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  • Wintereinbruch: Welche Regeln Berliner über das Schneeschippen kennen müssen
    https://www.berliner-zeitung.de/news/winterdienst-schnee-schippen-das-muessen-die-menschen-in-berlin-bei

    Na dann schippt mal schön.

    29.11.2023 von Jule Damaske - In Berlin ist der Winter eingebrochen. Schnee, Eis und Glätte beschäftigen die Menschen nun schon seit einigen Tagen. Doch was müssen Anwohnerinnen und Anwohner bei der Räumung von Schnee und Eis beachten? Wer ist für den Winterdienst verantwortlich? Und wo kommt der beseitigte Schnee hin? Ein Überblick.

    Wer ist für Beseitigung von Schnee und Eis auf den Gehwegen zuständig?

    Für die Schnee- und Glättebekämpfung auf den Gehwegen sind gemäß dem Berliner Straßenreinigungsgesetzes (StrReinG) grundsätzlich die Anliegenden einer öffentlichen Straße verantwortlich. Anliegende sind Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundstücken, Erbbauberechtigte, Nießbrauchende sowie Inhabende eines im Grundbuch vermerkten dinglichen Nutzungsrechts, wie aus einer Mitteilung des Bezirksamts Treptow-Köpenick am Mittwoch hervorgeht.

    Was genau gehört zu den Aufgaben beim Winterdienst?

    Schneeberäumung: Je nach Fußgängeraufkommen muss Schnee in der Breite von mindestens einem Meter, 1,5 Meter auf Gehwegen der Hauptverkehrsstraßen und Geschäftsstraßen und drei Meter in besonderen Fällen, beispielsweise am Kurfürstendamm geräumt werden.

    – Winter- und Eisglätte abstreuen
    - Eisbildungen beseitigen, denen nicht ausreichend durch Streuen entgegengewirkt werden kann
    – Hydranten, Zugänge zu Telefonzellen, Notrufsäulen, Aufzügen, Briefkästen und Parkautomaten von Schnee und Eis befreien

    Wann muss der Winterdienst geleistet werden?

    Grundsätzlich gilt: Schnee soll unverzüglich nach Beendigung des Schneefalls, bei anhaltendem Schneefall auch mehrfach, geräumt werden. Schnee- und Eisglätte müssen unmittelbar nach ihrem Entstehen bekämpft werden. Wenn es nach 20 Uhr schneit, muss der Winterdienst bis 7 Uhr am folgenden Morgen oder 9 Uhr (an Sonn- und Feiertagen) durchgeführt werden.

    Kann jemand anderes den Winterdienst für mich übernehmen?

    Anliegende haben die Möglichkeit, andere geeignete Personen oder Firmen mit der Durchführung des Winterdienstes zu beauftragen. Sie sind sogar dazu verpflichtet, wenn sie nicht selbst die Pflicht zum Winterdienst erfüllen können oder wollen. Außerdem gilt dem Bezirksamt zufolge: „Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer sind verpflichtet, die ordnungsgemäße Durchführung des Winterdienstes zu kontrollieren“, auch wenn sie es durch Dritte vornehmen lassen.

    Wenn Anliegende körperlich oder wirtschaftlich nicht in der Lage sind, den Winterdienst durchzuführen oder durchführen zu lassen, kann das Land Berlin nach einem gesonderten Antrag diese Verpflichtung übernehmen. Der Antrag kann hier gestellt werden.
    Darf zum Auftauen Salz verwendet werden?

    Die Nutzung von Auftaumitteln jeglicher Art ist allgemein verboten. Warum das so ist und welche Alternativen es gibt, erklärt der BUND Berlin. Nur die Berliner Stadtreinigung (BSR) darf Tausalz zur Räumung der Fahrbahnen nutzen.

    Wohin kommt der geräumte Schnee?

    Der geräumte Schnee kann dem Bezirksamt zufolge auf dem Gehweg am Fahrbahnrand gesammelt werden. Der Schnee darf nicht im Rinnstein landen, ebenso wenig auf Gullys, vor Ein- und Ausfahrten, in Haltestellenbereichen der öffentlichen Verkehrsmittel, auf Radfahrstreifen und Radwegen und Bereichen von gekennzeichneten Behindertenparkplätzen. Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass der Schnee neben Fußgängerüberwegen, Straßenkreuzungen und -einmündungen nur so hoch angehäuft werden darf, dass keine Sichtbehinderungen riskiert werden.
    Was ist zu beachten, wenn das eigene Grundstück ein Eckgrundstück ist?

    Diejenigen, deren Grundstücke an Straßenkreuzungen oder -einmündungen liegen, müssen „zusätzlich die Fortführungen der Gehwege bzw. Fußgängerbereiche bis an den Fahrbahnrand in der erforderlichen Breite“ räumen und streuen, so das Bezirksamt. „In nicht genügend ausgebauten Straßen sind die Fortführungen der Gehwege bzw. Fußgängerbereiche über die Fahrbahn bis zur Straßenmitte zu beräumen und zu streuen.“

    Was ist zu beachten, wenn sich vor dem Grundstück eine Haltestelle befindet?

    Für die Haltestellenbereiche der öffentlichen Verkehrsmittel, einschließlich der Wege zu den Wartehallen, ist die BSR zuständig. Ausgenommen sind die Mittelinseln, die von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) geräumt werden.

    Welche Konsequenzen drohen, wenn der Winterdienst nicht durchgeführt wird?

    Wenn Anliegende ihrer Pflicht zum Winterdienst nicht nachkommen, „kann die zuständige Behörde eine Ersatzvornahme auf dessen Kosten anordnen“. Laut dem Bezirksamt kann ein Ordnungswidrigkeitenverfahren nach dem StrReinG eingeleitet werden. In dem Fall, dass es aufgrund des unterlassenen Winterdienstes zu einem Unfall kommt, kann darüber hinaus ein Strafverfahren wegen Körperverletzung eingeleitet werden. Eine betroffene Person kann dann zivilrechtliche Forderungen, beispielsweise Behandlungskosten oder Schadensersatz, gegen die Verantwortlichen geltend machen.

    #Berlin #Winter #Straßenreinigung

  • Wohnungsnot und üble Zustände in Schmargendorf : „Mir trampeln Tag und Nacht neun Studenten auf dem Kopf herum“
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/melanie-g-mir-trampeln-tag-und-nacht-neun-studenten-auf-dem-kopf-he


    Das Mehrfamilienhaus in Schmargendorf mit 20 indischen Untermietern. Foto : Gerd Engelsmann

    Il y a quelques annêes encore on pensait aux squats et foyers de sans abris quand on parlait du logement précaire à Berlin. Désormais les marchands de sommeil sont arrivés à Berlin. Voici comment fonctionne l’économie politique du métier.

    26.11.2013 von Kerstin Hense - Die 49-Jährige ist eine der letzten Hauptmieter eines Mehrfamilienhauses in Schmargendorf und wehrt sich gegen üble Zustände.

    Melanie G. ist mit ihren Nerven am Ende. Sie ist eine der letzten beiden Mieter eines Mehrfamilienhauses in Schmargendorf, die nach einem Eigentümerwechsel vor drei Jahren noch übrig geblieben sind. Seitdem lebt die alleinerziehende Mutter unter unschönen Umständen. Nachts funktionieren die Heizung und das Warmwasser nicht und sie hat mit Feuchtigkeit zu kämpfen. Außerdem leben über ihr neun Studenten, beengt in einer Dreizimmerwohnung, die Tag und Nacht über ihrem Kopf herumtrampeln würden, sagt sie.

    „Ich werde von dem Lärm sogar nachts aus dem Schlaf gerissen, weil die Wohnung mit neun Personen völlig überbelegt ist. Ich war schon ein paar Mal oben und habe ihnen Bescheid gesagt“, erklärt die 49-jährige. Passiert sei seitdem nichts. Sie halte den Zustand nun nicht mehr aus und hat sich deshalb an die Berliner Zeitung gewandt. Als wir Reporter bei ihr in der Küche sitzen, hören wir ebenfalls permanent schwere dumpfe Schritte über unseren Köpfen.

    In der Wohnung ist es auffallend kalt, sodass man auch tagsüber eine Jacke tragen muss. Sie bekäme die 98 Quadratmeter große Wohnung nicht richtig warm, da sie nachts komplett auskühle, erzählt Melanie G. „Die schalten uns von 23 Uhr abends bis 6 Uhr morgens die Heizung aus und dann haben wir auch kein warmes Wasser mehr.“

    In ihrem Arbeitszimmer ist schon seit ein paar Wochen erneut ein großer feuchter Fleck unter der Decke zu sehen, der durch einen Wasserschaden in der darüberliegenden Wohnung entstanden ist. „Durch die Kälte wird es immer schlimmer“, sagt sie. Ihr Nachbar im Erdgeschoss habe seit ein paar Tagen ebenfalls einen Wasserschaden, da in den Wohnungen über ihnen ohne Vorhang geduscht werde.
    Die Hausverwaltung bleibt untätig

    Mehrmals hat Melanie G. deshalb schon mit ihrer Hausverwaltung Kontakt aufgenommen. Doch bislang erfolglos. „Entweder bekomme ich keine Antwort oder ich werde vertröstet. Das geht schon seit Monaten so“, erklärt sie. In den Google- Bewertungen beklagen sich auch andere Mieter über eine Nicht-Kommunikation.

    Die Mutter einer 13-jährigen Tochter ist eine der letzten beiden Hauptmieter in dem Mehrfamilienhaus, in dem bei ihrem Einzug vor fünf Jahren ursprünglich mal acht Parteien lebten.

    Nachdem der vorherige Eigentümer das Haus 2020 verkaufte, begannen die Probleme. Es werde sich seitdem um nichts mehr gekümmert, so schildert sie. Melanie G. glaubt, dass man gern alle Mieter raushaben wolle. „Uns wurde seitens der Hausverwaltung bei einer Eigentümerversammlung kommuniziert, dass demnächst ein Dachausbau geplant ist und die Mieter aus anderen Stockwerken erhielten bei einem Auszug Abfindungsangebote in Höhe von 30.000 Euro“, erklärt sie.


    Die Studenten aus Indien leben zu neunt in dieser Dreizimmerwohnung. Sie wollen unerkannt bleiben. Foto: Gerd Engelsmann

    Etliche Mieter hätten das Angebot angenommen. Sie selbst habe keines bekommen. „Ich denke, die haben es sich bei mir gar nicht erst getraut“, so betont sie. Denen sei klar gewesen, dass sie es nicht in Anspruch genommen hätte. „Ich habe sehr viel Geld in die Renovierung meiner Wohnung gesteckt und hätte so schnell in Berlin keine bezahlbare andere gefunden“, so Melanie G. Sie zahlt 1175 Euro warm für ihre Dreizimmerwohnung.

    Sie und ein weiterer Mieter, der ebenfalls im Erdgeschoss lebt, sind die letzten Bewohner, die noch von den alten Mietern übrig geblieben sind. „Die anderen vier Wohnungen sind seit ein paar Monaten an ausländische Studenten, die an einer privaten Hochschule in Charlottenburg studieren, untervermietet worden“, erklärt Melanie G.

    An den Briefkästen stehen insgesamt 20 indische Namen, die kaum zu entziffern sind. „Der Postbote hat sich schon ein paar Mal bei mir beklagt, dass er Schwierigkeiten hat, die Briefe zuzustellen, weil er durch den Dschungel der Namen nicht mehr durchsteigt. Außerdem soll es das achte Haus in seinem Zuständigkeitsbereich sein, in dem so viele Studenten aus dem Ausland untergebracht sind“, sagt Melanie G.

    Die alleinerziehende Mutter findet das „unwürdig und kriminell“, Menschen so beengt unterzubringen und dafür auch noch viel Miete zu kassieren. Aus einem Untermietvertrag der Studenten, den die Berliner Zeitung einsehen konnte, geht hervor, dass jeder von ihnen 450 Euro Miete zahlen soll.


    Die Klamotten liegen auf dem Boden, weil es zu wenige Schränke gibt. Foto: Gerd Engelsmann

    Die Reporter der Berliner Zeitung haben sich in einer der Wohnungen, die an die Studenten vermietet werden, umgesehen. Ein junger Mann, der ebenfalls anonym bleiben möchte, führt uns durch die drei Zimmer. In der Küche stehen zwei junge Männer am Herd und bereiten sich gerade eine warme Mahlzeit zu.

    Die etwa 98 Quadratmeter große Wohnung ist spärlich ausgestattet. Im Badezimmer gibt es nur eine Badewanne, ohne Duschvorhang. In drei Zimmern verteilt sind insgesamt drei Holzbetten und sechs Matratzen auf dem Boden. „Wir leben hier zu siebt und mitunter auch zu neunt. Das ist schon sehr beengt und schwierig, unter solchen Umständen zu lernen“, erklärt der junge Mann.

    Die 450 Euro pro Kopf an Miete würden jeden Monat von einem Mann abgeholt werden. Dieser wolle das Geld in bar haben, berichtet der Student. Die Berliner Immobilienfirma, die die Wohnung an die jungen Männer vermietet hat, ist nur unter der Postanschrift der Schwesterfirma zu finden. Es ist weder eine Mailadresse noch eine gültige Telefonnummer im Netz zu finden.

    Die Studenten haben das Zimmer über eine WhatsApp-Gruppe für indische Studenten in Berlin gefunden. „Es ist schwer, ein Zimmer in dieser Stadt zu bekommen, und wir sind froh, dass wir nicht auf der Straße sind“, erklärt einer von ihnen. Außerdem sei die Wohnung zentral gelegen und nur 15 Minuten mit dem Fahrrad von der Universität entfernt.

    Die Berliner Zeitung fragte bei der zuständigen Hausverwaltung an, ob ihnen die Zustände in dem Mehrfamilienhaus bekannt sind. Doch die Antwort blieb bis Redaktionsschluss aus.

    Der Eigentümer des Hauses, die Fortis Real Estate Investment AG, teilte mit: „Insbesondere der geplante Ausbau des Dachgeschosses zur Schaffung von neuem Wohnraum als auch die notwendigen Strangsanierungen und erforderlichen Wohnungsrenovierungen bringen die Erfordernis mit sich, dass Wohnungen temporär nicht bewohnt sein sollten“, so Vorstand Marco Mendler. Dabei werde aber für jeden Mieter eine individuelle Lösung gefunden, und hier im Haus habe es auch einige Mieter gegeben, die nach Ausführung der baulichen Maßnahmen nicht mehr hätten zurückziehen wollen. Sie hätten Mieter dabei unterstützt und Ersatzwohnungen nach deren individuellen Wünschen beschafft.


    Die vielen Paar Schuhe der neuen Untermieter. Foto: Gerd Engelsmann

    Die Heizung im Haus verfüge zur Energieeinsparung über eine übliche Nachtabsenkung. Eine Auskühlung in dem von Ihnen beschriebenen Maße sei hierbei jedoch unüblich und die Warmwasserversorgung von der automatischen Nachtabsenkung ebenfalls nicht betroffen. Die Heizungsanlage sei vor etwa 14 Tagen von einer Fachfirma überprüft und eingestellt worden. „Wir veranlassen jedoch umgehend die Überprüfung der Heizungsfunktion und deren Einstellung“, versprach Mendler.

    Die von Mietern beklagten Wasserschäden, die vermeintlich durch das Duschen ohne Vorhang in den Wohnungen darüber ausgelöst und bislang noch nicht behoben worden sind, seien inzwischen in Bearbeitung und sie stünden dazu bereits mit den betroffenen Mietern in Kontakt. Ein Wasserschaden vom vergangenen Freitag sei inzwischen in Augenschein genommen und der notwendige Reparatur- und Renovierungsumfang sowie der zeitliche Ablauf würden aktuell ermittelt. Ebenfalls sei eine Duschtrennwand bestellt, die noch nicht geliefert worden sei.

    Zum Untermietverhältnis äußerte sich der Vorstand folgendermaßen: „Grundsätzlich haben wir Mietern die Untervermietung erlaubt, aber was hier nun vermeintlich gemacht wurde, entbehrt jeglichem Verständnis und ist von uns weder gewünscht, noch geduldet. In der kommenden Woche wird durch eine Wohnungsbegehung dieser Umstand vor Ort geprüft und umgehend abgestellt“, erklärt Mendler weiter. Er versprach auch, nach Ersatzwohnungen aus seinem Bestand für die Studenten zu suchen.


    Melanie G. möchte unerkannt bleiben. Sie steht mit Jacke und Mütze in ihrer Wohnung, weil sie friert. Foto: Gerd Engelsmann

    Die Berliner Zeitung hat sich auch auf dem Gelände der Immobilienfirma im Osten Berlins umgesehen, die mit den indischen Studierenden die Mietverträge geschlossen hat. Doch nach unserem Klingeln machte niemand auf, an den Fenstern waren die Jalousien heruntergezogen.
    Berliner Mieterverein sieht darin ein „übles System“

    Dem Berliner Mieterverein sind solche Fälle bekannt. „Wir erleben zunehmend, dass insbesondere Migrantinnen und Migranten, aber auch Studierende aus dem EU-Ausland und anderen Kontinenten zimmerweise in überbelegten Wohnungen unterkommen und dieser üblen Masche ausgesetzt sind“, erläutert Geschäftsführer Sebastian Bartels.

    Man habe es hier offenbar mit einem dreisten Versuch zu tun, aus der Wohnungsnot möglichst viel Profit zu ziehen. Solche Untermietverhältnisse mit Briefkastenfirmen seien in der Regel konstruiert, um den starken gesetzlichen Kündigungsschutz zu unterlaufen.

    Der Berliner Mieterverein erkenne ein übles System hinter diesen Fällen: Unter Verstoß gegen die Mietpreisbremse würden einzelne Zimmer einer Wohnung untervermietet, wobei die vermeintlichen Untermieter nur konstruierte Briefkastenfirmen oder vorgeschobene Hausverwalter des Eigentümers seien. Typisch sei, dass Mängel selten beseitigt würden. Sobald Mieterinnen und Mieter sich gegen diese Zustände wehrten, hagele es Kündigungen – mit der Begründung, das Untermietverhältnis sei erloschen, da der Vermieter dem Hauptmieter gekündigt habe.

    Menschen, die mit dem Mietrecht nicht vertraut seien, könnten diesem vorgeschobenen Argument nichts entgegensetzen. „Wir beobachten seit Jahren eine Zunahme solcher Fälle und raten allen Betroffenen, solche Kündigungen nicht zu akzeptieren, also trotz Kündigung in der Wohnung zu bleiben“, so Bartels weiter.

    Daneben sollten die Betroffenen ihre Miethöhe überprüfen lassen und die Beseitigung von Mängeln einfordern. Dabei sei es jedoch wichtig, sich rechtlich vertreten zu lassen, denn die Firmen seien gewieft und schickten oft Anwaltskanzleien vor.

    Melanie G. hofft, dass nun bald Ruhe in ihrem Haus einkehren wird und sie wieder Frieden in ihren eigenen vier Wänden finden kann. Sie sagt: „Der Alltag ist stressig genug. Wenn man sich in seinem Zuhause nicht mehr wohlfühlt, ist das sehr belastend.“

    #Allemagne #Berlin #immobilier #logement #immigration

  • 300 rechte Straftaten einfach liegengeblieben ? Berliner Innenausschuss thematisiert Fälle
    https://www.berliner-zeitung.de/news/innenausschuss-thematisiert-liegengebliebene-falle-li.2162665

    Après le départ du chef du commissariat berlinois pour délits politiques son successeur découvre une pile de 300 délits de droite abandonnés sans suite. Les tronches des policiers du « Stastsschutz » sont bien connus des autonomes et gauchistes à cause de leurs interventions massives lors de réunions et manifestations. Désormais c’est un fait avéré que les délits commis par des extrémistes de droite ne les intéressent pas du tout.

    Toi néonazi de la province la plus
    profonde sois le bienvenu à Berlin. Tu peux compter sur le soutien des forces l’ordre.

    27.11.2023 - Nachdem rund 300 Fälle rechter Straftaten in einer Abteilung des Landeskriminalamtes liegengeblieben sind, soll das Thema nun im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses behandelt werden.

    Die Ermittlungen der Berliner Polizei gegen Mitarbeiter des Staatsschutzes beim Landeskriminalamt sollen am Montag um 9 Uhr im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses thematisiert werden. Nachdem rund 300 Straftaten aus dem rechten Spektrum liegen geblieben sind, fordern Abgeordnete von Linken und Grünen von Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und Polizeipräsidentin Barbara Slowik Informationen zu den Fällen. Erst bei einem Führungswechsel in dem Kommissariat sei nach Angaben der Polizei aufgefallen, dass die Verfahren gar nicht oder unzureichend bearbeitet worden sind.

    Inzwischen wird laut Polizei wegen Strafvereitelung im Amt ermittelt. Im Fokus stehen dabei der frühere Kommissariatsleiter und ein Sachbearbeiter. Laut Polizei ist zu klären, wem die liegengebliebenen Akten strafrechtlich anzulasten sind. Nach Angaben einer Polizeisprecherin stammen die Verfahren größtenteils aus den Jahren 2020 und 2021. Öffentlich nicht bekannt ist, um welche Straftaten aus dem rechten Spektrum es konkret geht. Unklar ist bislang auch, aus welchen Gründen die Verfahren liegenblieben – ob dies etwa aus Überlastung geschah oder absichtlich aus politischen Motiven.

    #Berlin #police #extrême_droite

  • Antisemitismus an Berliner Schulen – Lehrer schlägt Alarm : „Jüdische Schüler fühlen sich eingeschüchtert“
    https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/antisemitismus-an-berliner-schulen-juedische-schueler-fuehlen-sich-

    Le carnage de Gaza éloigne les jeunes allemands de leur propre histoire. Le meurtre d’innocents par l’armée du suprémacisme juif provoque la haine de toute expression juive et des juifs en général. L’état d’Israel a préparé ce changement de paradigme par sa revendication de représenter tous les juifs du monde.

