lvsl.fr/vladimiro-giacche-lallemagne-pas-remise-de-son-annexion-par-louest

    On a évoqué plus haut la Treuhand, l’outil créé pour privatiser à toute vitesse en Allemagne de l’Est. N’était-elle pas une sorte d’ancêtre de la « Troïka » qui a si durement sévi dans les pays d’Europe du Sud ?

    Si, bien sûr ! La réactivation d’une Treuhand pour la Grèce fait partie du train de mesures acceptées par Alexis Tsipras durant l’été 2015. Il s’agit en substance d’exproprier une partie du patrimoine public grec (dans le cas de l’Allemagne de l’Est, il s’agissait de la totalité), et de le confier à une société fiduciaire placée sous le contrôle des créanciers. En octobre 2016, j’ai participé à un congrès à Berlin durant lequel a été mise en évidence la continuité entre les privatisations opérées par la Treuhandanstalt et les mesures imposées par la « Troïka » et l’Eurogroupe à la Grèce. Il est incroyable que ce modèle ait été de nouveau choisi vu le désastre qu’il a provoqué en ex-RDA, c’est à dire la destruction de richesses pour un montant de 900 milliards de DM de l’époque, et l’anéantissement de l’industrie de l’Est. C’est là qu’on voit à quel point il peut être funeste de d’ignorer les leçons de l’histoire.

    Adolphe Thiers
    https://fr.wikipedia.org/wiki/Adolphe_Thiers

    Wolfgang Schäuble
    https://fr.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Sch%C3%A4uble

    Treuhand
    https://fr.wikipedia.org/wiki/Treuhandanstalt


    De 1991 à 1994 ce sombre building nazi sert de siège à la Treuhandanstalt. On y brade la totalité des biens communs de l’Allemagne de l’Est.

    Treuhand de nom complet Treuhandanstalt (littéralement en français : « Agence fiduciaire ») était l’organisme de droit ouest-allemand chargée de la privatisation des biens de la République démocratique allemande (RDA) après la réunification du pays. Elle fut créée par la Volkskammer, le parlement est-allemand, par la loi du 17 juin 19901.

    Transformé en état major la de guerre économique l’office du ministres chargé des finances occupe l’ancien bâtiment du ministère de l’Aviation du Reich de Hermann Göring.

    schwarze Null | bpb
    https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/240511/schwarze-null

    Bezeichnung für einen ausgeglichenen öffentlichen Haushalt, bei dem die Ausgaben die Einnahmen nicht übersteigen und kein Anstieg der öffentlichen Schulden (siehe dort), also keine Neuverschuldung, notwendig ist.

    #Allemagne #Europe #politique #économie

  • gauchistes = nazis = islamistes = évangélistes != grundgesetz

    Notre Bundeszentrale für politische Bildung (BPB) http://www.bpb.de fête son soixantième anniversaire. Vu l’age de mamie BPB il n’est pas étonnant qu’elle se soit payée comme cadeau une vidéo dans l’esprit du passé.

    D’après la BPB on peut reconnaître les opinions politiques des citoyens par leur odeur. Les gens de gauche sentent un peu mieux car ils ont droit à des douches gratuites lors des manifestations régulières . On sous-entend qu’autrement ils ne se laveraient pas :

    Die Linken riechen ein bisschen besser, weil sie bei den häufigen Demonstrationen eine kostenlose Ganzkörperdusche genießen

    .

    http://www.youtube.com/watch?v=5PdHHiUq-1Y

    La vidéo contient encore d’autres éléments drôles, par exemple le musulman à la ceinture explosive. Mhouahaha !

    http://www.neues-deutschland.de/artikel/805731.huete-dich-vorm-nazi-punk.html

    Sehr lustig. Und was lernt das Kind oder der sonstige an politischer Bildung Interessierte? Dass, wer von Wasserwerfern getroffen wird, Autos angezündet hat, so wie neulich im Stuttgarter Schlossgarten? Wer den Clip so ernst nimmt, wie es sein Auftraggeber verdient und beansprucht, reibt sich die Augen. Im Film landen »Extremisten« wegen Gewalt im Kittchen, eingeblendet wird eine Figur mit Molotow-Cocktail, Pistole und Sprengstoffgürtel. Dass es politisch motivierte Straftatbestände wie Volksverhetzung, Herabwürdigung des Bundespräsidenten oder der staatlichen Symbole gibt, die ebenfalls mit Haft bestraft werden können, braucht niemand zu wissen. Stattdessen gibt es eine Ladung Rassismus: Mehrfach wird der Sprengstoffgürtel mit »arabisch« stilisierter Kleidung assoziiert.

    On se rappelle que la quasi totalité des institutions en RDA furent fondées par d’anciens membre du parti nazi. L’organisation des nostalgiques des « Ostgebiete » perdus http://www.bund-der-vertriebenen.de vient de publier une étude (au prix de 85500 Euros financé par le gouvernement fédéral) qui révèle que c’est particulièrement vrai pour cet organisation dont le budget s’est multiplié pendant le règne du chancelier Kohl. Le commentaire officiel souligne qu’après la guerre les nazis étaient partout, qu’ils étaient tous devenus démocrates efficaces, qu’il y en avait à l’est aussi et que les personnes qui critiquent l’organisation n’ont pas de passé immaculé non plus. Et nan.

    Commentaire officiel : http://www.bdvbund.de/files/pm-13-12.pdf

    http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20121119_OTS0248/zur-studie-ueber-den-bund-der-vertriebenen-bdv

    Unter denen, die in den 50er-Jahren die
    Vertriebenenarbeit dominierten, zeigte sich eine grundlegende
    Loyalität und Affinität gegenüber den braunen Machthabern. Alles kein Problem, findet BdV-Vorsitzende Erika Steinbach. Das vom
    Nationalsozialismus geprägte Gedankengut habe keinen Eingang in die Verbandspolitik des BdV gefunden. Andere wie Günter Grass und Walter Jens hätten schließlich auch Biografieprobleme.
    Wer derart lapidar seine Vergangenheit zur Normalität umlügt, dürfte auch keinen Bestand in der Zukunft haben.

    Pour Erika Steinbach, président du Bund der Vertriebenen , les chrétiens-démocrates au pouvoir sont nettement trop á gauche.
    http://www.n-tv.de/politik/Steinbach-sieht-CDU-zu-weit-links-article1465526.html

    Die Vertriebenen-Funktionärin und Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach gewährt Einblicke in ihre Sicht der Dinge. Die Merkel-CDU: nicht konservativ genug. Deutschland: von Heuchlern und einer linken Schickeria dominiert. Sie selbst: zunehmend isoliert. Die Hoffnung: eine neue, wirklich konservative Partei.

    Voilà l’ambiance sous le gouvernement Merkel.

    Heureusement qu’’il y a mamie BPB pour dire qu’on peut se se tromper. La vidéo qui explique l’extrémisme vient d’être remplacé par le message

    Die Kritik ist angekommen, wir sind an der Überabeitung

    http://www.youtube.com/watch?v=h85oupZnc5E

    Man wird alt wie ’ne Kuh und lernt immer noch dazu.

    Alors écoutons son président, le très sympathique Thomas Krüger (SPD), remercier tous ceux qui ont souhaité bon anniversaire à la BPB.

    http://www.youtube.com/watch?v=BTGe7KlpDNM