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  • „Ich halte diese Bahn für nicht mehr reparabel.“
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=110219

    Les système des chemins de fer allemand est kaputt au point où personne ne peut le réparer. Les raisons principales de la catastrophe sont la privatisation et la gestion par des managers incapables.

    Les conséquence de cette situation sont l’impossibilité de remplacer le transport en camion par le train et la nécessité de prendre la voiture pour se déplacer.

    29.1.2024 von Ralf Wurzbacher - Mit einem fast sechs Tage dauernden Arbeitskampf haben die Lokführer den Zugverkehr in Deutschland weitestgehend lahmgelegt. Politik und Medien sehen in der Gewerkschaft GDL den Hauptschuldigen in der Auseinandersetzung, beklagen Maßlosigkeit und mangelnde Rücksichtnahme auf die Kunden. „Vollstes Verständnis“ für die Streikenden hat dagegen Arno Luik. Im Interview mit den NachDenkDeiten lässt der Journalist und Bestsellerautor kein gutes Haar am Staatskonzern mit einer Führungsriege aus „Azubis“, die sich „durchgeknallte“ Boni dafür genehmigten, einen einst „perfekt funktionierenden“ Betrieb vor die Wand gefahren zu haben. Sein Verdikt: „Diese Bahn ist eine Zumutung.“ Mit ihm sprach Ralf Wurzbacher.

    Ralf Wurzbacher: Seit Dienstag vorangegangener Woche wurde die Deutsche Bahn (DB) in einem Arbeitskampf historischer Dimension bestreikt und alle motzten – bevorzugt gegen die „starrköpfigen“ Lokführer. Gegen wen motzen Sie?

    Arno Luik: Ich motze nicht, ich staune. Ich staune über das, was in diesem Land alles möglich ist in Sachen Bahn. Da klebt diese Bahn als Zeichen ihrer angeblichen Umweltliebe grüne Streifen auf ihre ICE-Züge und verkündet: „Wir sind eine Öko-Bahn. Wir tun was fürs Klima.“ Doch gleichzeitig beteiligt sich dieser Staatskonzern über eine Bahn-Tochter in Mexiko an dem so gigantischen wie verwerflichen Bahnprojekt „Tren Maya“, ein Touristenzug, der auf über 1.500 Kilometern Länge durch malerische Landschaften führt – auch quer durch Regenwälder. Massenweise müssen für diesen Zug, von dem die Einheimischen nichts haben, diese für das Ökosystem so wichtigen Regenwälder abgeholzt werden. Dort lebende Nachfahren der Maya kämpfen gegen diesen Bau, indigene Völker fürchten, dass der Zug das sensible Ökosystem gefährdet, ihre Lebensgrundlagen zerstört und sie dazu zwingt, ihre Heimat zu verlassen. Geht’s noch?

    Diese Bahn, die hierzulande nicht in der Lage ist, ihre Strecken zeitgemäß zu elektrifizieren, vermeldet voller Stolz, dass sie „das größte Bahnprojekt in der Geschichte Ägyptens und mit 2.000 Streckenkilometern sechstgrößte Hochgeschwindigkeitsnetz der Welt übernehmen“ wird. Was soll dieser Auslandseinsatz? Angesichts des erbärmlichen Zustands der Bahn hierzulande? Hier sind gerade mal 61 Prozent der Strecken elektrifiziert – eine Schande für dieses Industrieland. Diese Bahn ist eine Zumutung. Und ich staune, mit welch buddhistischer Geduld die Bürger das alles hinnehmen: diese Verspätungen, diese Zugausfälle, diese strukturelle Unzuverlässigkeit, den offensichtlichen Zerfall eines so wichtigen Verkehrsmittels, diese Unfreundlichkeit gegenüber den Kunden. Und so unfreundlich benimmt sich die Bahnspitze auch nach innen, man sieht es nun beim aktuellen Lokführerstreik. Ziemlich ungehobelt agiert da die Staatsbahn.

    Ungehobelt?

    Es ist ein Unding, einen Tarifvertrag mit einer Laufzeit von 32 Monaten durchsetzen zu wollen. Die Bahn ist zu 100 Prozent im Staatsbesitz. Ich finde, ein Staatsbetrieb sollte ein Vorbild sein, was sein Verhalten gegenüber seinen Mitarbeitern betrifft. Doch das Bahn-Management agiert frech: Die Zeiten sind überaus unsicher, ökonomische Verwerfungen jederzeit möglich, ein Anhalten der Rekordinflation nicht unwahrscheinlich. Und in einer solchen Situation den Beschäftigten einen Tarifvertrag über zweieinhalb Jahre anzubieten – das ist eine Provokation.

    Lange Laufzeiten liegen im Trend …

    Das mag sein. Aber ist dieser Trend gut für die abhängig Beschäftigten? Nochmals: Die Bahn ist ein hundertprozentiges Staatsunternehmen, daraus erwächst eine besondere Verantwortung. Nun möchte die GDL den Einstieg in die 35-Stunden-Woche. Die gibt es bei der IG-Metall schon seit drei Jahrzehnten, für viele Betriebe ist dieses Modell längst das Normalste der Welt. Und genauso müsste es für einen Staatskonzern sein, der von uns Bürgern jedes Jahr viele Milliarden Euro an Steuergeldern bekommt. Wer zufrieden ist, streikt nicht. Streik ist Notwehr.

    Dabei geht es bei dem Konflikt gar nicht um eine flächendeckende, sondern um eine Arbeitszeitverkürzung für Schichtarbeiter. Trotzdem wollte die Bahn-Führung – bis zur am Wochenende signalisierten Verhandlungsbereitschaft – über zwei Monate lang gar nicht über die GDL-Forderung reden.

    So haben damals auch die Metallarbeitgeber geblockt, um dann nach sieben Wochen Streik einzulenken. Diese Bahn könnte natürlich die GDL-Forderung erfüllen. Wenn man ins Ausland schaut, nach Österreich, Luxemburg, in die Schweiz, zeigt sich, dass das Verhältnis zwischen der jeweiligen Bahnführung und den Angestellten gut funktioniert. Die dortigen Bahnmitarbeiter werden auch besser entlohnt, sie haben ordentliche Arbeitszeiten, nach Schichtdiensten geregelte Ruhezeiten. Warum geht das nicht in Deutschland?

    Ja, warum eigentlich nicht?

    Ich kenne Lokomotivführer, die im Jahr 400 bis 600 Überstunden anhäufen. Unfassbar. Ein normales Familienleben ist da kaum mehr möglich. Der Krankenstand bei der Bahn ist sehr hoch, der Schichtdienst sehr anstrengend. Mein vollstes Verständnis dafür, dass die Lokführer um bessere Bedingungen kämpfen. Es gibt ja auch noch einen Grund, weshalb die Streikbereitschaft so groß ist. Das speist sich aus einem tief sitzenden Gefühl der Ungerechtigkeit. Die Bahn-Mitarbeiter sehen die absurd hohen Gehälter ihrer Vorstände, die völlig durchgeknallten und nicht zu rechtfertigenden Boni – allein neun Millionen Euro für die neun DB-Vorstandsmitglieder. Boni für was? Und warum?

    Diese Bahn-Chefs haben aus einer mal hervorragend funktionierenden Bahn ein marodes Unternehmen geschaffen. Ein Unternehmen, das – kein Witz, die Wahrheit – die Finanzen des Staatshaushalts gefährdet. Diese Bahn ist mit 35 Milliarden Euro in den Miesen! Faktisch pleite. Und in einer solchen Situation Bahnchef Richard Lutz zu seinem überaus üppigen Grundgehalt, dreimal so hoch wie das des Bundeskanzlers, einen Bonus von zwei Millionen Euro zu spendieren – das lässt sich niemandem vermitteln.

    Dieses Absahnen schafft Staatsverdrossenheit, eine gefährliche Stimmung gegen „die da oben“. Es schafft Frust und Empörung bei den Bahn-Mitarbeitern, die diesen zerfallenden Laden am Laufen halten. Gestresste Mitarbeiter, die wegen Verspätungen, Zugausfällen die Aggressionen der Kunden ertragen müssen – und das zu Löhnen, für die ihre Chefs sich nicht aus ihren Sesseln erheben würden.

    Dabei geht es auch anders. Die Bahntarifrunde betrifft neben der DB rund 60 weitere öffentliche und private Eisenbahnunternehmen und in knapp 20 Fällen wurde bereits ein Abschluss erzielt.

    Und jedes Mal hat die Gegenseite einem schrittweisen Einstieg in die 35-Stunden-Woche zugestimmt. GDL-Chef Claus Weselsky wird ja jetzt häufig als der böse Bube dargestellt. Er ist aber – zumal CDU-Mitglied – kein Klassenkämpfer. Das sieht man auch daran, dass er diese Verträge mit vielen privaten Bahnunternehmern ratzfatz abgeschlossen hat. Da gab es faire Angebote, ordentliche Lohnerhöhungen und Erholungszeiten wurden vereinbart. Aber die Deutsche Bahn sperrt sich gegenüber diesen Selbstverständlichkeiten. Warum? Will sie einer etwas aufmüpfigen Gewerkschaft eine Lektion zu erteilen? Will die Bahn-Spitze bloß noch mit der kuschelzahmen Gewerkschaft EVG verhandeln?

    Allmählich schleift sich so ein Tenor in die Debatte ein: Streikrecht und Tarifautonomie sind ja schön und gut. Aber irgendwo muss auch mal Schluss sein. Wie klingt das in Ihren Ohren?

    Das ist bei jedem größeren Streik so. Friedrich Merz, Chef der BlackRock-CDU, spricht von einem „Streik-Exzess“ und will Gesetzesänderungen. Seine MdB-Kollegin Gitta Connemann fordert Verschärfungen, um solche Tarifkämpfe prinzipiell zu verhindern – alles Anschläge auf das Streikrecht, die Tarifautonomie. Ich habe die Sorge, dass gerade in den Zeiten der sogenannten „Zeitenwende“ bis vor Kurzem Undenkbares nun möglich wird: eben die Einschränkung des Streikrechts. Wobei, das muss gesagt werden, das deutsche Streikrecht ohnehin ein ziemlich schwächliches ist im internationalen Vergleich.

    Sie sagen es: Politische Streiks, das vielleicht schärfste Schwert gegen die Obrigkeit, sind verboten. Anderswo, etwa in Frankreich, gibt es Generalstreiks in Serie, auch und gerade seit der „Zeitenwende“.

    Ich will jetzt nicht zu düster werden und vielleicht gehe ich etwas zu weit, aber ich setze meine Gedanken mal in einen größeren Kontext: Bisher lautete die Prämisse unseres Staates nach der Erfahrung zweier Weltkriege: „Nie wieder Krieg!“ Dieses Glaubensbekenntnis ist entsorgt. Plötzlich spricht der deutsche Verteidigungsminister davon, kriegstüchtig zu werden. Plötzlich sagt der EU-Industriekommissar Thierry Breton, ein wichtiger Stratege: „Wir müssen in den Modus der Kriegswirtschaft wechseln.“ Kriegsertüchtigung. Kriegswirtschaft. Gedanken und Sätze, die es vor Kurzem nicht gab. Man müsse sich gegen einen Angriff Russlands gegen die EU wappnen, heißt es. Wer solche Gedankenspiele anstellt, der denkt sicherlich auch darüber nach, ob Streiks bei der kritischen Infrastruktur noch sein dürfen.

    Weil das die Kriegsertüchtigung hemmen könnte?

    Ja. Vielleicht werden die Bahn-Mitarbeiter plötzlich wieder zu Beamten, die dürfen ja nicht streiken. Bei dem Tempo, wie diese sogenannte Zeitenwende ehedem eherne Grundsätze über den Haufen wirft, kann einem schummerig werden.

    Zurück zum Bahntarifkonflikt …

    Es heißt ja, der Streik dauert zu lang und richtet großen volkswirtschaftlichen Schaden an. Da muss ich ein wenig lachen. Wenn es heute mal, was im Winter passieren kann, ein wenig schneit, dann stellt die Bahn häufig den Verkehr ein, hängt ganze Bundesländer vom Verkehr ab. Neulich gab es Schnee in Bayern, in München, fast ganz Bayern fuhren zwei Tage lang keine Züge mehr – ein teurer Witz für die Volkswirtschaft.

    In der Schweiz, in Österreich, in Norwegen, Finnland und Schweden schneit es viel mehr und da brausen die Züge ohne Probleme durch den Schnee. So war das auch mal in Deutschland. „Alle reden vom Wetter. Wir nicht“, hieß es bei der Bahn. Aber inzwischen ist die Bahn so runtergekommen, so runtergerockt, dass sie nicht in der Lage ist, ein bisschen Schnee wegzuräumen. Früher wurde geschippt, wurden die Weichen freigeschaufelt. Die Züge fuhren. Auf jedem Bahnhof, und es gab sehr viele, war man auf den Winter vorbereitet. Bahn-interner Spott heute: „Die einzigen Schneebesen, die es bei der Bahn noch gibt, sind die Schneebesen in den ICE-Bistros.“

    Die Bistros sind auch nicht selten „out of order“, wie die Toiletten, die Anschlussanzeigen und und und …

    Noch ein Wort zu diesem ideologischen Kampfsatz: „Die GDL verursacht volkswirtschaftlichen Schaden in Milliardenhöhe.“ Was macht die Bahn-Spitze? Sie sperrt monatelang die wichtigsten Bahnstrecken im Land. Vollsperrung. Etwa die Hauptverkehrsachse in Europa zwischen Frankfurt und Mannheim, fünf Monate lang, um die nicht instandgehaltene Strecke zu sanieren. Die Strecke zwischen Berlin und Hamburg wird ebenfalls monatelang gesperrt. Überdies fallen bei der Bahn jährlich Zehntausende von Zügen komplett aus, 2018 waren es 140.000 – ein immenser ökonomischer Schaden. Bahnalltag in Deutschland. Dagegen ist ein Sechs-Tage-Streik fast ein Witz.

    Das Sperren von Strecken – ist das in anderen Ländern nicht undenkbar?

    Was die Deutsche Bahn da anstellt, ist weltweit einmalig. Seit Züge fahren, repariert man „unterm laufenden Rad“. Der Kunde merkt meist nichts davon. Aber heute agiert die Bahn völlig unfähig und rücksichtslos. Was die Bahn mit ihrer sogenannten Generalsanierung treibt, ist der größte anzunehmende Unfug, schlimmer noch: Dieser GAU ist ein Umerziehungsprogramm. Er macht frustrierte Bahnkunden zu Autofahrern.

    Warum eigentlich freut sich die Bahn-Führung nicht über den GDL-Streik? Schließlich kann sie den üblichen Stillstand eine ganze Woche lang anderen in die Schuhe schieben …

    Der Notfahrplan, der für die Streiktage gilt, funktioniert wahrscheinlich besser als der Regelfahrplan. Warum? Jetzt ist das kaputtgesparte Bahnnetz mal für ein paar Tage nicht überlastet. Man muss sich vorstellen: 1994 betrug die Netzlänge über 40.000 Kilometer, heute sind es noch 33.000 Kilometer – ein Rückbau von rund 20 Prozent. Wären die Autobahnen um 20 Prozent zurückgebaut worden, es würde das totale Chaos herrschen. Und dieses Chaos haben wir nun bei der Bahn.

    Im Titel Ihres Bestsellers „Schaden in der Oberleitung“ schreiben Sie vom „geplanten Desaster der Deutschen Bahn“. Das klingt nach Verschwörungstheorie. Wer sind die Planer und wozu der Plan?

    Wir leben in einem absolut verrückten Autoland. In Österreich, der Schweiz, Italien funktionieren die Bahnen. Warum nicht in Deutschland? Ist eine schlechte Bahn ein Zufall, ein Betriebsunfall? Ich glaube nicht. Seit den frühen 1990er-Jahren kamen an die DB-Spitze Manager, die bei Amtsantritt keine Ahnung vom hochkomplexen System Bahn hatten: Heinz Dürr – Autoindustrie; Hartmut Mehdorn – Auto- und Luftfahrtindustrie; Rüdiger Grube – Autoindustrie. Das waren Bahn-Azubis, alles überbezahlte Azubis.

    Sie haben Volksvermögen verschleudert, sie haben das fast Nichtmachbare geschafft: Aus einer perfekt funktionierenden Bahn einen maroden Laden zu schaffen, der Milliarden verschlingt, aber seinen Kunden immer weniger bietet. Die Deutsche Bahn war mal ein weltweites Vorbild in Sachen Zugfahren, selbst die Schweizer staunten, was für eine tolle Bahn die Deutschen hatten. Zu Recht hieß es: „Pünktlich wie die Eisenbahn.“ Heute heißt es: „Schaden in der Oberleitung“, „Störung im Betriebsablauf“ – Worte, die früher kein Bundesbürger kannte.

    Und jetzt haben die Eidgenossen Züge aus Deutschland quasi ausgesperrt, weil sie die eng getakteten Fahrpläne durcheinanderbringen …

    Die Schweizer haben keine Lust, sich ihre perfekten Fahrpläne durch die notorisch unfähige Deutsche Bahn kaputtmachen zu lassen. Es ist wirklich tragisch: Die Bahn wurde in rund 30 Jahren, seit der Bahn-Reform, als das Unternehmen sexy für die Börse gemacht werden sollte und zur Aktiengesellschaft wurde, nachhaltig ruiniert. Ich halte diese Bahn für nicht mehr reparabel. Es ist sehr einfach, etwas zu zerstören, aber viel schwerer ist es, das Zerstörte zu reparieren.

    Es fehlt heute an allem: an Gleisen, an Land für Gleise, an Loks, an Personal, aber vor allem fehlt es an Know-how. Beispielhaft dafür der Vorstand der Deutschen Bahn. Keiner der Damen und Herren dort hat das Bahnhandwerk von der Pike auf gelernt. Es heißt ja nun oft: Lutz sei ein Bahner, er sei lange bei der Bahn. Das stimmt. Aber er war Finanzkontrolleur. Und er hat all die zerstörerischen Sparprogramme seiner Chefs mitgetragen und exekutiert.

    Aber wird jetzt nicht endlich alles besser? Seit Jahresanfang wirkt unter dem DB-Dach die neue Netzgesellschaft InfraGO, die per Kraftakt und mit viel öffentlichem Geld unter dem Label Gemeinwohlorientierung das marode Schienennetz in Schuss bringen will. Wie weit reicht Ihre Zuversicht, dass das hinhaut?

    Augenwischerei. Es geht weiter wie bisher. „Gemeinwohlorientiert“ besagt gar nichts, der juristisch belastbare Begriff wäre „gemeinnützig“. Ich fürchte, diese InfraGO wird ein Einstieg in die Zerschlagung und Privatisierung der Bahn sein. Vor einiger Zeit, nach dem gescheiterten Börsengang, sagte Bahn-Chef Lutz, der Börsengang sei nur verschoben, nicht aufgehoben. Das lässt nichts Gutes ahnen.

    Nun wurden der Bahn von der Politik ja viele Milliarden Euro versprochen. Nur: Es gibt eine unsägliche Geschichte der Versprechungen in Sachen Bahn. Aber nichts davon wurde je eingelöst, im Gegenteil. Und noch etwas: Im Koalitionsvertrag umfasst das Thema Bahn gerade mal eine Seite – angefüllt mit den üblichen Versprechungen, den lästigen Plattitüden. So richtig wichtig scheint den Regierenden die Bahn, diese angeblich so wichtige Waffe für die ökologische Verkehrswende, nicht zu sein.

    Das neueste Versprechen, auf kurze Sicht 43 Milliarden Euro zu investieren, ist auch schon wieder hin, weil in Teilen vom Haushaltsloch der Ampel geschluckt. Ihr Urteil?

    Selbst wenn es das Geld gäbe, würde es doch nur in wahnwitzigen Betonprojekten wie Stuttgart 21, Untertunnelung von Frankfurt oder ICE-Rennstrecken verbaut. Alles, was über 230 Kilometer schnell fährt, ist unökologisch. Viele der Neubaustrecken führen durch unglaublich lange Tunnel mit einer desaströsen Ökobilanz. Ein gebauter Tunnelkilometer setzt so viel CO2 frei wie 26.000 Pkw mit einer Jahresleistung von 13.000 Kilometern.

    Gibt es überhaupt etwas, was Ihnen in puncto Bahn noch Hoffnung macht?