    L’école berlinoise et ses enseignants ne comprennent plus la génération qu’ils sont censés préparer à l’avenir. Ce phénomène historique à répétition est en train d’atteindre une ampleur et et un degré d’irréconciliabilité inouïe.

    27.11.2023 von Nathan Giwerzew - Eine Lehrkraft des Anne-Frank-Gymnasiums schlägt Alarm: Die Empathie vieler Schüler für Terror-Opfer aus Israel nehme ab, die Lehrer drohen den Draht zur Jugend zu verlieren.

    Die Anne-Frank-Schule in Altglienicke, 9. November 2023 – das Gymnasium gedenkt der Reichspogromnacht vor 85 Jahren, als Nazi-Schlägerbanden Juden jagten, Synagogen anzündeten und jüdische Geschäfte verwüsteten. An diesem Tag besucht Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel (SPD) die Schule.

    Das Thema der Diskussionsveranstaltung mit Hikel: Antisemitismus an Schulen. Denn jetzt ist jüdisches Leben wieder in Gefahr. Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel wurden Molotowcocktails auf eine Berliner Synagoge geworfen, Häuser wurden mit Davidsternen markiert.

    Der Eindruck: Schüler ignorieren israelisches Leid

    Der Berliner Zeitung liegt eine Audioaufzeichnung der Diskussionsveranstaltung vor. Darin zu hören: zustimmendes Pfeifen, Jubel und Applaus, sobald ein Schüler Israel Kriegsverbrechen unterstellt. Ein Schüler fragt, weshalb Israel das Angebot Palästinas abgelehnt habe, eine Zweistaatenlösung umzusetzen. Wenn man so will: eine unterkomplexe Sicht auf den Nahost-Konflikt. Es entsteht der Eindruck, als wäre den Schülern die historische Bedeutung des 9. November nicht bewusst.

    Eine Auseinandersetzung mit Antisemitismus an Schulen findet hier offenbar bei vielen der anwesenden Schüler nicht statt, zumindest nicht auf dieser Veranstaltung. Die Lehrer und Martin Hikel halten dagegen. So fragt Hikel die Schüler: „Wenn im Namen der palästinensischen Flagge Terror gegenüber Israel ausgeübt wird, warum soll ich einen Tag später mit einer Palästina-Flagge rumlaufen? Mit welcher Motivation?“ Hikel erinnert im Gespräch mit den Schülern auch daran, dass es bei Solidaritätsbekundungen mit Palästina häufig zu Ausrufen wie „Tod den Juden“ kam.

    Bei der Veranstaltung sind auch Journalisten des Nachrichtenportals Apollo News anwesend. Sie berichten von einer Gruppe von etwa 25 Schülern, die ein einheitliches Vorgehen abgesprochen hätten: etwa indem sie bei Wortmeldungen, die auf vermeintliche Gräueltaten Israels hinwiesen, lautstark jubelten – und beim Thema Hamas-Terror auffällig ruhig blieben. Sie haben sich auch an den Solidaritätsbekundungen einiger Lehrer mit Israel gestört, berichtet Apollo News. Laut dem Nachrichtenportal kommt ein großer Teil der Schüler der Anne-Frank-Schule aus dem angrenzenden Neukölln.

    Berliner Lehrkraft: Jüdische Schüler fühlen sich eingeschüchtert

    Eine Lehrkraft, die am 9. November ebenfalls anwesend war, stellt die Lage an ihrer Schule im Gespräch mit der Berliner Zeitung als dramatisch dar. Es habe eine „klar antiisraelische Stimmung“ während der Diskussionsveranstaltung gegeben. Die Lehrkraft bittet um Anonymität. „Es ging sofort los mit Fragen, die nur auf die angeblichen Verbrechen der israelischen Armee abzielten“, so die Lehrkraft. „Da hat sich eine kleine Gruppe aus Schülern eindeutig vorgenommen, gezielt die palästinensische Seite vorzutragen. Das hat mich erschrocken.“

    An der Anne-Frank-Schule, heißt es vonseiten der Lehrkraft, habe es im Vorfeld der Veranstaltung einen deutlichen Stimmungswechsel gegeben: Nach einer kurzen Welle der Solidarität „standen plötzlich nicht mehr der Terrorangriff auf Israel und das Leid der Geiseln im Fokus, sondern die Kritik an Israel“. Es sei immer wieder die Forderung erhoben worden, „auch über die zivilen Opfer im Gazastreifen zu reden“. Über die Terrorangriffe der Hamas habe kaum einer sprechen wollen, berichtet die Lehrkraft resigniert.

    Diesen Stimmungswechsel hätten ihr zufolge auch die jüdischen Schüler der Anne-Frank-Schule wahrgenommen. Die Lehrkraft berichtet, dass in den folgenden Wochen nach dem Terrorangriff immer häufiger jüdische Schüler auf sie zugekommen seien und berichtet hätten, dass sie Angst haben. „Sie fühlen sich alleingelassen. Vor allem, wenn sie sehen, was in Berlin vor sich geht: jüdische Geschäfte schließen, Brandsätze werden auf Synagogen geworfen.“

    Da sei für das Lehrerkollegium klar gewesen: „Wir müssen etwas machen! Wir sind schließlich die Anne-Frank-Schule.“ Der Name verpflichte. „Vor allem in Neukölln“, sagt die Lehrkraft, „aber auch an anderen Orten sehen wir überall Palästina-Fahnen. Doch seien wir mal ehrlich: Wer würde sich gerade freiwillig eine Israel-Fahne offen ins Auto hängen?“

    Wie Martin Hikel die Diskussionsveranstaltung erlebt hat? Er bestätigt im Gespräch mit der Berliner Zeitung, Schüler hätten pro-palästinensische „Propaganda aus den sozialen Medien reproduziert, ohne sie zu überprüfen oder zu hinterfragen“. In einem Punkt widerspricht er aber den Journalisten von Apollo News: Störversuche von Schülern habe er nicht wahrgenommen. Er sah die Fragen der Schüler eher als Anregung, um „über diese Propaganda ins Gespräch zu kommen“. Sein Fazit? Positiv. „Ich fand es gut, dass sich die Anne-Frank-Schule dieser Thematik stellt“, sagt Hikel. „Dass da auch schulintern eine Auseinandersetzung stattfindet, war sehr beeindruckend.“

    Auf Anfrage der Berliner Zeitung weigert sich die Schulleitung, zum mutmaßlichen Verhalten ihrer Schüler Stellung zu nehmen. Sie verweist lediglich auf einen Brief von Schülern des Politik-Leistungskurses an die Redaktion von Apollo News. Darin nehmen diese zu der Berichterstattung des Nachrichtenportals Stellung.

    Die israelfeindlichen Zwischenrufe, das ist in dem Brief zu lesen, haben so nicht stattgefunden. Ein weiterer Vorwurf: Das Medium habe den Mitschnitt eines Schüler-Zwischenrufs auf X (vormals Twitter) veröffentlicht, ohne die Schülerin um ihre Zustimmung gefragt zu haben und außerdem ihr Statement aus dem Kontext gerissen. Es habe zudem tuschelnden Schülern unterstellt, sie würden eine pro-palästinensische Meinung vertreten, ohne dafür Beweise vorzulegen, so der Politikleistungskurs.

    Welche Meinung die Schüler zum Krieg in Gaza vertreten? Dazu bleibt der Leistungskurs vage. Es heißt, die Schüler würden sich nicht gegen Israel positionieren, sondern gegen „Krieg und Gewalt“. Aufgrund der Berichterstattung mache man sich nun Sorgen „um das Klima und die Sicherheit“ an der Schule. Eine explizite Verurteilung des Antisemitismus der Hamas sucht man im Schreiben vergeblich.
    Senatorin verbietet Schülern terrorunterstützende Meinungsäußerungen

    Die Einschätzungen zur Veranstaltung am 9. November an der Anne-Frank-Schule gehen auseinander, doch eines dürfte feststehen: Die Berliner Schulen stehen infolge des Kriegs in Gaza unter Druck. Das zeigt auch ein Brief von Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch, den die Senatorin am 13. Oktober an Berliner Schulleitungen verschickt hat.

    Sie teilte der Senatsverwaltung mit, dass „jede demonstrative Handlungsweise oder Meinungsäußerung, die als Befürwortung oder Billigung der Angriffe gegen Israel oder Unterstützung der diese durchführenden Terrororganisationen wie Hamas oder Hisbollah verstanden werden kann“, eine Gefährdung des Schulfriedens darstelle und untersagt werde. Einige Schulen interpretierten dies als generelles Verbot von Palästina-Flaggen und Tüchern an Berliner Schulen. Der Brief liegt der Berliner Zeitung vor.

    Die Senatorin setzte den Brief auf, nachdem es zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen einem 61-jährigen Lehrer und einem 15-jährigen Schüler des Ernst-Abbe-Gymnasiums in der Neuköllner Sonnenallee gekommen war: Ein 14-jähriger Schüler war am 9. Oktober mit Palästina-Flagge als Umhang und einem Palästinensertuch um den Kopf in der Schule erschienen. Der Lehrer forderte ihn auf, das zu unterlassen.

    Nach Polizeiangaben griff daraufhin ein 15-jähriger Schüler ein, stellte sich vor den Lehrer und versetzte ihm einen Kopfstoß. In sozialen Medien ist zu sehen, wie sich der Lehrer mit einer Ohrfeige wehrt – und dann nach einem Tritt durch den Teenager zu Boden geht. Beide Schüler wurden nach dem Vorfall suspendiert. Der Staatsschutz ermittelte gegen den Teenager und den 61-Jährigen wegen wechselseitiger Körperverletzung.

    Und das ist kein Einzelfall. Auf Anfrage der Berliner Zeitung gab die Berliner Polizei an, man habe dem Angriff der Hamas auf Israel an Berliner Schulen 97 Vorfälle mit dem Bezug zum Nahost-Konflikt gezählt. Und auch außerhalb der Schulen kocht die Stimmung hoch. In demselben Zeitraum hat die Polizei laut Sprecherin berlinweit 199 Strafverfahren im Zusammenhang mit Straftaten eingeleitet, die einen antisemitischen Hintergrund haben.

    Wie antisemitische Weltbilder unter Schülern zustande kommen? Die Schüler seien umgeben von Falschinformationen, mit denen sie täglich in den sozialen Medien konfrontiert würden, so die Lehrkraft. Hinzu komme eine Unbedarftheit der Schüler im Umgang mit dieser Informationsflut: Sie könnten zwischen glaubwürdigen Informationen und Propaganda nur selten unterscheiden. Die Lehrkraft kritisiert, dass man das Antisemitismusproblem an deutschen Schulen viel zu lange ignoriert habe – „um den Schulfrieden nicht zu stören“.

    Ist Antisemitismus vor allem ein Problem von Schülern mit Migrationshintergrund? Sie verneint mit Nachdruck. Das Elternhaus spiele selten eine Rolle, entscheidend sei der Medienkonsum der Schüler. Viele Schüler hätten vorgefertigte Meinungen zum Nahost-Konflikt, sagt die Lehrkraft. „Für sie stellt sich die Geschichte in Israel so dar: David kämpft gegen Goliath.“

    Israel nehme für viele Schüler die Rolle Goliaths ein, des biblischen Unterdrückers der Israeliten. Die Palästinenser stellen sie sich als David vor: der Unterdrückte, der sich wehrt. Viele Schüler würden zudem die Opferzahlen von Israelis und Palästinenser gegeneinander abwägen. Was dabei herauskommt? Israel sei für viele Schüler der alleinige Aggressor im Nahost-Konflikt – ungeachtet dessen, dass Israel mehr Wert auf den Schutz seiner Zivilisten lege als die Machthaber in den palästinensischen Gebieten. Sie spricht von einer „Täter-Opfer-Umkehr“, die jetzt, nach dem Terrorangriff der Hamas und Israels Militäroperation im Gazastreifen, bei vielen Schülern stattfinde.

    Einer solchen Täter-Opfer-Umkehr könne man nur mit der richtigen Vermittlung der politischen Fakten begegnen, glaubt die Lehrkraft. Doch Lehrern, die Falschinformationen aus sozialen Medien begegnen wollen, fehle dazu das nötige Rüstzeug. Der aktuelle Lehrplan, diesen Eindruck gewinnt die Berliner Zeitung im Gespräch, ist weder mit der Realität einer Einwanderungsgesellschaft kompatibel noch gibt er den Lehrern die nötige didaktische Unterstützung an die Hand, um Falschinformationen aus sozialen Medien wirksam widerlegen zu können.

    Die Lehrkraft kritisiert, es dürfe zudem nicht sein, dass jüdisches Leben immer nur im Kontext des Holocaust behandelt werde. So sehr die Schüler Deutschlands historische Verantwortung gegenüber Israel verstehen müssten: Auch das Leben sowohl in jüdischen Gemeinden als auch in Israel müssten sie aus erster Hand kennenlernen. „Es reicht nicht, nur ein KZ zu besuchen“, sagt sie. So könne die Verstärkung von bereits bestehenden Schüleraustausch-Programmen mit Schulen in Israel viel zur Völkerverständigung beitragen.
    Martin Hikel ist für weitere Auftritte offen

    Die Veranstaltung am 9. November solle keine Ausnahme bleiben, sagt die Schulleitung der Anne-Frank-Schule auf Anfrage der Berliner Zeitung. Für die Zukunft seien weitere Veranstaltungen geplant – unter anderem mit einem prominenten Historiker. Die Lehrkraft appelliert an ihre Kollegen in und außerhalb ihrer Schule, „unseren Bildungsauftrag ernst zu nehmen“. Ihr Plädoyer: „Wir können nicht zulassen, dass sich Juden in Deutschland jetzt alleingelassen fühlen.“

    Und Martin Hikel? Er sagt, er sei für weitere Auftritte an Berliner Schulen offen: „Wenn es Bedarf gibt, komme ich gerne.“ Auch im Vorfeld des 9. November habe er mehreren Schulen vorgeschlagen, an Veranstaltungen zu dem Thema teilzunehmen. Keine der Schulen habe sein Angebot angenommen, sagt er – bis sich die Anne-Frank-Schule gemeldet habe.

  • „Sie waren Nachbarn“: Jüdische Ausstellung in Berlin bleibt vorerst zerstört - als Mahnmal
    https://www.berliner-zeitung.de/news/sie-waren-nachbarn-in-berlin-moabit-juedische-ausstellung-durch-bra

    20.11.2023 von Maria Windisch - In Berlin wurde ein Schaukasten mit einer Ausstellung zur jüdischen Geschichte beschädigt. Als Mahnung gegen antisemitische Gewalt soll die zerstörte Vitrine erst mal so bleiben.

    Nachdem in Berlin-Moabit die jüdische Schaukasten-Ausstellung „Sie waren Nachbarn“ durch einen Brandanschlag zerstört wurde, soll die Vitrine vor dem Rathaus Tiergarten vorerst nicht repariert werden. Wie das Bezirksamt Mitte am Montag mitteilte, beschlossen Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger und Vertreter des gleichnamigen Vereins, dass die Vitrine als Mahnung gegen antisemitische Gewalt zeitweise so belassen werden soll. Laut dem Verein soll außerdem eine Hinweistafel aufgestellt werden. Die Ausstellung selbst soll in wenigen Wochen wiedereröffnen.

    Mit einem Stein hatten der oder die Täter am Sonntag die Scheibe des Schaukastens zerstört und danach Feuer gelegt, wie der Verein am Sonntag mitteilte. Eine Passantin hatte den Anschlag gegen Mittag entdeckt und die Polizei informiert. Da war die Ausstellung allerdings schon größtenteils zerstört. Beamte des Staatsschutzes sicherten Spuren am Tatort.

    Nicht der erste Anschlag? Schon zuvor gab es wohl Demolierungen

    Bereits in den Tagen zuvor soll es an dem Kasten Verschmutzungen und kleinere Beschädigungen gegeben haben. „Wir sind über den offensichtlich antisemitisch motivierten Brandanschlag entsetzt“, machte der Verein in einem Statement deutlich.

    Aro Kurp, Vorstandsmitglied des Vereins „Sie waren Nachbarn“, sagte, die Ausstellung in der Vitrine sei seit Anfang November zu sehen gewesen. Sie sollte noch bis Ende Dezember gezeigt werden. Der Verein, der sich regelmäßig mit solchen Ausstellungen der NS-Geschichte und dem jüdischen Moabit widmet, habe sich diesmal mit dem Krankenhaus des Stadtteils beschäftigt. Dort gab es Widerstand gegen das Naziregime und Unterstützung etwa für Juden oder Deserteure.

    Auch im sozialen Netzwerk X wurde über den Brandanschlag berichtet. So kommentierte Stefanie Remlinger, Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Mitte, mit ihrem Privataccount: „Keine Wut der Welt wegen dem Leid der Palästinenser rechtfertigt Antisemitismus und das Stören des Gedenkens an den Holocaust.“ Dazu postete sie ein Bild der mutwillig zerstörten Ausstellung.

    Unsere Ausstellung Jüdisches Leben in Moabit von „Sie waren Nachbarn“ wurde heute zerstört. Entsetzt, traurig und entschlossen sage ich: Keine Wut der Welt wegen dem Leid der Palästinenser rechtfertigt Antisemitismus und das Stören des Gedenkens an den Holocaust #Mitte #wir pic.twitter.com/4kf9CZxUrs
    — Stefanie Remlinger (@StefRemlinger) November 19, 2023

    #Allemagne #Berlin #antisemitisme

  • Berlin: Auf dem ehemaligen Flughafen Tegel könnten 25.000 Wohnungen entstehen – ein Plädoyer
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/berlin-auf-dem-ehemaligen-flughafen-tegel-koennten-25000-wohnungen-

    Die Idee liegt in der Luft, und endlich greift sie einer auf. Einen einzigen Mangel hat der Artikel : Öffentlichen Nahverkehr kennt er nur als Bus und Bahn.

    Taxis werden aber genauso gebraucht, um Gehbehinderte und Reisende mit schwerem Gepäck direkt vor der Haustür aufzunehmen. Auch für die kleinen studentischen Umzüge mit einem oder zwei Kubikmetern Zeug sind Taxis das effektivste und umweltschonendste Beförderungsmittel. Vielleicht wird es in der TXL-Neustadt die ersten autonomen, selbstfahrenden Taxis Berlins geben. Das riesige Gelände wäre ideal dafür.

    Die Möglickeit, mit PKW und Kleinbussen an jeder Haustür vorzufahren, gehört deshalb auch in jedes grüne Stadtkonzept.

    25.11.2023 von Andreas Barz - Der stillgelegte Airport im Norden Berlins bietet Platz für sehr viel mehr Häuser als bislang geplant. Die Umsetzung ist ein Muss in Zeiten enormen Wohnraummangels. Ein Plädoyer.

    Wohnen heißt – nach Martin Heidegger – bleiben. Doch bleiben setzt voraus, dass man auch kommen kann. Die Arbeitsgruppe für den Stadtentwicklungsplan Wohnen 2040 geht aktuell von rund 400.000 Neuberlinern bis zum Jahr 2040 aus. Darin enthalten sind noch nicht Zuzüge durch weltweite politische Krisen oder Klimakatastrophen.

    Machen wir uns nichts vor: Es wird diese Krisen geben. Schon 400.000 neue Stadtbürger benötigen rund 200.000 Wohnungen, die durch Verdichtung oder Neubau realisiert werden müssen. Nur, wo können diese 200.000 Wohnungen geschaffen werden?
    Platz für eine Wohnstadt der Zukunft

    Das Flugfeld des ehemaligen innerstädtischen Flughafens in Tegel, im Norden und Westen durch den Flughafensee und den Forst Jungfernheide, im Süden durch Kleingärten und im Osten durch die Autobahn und Kasernen begrenzt, bietet Platz für eine Wohnstadt der Zukunft – mit knapp hunderttausend Menschen.

    Der Flughafen hat eine Fläche von mehr als 500 Hektar, das entspricht fünf Quadratkilometern. Von der Gesamtfläche sind derzeit für die Tegeler Stadtheide 220 Hektar, für die Urban Tech Republic 230 Hektar und für das Schumacher Quartier rund 50 Hektar vorgesehen.

    Während im Wohnquartier 5000 Wohnungen für rund 10.000 Menschen gebaut werden sollen, könnte nach Planungen der Tegel Projekt GmbH die Fläche der Urban Tech Republic 20.000 Arbeitsplätzen Platz bieten. 2000 Studierende der Berliner Hochschule für Technik ließen sich in den denkmalgeschützten Gebäuden des ehemaligen Terminals unterbringen.

    Der städtebauliche Rahmenplan geht auf das Jahr 2014 zurück. Baurecht ist bislang für keine der Flächen geschaffen, was der Tegel Projekt GmbH zufolge vor allem auf die verspätete Inbetriebnahme des neuen Airports in Schönefeld zurückzuführen ist.

    Doch seit 2014 haben sich die Bedingungen in Berlin deutlich verändert: Die Stadt wächst – und zwar rasant. Der Wohnungssektor, einschließlich der mit dem Wachstum einhergehenden sozialen Infrastruktur, benötigt darum viele neue Bauflächen. Die Nachfrage nach Gewerbeflächen ist trotz Ausbau der digitalen Infrastruktur und eines postpandemischen Anstiegs an Homeoffice-Arbeitsplätzen ebenfalls ungebrochen hoch. Der Platzbedarf der im Wedding beheimateten Berliner Hochschule für Technik ist seit Jahren evident und soll daher nicht infrage gestellt werden.

    Mit einer Gesamtfläche von 500 Hektar stellt die ehemalige Flughafenfläche in Tegel neben dem bereits 2008 außer Betrieb genommenen Flugfeld in Tempelhof mit rund 390 Hektar die größte Entwicklungsfläche Berlins dar.

