• Streit um Zukunft der S-Bahn spitzt sich zu: SPD und die Linke wollen keine privaten Dienstleister | Berliner Zeitung
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    Klebt das Berliner Landeswappen mit dem Bären in Zukunft auch an S-Bahnen? SPD und Linke setzen sich dafür ein, dass das Land einen eigenen S-Bahn-Fahrzeugpark aufbaut. Sie halten auch viel davon, dass Berlin diese Züge in eigener Regie betreibt. Damit nimmt die Diskussion um die Zukunft der S-Bahn an Heftigkeit zu. Denn eines wollen die Fraktionen auf keinen Fall: dass der Senat ein anderes Konzept verwirklicht, bei dem private Firmen die Hauptrolle spielen. „Wir haben deutlich gemacht, dass nicht alle Wege gangbar sind“, sagte Sven Heinemann (SPD). Hält Verkehrssenatorin Regine Günther daran fest, „steuert sie in einen Konflikt“.

    Wichtige Entscheidungen, wie es mit dem zweitwichtigsten Verkehrsmittel in der Region weitergeht, stehen an. In den kommenden Jahren werden viele neue S-Bahnen benötigt – 1200 Wagen. Sie sollen auf den Nord-Süd- und Ost-West-Linien fahren. Die Frage ist: Wer kauft die 600 Zwei-Wagen-Einheiten, wer hält sie in Schuss, und wer fährt sie? 

    Streit mit Mitarbeitern droht
    Von den Antworten hängt viel ab – für die Fahrgäste, die einen zuverlässigen Verkehr wünschen, für die Länder, die möglichst wenig Steuergelder einsetzen und Konflikte mit den Wählern vermeiden wollen – aber auch für das S-Bahn-Personal. Am Dienstag gab es dazu ein weiteres Gespräch. Die Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) war dabei – und musste sich viel Kritik anhören. Wie berichtet sieht ihr Konzept vor, für die Teilnetze Nord-Süd und Stadtbahn per Ausschreibung Fahrzeugdienstleister zu finden – Privatfirmen, die S-Bahnen warten und fahrfertig bereitstellen. Das könnten Bahnhersteller sein. Mit weiteren Vergabeverfahren sollen Betreiber gesucht werden, die diese Züge fahren.

    Eine Markterkundung, die spätestens im Februar beginnt, soll nun zeigen, ob es Firmen gibt, die interessiert sind. „Der Senat kann sich das Verfahren für sein Konzept sparen“, bekräftigte Sven Heinemann. „Im schlimmsten Falle hätten wir für alle drei Teilnetze acht Beteiligte – drei Dienstleister, drei Betreiber, DB Netz für die Gleise sowie DB Station und Service für die Bahnhöfe.“ So viele Mitspieler zu koordinieren, wäre schon im Normalfall schwierig und bei Störungen kaum möglich.

    Sicher, Regionalverkehr könne mit mehreren Zugbetreibern funktionieren, sagte Harald Wolf von der Linken. „Doch die Berliner S-Bahn ist komplexer.“ Er sieht das Konzept wie Heinemann auch aus einem anderen Grund kritisch: „Weil es die Beschäftigten der S-Bahn Berlin GmbH verunsichert. Das Konfliktpotenzial wäre groß.“ Wenn das Unternehmen der Deutschen Bahn (DB) viele Züge nicht mehr instand hielte, würden Werkstätten überflüssig. Möglich, dass der Senat Ärger bekäme, ergänzte Heinemann: „Ein S-Bahn-Volksbegehren kann nicht in seinem Interesse sein.“

    SPD und die Linke wollen keine privaten Dienstleister. „Uns geht es um kommunale Kontrolle – nicht um private Abhängigkeit“, hieß es. Ein Fahrzeugpool des Landes: Das ist das Modell, das Heinemann und Wolf bevorzugen. Berlin soll ein Unternehmen gründen, dass die neuen S-Bahnen kauft und fahrfertig bereitstellt. Nach Schätzungen zufolge würden die Züge 2,4 Milliarden Euro kosten – eine Investition, die dann über mehrere Jahre verteilt würde.

    SPD bereitet Resolution vor
    Der gute Zustand der Landesfinanzen ließe ein solches Projekt zu, so Wolf: „Berlin könnte jetzt damit beginnen, das Geld anzusparen. Ein Kredit wäre nicht erforderlich, die Schuldenbremse nicht betroffen.“ Zinsen fielen nicht an, wenn das Land bar bezahlt: „Dies wäre eine preiswerte Lösung“, so Heinemann.

    SPD und Linke halten es für möglich, dass das Land auch den Betrieb übernimmt. „Es hat schon ein Eisenbahnverkehrsunternehmen, die Behala – oder es gründet ein neues“, so Heinemann. Denkbar wäre auch, dass das Land bei den Werkstätten oder beim Fahrbetrieb mit dem DB-Unternehmen S-Bahn Berlin GmbH zusammenarbeitet. „Anfangs könnte das Land Minderheitsgesellschafter sein, seine Anteile aber später erhöhen“, so Wolf. Er forderte, dass der Senat in seine Markterkundung weitere Varianten aufnimmt.

    Heinemann kündigte an, dass die SPD bei der Klausur am Wochenende über die Zukunft der S-Bahn beraten wird. „Vorgesehen ist, eine Resolution zu verabschieden.“ Bliebe der Senat bei seinem Plan, drohe Streit: „Dann werden wir öffentlich klarstellen, was wir wollen.“

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