    Wenig. Besserung wäre nur möglich, würde man die komplette DB-Führung entlassen und durch Bahnfachleute ersetzen, die das Handwerk gelernt haben und es beherrschen. Wird Bahn-Chef Lutz entlassen? Man kann nicht davon ausgehen, dass jene, die das Desaster angerichtet haben, die Retter sein können. Man macht ja einen Brandstifter nicht zum Feuerwehrkommandanten. Nochmals: Von den neun Bahn-Vorständen ist kein Einziger ein gelernter Eisenbahner. Wenn der FC Bayern München einen Mittelstürmer sucht, würde er einen Basketballspieler holen? Ich glaube nicht. Aber so agiert die Politik bei der Bahn – seit viel zu vielen Jahren.

    Zur Person: Der Journalist und Autor Arno Luik, Jahrgang 1955, gilt als einer der profiliertesten Kritiker der Deutschen Bahn (DB) und der bahnpolitisch Verantwortlichen. Sein 2019 erschienenes und 2021 aktualisiertes Buch „Schaden in der Oberleitung. Das geplante Desaster der Deutschen Bahn“ stand wochenlang auf den Bestsellerlisten. Für seine Enthüllungen zum Bahnprojekt Stuttgart 21 hatte er 2010 den „Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen“ des Netzwerks Recherche erhalten. Geschätzt ist Luik für seine geistreichen Interviews mit Prominenten aus Politik und Gesellschaft. Eine Sammlung der besten Gespräche mit dem Titel „Als die Mauer fiel, war ich in der Sauna.“ war 2022 im Westend Verlag erschienen.

    #Allemagne #trains #chemins_de_fer #privatisation #infrastructure

  • Abschieberitis gegen Rechts?
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=109841

    KannmichmalKanzler OlliScholz „will endlich im großen Stil abschieben“ .
    Er fordert auch, „die Anreize dafür zu senken, sich hier irregulär bei uns aufzuhalten“.

    Moin,
    es wäre nur noch traurig, wenn es nicht so komisch wäre.

    Der Anreiz dafür, mich hier irregulär aufzuhalten, ging irgendwann im Jahr 1959 von meinen Eltern aus. Daran, wann das genau war, erinnere ich mich nicht mehr. Ich war noch zu klein. Höchstwahrwscheinlich war es die animalische Seite meiner halbpolnischen Mutter, die den Ausschlag gab.

    Man kennt das, wenn einen, obschon im Sinne der Scholzschen Genealogiegesetze Viertelbrandenburger, der Wunsch nach Irregulärem packt. Jetzt soll ich also meinem irregulären polnischen Ich sagen „schieb ab, hier will dich keiner mehr“. Alles schwer zu verstehen. Ich glaube, ich muss mal die Ampel um Rat fragen.

    #Allemagne #politique #wtf

  • Der Tod eines US-amerikanischen Bloggers im ukrainischen Gefängnis und die Doppelmoral
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=109594

    En temps de guerre tous les états ressemblent aux régimes fascistes. L’Ukraine ne fait pas exception de cette règle. Un blogeur états-unien en est mort. Dans nos pays si démocratiques une situation comparable est en train de se préparer. Il nous reste encore un peu de temps pour défendre nos libertés. Comment faire ? C’est simple : il ne faut jamais se taire.

    17.1.2024 von Gábor Stier - Der US-amerikanische Journalist Gonzalo Lira ist in einem ukrainischen Gefängnis gestorben. Sein „Verbrechen“ bestand darin, dass er mit der Politik der Ukraine und der Vereinigten Staaten nicht einverstanden war. Washington hat keinen Finger gerührt, um ihn zu befreien, obwohl es hätte es tun können. Der Fall lässt daran zweifeln, wie aufrichtig die Empörung und die Besorgnis des Weißen Hauses über die russischen Gesetze ist, die diejenigen betreffen, die sich gegen den Krieg und die Verhaftung von US-Journalisten in Russland aussprechen. Von Gábor Stier, Übersetzung von Éva Péli.

    „In fast keinem Punkt stimmte ich mit ihm überein, aber er hätte nicht in einem ukrainischen Gefängnis sterben sollen!“, schrieb Kit Klarenberg von The Grayzone, als er die Nachricht von Gonzalo Liras Tod auf X verkündete. Über den Tod des 55-jährigen chilenisch-US-amerikanischen Bloggers und Journalisten mit doppelter Staatsbürgerschaft war auch Tucker Carlson schockiert, der ebenfalls als einer der Ersten darüber berichtete und das Weiße Haus der Komplizenschaft bei der Inhaftierung und Folterung von Lira beschuldigte. Der bekannte US-amerikanische Fernsehjournalist sprach mit dem Vater von Gonzalo Lira, der sich über die Geschehnisse empörte: „Ich kann nicht akzeptieren, wie mein Sohn gestorben ist. Er wurde gefoltert, erpresst, monatelang festgehalten und die US-Botschaft hat nichts für ihn getan. Diktator Selenskyj ist für diese Tragödie verantwortlich, mit dem Einverständnis des senilen US-Präsidenten Joe Biden.“

    Das US-Außenministerium bestätigte den Tod von Gonzalo Lira, weitere Auskünfte wurden unter Berufung auf die Interessen der Familie des Verstorbenen verweigert. Auch Elon Musk, der noch Ende des Jahres die Freilassung von Gonzalo Lira forderte, schrieb dazu auf X:

    „Das ist absolut gegen das Gesetz“, und kommentierte damit einen Artikel des US-Unternehmers David Sacks. Sacks wies darauf hin, dass die Biden-Regierung Lira mit einem Telefonanruf hätte zurückholen können, aber sie blieb untätig. Die ukrainische Regierung wusste also, dass sie ungestraft handeln konnte. Auch der Sohn von Donald Trump kommentierte die Todesnachricht des Journalisten und merkte sarkastisch an, man warte vergeblich darauf, dass sich die US-amerikanischen Medien empören.

    Wenn die Empörung ausbleibt

    Im Gegensatz zu früheren ähnlichen Fällen in Russland sind dieses Mal weder die westlichen Mainstream-Medien noch die westlichen Politiker wirklich empört. Natürlich wurde der Fall inmitten des Informationskriegs sofort von der russischen Presse und Politik aufgegriffen. Der Tod des Journalisten wurde vom russischen UN-Diplomaten Dmitri Poljanskij als ein schreckliches Verbrechen bezeichnet.

    Gonzalo Angel Quintilio Lira Lopez wurde in den Vereinigten Staaten geboren und besitzt auch die chilenische Staatsbürgerschaft. In Videos, die er in den sozialen Medien veröffentlichte, kritisierte er die NATO, die Regierung von US-Präsident Joe Biden und Wolodymyr Selenskyj. Außerdem bezeichnete er den Krieg als einen Krieg zwischen den USA und Russland. Der 55-jährige Lira lebte früher in Charkow und bloggte unter dem Namen „CoachRedPill“. Nach der Eskalation des Konflikts mit Russland im Februar 2022 wechselte er zu YouTube-Videos. Sein Kanal hatte mehr als 140.000 Follower. Im Mai 2023 wurde er von dem ukrainischen Sicherheitsdienst (SBU) verhaftet und beschuldigt, die ukrainische Führung und Armee diskreditiert zu haben.

    Der Blogger tauchte Ende Juli mit einer Reihe von Beiträgen auf X wieder auf. Darin enthüllte er seine Folter im Gefängnis und schilderte, wie der SBU versuchte, ihn mit Geld zu erpressen. Er postete auch über seinen Versuch, nach Ungarn zu fliehen und dort Asyl zu beantragen. Nach Angaben des SBU versuchte daraufhin Lira, der zu diesem Zeitpunkt gegen Kaution unter Hausarrest stand, die Grenze auf seinem Motorrad zu überqueren, wurde erneut festgenommen und in das Gefängnis von Charkiw gebracht. Danach verschwand er aus den sozialen Medien und kürzlich erhielt die Familie eine Nachricht über seine ernsthaften gesundheitlichen Probleme. Er hatte im Oktober eine Lungenentzündung und seine Lunge kollabierte. Der Nachricht zufolge ignorierten die Gefängnisbehörden dies und erkannten das Problem erst am 22. Dezember an, als er operiert werden sollte, aber er starb im Krankenhaus in Charkiw.

    Wenn der Hilferuf ignoriert wird

    Während der mehr als achtmonatigen Haft verweigerten die ukrainischen Behörden dem Journalisten nicht nur lange Zeit die medizinische Versorgung, sondern folterten ihn, verlangten von ihm 70.000 US-Dollar und verweigerten ihm den Kontakt zu seinen Anwälten. Seine Familie wandte sich daher an das US-Außenministerium, um Hilfe zu erhalten – ohne Erfolg. Ende des Jahres forderte Elon Musk von den ukrainischen Behörden eine Erklärung für die Inhaftierung von Lira, woraufhin der SBU erklärte, der Blogger habe regelmäßig die russische Aggression gerechtfertigt, in den sozialen Medien prorussische Thesen verbreitet und damit gegen ukrainisches Recht verstoßen. Auch der russische Journalistenverband sprach sich für Lira aus und machte Journalisten in aller Welt darauf aufmerksam, was mit ihrem Kollegen geschehen war.

    Zunächst einmal wirft der Tod von Gonzalo Lira die Frage auf, wie man mit Meinungsfreiheit und Menschenrechten in Kriegszeiten umgehen soll. Wie wir sehen: selektiv. Und das nicht nur in Kriegszeiten. Wenn es um Russland geht, um die Verhaftung derjenigen, die den Krieg verurteilen, die russische Armee kritisieren oder sie diffamieren, dann sind die westlichen Mainstream-Medien schnell empört und diskutieren ausführlich über das Wesen des russischen „Regimes“ und die Haftbedingungen. Doch wenn die Ukraine dasselbe tut, dann folgt ein tiefes Schweigen. Dann wird über den Fall berichtet, aber die Empörung bleibt aus – Respekt für die Ausnahmen. Stattdessen wird darüber sinniert, dass in Kriegszeiten die Rechte eingeschränkt und der Meinungskorridor schmaler werden.

    Aber der Tod des US-amerikanischen Bloggers wirft auch die Frage nach der Doppelmoral in einem anderen Sinne auf. Vergessen wir nicht, dass es sich um einen US-amerikanischen Staatsbürger handelt, von dessen Geschichte die zuständigen US-Behörden wussten, die jedoch keinen Finger rührten. Das liegt daran, dass Lira die Regierung kritisierte, er war mit diesem Krieg nicht einverstanden. Er stellte sich gegen den Mainstream, deshalb war sein Tod nicht von Bedeutung. Er verdiente keinen Schutz, und jetzt gibt es keine Empörung. Anders als im Fall von Evan Gershkovich – ein Journalist des Wall Street Journal, der wegen Spionageverdachts in russischer Haft sitzt und für dessen Freilassung die US-Diplomatie Himmel und Hölle in Bewegung setzt.

    Wenn jemand aus der Reihe tanzt

    Dies zeigt: Die allgemein akzeptierte These, wonach, wenn ein US-amerikanischer Bürger irgendwo in der Welt Unrecht erleidet, kommt die US-amerikanische Kriegsflotte zu Hilfe, weil die Vereinigten Staaten ihre Bürger und natürlich auch ihre Verbündeten schützen, differenzierter betrachtet werden muss. Gibt es womöglich US-Bürger erster und zweiter Klasse? Durchaus! Wie wir sehen, schützt der US-Pass nicht jede und jeden. Nur diejenigen, die „richtig“ denken. Doch angesichts der Geschehnisse stellt sich die Frage: Können die Vereinigten Staaten das Vertrauen ihrer Verbündeten genießen, wenn die USA selbst mit ihren eigenen Bürgern so selektiv umgeht? Von wegen! Jeder sollte sich darüber im Klaren sein, dass jeder, der ausschert, keinen Anspruch auf Schutz hat! Nicht im Geringsten!

    Wie wir in diesem Fall sehen können, sind diejenigen, die aus der Reihe tanzen, die sich gegen den Mainstream stellen, gefährliche Elemente, die auf die eine oder andere Weise beiseitegeschoben werden müssen, um den Fortschritt nicht zu verhindern.

    Gonzalo Lira wurde ins Abseits gedrängt, indem dem Kiewer Regime das Mandat erteilt wurde, mit ihm zu machen, was es für richtig hält. In Washington war es sehr wohl bekannt, dass den Blogger in der Ukraine nicht viel Gutes erwartet. Natürlich musste Lira das selbst gewusst haben, denn er kannte das Land gut. Aber das entbindet die Ukraine nicht von der Verantwortung, einen Mann wegen seiner Ansichten sterben zu lassen. Es hat sie auch nicht gestört, dass er ein ausländischer Staatsbürger war. Stellen Sie sich das Schicksal vor, das Ukrainerinnen oder Ukrainer erwartet, die ihre Meinung äußern, wenn ein Mensch aus den USA so behandelt wird. Der übrigens keine Bedrohung für die nationalen Sicherheitsinteressen der Ukraine darstellte, lediglich die Situation anders sah. Und lassen wir lieber außen vor, was für ein Bollwerk der Demokratie die Ukraine ist und wie viel demokratischer das ukrainische System ist als das russische. Nun, der Tod von Gonzalo Lira zeugt nicht davon, dass das System demokratischer sei.

    Aber wir dürfen nicht vergessen, dass Kiew all dies mit dem Wissen und sogar der Unterstützung der westlichen Welt tut. Denn der Antirussismus überlagert und verblendet alles. Wir leben in einer Welt, in der zwar von demokratischen Werten die Rede ist, in der aber scheinheilig mit zweierlei Maß gemessen wird.

    Der Artikel ist ursprünglich auf dem ungarischen Portal Moszkvater erschienen.

    #USA #Ukraine #guerre #torture

  • Wagenknecht-Partei kann die politische Heimatlosigkeit lindern
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=109315

    Ce texte explique comment le nouveau parti Bündnis Sarah Wagenknecht (nom provisoire, acrronyme BSW) contribuera à resoudre un problème essentiel qui ne touche pas que l’Allemagne mais trouve son expression la plus pertinente dans l’expression intraduisible « heimatlos ».

    La majorité du peuple allemand n"a plus de « Heimat » comme le prolétaire historique, l"ouvrier dans les grandes usines, n’a plus de travail et plus de chez soi politique. Pour lui tout ce qui constituait sa « Heimat » était le résultat de son appartenance à cette classe qui travaillait ensemble, luttait ensemble, partait ensemble en vacances et célébrait ensemble les fêtes de mariage, les anniversaires des enfants et y trouvait les repères et la solidarité dont on a besoin dans la vie. Les partis ouvriers, le SPD, avant 1933 le KPD et en DDR le parti SED en étaient l’expresdion politique. On allait voir son député social-démocrate ou communiste pour resoudre un problème de vie commune comme on allait voir son délégué syndical pour les conflits au travail

    La « Heimat » des simples gens n’’était pas la « patrie » des bourgeois et de la droite. Pour eux c’était la communauté qui a disparu avec le travail à l’usine, les communautés et la vie sociale autour de l’organisation du travail dans les pays dits industrialisés.

    La création d,une nouvelle Heimat pour les gens qui n’ont plus l’impression d’être chez chez eux, qui se sentant comme apatrides dans leur pays d’origine, voilà le projet ambitieux du parti BSW.

    J"en suis assez sceptique, car il faudrait arriver à resoudre le problème du chômage et en finir avec 45 ans de restructuration néolibérale des lois et de la production pour créer cette nouvelle Heimat dont un parti politique ne peut être que l’expression. Il faudrait une révolution pour justifier le projet du parti BSW qui est tout sauf révolutionnaire.

    L’explication de Heimat dans l’article wikipefia français n’est pas mal. Il explique le terme par analogie, ce qui montre à quel poit l’idé de Heimat politique est floue.
    https://fr.m.wikipedia.org/wiki/Heimat

    10.1.2024 von: Tobias Riegel - Zahlreiche Bürger fühlen sich wegen der Abkehr der SPD von vielen sozialdemokratischen Ideen und wegen der pseudolinken Selbstzerstörung der Linkspartei politisch keiner Gruppe mehr zugehörig. Umdeutungen von Begriffen wie Rechts und Links sowie die Drohung mit Kontaktschuld zur AfD haben politisches Engagement und Kritik an der Bundesregierung zusätzlich erschwert. Diese Faktoren könnten durch die Gründung der Wagenknecht-Partei abgeschwächt werden. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

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    Ich begrüße die Gründung vom „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) als Partei. In den aktuell politisch und begrifflich verworrenen Zeiten sind viele Bürger politisch heimatlos geworden: unter anderem wegen der Selbstzerstörung der Linkspartei durch den pseudolinken Flügel um Ex-Parteichefin Katja Kipping und durch die Abkehr der SPD von zahlreichen sozialdemokratischen Ideen. Beide Tendenzen bestanden bereits, wurden aber durch Corona nochmals beschleunigt.

    Unterstützt wurden die Entwicklungen auch durch Umdeutungen von zentralen Begriffen, wodurch erhebliche Verwirrung gestiftet wurde. Auf den NachDenkSeiten wird dieses Phänomen etwa in den Artikeln Phrasenwörterbuch – Heute: „linksgrün“ oder „Was interessiert mich mein (grünes) Geschwätz von gestern“: Kein Umweltschutz – und nicht mal „Klimaschutz“. Dafür Wirtschaftskrieg oder Woke: Pseudolinks ist nicht „Linksliberal“ beschrieben.

    Durch den Ausfall einer linken Opposition wurde es einfach, Kritiker der Regierung durch gedankliche Kontaktschuld mit der AfD als rechtsextrem darzustellen („Applaus von der falschen Seite“). Die BSW-Gründung kann – zumindest potenziell – jene Strategie schwächen, mit der versucht wird, jegliche Kritik an der Regierung als rechtsradikal zu diffamieren.

    Manche Bürger werden beim Projekt BSW noch Haare in der Suppe finden können: Den einen wird die Position zur Corona-Aufarbeitung vielleicht noch nicht weit genug gehen (trotz der aktuellen Äußerungen zum Thema), den anderen ist vielleicht die Außendarstellung – etwa im Vergleich mit der Öffentlichkeitsarbeit der AfD – noch zu „brav“. Wieder andere wittern (ebenfalls bezüglich der AfD) eine „Spaltung der Opposition“. Aber sollte das Projekt jetzt – bevor allzu leidenschaftliche Detail-Debatten gepflegt werden – nicht zunächst erfolgreich angeschoben werden, damit es sich überhaupt erst einmal beweisen kann? Das ist aber selbstverständlich keine Forderung nach Kritikverbot oder Nibelungentreue.

    Wie wichtig es ist, nun gegen Unterwanderung gewappnet zu sein, hat Albrecht Müller gerade in diesem Artikel beschrieben und das BSW trägt dem durch eine vorsichtige Praxis der Aufnahme von Mitgliedern Rechnung.

    Risiken des Scheiterns

    In der aktuellen verfahrenen Situation Politik gestalten zu wollen, ist auch mit Risiken des Scheiterns verbunden. Die Aktiven des BSW haben darum meiner Meinung nach bereits dafür Respekt verdient, dass sie sich jetzt diesem Risiko und der zu erwartenden Meinungsmache gegen das Projekt und seine Protagonisten aussetzen.

    Der Slogan „Die Ampel muss weg“ ist prinzipiell voll und ganz zu unterschreiben, die Bundesregierung ist bezüglich ihrer Politik, aber auch ihrer Ausdrucksweise unhaltbar und meiner Meinung nach, etwa beim Thema Krieg und Frieden, sind einige Positionen geradezu brandgefährlich. Trotzdem ist dieser Slogan auch zu kurz gedacht: Weil die Parteien, die sonst mit Erfolgspotenzial momentan zur Wahl stehen (CDU oder AfD) in zentralen Fragen keine bessere Politik als Rot-Grün-Gelb anbieten. In einer solchen Konstellation kann es sogar sein, dass die Situation durch einen Sturz der Ampel verschlechtert würde: wenn nämlich die dann bestimmende CDU auf wichtigen Feldern eine ähnliche Politik, aber bei der sozialen Frage eine möglicherweise noch kältere Politik gegenüber benachteiligten Bürgern machen würde. Auch diese Dynamik, dass ein Regierungswechsel die Politik automatisch (noch weiter) nach „rechts“ rücken würde, könnte durch die Gründung des BSW (zumindest langfristig und potenziell) teilweise verändert werden.

    Vielleicht beruht das folgende Szenario auf einem etwas naiven Optimismus: Ein Erfolg des BSW könnte auch die Strategen der SPD anregen, sich dort eine Politik abzuschauen, die die Bürger nicht in einem solchen Maße enttäuscht, dass die alte sozialdemokratische Volkspartei im Osten aus Landtagen zu verschwinden droht. Aus einer solchen Wandlung der SPD könnten auch langfristig zumindest potenziell Koalitions- und Machtoptionen für das BSW entstehen. Doch es wäre noch zu diskutieren, ob das BSW überhaupt einen schnellen Eintritt in Koalitionen anstreben sollte.