    2014 haben sich die Stadtbewohner im Rahmen eines Referendums mehrheitlich für die Nichtbebauung des ehemaligen Flughafens Tempelhof entschieden und damit auf Jahrzehnte einer baulichen Nutzung eine Absage erteilt. Dem Tempelhofer Feld kommt daher künftig vor allem eine klimaregulierende Aufgabe zu. Teile des Flugfelds könnten als Ausgleichs- und Ersatzfläche umgestaltet werden und so die in Tegel geplante Stadtheide entbehrlich machen.

    Statt eine Überprüfung der stadtentwicklungspolitischen Leitlinien voranzutreiben, verliert sich die Planung für die Nachnutzung des Flughafens Tegel aber im Klein-Klein und soll das überholte Planungskonzept aus dem Jahr 2014 unbedingt an den Start bringen.

    Die Bedarfe der wachsenden Stadt, die Wohnstadt oder auch die gemischte europäische Stadt werden für diese größte Berliner Entwicklungsfläche nicht in den Blick genommen, und so wirkt der Masterplan für die 500 Hektar wie aus der Zeit gefallen oder wie eine Lehrseite der Charta von Athen, die 1933 die Stadt in funktionsgetrennte Zonen unterteilte.

    Hier das Wohnen, dort das Arbeiten und möglichst in den Zentren Kultur und Verwaltung. Ähnlich sieht auch die Planung für Tegel aus: Das alte Terminal besetzt die Berliner Hochschule für Technik, drum herum gruppiert sich die Urban Tech Republic, am Rand wird das Schumacher Quartier als Wohngebiet errichtet und im Norden – zum Flughafensee und zur Jungfernheide – gruppieren sich die durch die Flugnutzung kontaminierten Ausgleichs- und Ersatzflächen.

    Auch die aktuelle Verkehrsplanung hinkt den Bedarfen und den Erfordernissen einer modernen klimaneutralen europäischen Stadt hinterher und setzt vor allem auf die Anbindung des Quartiers per Straße. Vage bleiben die Formulierungen zum Ausbau des Straßenbahnnetzes, die in diesem Teil der Stadt nicht vorkommt und erst umständlich an das Straßenbahnnetz im Ortsteil Mitte angebunden werden müsste, was erfahrungsgemäß lange dauert und auf massiven Widerstand stoßen wird.

    Vorbild für die weitere Entwicklung sollten die neuen Stadtquartiere in Wien oder in Kopenhagen sein, in denen Schnellbahnen die Pioniere der Entwicklung waren. Auf dem Flugfeld Aspern in Wien, das für 45.000 Menschen als Wohn- und Arbeitsort völlig neu entwickelt wird, war als Erstes die U-Bahn fertig und brachte zunächst die Bauarbeiter in das Quartier. Auch für Tegel könnte dies so sein, wenn der Senat sich entschließen würde, die alte U-Bahnplanung für den Anschluss des Flughafens aus den 1960er-/70er-Jahren wiederaufzunehmen und die vorhandenen Tunnel am Knotenpunkt Jungfernheide zu nutzen und zum Flugfeld zu verlängern.

    Die U-Bahn sollte dann nicht auf dem Tegeler Flugfeld enden, sondern gleich zur benachbarte Insel Gartenfeld – ebenfalls ein städtisches Entwicklungsgebiet – und später weiter durch die nördlichen Spandauer Wohngebiete bis hin in das hoch verdichtete Umland verlängert werden. Anders als im Märkischen Viertel, das bis heute immer noch nicht an das Schnellbahnnetz angebunden ist, oder die noch im Bau befindliche Europacity nördlich des Hauptbahnhofs, könnte Berlin in Tegel der Mobilitätswende und der damit einhergehenden Attraktivierung des Nahverkehrs einen völlig neuen Schub verleihen.

    Eine grundlegende Überarbeitung der Planung für das Flugfeld in Tegel könnte zudem stark umstrittene Projekte an anderer Stelle – wie auf der Elisabethaue oder Am Sandhaus in Buch – ausgleichen helfen und damit auch zur Befriedung der stark gespaltenen Stadtgesellschaft beitragen.

    Mit einem klugen Mobilitätskonzept, mit Hochschule und Gewerbe, mit Parks und Gärten, mit einer sozialen Infrastruktur, die alle begeistert, könnte hier die gemischte europäische Stadt der Zukunft entstehen. Allerdings braucht es hierfür Mut. Mut der öffentlichen Verwaltung und Politik, die Weichen richtig zu stellen, Mut der Wohnungswirtschaft, ein Gemeinschaftsprojekt auch gemeinsam zu stemmen und nicht in Hinterzimmern auszuhandeln, und Mut der Stadtgesellschaftt, auch mal für etwas und nicht immer gegen etwas zu sein.
    25.000 Wohnungen möglich

    Nimmt man die weit vorangeschrittene städtebauliche Umsetzung der Europacity an der Heidestraße mit ihren 61 Hektar für rund 3000 Wohnungen und 16.500 neue Arbeitsplätze als Blaupause, ließen sich auf dem mehr als achtmal so großen Areal in Tegel rund 25.000 Wohnungen und circa 135.000 Arbeitsplätze realisieren. Zieht man die Kritik der ehemaligen Senatsbaudirektorin Regula Lüscher an der Europacity hinsichtlich der städtebaulichen Dichte und baulichen Höhe in Betracht, ließen sich in Tegel weitaus mehr Wohnungen realisieren.

    Bislang plant die Tegel Projekt GmbH neben einigen Hochpunkten im Schumacher-Quartier nur vier- bis sechsgeschossige Wohngebäude. Das widerspricht allen parteiübergreifenden Bekenntnissen der vergangenen Jahre zu mehr Höhe und Dichte. Und es passt auch nicht zur Klage über einen Mangel an verfügbarer Baufläche, wenn ein solches Gelände quasi vorstädtisch bebaut und damit Potenzial verschenkt wird.

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    Auch die stark durchgrünte Gropiusstadt oder der Wohnpark Alt-Erlaa in Wien mit seinen grünen Terrassenhäusern könnten als positive Vorbilder für das Neudenken von Tegel herangezogen werden. Zudem haben die im Bündnis junger Genossenschaften organisierten Genossenschaften eine Modellplanung für ein durchmischtes Stadtquartier für rund 2500 Menschen vorgeschlagen und 2022 der Öffentlichkeit präsentiert.

    Gemeinsam mit den Genossenschaften sollen kommunale Wohnungsunternehmen 90 Prozent der geplanten Wohnungen in Tegel realisieren. Landesunternehmen, Genossenschaften, Tegel Projekt GmbH, der Bund und die Berliner Stadtentwicklungs- und Verkehrsverwaltung sollten daher im Rahmen einer gemeinsamen Tegel-Konferenz für eine Überarbeitung des Masterplans zusammenkommen und die Weichen für Berlins größte städtebauliche Entwicklungsmaßnahme stellen. Parallel hierzu könnten die umstrittenen Vorhaben im Bezirk Pankow oder die immer wieder neu entfachte Debatte über die Randbebauung des Tempelhofer Flugfeldes ein für alle Mal zu den Akten gelegt werden.

    Der Wohnpark Alt-Erlaa in Wien

    Der Wohnpark Alt-Erlaa in WienVolker Preußer/imago
    Nachsatz zur aktuellen Wohnungsbaudebatte in Berlin

    Die Regierungen in Bund und Ländern haben das Wohnen zu der sozialen Frage des 21. Jahrhunderts erklärt. Auch um Schieflagen durch den seit Jahrzehnten abnehmenden Bestand von Sozialwohnungen zu beseitigen. Das kann nur durch einen massiven Wohnungsneubau gelingen. Gleichzeitig ächzen unsere Städte unter den Auswirkungen des Klimawandels und müssen in großer Geschwindigkeit umgebaut werden. Das betrifft auf kurze Sicht den Umbau der Städte zu Schwammstädten, den Ausbau des Baumbestands zur Regulierung des Stadtklimas sowie einen Stopp der Neuversiegelung des Bodens.

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    Eine solche Null bei der Neuversiegelung wird jedoch nur zu schaffen sein, wenn vorhandene Flächen intensiver genutzt werden – das bedeutet mehr Dichte und Höhe und vor allem den Umbau der Landesbauordnungen, die vielfach immer noch die funktionsgetrennte Stadt und die Charta von Athen zur Grundlage haben, und den Umbau ehemals für den Verkehr genutzter Flächen. Hierzu zählen die Flugfelder, Eisenbahnanlagen und auch die überdimensionierten Straßen der autogerechten Stadt.

    Eine wichtige Rolle wird auch dem Umbau der Städte und den durch die Mobilitätswende möglich gewordenen Rückbau der autogerechten Stadt des 20. Jahrhunderts zukommen. Straßenräume werden zurückgebaut, entsiegelt und bepflanzt. Parkplatzflächen oder auch reine Gewerbegebiete werden zugunsten von Mischgebieten umgebaut, auch um größere Dichten auf den jeweiligen Stadtflächen zu ermöglichen.

    Sollte Berlin zu einem anderen Entschluss gelangen und keine ausreichende Zahl neuer Wohnungen bauen und nur noch jene Teile der Stadtbevölkerung in den Fokus nehmen, die schon da sind, hätte dies fatale Folgen für all die Bereiche, die die Stadt stark machen: Die Auswirkungen auf den Wirtschafts-, Wissenschafts- und Kulturstandort Berlin wären dramatisch, denn ohne Wohnungen kein Bleiben und kein Kommen. Im Segment des akademischen Wohnens, aber auch im Bereich der Angebote für Senioren beobachten wir dieses Phänomen bereits heute.

    Es steht außer Frage, dass Politik und Stadtgesellschaft Regeln für das bezahlbare Wohnen und gegen Mietwucher aufstellen müssen, und selbstverständlich sollte über eine Vergemeinschaftung des Bodens als nicht vermehrbares Gut debattiert werden. Enteignungen und Zwangskollektivierung sind der falsche Weg. Die massive Unterstützung des kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsneubaus wäre vielmehr der richtige Weg. Hierzu gehören ein ausreichendes Angebot von Grundstücken und die Ausweitung der Wohnbauförderung.

    Das Flugfeld in Tegel gibt Berlin eine einmalige Chance, die Stadt der Zukunft mit den Berlinerinnen und Berlinern nicht nur zu diskutieren, sondern auch umzusetzen.

    Andreas Barz ist Vorstandsvorsitzender der Studentendorf Schlachtensee eG. und Ko-Sprecher des Bündnisses junger Genossenschaften.

    #Berlin #Tegel #TXL #Wohnen.#Stadtentwicklung #ÖPNV

  • Nahostkonflikt – Kritik von Juden in Deutschland : „Wir verzweifeln an Israels Politik“
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/nahostkonflikt-kritik-von-juden-in-deutschland-wir-verzweifeln-an-i

    Voilà une position que la majorité politique allemande considère comme antisemite. De l’antisemitisme juif qu’il.a fallu inventer pour faire taire les voix juives humanistes.

    23.11.2023 von Nirit Sommerfeld
    ...
    Wir verzweifeln an Israels Politik, die seit Jahrzehnten das Ziel verfolgt, die Palästinenser loszuwerden und das gesamte Land zwischen Mittelmeer und Jordan für sich zu beanspruchen, was derzeit in einer rechtsradikalen Regierung manifest geworden ist, die unverhohlen Äußerungen von sich gibt, die in Deutschland (zurecht!) als Volksverhetzung oder Schlimmeres identifiziert würden.

    So will etwa Israels Staatspräsident Herzog nicht zwischen Hamas und Zivilisten unterscheiden und verlangt in einer martialischen Rede, ihnen „das Rückgrat zu brechen“. Verteidigungsminister Yoav Galant spricht, wie viele andere auch in der israelischen Zivilgesellschaft, von „Tieren“ oder „human animals“; die auf sie gerichteten Militäroperationen seien „nicht auf Genauigkeit aus, sondern auf Zerstörung“. Israels Minister für ‚Jerusalemer Angelegenheiten und Heimaterbe‘, Amichai Eliyahu, brachte den Einsatz einer Atombombe ins Spiel und schlägt den „Monstern von Gaza“ die Flucht in die Wüste oder nach Irland vor.

    Wir wissen: Worte bereiten Taten vor. Seit Netanyahu der Hamas den Krieg erklärt hat, findet meiner Ansicht nach ein Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung statt. Es ist die Rache für den 7. Oktober, bei dem die Hamas ihrerseits durch nichts zu rechtfertigende Kriegsverbrechen an Zivilisten verübt hat.
    In Israel sagt man lieber „Araber“ als „Palästinenser“

    Übrigens war das schon vor 15 Jahren, als ich in Israel gelebt habe, völlig normal, so über Palästinenser zu sprechen. Mehrere Bekannte sagten mir damals schon, es gäbe nur eine Lösung für das Palästinenserproblem, und das sei Vernichtung. Diese Araber – in Israel nimmt man ungern das Wort ‚Palästinenser‘ in den Mund, als fürchte man, die alleinige Namensnennung könne schon die Anerkennung ihrer Existenz andeuten – würden nicht leiden, sie machten nur Theater, um das Mitleid der Welt zu erregen. Geschichte sei nun einmal nicht gerecht, man habe als jüdisches Volk 2000 Jahre Diaspora hinter sich und mit der Shoa das schlimmste Menschheitsverbrechen erdulden müssen; jetzt seien eben andere dran.

    In solchen Aussagen liegt der Schmerz, den viele in der „Jüdischen Stimme“ kennen. Er rührt von einer Wunde, die sich nicht schließen will. Bei mir ist es die tiefe Enttäuschung, die ich erfahren habe, als ich 2007 in mein Geburtsland zurückzog. Im Laufe von zwei Jahren musste ich festzustellen, dass all meine Überzeugungen bezüglich dieses Landes, an denen ich ebenso wenig wie alle anderen Kinder Israels je gezweifelt hatte, Lügen und Täuschungen waren: Von der Mär vom leeren „Land ohne Volk für ein Volk ohne Land“ über die „moralischste Armee der Welt“ und der „einzigen Demokratie im Nahen Osten“ (die immerhin für jüdische Israelis bis vor kurzem noch halbwegs existierte) bis hin zur im israelischen Diskurs komplett geleugneten Nakba, der Ermordung tausender und Vertreibung hunderttausender Palästinenser im Zuge der Staatsgründung, des Raubes ihres Besitzes, ihres Landes, ihres verbrieften Rückkehrrechts. Die Liste ließe sich lang fortsetzen.

    Auf alledem baut sich eine existenzielle Angst auf: Angst um die Menschen in Israel, Angst um die Palästinenser, Angst um Juden weltweit, Angst vor einem Flächenbrand, der zu einem Dritten (und letzten?) Weltkrieg führen könnte. Wo soll das hinführen, wenn wir diesen Pfad der Gewalt nicht verlassen? Wenn wir ein Menschheitsverbrechen – und das hat die Hamas mit ihrem barbarischen Vernichtungszug am 7. Oktober begangen, was nicht nur verdammt, sondern auch bestraft werden muss – mit einem weiteren Menschheitsverbrechen vergelten?

    Bitte nicht mit dem Beispiel von Nazi-Deutschland kommen!

    Die Geschichte hat gezeigt, dass Gewalt immer nur Gegengewalt erzeugt, und dass Ideen und Ideologien nicht weggebombt werden können. Und da soll mir keiner mit dem Beispiel von Nazi-Deutschland kommen! Die Alliierten wussten schon Jahre vor 1945 von der Existenz von KZs, sie hätten das Grauen schon lange zuvor beenden können. Faschistische Nazi-Ideologie wurde nicht durch Bomben auf Dresden ausgelöscht. Sie macht das Leben in Deutschland heute noch für bestimmte Minderheiten gefährlich, siehe NSU, Hanau oder Halle, nur um die Spitze des Eisbergs zu benennen.

    Was erwarten wir von den überlebenden Kindern in Gaza, deren Eltern und Urgroßeltern schon Flüchtlinge von 1948 waren? Sollen sie, nachdem sie wochenlang Ruinen, Hunger und Durst, Verschüttete und Verbrannte, Tod und Trauma erlebt haben, nach einem Wiederaufbau ihres Freiluftgefängnisses unsere freundlichen Nachbarn mit eingeschränkten Rechten werden, die unsere israelischen Gärten bestellen und unsere Häuser bauen, so wie die meisten Palästinenser es sich eingerichtet haben in den vergangenen Jahrzehnten? Oder werden sie eines Tages zu jungen Männern werden, die in ihrer Verzweiflung und Wut wieder Waffen in die Hand nehmen, um sich zu rächen an der Rache Israels?

    Diese tödliche Spirale wird ausschließlich durch einen Paradigmenwechsel zu unterbrechen sein. Entweder durch radikale Trennung zwischen Israelis und Palästinensern, was ich bis dato immer abgelehnt habe, weil ich durch meine eigene Familiengeschichte weiß, wie gut Juden und Araber neben- und miteinander leben konnten, solange die einen sich nicht über die anderen gestellt und sie entrechtet haben. Oder durch gleiche Rechte für alle Menschen zwischen Mittelmeer und Jordan in einem wie auch immer gearteten gemeinsamen Staat, einer Konföderation, einem Staatenbündnis oder einer sonstigen Organisationsform, die ohnehin die Menschen vor Ort selbst zu bestimmen haben.

    Aber bis dahin wird viel Blut fließen. Mit jedem Tag, an dem das Gemetzel in Gaza und die Tötungen, Vertreibungen und Hauszerstörungen im Westjordanland weitergehen, entfernt sich ein gerechter Frieden um eine Generation, mindestens. Hier kommt meine Verzweiflung über die deutsche Politik ins Spiel – von der EU und den USA ganz zu schweigen. Deutschland begreift nicht, dass sein „Wir stehen bedingungslos an der Seite Israels“ zu einer riesigen Gefahr für Israel und vor allem für Juden in Deutschland werden kann.

    Wo war Deutschlands Staatsräson, als Zivilisten Schutz brauchten?

    Wie nur kann der deutsche Staat wegsehen, wenn israelische Minister sich selbst als Faschisten bezeichnen, und Israels korrupter Ministerpräsident alles tut, um nur ja an der Macht zu bleiben? Seht Ihr nicht, dass er sein eigenes Volk verraten hat? Wo war die israelische Selbstverteidigung am 7. Oktober, auf deren Recht Ihr permanent pocht? Wo war Deutschlands „Staatsräson“, als israelische Zivilisten dringen Schutz vor Terroristen gebraucht hätten? Und wo ist jetzt Eure „unverbrüchliche Freundschaft“ mit einem Staat, der Völkermord und Vertreibung an den Palästinensern vorantreibt und womöglich nicht einmal vor dem Einsatz einer „kleinen“ Atombombe zurückschreckt?

    Oder – was fast schlimmer wäre – die gesamte islamische Welt auf den Plan rufen könnte, wenn der Plan von rund 20 radikal-jüdischen Organisationen und deren Anhängern sich durchsetzt, den Felsendom zu sprengen und den Dritten Tempel an seiner Stelle zu erreichten? Die Einrichtungsgegenstände samt der goldenen Menorah, so wie sie in der Bibel beschrieben ist, das Gewand des Hohepriesters, Becher und Löffel für Weihrauch und Vieles mehr liegt schon im „Tempel-Institut“ in der Altstadt Jerusalems bereit und erfreut sich einer steigenden Besucherzahl, vor allem von evangelikalen und andere Christensekten.

    Das alles macht mir, macht uns „Jüdischen Stimmen“ Angst. Ich habe Angst um meine Verwandten und Freunde in Israel, um den Niedergang der einst sozialistisch beflügelten, einst demokratisch und geschlechter- und herkunftsgleich gedachten israelischen Gesellschaft, in der heute nur noch Hass und Überlegenheitsanspruch regiert. Deswegen senken wir die Köpfe angesichts des Todes und der Gewalt, die auch wieder auf uns zurückfallen kann – und es ist gut, dass Grauschöpfe, dunkle Locken, Juden und Nichtjuden dabei sind. Der Staat Israel verrät sein eigenes Volk, verrät uns Juden weltweit, indem er am laufenden Band gegen jüdische Werte verstößt und seine Bürger nicht schützte, als sie es am nötigsten hatten. Stattdessen waren Militär und Polizei mit dem Schutz gewalttätiger Siedler in der Westbank beschäftigt.

    Ist es da nicht auch für Deutsche ermutigend, dass Juden in Deutschland ihre Stimme erheben? In den USA sind Tausende dem Ruf unserer Schwesterorganisation „Jewish Voice for Peace“ gefolgt, haben den Kongress in Washington besetzt und den zentralen Bahnhof von New York blockiert. Sie tragen T-Shirts mit der Aufschrift „Not in our name“ (Nicht in unserem Namen), verlangen einen sofortigen Waffenstillstand, die Befreiung der Geiseln, Verhandlungen. „We still need to talk“ (Wir müssen immer noch reden) ist dort wie hier die Devise, unter der vorletzte Woche eine von Jüdinnen und Juden in Berlin geführte Demonstration mit mehr als tausend Menschen friedlich stattfand.
    ...
    Für eine gemeinsame, gerechte und friedliche Zukunft werde ich laut und eigensinnig weiterhin meine jüdische Stimme erheben. Denn unsere Trennlinie verläuft nicht zwischen Juden und Arabern, sondern zwischen Humanisten und Fanatikern.

    Im Übrigen hat der Berliner Kultursenator verkündet, dass dem Kulturzentrum Oyoun aufgrund der Zusammenarbeit mit „Jüdische Stimme“ sämtliche Fördergelder entzogen werden. Begründung: „Versteckter Antisemitismus“. Ich wünschte, in Deutschland würde mit dieser Entschlossenheit echtem, unverhohlenem Antisemitismus begegnet werden.

    Nirit Sommerfeld, in Israel geboren, in Ostafrika und Deutschland aufgewachsen, ist Schauspielerin, Sängerin und Autorin. Von 2007 bis 2009 lebte sie mit ihrer Familie in Tel Aviv und besuchte regelmäßig die besetzte Westbank, seitdem setzt sie sich für die Beendigung der Besatzung und gleiche Rechte für Israelis und Palästinenser zwischen Mittelmeer und Jordan ein.

