Mit dem Taxi ohne Fahrer durch Paris (neues-deutschland.de)

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    Das französische Unternehmen Navya will Mitte 2018 mit der Serienproduktion eines Roboterautos beginnen

    25.11.2017
    Von Ralf Klingsieck, Paris

    Foto: Navya
    Probefahrt mit einem »Autonom Cab« in Paris

    250 000 Euro soll Europas erstes völlig autonom fahrendes Taxi kosten. Der Hersteller Navya hofft auf Interesse bei französischen Nahverkehrsunternehmen – die könnten sich ja den Fahrerlohn sparen.

    Das erste serienreife autonome Auto Europas ist in Paris vorgestellt worden. Der Ort, die Cité du cinéma in der Vorstadt Saint-Denis, hätte nicht besser gewählt werden können. In der ehemaligen Turbinenhalle eines vor Jahren stillgelegten Kraftwerks, das der Filmregisseur und -produzent Luc Besson zu einem Studio- und Bürohaus für seine Produktionsfirma hat umbauen lassen, stehen als Dekorationselemente einige der gelben FlugTaxis, die in seinem utopischen Film »Das fünfte Element« von 1997 durchs Bild kurvten. Neben denen hat die Start Up-Firma Navya aus Lyon in dieser Woche einige Prototypen ihres »Autonom Cab« vorgestellt.

    Das ohne Fahrer selbstständig fahrende Auto soll anfangs vor allem als Taxi zum Einsatz kommen. Äußerlich wirkt das 4,65 m lange Fahrzeug wie eine gedrungene Großraumlimousine, innen ist Platz für sechs Fahrgäste, die einander auf zwei Bänken gegenüber sitzen. Da das Auto dank seines Navigationssystems selbst den Weg zum gewünschten Ziel findet, braucht niemand durchs Fenster nach vorn zu schauen. Auffallend sind die verschiedenen Antennen, Fühler und Rezeptoren auf dem Dach, die gewissermaßen die Augen und Ohren des Steuerungscomputers sind und für die Orientierung auf der Straße sowie die Einhaltung der Richtung und des Abstands zu anderen Fahrzeugen sorgen. Zusammen mit den Elementen, die im Bug, an den Seiten und am Heck eingebaut sind, verfügt das Auto über sechs Kameras, vier Radars, zehn Laserdetektoren und vier Fühler für räumliche Bewegung. Der Antrieb erfolgt durch vier Elektromotoren – für jedes Rad einer – und ermöglicht eine Geschwindigkeit von bis zu 90 km/h bei zehnstündiger Batterielaufzeit.

    Bei der Entwicklung des »Autonom Cab« konnte man sich auf die Erfahrungen stützen, die bei dem schon vor drei Jahren entwickelten »Autonom Shuttle« gesammelt wurden. Von dem autonom fahrenden Kleinbus für 15 Fahrgäste waren mehrere Exemplare über Monate in verkehrsarmen Zonen in Paris und Lyon, aber auch in Städten Australiens und der USA im Einsatz. »Dabei wurden in 50 jeweils mehrwöchigen Tests insgesamt 160 000 Kilometer zurückgelegt und 200 000 Menschen befördert, und dabei gab es keinen einzi- gen Unfall«, berichtet Firmenchef Christophe Sapet stolz. Dafür sorgt nicht zuletzt die Integration künstlicher Intelligenz in der Software, die das Fahrzeug selbst auf unerwartete Manöver anderer Autos sicher reagieren lässt, deren Fahrer sich nicht an die Verkehrsregeln halten.

    Wann das Roboter-Taxi im Alltag zum Einsatz kommt, ist nach Meinung von Sapet »keine Frage von Jahren, sondern nur noch von Monaten«. Navya bereite sich auf die im ersten Quartal 2018 anlaufenden amtlichen Prüfungs- und Genehmigungsverfahren für die Zulassung im Straßenverkehr vor. Wenn dabei alles reibungslos verläuft und auch die gesetzlichen Regeln rechtzeitig geändert werden, was Verkehrsministerin Elisabeth Borne zugesagt hat, könnten Mitte 2018 die Fertigung in Kleinserie und der Verkauf beginnen. Dabei geht das Unternehmen zunächst von einem Einsatz als Automaten-Taxi aus, das der Kunde per Handy-App ordern kann. Auch die Bezahlung der Fahrt wird elektronisch erfolgen, denn es ist ja niemand zum Kassieren da.

    »Ein Problem gibt es noch«, räumt Navya-Chef Sapet ein: »Das ist der Preis.« Da das Privatunternehmen, zu dessen Investoren der Autozulieferer Valeo, die SNCF-Nahverkehrstochter Keolis und ein Fonds aus Katar ge- hören, kostendeckend kalkulieren muss, werden die ersten Exemplare 250 000 Euro kosten. Man setze auf Sponsoren in der Wirtschaft wie die schon an den Shuttle-Tests beteiligte Keolis und deren Konkurrent Transdev, um beim Durchbruch auf dem Markt zu helfen. Solche Verkehrsunternehmen dürften den Preis nicht einmal extrem hoch finden: Da ja der Fahrerlohn eingespart wird, kann sich die Anschaffung innerhalb der durchschnittlich siebenjährigen Lebensdauer eines Taxis amortisieren. »Je mehr ›Autonom Cab‹ gebaut und verkauft werden, umso schneller sinkt der Preis«, ist Sapet zudem überzeugt.

    #Fankreich #Paris #Taxi #Disruption #paywall