    So wichtig, wie die Gründung der Partei ist, so scharf wird der nun einsetzende Gegenwind sein.

    #Allemagne #politique #gauche #partis_politiques

  • Komplette Familie deutscher Staatsbürger im Gazastreifen ausgelöscht – Was sagt die Bundesregierung ?
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=108207
    On doit constater que le gouvernement allemand refuse de commenter l’assassinat d’une famille allemande, un crime de guerre commis par l’état d’Israël. On n’a pas entendu parler d’un arrêt du soutien des assassins par l’Allemagne.

    La leçon est grave : en tant qu’Allemand je ne peux pas compter sur l’assistance ou le soutien par mon gouvernement quand je me trouve à l’étranger.

    14. Dezember 2023 um 14:04 Ein Artikel von: Florian Warweg

    Eine sechsköpfige Familie deutscher Staatsbürger ist, wie erst jetzt bekannt wurde, bei einem israelischen Bombenangriff Ende Oktober auf ein Wohnhaus in Gaza getötet worden: Der Vater, Anästhesist in einer Dortmunder Klinik, die Mutter und ihre vier Kinder im Alter von zehn bis unter einem Jahr. Das Auswärtige Amt bestätigte am 11. Dezember den Tod der Familie, erklärte aber zugleich, „dass wir uns grundsätzlich zu Einzelfällen nicht äußern“. Die NachDenkSeiten wollten auf der Bundespressekonferenz wissen, ob diese Aussage generell für alle Fälle gilt, in denen deutsche Staatsbürger durch mutmaßlich völkerrechtswidrige Angriffe einer staatlichen Armee auf zivile Ziele getötet werden. Von Florian Warweg.

    Es handelt sich um die deutsch-palästinensische Familie Abujadallah. Der Vater, Yousef Abujadallah, hatte gerade seine Facharztausbildung abgeschlossen und hätte eigentlich am 1. November seine neue Stelle in einer Dortmunder Klinik antreten sollen. Zuvor wollte der Anästhesist aber noch kurz seine Familie in Gaza besuchen. Dort wurde aber er, seine Frau Ayah, der älteste Sohn Salahuddin, der Mitte Dezember seinen elften Geburtstag gefeiert hätte, der neunjährige Mohammad, der dreijährige Abdulrahman sowie der jüngste Sohn Omar, der noch nicht einmal das erste Lebensjahr erreichte hatte, am 25. Oktober im Wohnzimmer ihres Hauses von israelischen Bomben getötet.

    Es ist der erste öffentlich bestätigte Fall, dass deutsche Staatsbürger durch israelische Bombardierungen ziviler Ziele getötet worden sind. Das bisherige Medienecho in Deutschland zu dem Fall ist mehr als überschaubar. Eine Ausnahme bildet die Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung, die in einem Beitrag unter dem Titel „Familie Abujadallah lebt nicht mehr“ biografische Hintergrundinformationen und Alltagsbilder der getöteten Familienmitglieder präsentierte sowie Freunde und Familienangehörige zu Wort kommen ließ. Das Porträt der getöteten Familie ist allerdings, nicht frei von einem gewissen Zynismus, hinter einer Bezahlwand (Paywall) versteckt.

    Quelle: Screenshot von sueddeutsche.de

    Das Auswärtige Amt wollte sich auf Nachfrage der NachDenkSeiten weder näher zu dem Fall äußern noch in irgendeiner Form die Auslöschung einer kompletten Familie deutscher Staatsbürger verurteilen oder deren Tötung aus völkerrechtlicher Perspektive einordnen. Auch zum völkerrechtswidrigen Einsatz von weißem Phosphor durch die israelische Armee, wie er mittlerweile von zahlreichen internationalen Organisationen bestätigt wird, wollte sich das AA nicht näher äußern:

    #Allemagne #Israël #droits_humains

  • Kapitalismus, Antikapitalismus und Sozialwissenschaften – Konferenz um das Werk von Immanuel Wallerstein in Paris
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=104019
    A propos du français xomme lingua franca et de l’importance de’Immanuel Wallerstein pour l’analyse du capitalisme mondial

    19.9.2023 von Andrea Komlosy - Am 11. und 12. September 2023, nicht ganz zufällig am Jahrestag des Putsches gegen Salvador Allende in Chile, im 60. Jahr der Gründung der Maison des Sciences de l’Homme an der École des Hautes Études en Sciences Sociales EHESS in Paris, fand eine bemerkenswerte internationale Tagung statt. Sie war Immanuel Wallerstein gewidmet, der – neben dem Fernand Braudel Center FBC an der Universität Binghamton, NY – hier jahrzehntelang ein zweites Standbein als Forscher und akademischer Lehrer hatte. Dies verband ihn mit der von Fernand Braudel gegründeten Einrichtung in Paris. Von Andrea Komlosy.

    Wallerstein hat bekanntlich den Begriff des Weltsystems zur Charakteristik der systematischen Verbindung von Regionen als Grundlage ihrer unterschiedlichen Stellung in der Weltwirtschaft, als Zentrum, Semiperipherie oder Peripherie, geprägt. Auf dieser Basis entwickelte sich der Kapitalismus als weltumspannendes, dynamisches, Ungleichheit erzeugendes System. Für die Erforschung und Vermittlung der Geschichte des Weltsystems, der Welt als System kann diese Tagung als Wegmarke betrachtet werden.

    Die Forschungslandschaft zu Weltsystem, wie auch zur Welt- und Globalgeschichte, zerfällt trotz des Anspruchs auf Grenzen überschreitende, interdisziplinäre Kooperation in distinkte Forschungsräume. Die deutschsprachige Forschung stößt international auf relativ geringe Aufmerksamkeit.[1] Das Englische als internationale Kommunikationssprache drängt sie an den Rand, was junge deutschsprachige ForscherInnen in die Arme des Englischen treibt. Dem hält die Zeitschrift für Weltgeschichte als deutschsprachiges Organ für global- und welthistorische Debatten entgegen.

    Die Dominanz des Englischen auf einer internationalen Tagung zu unterlaufen, stellt eine Rarität dar. Die Maison des Sciences de l’Homme hat dies mit der Wallerstein-Tagung ganz selbstverständlich getan, obwohl das Französische vor allem unter jungen WissenschaftlerInnen nicht (mehr) zur Allgemeinbildung zählt, schon gar nicht bei jenen mit englischer Muttersprache. Die Tagungssprache war Französisch; allerdings referierten und diskutierten all jene, die kein oder nicht gut genug Französisch beherrschten, auf Englisch – ein Kompromiss. Wer gar kein Französisch sprach, konnte einem Gutteil der Vorträge so allerdings nicht folgen. Es war beeindruckend, wie viele ältere, aber auch jüngere KollegInnen aus der frankophonen Welt sich mit Wallersteins Systemtheorie auseinandersetzten.

    Die fünf Runden Tische mit je fünf bis sechs ReferentInnen zusammenzufassen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Das Programm vermittelt einen Überblick über Themen, Fragestellungen und TeilnehmerInnen. Planung und Eröffnung oblagen dem Präsidenten der MSH, Antonin Cohen, Kathy Wallerstein, der Tochter Immanuels, sowie dem Doyen des Hauses, Maurice Aymard, Nachfolger Braudels, der ein Leben lang die Braudel’schen Traditionen an der MSH hochhält.

    Ich klinkte mich online ein und vermittle hier, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, einige subjektive Eindrücke.

    Es gab nur wenige Beiträge, die in Wallersteins bahnbrechende Innovationen, die Welt als Einheit zu sehen, einführten; dies konnte als bekannt vorausgesetzt werden. Ein jüngerer Forscher, Yves-David Hugot (Université Paris-Nanterre), richtete seinen Blick auf die Genese von Wallersteins Gedankengebäude. Er erinnerte insbesondere an Wallersteins Anfänge als Afrikanist mit seiner vergleichenden Studie zu Ghana und Côte d’Ivoire, die seiner Weltsystem-Theoriebildung vorherging und noch einen Modernisierungsoptimismus widerspiegelte. Wallersteins Werdegang als Wissenschaftler, der seine Forschungen gleichzeitig als gesellschaftsverändernden Aktivismus verstand, erschloss sich mosaikartig aus den Perspektiven verschiedener WeggenossInnen, die Einblick in Momente der Zusammenarbeit sowie besonderer Werke (vier Bände Modernes Weltsystem, Utopistik, Rasse-Klasse-Nation, Die Sozialwissenschaften kaputt denken[2], Bericht der Gulbenkian-Kommission Die Sozialwissenschaften öffnen) vermittelten.

    Das Bewegendste war wohl die Rückschau auf gemeinsame Arbeit: Sie vermittelte den ganz besonderen Moment, der unter und mit Wallerstein und Terence Hopkins am Fernand Braudel Center FBC in Binghamton entstand: Einige der älteren ForscherInnen, die in den 1970er und 1980er Jahren in einer Form der Zusammenarbeit, die es so im heutigen Universitätssystem nicht mehr gibt, am Konzept Weltsystem arbeiteten, blickten zurück. Die DissertantInnen und MitarbeiterInnen kamen aus aller Welt; eine besondere Achse verband Binghamton jedoch mit Paris. So berichtete die bekannte Afrikahistorikerin Catherine Coquery-Vidrovich an der Université Paris Diderot, wie sie als junge Forscherin 1981 von Wallerstein eingeladen wurde, den Afrika-Schwerpunkt am Braudel Center abzudecken. Die mittlerweile alte Dame gab zu, dass ihr Englisch damals dafür keineswegs ausreichend war, der Sprung ins kalte Wasser sich allerdings gelohnt hatte. Ihr Vorgänger war Walter Rodney, Historiker, engagierter Black-Power-Aktivist und Autor der bis heute viel gelesenen Studie „How Europe underdeveloped Africa“, der 1980 einem politischen Anschlag der Armee seines Heimatlandes, Guayana, zum Opfer fiel.

    Auch Vidrovichs Nachfolger am FBC, der Ökonom Yann Moulier-Boutang, Theoretiker der Arbeiterautonomie und 1968 ein aktiver Teilnehmer der Kämpfe in Paris, sprach auf der Konferenz. Marta Petrusewicz, die nach mehreren Professuren schließlich in Kalabrien landete, gehörte überhaupt zu den ersten am FBC; als junge polnische Studentin hielt sie es 1976 kaum für möglich, eine so breite und engagierte Debatte um die Weltsystemanalyse mitverfolgen zu können, auch wenn sie später andere Zugänge für ihre Forschungen wählte. Sie moderierte den Runden Tisch zu „Kapitalismus, Post-Kapitalismus, Weltwirtschaft“, an dem Beverley Silver (Baltimore) an die „friendly debates“ zwischen Wallerstein, Andre Gunder Frank, Giovanni Arrighi und Samir Amin bei der Arbeit an zwei gemeinsamen Bänden (Dynamik der Globalen Krise 1982, Transforming the Revolution 1989) erinnerte. Diese Debatten kündigten bereits die unterschiedliche Ausrichtung an, die die Weltsystem-Forschungen in den 1990er Jahren nehmen sollten.

    Elaine Mokhtefi, ehedem antikoloniale Aktivistin im algerischen Befreiungskampf, enthüllte, unterstützt von historischen Fotographien, wie sie und der junge Wallerstein, damals Student an der Columbia Universität, 1949/50 gegen die alte Garde der World Federalist Organisation aufbegehrten und statt der Anpassung an den UN-Apparat radikal für aktive Entkolonisierung, Befreiung, Entwicklung eintraten: Unter Federführung Wallerstein spaltete sich die Jugend als eigene Organisation namens „World“ ab.

    Den Organisatoren war es gelungen, viele Beteiligte am internationalen Netzwerk der Weltsystemforschung zum Zeitpunkt ihres Höhenflugs in Binghamton als ReferentInnen zu gewinnen. Viele VertreterInnen der alten Garde schalteten sich auch online zu, sofern die Namen dies verrieten. Die Rückblicke machten die Veranstaltung zu einem authentischen Erlebnis, sie verliehen ihr aber auch einen eher nostalgischen Charakter. Ob das, was damals erarbeitet wurde, heute noch relevant ist, wurde nicht thematisiert. Die Kritik, die Weiterentwicklung, das Verblassen, aber auch die Zurückweisung als eurozentrischer Schnee von gestern, der der Weltsystemanalyse in den letzten Jahrzehnten entgegenblies, kamen nicht aufs Tapet.

    So konnte keine Brücke zu neueren Ansätzen aus und Auseinandersetzungen mit der Weltsystemanalyse geschlagen werden. Zwar referierten eine Reihe von ForscherInnen über alle möglichen Themen wie Arbeitsverhältnisse, Feminismus, Rassismus, Migration, Marxismus, chinesischer Kapitalismus, Abhängigkeit oder Befreiung, ohne in der Regel Wallerstein’sche Inspiration, Weiterentwicklung oder Abweichungen anzusprechen. Wallerstein wurde stärker als historische Person gefeiert denn als Wegweiser für aktuelle Probleme.

    Eine interessante Kontroverse ergab sich in Hinblick auf Wallersteins Nähe zu postmodernen, dekolonialen Ansätzen. Während Carlos Aguirre Rojas (Mexiko), der über die große Bedeutung Wallersteins für die lateinamerikanische Forschung referierte, seine Verbindung mit post/de/kolonialen Ansätzen eines Quijano, Mignolo, Dussel oder Großvogl dezidiert bestritt, zeigte Stéphane Dufoix (Universität Paris Nanterre) anhand konkreter Kooperationen, Begegnungen und Konferenzen, dass Ansätze der Kolonialität/Dekolonialität im Schoße, im Dialog und mit direkter Beteiligung Wallersteins entwickelt wurden. Wallerstein übernahm diese zwar nicht, hätte seine Hinwendung zur Infragestellung der etablierten Sozialwissenschaften ohne diese Inspiration nicht vollziehen können, so Dufoix. Auch die Forschungsgruppe zur Kolonialität bildete sich in Binghamton zu der Zeit, als Anibal Quijano, einer ihrer Initiatoren, dort lehrte. Das Beispiel macht deutlich, dass Weltsystemanalyse kein fixes Konzept war, sondern neue Ansätze mit hervorbrachte und diese auch aufnahm. Der Ökonom Robert Boyer (MSH Paris) führte die gegenseitige Inspiration am Beispiel der zunächst am Nationalstaat orientierten Regulationstheorie vor, die im Zuge der globalen Öffnung der Weltwirtschaft in den 1970er Jahren und den veränderten geopolitischen Konstellationen der Gegenwart nicht mehr ohne weltsystemische Analysekategorien auskommen konnte. Vieles andere lebte von sehr allgemeinen Bezügen zu Wallersteins Ansätzen.

    Robert Boyer wagte auszusprechen, was allen TeilnehmerInnen bewusst war: Eine Persönlichkeit wie Immanuel Wallerstein kann das heutige akademische System nicht hervorbringen. Das ist wohl die höchste Ehrerbietung, die ein Forscher-Aktivist von der Nachwelt erhalten kann.

    Zur Autorin: Andrea Komlosy betreibt Global-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte aus Weltsystem-Perspektive. Sie unterstützte die Publikation von Wallersteins Texten in deutscher Sprache, insbesondere die vier Bände Das Moderne Weltsystem und Utopistik im Promedia Verlag Wien. Komlosy ist Vorsitzende des Vereins für die Geschichte des Weltsystems und Mitherausgeberin der Schwerpunktnummer der Zeitschrift für Weltgeschichte, die sich mit der Rezeption Wallersteins und der Weltsystem-Analyse in verschiedenen Wissenschaftsbereichen und Disziplinen im deutschsprachigen Raum befasst.

    [«1] Der Verein für Geschichte des Weltsystems hat 2020 im Gedenken an Wallerstein eine Tagung zur Rezeption der Weltsystemanalyse im deutschsprachigen Raum veranstaltet, deren Ergebnisse 2022 als Jg. 22 der Zeitschrift für Weltgeschichte ZWG publiziert wurden: online unter globalhistory.univie.ac.at

    [«2] Unthinking Social Sciences wurde von Hans-Heinrich Nolte ins Deutsche übersetzt unter dem Titel: Die Sozialwissenschaften kaputtdenken (1995). Nolte bemühte sich, damit dem Angriff auf das Kategoriensystem der modernen Wissenschaft adäquat zum Ausdruck zu verhelfen, was ihm mitunter Kritik eintrug.

    #sciences_sociales #capitalisme #marxisme

  • Syrische Flüchtlinge : Gefangen in den Netzen der Geopolitik
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=104316

    Les médias et politiciens occidentaux ne manquent pas d’attribuer à la crise climatique l’augmentation du nombre de réfugiés. C’est un leurre. La dégradation des conditions de vie par les températures élevées y est pour quelque chose mais c’est plutót la conséquence de la politique et du modèle économique de l’occident. Le lien entre les conflits imposés au levant par les mêmes pouvoirs impérialistes occidentaux et le déplacement de ses populations est plus direct que celui avec le climat.

    25.9.2023 von Karin Leukefeld - Syrien wird seines Territoriums und seiner Rohstoffe beraubt, die Bevölkerung wird gespalten. Nach Krieg und Kriegsfolgen steht auch Landnahme – wie etwa die Besatzung der syrischen Ressourcen von Öl, Baumwolle und Weizen durch US-amerikanische Truppen – am Anfang der elenden Spirale von Flucht und Vertreibung. Über das Thema Flucht legt sich ein Netz von Interessen regionaler staatlicher und nicht-staatlicher Akteure, denen es nicht um die Menschen, sondern um Boden und Rohstoffe oder um die Kontrolle von Transportwegen geht.

    „Als Teil des Kampfes gegen Menschenhandel und illegale Einwanderung über die nationale Grenze haben Einheiten der Armee im Laufe der Woche an verschiedenen Tagen rund 1000 Syrer daran gehindert, illegal über die libanesisch-syrische Grenze zu gelangen.“

    Die knappe Mitteilung ist auf der Webseite der libanesischen Armee am 21.09.2023 zu lesen. Beigefügt ist ein Foto, das aus der Vogelperspektive aufgenommen Männer zeigt, die in Reihen hintereinander aufgestellt sind und ihrem Vordermann jeweils ihren linken Arm auf dessen linke Schulter gelegt haben. Die Köpfe sind gesenkt, am Ende der Gruppe stehen einige Frauen mit weißen Kopftüchern, um sie versammelt eine Schar von Kindern.

    In der Woche zuvor hatte die Armee verschiedene Barackensiedlungen von syrischen Flüchtlingen in der Bekaa-Ebene durchsucht. Dabei seien 43 Syrer festgenommen worden, die keine Papiere hatten und illegal in den Libanon gekommen seien, ist auf der Webseite der libanesischen Streitkräfte zu lesen. Sie seien dem Richter vorgeführt worden. Die Informationen über den Aufenthalt der Flüchtlinge seien von Einheiten des Inlandsgeheimdienstes gesammelt und der Armee übergeben worden.

    Wenige Tage zuvor wiederum hatte die Armee zwei Personen in Tripoli festgenommen. Die beiden „Bürger“, deren Namen lediglich mit AA.A und Q.AA angegeben wurden, hätten eine illegale Schiffspassage über das Meer vorbereitet, so die Mitteilung der Armee. Dafür hätten die beiden ein Boot besorgt, das im Al-Abdeh-Hafen in der nordlibanesischen Hafenstadt Tripoli vor Anker gelegen habe. Bei der Durchsuchung des Wohnortes von einer der beiden Personen seien 48 Syrer festgenommen worden, die sich auf die illegale Seereise vorbereitet hätten. Das Boot wurde beschlagnahmt, die Festgenommenen wurden dem Richter vorgeführt. Auch hier waren die Hinweise von Einheiten des libanesischen Inlandsgeheimdienstes gekommen.

    Der Blick auf die Webseite der Armee öffnet einige Fenster in das unsichere Geschehen, mit dem der Libanon täglich zu kämpfen hat: illegale Einwanderung, Menschenschmuggel, Schmuggel von Waren, Drogen, illegaler Waffenbesitz und Schießereien wie zuletzt in dem Palästinenserlager Ain al-Hilweh nahe der südlichen Hafenstadt Sidon. Armee und Inlandsgeheimdienst arbeiten eng zusammen, Richter haben viel zu tun, Gefängnisse sind überfüllt.