    #Allemagne #Israël #sionisme #antisemitisme

  • Blitzer in Berlin : So viele Millionen Euro kassiert die Stadt
    https://www.berliner-zeitung.de/news/berlin-ist-blitzerhauptstadt-302-millionen-euro-einnahmen-li.215966

    17.11.2023 von Anika Schlünz - Keine andere deutsche Stadt nimmt so viel Geld durch Blitzer ein wie Berlin. 2022 stiegen die Blitzereinnahmen sogar rasant an. Woran liegt das?

    Berlin hat im vergangenen Jahr 30,2 Millionen Euro durch Blitzer eingenommen – und ist damit Blitzerhauptstadt, vor Köln (ca. 21,5 Millionen) und Düsseldorf (ca. 14,5 Millionen). Das ergab eine aktuelle Umfrage der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) unter 150 deutschen Städten. Laut DAV stiegen Berlins Blitzereinnahmen im Vergleich zum Vorjahr um 62 Prozent oder 12 Millionen Euro an.

    Auch bei der Anzahl der Blitzer liegt Berlin vorn, auf dem zweiten Platz hinter Köln. In der Hauptstadt befinden sich 63 Blitzeranlagen, 36 stationäre und 27 mobile. Davon dienen die meisten der Erfassung von Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Rotlichtverstößen an Orten, an denen viele Unfälle passieren. Häufiger Blitzer-Ort in Berlin ist die durch Wilmersdorf und Friedenau führende Bundesallee.
    Neuer Bußgeldkatalog: Blitzereinnahmen in vielen Städten 2022 deutlich erhöht

    Im Jahr 2021 verdienten nur 17 Städte Millionenbeträge mit Blitzern, im Jahr 2022 waren es schon 26. Die Gesamteinnahmen stiegen von 58,3 auf 134,5 Millionen Euro. Im Jahr 2021 war Hamburg Top-Verdiener, nahm an der aktuellen Umfrage aber nicht teil. So steht Berlin an der Spitze, das mit 30,2 Millionen Euro rund 22 Prozent der Gesamteinnahmen durch Blitzer ausmacht. Das Geld wird laut Senatsverwaltung für Inneres und Sport zur Ausgabendeckung des Landeshaushalts verwendet.

    Seit November 2021 gilt ein neuer Bußgeldkatalog, in dem für viele Vergehen im Straßenverkehr, insbesondere bei Geschwindigkeitsüberschreitungen, deutlich höhere Bußgelder vorgesehen sind – in einigen Fällen sogar das Doppelte. So sollen Radfahrer und Fußgänger besser geschützt werden.

    Bei den Pro-Kopf-Einnahmen liegt Berlin mit 8,22 Euro unter dem Durchschnitt von 18,97 Euro pro Einwohner. Auch die Einnahmen pro Pkw sind mit 24,35 Euro unter dem Durchschnitt von 37,12 Euro. Grund für die dennoch hohen Einnahmen ist laut DAV die hohe Bevölkerungszahl und die hohe Anzahl an zugelassenen Autos.
    Verkehr: Handyverstöße spielen immer größere Rolle

    Eine immer größere Rolle im Straßenverkehr spielen Handyverstöße. Deshalb wird über den Einsatz von Handy-Blitzern diskutiert, also Kameras, die vorbeifahrende Autos filmen und die Aufnahmen mit künstlicher Intelligenz überprüfen. So soll festgestellt werden, ob Autofahrer am Steuer Handys benutzen. Noch fehlt für den Einsatz eine grundsätzliche Rechtsgrundlage. In der Umfrage äußerte sich Berlin zu einem möglichen Einsatz jedoch positiv.

    #Verkehr

  • Kurt Hager über Wissenschaftsmissbrauch im Sozialismus – Ein sinnentstellender Fehler
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/osten-ddr-kurt-hager-ueber-wissenschaftsmissbrauch-im-sozialismus-e

    Les Trotzkystes qualifient le socialisme de type stalinien comme règne de la bureaucratie. Ils ont raison. Voilà la preuve.

    19.11.2023 von Erhard Geißler| - Wie die Genossen das Politbüromitglied Kurt Hager ins offene Messer des Klassenfeinds laufen ließen.

    Vor fünf Jahrzehnten wurde die Gentechnik eingeführt. Sofort gab es nicht nur große Erwartungen, sondern auch erhebliche Bedenken. Genetic Engineering ist nicht nur mit Sicherheitsrisiken verbunden, sondern besitzt auch erhebliches Missbrauchspotenzial.

    In der DDR wurde das vor allem von einigen prominenten Schriftstellern artikuliert. Ernst Schumacher warnte in der Berliner Zeitung vor „kaltblütigen Genexperimentatoren“ und Jurij Brezan meinte, alle müssten nun „Angst vor Biologen haben“. Auch im Sozialismus?

    Wenn man wissen will, wie sich Partei- und Staatsführung der DDR zu den neuen Entwicklungen verhielten, bietet sich eine Lektüre der Werke des Chefideologen Kurt Hager an. Der hatte sich 1979 ausführlich zu Vorzügen und Nachteilen der Gentechnik in seiner Schrift „Philosophie und Politik“ geäußert. Die kann man noch heute ausleihen, beispielsweise in der Deutschen Nationalbibliothek.

    Sie residiert an zwei Standorten, in Frankfurt am Main und Leipzig, und verfügt folglich über zwei Hager-Broschüren. Im Leipziger Exemplar steht, was der informierte Leser von einem solchen Autor erwartet: Unter sozialistischen Produktions­verhältnissen sei der Missbrauch wissenschaftlicher Erkenntnisse ausgeschlossen.

    Ein sinnentstellender Fehler

    In der Frankfurter Ausgabe steht auf Seite 24 jedoch das glatte Gegenteil: „Gesellschaftliche Garantien zum Missbrauch von Forschungsresultaten bietet aber allein der Sozialismus“. So heißt es auch in der Broschüre, die man in Madison, Wisconsin, ausleihen kann. Wie das? Unterschiedliche Ost- und Westtexte?

    Ich stieß auf diese merkwürdige Tatsache erst neulich. Dirk Oschmann, Katja Hoyer, die Berliner Zeitung und andere hatten endlich eine breite Diskussion darüber angestoßen, wie überaus vielschichtig es in der DDR tatsächlich zugegangen war, und ich begann in diesem Zusammenhang über den sinnentstellenden Fehler in Hagers Broschüre zu recherchieren.

    Hagers Text ist das Schlußwort, das er im November 1979 auf dem V. Philosophen­kongress der DDR gehalten hatte. Es war von einer Arbeitsgruppe entworfen worden, welche die Abteilung Wissenschaften des Zentralkomitees der SED einberufen hatte. Die Gruppe legte einen 54-seitigen Entwurf vor.

    Etwa ein Viertel des Textes beschäftigt sich unter der Überschrift „Sozialismus und Wissenschaft“ mit neuen Entwicklungen in Naturwissenschaft und Technik, vor allem mit Mikroelektronik und mit den Pros und Kontras der Gentechnik. Und in diesem Zusammenhang ist der überraschende Satz über den im Sozialismus garantierten Wissenschaftsmissbrauch in den Text geraten, ganz sicher nicht absichtlich, sondern wohl beim Diktieren oder Abschreiben.

    Der Entwurf wurde dann gründlich überarbeitet und stark gekürzt. Aber die Passagen, die sich mit der Gentechnik und ihren Implikationen beschäftigten, wurden fast unverändert übernommen. Wer der Endkorrektor war, ist nicht überliefert. Das finale Manuskript ist im Bundesarchiv nicht in den Unterlagen des Büros Hager oder anderer Einrichtungen der SED-Führung archiviert, sondern in den Akten des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen. Vielleicht war ein Wissenschaftler der Korrektor?

    Aber vielleicht war es auch Hager selbst. Dafür sprechen die wenigen, sehr speziellen Detailkorrektoren. Beispielsweise wurde hinter der ursprünglichen Formulierung, die „vielschichtige Problematik von Gesundheit und Krankheit“ sei eine Herausforderung der marxistisch-leninistischen Philosophie, hinter „Krankheit“ eingefügt: „und Sterben“ – also ein realsozialistisches Tabuthema. Das konnte sich eigentlich nur ein Politbüromitglied erlauben.

    Dieser Teil des Manuskriptes wurde also bei der Endkorrektur offensichtlich ganz genau, Wort für Wort, gelesen, von wem auch immer. Um so erstaunlicher ist, dass dabei der sinnentstel­lende Fehler übersehen wurde.

    Jedenfalls war es Hager selbst, der ihn während seines Vortrages übersah. Ich nahm damals am Kongress teil und hörte sehr gespannt zu, denn ich war von Anfang an bei der Einführung der Gentechnik in der DDR beteiligt. Kurz vor der Tagung war ich vom Gesund­heits­minister zum Vorsitzenden der Kommission zur In-vitro-Rekombination von DNA berufen und damit für die Sicherheit gentechnischer Experimente verantwortlich gemacht worden.

    Deshalb fiel mir auf, dass sich der Redner in diesem Zusammenhang nicht an sein Manuskript hielt und minuten­lang völlig frei sprach. Allerdings war manches davon fachlich nicht korrekt. Dies habe ich dann wenige Tage später meinem Chef, dem Genossen Direktor des Zentralin­stituts für Molekularbiologie, mitgeteilt. Hager habe sich „fast ausschließlich auf veraltete Informationen bezogen“. Man soll ihm das in geeigneter Form mitteilen, damit „vor einer eventuellen Veröffentlichung des Gesamttextes noch eine Durchsicht und Überarbeitung erfolgen“ könne.

    Aber mein Brief kam zu spät: Im Dietz-Verlag war man bereits dabei, den Druck des Schlusswortes vorzubereiten. Schon am 6. Dezember waren die Korrekturbögen fertig und wurden Hager – auf dessen ausdrücklichen Wunsch hin – übersandt, mit der Bitte, die „von dir bearbeiteten Fahnenabzüge so bald wie möglich“ zurückzuschicken. Zwei Tage später antwortete Hager – ohne Kommentar zu den Fahnen. Auch dieses Mal hatte er den Fehler also übersehen. Und deshalb ging der Druckauftrag ohne weitere Änderungen an die Druckerei Neues Deutschland.

    Bereits am 14. Dezember 1979 erhielt der Verlag die ersten 100 Exemplare der Broschüre. 25 wurden sofort an Kurt Hager weitergeleitet. Drei Tage später wurden 41.280 Exemplare an den Buchhandel ausge­liefert. Besondere Abnehmer wurden individuell versorgt: Je 500 Exemplare gingen ans Ministerium für Staatssicherheit, an die Nationale Volksarmee und an die Partei­hochschule. Inhaltsschwere Lektüre für die Weihnachtsfeiertage – oder für die Wache in der Stasi-Zentrale oder in den Objekten der NVA. Aber offenbar stieß nicht einer auf den sinnentstellenden Fehler – oder scheute davor zurück, ihn zu melden.

    Ich scheute mich nicht. Ich fand ihn, als ich um den Jahreswechsel herum den Wissenschafts­teil der Broschüre sehr genau, Wort für Wort las, auf der Suche nach Hagers Fehleinschätzungen. Die waren nicht übernommen worden. Wohl aber der peinliche Lapsus.

    Ich war zwar schon seit mehr als zwei Jahrzehnten kein SED-Mitglied mehr, war aber auch kein Dissident. Wenn dieses Zitat Richard Löwenthal, dem westdeutschen Pendant unseres „Sudel-Ede“ Karl-Eduard von Schnitzler, in die Hände fiele … Nicht auszudenken, wenn der die Haltung der Partei- und Staatsführung zur Gentechnik lächerlich machte.

    Also suchte ich gleich im Januar 1980 meine Vorgesetzen an der Akademie der Wissen­schaften auf. Mein Institutsdirektor hörte entgeistert zu, sah aber keine Handlungsmöglichkeit. Der Direktor des Forschungsbereiches Molekularbiologie und Medizin ebenso. Vermutlich aus Angst, als Überbringer der schlechten Nachricht bestraft zu werden, riskierten diese einflussreichen Genossen lieber, einen ihrer obersten Chefs ins offene Messer des Klassenfeinds stolpern zu lassen.

    Also wandte ich mich eine Etage höher und informierte den Akademie-Präsidenten. Als ZK-Mitglied hatte der direkten Zugang zu Hager. Trotzdem wandte er sich nicht an den, sondern nur an den Leiter der Abteilung Wissenschaften des ZK. Der aber meinte, man solle die Sache besser auf sich beruhen lassen.

    Auslieferung der Exemplare wird gestoppt

    Hager wurde tatsächlich nicht informiert, aber die Auslieferung der restlichen 5700 Exemplare wurde am 5. Februar 1980 gestoppt. Die Mitarbeiter des Dietz-Verlags wurden über den „sinnentstellenden Fehler“ informiert und darüber, dass der „bereits im Manuskript enthalten“ war. Diesen peinlichen Befund konnte man Hager natürlich nicht mitteilen. Und vermutlich deshalb wurde auch keine Rückrufaktion der Broschüre gestartet, denn das hätte der Chef sicher gemerkt, vielleicht sogar selbst genehmigen müssen.

    Davon drang natürlich nichts nach außen. Und die fehlerhafte Schrift war weiter im Umlauf. Also fasste ich mir ein Herz und schrieb selbst an Kurt Hager, am 25. März 1980. Aber darauf gab es wochenlang keine Reaktion. Das war merkwürdig, denn auf Eingaben von Bürgern wurde gerade in Partei- und Sicherheitskreisen meist sehr aktuell und akkurat reagiert.

    Tatsächlich reagierte man – von mir unbemerkt – sofort auf mein Schreiben und beschloss, eine korrigierte Auflage der Broschüre zu drucken: Am 11. April wurde die Druckerei beauftragt, 10.000 Exemplare einer „zweiten Bindequote“ zu produzieren. Fünf Tage später begann deren Auslieferung. Hager selbst bekam diesmal kein Stück.

    Erst danach wurde mein Brief beantwortet. Ich wurde ins Haus des ZK der SED eingeladen, ins Büro Hager. Am 30. April erwarteten mich dort der Leiter des Büros sowie der Direktor des Dietz-Verlags. Man sei mir ja sooo dankbar, aber sie hätten bereits Bescheid gewusst. Zehn Genossen hätten Korrektur gelesen, aber ein elfter habe den Fehler dann doch noch gefunden.

    Druck und Auslieferung der Broschüre seien sofort gestoppt und eine korrigierte Ausgabe gedruckt worden. Die wurde mir in die Hand gedrückt. Es sei ihnen unvorstellbar, wieso ich trotzdem ein fehlerhaftes Exemplar in die Hand bekommen hätte. Aber nun sei die Sache aus der Welt, und den Genossen Hager, den wolle man damit gar nicht erst beunruhigen.

    Ich zog von hinnen – und merkte schon damals bald, dass ich nach Strich und Faden belogen worden war. Es gab nicht nur mein Exemplar. Die fehlerhafte Broschüre wurde immer noch im Buchhandel angeboten. Ich informierte den Verlagsleiter darüber am 16. Mai schriftlich. Der zeichnete meinen Brief ab und gab ihn in die Ablage. Eine Antwort blieb er mir schuldig.

    Und noch heute kann man Hagers verballhorntes Statement in mindestens 17 deutschen Bibliotheken unkommentiert lesen, allein im Bundesarchiv in fünf Exemplaren. Korrigierte Broschüren haben es in weit weniger Sammlungen geschafft, aber immerhin auch nach Los Angeles und nach Shanghai. In Hagers Nachlass befindet sich nur ein Exemplar, eines mit dem Fehler. Zu Lebzeiten hat er wohl nie von dem Vorfall erfahren.

    Notabene zur gleichen Zeit, als Hagers Rede veröffentlicht wurde, erschienen in der „West-Presse“ die ersten Meldungen, in der sowjetischen Waffenschmiede Swerdlowsk – dem heutigen Jekaterinburg – habe es in einer Biowaffeneinrichtung eine Explosion gegeben, die eine tödliche Milzbrandepidemie ausgelöst hätte. Missbrauch der Wissenschaft gab es tatsächlich im Sozialismus, unter brutalem Bruch völkerrechtlicher Verträge. Rechtssicher bewiesen werden konnte das aber erst nach der Wende.

    #socialisme #DDR #bureaucratie #sciences #histoire #biologie #recherche_génétique #culture #polirique

  • Berliner Club About Blank : „Antisemitismus wurde von bedeutenden Teilen der Kulturszene befeuert“
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/musik/berliner-club-about-blank-antisemitismus-wurde-von-bedeutenden-teil

    L’équipe d’une boîte de nuit autogérée berlinoise déclare une soirée dansante comme expression de solidarité avec les victimes du pogrom
    contre des juifs le plus meurtrier depuis la shoa
    . Les spécialistes de partys techno font évidemment preuve de bonne volonté mais on peut se poser des questions sur l’efficacité et le bien-fondé de la raison d’être de leur initiative.

    D’abord le petit club partagera les recettes de la soirée entre trois institutions. La somme d’argent que recevra chaque intéressé sera forcément assez limitée et n’aura qu’un impact symbolique. Pourquoi n’a-t-on pas désigné comme bénéficiaire une famille ou une personne dans le besoin et sans soutien de la part d’autres institutions ?

    Puis on peut se poser des questions sur la qualification des événements tragiques autour de Gaza. Est-ce qu’il s’agit vraiment du pogrom contre des juifs le plus meurtrier depuis la shoa ?

    L’attaque de Hamas visait toutes les personnes du côté israëlien de la ligne de démarcation entre la bande de Gaza et Israël sans égard de leur nationalité ou religion. Il y a eu d’autres attentats touchant évidemment des cibles juives et des non-juifs à la fois. La démolition du WTC à New York entre dans cette catégorie mais avec un nombre de victimes plus élevé. Il ne s’agit alors pas du tout de l’attentat contre des juifs le plus meurtrier depuis 1945.

    Il reste à vérifier la qualification de pogrom de cet épisode de la guerre entre l’Israel et les Palestiniens. D’abord nous avons déjà constaté que les cibles n’ont pas été que des juifs alors que les imprésarios techno parlent expressément d’un pogrom
    anti-juif. Ils se trompent donc sur cette partie de la définition du pogrom qui vise exclusivement de juifs. Les pogroms historiques qui sont la base de la qualification d’exactions comme pogrom visaient une minorité juive impuissante face à la majorité d’antisemites qui les attaquaient. Là nous avons été témoins du soulèvement sanglant d’une minorité contre un ennemi surpuissant.

    Les images et la souffrance causées par cette action sont horribles mais l’attaque armée n’a strictement rien d’un pogrom.

    Alors pouquoi les "Partymacher" utilisent-ils ces contre-sens et mot vides ? Je ne le sais pas exactement mais leurs paroles font craindre le pire. L’indignation pour des raisons mal comprises a provoqué des lynchages et des décisions politiques catastrophiques à toutes les époques.

    Il est urgent qu’on se batte pour garder un esprit lucide. Les guerres ont toujours éclaté accompagnées par les beuglements des foules enragées. Il n"y a que les
    idées précises et claires pour nous protéger contre la descente dans l’abîme.

    13.11.2023 von Stefan Hochgesand - Der Friedrichshainer Techno-Club About Blank veranstaltet eine Soli-Party für die von der Hamas attackierten Opfer des Supernova Festivals in Israel.

    Als die meisten anderen Akteure der Berliner Clubwelt noch schwiegen, hatte der Friedrichshainer Techno-Club About Blank Mitte Oktober die Hamas-Anschläge schon heftig verurteilt. Mindestens 260 Menschen ermordeten die Kämpfer der Hamas am 7. Oktober 2023 allein beim Supernova Festival in der südisraelischen Wüste.

    Trotzdem fiel und fällt es Teilen der Clubszene, auch in Berlin, offenbar schwer, die Anschläge als menschenverachtenden Terrorismus zu benennen: Zu groß sind bei einigen die Sympathien für den Kampf der Palästinenser um Land; notfalls auch mit Mitteln des Terrorismus.

    Abermals prescht das About Blank nun in Sachen Solidarität voran: Am Sonntag, den 19. November, veranstaltet der Club unter dem Titel „Moving The Needle“ eine Soli-Party inklusive Paneltalk – mit der Journalistin Anastasia Tikhomirova, dem Journalisten Nicholas Potter sowie dem Produzenten und Label-Betreiber Ori Raz.

    Im Ankündigungstext zur Veranstaltung schreibt das Kollektiv des About Blank: „Seit dem 7. Oktober haben wir einen drastischen Anstieg von Antisemitismus erlebt. Dieser wurde nicht zuletzt von bedeutenden Teilen der Kunst- und Kulturszene befeuert. In dieser Situation möchten wir innehalten und uns einige grundlegende Fragen stellen: Wie machen wir weiter, nachdem wir das schlimmste Pogrom gegen Jüdinnen und Juden seit der Shoah erlebt haben?“ Man wolle „eine Gegenkultur schaffen, die auf Empathie und gegenseitigem Verständnis basiert und eine Antwort auf den aktuellen gesellschaftlichen Diskurs bietet“.

    Berliner Club About Blank: „Linke und Clubkultur sind leider nicht frei von Antisemitismus“

    Neuer Song – Berliner Rapper Ben Salomo kämpft gegen Antisemitismus: „Free Palestine ist das neue ...“

    Die Einnahmen der Techno- und Houseparty, bei der unter anderen DJ Pete und Finn Johannsen b2b auflegen, gehen an drei Projekte: an die Supernova-Community Tribe of Nova; an die Antisemitismus-Fachberatungsstelle OFEK in Deutschland; und an Beit El-Meem, einen „Zufluchtsort“, so schreibt das About Blank, „für alle Geschlechter und sexuellen Identitäten in der arabischen Gesellschaft in Israel“ mit dem Ziel, „Gewalt und Diskriminierung gegenüber der arabischen LGBTQ-Gemeinschaft zu bekämpfen“. Das wird sicher mehr als „nur“ eine Party. Und eines ist dabei in jedem Fall klar: Wir feiern in einer politischen Welt.