    Hinzu kommen Verletzungen des libanesischen Luftraums von „feindlichen Drohnen“ oder Kampfjets, die aus den besetzten palästinensischen Gebieten – aus Sicht Israels Nord-Israel – in den Libanon eindringen und herumfliegen. Jeder Vorfall wird dem Oberkommandierenden der UN-Friedenstruppen UNIFIL gemeldet. Dort wird das Geschehen verfolgt und mit Israel Kontakt aufgenommen. Israel, aus Sicht des Libanon ein „Feind“, der sowohl libanesisches als auch palästinensisches Territorium widerrechtlich besetzt hält, ignoriert die Vorhaltungen. Im UN-Sicherheitsrat, der ebenfalls informiert wird, werden die Vorfälle aufgelistet.

    Den Menschen bleibt keine Wahl

    Der Libanon hat sich diese Probleme nicht ausgesucht. Sie sind die Folge jahrzehntelanger Einmischung von internationalen und regionalen Akteuren, die im Nahen und Mittleren Osten, im östlichen Mittelmeerraum, um Einfluss und Macht, um die Eroberung eigener Interessenssphären kämpften. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

    Den Menschen blieb keine Wahl und so suchten im Ersten Weltkrieg armenische Flüchtlinge aus dem Osmanischen Reich Zuflucht in der Nähe des Hafens von Beirut. 1948 und danach folgten Palästinenser, die aus ihrer Heimat von den jüdischen Milizen vertrieben worden waren, die auf palästinensischem Boden dann den Staat Israel gründeten. Die Palästinenser sprechen von der Nakba, der Katastrophe. Der Staat Israel – für den Verhandeln und Dialog keine Option war – folgte den Palästinensern und bekämpfte sie selbst in den Flüchtlingslagern noch. Die israelische Armee marschierte bis Beirut und hielt den Süden des Libanon bis zum Jahr 2000 besetzt.

    Erst am vergangenen Freitag (22.9.2023) erinnerten in Beirut palästinensische und internationale Delegationen an das Massaker in den Palästinenserlagern Sabra und Schatila, das im September 1982 unter den Augen der israelischen Armee unter General Ariel Scharon von christlichen libanesischen Milizen, den Falangisten, verübt worden war. Die Milizen rächten sich für die Ermordung des damaligen libanesischen Präsidenten Bashir Gemayel, einem Falangisten, durch einen Palästinenser und ermordeten 1.700 Frauen, Männer und Kinder. Die israelische Armee hatte die Falangisten ausgebildet, bewaffnet und half in der Nacht mit Leuchtgranaten, damit genug Licht war, um mit dem Morden weitermachen zu können. Die Verantwortlichen wurden nie bestraft, Scharon wurde später israelischer Ministerpräsident.

    Bis heute auf der Flucht

    Nach den Palästinensern suchten Iraker Zuflucht im Libanon und selbst Kurden kamen aus der Türkei. Schließlich kamen auch syrische Flüchtlinge, deren Heimat bis zum Krieg 2011 im Laufe von Generationen selber Millionen Flüchtlinge aufgenommen hatte. Heute sind mehr als 800.000 syrische Flüchtlinge im Libanon bei UN-Hilfsorganisationen registriert, die libanesische Regierung geht davon aus, dass 1,5 Millionen syrische Flüchtlinge sich im Land aufhalten. Die Fluchtbewegung aus Syrien hat in den letzten Wochen und Monaten wieder dramatisch zugenommen, weil die Lebenshaltungskosten unbezahlbar geworden sind. Die Regierung hat die Subventionen eingestellt, was die Menschen vor unlösbare Probleme stellt, ihren Alltag zu bewältigen. Die Kriegsfolgen, die Wirtschaftssanktionen von EU und USA, die US-amerikanische und türkische Besatzung der syrischen Öl-, Weizen- und Baumwollfelder und der Olivenhaine stehlen dem Land die Ressourcen, die für die Versorgung der Menschen und den Wiederaufbau gebraucht werden. Und so fliehen Tausende über die Grenzen in den Libanon, wo die Libanesen selber nicht genug Arbeit haben, wo es keinen Strom und wenig Wasser gibt, wo Hunger und Obdachlosigkeit herrschen, wo Bildung und Gesundheit Luxus geworden sind.

    Der Libanon ist nicht in der Lage, die vielen Probleme zu lösen. Seit Jahren appelliert das Land an die UNO und die internationale Gemeinschaft, ihm bei der Rückführung von syrischen Flüchtlingen zu helfen. Erst vor wenigen Tagen sprach der Interims-Ministerpräsident Najib Mikati vor der UN-Versammlung über die Schwierigkeiten, denen der Libanon mit den mehr als einer Million syrischen Flüchtlingen ausgesetzt ist. Libanon führt Gespräche mit Syrien und Staaten der Arabischen Liga, die nach Lösungen suchen, die Menschen bei einer freiwilligen Rückkehr zu unterstützen. Doch die Möglichkeiten sind gering, zumal die großen Geldgeber der Hilfsorganisationen, die USA, Deutschland und die EU, eine Rückkehr der Syrer in ihre Heimat ablehnen. Stattdessen wurden in einer „Libanon-Resolution“ des Europaparlaments Mitte Juli 2023 viele Bedingungen formuliert, die der Libanon erfüllen müsse, damit ihm geholfen werde.

    Die Elenden schlagen sich mit den Elenden

    Die Menschen geraten zunehmend aneinander. Die Elenden schlagen sich mit den Elenden um Arbeit, um Wohnungen, um Geldgeschenke, um Almosen. Ende August kam es in der Republik Zypern zu Protesten gegen Flüchtlinge in der Stadt Paphos. Es gab Schlägereien, Geschäfte der Flüchtlinge wurden zertrümmert. Medien berichteten, rechte Gruppen hätten den Protest organisiert. Bewohner Zyperns erklärten, die Aggressionen richteten sich vor allem gegen afrikanische Flüchtlinge, die über die Türkei und den türkisch besetzten Teil Nordzypern über die grüne Grenze in die Republik Zypern kämen. Hinzu kommen Hunderte Flüchtlinge aus Syrien, Palästinenser und Libanesen, die über das Mittelmeer im Süden der Insel anlanden. In der Türkei werden syrische Flüchtlinge attackiert und so manche werden abgeschoben in die Gebiete Syriens, die von Al-Qaida-nahen Gruppen im Norden und Nordwesten kontrolliert werden.

    Internationale Denkfabriken und Stiftungen schieben die Spannungen auf den Klimawandel, der den Boden austrockne und dafür sorge, dass Regen und Schnee ausblieben und es an Wasser fehle. „Rising Temperatures, Rising Tensions“, was so viel heißt wie: „Steigende Temperaturen, steigende Anspannung“.

    Die Klimaveränderungen tragen zu wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Anspannungen bei, das ist wahr. Doch der zentrale Grund für die angespannte Lage in der Region ist eine falsche Politik des Westens seit mehr als 100 Jahren. Obwohl die Staaten der Region in den 1940er Jahren unabhängig wurden – von britischem und französischem Mandat –, mischten sich die ehemaligen Mandatsmächte und zunehmend die USA immer wieder in die Staatenentwicklung der Region ein.

    Die Folge: Unruhen, Umstürze, bewaffnete Konflikte und Kriege brachen aus, wenn bspw. eine Regierung entschied, die nationalen Ölressourcen (Iran, Irak) zu verstaatlichen. Seit 2001 ist die Region im Fokus des von den USA erklärten „Krieges gegen den Terror“, der Land und Gesellschaft verwüstet, der Flucht, Menschen-, Drogen- und Waffenschmuggel begünstigt, der sich wie ein Netz über Länder und Völker spannt, dem sie kaum entrinnen können.

    Syrien ist nur ein Beispiel

    Angesichts ihrer kriegs- und krisenzerstörten Heimat Syrien suchen auch 12 Jahre nach Beginn des Krieges in dem Land (2011) noch immer Menschen nach neuen Lebensperspektiven für sich, vor allem aber für ihre Kinder. Die einen fliehen vor dem Militärdienst, der in Syrien obligatorisch ist. Die meisten suchen im nahen und fernen Ausland Arbeit, Ausbildung, ein sicheres Zuhause, um eine Familie zu gründen und genug zu verdienen, um die Eltern in Syrien unterstützen zu können. Je nach finanziellen Möglichkeiten kaufen sie eine Passage, die von Schmugglern kontrolliert wird. Es geht mit dem Bus oder Flugzeug von Damaskus oder Aleppo in den Libanon. Dort erhält man durch Mittelsleute ein Visum für ein europäisches Land, bevorzugt ist Deutschland. Dann reist man, ggf. auch mit Kindern, mit dem Flugzeug nach Brüssel, Frankfurt, Berlin oder Stockholm, um sich in ein Asylverfahren einschleusen zu lassen. Alles inklusive kostet das bis zu 20.000 Euro.

    Wer nicht so viel Geld hat, kauft einen Platz auf einem der oftmals seeuntauglichen Boote, um von Tripoli (Nordlibanon) über das Mittelmeer in die Republik Zypern, auf eine griechische Insel oder nach Italien zu gelangen.

    Manche versuchten mit einem Flug von Dubai nach Belarus zu gelangen, um von dort über die grüne Grenze nach Polen und von dort nach Deutschland geschleust zu werden. Sein Bruder habe mehr als 14 Tage in einem Hotel in Minsk gewartet, bis man ihn zurückgeschickt habe, erzählt M., ein Fahrer, der seine Gäste zwischen Beirut und Damaskus chauffiert. Er habe ihm gesagt, er solle es lassen, meint M. Doch sein Bruder habe nicht gehört. 6.000 US-Dollar habe ihn die Tour gekostet – „was hätten wir mit dem Geld hier in Syrien machen können!“

    Junge Männer nehmen den Bus, eine Schmuggelroute oder das Flugzeug nach Erbil, der Hauptstadt der kurdischen Autonomieregion im Norden des Irak. Von dort versuchen sie, nach Europa zu gelangen. Bis das klappt, arbeiten sie und können so zur Finanzierung ihrer Emigration beitragen. Wer während des Krieges Zuflucht in Jordanien suchte und fand, ist möglicherweise weitergereist nach Ägypten und von dort nach Libyen, um mit einem der vielen illegalen Boote die Überfahrt nach Italien zu wagen. Nun werden viele dieser Menschen in der verheerenden Flut ums Leben gekommen sein, ihre Spur verliert sich. Ihre Familien werden nie erfahren, was geschah.

    Falsche Hoffnung

    Wer vom Libanon mit einem Boot die Überfahrt in die Republik Zypern überlebt, schöpft Hoffnung. Die Republik Zypern ist Mitglied der Europäischen Union, die Insel könnte für die Menschen die Chance zum Absprung in die europäischen Kernländer sein.

    Die Republik Zypern hat offiziell rund 1,24 Millionen Einwohner. Die Zahl der asylsuchenden Flüchtlinge hat sich seit 2002 auf mehr als 93.000 erhöht. Damit ist die Republik Zypern das Land Europas, das pro Einwohner die meisten Flüchtlinge aufgenommen hat. Und da das Land den Anforderungen zur Versorgung der Flüchtlinge nicht mehr gerecht werden kann, will Zypern diejenigen abschieben, die keine Perspektive auf einen Aufenthaltsstatus haben. Das betrifft besonders diejenigen, die aus dem Libanon die gefährliche Fahrt über das östliche Mittelmeer überstanden haben.

    Wo immer sich die Menschen auch hinwenden, die aus Syrien fliehen, sie alle sind mit den gleichen Problemen konfrontiert. Sie müssen Geld für Schlepper, Unterhalt und Unterkunft aufbringen. Sie brauchen Geld, um an ein Visum zu kommen, Geld, um einen Platz in einem Boot über das Mittelmeer oder in einem anderen Transportmittel – legal oder illegal – zu finanzieren. Es gilt, Grenzen und Zölle, Polizeikontrollen und –stationen mittels Bestechung zu überwinden. Wird man krank, bleibt man auf der Strecke. In einem Lager, in einer illegalen Unterkunft, auf der Straße.

    Landnahme und Besatzung

    EU-Regierungen und die EU-Kommission mahnen und warnen. Hilfsorganisationen helfen und werben um Geld für die Hilfe. Medien und sogenannte Nicht-Regierungsorganisationen liefern die Darstellung der desolaten Lage von fliehenden Menschen. Staatliche Hilfsorganisationen oder westlich gespeiste Finanzfonds werden in den Gebieten aktiv, die von Gruppen kontrolliert werden, die – anders als Syrien – politisch und wirtschaftlich unterstützt werden sollen.

    Eine Hilfsorganisation aus Katar baut beispielsweise neue Siedlungen, Krankenhäuser und Schulen entlang der syrisch-türkischen Grenze, die von der Al-Qaida-nahen Hayat Tahrir al-Scham (HTS), der Türkei und türkei-treuen bewaffneten Verbänden kontrolliert werden.

    Anfang September teilte die „Qatar Charity“ mit, man habe den Gründungsstein für den Bau einer neuen Stadt bei Al Bab nördlich von Aleppo gelegt. „Al Karama“ (Würde) soll die Stadt heißen, die mit dem Geld von „Wohltätern“ aus dem Emirat Katar finanziert werde, so die Mitteilung von „Qatar Charity“. Der Bau werde in Kooperation mit der türkischen Provinz Gaziantep erfolgen, die Stadt solle für 8.500 syrische Inlandsvertriebene zur neuen Heimat werden. Bei einer Veranstaltung seien innerhalb von 3 Stunden 33 Millionen Qatari Rial gesammelt worden, umgerechnet etwa 9,4 Millionen Euro. Schon zuvor hatte „Qatar Charity“ die Stadt Al Amal (Hoffnung) im Norden Syriens gebaut, in der mehr als 8.800 Inlandsvertriebene angesiedelt wurden.

    Al Bab liegt auf syrischem Territorium. Eine Vereinbarung mit der syrischen Regierung ist nicht bekannt. De facto wird auf diese Weise eine Mauer aus fremdkontrollierten Siedlungen zwischen Syrien und der Türkei errichtet, auf syrischem Territorium. Diese Art von „Wohltat“ spaltet Syrien und seine Bevölkerung ebenso wie die Besatzung der syrischen Ressourcen von Öl, Baumwolle und Weizen durch US-amerikanische Truppen. Syrien wird seines Territoriums und seiner Rohstoffe beraubt, die Bevölkerung wird gespalten. Nach Krieg und Kriegsfolgen stehen diese Art von Landnahme und Besatzung am Anfang der elenden Spirale von Flucht und Vertreibung.

    Einhaltung des internationalen Rechts, der staatlichen Souveränität und territorialen Integrität des syrischen Staates würden das stoppen. So steht es auch in der UN-Sicherheitsratsresolution 2254, die aber bisher nicht umgesetzt werden konnte. An die Stelle von Besatzung und Landnahme würden Verhandlungen treten. Statt Sanktionen gäbe es politische und finanzielle Unterstützung.

    Das aber ist politisch von den interessierten staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren nicht gewollt, weil sie ihren Einfluss verlören. Und so spenden reiche Wohltäter und Hilfsorganisationen betteln um Geld, um Hilfe und Almosen für die Flüchtlinge und die eigene Arbeit finanzieren zu können. Die großen Geldgeber für die humanitäre Hilfe für Syrien – USA, Deutschland und die Europäische Union – verbinden mit ihren Geldzuwendungen Bedingungen, wie und wofür das Geld eingesetzt werden darf. Für die von Regierungsgegnern kontrollierten Gebiete, für Flüchtlinge in Lagern in der Türkei, Libanon und Jordanien gibt es Geld. Nicht aber für diejenigen, die in ihre syrische Heimat zurückkehren möchten. Die Fluchtbewegung wird so nicht enden. Das Leben in Syrien wird blockiert.

    Gefangen in den Netzen geopolitischer Interessen

    Keine Region der Welt hat so lange und so viele Flüchtlinge gesehen wie der östliche Mittelmeerraum. Die Vertreibung der Armenier und Assyrer Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts; die Vertreibung der Kurden seit den 1930er Jahren; die Vertreibung der Palästinenser seit 1948; die Vertreibung von Libanesen während der Bürgerkriege 1958 und 1975-1990; die Vertreibung der Iraker mit den Golfkriegen 1980/88; 1990/91 und 2003 bis heute; die Vertreibung der Libyer 2011; die Vertreibung der Syrer seit 2011/12; die Vertreibung der Jemeniten seit 2016. Hinzu kommen Flüchtlinge aus Afghanistan, aus Afrika, die in dem einen oder anderen Land zwischen Pakistan und dem Mittelmeer, in Nordafrika oder den südeuropäischen Ländern gestrandet sind.

    Auf der Suche nach neuen Perspektiven geraten die fliehenden Menschen in ein Netz von Schmugglern und Grenzen, in dem Lager, in denen Almosen verteilt werden, häufig die Endstation sind. Darüber legt sich ein Netz von Interessen regionaler staatlicher und nicht-staatlicher Akteure, denen es nicht um die Menschen, sondern um Boden und Rohstoffe, um Kontrolle von Transportwegen geht. Darüber spannt sich ein Netz von Kriegen und den Folgen dieser Kriege, die Länder und die Lebensgrundlagen der dort lebenden Menschen zerstören. Diese Kriege sorgen für Profit für den Militärisch-Industriellen Komplex aus Rüstungsindustrie, Militär und Politik mit dem Ziel, die weitere Anhäufung von Macht und Profit zu sichern. Parteien, Regierungen, Industrie und Handel, Wissenschaft, Forschung, Bildung und Medien und selbst das internationale Recht sollen diesem Ziel unterworfen werden.

    Die Menschen, deren Länder dafür zerstört werden, sind viele und sie sterben früh. Sie sterben in den Kriegen und an den Folgen der Kriege. Sie werden krank und sind hungrig. Sie sterben bei Kämpfen mit anderen, die ihr Land und ihr Leben vor der Zerstörung schützen oder selber aus dem Netz ausbrechen wollen. Sie sterben auf der Flucht, in einem Lager oder im Mittelmeer.

    #Syrie #réfugiés

  • Warum und wodurch wird die Ausübung der vollen staatlichen Souveränität der Bundesrepublik Deutschland behindert ?
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=102750

    L’Allemagne n’est pas un état souverain et indépendant comme la France ou le Royaume Uni. Les vainqueurs de la deuxième guerre mondiale y ont toujours des droits exceptionnels. Il s’agit entre autres de la possibilité d’une nouvelle intervention militaire par les vainquers de 39-45 sans autorisation expresse par l’assemblée générale des nations unis, aucune restriction de leurs activités d’espionnage et de surveillance de la population et l’immunité totale des membres de leurs forces armées stationnés sur le sol allemand.

    22.8.2023 um von Herbert Grießig
    ...
    Die UN-Feindstaatenklausel ist ein Passus in den Artikeln 53 und 107 sowie ein Halbsatz in Artikel 77 der Charta der Vereinten Nationen, wonach gegenüber Feindstaaten des Zweiten Weltkrieges durch die Unterzeichnerstaaten der UN-Charta Zwangsmaßnahmen ohne besondere Ermächtigung durch den UN-Sicherheitsrat verhängt werden können, falls die als Feindstaaten definierten Staaten erneut eine aggressive Politik verfolgen sollten. Dies schließt auch eine militärische Intervention ein.

    Als Feindstaaten werden in Artikel 53 jene Staaten definiert, die während des Zweiten Weltkrieges Feind eines aktuellen Unterzeichnerstaates der UN-Charta waren. Dieser Passus entstand 1945 mit der Urfassung der Charta in der Endphase des Krieges, ist jedoch auch noch in der aktuell gültigen Fassung enthalten.

    Nach Abschluss des Atomwaffensperrvertrages haben die USA, Großbritannien und Frankreich erklärt, dass Art. 53 und 107 der Charta kein Recht zur gewaltsamen Intervention in Deutschland gewähren. Mit der UdSSR respektive Russland wurde Ähnliches in den Ostverträgen vereinbart. Das Auswärtige Amt vertritt darüber hinaus die Ansicht, Artikel 53 und 107 seien obsolet, weil die Alliierten im Zwei-plus-Vier-Vertrag ein Weiterwirken ihrer Besatzungsrechte völkerrechtlich ausgeschlossen haben (§ 7 Abs. 1).

    In einer Erklärung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zur Feindstaatenklausel, die nicht notwendigerweise die Auffassung des Deutschen Bundestages widerspiegeln muss, heißt es dazu, dass die Bundesregierung jedoch stets die Auffassung vertreten (hat), dass die Feindstaatenklauseln spätestens mit dem Beitritt der beiden deutschen Staaten zu den Vereinten Nationen obsolet geworden sind. Die Tatsachen, dass die Bundesrepublik Deutschland bereits vier Mal dem Sicherheitsrat angehört und einen Präsidenten der Generalversammlung gestellt hat, zeigen, dass Deutschland in den Vereinten Nationen die vollen Rechte eines gleichberechtigten Staates ausübt.