    About Blank, Markgrafendamm 24c, Sonntag, 19. November, 14 Uhr bis 23.59 Uhr

    #Berlin #Israël

  • Das Einküchenhaus - Roomservice am Lietzensee
    https://www.berliner-zeitung.de/b-history/wohnen/das-einkuechenhaus-roomservice-am-lietzensee-li.224463


    Das Einküchenhaus verfügte über eine Großküche, die alle küchenlosen Wohnungen mit Mahlzeiten versorgte. Über Haustelefone konnten die Bewohner Essen bestellen.

    Der bürgerliche Feminismus hat ein paar interessante Ideen hervorgebracht, die unter kapitalistischen Rahmenbedingungen zum Scheitern verurteilt waren. Das Einküchenhaus wäre in einer sozialistischen Gesellschaft ein Erfolg geworden. Die Politik der DDR war nicht fortschrittlich genug, um die Verhältnisse der Menschen untereinander durch die radikale Änderung der Arbeitsteilung voranzutreiben. Diese Umfähigkeit ist Teil der Geschichte ihres Untergangs.

    Der Kapitalismus entledigte sich des Experiments auf seine Art: Es fanden sich nicht ausreichend Investoren und Mittel für das innovative Konzept, von dem nur die Bausubstanz erhalten blieb.

    7.5.2023 von Ida Luise Krenzlin - Die Frauenrechtlerin Lily Braun hatte eine emanzipierte Idee: die Kollektivierung der Hausarbeit in Zentralküchen. Warum das Berliner Experiment scheiterte.

    Wie bitte, keine Küchen in den Wohnungen? Ein Skandal! Stattdessen die „Einrichtung von Centralküchen, von Centralwaschanstalten, und die Einführung von Centralheizung“, dazu noch Speisesäle, Kindergärten und Turnräume? Wahrlich ein Skandal! Der Gegenwind, der dieser neuen Form des Wohnens entgegenschlägt, nimmt Orkanstärke an. Vom „Zukunftskarnickelstall“ und „Kasernenabfütterung“ ist die Rede, die konservativen Parteien sehen die Kleinfamilie in Gefahr. Denn ohne Küche kein Nachwuchs.

    Lily Braun fordert die Vereinbarkeit von Muttersein und Berufstätigkeit

    Was war geschehen? Die Frauenrechtlerin und Sozialdemokratin Lily Braun, die sich für die Vereinbarkeit von Muttersein und Berufstätigkeit engagiert, hat in einer Streitschrift 1901 gefordert, die Frau durch den Bau von „Einküchenhäusern“ aus „der Sklaverei der Hausarbeit“ zu befreien.

    „Raus aus dem Korsett!“ ist das Motto der Zeit. Das gilt nicht nur für die Garderobe, sondern auch für die Wohnverhältnisse. Denn immer mehr Frauen, sowohl aus bürgerlichen wie auch aus proletarischen Kreisen, sind berufstätig, vor allem in den Großstädten. Dass die kräftezehrende und zeitaufwendige Hausarbeit Frauen nicht mehr von der Teil - habe am gesellschaftlichen Leben abhalten soll, darin sind sich Vordenker*innen wie Lily Braun, Clara Zetkin und August Bebel oder der Architekt Bruno Taut einig. Gegenwind bläst aber auch in ihren Reihen: So hält Clara Zetkin die privatwirtschaftlich organisierten Berliner Einküchenhäuser für elitär. Für Arbeiterinnen, die in Mietskasernen in erbärmlichen Verhältnissen leben, seien die Kosten schlichtweg zu hoch. Sie soll recht behalten.

    Das erste Einküchenhaus am Lietzensee

    Die ersten deutschen Einküchenhäuser entstehen in Berliner Vororten. Am 1. Oktober 1908 ziehen Frauen – mit und ohne Familie – in das Einküchenhaus am Lietzensee. Das fünfgeschossige Wohnhaus in der Kuno-Fischer-Straße 13 in Charlottenburg, entworfen vom Architekten Curt Jähler, verfügt im Untergeschoss über eine Zentralküche. Mittels Haustelefon können die Bewohner die Speisen bestellen, Aufzüge bringen die Mahlzeiten hoch in die Zwei- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen. In Windeseile sind alle Wohnungen belegt.


    Lily Braun setzt sich um 1900 für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. Die Frauenrechtlerin plädiert für die Kollektivierung der Hausarbeit in Zentralküchen. CC-BY 3.0

    Wenige Monate später, am 1. April 1909, gibt es zwei weitere Wohnanlagen mit gemeinschaftlich organisierten Haushaltseinrichtungen, eine in der Wilhelmshöher Straße 17–20 in Friedenau, die andere Unter den Eichen 53 in Lichterfelde-West. Die Reform-Architekten Albert Gessner und Hermann Muthesius haben die Gebäude entworfen. Außer Zentralküche, Speiseaufzügen, Dachterrasse, Sporträumen, Fahrradkeller und Grünflächen verfügt die von Gessner gebaute Anlage in Friedenau sogar über einen Kindergarten, den Reformpädagogen leiten. Es ziehen jedoch keine Arbeiterinnen ein, sondern gut situierte Familien und ledige Frauen.

    Eine emanzipierte Idee scheitert in Berlin

    Alle drei Berliner Einküchenhäuser werden privatwirtschaftlich gebaut und bewirtschaftet. Die dazu 1907 gegründete „Einküchenhaus-Gesellschaft der Berliner Vororte“ geht allerdings wenige Monate nach Eröffnung der Muthesius-Anlage pleite. Die Häuser sind teuer, die Kapitaleinlagen zu gering.


    Ein Dienstmädchen serviert seiner Herrschaft eine Mahlzeit aus dem Speisenfahrstuhl. ullstein-bild

    Der Widerstand aus dem konservativen Lager ist groß, die Frauenrechtlerinnen sind sich uneins. Als sogar die Sozialdemokraten das bürgerliche Familienmodell wiederentdecken, ist es um das Berliner Einküchenhaus geschehen. Die Umbrüche des Ersten Weltkriegs machen dem Reformprojekt endgültig den Garaus. Am Lietzensee schließt die Zentralküche 1913, in Lichterfelde 1915, in Friedenau 1917/18. Alle Wohnungen bekommen eine Küche eingebaut. Fortan steht dort jede Frau wieder an einem Herd.

    In Berlin scheitert das Einküchenhaus, in anderen Städten hingegen gibt es nach dem Ersten Weltkrieg ähnliche Projekte des kollektiven Wohnens. Dazu gehören der Heimhof in Wien, das Narkomfin-Kommunehaus in Mos - kau und die Isokon Flats (Lawn Road Flats, Isokon Building) in London. In Letzterem wohnen zeitweise Agatha Christie, Marcel Breuer und Walter Gropius.

    #Muthesiusstraße
    https://m.kauperts.de/Strassen/Muthesiusstrasse-12163-Berlin

    #Berlin #Witzleben #Lietzensee #Kuno-Fischer-Straße #Friedenau #Wilhelmshöher_Straße #Lichterfelde #Unter_den_Eichen #Feminismus #Wohnen #Architektur #Immobilien #Gedchichte

  • China : Totale Kontrolle ? Die Wahrheit über das Sozialkreditpunktesystem
    https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/china-totale-kontrolle-die-wahrheit-ueber-das-sozialkreditpunktesys
    Cet article décrit pouquoi le système de crédit social n’est pas très différent de la surveillance des entreprises et citoyens qui se pratique en France et en Allemagne.

    Sa critique systématique devrait commencer par sa description et l’élaboration d’éléments de critique de tout système de surveillance. Cet article propose quelques éléments pour y arriver.

    D’un point de vue anarchiste les sociétés capitalistes modernes (dont la Chine) ont établi un système de corruption morale totalitaire défendu par ses sbires humains et robots. Ils agissent dans le cadre d’un système d’exploitation stable garantissant la domination et les richesses des classes au pouvoir.

    Leurs efforts ne sauront prévenir des événements comme la Commune de Paris de 1871, la révolution d’octobre, la chute de la dynastie Pahlavi en 1979 ou la dissolution de la république allemande DDR en 1989/1890. Chaque révolution est le résultat des antagonismes propres à la la société en place. Les révolutions populaire ne sont jamais l’oeuvre des révolutionnaires surveillés et persécutés mais le résultat de catastrophes nationales et de mouvement politiques.

    Le succès des communistes chinois était possible à cause de l’absence d’état chinois et de l’affaiblissement des leur ennemis pricipaux le Japon et le Guomindang corrompu jusqu’à la moelle. Cette expérience historique est une des raisons pour les idées sur la relation entre l’état, le parti communiste et les citoyens.

    Le plus important danger pour les révolutions naissantes n’est pas la surveillance par des institutionnes impuissantes face aux mouvements populaires mais la communication militaire permettant aux élites de commander des interventions armées contre le peuple. La surveillance individuelle n’occupe qu’un rôle tactique soumis aux stratégies. Au centre des stratégies se trouvent le contrôle des ressources matérielles, des armes, de l’idéologie et de la communicationet.

    L’obsession de la surveillance est un dada des classes moyennes qui ont besoin d’une explication simple pour le sentiment de danger et de menace qui ne les quitte jamais. Leur positions sont constamment mises en question et par le prolétariat qu"ils exploitent et par les grands capitalistes qui les écrasent par leur puissance économique.

    Les petits bourgeois sont favorables à la surveillance des pauvres et défendent leur propre exemption de la surveillance générale sous prétexte du droit à la vie privée et au secret d’affaires. La surveillance chinoise leur fait peur car elle vise leur propre classe.

    11.11.2023 von Frank Sieren| 05:02 Uhr - Im Westen missverstanden, in China zur Kontrolle geschätzt. Experten sagen: Das Social-Scoring-System existiert nicht so, wie sich der Westen dies vorstellt.

    Wenn vom Sozialkreditsystem in China die Rede ist, schrillen im Westen sofort die Alarmglocken. George Orwell steht in der Tür und beflügelt Fantasien. Doch die chinesische Realität ist komplizierter. In China ist Überwachung allgegenwärtig, und dennoch ist das Sozialkreditsystem nicht das, was viele westliche Beobachter fürchten.

    Auch westliche Studien belegen inzwischen: Bei Chinas Sozialkreditsystem geht es größtenteils um die Bewertung der Transparenz von Firmen (70 Prozent), also um eine Art Schufa, kaum jedoch um die politische Kontrolle von Individuen (zehn Prozent). Nun kann man mit großer Berechtigung feststellen, dass auch diese zehn Prozent schon zu viel sind. Richtig ist allerdings auch, dass erstens diese Form der Überwachung eine Ausnahme und nicht die Regel ist, und zweitens, dass auch in Deutschland Individuen unter bestimmten Voraussetzungen überwacht werden, wie im Verfassungsschutzbericht nachzulesen. Allerdings haben die Überwachten sehr viel mehr Rechte als in China.

    „Der Westen hat das Sozialpunktesystem falsch verstanden“, fasst die amerikanische MIT Technology Revue, eine der führenden wissenschaftlich basierten Tech-Zeitschriften, die Untersuchungen zusammen. „Das entsetzliche System existiert nicht, und die Zentralregierung scheint auch kein großes Interesse zu haben, es einzuführen.“ Das kann sich jederzeit ändern, dennoch ist es sinnvoll, sich zunächst anzuschauen, was gegenwärtig da ist.

    Schamwand an der Ampel? Nicht durchgesetzt

    Das Sozialpunktesystem ist im Versuchsstadium stecken geblieben. Es wurde 2014 eingeführt und sollte innerhalb von sechs Jahren aufgebaut sein. Es sollte die Datenspuren, die Menschen und Firmen hinterlassen, daraufhin untersuchen, ob sie verlässlich sind und sich an die Gesetze halten. In Ansätzen wurde auch überlegt, ob man „korrektes“ politisches Verhalten mit Punkten belohnt und Fehlverhalten entsprechend bestraft. Allerdings stand die Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen immer im Vordergrund.

    So will die chinesische Regierung Wildwüchse in den Bereichen der boomenden Marktwirtschaft bekämpfen, die in Richtung Manchester-Kapitalismus driften. Sie will Unternehmen, Banken und Bürgern damit ein Instrument an die Hand geben, mit dem sich beurteilen lässt, ob der Wirtschaftspartner verlässlich ist. Bevor man ein Geschäft mit einem Unternehmen macht, soll es möglich sein, herauszufinden, ob die Partner seriös sind. Aber auch Konsumenten, die eine Reise buchen, können so überprüfen, ob die Reiseplattform verlässlich ist. Das ist der Vorteil.

    Die Nachteile liegen aber auch auf der Hand. Das System, das Transparenz schaffen soll, kann benutzt werden, um herauszufinden, ob jemand politisch konform ist oder nicht. Ein negatives Ranking kann Einschränkungen in allen möglichen Bereichen nach sich ziehen, zum Beispiel Reisemöglichkeiten einschränken. Ein positives die Karriere fördern oder auch nur für eine schnellere Kreditvergabe sorgen. Die Übergänge sind leider fließend.

    Über 70 Kleinversuche gab es bisher, bestimmte Aspekte eines solchen Punktesystems im Alltag zu testen, die teils im Sande verlaufen sind. Es wurde an Ampeln eine „Schamwand“ errichtet, für jene, die bei Rot über die Ampel gelaufen sind: Sie wurden über Gesichtserkennung erfasst und ihre Gesichter und Namen groß auf einer Leinwand gezeigt. Durchgesetzt hat sich das nicht.

    WeChat-Daten? Ja, zum Geldverdienen

    Auch Privatunternehmen unterstützen die Ziele des Staates. Das Sesame-Credit-System von Ant Financial, einer Tochterfirma des von Jack Ma gegründeten Onlinekonzerns Alibaba, ist das bekannteste. Dort wird allerdings – ähnlich wie bei der deutschen Schufa – vor allem die jeweilige Kreditwürdigkeit bewertet. Ein ähnliches System nutzt Tencent Credit, ein Tochterunternehmen von Tencent, dem Gaming- und Social-Media-Konzern aus dem südchinesischen Shenzhen, der WeChat erfunden hat, die umfassendste Social-Media-App weltweit. Auch WeChat ist eine sehr ambivalente Innovation. Die App managt praktisch den gesamten Alltag, aber sie sammelt auch alle Daten, die Menschen dabei erzeugen. Die wiederum können missbraucht werden.

    Allerdings interessiert sich Tencent nicht für die politische Überwachung, sondern vor allem dafür, wie man mit den Daten mehr Geld verdienen kann. Und das wiederum stößt dem Staat auf. Er möchte, weil er andere Ziele hat, diese Form der Kontrolle nicht der Privatwirtschaft überlassen.
    Riesige Datenmenge von 1,4 Milliarden Menschen

    Die Kommunistische Partei möchte nicht nur über diese Daten verfügen. In dem Fall wäre es einfach (und zum Teil geschieht dies ja schon) die Unternehmen zu zwingen, ihre Daten dem Staat zu überlassen. Der Staat will jedoch weitergehen: Er möchte mitentscheiden, wie die Daten erfasst werden und welche Daten das sind. Deshalb sollte ein zentralisiertes System aufgebaut werden.

    Doch zunächst passierte wenig. Das lag nicht nur am politischen Willen, sondern auch an technischen Hürden. Die Covid-Apps haben gezeigt, wie schwierig die Umsetzung eines zentralen Überwachungssystems ist. Die Datenmengen sind einfach zu groß. Es wimmelte in China nur so vor regionalen Apps, die meisten davon hielten Belastungen nicht stand. Und die Apps schaffen es nicht, sich zu koordinieren. Das heillose Durcheinander führte dazu, dass man immer wieder auch grundlegende Daten wie Passnummer oder Telefonnummer neu eingeben musste. Was man nie vergessen darf, sobald es um China geht: Die Daten von 1,4 Milliarden Menschen lassen sich nicht so einfach messen und nur sehr aufwendig und teuer verwalten.

    Zudem: Auch in China regelt ein der europäischen Datenschutzgrundverordnung sehr ähnliches sogenanntes Datenschutzgesetz, wer wann und wo darauf zugreifen darf. Die Chinesen haben das Gesetz von den Europäern übernommen. Und in Deutschland wiederum finden sich wesentliche Grunddaten über die Bürger im Steuersystem.

    Sozialkreditsystem: Ziele falsch eingeschätzt

    Im Dezember vergangenen Jahres wurde der The National Social Credit Information Basic Catalog aktualisiert. Doch darin geht es nur um Maßnahmen zur Förderung des Konsums und der wirtschaftlichen Aktivität. Je mehr die Marktteilnehmer sich gegenseitig trauen könnten, desto aktiver sind sie, so die zentrale These, und desto besser für die chinesische Wirtschaft. „Es hat sich nicht viel geändert“, sagt Jeremy Daum, der an der Yale University chinesisches Recht lehrt. Es gehe vor allem um Kreditwürdigkeit und Sozialverhalten, um Umweltschutz, Korruptionsabwehr, irreführende Werbung, Produktpiraterie oder um Krankenhäuser, die die Versicherung betrogen haben. Davon betroffen seien also vornehmlich Institutionen und Unternehmen.

    Zu elf Themen sollen Daten gesammelt werden, darunter grundlegende Personaldaten wie die Passnummer, die in China ein ganzes Leben gleich bleibt und um die sich alles dreht, dann die Strafregistereinträge, verwaltungstechnische Einträge, Lizenzen, Bußgelder, Auszeichnungen, Inspektionsergebnisse. Aber auch professionelle Informationen wie akademische oder technische Titel, Qualifikationen, Informationen, ob die Unternehmen vertrauenswürdig sind und nicht schon auf schwarzen Listen stehen.

    Die britische Beratungsfirma Dezan Shira & Associates – sie gehört der Devonshire-Ellis-Industriellenfamilie, die im Schiffsbau (Queen Mary, Britannica) groß geworden ist – hat 20 Büros in Asien, darunter auch in China. Sie stellt fest: „Das Social Credit System wird von ausländischen Beobachtern missverstanden. Seine Ziele werden falsch eingeschätzt, seine Möglichkeiten überschätzt.“ Die Systeme, die benutzt würden, seien sehr unübersichtlich, weil sie nicht einheitlich geregelt sind, sondern „nicht nur von Provinz zu Provinz, sondern sogar von Stadt zu Stadt variieren“.

    Die chinesische Regierung ist zwar dabei, die Systeme zu vereinheitlichen. Dennoch fasst auch die MIT Technology Revue zusammen: „Es gibt kein zentrales Kreditpunktesystem für Individuen“ und „die chinesische Regierung hat nie davon gesprochen, dass sie ein solches System anstrebt“. Das Ergebnis der sonstigen Datenerfassung sei im Übrigen für jeden Chinesen transparent auf der Plattform Credit China einzusehen.

    Im Frühjahr dieses Jahres hat die Regierung das Sozialkreditsystem auch auf den akademischen Bereich ausgeweitet. Wer abschreibt, Wissen klaut oder sich sonst mit fremden Federn schmückt, muss mit Strafpunkten rechnen.

    Dass die Etablierung eines nationalen Social-Credit-Systems nicht vorankommt, liegt nicht etwa daran, dass es von der Bevölkerung nicht gewollt wäre. Eine repräsentative Studie der Freien Universität Berlin zeigt: 80 Prozent von 2000 überregional befragten Chinesen sind bereit, ihre privaten Daten preiszugeben, damit das soziale und wirtschaftliche Leben stabiler, verlässlicher und risikoärmer wird. Ein erstaunliches Ergebnis: Je gebildeter, desto größer die Zustimmung. Die Nachteile waren den Befragten nicht so wichtig.

    Woran liegt das? Die Älteren haben noch das Chaos der Kulturrevolution erlebt, die Jüngeren die Korruption und die Intransparenz während des historisch einmaligen Wirtschaftsbooms. Stabilität ist ihnen derzeit wichtiger als Datenschutz. Aber das muss nicht immer so bleiben. Das Datenschutzbewusstsein wächst, Peking muss sich also mit der Umsetzung beeilen. Gerade weil der Schritt von einer zentralisierten, KI-basierten Schufa zum Orwell’schen Konsumenten ohne politischen Spielraum nur ein kleiner ist, wird die Toleranz der chinesischen Bevölkerung dafür mit den Jahren sicherlich nicht größer. Die Einstellung zum Datenschutz hat also auch mit zeitgeschichtlichen Erfahrungen zu tun. Das gilt nicht nur im Verhältnis Europas zu China, sondern ist auch innerhalb Europas so.

    Unter den zehn Städten mit den meisten Überwachungskameras weltweit sind neun chinesische Städte und eine europäische Stadt: London. Die Menschen dort haben nach den vielen Erfahrungen mit dem Terror der IRA und islamistischer Gewalttäter so große Angst vor Terroranschlägen, dass ihnen die Kameras als das kleinere Übel erscheinen. In Berlin wäre das undenkbar. Dort überwiegt die historische Erfahrung der Überwachung im Dritten Reich und in der DDR. Das bedeutet jedoch: Wie die Balance zwischen Überwachung und Datenschutz aussieht, lässt sich nicht für alle Länder oder Großstädte gleich entscheiden.

    „Beim Datenschutz in China geht es zunächst einmal nicht so sehr um den generellen Schutz der Privatsphäre, sondern darum, den Konsum sicherer zu machen“, stellt Mathias Schroeder von der Pekinger Kanzlei Ding, Schroeder & Partner fest, die auf Mergers & Acquisitions und Investitionsrecht spezialisiert ist. Schroeder wurde in den 1970er-Jahren als Drilling in Peking geboren, seine Eltern waren zu der Zeit dort ostdeutsche Diplomaten. Der Datenschutz werde von Konsumenten getrieben, die Angst hätten, beim Einkaufen oder bei Geschäften generell über den Tisch gezogen zu werden, fasst Schroeder den Trend zusammen.

    Datenschutzgesetz? Ja, aber der Staat darf alles

    Beim Datenschutz ist die Besorgnis der Chinesen so groß, dass China 2021 das europäische Datenschutzgesetz weitgehend übernimmt. Das Personal Data Protection Law (PDPL) mit siebzig Paragrafen hat sich fast völlig an der Datenschutz-Grundverordnung (General Data Protection Regulation) der EU orientiert. Die Definition von „persönlichen Daten“ und „Verarbeitung“ sind im chinesischen Gesetzentwurf fast genauso weit ausgelegt wie im europäischen. Dazu gehört zum Beispiel auch, dass Organisationen und Personen, die mit chinesischen Daten arbeiten, ebenfalls unter dieses Gesetz fallen.

    Das chinesische Gesetz schützt allerdings eher davor, dass Firmen Missbrauch mit Daten betreiben. Dafür sind harte Strafen vorgesehen, die bis zu 7,4 Millionen US-Dollar reichen oder gar einem Abzug in Höhe von fünf Prozent des unternehmerischen Jahresgewinns. Der Staat hingegen darf noch alles. Allerdings ist damit der Datenschutzgeist aus der Flasche. Es wird spannend sein, wie sich das wachsende Datenschutzbewusstsein der Chinesen auf der einen Seite und der zunehmende Kontrollwunsch in der Kommunistischen Partei vereinbaren lassen.

    Frank Sieren ist einer der führenden deutschen China-Kenner. Er berichtet seit 1994 aus Peking und ist damit der deutsche Journalist, der am längsten in China lebt. Sein jüngstes Buch „China to Go – 100 innovative Trends und erhellende Einblicke“ erschien 2023 im Penguin Verlag, 320 Seiten, 24 Euro. Sie können sich über Linkedin mit ihm vernetzen und ihn so kontaktieren.

    #Chine #crédit_social #surveillance #capitalisme #exploitation #révolution

  • Berlin-Besuch : Für Nancy Pelosi bleibt das Goldene Buch verschlossen – US-Politikerin im Roten Rathaus
    https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/berlin-besuch-fuer-nancy-pelosi-bleibt-das-goldene-buch-verschlosse


    Quelle marque de baskets porte l’ambassadrice Amy Gutmann ?

    A l’époque de la DDR la fidélité de vassal états-unienne affichée par les politiciens de Berlin-Ouest fut l’expression d’un équlibre précaire enret les blocs de l’Est et de l’Ouest. Aujourd’hui le maire de Berlin montre la même attitude lors du spectacle de la visite privée de la „Speaker Emerita“ Pelosi.

    Les chrétien-démocrates, social-démocrates et verts jurent toujours sur la constitution états-unienne comme à l’époque du mur. Le maire de Berlin exprime son appréciation particulière de la récente apparition de Pelosi dans le rôle de Madame Chiang Kai-shek dans le théâtre chinois. A Berlin l’esprit de la ville-frontière hante les politiciens municipaux. Heureusement le ridicule ne tue pas les zombies politiques.

    Elmar Schütze - Die Grande Dame der US-Demokraten zu Gast in Berlin: Erst lobte sie Regierungschef Kai Wegner, am Abend war Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg an der Reihe.

    Wenn eine eine Reise tut – und noch dazu eine weite –, dann nimmt sie gerne mit, was geht. Nancy Pelosi war am Freitag nach Berlin gekommen, um einen Termin bei der American Academy zu absolvieren. Der altehrwürdige amerikanische Thinktank verleiht den Henry-A.-Kissinger-Preis 2023 an Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Die langjährige Sprecherin der Demokraten im US-Repräsentantenhaus ist als Laudatorin gebucht.

    Da sie nun also ohnehin nach Berlin kommen wollte, ließ Pelosi ihr Büro nach weiteren Polit-Terminen in der Stadt suchen. Fündig wurden ihre Leute beim Regierenden Bürgermeister Kai Wegner im Roten Rathaus und anschließend bei Bundestagspräsidentin Bärbel Bas im Regierungsviertel. Am Freitagabend stand dann der eigentliche Grund der Reise an: Die American Academy hatte für die Preisvergabe die Telekom-Repräsentanz an der Französischen Straße gemietet.

    Magenta dominiert bei Nancy Pelosis Besuch in Berlin

    Apropos Telekom. Womöglich hatte sich Pelosi von der Werbe-Farbe von Europas größtem Telekommunikationsunternehmen inspirieren lassen. Jedenfalls trug sie beim Besuch bei Kai Wegner am frühen Nachmittag ein Kostüm in Magenta.

    Begleitet wurde die 83-jährige Grande Dame der US-Demokraten von Botschafterin Amy Gutmann. Die 73-Jährige, eine passionierte Radfahrerin, wie sie die erstaunte Hauptstadtpresse schon mehrfach wissen ließ, trug einen dunklen Blazer, darunter ein kurzes rotes Kleid, nackte Beine und weiße Turnschuhe an den Füßen.

    Obama trug sich im Goldenen Buch ein, für Nancy Pelosi blieb das Gästebuch

    Bei der Gelegenheit ließen sich einmal mehr die Feinheiten des Protokolls des Roten Rathauses bewundern. So wurde Nancy Pelosi zunächst die Vitrine mit dem Goldenen Buch Berlins mit dem Eintrag des damaligen US-Präsidenten Barack Obama aus dem Jahr 2013 gezeigt. Für die nicht in Regierungsfunktion angereiste Pelosi blieb das Gästebuch der Stadt Berlin. In diesem verewigte sie sich als „Speaker Emerita“, als ehemalige Sprecherin des Repräsentantenhauses.

    In ihre Rede stieg die weltgewandte Pelosi, die zuletzt mit ihrem Engagement für die Unabhängigkeit Taiwans einen Aufschrei der Volksrepublik China provozierte, mit einem langgezogenen „Oui gääht’s?“ ein. Um dann in ihrer Muttersprache Gastgeber Kai Wegner für seine jüngsten Statements zu Israel und Palästina zu loben. Der Regierende Bürgermeister sei eindeutig jemand, „der die Menschen zusammenbringen möchte“.

    Wegner revanchierte sich artig, indem er sagte, wie „glücklich und auch stolz“ er sei, Pelosi empfangen zu dürfen. Er sei bekanntlich „jemand, der felsenfest an die transatlantischen Beziehungen, an ein starkes Band für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte“ glaube, so Wegner. Schließlich habe er persönlich es den Westalliierten zu verdanken, „dass ich in Frieden und Freiheit aufwachsen durfte“. So freue er sich jetzt schon darauf, im kommenden Jahr Los Angeles zu besuchen, die Metropole, mit der Berlin die älteste Städtepartnerschaft aufweise. Bei der Gelegenheit wolle er auch nach Boston reisen, sagte er.

    Seit diesem Freitag kommt für Wegner vielleicht noch ein weiteres Ziel hinzu: Baltimore. Schließlich hatte ihm Nancy Pelosi gerade davon erzählt, dass ihr Vater und ihr Bruder Bürgermeister der Stadt bei Washington D.C. gewesen seien und von Baltimores Rathaus geschwärmt.

    Kai Wegner wünscht den US-Demokraten Glück bei Präsidentschaftswahl

    Ganz am Ende wurde Kai Wegner auch parteipolitisch. „Ich wünsche Ihnen alles Gute, auch für die Wahlen in Amerika“, sagte er in Richtung seines Gastes. Deren Ausgang sei „ganz entscheidend für eine enge Zusammenarbeit zwischen den USA und Europa“. Klarer hätte sich der CDU-Politiker kaum vom Ex-US-Präsidenten Donald Trump abgrenzen können, ohne diesen auch nur namentlich zu nennen.

    Anschließend verabschiedeten sich die beiden Politiker – wenn auch nur für ein paar Stunden. Wegner stand am Abend auf der Gästeliste bei der Verleihung des Kissinger-Preises an den Norweger Stoltenberg.

    P.S. Il semble qu’Amy Gutmann et Nancy Pelosi ne soient pas copines à cause de quelques vieilles histoires chinoises.

    Amy Gutmann faced questions over Penn’s donations from China at hearing for ambassadorship
    https://www.inquirer.com/news/amy-gutmann-penn-president-biden-germany-ambassador-20211214.html
    https://www.inquirer.com/resizer/dLVOCRAUIZBHx5US1G7zf5TEtXU=/800x533/smart/filters:format(webp)/cloudfront-us-east-1.images.arcpublishing.com/pmn/32GQQGI6YZFHPILTOL5BJ4V2P4.jpg
    Cet article nous apprend qu’Amy Gutmann a fait embaucher Joe Biden par son université quand il était au chômage. Elle n’est pas appréciée par tous les sénateurs démocrates à cause de ses relations trop étroites avec les républicains (et les Chinois).

    14.12.2021 by Susan Snyder, Jonathan Tamari - “What I do know and what I make sure is that no gifts, no contracts to the University of Pennsylvania are allowed to threaten academic freedom or allowed to threaten national security,” Gutmann said.

    University of Pennsylvania President Amy Gutmann faced questions Tuesday about Penn’s donations from China, but largely batted them back during a relatively ruffle-free, 90-minute Senate foreign relations committee hearing on her nomination to become U.S. ambassador to Germany.

    U.S. Sen. James E. Risch, the ranking Republican on the committee, noted that Penn received $86 million in donations and contracts from China since 2014, and he was surprised that Gutmann had previously said she wasn’t aware of most foreign donations and contracts, nor did she have a role in reporting them to the U.S. Department of Education. Universities’ ties to China have become an issue of increasing importance over the last several years with lawmakers concerned about the country’s influence. Members of both parties see China as America’s most prominent rival for global economic and political influence.

    “I understand a university is a large operation,” said Risch, of Idaho. “However, as captain of the ship, you are in charge of it.”

    Gutmann, 72, who was being considered during the hearing along with nominees for two other posts, said the money from China is a small fraction — less than 1% — of the money Penn takes in. Penn, with its 12 schools and six hospitals, received $5 billion since 2014 and $10 billion over her presidency, which began in 2004. she said.

    “It’s not surprising that I don’t know of specific gifts and contracts,” she said. “...What I do know and what I make sure is that no gifts, no contracts to the University of Pennsylvania are allowed to threaten academic freedom or allowed to threaten national security.”

    “I think that’s a fair answer,” Risch responded.

    Gutmann was introduced to the committee by Pennsylvania Sens. Pat Toomey, a Republican, and Bob Casey, a Democrat, an indication of her bipartisan support. Gutmann, a Harvard-educated political scientist who has written on the spirit of compromise, for years has worked with politicians in both parties, inviting both Democrat Joe Biden, before he was president, and Republican Jeb Bush, the former Florida governor who is son and brother to two former presidents, to serve as presidential professors of practice at Penn.

    Both Toomey and Casey spoke glowingly of Gutmann’s accomplishments as the leader of Philadelphia’s largest private employer and longest-serving Penn president.

    “During her tenure, she dramatically grew Penn’s endowment, expanded Penn’s commitment to science, technology and medical innovation and enhanced the university’s engagement in the Philadelphia community,” Toomey said.

    The committee’s chair, Sen. Bob Menendez (D., N.J.), said Gutmann’s “years of experience” and “powerful family history will no doubt serve us well.”

    She would take over as the U.S. representative to one of America’s most powerful European partners just as, Menendez noted, a new government takes hold in Germany and the country remains a critical ally in deterring Russian aggression.

    “The importance of having a Senate-confirmed U.S. ambassador in Berlin cannot be overstated. This is a critical time for the transatlantic relationship, and particularly for the United States and Germany,” Menendez said in his opening remarks. As Russia’s Vladimir Putin “continues to try to bully his way through Europe, we need strong U.S. representation, and close coordination with allies, to stand up for our partners, and reject illegitimate efforts to redraw the map of Europe.”

    Gutmann, along with former Comcast executive David L. Cohen, was one of Biden’s most prominent early ambassador nominees. She has personal ties to Germany — her father fled Nazi Germany and settled in the United States — and an accomplished academic record. She was also in charge when Penn hired Biden to a lucrative teaching position during his years between the vice presidency and his 2020 campaign for president.

    The hearing Tuesday came more than five months after Gutmann’s July nomination, much to the frustration of Democrats who have accused Republicans of stalling confirmations of uncontroversial nominees to significant positions. The Senate committee still has to vote on Gutmann’s nomination, which would then go to the full Senate for a final vote, neither of which have a clear timeline. Cohen was approved as ambassador to Canada last month.

    If confirmed, Gutmann pledged to work on increasing trade and investment with Germany, combatting climate change, strengthening global health and countering terrorism. She also promised to “engage younger generations of Germans” on the U.S. role in rebuilding Germany.

    “I would be excited to begin work during this key juncture in our relations as a new German government is stepping on to the global stage,” she said.

    #USA #Chine #Allemagne #Berlin #relations_internationales #politique #wtf

  • 34 Jahre nach dem Mauerfall : Die Ostdeutschen haben das Streiten verlernt
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/kommentar-34-jahre-nach-dem-mauerfall-die-ostdeutschen-haben-das-st
    Le sentiment d’indignation et l’absence complète de peur au sein de la vaste majorité des citoyens ont été deux facteurs principaux de la fin de l’état socialiste allemand. Aujourd’hui cet esprit n’existe plus en Allemagne de l’Est.

    9.11.2023 von Anja Reich - Die Menschen in der DDR haben eine Staatsmacht gestürzt, sich in wilden Debatten die Freiheit erkämpft. Warum sind viele von ihnen heute so still? Ein Kommentar.

    Ich bin gerne im Berliner Westen in diesen Tagen, im tiefen Westen. Am Botanischen Garten zum Beispiel, wo man sich im Café zwischen dem „Frühstück Lichterfelde“ (Croissant, Café Crema, Konfitüre) und dem „Frühstück Wannsee“ (Quark, frisches Obst, Tee, Orangensaft) entscheiden muss. Wo am Zeitungs- und Lottoladen das Schild „Pause bis 14 Uhr“ hängt, wo die alten Zeitungsaufsteller mit der alten Werbung stehen: „Heute schon B.Z. gelesen?“ und ein Plakat für die Räuber-Hotzenplotz-Vorstellung in der Kirchengemeinde wirbt.

    Das Leben scheint langsamer dort, die Leute scheinen mehr Zeit, bessere Laune und die unumstößliche Gewissheit zu haben, dass alles immer so weitergeht: Frühstück Wannsee, Räuber Hotzenplotz, Pause bis 14 Uhr. Ich genieße das. Wie man etwas genießt, das es nicht mehr lange geben könnte. Meine Ausflüge in den Westen kommen mir vor wie ein Abschied von einer Welt, in der ich nie so richtig angekommen bin.

    Es klingt seltsam, ich weiß. Und der Westen kann überhaupt nichts dafür. Die Ostdeutschen sind schuld, mit ihrem Mut, ihrer Kraft, ihrer Lust, alles einzureißen, jede Gewissheit infrage zu stellen. Sie haben damals, vor 34 Jahren, Maßstäbe gesetzt, an denen ich von da an alles gemessen habe, nach denen mir das bundesrepublikanische Leben oft langweilig vorkam, die Gespräche zu gepflegt, zu belanglos. Es ging um die Erhaltung eines Zustandes, die immer gleichen Querelen zwischen den immer gleichen Parteien, den nächsten Urlaub, die neue Wohnung, das neue Auto.

    Ich konnte erstmals quatschen, wie ich wollte, dabei stellte sich heraus, du hast eine Position. Es war atemberaubend.
    Günter Schabowski

    Ich sehnte mich nach der wilden Wendezeit zurück, in der nichts blieb, wie es war. Vor allem die Diskussionen fehlten mir. „Ich konnte erstmals quatschen, wie ich wollte, dabei stellte sich heraus, du hast eine Position. Es war atemberaubend“, sagte Günter Schabowski über die Tage, in denen er mit seinem Versprecher zum Reisegesetz die Mauer zum Einsturz gebracht hatte. „So viel wie in diesen Wochen ist in unserem Land noch nie geredet worden“, sagte Christa Wolf bei der Demonstration am 4. November 1989 auf dem Alexanderplatz. „Wir schlafen nicht oder wenig, wir befreunden uns mit neuen Menschen, und wir zerstreiten uns schmerzhaft mit anderen.“

    Es ist eine Erfahrung, die mein Leben geprägt hat. Das Reden, Streiten, Zweifeln. Kein Satz stört mich mehr als: Das ist nicht die richtige Haltung. Kein Einwand löst so viel Widerstand in mir aus wie: Darf man das denn sagen? Ich fühle mich unwohl mit Menschen, bei denen ich merke, sie halten sich zurück, aus Angst oder taktischen Gründen oder warum auch immer. Und liebe es, wenn Leute sich um Kopf und Kragen reden, sagen, was sie wirklich denken.

    Die DDR wird oft als Diktatur beschrieben und selten als das Land, das Reformen eingeleitet und seine Staatsmacht gestürzt hat.

    Ich habe daran andere Ostdeutsche erkannt, auch noch viele Jahre nach dem Mauerfall, auch welche, die 1989 noch Kinder waren. Nicht sagen, was die Chefs erwarten, offen sein für andere Meinungen, damit rechnen, dass jeden Moment alles zu Ende sein könnte, keine Angst vor der Zukunft haben.

    Aber während ich das schreibe, merke ich, ich beschwöre Erinnerungen, die zur Vergangenheit gehören. Es ist 34 Jahre her, fast ein halbes Menschenleben. Die wunderbare Christa Wolf ist tot, genau wie der zerstreute Günter Schabowski. Die DDR wird heute vor allem als Diktatur beschrieben und selten als das Land, das Reformen eingeleitet, wilde Debatten geführt, seine Staatsmacht gestürzt hat. Revolutionäre von damals erzählen mir heute Verschwörungstheorien über Juden, über Politiker, über den 11. September. In dem brandenburgischen Ort, in dem ich meine Wochenenden verbringe, haben bei der Landratswahl mehr als 50 Prozent für den AfD-Kandidaten gestimmt. Wer diese Leute sind, weiß ich nicht. Das Volk schweigt wieder, hat das Reden und Streiten verlernt.

    Der 9. November ist der Tag in der Geschichte, der die deutsche Welt ins Wanken brachte, der das Gute an Deutschland hervorgebracht hat und seine Abgründe. Vor 34 Jahren stürmten Ostberliner die Grenzübergänge, ohne dass ein Schuss fiel, vor 85 Jahren verübten Deutsche ein Pogrom, mit dem die Vertreibung und Ermordung des jüdischen Volkes begann. Noch nie habe ich mich beiden Ereignissen so nahe gefühlt wie in diesem Jahr, kam mir die Langeweile des gewöhnlichen Kapitalismus in Berlin-Lichterfelde so beruhigend vor – und so trügerisch. Ich habe das Gefühl, die Leute wachrütteln zu müssen, und auch mich selbst, mich an die Lehren des 9. November zu erinnern: Lieber streiten und quatschen als schweigen. Und keine Angst vor der Zukunft haben.

    #histoire #Allemagne #DDR

  • Israel-Gaza-Krieg: Diplomat warnt Biden vor wachsender Wut gegen die USA in der arabischen Welt
    https://www.berliner-zeitung.de/news/botschaft-warnt-weisses-haus-wir-verlieren-die-arabische-oeffentlic
    Les États Unis et Israël risquent de perdre la guerre d’information.

    10.11.2023 von Katerina Alexandridi - Joe Biden widersetzt sich den Forderungen nach einem Waffenstillstand in Gaza. Nun warnt ihn eine US-Botschaft vor wachsender Wut in der arabischen Welt.

    Ein Diplomat der US-Botschaft in Oman warnt Washington davor, dass seine kontinuierliche Unterstützung der israelischen Militäraktion im Gazastreifen den Zorn der arabischen Welt hervorruft. Dies geht aus einem diplomatischen Telegramm hervor, das CNN vorliegt. Die USA „verlieren die arabische Öffentlichkeit für eine Generation“, so seine Kernbotschaft.

    „Wir sind dabei, auf dem Schlachtfeld des Informationskrieges zu verlieren“, warnt der Diplomat und erklärt, dass diese Schlussfolgerung aus Gesprächen mit „einer Vielzahl von vertrauenswürdigen und nüchternen Kontakten“ gezogen wurde. Die Unterstützung der USA für Israels Aktionen im Gazastreifen wird, so warnt das Telegramm, „als materielle und moralische Schuld an dem angesehen, was sie als mögliche Kriegsverbrechen betrachten“.

    Eine ähnliche Botschaft wird aus Kairo nach Washington übermittelt. Wie aus einem täglichen Medienspiegel, der auch von CNN zitiert wird, hervorgeht, heißt es in einer staatlichen Tageszeitung, „Präsident Bidens Grausamkeit und Missachtung der Palästinenser übertrifft alle früheren US-Präsidenten“.

    Tägliche Kampfpausen im Gazastreifen und Reisewarnungen für US-Bürger

    Am Donnerstag gab das Weiße Haus bekannt, dass Israel täglichen vierstündigen Kampfpausen im nördlichen Gazastreifen zugestimmt hat, damit die Menschen vor den Kämpfen fliehen und humanitäre Hilfe eintreffen kann. Präsident Biden sagte am selben Tag vor Reportern, dass es derzeit „keine Möglichkeit“ für einen Waffenstillstand im Krieg zwischen Israel und der Hamas gebe. Er betonte, dass ein solcher nur dazu dienen würde, der Hamas die Möglichkeit zu geben, sich neu zu formieren.