    Der Versuch, die Abschaffung der Feindstaatenklausel auf der 50. Tagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Dezember 1995 zur Abstimmung zu bringen, scheiterte bereits im dafür zuständigen Sonderkomitee zur Charta, obwohl die Zustimmung von 155 Staaten bei keiner Gegenstimme und drei Enthaltungen sicher schien. Entscheidend war dabei die Befürchtung, dass die Streichung der Klausel eine Reihe von Forderungen nach kontroversen Überarbeitungen der Charta hervorrufen könnte, einschließlich einer Erhöhung der Zahl der Ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates.

    ...
    Weiterhin – obwohl Besatzungsstatut und diesbezüglicher Überleitungsvertrag null und nichtig sind – besitzen die USA und die westlichen Siegermächte Großbritannien und Frankreich besondere Rechte auf dem Territorium und innerhalb der Jurisdiktion der Bundesrepublik Deutschland. So sind die in der BRD verbleibenden Dienststellen (zivil und militärisch) wie Kasernen, Flugplätze, Funkstellen und weitere Liegenschaften der o.a. Siegermächte weiterhin deren Hoheitsgebiete, wo die deutschen Rechtsorgane, Ermittlungsbeamten, Staatsanwälte und Richter nicht tätig werden dürfen.

    Die Siegermächte behalten das Recht, jederzeit auf dem Territorium der BRD zusätzliche und zeitlich begrenzte Hoheitsgebiete ohne Zustimmung deutscher Stellen einzurichten und zu unterhalten, wenn sie es zum Schutze eigener Interessen für erforderlich halten, wie das Stationieren von Flugzeugen, Raketen, Aufklärungsdrohnen und Atomwaffen. So besitzt der US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein spezielle Lagerstätten für insgesamt 216 nukleare Bomben. Im 1.200-Seelen-Ort Büchel stationiert, hat das „Taktische Luftwaffengeschwader 33“ der Bundeswehr die „Aufgabe“ übernommen, Atombomben mit deutschen Tornado-Kampflugzeugen ans Ziel zu fliegen und abzuwerfen. „Nukleare Teilhabe“ heißt dieses Modell, durch das der Nicht-Atomwaffenstaat Deutschland an den Atombomben der USA partizipieren kann. Die Codes für die Bomben besitzt die US Air Force. Das benötigt keinen weiteren Kommentar.

    Erwartet wurde, dass mit dem Wirksamwerden des Zwei-Plus-Vier-Vertrages am 15. März 1991, der völkerrechtlich die staatliche Einheit Deutschlands besiegelte, auch die in mehreren Verträgen, zuletzt in den Pariser Verträgen von Mai 1955 vereinbarten alliierten Vorbehaltsrechte gegenüber der Souveränität Deutschlands endgültig aufgehoben werden. Im Artikel 2 des 2. Deutschlandvertrages (innerhalb der Pariser Verträge) heißt es dazu:

    „Im Hinblick auf die internationale Lage, die bisher die Wiedervereinigung Deutschlands und den Abschluss eines Friedensvertrages verhindert hat, behalten sich die Drei Mächte die bisher von ihnen ausgeübten oder innegehabten Rechte und Verantwortlichkeiten in Bezug auf Berlin und auf Deutschland als Ganzes einschließlich einer friedensvertraglichen Regelung.“

    Vonseiten der Bundesrepublik Deutschland wurde dieser Vorbehalt im Grundlagenvertrag mit der Deutschen Demokratischen Republik bestätigt.

    Die uneingeschränkten Vorbehaltsrechte der ehemaligen westlichen Siegermächte, in einem Zusatzvertrag zum NATO-Truppenstatut (NTS-ZA) von 1959 dauerhaft vereinbart, existieren nach wie vor hinsichtlich der Tätigkeit der elektronischen Medien wie Rundfunk und Fernsehen, den Printmedien, der Filmindustrie, im Bereich der Kultur (Theater, Musik) und im Erziehungs- und Bildungswesen. Die Rechte erstrecken sich auf Aufsicht, Kontrolle und Lenkung.

    Selbstredend, dass die westlichen Geheimdienste wie u.a. der größte US-amerikanische Auslandsgeheimdienst NSA (National Security Agency) frei agieren können. Insofern wird der milde Protest der Bundesregierung beim entdeckten Ausspionieren des Handys der Kanzlerin Angela Merkel mit der abschließenden Bestätigung „Alles roger“ nachvollziehbar.

    Die Deutschen Gesetze zum Datenschutz gelten nicht für die vier Siegermächte, deren „Dienste“ ohne Erlaubnis durch deutsche Stellen Telefon- und Fax-Nachrichten deutscher und anderer Bürger abhören dürfen – und selbst der große Lauschangriff ist erlaubt. Deutsche Datenschutzbeauftragte haben es bisher nicht gewagt, diesen Tatbestand anzusprechen.

    Das NTS-ZA wurde nach der Wiedervereinigung „nachgebessert“ und trat am 29. März 1998 in Kraft. Wenn auch das Abkommen nicht mehr per se als Besatzungsrecht qualifiziert werden kann, enthält es jedoch Nachwirkungen aus dem Besatzungsstatut der drei Westmächte. Die Sowjetunion hat sich derartige Rechte nach dem Inkrafttreten des Zwei-Plus-Vier-Vertrages nicht ausbedungen und besitzt seit dem Abzug ihrer Streitkräfte vom Territorium der DDR auch keine solchen mehr.

    Die bestehenden Beschränkungen und Verpflichtungen aus dem NTA-ZA haben zweifelsfrei nachhaltige Auswirkungen auf die Rechtsstaatsentwicklung und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland, auch wenn die Bundesregierung in deren Zusammenhang von der Freiwilligkeit bei deren Übernahme spricht.

    In einer auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke erfolgten Stellungnahme der Bundesregierung am 14. April 2011 zur gegenwärtigen Inanspruchnahme der im Zusatzabkommen gewährten Vorrechte ist zu lesen, dass die Aufsichtsbehörde der Bundeswehr und bei den Gaststreitkräften konsultativ tätig werden kann, jedoch eine Vollstreckung der rechtlich zulässigen Anordnungen aufgrund der völkerrechtlichen Immunität der Gaststreitkräfte ausscheidet.

    #Allemagne #droit_international #occupation_militaire

  • „13 Prozent der deutschen Wähler haben ein rechtsextremes Weltbild“
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=101651


    Il est certain que les choses n’ont pas beaucoup changé depuis 1980. A l’époque treize pour cent des Allemands étaient de véritables nazis qui regrettaient la perte de l’unique Führer de la nation. Ces gens là aussi font des enfants, alors les scores de vingt pour cent aux élections de l’extrême droite ne sont pas surprenants.

    29.7.023 von Albrecht Müller - Das war das Ergebnis der sogenannten SINUS-Studie von 1980. Der NachDenkSeiten-Leser Claus Hübner hat uns auf diese alte, interessante Studie aufmerksam gemacht. Ich selbst war nicht auf die Idee gekommen, dieses Dokument in unserer Serie vorzustellen, obwohl ich damals als Leiter der Planungsabteilung des Bundeskanzleramtes für den Auftrag an das SINUS-Institut Heidelberg/München verantwortlich war.

    Le site Nachdenkseiten publie des scans de l’étude de 1980.

    #Allemagne #nazis #statistique

  • China-Strategie der Bundesregierung : Aktionismus, Protektionismus und Inkompetenz
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=101779
    Le gouvernement allemand sacrifie le bien aller économique de l’Allemagne en suivant les conseils de ses interlocuteurs et conseillers états-uniens. La nouvelle stratégie par rapport à la chine en est la confirmation. Sans égard de sa propre position politique et sociale on ne peut que s’étonner du manque de culture générale et politique des dirigeants à Berlin.

    29.7.2023 von Redaktion - Das Strategiepapier der Bundesregierung wurde am 13. Juli 2023 beschlossen. In dem 64-seitigen Dokument wird die große Informationslücke der Bundesregierung in Chinas Politik deutlich. Der neue Kurswechsel bedeutet Protektionismus aufgrund von schlechter Beratung durch milliardenschwer bezahlte US-Thinktanks, die die deutsche Wirtschaft sabotieren. Von Christian Wagner.

    Chinas unbestreitbare Erfolg beruht auf Reformen. Und gerade in den letzten zehn Jahren hat die Volksrepublik China in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Hochtechnologie, Armutsbekämpfung, Klimaschutz und Schutz von Menschen mit Behinderungen erstaunliches erreicht. Der Sozialismus chinesischer Prägung will nach Eigendarstellung das Leben der Menschen in Harmonie, Frieden und Wohlstand, im Einklang mit der Natur und in gegenseitiger Achtung gestalten. Weltpolitisch wird die Menschheit als eine geteilte Zukunft betrachtet, weshalb es wichtig ist, bei der Lösung der Konflikte der Welt zusammenzuarbeiten. China greift in keinen Konflikt der Welt militärisch ein und zwingt keinem Land der Welt seinen Willen auf. Alle Partner entscheiden sich für China, weil China die kulturellen, politischen und historischen Aspekte jeder Nation respektiert – auch und gerade im Falle Deutschlands.

    Deutschland selbst stand in den letzten zehn Jahren vor großen Herausforderungen. Statt Erfolge zu verbuchen, sahen sich die gesamte EU und ihre transatlantischen Partner mit Konflikten konfrontiert. So haben mehrere Kriege für die proklamierte Freiheit, Demokratie und den Erhalt der „regelbasierten Weltordnung“ in Afrika, im Nahen Osten und zuletzt in der Ukraine zu Flüchtlingsströmen und wirtschaftlicher Instabilität geführt. Auf nationaler Ebene führen massive Fehlinvestitionen in die Sozial-, Verkehrs-, Bildungs- und Wohnungsinfrastruktur zu Unruhen. Nicht ohne Grund gibt es auch in anderen europäischen Ländern wie Frankreich massive Proteste. Das Ergebnis sind eine Energiekrise, hohe Inflation und eine stark geschädigte Wirtschaft.

    Das Strategiepapier der Bundesregierung, das seine Kernelemente aus dem Einfluss US-amerikanischer Medien in Deutschland, US-amerikanischer Thinktanks und grüner US-Lobbys bezieht, besiegelt nun die wirtschaftliche und politische Distanz zu China. Europäische Unternehmen dürften es nun schwerer haben, an Chinas Fortschritt zu partizipieren. Der Hauptgrund dafür ist, dass die Bundesregierung nicht versteht, was in China passiert. Sie hat nicht verstanden, welche Fortschritte China in den letzten zehn Jahren gemacht hat. Die Kluft wird größer, der Aufstieg Chinas scheint unaufhaltsam. Statt gemeinsam die großen Projekte der Welt anzugehen, segelt die Bundesregierung in einen heftigen Sturm.

    Rhetorisches Wortspiel untergräbt Ein-China-Prinzip und erkennt Autonomie Taiwans an

    Das Strategiepapier der Bundesregierung ist sprachlich geprägt von rhetorisch-politischen Wortspielen, die deutlich auf Protektionismus zielen, aber oberflächlich den Anschein von Kooperation erwecken. Besonders deutlich wird dies am Beispiel der Taiwanfrage. So bekennt sich die Bundesregierung zwar weiterhin zum Ein-China-Prinzip, bezeichnet es aber ausdrücklich als „Ein-China-Prinzip der EU“. Weltweit gibt es nur eine einzelne gängige Definition des Ein-China-Prinzips, die die Volksrepublik China als einzige legitime Nation Chinas anerkennt. In den Vereinten Nationen und allen internationalen Organisationen vertritt die Volksrepublik China ganz China, einschließlich der Provinz Taiwan. Die Bundesregierung spricht nun aber im Namen der EU und erwähnt im Strategiepapier ausdrücklich, dass sie Taiwan neben der Volksrepublik China bei der Teilnahme an internationalen Organisationen unterstützen will. Dies untergräbt das gesamte Konzept des Ein-China-Prinzips und führt zu einer indirekten Legitimierung Taiwans als eigenständiger Staat.

    EU Global Gateway als chaotische Alternative zur Seidenstraße (Belt and Road)

    Die Bundesregierung distanziert sich ausdrücklich vom Seidenstraßenprojekt sowie von der Global Development Initiative und der Global Security Forces Initiative. So sieht die Bundesregierung das Belt-and-Road-Projekt als Mittel Chinas, sich in den Mittelpunkt zu stellen und andere Länder „abhängig“ zu machen. Die Bundesregierung sieht sich in der Position, eine Alternative zum One-Belt-One-Road-Projekt umzusetzen. So will die EU bis 2027 600 Milliarden Dollar in die Infrastruktur von Ländern investieren, die europäische Werte und Interessen verfolgen. Es gibt also kein klares Konzept, sondern eine gießkannenartige Verteilung von Geldern, die schon in den letzten Jahrzehnten nicht zum Erfolg geführt hat.

    Hier wird in der Formulierung des Strategiepapiers deutlich, dass die Bundesregierung nicht weiß, was die Belt and Road Initiative bedeutet. So wird das Belt-and-Road-Projekt von allen beteiligten Staaten freiwillig unterstützt. Das Belt-and-Road-Projekt konnte in den Bereichen Infrastruktur, Bau von Schulen, Wohnhäusern, Krankenhäusern, Inklusion oder Technologieentwicklung nachweislich zur Armutsbekämpfung in ganz Afrika und dem Nahen Osten beitragen. So werden Technologiekooperationen aufgebaut, Universitäten entlang der Seidenstraße kooperieren, und die Logistik wird günstiger. Im Rahmen des Projekts erhalten beispielsweise afrikanische Studenten Stipendien und können kostenlos in China studieren, um anschließend mit ihren Fähigkeiten ihr Land aufzubauen. Eine sichere Infrastruktur bringt Stabilität für die Menschen und belebt den Handel. Lokale Produkte entlang der Seidenstraße, zum Beispiel von pakistanischen Kleinbauern, können plötzlich auf dem chinesischen Markt verkauft werden. Es ist ein Projekt für eine gemeinsame Zukunft der Menschheit im Einklang mit der Natur.

    Chinas internationale Politik steht für Win-win-Kooperation, für eine multipolare Welt, für Respekt vor anderen Kulturen, ohne sie zu belehren, und für das, was es heißt, „richtig“ zu leben. Nationen, die jahrzehntelang vom Westen dominiert wurden und wo dieser aktiv Instabilität gefördert hatte, haben nun eine neue Alternative und gehen aktiv darauf zu. Nach Gesprächen mit afrikanischen Studenten in China über den Unterschied zwischen dem Westen und China erklärten sie, dass China das Geld der Regierung gibt, die in die Infrastruktur investiert und mit chinesischem Know-how Schulen etc. baut. Der Westen hingegen gibt Geld an lokale ausländische Organisationen, die korrupt sind, Warlords finanzieren und die Politik bestimmen wollen, ohne die Kulturen zu kennen.

    Durch die Distanz der Bundesregierung und die ausbleibenden Investitionen werden Deutschland und ganz Europa nicht zum Zuge kommen. Deutsche Unternehmen und Technologien sowie deutsche Anteilseigner werden durch die Politik ausgeschlossen und können sich nicht an der Entwicklung der Weltgemeinschaft in der Belt and Road Initiative beteiligen. Dies erschwert auch die Verhandlungsmacht zur Durchsetzung der eigenen Politik in den jeweiligen Regionen. Deutschland schließt sich selbst aus.

    Protektionismus im Bereich der Rohstoffe, Technologien und Handel

    China ist nach den USA der zweitgrößte Patenthalter der Welt. Die Schlüsseltechnologien sind in chinesischer Hand. Die Volksrepublik teilt diese Technologien mit allen Partnern und fördert die Entwicklung der Menschheit auf Basis von Win-win. Die Bundesrepublik erkennt China hier als weltweit führend an, etwa bei künstlicher Intelligenz, Quantentechnologien oder autonomem Fahren. Deutschland will sich hier aber von den Chinesen trennen, um nicht „abhängig“ zu werden. Gleichzeitig subventioniert die EU/BRD eigene Technologien wie KI. Das EU-Chip-Gesetz wird eingeführt. Chinesische Firmen sollen von jeglicher Beteiligung ausgeschlossen werden. Neue Rohstoffpartner sollen gefunden werden. Nur dürfen diese Technologien laut Strategiepapier nur Staaten nutzen, die die Grundwerte der Europäer vertreten. Damit werden diese Technologien vom Weltmarkt abgekoppelt, was dem Wettbewerb schadet und an den Technologiering des Kalten Krieges erinnert. Demgegenüber bekennt sich die Bundesregierung zum transatlantischen Bündnis und will solche Technologien mit den USA teilen, den Markt für US-Firmen öffnen und mit sicherheitspolitischen und militärischen Kooperationen verbinden. Fraglich ist auch, ob Protektionismus mit Sanktionen gleichzusetzen ist und das chinesische Foreign Anti-Sanctions Law aktiviert werden könnte, was zu Gegenmaßnahmen Chinas führen würde.

    Der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands für Wirtschaftsförderung (BWA) – einer der wenigen deutschen unpolitischen, rationalen Wirtschaftsverbände –, Michael Schumann, äußert sich dazu:

    „Wir begrüßen diese sogenannte „Strategie“ der Bundesregierung ausdrücklich nicht, da sie die Beziehung zu Deutschlands wichtigstem Handelspartner in einer schwierigen Zeit zusätzlich belastet. Die Prioritätensetzung, Wortwahl und Handlungsempfehlungen in diesem Dokument liegen nicht im Interesse unserer Unternehmen, die erfolgreich in China tätig sind und beabsichtigen, dies auch in Zukunft weiterhin zu sein.“

    Klimaschutz durch eigenen Protektionismus sabotiert

    Eines der wichtigsten bilateralen Ziele der Bundesrepublik Deutschland ist die Zusammenarbeit mit der Volksrepublik China im Bereich Klimaschutz. Die Volksrepublik ist weltweit Vorreiter bei erneuerbaren Technologien. Wer z.B. in China durch die Straßen fährt, sieht immer seltener Verbrennungsmotoren. Paradoxerweise setzt die protektionistische Politik der Bundesregierung auf erschwerte Handelsbedingungen für wichtige Technologien, die für den Klimaschutz von Bedeutung sein können. Auch die Forschung und Entwicklung eigener Technologien soll vor chinesischem Zugriff geschützt werden. Damit konterkariert die Bundesregierung ihre eigenen Klimaziele und erschwert die Zusammenarbeit. Kritisiert werden auch die chinesischen Subventionen für Kohlekraftwerke in Entwicklungsländern. Hier wolle die Bundesregierung Entwicklungen bremsen und gegen nationale Sicherheitsinteressen im Sinne einer „regelbasierten Weltordnung“ arbeiten. Zudem hat die EU die Erarbeitung eines neuen Investitionsgesetzes auf Eis gelegt. Die Bundesregierung setzt sich zudem dafür ein, China den Status als Entwicklungsland abzuerkennen, während sie gleichzeitig kritisiert, dass noch zahlreiche Entwicklungen in China nötig sind. Solche paradoxen Formulierungen finden sich durchgängig im gesamten Strategiepapier wieder.

    Unkenntnis der nationalen Entwicklung Chinas prägt das Strategiepapier

    Besonders auffällig an dem Strategiepapier der Bundesregierung ist die mangelnde Kenntnis der innerchinesischen Entwicklungen. Wie üblich werden nationale Angelegenheiten um Hongkong, Taiwan, Tibet oder Xinjang, die Pressefreiheit und auch der erschwerte Zugang deutscher Unternehmen zum chinesischen Markt kritisiert.

    Was die Meinungsfreiheit betrifft, so ist konstruktive Kritik in China ausdrücklich erwünscht. Kritik und Diskussion sind in China der Garant für Entwicklung. Im akademischen Bereich wird sogar explizit ein ständiger Dialog mit den USA, Deutschland und international anerkannten Organisationen wie der Weltbank geführt, um neue Entwicklungen herbeizuführen. Die akademische Diskussion ist lebhaft, und auch Kritik aus dem Ausland ist erwünscht, um das Leben der Menschen zu verbessern. Neben der akademischen Auseinandersetzung ist auch die Öffentlichkeit durch die Nähe zur Partei mit ihren über 90 Millionen Mitgliedern stark eingebunden. So gibt es beispielsweise in allen Wohnsiedlungen Nachbarschaftskomitees der Partei, die sich täglich um die Belange der Bewohner kümmern und Nöte an die zuständigen Behörden weiterleiten. Die Bewohner können selbst Parteimitglieder werden und somit am Demokratie- und Diskussionsprozess teilnehmen. Dies geschieht auf allen Ebenen bis zur Zentralregierung hoch im direkten Dialog mit der Bevölkerung.

    Ein wichtiger Bestandteil des Strategiepapiers ist gerade in Bezug auf die Wirtschaft ein fairer, nachhaltiger und reziproker Handel sowie der Schutz von Menschenrechten. So ist gerade für die Bundesregierung unklar, welche Entwicklungen innerhalb Chinas stattgefunden haben. Das Lieferkettengesetz sanktioniert sogar eigene deutsche Unternehmen, die Menschenrechte im Ausland nicht schützen. Die Volksrepublik China hat zahlreiche neue Gesetze erlassen. Patent-, Urheber- und andere Schutzrechte wurden stark an deutsche und internationale Standards angeglichen. Auch das Personal Information Protection Law (PIPL) 2020 oder das Cybersecurity Law, das dem europäischen Datenschutzrecht nahezu entspricht, wurden eingeführt. Im Jahr 2021 wurde ein neues Zivilgesetzbuch veröffentlicht, auch hier sind die Grundsätze sehr stark an das deutsche BGB angelehnt. China hat ein eigenes Arbeitsrecht (Labor Contract Law), welches Zwangsarbeit ausschließt, auch wenn im Strategiepapier von Zwangsarbeit in China die Rede ist.

    Im Jahr 2022 wurde zudem das Antimonopolgesetz in China erneuert. Unternehmen, die in China tätig sind, haben ferner eine besondere Corporate Social Responsibility. Das heißt, sie müssen Verantwortung für den Umweltschutz, den Schutz ihrer Mitarbeiter und den Schutz ihres Industriestandortes übernehmen. So findet derzeit eine neue Landreform als Opening Up statt, bei der ausländische Unternehmer erstmals quasi Eigentümer von Land werden können. Sie müssen aber die Interessen der Allgemeinheit sowie den Umweltschutz in ländlichen Regionen wahren. Auch die Privatautonomie ist in China stärker gewährleistet als in Deutschland, wo die Hürden höher sind. Es ist durchaus fraglich, woher die Behauptung des Rückschritts kommt. Vielmehr gibt es mehr Investitionsmöglichkeiten, die von den USA, nicht aber von der EU genutzt werden. Auch im Bereich des Schutzes der Bevölkerung und des Einzelnen wurde der Rechtsstaat ausgebaut. Die Ausbildung von Juristen wird gefördert, Polizisten, Beamte und einfache Bürger werden verstärkt in Rechtsfragen geschult. Der chinesische Rechtsstaat basiert auf internationalen Verträgen und hat viele deutsche Züge.

    Die Kritik an der Unterdrückung von Minderheiten ist unbegründet. Im Gegenteil, der Staat fördert die kulturellen Minderheiten und erleichtert ihnen den Zugang zu öffentlichen Einrichtungen, Universitäten, Schulen oder auch zum Berufsleben. In der täglichen Praxis bedeutet dies auch landesweite Informationskampagnen über kulturelle Minderheiten und deren Schutz. Zudem sind im Nationalen Volkskongress, dem höchsten Organ Chinas, immer Minderheiten vertreten. In Museen, Kunsthallen und in Filmen findet man auch immer Fotos und Ausführungen über kulturelle Minderheiten. Sie werden im ganzen Land mit allen 56 Kulturen respektiert.

    Ein weiteres Missverständnis betrifft das chinesische Parteiensystem. So heißt es im Strategiepapier, China habe ein Einparteiensystem. Das ist faktisch nicht richtig. So gibt es unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas mehrere Parteien. In der Politischen Konsultativkonferenz des Volkes (CPPCC), die parallel zum Nationalkongress stattfindet, beraten diese Parteien über neue Reformen. Die Parteien spiegeln verschiedene Interessengruppen wider. Da die Kommunistische Partei jedoch den Anspruch hat, das gesamte Volk zu repräsentieren, haben die Interessengruppen eine ähnliche Wirkung wie beratende Lobbys und sind z.B. Künstlergruppen etc., die am Meinungsbildungsprozess aktiv teilnehmen.

    Das Strategiepapier zielt darauf ab, Frauen im Menschenrechtsdialog zu schützen. So ist die Frau im sozialistischen China nach kommunistischem Verständnis längst gleichberechtigt. Frauen nehmen an Weltraummissionen teil, stehen an der Seite des Mannes und führen das Land mit an. Im chinesischen Grundgesetz und auch im Zivilrecht sind Kulturen und Geschlechter längst gleichgestellt.

    Erschwerung chinesischer Aktivitäten in Deutschland

    Neben der wirtschaftlichen Blockade wird auch die Zusammenarbeit mit der chinesischen Seite intensiver Prüfungen unterzogen. So werden chinesische Institutionen stärker kontrolliert, ebenso wie Konfuzius-Institute oder -Organisationen, während Partnerschaften mit Institutionen der Provinz Taiwan fortgesetzt werden. Hochschulen in Deutschland sollen aufmerksam mit den chinesischen Institutionen zusammenarbeiten. Die Bundesregierung will verstärkt eigene Softpower-Einrichtungen wie die Deutsche Welle in China etablieren, während sie chinesische Medien in Deutschland ebenso wie russische blockieren und einschränken möchte.

    Fazit zeigt schwere Prognose für Europa

    Das Strategiepapier der Bundesregierung macht deutlich, dass eine Annäherung an die USA bei gleichzeitiger Aktivierung des Protektionismus für China betrieben wird. Die Wortwahl des Papiers zeigt oberflächlich Kooperation. Alle wichtigen Punkte für wirtschaftliche Kooperation und gegenseitiges Verständnis fehlen jedoch. Die deutsche Wirtschaft wird sich weder an den Großprojekten in China noch im Nahen Osten oder gar in Afrika beteiligen können. Zugleich schottet sich Europa ab. Die Bundesregierung lässt sich von US-Thinktanks fehlinformieren und schadet der deutschen Bevölkerung, deutschen Wirtschaftsinteressen und ganz Europa. Die Unwissenheit über die inneren Angelegenheiten Chinas ist ein großes Kommunikationsdefizit. Als Lösung bleibt zu hoffen, dass China Aufklärungskampagnen startet und dem Westen erklärt, was der Sozialismus mit chinesischen Merkmalen bedeutet. Die Initiative Europas, einen neuen Markt für seine Produkte zu öffnen, ist zu begrüßen, sofern diese der Welt zugänglich gemacht werden. Allerdings ist dieser Markt laut dem bundesdeutschen Strategiepapier auf Verbündete beschränkt, was zu weiterer Abschottung führen wird.

    #Allemagne #Chine

  • Seine Exzellenz der Android
    https://www.nachdenkseiten.de/?page_id=7726
    Ce roman de science fiction de 1907 est à la fois une parodie de la société austro-hongroise sous le dernier empereur, une utopie et une réflexion sur ce qu’on allait appeller plus tard les robots, les hommes cybernétiques ou androïdes. C’est une jolie lecture d’été.

    Lire gratuitement en ligne
    https://www.projekt-gutenberg.org/gilbert/automat

    Seine Exzellenz der Automat. Ein phantastisch-satirischer Roman. Mit einem Geleitwort von Rudolf Goldscheid. Schuster & Lößler, Berlin & Leipzig 1907.

    Biographie de Leo Silberstein-Gilbert
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Leo_Gilbert

    Im Jahr 1907, mitten in der Belle Époque, auch als Fin de Siècle bezeichnet, veröffentlichte der Wiener Wissenschaftsjournalist Leo Silberstein-Gilbert einen „phantastisch-satirischen Roman“, der heute als eines der ersten Science-Fiction-Werke gelten kann. 1933 geriet er in die Zensur und wurde aus den Bibliotheken im Herrschaftsbereich des NS-Regimes aussortiert. Die von Nathanael Riemer unter dem Titel „Seine Exzellenz der Android“ herausgegebene Neuauflage will das eliminierte Buch und die Erinnerung an seinen Autor neu beleben, denn es nimmt gut 100 Jahre, bevor KI hier ein großes Thema wurde, die Gefahren der Künstlichen Intelligenz klug, erschreckend sowie humorvoll vorweg. Der Protagonist des Romans, der geniale Physiker Frithjof Andersen, konstruiert den vollkommenen Androiden Lars. Dessen Körperbau, seine Gesichtszüge, Pulsieren der Adern und selbst Gefühlsregungen imitieren den Menschen auf so natürliche Weise, dass die perfekte Täuschung gelingt. Doch das Geschöpf emanzipiert sich von seinem Schöpfer Andersen – der Android Lars macht als Großindustrieller Karriere und wird vom König zum Minister ernannt. Als er schließlich einen Krieg vorzubereiten beginnt und das Volk seine Misere in Hurrapatriotismus ertränkt, sieht sich Andersen in der Pflicht, sein eigenes Geschöpf zu zerstören… Ein Auszug.

    Der Eindruck, den Lars machte, war durchaus der eines Mannes von Geltung. Er saß bequem im Lehnstuhl, hielt Zeitung und Zigarre in den Händen, lächelte mit dem zuvorkommenden Lächeln, das ihm Andersen beigebracht hatte, und erwiderte auf alle Fragen je nach den Stichworten. Frithjof gewann die Überzeugung: Sein Android war gelungen, ganz Mensch! Er unterschied sich durch nichts von den anderen als durch den Mangel von Herz und Gemüt. Und vielleicht nicht einmal dadurch. Lars machte auf Frithjof ganz den Eindruck eines vornehmen Mannes. Die einladende Handbewegung, das entgegenkommende Lächeln, das nicht in Grinsen ausarten darf, die Bereitschaft, mit Frithjof stets einer Meinung zu sein, die Kunst, gedankenlos zu versprechen. Der Doktor freute sich, alles wiederzusehen, was er in seinen Automaten hineingesteckt. Lars bedauerte ihn, Lars tröstete ihn, Lars versprach, ihm eine bescheidene Sekretärstelle zu verschaffen, und Frithjof lachte innerlich darüber. Er sah das Werk seiner Hände, das er Rädchen für Rädchen zehn Jahre lang unter den Fingern gehabt, nach und nach sein Gönner werden. Sein Automat protegierte ihn! Er dachte an das schöne Goethesche Wort: „Am Ende hängen wir noch ab von Kreaturen, die wir machten.” Und er hatte nicht übel Lust, auf Lars zuzuspringen und ihn zu zertrümmern. Aber der linke Ellbogen schmerzte ihm noch von jenem Vorfall, als er den Androiden verkaufen wollte.

    Er suchte sich einzureden, daß sein Zorn unberechtigt sei, daß es nur eine Maschine wäre, das Werk seines Geistes, auf das er schließlich stolz sein könne; daß Lars nur einem Naturgesetz folge, freilich einem Naturgesetz, das noch von keinem Professor entwickelt und in keiner unserer Schulen gelehrt wird, das aber einst den Mittelpunkt der wichtigsten aller Wissenschaften bilden werde, der Gesellschafts-Wissenschaft: Lars war mit tausend anderen das Produkt der Verhältnisse. Man schob ihn, er ließ sich schieben, man hob ihn, er ließ sich heben. Freilich gehört dazu eine Art Geschicklichkeit; man muß beim Geschobenwerden immer eine Lage einzunehmen wissen, die für sich und die Hebenden nicht unbequem ist. Einfach wie das Schwimmen! Wer es gelernt hat, wundert sich, daß sich von der Flut tragen zu lassen erst gelernt werden müsse. Doch gibt es störrische Leute, Phlegmatiker, die auch von den besten Verhältnissen sich nicht heben lassen. Ihre Wehleidigkeit verträgt diesen oder jenen Griff nicht, oder sie machen sich zu schwer. Lars, der berechnete und berechnende Lars, widersprach niemals, weil er weder sentimentale Anwandlungen noch ein reizbares Temperament besaß, weil er sich wahrhaft jenseits von Gut und Böse befand.

    Frithjof hätte auch aus einem anderen Grunde nicht den zertrümmernden Faustschlag ausgeführt: Er schauderte zurück, es war ihm, als ob er ein Menschenleben vernichten sollte, wie ihn Lars herablassend mit den grau-grünen Reptilaugen anblickte, die so nichtssagend naiv waren, daß sich dahinter alles Denkbare verstecken konnte. Lars, der eben den Rauch seiner Zigarre – wie man am Duft spürte, eine der feinsten Sorten – in die Luft blies, Lars mit den frischen, roten, natürlichen Wangen war ihm eine zu lebendige Persönlichkeit, als daß er nicht gefürchtet hätte, einen Mord zu begehen. Und schließlich, wer beweist ihm, daß er sich nicht täuscht? Daß er, Andersen, nicht wirklich im Wahn herumwandelt? Daß dieser Mann wirklich kein Mann, sondern ein Android ist? Allerdings kannte er Stück für Stück und Härchen für Härchen an ihm. Diese nichtssagenden Augen, die grasgrüne Glashülle für jede Tücke, die natürlichsten, die er beim Optiker gefunden, hatte er ihm selbst mit diesen seinen eigenen Händen eingesetzt. Die Haut mit den vollen Wangen und dem elastischen Muskelspiel hatte er selbst monatelang zwischen diesen seinen eigenen Fingern gehabt, ehe sie vollkommen täuschend funktionierte. Er kannte die Gelenke dieser Arme und sah bei jeder Handbewegung im Geist unter dem feinen Kammgarnrock die Stahlsehnen, die anzogen. Er wußte, daß unter diesem üppigen Haarwuchs sich das komplizierteste Räderwerk verbarg, die beste Rechenmaschine der Neuzeit. Er wußte, daß in der linken Seite dieser Brust, wo bei anderen Menschen sich das Herz befindet, nichts lag als eine gewöhnliche metallene Pumpe, die durch Elektrizität in Bewegung gesetzt, die rote Flüssigkeit dirigierte, die den Menschen, ohne daß er weiß, warum, erröten und erblassen macht. Ein künstliches Schamgefühl, eine rein physikalische Erscheinung!

    Und doch, wer bürgt ihm dafür, daß dies alles nicht Einbildung, nicht das Produkt eines hitzigen Fiebertraumes ist? Vielleicht haben die Leute wirklich recht, wenn sie von seiner ausbrechenden Tollheit munkeln?

    Leo Gilbert: „Seine Exzellenz, der Android“, ein phantastisch-satirischer Roman, herausgegeben von Nathanael Riemer, 318 Seiten, Edition W, 13. März 2023

    #sciene_fiction #auf_deutsch #Autriche #histoire #parodie #capitalisme #robots

  • Rette Dich vor Benko ! Wie ein Immobilienhai aus Österreich Kaufhäuser in Grund und Boden saniert
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=99887

    Karstadt am Hermannplatz während der Olympischen Spiele 1936

    Le spéculateur Benko joue au Monopoly avec le parc immobilier austro-allemand et gagne. Pas étonnant, c’est lui qui dicte les règles du jeu. Sur le site Nachdenkseiten on peut lire l’histoire entière.

    27.6.2023von Ralf Wurzbacher - Die Signa Holding krallt sich haufenweise marode Warenhäuser, macht sie in Serie platt, bereichert sich an den lukrativen Immobilien und kassiert für all das auch noch Hunderte Millionen Euro an Steuergeldern. Was unter „Rettung“ läuft, ist in Wahrheit ein brutaler Akt schöpferischer Zerstörung, und aus den Ruinen schöpft allen voran Konzernboss René Benko. Auf der Strecke bleiben Beschäftigte, Kunden und unternehmerischer Anstand. Mit Recht und Gesetz geht es bei all dem vermutlich auch nicht zu, wie ein Blick zu unseren österreichischen Nachbarn offenbart. Aber auch in Deutschland hinterlässt sein Geschäftsmodell ein Trümmerfeld.

    Zerstörte Häuser in Berlin, Hermannsplatz. Vom einst modernsten Karstadt Kaufhaus der Stadt blieben im Mai 1945 nur Ruinen stehen.


    Le magasin Karstadt aujourd’hui, il n’en restent que trois étages et un énorme parking. Le terrain qu’occupe le bâtiment est la cible de la convoitise du spéculateur de Tyrol.

    #Allemagne #Autriche #immobilier #spéculation #commerce #grands_magasins #corruption

  • Stimmen aus der Ukraine : Die derzeitige Hauptkonfrontation findet zwischen Trans-Spekulanten und Vertretern einer staatlich-politischen Weltordnung statt
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=99646

    Une voix de gauche ukrainienne - le politicien Maxim Goldarb dévéloppe l’idée que le conflit ukrainien serait le résultat d’un antagonisme entre les forces supranationales « trans » et leurs ennemis nationalistes dont Poutine, Trump et Erdogan. Ses idées ressemblent aux tentatives d’attribuer des valeurs positives au soi disant capital productif (investi dans les terres, les usines et infrastructures) et de l’opposer au capital spéculatif néfaste. Ses points de vue sont intéressants malgré leurs faiblesses analytiques.

    24.6.2023 von Maxim Goldarb - In der Welt prallen heute nicht mehr nur Länder aufeinander, nicht einmal mehr der Westen und der Osten: Wir sind heute Zeugen und Teilnehmer am Zusammenprall zweier Systeme – eines neuen, an dessen Spitze transnationale, auf spekulativem Kapital basierende Konzerne stehen, und eines traditionellen, das von Staaten und ihren Führern, den Staatsmännern, repräsentiert wird. Das neue System hat innerhalb der Grenzen der üblichen Staatsstruktur wenig Platz, es braucht einen Planeten, auf dem die Wirtschaftskonzerne regieren, die derzeitigen Grenzen der Staaten verschwimmen, die menschliche Gesellschaft unter einer Autorität vereint und in konditionierte Kasten aufgeteilt wird. Und dieser Kampf der Systeme wird gerade in meinem Heimatland, der Ukraine, ausgetragen.

    –---
    Es wird eine brutale Geschäftswelt sein, deren Bosse die menschliche „Herde“ im Einklang mit Geschäfts- und Umweltinteressen ausdünnen werden. Der Einfachheit halber schlage ich vor, das neue System „Trans-Spekulanten“ zu nennen und das traditionelle System „Statisten“. Die Trans-Spekulanten haben längst einen schönen Namen für sich gefunden – „Globalisten“. Meines Erachtens entspricht er jedoch nicht ganz ihrem Wesen als transnationale Raubtiere und dem Wesen des daraus resultierenden Superkapitals (das auf der Grundlage von spekulativen Erwartungen und Spekulationen auf den Aktien- und ähnlichen Märkten fabelhafte Gelder verdient, ohne ein wirkliches Produkt herzustellen).

    Im Allgemeinen haben die Trans-Spekulanten gelernt, diese oder jene schönen Worte und Namen perfekt zu verwenden, um das öffentliche Bewusstsein zu manipulieren: liberale demokratische Werte (in Wirklichkeit ein System von Kriterien-Normen-Regeln, die gewaltsam und zwanghaft auf der ganzen Welt verbreitet und umgesetzt werden und den Individualismus aus dem Individuum, der Geschichte und dem Verständnis des eigenen Platzes im Leben entfernen (aber dazu unten mehr); westliche Kultur; Öko-Aktivisten; freie Gesellschaft; Redefreiheit; Gleichberechtigung der Geschlechter und mehr.