    Das US-Außenministerium hat angesichts der zunehmenden Spannungen im Zusammenhang mit dem Krieg zwischen Israel und der Hamas eine weltweite Warnung für US-Bürger herausgegeben. Die Warnung rät US-Bürgern, „erhöhte Vorsicht walten zu lassen“, da „die Möglichkeit von Terroranschlägen, Demonstrationen oder gewalttätigen Aktionen gegen US-Bürger und -Interessen besteht“. Sowohl die US-amerikanische als auch die britische Botschaft in Beirut haben ihren Bürgern bereits geraten, den Libanon zu verlassen, solange noch Flüge verfügbar sind.

  • 2019 gegen 2023: So extrem sind die Preise in Berliner Restaurants gestiegen
    https://www.berliner-zeitung.de/food/berliner-restaurants-so-viel-teurer-sind-sie-seit-vor-der-pandemie-
    C’est fini les sorties peu chères à Berlin.

    10.11.2023 von Elizabeth Rushton - Einige Gerichte kosten heute bis zu 40 Prozent mehr als im Jahr 2019. Ein guter Vergleichswert ist der Preis der Berliner Currywurst. Eine Analyse.

    Es ist schrittweise geschehen. Und doch ist das Endergebnis unbestreitbar: Essengehen in Berlin ist viel teurer geworden. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Erst die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie, später die Energiekrise und dann die Inflation haben die Preise in den Restaurants steigen lassen – aber um wie viel Prozent genau?

    Das zeigen Einblicke in die früheren Speisekarten vieler Berliner Lokale. Mit Blick auf Aufnahmen von Speisekarten aus dem Herbst 2019, die zusammen mit Bewertungen und Rezensionen auf Plattformen wie Google und TripAdvisor hochgeladen wurden, kann man feststellen: Ob Touristenmagnet oder kleines Lieblingslokal im Kiez – keine Gaststätte ist so richtig günstig geblieben.

    Das Restaurant Ständige Vertretung am Schiffbauerdamm lockt Touristen und Politiker mit klassischen Speisen der Berliner und deutschen Küche. Es gibt eine „Kult-Currywurst“, die im August 2019 9,90 Euro kostete. Heute kostet das gleiche Gericht 12,90 Euro – eine Steigerung von 30 Prozent. Das zeigt die Speisekarte, die derzeit auf der Website der Ständigen Vertretung zu sehen ist. Allerdings sind nicht alle Preise im Kultlokal so stark gestiegen; eine zu teilende „Dom-Platte“ mit Schweinshaxe, Frikadellen und Bio-Bratwurst kostet jetzt 23,90 Euro pro Person gegenüber 22,90 im Jahr 2019.

    Doch im Allgemeinen setzt sich der Trend der Preiserhöhung in vielen weiteren Berliner Gaststätten fort. Ein Wiener Schnitzel im Hofbräu Wirtshaus in der Karl-Liebknecht-Straße kostet nun 24,90 Euro; das macht einen Anstieg von 25 Prozent aus (im Vergleich zum Preis von 19,90 Euro im Oktober 2019). Dort haben sich nicht nur die Preise in den letzten vier Jahren verändert. Die Auswahl ist auch kleiner geworden, unter anderem Flammkuchen werden nicht mehr angeboten. Auch im historischen Wirtshaus Max & Moritz in der Oranienstraße sind viele Preise um die 20 Prozent gestiegen. Dort kosten Königsberger Klopse jetzt 17,50 Euro im Vergleich zu 14,50 vor der Pandemie; ein Schweinefilet in Rotwein-Pflaumensoße kostet 18,80 Euro statt 15,90 Euro wie früher.

    Einige der größten Preissteigerungen sind jedoch in der internationalen Küche zu beobachten. Im Friedrichshainer Restaurant 1990 Vegan Living wurden 2019 Gerichte wie eine Wan-Tan-Suppe und eine Auswahl an „Bowls“ mit asiatischen Nudeln und Currys für 8,50 Euro angeboten. Heute kosten dieselben Gerichte 11,90 Euro - 40 Prozent mehr als noch vor vier Jahren. Im Schöneberger Lokal Zsa Zsa Burger war der Surf-and-Turf Burger bereits 2019 mit 17,80 Euro der teuerste Artikel auf der Speisekarte; heute kostet der Burger mit gegrillten Garnelen und Hummer-Mayo 22,40 Euro, das ist ein Anstieg von 25 Prozent.

    Im Italiener Focaccino (dem am besten bewerteten Restaurant Berlins auf TripAdvisor) basieren viele Gerichte auf importierten Zutaten. Ein besonderer Faktor für Preissteigerungen? Der Vergleich überrascht: Dort sind Gerichte wie Pasta Carbonara nur um zwei Euro gestiegen – von 13 auf 15 Euro, während Gerichte mit spezielleren Zutaten wie gegrillter Oktopus mit Spinatsalat (von 16 auf 20 Euro) oder ein paniertes sizilianisches Kalbsschnitzel (von 20 auf 25 Euro) um 25 Prozent gestiegen sind.

    Doch es gibt Hinweise, dass die Gaststätten sich an einigen Stellen bemühen, die Preise so niedrig wie möglich zu halten – oder sogar überhaupt nicht zu verändern. Bei Max und Moritz in Kreuzberg sind die Preise der Berliner Kartoffelsuppe unverändert geblieben – genauso wie im Jahr 2019 kostet eine Schale immer noch 4,90 Euro und eine Terrine 6,20 Euro. Und im Charlottenburger Focaccino ist das hausgemachte Tiramisu – nach eigenen Angaben „das beste der Stadt“ – nach wie vor für 7 Euro zu haben.

    #Allemagne #Berlin #inflation

  • Finanzexpertin verrät, wie Unternehmen US-Sanktionen umgehen: So funktioniert die Schattenwelt von Offshore-Fi
    https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/unternehmen-koennen-dort-us-sanktionen-umgehen-so-funktioniert-die-

    Steuerparadiese sind ein ganz normaler Teil der Weltwirtschaft. Nur die Armen und ein paar Gerechtigkeitsfanatiker sehen das anders.

    9.11.2023 von Simon Zeise - Intransparenz und Steuerdumping sind Markenzeichen von globalen Finanzzentren. Warum westliche Regierungen davon profitieren, erklärt die Politik-Ökonomin Andrea Binder.

    Über die Praxis von Offshore-Finanzplätzen gelangen nur selten Informationen an die Öffentlichkeit. Anonyme Informanten wie der Whistleblower, der die sogenannten Panama Papers aufgedeckt hat, sind selten. Sie vermitteln nur eine Ahnung davon, wie es in der Schattenwelt zugeht, in der Manager von Großkonzernen, Banker und Anwälte Finanzströme in Milliardenhöhe an offiziellen Behörden vorbeischleusen. Die Berliner Zeitung sprach hierüber mit der sachkundigen Finanzexpertin Andrea Binder.

    Frau Binder, multinationale Unternehmen und Superreiche parken ihr Geld in Finanzzentren wie den Cayman Islands, Luxemburg oder der City of London. Was ist der entscheidende Vorteil für die Investoren?

    Das Entscheidende ist, die Währung eines Landes mit dem Rechtsrahmen eines anderen Landes zu vereinen. In der Regel handelt es sich um den US-Dollar und um britisches Recht. Durch dieses „Mismatch“ können sehr viele Regeln umgangen werden, inklusive Steuern. Für Staaten und Unternehmen sind Offshore-Finanzzentren aber auch deshalb sehr wichtig, weil sie Zugang zu US-Dollar und dadurch Zugang zum internationalen Wirtschaftssystem bekommen können.

    Die mit Abstand meisten Transaktionen weltweit werden in US-Dollar getätigt – je nach Land sind es zwischen 80 und 95 Prozent. Finanzakteure aus dem Globalen Süden haben es aber schwer, Zugang zu US-Dollar zu bekommen, da die Regularien der amerikanischen Börsenaufsicht SEC sehr strikt sind. Deshalb sind sie auf Offshore-Finanzzentren angewiesen.

    Staaten gehen hohe Steuereinnahmen verloren, wenn Unternehmen ihr Geld in Finanzzentren parken. Warum wird dem kein Riegel vorgeschoben?

    In Offshore-Finanzzentren gibt es fast keine Regulierung, Unternehmen müssen kaum Nachweise erbringen. Meistens muss noch nicht mal die eigene Identität bestätigt werden. Es gibt kaum offizielle Statistiken, da Unternehmen keinen Jahresbericht schreiben müssen. Dieses Agieren im statistisch Unsichtbaren macht es Regierungen möglich, bestimmte politische Konflikte auszulagern.

    Große Unternehmen üben Druck auf Regierungen aus, indem sie damit drohen, ihren Firmensitz in Länder mit niedrigeren Steuersätzen zu verlagern. Selbst in Zeiten steigender Ungleichheit lassen sich im eigenen Land schlecht Wahlen gewinnen, wenn man verspricht, Unternehmenssteuern zu senken. Deshalb spielen westliche Staaten ein doppeltes Spiel. Die heimischen Unternehmen dürfen über Offshore-Finanzzentren ihre Steuerlast senken, die Steuersätze im Inland bleiben dafür nominell relativ hoch.

    Im Bankensektor ist das augenscheinlich. Für den heimischen Finanzplatz, der die nationale Ökonomie versorgen soll, gelten relative strikte Vorgaben. Aber weil die westlichen Staaten global agierende Investmentbanken haben wollen, wird es den großen Finanzinstituten ermöglicht, über Offshore-Finanzzentren viele der nationalen Regulierungen einfach wieder zu umgehen. Somit bietet sich den Regierungen eine Möglichkeit, dem demokratischen Konflikt auszuweichen.

    Durch die von den USA verhängten Sanktionen werden mehrere Staaten vom Zugang zum US-Dollar abgeschnitten. Bieten Offshore-Finanzzentren den sanktionierten Staaten eine Möglichkeit, um an US-Dollar zu kommen?

    Das ist eine wichtige Frage. In einer zugespitzten politischen Situation, wie dem russischen Angriff auf die Ukraine, gibt es durchaus Möglichkeiten, die Finanzzentren auf die Linie des westlichen Sanktionsregimes zu bringen. Das Gewicht verschiebt sich aber. Es kommen zunehmend asiatische Offshore-Finanzzentren hinzu. Hongkong und Singapur existieren schon lange. Seit 2004 ist aber Dubai dazugekommen. Das Emirat hat mit seiner „Special Economic Zone“ im Prinzip die City of London institutionell und rechtlich nachgebaut. Es ist quasi eine Kopie des britischen Finanzsystems, mit dem besonderen Unterschied, dass sie explizit nicht die westlichen Sanktionen unterstützen.

    Das hat Folgen. Man kann beobachten, dass sehr große Finanzströme aus der Schweiz nach Dubai geflossen sind. Weil diese aber immer über Briefkastenfirmen getätigt werden, ist es sehr schwer nachzuvollziehen, wer der Eigentümer ist. Deshalb kann man auch nicht beweisen, dass es mit den Russland-Sanktionen zusammenhängt, die zeitliche Nähe deutet aber auf einen Zusammenhang hin.

    Und die westlichen Unternehmen müssen alle die Sanktionen befolgen?

    Es gibt Ausweichmöglichkeiten. Wenn ein Unternehmen Geld mobilisieren will, begibt es in der Regel eine Anleihe. Mit diesem Schuldtitel geht das global agierende Unternehmen zu einer Bank, meistens handelt es sich um ein ganzes Banken-Syndikat, das für das Unternehmen auf Investorensuche geht. Offshore Finanzzentren machen es möglich, die Anleihe so über mehrere Rechtsräume zu strukturieren, dass das Unternehmen auswählen kann, welche Währung die Anleihe haben, in welchem Recht sie ausgegeben und welcher Steuersatz zugrunde gelegt werden soll.

    Außerdem – das hat mir ein Banker in meinen Forschungsinterviews erklärt – kann das Unternehmen so auch auswählen, ob Sanktionen befolgt werden sollen oder nicht. Es ist also nicht so, dass die traditionellen westlichen Finanzzentren hinter den politischen Entscheidungen der USA stehen und die aufstrebenden asiatischen Finanzzentren die schwarzen Schafe sind. Es kommt immer darauf an, welche politischen Interessen verfolgt werden. Zum Beispiel waren europäische Unternehmen wenig begeistert von den US-Sanktionen gegen den Iran. Die Art, wie die Anleihen strukturiert werden, geben Investoren eine Wahl: Wollt ihr euch an die Regeln halten oder nicht?

    Das heißt, Offshore-Finanzzentren helfen mit, westliche Sanktionen umgehen?

    Ja. Wobei ich es bei den Russland-Sanktionen für weniger wahrscheinlich halte, weil es so ein großer Konflikt ist. Man kann sagen, je größer ein Finanzzentrum ist, desto eher beteiligt es sich an diplomatischen Entscheidungen. Die Schweiz zum Beispiel sucht in so einem Konflikt ein Gespräch mit den USA und den Europäern. Ein kleines, obskures Finanzzentrum hat hingegen weniger Hemmungen, Regeln zu umgehen.

    Die Brics-Gruppe, Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, will eine Alternative zum vom US-Dollar dominierten Finanzsystem aufbauen. Wäre das das Ende der Offshore-Finanzwelt?

    Die Brics-Staaten sind stark auf den US-Dollar und deshalb auch auf Offshore-Finanzzentren angewiesen. Solange sie kein paralleles Geldsystem entwickelt haben, wird das auch weiterhin so sein. Das brasilianische Bankensystem ist zum Beispiel über Offshore-Finanzzentren sehr eng verbunden mit dem amerikanischen Bankensystem. Das heißt, wirtschaftlich ist ein Systemwechsel nicht von heute auf morgen machbar. Man könnte ein alternatives Währungssystem aufbauen, wenn ein Wille vorhanden ist. Aber es ist mit sehr hohen ökonomischen und politischen Kosten verbunden.

    Indien, Brasilien und Südafrika haben aber eher ein Interesse, sich nach allen Seiten die Türen offen zu halten. Hinzu kommt, dass in fast allen Staaten, und das gilt auch für die meisten Mitglieder der Brics, die ökonomischen und die politischen Eliten sehr eng verflochten sind. Einflussreiche Personen nutzen Offshore-Finanzzentren, um ihr Vermögen außer Landes zu bringen. Je mehr die Eliten eines Landes vom US-Dollar-System profitieren, desto weniger sind sie gewillt, es abzuschaffen.

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    In Offshore-Finanzzentren wird Geld auf intransparente Weise, am Fiskus vorbei, außer Landes gebracht. Wie groß ist der Schaden, der dadurch entsteht?

    Ich betrachte Offshore-Finanzzentren als eine Bedrohung für die Demokratie, weil für große Unternehmen und reiche Personen andere Regeln als für die Mehrheit der Bevölkerung gelten. Für Demokratien ist es aber wichtig, dass sich Vermögen nicht zementieren. Es muss ein Aufstiegsversprechen gelten: Wer einmal zu den Verlierern gehört, muss die Möglichkeit haben, in Zukunft zu den Gewinnern zu gehören. Außerdem gefährden sie die Finanzstabilität. Um ein stabiles Finanzsystem zu gewährleisten, ist es wichtig, dass die Regulierungen befolgt werden. Wenn man Ausweichmöglichkeiten für Banken und Unternehmen schafft, schafft man Risiken. Der Großteil des Geldes in Finanzzentren ist im Handel von Finanzprodukten konzentriert und nicht im Handel mit Produkten der Realwirtschaft. Das wirkt wie ein Katalysator für Finanzblasen und Krisenzyklen.

    Das Problem ist: Alle Finanzzentren zu schließen, ist nicht so einfach. Dadurch würde das internationale Wirtschaftssystem zum Erliegen kommen, weil über Finanzzentren auch die Realwirtschaft mitfinanziert wird. Und das würde zu großen ökonomischen Kosten führen. Und zwar nicht nur für diejenigen, die viel Geld haben, sondern auch für die breite Masse der Bevölkerung. Der einzige Weg daraus sind mehr Regulierung und eine politische Auseinandersetzung darüber, wie viel Entflechtung und wie viel Globalisierung wir haben möchten.

    Zur Person

    Dr. Andrea Binder ist Forschungsgruppenleiterin am Otto-Suhr-Institut an der FU Berlin. Als Expertin für globale Finanzen ist sie spezialisiert auf Offshore-Finanzzentren. Für ihr 2023 veröffentlichtes Buch „Offshore-Finance and State Power“ führte sie zahlreiche Experten-Gespräche mit Bankern, Anwälten, Steuer- und Regierungsbeamten. Für ihre Forschung wurde sie mit dem Studienpreis der Körber-Stiftung ausgezeichnet.

    #banques #paradis-fiscaux #économie #démocratie

  • « Qui a dit que l’électrification ne pouvait pas vous surprendre ? »

    Les SUV électriques menacent la transition énergétique, alerte le WWF
    https://www.ouest-france.fr/environnement/ecologie/transition-ecologique/les-suv-electriques-menacent-la-transition-energetique-alerte-le-wwf-31

    Les SUV électriques menacent la transition énergétique, alerte le WWF

    Il faut réduire de toute urgence la taille des voitures électriques sans quoi la France pourrait se retrouver en pénurie de métaux « critiques », alerte une étude de l’ONG World Wild Fund (WWF), qui réclame l’instauration d’un malus lié au poids, à l’instar d’autres associations écologistes.

    https://justpaste.it/6yq91

    #bagnole #SUV #trahison_énergétique #décarbonation

    Tous les bourges du bled se sont « reconvertis » aux SUV hybrides ou électriques. Je les soupçonne en outre de prendre toujours l’avion. Mangez bien vos grands morts, les gros blaireaux ...

    • Tesla augmentera sa production à Grünheide près der Berlin à un million de voitures par an. Une partie de cette production énorme seront des modèles de bas de gamme pour 25 mille Euros seulement - promis.
      https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/tesla-chef-musk-kundigt-25-000-euro-auto-in-grunheide-an-li.2156814

      Tesla hat sein Werk in Grünheide im vergangenen Jahr eröffnet. Dort sind nach jüngsten Angaben des Unternehmens rund 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Das angepeilte Ziel von 500.000 Autos pro Jahr ist noch nicht erreicht, es gibt aber bereits Pläne zum Ausbau der Fabrik auf eine Kapazität von eine Million Autos im Jahr. Das Land Brandenburg prüft noch den umweltrechtlichen Antrag für den ersten Teil des Ausbaus. Umweltverbände und Anwohner haben Bedenken, ein Teil des Geländes liegt in einem Wasserschutzgebiet.

      Musk hatte bei seinem Besuch in Grünheide auch höhere Löhne für seine Beschäftigten angekündigt. Nach einem Plus der Entgelte um bis zu 6 Prozent im vergangenen Jahr sollen sie dieses Jahr nochmals um 4 Prozent steigen. Die Jahresgehälter der Produktionsmitarbeiter werden zudem ab Februar 2024 um 2500 Euro erhöht. Die IG Metall hatte die geplante Lohnerhöhung begrüßt. Nach ihren Angaben bleibt die Bezahlung bei Tesla allerdings auch danach deutlich hinter dem branchenüblichen Niveau in der Autoindustrie in Deutschland zurück.

      Voilà le conseil de Jean de la Fontaine pour les industriels de l’automobile allemand.

      Le Lion

      Sultan Léopard autrefois
      Eut, ce dit-on, par mainte aubaine,
      Force bœufs dans ses prés, force Cerfs dans ses bois,
      Force moutons parmi la plaine.
      Il naquit un Lion dans la forêt prochaine.

      Apres les compliments et d’une et d’autre part,
      Comme entre grands il se pratique,
      Le Sultan fit venir son Vizir le Renard,
      Vieux routier et bon politique.
      Tu crains, ce lui dit-il, Lionceau mon voisin :
      Son père est mort, que peut-il faire ?
      Plains plutôt le pauvre orphelin.
      Il a chez lui plus d’une affaire ;
      Et devra beaucoup au destin
      S’il garde ce qu’il a sans tenter de conquête.

      Le Renard dit branlant la tête :
      Tels orphelins, Seigneur, ne me font point pitié :
      Il faut de celui-ci conserver l’amitié,
      Ou s’efforcer de le détruire,
      Avant que la griffe et la dent
      Lui soit crue, et qu’il soit en état de nous nuire :
      N’y perdez pas un seul moment.

      J’ai fait son horoscope : il croîtra par la guerre.
      Ce sera le meilleur Lion
      Pour ses amis qui soit sur terre,
      Tâchez donc d’en être, sinon
      Tâchez de l’affaiblir. La harangue fut vaine.
      Le Sultan dormait lors ; et dedans son domaine
      Chacun dormait aussi, bêtes, gens ; tant qu’enfin
      Le Lionceau devient vrai Lion. Le tocsin
      Sonne aussitôt sur lui ; l’alarme se promène
      De toutes parts ; et le Vizir,
      Consulté là-dessus dit avec un soupir :
      Pourquoi l’irritez-vous ? La chose est sans remède.
      En vain nous appelons mille gens à notre aide.
      Plus ils sont, plus il coûte ; et je ne les tiens bons
      Qu’à manger leur part des moutons.

      Apaisez le Lion : seul il passe en puissance
      Ce monde d’alliés vivant sur notre bien :
      Le Lion en a trois qui ne lui coûtent rien,
      Son courage, sa force, avec sa vigilance.
      Jetez-lui promptement sous la griffe un mouton :
      S’il n’en est pas content jetez-en davantage.
      Joignez-y quelque bœuf : choisissez pour ce don
      Tout le plus gras du pâturage.
      Sauvez le reste ainsi. Ce conseil ne plut pas,
      Il en prit mal, et force états
      Voisins du Sultan en pâtirent :
      Nul n’y gagna ; tous y perdirent.

      Quoi que fît ce monde ennemi,
      Celui qu’ils craignaient fut le maître.
      Proposez-vous d’avoir le Lion pour ami
      Si vous voulez le laisser craître.

      -- Jean de La Fontaine, Fables de La Fontaine, Le Lion, texte établi par Jean-Pierre Collinet, Fables, contes et nouvelles, Gallimard, « Bibliothèque de la Pléiade », 1991, p. 425

      Nous autres suivons plutôt l’exemple du renard.