    „Die liberale Demokratie ist ein westliches Relikt aus einer vorübergehenden unipolaren Episode der Geschichte. Sie ist ein Baum ohne Wurzeln, der keine Chance hat, einem Sturm standzuhalten”, schreibt der tschechische Journalist Ivan Hoffman.
    „Dieses Konzept ist eigentlich weder liberal noch demokratisch. Es ist nicht einmal wertebasiert, und in Wirklichkeit handelt es sich um eine liberal-demokratische Diktatur. Die liberale Demokratie hat sich selbst zu einem politischen Ideal erklärt. Die liberale Demokratie ist wie ein Haus ohne Fundament, wie ein Baum ohne Wurzeln, der keine Chance hat, einem Sturm standzuhalten. Sie ist auch die miserabelste Version des Kapitalismus in der Geschichte.“

    Hoffmann weiter:

    „Die liberale Demokratie hat die nationale, regionale und staatliche Einheit aufgegeben und sich auf die Atomisierung der Gesellschaft verlassen. Staaten ohne klare Grenzen, ohne rechtliche Souveränität und ohne wirtschaftliche Kompetenzen, einige sogar in der Position einer verachtenswerten Peripherie, sahen sich transnationalen Spekulanten, einem wirtschaftlichen Wettbewerb ohne Regeln und einer kollabierenden Weltlogistik gegenüber. Man bietet uns nur oberflächliche Phrasen und lange Slogans. Es zeigt sich, dass die liberale Demokratie, die heute unsere politische Strömung beherrscht, ausschließlich auf die Technologie der Macht ausgerichtet ist und Autonomie, Tradition und Autarkie ebenso aufgegeben hat wie Solidarität, Freiheit und Gerechtigkeit. Im Namen der liberalen Demokratie werden die bürgerlichen Freiheiten systematisch beschnitten, den Menschen werden unrealistische Experimente aufgezwungen, und parallel dazu werden alle Lebensbereiche mit bürokratischen Methoden reglementiert, da ein aktives, unabhängiges, „ungefangenes“ Individuum für die liberale Demokratie entgangene Gewinne darstellt. Im Namen der liberalen Demokratie erstickt der Staat die Demokratie, setzt auf Zensur und Selbstzensur und lehnt die Suche nach einem öffentlichen Konsens im Zuge einer offenen demokratischen Diskussion ab, indem er Kritiker zum Schweigen bringt, und wird selbst zum Hauptmonster.“

    Ein wenig zu den Begriffen, die von den Trans-Spekulanten verwendet werden. Also, liberal-demokratische Werte – wie oben erwähnt, die „richtigen“ Konzepte von Bildung, Identität, Selbstidentifikation, einschließlich Geschlecht, Gut und Böse, die den Ländern und Völkern aufgezwungen werden. Gleichzeitig werden sie aggressiv, zielgerichtet und kategorisch eingeführt, ohne Rücksicht auf die Geschichte der Empfängerländer, ihre Religion, Kultur, allgemein akzeptierte Verhaltens- und Wahrnehmungsnormen, die fast immer im Widerspruch zu den lokalen Grundlagen stehen.

    Die tiefe Aufgabe dabei ist es, die menschliche Individualität auszulöschen, die Selbstidentifikation zu verwischen, eine bestimmte Person von ihrem Volk und den gemeinsamen historischen, kulturellen und spirituellen Werten zu trennen, sie zu verwirren und sie selbst bei so scheinbar offensichtlichen Begriffen wie Geschlecht mit einer Welle unnötiger und oft falscher Informationen zu erdrücken, Fakes. Wozu das alles? Alles ist banal: Die Verirrten und Verwirrten sind viel einfacher zu verwalten. Solche Menschen werden ihr Territorium, ihre Vergangenheit, ihre Möglichkeiten, Rechte und Perspektiven, ihren Staat nicht verteidigen.

    „Die Atomisierung der menschlichen Gesellschaft“, wie Hoffman so treffend bemerkte. Das Hauptziel der Trans-Spekulanten, so filmisch-fiktiv es auch klingen mag, ist die Eroberung der Reichtümer der Welt, und der Weg dorthin führt über die Eroberung bestimmter Staaten, auf deren Hoheitsgebiet sich diese Reichtümer befinden; mit anderen Worten, eine Veränderung der staatlich-territorialen Struktur der Welt, die vor mehr als 200 Jahren festgelegt wurde. Die Trans-Spekulanten und die von ihnen geführten transnationalen Konzerne sind über die nationalen Grenzen hinausgewachsen, sie wollen mehr. Riesige Finanzmittel, größtenteils ungesichert, wollen sie gegen reale Werte eintauschen: Wasser, Land, Fossilien. Mark Twain sagte auch: „Investiere in Land – sie produzieren es nicht mehr.“

    Sie wollen ihr Handeln nicht mit nationalen Regierungen koordinieren. Sie wollen nicht mehr von der widerspenstigen Menschheit abhängig sein – sowohl in ökologischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Dies ist ihr zweites Ziel, für das sie die Kontrolle über die Menschen übernehmen wollen. Die künftige Weltordnung soll in den Augen der Trans-Spekulanten wie ein streng ausdifferenziertes Kastenmodell aussehen, mit der Möglichkeit, die Zahl der Menschen, die den Planeten bewohnen und seine Ressourcen verbrauchen, jederzeit zu ändern, wenn es sein muss, und einer strikten Kontrolle über Leben und Tod jedes Einzelnen mit Hilfe der neuesten Technologien. Sie haben Geschäftssinn und einen räuberischen Verstand, und wenn sie irgendwo auf dem Globus etwas „Schmackhaftes“ und Notwendiges sehen, um ihre Position zu stärken, werden sie mit Sicherheit dorthin kommen.

    Bislang nutzen die Trans-Spekulanten kontrollierte Staaten und deren Institutionen als Instrumente zur Umsetzung ihrer Pläne. Ein markantes Beispiel für einen solchen Instrumentalstaat sind die Vereinigten Staaten, die etwa Mitte der 1990er-Jahre zu einem solchen wurden. Das gesamte staatliche System dieses großen Staates, alle seine staatlichen Institutionen stehen heute nicht im Dienste seiner selbst, sondern von trans-spekulativen Clans und werden benutzt, um eine neue Welt zu errichten – eben jene Konzernwelt, in der die nationalen Grenzen verschwimmen und der nationale Reichtum nicht den Ländern, sondern den transnationalen Konzernen und ihren Eigentümern, den Trans-Spekulanten, gehört.

    Ein Beispiel für einen prominenten Vertreter der Trans-Spekulanten ist George Soros: Seine privaten Strukturen sind seit Langem mit den staatlichen verschmolzen und erfüllen ähnliche Aufgaben der Förderung und Durchsetzung – auch durch Staatsstreiche – „neuer“ Lebensregeln; ihr Gewicht und ihr Einfluss sind enorm, gerade weil sie mit der amerikanischen Staatlichkeit verschmolzen sind. Trans-Spekulanten besitzen den militärisch-industriellen Komplex, Investmentfonds, Informations- und Filmproduktionskonzerne und sogar Technologie- und Pharmariesen: Das spekulativ erworbene fabelhafte Geld hat ihnen die Möglichkeit gegeben, Aktien und andere Eigentumsrechte im Produktionssektor zu erwerben.

    Was die „Macher des Willens“ des trans-spekulativen Kapitals angeht, möchte ich der ehemaligen US-Präsidentschaftskandidatin Tulsi Gabbard das Wort erteilen:

    „Ich kann nicht länger in der Demokratischen Partei in ihrer derzeitigen Form bleiben. Sie befindet sich unter der vollständigen Kontrolle einer elitären Kabale von Kriegstreibern! Ich glaube an eine Regierung, die dem Volk gehört, vom Volk geführt wird und im Interesse des Volkes handelt. Leider ist die Demokratische Partei in ihrer derzeitigen Form nicht so. Stattdessen hält sie eine Regierung aufrecht, die den Machteliten gehört, von den Eliten geführt wird und im Interesse der Eliten handelt. Ich rufe meine vernünftigen und unabhängigen Kollegen in der Demokratischen Partei auf, sich mir anzuschließen und sie zu verlassen.“

    Und hier der derzeitige US-Präsidentschaftskandidat Robert Kennedy Jr.:

    „Ich spreche über die Probleme, die meiner Meinung nach die meisten Amerikaner und wahrscheinlich auch die meisten Demokraten beunruhigen: die systematische Zerstörung der Mittelschicht und der Aufstieg der Konzerne – insbesondere der Konzerne, die die Umwelt verschmutzen, und die korrupte Verschmelzung von Staats- und Konzernmacht. Letztere wird vor allem durch das Banken- und Finanzkapital und den militärisch-industriellen Komplex repräsentiert. Durch Kriege, staatliche Rettungsaktionen, Bankenrettungen und Abschottung vernichten wir systematisch die amerikanische Mittelschicht und drucken Geld, um Milliardäre noch reicher zu machen.“

    Weiter führt Kennedy Jr. aus:

    „Die CIA wurde zu einer Behörde, deren Aufgabe es war, den militärisch-industriellen Komplex mit einem ständigen Strom neuer Kriege zu versorgen. Wir müssen zugeben, dass nicht nur unsere zivilen Behörden vom militärisch-industriellen Komplex übernommen wurden – das Verteidigungsministerium und vor allem die Nachrichtendienste wurden vom militärisch-industriellen Komplex vollständig unterworfen … Die CIA war an Staatsstreichen und versuchten Staatsstreichen in etwa einem Drittel der Länder der Welt beteiligt, von denen die meisten demokratisch waren. Wenn es also unsere nationale Politik als Land ist, die Demokratie zu fördern, dann ist die Politik der CIA das genaue Gegenteil. Das ist gegen die nationale Politik der Vereinigten Staaten.“

    Genug gedacht? Amerikas Problem ist, dass es sich hat instrumentalisieren lassen. Aber gehen wir noch weiter: Wer sind diejenigen, die sich gegen die trans-spekulative Weltspitze wehren? Warum brauchen sie sie? Warum sind sie nicht bereit und nicht willens, zu verlieren?

    Seien Sie nicht überrascht, aber ich werde mit Donald Trump beginnen. Ja, es war dieser 45. Präsident der Vereinigten Staaten, ein prominenter Vertreter des traditionellen amerikanischen Industriekapitals, der sich den Trans-Spekulanten in den Weg stellte und anschließend von ihnen gestürzt wurde. Er war es, ein Milliardär und Kapitalist, der versuchte, die Trans-Spekulanten an ihrem Vorhaben zu hindern, Amerika in ein Werkzeug zu verwandeln: Auf seine Anregung hin zogen sich die Staaten 2017 aus dem sogenannten Transpazifik-Abkommen zurück, zu dessen Bedingungen, wie die Medien berichteten, die schrittweise Förderung der Vorherrschaft des Gesellschaftsrechts über das Recht der Staaten gehörte, der Beginn der Übertragung eines Teils der souveränen Befugnisse der Staaten auf transnationale Konzerne. Er war es, der versuchte, die „entkommene“ Produktionsbasis in sein Land zurückzuholen, da er erkannte, dass man mit Aktienindizes allein nicht weit kommt. Er war es, der damit begann, amerikanische Militärkontingente aus anderen Ländern abzuziehen und damit die Einkommen der Militäroligarchen zu beschneiden.

    Wer noch? Derselbe Robert Kennedy Jr., Viktor Orban, der ungarische Ministerpräsident, der Soros-Strukturen aus seinem Land vertrieben hat und ein eindeutiger Trump-Sympathisant ist; der türkische Präsident Erdogan, der sich mit einem versuchten Staatsstreich auseinandersetzen musste, der von dem größten „Verbündeten“ der Türkei in der NATO organisiert wurde; der chinesische Staatschef Xi Jinping; die Präsidenten von Russland, Brasilien, Kuba, Algerien, Ägypten, Weißrussland, Indonesien, Vietnam, die Führer der Länder des Nahen Ostens… Die Liste ließe sich fortsetzen, denn die Gegner der Trans-Spekulanten sind auch heute noch in der Mehrheit – sowohl was die Zahl der Länder als auch die Zahl der in ihnen lebenden Menschen angeht. Es sind Staaten verschiedener politischer und staatlicher Systeme, Vertreter des sozialistischen und des kapitalistischen Lagers, Demokraten, Autokraten und sogar Despoten, die heute durch die gemeinsame Drohung vereint sind, die Welt neu zu gestalten und das klassische, traditionelle System der staatlich-politischen Weltordnung zu beseitigen.

    Darüber hinaus bin ich mir sicher, dass Staatsmänner auch durch ähnliche persönliche Eigenschaften verbunden sind, was zu gegenseitiger prinzipieller Sympathie und Unterstützung führt, unabhängig von diesen oder anderen Meinungsverschiedenheiten in der Arbeit. Zwischen diesen beiden Lagern, zwei Gegensätzen, zwischen dem jungen spekulativen transnationalen Kapital und den Staatsmännern, findet heute ein Kampf statt, dessen offensichtlicher Angriffspunkt leider unser Land, die Ukraine, geworden ist.

    Verschiedene Propheten versuchen zu sagen, was mit der Ukraine geschehen wird, was mit Russland, Europa, den Vereinigten Staaten passieren wird. Wenn der Krieg weitergeht, wird nichts Gutes geschehen: Früher oder später wird er in ein qualitativ neues Stadium übergehen, das für die ganze Welt tödlich sein kann. Wenn der Krieg in der Ukraine weitergeht, wird a priori nichts Gutes passieren, denn sie ist das Epizentrum des Krieges, der Hebel der Anwendung, der Sprengstoff, der, ob er nun das Ziel in die Luft jagt oder nicht, mit Sicherheit selbst explodieren wird. Leider befindet sich unser Land heute in dieser Hypostase – es hat sich in diese verwandelt. Der Krieg für die Ukraine ist ein Zeichen „gleich“ seiner Abwesenheit auf der geopolitischen Karte der Welt. Wer auch immer jetzt was sagt. Meiner Meinung nach kann das Land nur durch friedliche Verhandlungen und die Erreichung des Friedens gerettet werden

    #Ukraine #guerre #capitalisme #guerre

  • Kein Bündnis mit dem Hauptfeind – Fünf Thesen zur Konferenz „Was tun ?! DIE LINKE in Zeiten des Krieges“
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=97359

    Le parti Die Linke change de cap et abandonne sa position fondamentale contre la guerre au profit d’une politique otaniste. C’est assez inquiétamt parce que nous sommes en train de perdre la dernière voix contre les illusions suicidaires dans les parlements de la république.

    8.5.2023 Ein Artikel von Sevim Dagdelen

    Zum Hintergrund: Wir geben die Rede wieder, die die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen in Hannover auf dem Auftaktpodium des Kongresses „Was tun? Die Linke in Zeiten des Krieges“ gehalten hat. Das ist interessant im Kontext der im linken Lager aktuell geführten Debatte. Von Sevim Dagdelen.

    Fünf Thesen zur Konferenz „Was tun?! DIE LINKE in Zeiten des Krieges“

    Erstens:

    Im Zuge des Krieges in der Ukraine hat sich die Tendenz beschleunigt, dass DIE LINKE von Führungspersönlichkeiten aus von einer Friedens- in eine Kriegspartei verwandelt werden soll. DIE LINKE vollzieht im Zeitraffer eine Entwicklung der SPD und der Grünen hin zu einer Akzeptanz und Einforderung einer militarisierten deutschen Außenpolitik. Wie bei den Grünen ist zu beobachten, dass man sich in der Tradition von Konvertiten des Krieges an die Spitze der Kriegsparteien in Deutschland zu setzen versucht. Stichworte: Wirtschaftskrieg gegen Russland, Waffenlieferungen in Kriegsgebiete, die Heiligung der NATO und zuletzt ein JA zu Auslandseinsätzen, zu robusten Kampfeinsätzen der Bundeswehr.

    Die Entwicklung der SPD und der Grünen beobachtend, hatten wir in der Vergangenheit immer vor „Türöffnern“ und „Rutschbahnen“ gewarnt. Bei der Linken kann man die Türen fast nicht mehr zählen, die geöffnet wurden, und wie gesagt, man hat den Eindruck, dass die Geschwindigkeit auf der Rutschbahn fast täglich erhöht wird.

    Ganz konkret: Wer in der Vergangenheit im Vorfeld des 1. Mai im Ticker der Agenturmeldungen nach der LINKEN suchte, fand Forderungen nach höheren Löhnen, sicheren Renten und einer friedlichen Außenpolitik. In diesem Jahr 2023 war das zum ersten Mal anders. Die Schlagzeilen beherrschte die Forderung einer ehemaligen Vorsitzenden der Linken nach Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet, ganz konkret in die Ukraine.

    Zweitens:

    Dieser Bruch mit dem friedenspolitischen Grundkonsens der LINKEN blieb – wie auch die vielen vorangegangenen Brüche ganzer Landesverbände etwa in Bremen oder Thüringen mit ihren Forderungen nach Rüstungsexporten – unwidersprochen von der so genannten Führung der Partei. Im Gegenteil befeuert die stellvertretende Parteivorsitzende Schubert, die geistig längst bei der FDP-Rüstungslobbyistin Strack-Zimmermann und dem Panzer-Toni Hofreiter von den Grünen angekommen ist, mit ihrem Ruf nach Waffenlieferungen den Programmbruch.

    Mit diesem Ruf nach Waffenlieferungen gleicht die Linke sich an den Mainstream der Kriegsparteien im Land an. Sie ruft neben ihrer Forderung, den selbstzerstörerischen Wirtschaftskrieg gegen Russland zu intensivieren, Stichwort des Parteivorsitzenden: ‚Sanktionen besser durchsetzen‘, zu einer Beteiligung Deutschlands über die Waffenlieferungen am NATO-Stellvertreterkrieg unter US-Führung gegen Russland auf.

    Um mit Karl Liebknecht zu sprechen. Diese LINKE sucht das Bündnis mit dem Hauptfeind, der im eigenen Land steht.

    Drittens:

    Bei ihrem Akkommodieren mit herrschenden Positionen ist diese LINKE bereit, ein Surplus zu liefern. Und der Überschrift in seinem FAZ-Interview „Putin hat vollzogen, was Hitler nicht geschafft hat“ redet Bodo Ramelow einem ehernen Geschichtsrevisionismus das Wort, gegen den selbst Ernst Nolte als Waisenknabe dasteht. [Bodo Ramelow im Interview mit der FAZ: „Putin hat vollzogen, was Hitler nicht geschafft hat“ (nachdenkseiten.de) ]

    Die Botschaft: Putin ist nicht nur Hitler, nein, Putin ist schlimmer als Hitler. Während zur Legitimation der NATO- und US-Kriege in der Vergangenheit wenigstens noch das Gleichheitszeichen stand: Milosevic ist Hitler, Saddam Hussein ist Hitler und Gaddafi ist Hitler, um die eigenen Regime-Change-Kriege zu legitimieren von Bush zu Obama, sieht sich Ramelow, offenbar um den Mehrwert dieser Linken beweisen zu wollen, zu einem Überbietungswettbewerb veranlasst. Wie gesagt, Putin ist nicht gleich Hitler, sondern er hat sogar vollzogen, was Hitler nicht geschafft hat.

    Diese Kriegslegitimation wurde selbstverständlich gierig aufgesogen. Sie taugt in ihrem pseudo-antifaschistischen Duktus natürlich auch hervorragend als Kriegslegitimation. Am Ende muss dieser Diskurs in der Vergöttlichung der deutschen Rüstungsindustrie münden, die die vielen schönen Waffen für den antifaschistischen Kampf herstellt. Dem Fall nach unten, was die Programmatik angeht, sind damit keine Grenzen mehr gesetzt.

    Viertens:

    Am Ende wirkt der Ukraine-Krieg nur wie der Brandbeschleuniger, was die friedenspolitischen Positionen angeht. Lange vorbereitet ist der Bruch – sowohl durch das permanente Drängen, die Verbrechen der USA und der NATO nicht zu deutlich zu kritisieren, aber auch durch das ständige Drängen als gouvernementalen Präventivschlag, die Kritik der Linken an der NATO abzuräumen.

    Programmatisch vorbereitet auch durch eine Äquidistanz zu Russland und der NATO, um dann zu einer Position überzugehen, wo man die Kritik nur noch auf Russland kaprizierte, aber fortan vom Hauptfeind schwieg. Dieselben Leute, die einem jahrelang erklärten, es gäbe keinen Imperialismus mehr, der Begriff sei überholt, entdeckten ihn wieder im Fahrwasser von Olaf Scholz, aber ausschließlich als russischen Imperialismus. [Olaf Scholz betont Widerstand gegen russischen »Großmachtwahn und Imperialismus« – DER SPIEGEL]

    Und so wie die SPD-Linke sich der Bauernfängerei für den Ersten Weltkrieg und eine linke Zustimmung anschloss, indem sie ihn zum Krieg gegen den Zarismus verklärte, so findet der Imperialismus-Begriff seine Verwendung von Links auf Russland. Zitat Ramelow von 2016: „Wir müssen ja keine begeisterten Nato-Anhänger werden“, wenn wir regieren. Sprache kann verräterisch sein. [Bodo Ramelow: “Wir müssen ja keine begeisterten Nato-Anhänger werden” | ZEIT ONLINE]

    Man muss es Katja Kipping lassen, dass sie hier am weitesten fortgeschritten ist. DIE NATO, die nicht nur entgegen aller Zusagen die Ostexpansion unter der Führung der USA organsiert hat, die in Afghanistan einen 20-jährigen mörderischen Krieg geführt und Länder wie Jugoslawien und Libyen völkerrechtswidrig überfallen hat, wird nur für diese LINKE zu einer regelrechten Friedensallianz. Marx hatte noch davor gewarnt, dass das Selbstbild einer Person oder auch einer Organisation nicht zwingend mit der Wirklichkeit übereinstimmen müsse, aber bei der Kipping-Linken, die würdige Nachfolger gefunden hat, ist es so.