      De par le Roi des Animaux,
      Qui dans son antre était malade,
      Fut fait savoir à ses Vassaux
      Que chaque espèce en ambassade
      Envoyât gens le visiter :
      Sous promesse de bien traiter
      Les Députés, eux et leur suite,
      Foi de Lion, très bien écrite,
      Bon passeport contre la dent ;
      Contre la griffe tout autant.
      L’édit du Prince s’exécute :
      De chaque espèce on lui députe.
      Les Renards gardant la maison,
      Un d’eux en dit cette raison :
      Les pas empreints sur la poussière
      Par ceux qui s’en vont faire au malade leur cour,
      Tous, sans exception, regardent sa tanière ;
      Pas un ne marque de retour.
      Cela nous met en méfiance.
      Que Sa Majesté nous dispense :
      Grand merci de son passeport .
      Je le crois bon ; mais dans cet antre
      Je vois fort bien comme l’on entre,
      Et ne vois pas comme on en sort.

  • Daniel Donskoy über Berlin: „Ab 40 sollte man am besten nach Charlottenburg ziehen“
    https://www.berliner-zeitung.de/panorama/interview-schauspieler-musiker-daniel-donskoy-ueber-berlin-ab-40-so

    7. Der beste Stadtteil Berlins ist …

    Kommt drauf an, wonach man sucht und wie alt man ist: Bis 25 Jahre Neukölln, da hält man die Hipster noch aus und kann aus dem Club direkt ins Bett fallen, ohne Taxi oder die Öffis. Von 25 bis 35 dann Mitte – das sag ich einfach nur, weil ich das gemacht habe. Oder Prenzlauer Berg, wenn man Stuttgart auch cool findet . Und ab 40 sollte man am besten nach Charlottenburg ziehen.

    #Berlin #Stuttgart #wtf

  • Letzte DDR-Delegation in Israel : „Es gab großen Respekt vor der friedlichen Revolution“ - Konrad Weiß
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/konrad-weiss-letzte-ddr-delegation-in-israel-es-gab-grossen-respekt

    Voici un texte qui montre parfaitement le dilemme et la position officielle allemande envers l’état d’Israel. Une expérience du vieux documentariste Konrad Weiß montre le besoin de beaucoup d’Allemands d’accepter de fausses conclusions illogiques parce qu’elles leurs paraissent incontournables pour des raisons morales :

    Lors de la preparation d’un film documentaire d’après le journal d’un jeune homme assassiné à Auschwitz après avoir été déclaré "juif" par les nazis, on l’a mise en garde contre la trop grande sympathie pour l’état d’Israël que son protagoniste risquait de provoquer. Weiss qualifie cet argument d’antisemite car "il n’y a pas d’état d’Israël sans les juifs". Ce raisonnement ne tient pas logiquement mais il a un grand poids moral.

    L’énorme sentiment de culpabilité empêche beaucoup d"Allemands de tirer la conséquence logique de leur histoire : qui accepte la responsabilité morale pour la persécution des juifs devrait agir contre toute discrimination et injustice sans égard de leurs auteurs et cibles. Le poids de cette culpabilité est si énorme qu’il y en a qui préfèrent nier l’Endlösung et préfèrent ouvertement les idéologies nationalistes et fascistes.

    Ce dilemme est la conséquence de la politique ouest-allemande aprës 1945 qui a accepté que les crminels nazis reprennent les rènes. L’idéologie de culpabilité gratuite (mais lucrative pour le système militaire-industriel israëlien, etats-unien et allemand) a eu un grand impact en RDA aussi où le fléau nazi n’a pas pu continuer comme à l’Ouest. Les mensonges sur d’autres questions par les communistes au pouvoir ont empêché l’acceptation de leur bonne foi par rapport à la cause palestinienne et juive.

    La position que prend Weiss en faveur des génocidaires juifs est le reflet exact de l’anticommunisme ouest-allemand. Depuis l’identification par le Bundestag de l’anti-sionisme avec l"antisemitisme ce terme remplit la fonction de l’anticommunisme de nos grand parents pour étouffer les voix critiques des alliances impérialistes et permet de se débarasser des gens qui osent mettre en question le systëme de société ouest-allemand.

    5.11.2023 von Anja Reich - Eine Abstimmung in der Volkskammer, ein Eklat in Jerusalem und ein KZ-Häftling, der für den ostdeutschen Besuch einen Schwur bricht. Ein Interview mit Konrad Weiß.

    Am 12. April 1990 kam es in Ost-Berlin zu einem Moment, der in den Turbulenzen der Wendezeit fast unterging. Die erste frei gewählte Volkskammer tagte im Palast der Republik und bat „die Juden in aller Welt“ um Verzeihung für „Demütigung, Vertreibung und Ermordung jüdischer Frauen, Männer und Kinder“. Auch „das Volk in Israel“ wurde um Verzeihung gebeten „für Heuchelei und Feindseligkeit der offiziellen DDR-Politik gegenüber dem Staat Israel und für die Verfolgung und Entwürdigungen jüdischer Mitbürger auch nach 1945 in unserem Lande“. Weiter hieß es in der Resolution: „Wir erklären, uns um die Herstellung diplomatischer Beziehungen (…) zum Staat Israel bemühen zu wollen.“

    Bei der Abstimmung gab es 21 Enthaltungen, keine Gegenstimmen. Einer nach dem anderen im Saal stand auf, einige schnell und entschieden, andere langsam, unsicher. Auf dem Video, das man sich auf der Website des Deutschen Bundestages ansehen kann, spürt man das Zögern, die Fragen, ob das richtig ist, was es zu bedeuten hat. 40 Jahre lang hatte die DDR sich der Anerkennung Israels verweigert und die PLO mit Waffenlieferungen unterstützt. Damit war jetzt Schluss, in jenem Moment im Palast der Republik, den es nicht mehr gibt, genauso wie die DDR.

    Aber Konrad Weiß ist noch da, der Mann, der die Israel-Resolution kurz nach dem Mauerfall initiiert hat. Weiß ist Filmemacher, Bürgerrechtler, Mitbegründer von Demokratie Jetzt. Und Katholik. Zum Interview treffen wir ihn in seiner Wohnung in Berlin-Pankow.

    Herr Weiß, Sie haben kurz vor dem Ende der DDR noch dafür gesorgt, dass Israel als Staat anerkannt wurde. Wie kam es dazu?

    Anerkannt wurde Israel nicht mehr von der DDR, aber wir haben in der Volkskammer die Gemeinsame Erklärung verabschiedet, in der wir nicht nur die Juden und Israel, sondern auch die von Hitler-Deutschland überfallenen Völker um Vergebung gebeten haben. Es war wichtig, dass dies eine Initiative des Parlaments, nicht der Regierung war.

    Aber warum ausgerechnet Sie, als Katholik?

    Das hat mit meinem Aufenthalt in Auschwitz 1965 zu tun.

    Was meinen Sie mit Aufenthalt?

    Ich gehörte damals zur ersten Gruppe, die mit der Aktion Sühnezeichen aus der DDR nach Auschwitz gepilgert ist. Wir wollten mit unserer Arbeit dort ein Zeichen der Versöhnung setzen. Beim ersten Versuch ein Jahr zuvor waren wir von den DDR-Behörden nicht über die Grenze gelassen worden.

    Warum nicht?

    Die SED war der Meinung, was wir in Auschwitz wollten, sei überflüssig. Es gebe ein Freundschaftsabkommen mit Polen, das reiche. Dass Versöhnung nur zwischen Menschen geschehen kann, nicht aber zwischen Staaten oder Institutionen, haben die Kommunisten nie begriffen. 1965 sind wir dann einzeln über die Grenze gefahren, von Görlitz aus, und haben uns erst in Polen als Gruppe zusammengetan.

    Was haben Sie in Auschwitz gemacht?

    Die Grundmauern des sogenannten Weißen Hauses freigelegt, der ersten Vergasungsstätte in Birkenau, ein ehemaliges Bauernhaus, das die SS umfunktioniert hatte.

    Wie sah Auschwitz damals aus?

    In Birkenau lagen die Betonklötze der von der SS gesprengten Vergasungsbunker und Krematorien. Es gab einen Wald aus Schornsteinen, die Überreste zahlloser Baracken. Wo die Asche der Ermordeten verstreut worden war, waren jetzt Wiese und Sträucher. Wenn wir Gras aushoben, griffen wir in Asche, die zu Erde geworden war. Wir fanden Knochenreste, Gebissteile, Spielzeug, Brillen. Es war schrecklich. Wir schliefen in ehemaligen SS-Baracken. Im Dachgeschoss gab es eine Kapelle, in der wir nachts abwechselnd Mahnwache hielten. Ich war Anfang 20 und habe damals begriffen, was Judenhass bewirkt hat.

    Was wussten Sie zu diesem Zeitpunkt über Auschwitz und über den Nationalsozialismus? Was hatten Sie in der Schule gelernt?

    In der 8. Klasse waren wir in Buchenwald, und ich erinnere mich, wie mein Mitschüler Detlef, der ein großes Maul hatte, sagte: „Dann lass uns mal reingehen, in die Folterbude.“ Und wie das den Häftling, der uns die Führung gab, aufgeregt hat. Zu diesem Zeitpunkt war das Gedenken der DDR bereits sehr formalisiert.

    Was meinen Sie damit?

    Die DDR hat sich als antifaschistischen Staat bezeichnet, in dem der Faschismus mit Stiel und Stumpf, wie es im Parteijargon hieß, ausgerottet war. Aber das war natürlich nicht der Fall. Männer, die 1945 aus dem Krieg kamen, wurden nicht von einem Tag auf den anderen zu Demokraten. Und wer gerade noch Juden die Schuld an allem gegeben hatte, änderte seine Meinung auch nicht so schnell. Die DDR schlug sich einfach auf die Seite der Sieger, wir hatten damit nichts zu tun, hieß es. Die Bösen sind die Kapitalisten im Westen, wo ja wirklich viele hochrangige Nazis unterkamen. Aber auch hier, bei uns, blieb vieles unbewältigt, wurden Schuld und Versagen verdrängt.

    In der Ausstellung über Juden in der DDR, die gerade im Jüdischen Museum läuft, werden Ausschnitte von Defa-Filmen gezeigt, die die Judenverfolgung im Dritten Reich thematisiert haben: „Professor Mamlock“, „Jacob, der Lügner“, „Nackt unter Wölfen“ …

    Ja, auch Bücher gab es. Heinz Knoblochs Buch „Herr Moses in Berlin“ beginnt mit dem wunderbaren Satz: „Misstraut den Grünanlagen“, und in der DDR gab es viele Grünanlagen, unter denen sich schwierige Geschichte verbarg. Knoblochs Buch hat vielen die Augen geöffnet. Aber das eigentlich Jüdische wurde verschleiert in der DDR. Und Juden wurden benachteiligt.
    Kommunisten bekamen doppelt so viel Rente wie jüdische Opfer

    Können Sie ein Beispiel nennen?

    Meine Frau und ich haben einmal für eine Freundin, deren jüdischer Vater gestorben war, eine Trauerfeier ausgerichtet, hier an diesem Esstisch im Wohnzimmer. Um den herum saßen Menschen, die fast alle im KZ gesessen hatten, und plötzlich gerieten die sich in die Haare. Meine Frau und ich verstanden erst nicht warum, bis wir begriffen: In der VVN, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, bekamen die kommunistischen „Kämpfer“ doppelt so viel Rente wie die jüdischen „Opfer“. Davon wusste kaum jemand. Das war eines der ersten Dinge, um die ich mich als Abgeordneter gekümmert habe. Die Regierung de Maizière hat das dann sehr schnell verändert.

    Sie selbst haben auch Filme über den Nationalsozialismus gedreht, über einen jüdischen Jungen zum Beispiel.

    Ja, mit dem Schriftsteller Walther Petri zusammen, über das Tagebuch des Dawid Rubinowicz, der in Treblinka ermordet wurde. Das Buch war in der DDR erschienen. Um den Film aber mussten wir lange kämpfen und dreimal das Szenarium umschreiben. Einmal kam es aus irgendeiner Dienststelle zurück, und das Wort „Jude“ oder „jüdisch“ war jedes Mal, wenn es vorkam, rot angestrichen.

    Warum das?

    Die offizielle Sprachregelung war „Jüdischer Mitbürger“ oder „Bürger jüdischen Glaubens“. Ein anderer Einwand gegen den Film war, dass der Film zu starke Sympathien für das Judenkind Dawid wecken könnte – und damit für Israel. Für mich war klar: Das ist nicht mehr Antizionismus, sondern Antisemitismus. Denn Israel gibt es ohne Juden nicht.

    Woher kam das in der DDR? Direkt nach dem UN-Beschluss 1947 gab es ja noch eine positive Haltung zu Israel.

    Ja, und die Gründung Israels wurde ausdrücklich begrüßt, als Heimat für Tausende Menschen, denen der Hitlerfaschismus schwerstes Leid zugefügt hatte. Die neue Haltung kam mit dem Kalten Krieg, als klar war, Israel gehört zum kapitalistischen Lager, und aus der Sowjetunion, wo es starken Antisemitismus gab, kam sie auch. Der Jude als Vertreter des Großkapitals, die jüdische Bourgeoisie. Da vermischte sich vieles auf vielen Ebenen. Kurz vor dem Mauerfall war die DDR dann plötzlich um gute Beziehungen bemüht. Honecker wollte Kredite aus den USA, die jüdische Community dort stellte sich quer, weil es keinerlei Wiedergutmachungsbemühungen vonseiten der DDR gegeben hatte, nie. Die DDR hatte immer nur Palästina unterstützt.
    Israel-Resolution in der Volkskammer: Die PDS hat sich enthalten

    Zurück zur Resolution in der Volkskammer. War es schwer, die neu gewählten Abgeordneten zu überzeugen, Israel um Vergebung zu bitten?

    Ich wollte, dass gleich die erste Sitzung nach der Wahl damit beginnt. Aber das war nicht möglich.

    Warum nicht?

    Da waren viele Formalien zu erledigen. Aber bei der zweiten Sitzung ging es. Zu den Verfassern gehörten auch Vertreter anderer Parteien: Reinhard Höppner und Walter Romberg von der SPD, Lothar Klein von der DSU, Harald Schreiber von der CDU.

    Gab es Widerspruch?

    Die PDS hat sich enthalten, alle anderen waren dafür.

    Warum hat sich die PDS enthalten?

    Das hat mit der Vergangenheit zu tun, denke ich. Schuld zuzugeben, ist nach der marxistischen Denkweise wohl nicht möglich. Eine wichtige Aussage der Volkskammer-Erklärung war, dass künftig verfolgten Juden in der DDR Asyl gewährt werden solle; noch vor der Wiedervereinigung kamen die ersten aus der zerfallenden Sowjetunion.

    Sind Sie, als sie die Erklärung verabschiedet haben, noch davon ausgegangen, dass es die DDR weiter geben wird?

    Als Bürgerbewegung wollten wir die DDR reformieren und waren gegenüber der Wiedervereinigung zurückhaltend. Aber bei den Wahlen zeigte sich, der DDR-Bevölkerung war das zu umständlich, die wollten die schnelle Vereinigung.

    Und so auf die Schnelle konnten keine diplomatischen Beziehungen zwischen der DDR und Israel mehr aufgenommen werden?

    In der Diplomatie mahlen die Mühlen langsam, und es gab ja eine deutsche Vertretung in Israel. Aber eine Reise einer deutsch-deutschen Delegation gab es noch, im Juni 1990, mit den Präsidentinnen der Volkskammer und des Bundestages: Sabine Bergmann-Pohl und Rita Süßmuth.

    Und Sie flogen mit?

    Ja, weil ich mich in der DDR viel mit jüdischen Themen beschäftigt hatte, wahrscheinlich als Einziger in der Volkskammer. Wir flogen mit der Luftwaffe, von Bonn nach Tel Aviv.

    Wie wurden Sie empfangen?

    Sehr herzlich und mit großer Bereitschaft zur Versöhnung, obwohl die DDR Israel jahrzehntelang das Existenzrecht absprechen wollte. Nur beim Empfang in der Knesset gab es einen Eklat.

    Was war passiert?

    Dov Schilansky, der israelische Parlamentspräsident, weigerte sich, uns zu empfangen. Er hatte extra einen Tag Urlaub genommen, um uns nicht begegnen zu müssen.

    Weil Sie Deutsche waren?

    Ja. Schilansky war Überlebender der Shoah, war in mehreren Konzentrationslagern, fast seine ganze Familie war von Deutschen ermordet worden. Er hatte sich geschworen, niemals mehr ein Wort Deutsch zu sprechen oder einem Deutschen die Hand zu geben.
    Knesset-Präsident Schilansky: „Großen Respekt vor friedlicher Revolution“

    Und das hat er durchgehalten.

    Erst ja, die Aufregung war groß, auch in Israel, aber noch am selben Abend hat Schilansky uns drei zu sich nach Hause eingeladen, zum Abendessen.

    Frau Süßmuth, Frau Bergmann-Pohl und Sie?

    Ja, und ein Dolmetscher war dabei. Zum Anfang sprach Schilansky noch Hebräisch. Aber dann wechselte er ins Deutsche, zum ersten Mal seit Ende des Krieges, erzählte uns unter Tränen, was er und seine Familie erlitten hatten. Und die Geschichte seines Schwurs.

    Warum hat er den ausgerechnet für Sie gebrochen?

    Er sagte, er habe großen Respekt vor der friedlichen Revolution der Ostdeutschen. Er sehe, dass es ein Umdenken gebe. Das war unglaublich bewegend. Und ich habe es immer wieder gespürt in Israel, die Offenheit, die uns gegenüber plötzlich da war. Weil wir das System gestürzt hatten, aus eigener Kraft. Schilansky sagte dann noch, er hoffe, dass auch zwischen Israelis und Palästinensern die Mauer fallen könne, so wie in Deutschland.

    Können Sie sich das vorstellen?

    Nein. Das ist hoffnungslos, aber das war es damals eigentlich auch schon. Im Januar 1991 war ich das nächste Mal in Israel, als der Irak Israel angriff, mit Giftgas. Ich wusste, dass die DDR Spezialisten nach Bagdad geschickt und Material zur Verfügung gestellt hatte. Auch die Bundesrepublik war beteiligt, wie wir heute wissen.

    Und deshalb sind Sie nach Israel geflogen? In den Krieg? Als ein weiteres Zeichen der Sühne?

    Ja, weil es mich so empört hat, dass deutsches Giftgas wieder auf Juden abgefeuert wird. Ich flog mit der letzten Maschine vor Ablauf des Ultimatums, übernachtete im Hotel Laromme, ganz allein mit einem amerikanischen, einem deutschen Journalisten und zwei Familien, die dorthin geflohen waren. Wir wohnten alle in der obersten Etage, weil sich Gas vor allem unten ausbreitet, hatten, wie damals alle in Israel, die Gasmaske immer dabei. Ich lernte bei diesem Aufenthalt Dan Tichon, den stellvertretenden Parlamentspräsidenten, kennen und auch den späteren Generalkonsul für die ostdeutschen Bundesländer, Mordechay Lewy.

    Es gab einen Konsul, extra für den Osten?

    Ja, von 1991 bis 1994. Im Krieg in Israel musste er mich betreuen, bis er selbst zur Armee eingezogen wurde und seine Frau meine Betreuung übernahm. Ich habe ihm dafür später in Deutschland geholfen.

    Wie schätzen Sie die Situation jetzt ein?

    Hoffnungslos. Aber sie überrascht mich nicht. Als ich mit meiner Frau Mitte der 1990er-Jahre Urlaub in Israel machte, sind wir durchs ganze Land gefahren, durch die Wüste gewandert und auch durch Hebron gekommen, hatten Kontakt zu jungen Palästinensern. Die waren begeistert, als sie hörten, dass wir Deutsche waren und begrüßten uns mit „Heil Hitler“. An den Wänden hingen Bilder von Hamas-Führern und von Hitler, den Holocaust habe es nie gegeben. Wir haben uns auf keine Diskussion eingelassen, das war uns zu brenzlig.

    Und wie erklären Sie sich die antisemitischen Vorfälle in Berlin?

    Latenten Antisemitismus gab es immer schon, da kommt viel Unverarbeitetes aus den eigenen Familien hoch, schlechtes Gewissen, Minderwertigkeitsgefühle und was weiß ich alles. Wenn bei Vorträgen diese Sprüche kamen, machte ich von dem Recht des Veranstalters Gebrauch und warf die Leute raus. Diskutieren bringt da nichts. Selbst im christlichen Milieu, das ja eher ein Refugium war in der DDR, habe ich das erlebt. Israelische Freunde von uns haben in der Gemeinde meiner Frau mit Jugendlichen gesprochen und sich die typischen Vorurteile anhören müssen. Sie waren völlig erschüttert. Diese Haltungen sind so tief verankert, auch eine friedliche Revolution kann daran nicht so schnell etwas ändern.

    Konrad Weiß

    geboren 1942 in Schlesien, ist gelernter Elektromonteur, machte an der Volkshochschule Abitur, war Seelsorger in Magdeburg, studierte an der Filmhochschule Babelsberg, drehte für die Defa Dokumentarfilme vor allem für Kinder und Jugendliche. Im September 1989 gehörte er zu den Mitbegründern von Demokratie Jetzt, saß am runden Tisch, wurde im März 1990 als Abgeordneter in die erste frei gewählte DDR-Volkskammer gewählt. Zwischen 1990 und 1994 war er Bundestagsabgeordneter für Bündnis 90/Die Grünen. 2001 trat er aus der Partei aus, weil sie in Berlin eine Koalition mit der PDS eingehen wollte. Weiß lebt mit seiner Frau in Berlin-Pankow.

    #Allemagne #Israël #antisemitisme #sionisme