    Folgerichtig wird die Revision des Programms gefordert, die Positionen zur NATO müssten weg, denn eine „generelle Ablehnung sei überholt“, so Kipping. [Generelle Ablehnung überholt: Kipping: Linke muss NATO-Position überdenken – n-tv.de]

    Fünftens:

    Eine Rückkehr zum friedenspolitischen Grundkonsens ist mit dieser LINKEN-Führung nicht zu machen. Die LINKEN-Führung steht eben auch nicht nur für das Stillhalten bei den Forderungen nach Waffenlieferungen, nein, viel schlimmer setzt sie auf einen Wirtschaftskrieg an der Seite des US-Imperialismus, der vor allem die eigene Bevölkerung trifft. Wer aber den sozialen Krieg gegen die eigene Bevölkerung mit einfordert, der macht sich natürlich auch völlig unglaubwürdig im Hinblick auf eigene soziale Forderungen und wird von der Bevölkerung zunehmend als Teil des Problems wahrgenommen. Es braucht aber eine glaubwürdige soziale und friedliche Kraft in diesem Land, die kein Bündnis mit dem Hauptfeind im eigenen Land eingeht. Es ist unsere historische Verantwortung, am Ende einer Partei, die zur Kriegspartei mutiert, nicht auch noch Legitimität zu verleihen.

    Unsere historische Verantwortung ist es, uns gegen Wirtschaftskriege und Waffenexporte zu stellen und gegen einen Militärpakt, der auf Aufrüstung, Eskalation, Expansion und Überfälle setzt. Es braucht eine Kraft, die auf einen sofortigen Waffenstillstand, unkonditionierte Verhandlungen und ein Ende des Wirtschaftskrieges setzt. Es braucht eine Kraft, die glaubwürdig für Frieden, Freiheit und soziale Gerechtigkeit eintritt.

    #gauche #Allemagne #impérialisme #OTAN

  • Top German wolf warrior wants China to end war the West sponsors
    https://www.scmp.com/comment/opinion/article/3217122/top-german-wolf-warrior-wants-china-end-war-west-sponsors

    Pour les Chinois connaissant la politique occidentale la ministre des affaires étrangères allemande est une précieuse ridicule. L’auteur du South China Morning Post de #Hong_Kong se moque d’elle en l’appellant une guerrière loup qui aurait mieux fait rester chez elle pour assouvir ses besoins d’écologiste.

    14.4.2023 My Take by Alex Lo

    It’s unlikely Annalena Baerbock will convince Beijing during her visit to toe line of Washington, Nato and force Moscow to capitulate in Ukraine

    When a former peacenik makes a religious conversion to American-style neoconservative interventionism, she can be more gung-ho than your average Pentagon general.

    Here we have Annalena Baerbock, Germany’s warrior foreign minister, who is going to Beijing to tell China to behave and follow instructions – or else.

    “China bears a special responsibility for world peace,” she said ahead of her trip. “The role that China plays with its influence vis‑a‑vis Russia will have consequences for the whole of Europe and for our relationship with China.

    “At the top of my agenda … is our interest in bringing the war on our European doorstep in Ukraine to a swift, lasting and just end.”

    I am sure she will find a receptive audience in Beijing by issuing a direct threat before starting her visit.

    The leader of the Greens, the once peace-loving lefty party of Germany, Baerbock has openly declared that her country, along with Nato and the United States, is fighting a war against Russia.

    This is what she said at the Parliamentary Assembly of the Council of Europe in Strasbourg, on January 24: “We are fighting a war against Russia … We can fight this war only together.”

    Let me include the whole passage lest someone accuse me of quoting out of context: “Yes, we have to do more to defend Ukraine. Yes, we have to do more also on tanks. But the most important and the crucial part is that we do it together, and that we do not do the blame game in Europe, because we are fighting a war against Russia, and not against each other.

    “Obviously, Ukraine needs more military support, but not only by one country like mine or the US, by all of us. We can fight this war only together.”

    The day after her speech, Berlin announced it was sending 14 cutting-edge Leopard 2 tanks – and would allow other countries to send theirs as well – to Ukraine. Earlier in January, she visited the front lines in eastern Ukraine to rally for more Western weapons.

    So, let me wrap my head around her warning against China. The collective West has been sending endless weapons and military training, along with the provision of real-time intelligence on Russian troop movements and targets, but it is China’s responsibility to get Russia out of Ukraine.

    Beijing has supplied no weapons or intelligence to Moscow’s war machine and is the only world power to have offered something that resembles a peace proposal.

    Baerbock reminds me of an internet meme a while back: “Sorry, but I can’t hear you over the sound of how awesome I am.” It seems she is so mesmerised by the awesomeness of her Churchillian war-rallying cries she can’t be bothered to gauge how she sounds to others.

    She is probably too used to adulation and cheerleading – “Germany is waking up to its historic responsibility” blah, blah, blah – at Nato headquarters and in Washington.

    Her country is now at the forefront of the European Union’s military resurgence, led by a former peacenik.

    There is the minor problem, though, that most people in the EU want the war to end quickly by starting negotiations. According to a December poll conducted by the Project Europe Research of Szazadveg, a Hungarian think tank, an overwhelming 82 per cent of people in the EU agreed with the statement that “Russia and Ukraine should be forced into peace talks to end the war”.

    Somehow the majority voices don’t count in Europe – despite repeated surveys showing similar results and mass rallies across the continent – when it comes to prosecuting the war in Ukraine.

    It’s hard not to conclude Baerbock’s China trip is more window-dressing to show Western warmongers like her are reasonable people, and it’s the Chinese who won’t play to the tunes of Washington and Nato to force Moscow to capitulate.

    As a greenie, she might have helped Mother Earth by saving her trip and its carbon footprint from her state jet to China.

    Alex Lo has been a Post columnist since 2012, covering major issues affecting Hong Kong and the rest of China. A journalist for 25 years, he has worked for various publications in Hong Kong and Toronto as a news reporter and editor. He has also lectured in journalism at the University of Hong Kong.

    Le site Nachdenkseiten nous offre une traduction du commentaire du SCMP.
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=96479
    Le traducteur allemand de l’article se trompe quand il explique la signification du titre du commentaire.

    L’expression « diplomatie du guerrier loup » ("wolf warrior diplomacy") est un terme répandu parmi les diplomates chinois qui désigne une attitude agressive, cherchant le conflit avec la Chine. Il représente l’équivalent du « guerrier froid » dans les relations internationales ou du « faucon » en général.

    Cet article de Wikipedia nous permet une meilleure compréhension de la fine ironie d’Alex Lo.
    https://fr.m.wikipedia.org/wiki/Diplomatie_du_loup_guerrier

    La diplomatie du guerrier loup se caractérise par l’utilisation par les diplomates chinois d’une rhétorique de confrontation, ainsi que la volonté accrue des diplomates de repousser les critiques à l’égard de la Chine et de susciter la controverse dans des interviews et sur les médias sociaux. Il s’agit d’une rupture avec l’ancienne politique étrangère chinoise, qui s’attachait à travailler en coulisses, à éviter la controverse et à privilégier une rhétorique de coopération internationale, illustrée par la maxime selon laquelle la Chine « doit cacher sa force » dans la diplomatie internationale. Ce changement reflète la façon dont le gouvernement chinois et le PCC entendent interagir avec le monde entier.

    Quand les représentants de deux nations différentes s’expriment de la même façon ce n’est pas la méme chose.

    Les efforts visant à incorporer la diaspora chinoise dans la politique étrangère de la Chine se sont également intensifiés, l’accent étant mis sur la loyauté ethnique plutôt que nationale.

    Alex Lo dessine implicitement l’image d’une diaspora allemande en Chine incorporée dans la politique étrangère allemande C’est fort drôle à cause de sa taille minuscule en comparaison avec la diaspora chinoise en occident. Ce faisant il qualifie de mégalomane l’attitude d’Annalena Baerbock par rapport à la Chine. Ici sa fine ironie prend la même signification comme la maivaise blague qui présente la politicienne verte comme « la pire ministre des affaires étrangères allemande depuis Ribbentrop ».

    #Chine #Allemagne #OTAN #Ukraine

  • Causa Patrik Baab : Des Journalismus‘ bezichtigt
    https://overton-magazin.de/top-story/causa-patrik-baab-des-journalismus-bezichtigt

    Je découvre la publication Overton et je ’ai pas encore d’idée où la situer politiquement et sur mon échelle de crédibilité. Pourtant cette histoire est assez remarquable pour la noter :

    Un journaliste très expérimenté "vielle école" entreprend un voyage à ses propres frais en Ukraine pour nous renseigner sur le referendum de sécession de régions frontalières avec la Russie. Il fait son travail, il observe et critique le déroulement du vote, puis il se fait bousculer et licencier par les universités où il enseigne le journalisme.

    Il est intéressant de suivre cette affaire car elle peut aider à comprendre dans quelle mesure il est justifié de qualifier de "Gleichschaltung" ce qui se passe dans médias et la société allemande.

    J’ajoute quelques liens supplémentaires sous l’article.

    10.3.2023 von Roberto De Lapuente - Patrik Baab ist ein renommierter Journalist. Aber er soll seine Know-How nicht mehr an angehende Journalisten weitergeben dürfen. Grund: Er hält sich an journalistische Standards. Und das ist heute nicht mehr gerne gesehen. Über den Niedergang einer Zunft.

    Journalisten, die mehr als nur Haltung haben, Berufsethos nämlich, haben es dieser Tage schwer. Aktuelles Beispiel: Seymour Hersh. Der amerikanische Journalist hat mittels einer anonymen Quelle herausgearbeitet, wer für die Anschläge auf Nord Stream I und II verantwortlich zu machen ist. Die US-Navy und Norwegen nämlich. Die deutsche Presse stürzte sich auf diese Eminenz des amerikanischen Investigativjournalismus und ließ den Mann wie einen Anfänger aussehen. Die Kritik kam von »Kollegen«, von Journalisten, die die meiste Zeit ihres Arbeitsleben damit zubringen, am Schreibtisch zu sitzen oder gegenseitig von sich abzuschreiben.

    Feldstudien kennen sie eher nicht. Für sie heißt journalistische Arbeit lediglich, vorgefertigte Stellungnahmen zu akzeptieren, sie lediglich auf Anweisungen hin zu hinterfragen. Als die US-Regierung Hershs Bericht dementierte, akzeptierten diese Kritiker Hershs das Dementi als glaubhafte Stellungnahme – hier endete ihr journalistisches Gespür mal wieder abrupt.

    Ähnlich wie Hersh ist es in der jüngsten Vergangenheit dem deutschen Journalisten Patrik Baab ergangen. Er hat seinen Schreibtisch verlassen, um etwas zu tun, was der zeitgenössische Journalismus in Deutschland kaum noch tut: Sich einen Eindruck vor Ort zu verschaffen. Letztlich macht man ihm genau das zum Vorwurf. Als Journalist, so empfiehlt es sich offenbar in diesen Zeiten und Landen, bleibt man brav vor seinem Laptop sitzen und recherchiert bei Wikipedia und in den Weiten von Twitter. Allerdings niemals in der Ostukraine.

    Unterwegs im Donbass

    Der NDR-Journalist Patrik Baab war im September des letzten Jahres in der Ostukraine unterwegs. Grund seiner Reise dorthin: Recherchen für ein Buchprojekt. Die Inaugenscheinnahme der Verhältnisse vor Ort, gehört für ihn zum journalistischen Standard, wie er auch in seinem 2022 erschienen Buch »Recherchieren. Ein Werkzeugkasten zur Kritik der herrschenden Meinung« darlegte. Zu jener Zeit fanden jene umstrittenen Referenden in Luhansk, Donezk und Cherson statt, die den Beitritt der Regionen zur russischen Föderation ermöglichen sollten. Baab war zugegen. Er beobachtete die Geschehnisse vor Ort als Journalist – nicht aber, wie man ihm hernach unterstellte, als Wahlbeobachter.

    Gemeinhin werden Wahlbeobachter berufen oder eingeladen. Patrik Baab hat eine solche Einladung nie erhalten, er war gewissermaßen in eigener Sache an Ort und Stelle. Als Rechercheur und neugieriger Journalist. Dennoch folgte die Reaktion prompt: Ein Bericht von Lars Wienand für das Nachrichtenportal von t-online machte damit auf, dass ein NDR-Reporter – Baab eben – bei jenen Referenden als Wahlbeobachter fungiere und damit die strittige Vorgehensweise Russlands legitimiere.

    Anders gesagt: Man machte einem Journalisten Vorwürfe, weil er seine Arbeit tat. Wenn schon alleine die Anwesenheit eines Journalisten bei kritischen Ereignissen zur Legitimation eben dieser Ereignisse führe, dann wäre – dialektisch betrachtet – Berichterstattung im eigentlichen Sinne gar nicht mehr denkbar. Denn der Journalist wäre qua Existenz schon ein beeinflussender Faktor, der nicht mehr als Chronist der Ereignisse wirken könnte, sondern Ereignisse nur durch Anwesenheit verändere. Vielleicht ist das ja der Grund, warum man heute immer seltener Vor-Ort-Recherchen betreibt: Weil man sich raushalten will – das käme freilich einem Offenbarungseid des Berufsstandes gleich.

    Die HMKW: Minutenlang mit sich gerungen

    Prompt unterstellte man Baab, er habe sich mit der Sache Putins gemein gemacht. Sein Besuch in der Ostukraine belege das. Patrik Baab selbst distanziert sich vom Krieg Russlands gegen die Ukraine. In seiner Vita als NDR-Reporter finden sich unzählige Filme und Features, die kritisch über und aus Russland berichten – und damit die russische Führungsriege nicht gut aussehen lassen. Der Infosperber hat unter einem Artikel zur Causa einige Produktionen von Baab verlinkt: Sie belegen, der Journalist hielt stets nüchterne Distanz zu Russland – professionell halt.

    Obwohl sich der Vorwurf, dass Patrik Baab als Wahlbeobachter zugegen war, nicht verifizieren lässt (hier kommen Wahlbeobachter zu Wort, Baab war nicht anwesend und auch nicht eingeladen), distanzierte sich die Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (HMKW) in Berlin von Baab. In der Vergangenheit hatte der Journalist oft als Lehrbeauftragter dort gewirkt. Unter anderem hieß es in der Begründung der HMKW, Baab würde »den Aggressoren ein willkommenes Feigenblatt an die Hand« gebe. Außerdem betreibe er »journalistische Scheinobjektivität« – die Stellungnahme der HMKW lässt sich hier nachlesen. Interessant ist die Einleitung des Begründungstextes, in der man davon spricht, man habe von der Sache erst »vor wenigen Minuten durch den Artikel Scheinreferendum, hurra von Lars Wienand (t-online.de) erfahren« – nach Minuten hat man schon entschieden? Das klingt nicht nach einer umsichtigen Prüfung: Eher nach einem günstigen Moment für Leute, die ein politisches Exempel statuieren wollen.

    Da Patrik Baab keinen gültigen Vertrag mit der HMKW hatte, konnte er gegen diese Entscheidung nach Minutenfrist nicht vorgehen. Im Falle der Christian-Albrechts-Universität in Kiel (CAU) sieht das etwas anders aus. Sie entzog ihm eine Woche nach der HMKW den Lehrauftrag. Die Begründung: Faktisch dieselbe. Offenbar machte man sich in Kiel nicht mal die Mühe und kontaktierte Baab vorab. Begründung seitens der CAU: Es sei »Gefahr in Verzug« gewesen. Man rätselt, was das bedeuten soll: Stand Baab mit Panzern vor Kiel – geht ja gar nicht, denn die Panzer Richtung Ukraine stehen nicht vor, sie stehen in Kiel.

    In dieser Sache ist nun eine Widerspruchsklage anhängig, der »Widerruf der Lehrtätigkeit« scheint aus vielerlei Gründen unbegründet. Baab war ja nun eben kein Wahlbeobachter, ging seiner Arbeit nach: Die CAU hat eine mangelnde Sorgfaltspflicht beim Überprüfen von Pressemeldungen zu Baabs Reise bewiesen. Sie hat eben genau das getan, wovor Baab als Journalist dringlich warnt: Sie hat ungeprüft Behauptungen übernommen.

    Eine sehr kurze Geschichte der Uni Kiel

    Ohne jetzt vertieft auf die historischen Verfehlungen der CAU eingehen zu wollen: Die Kieler Universität hat schon aus Tradition ein recht gespaltenes Verhältnis zu demokratischen Standards – um es mal freundlich auszudrücken. So tat sie sich etwa 1914 durch Hurra-Patriotismus hervor, stützte Jahre später den Kapp-Putsch mit einem Freikorps (der Schriftsteller Axel Eggebrecht berichtete sehr anschaulich in seinem Buch »Der halbe Weg. Zwischenbilanz einer Epoche« davon) und stand 1933 nicht nur nicht abseits, sondern ermutigte Professoren deutlich, die neuen Machthaber zu unterstützen. Die Autorin Katia H. Backhaus hat zudem in ihrer Arbeit »Zwei Professoren, zwei Ansätze. Die Kieler Politikwissenschaft auf dem Weg zum Pluralismus (1971 – 1998)« herausgearbeitet, dass der Lehrkörper der CAU in den Achtzigerjahren eng mit Geheimdiensten (mit deutschen und auch amerikanischen) zusammenarbeitete.

    Auf diese geschichtliche Dimension der CAU wird demnächst gesondert rekurriert, das verdient nochmal einer genauen Betrachtung. Erinnert sei aber noch an jenen erst neulich auffällig gewordenen Professor namens Joachim Krause vom Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel. Der hatte unlängst zur Eskalation aufgerufen und dabei – schlimme Wortschöpfung – von einer »Eskalationsphobie« in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung gesprochen. Krause ist freilich noch nicht mal von der CAU gerügt worden. Dabei gäbe es rückblickend mindestens einen weiteren Grund dazu.

    Denn vor zwanzig Jahren hat Krause den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Vereinigten Staaten und der Briten gegen den Irak gerechtfertigt. Beredt Zeugnis legt Krauses Analyse von 2003 ab: Sie ist hier nachzulesen. In den Schlussbemerkungen liest man, »dass die Politik der USA gegenüber den Irak (einschließlich der Androhung eines gewaltsamen Regimewechsels) im Sinne der internationalen Ordnung der Kollektiven Sicherheit außerordentlich konsequent ist und auch notwendig«. Und weiter: »Primäres Motiv der US-Politik ist es, einen Staat in die Schranken zu weisen, der die derzeitige internationale Ordnung wie kein anderer herausfordert […]« – offenbar ließ sich Krause mit dieser Aussage von jenen Falken der US-Politik beeinflussen, die damals bereits von Massenvernichtungswaffen im Irak sprachen und deren Drängen in jenen lügenbehafteten Auftritt Colin Powells vor dem UN-Sicherheitsrat mündete.

    Damals im Irak: Kein Angriffskrieg?

    Kritikern, die schon damals von einem nicht legitimierten Angriffskrieg sprachen, erteilte Krause gleich noch eine Absage. Er schrieb: »Für die Annahme, wonach die Politik der USA primär durch egoistische Energieinteressen geleitet seien, findet sich kein Anhaltspunkt.« Anders jedoch Franzosen und Russen, sie orientierten sich »durch sehr eng definierte finanzielle Interessen an Erdölexploration im Irak«. Die US-Außenpolitik, so erklärte Krause damals also recht ungeniert, handle aus Gründen guter Absicht – man stelle sich mal vor, das würde heute einer Putin oder Russland ganz allgemein nachsagen wollen.

    Die CAU wirft Patrik Baab vor, er habe seine journalistische Arbeit nicht richtig gemacht, weil er parteilich auftrete: Jedenfalls ist das die Quintessenz, zu der man kommen muss, führt man sich die Begründung zu Gemüte. Aber ein Akademiker, der in Sicherheitspolitik macht und gleichzeitig von »Eskalationsphobie« spricht: Wie geht das zusammen? Ist das die Wortwahl eines Menschen, der sich auf sicherheitspolitische Fragen spezialisiert hat? Weshalb unterstellt Krause niemanden, dass er seinen Aufgabe verfehlt hat?

    Hätte Patrik Baab der Eskalation des Krieges bis hin zum potenziellen Atomschlag das Wort geredet, würde er heute munter Vorträge in Kiel halten. Sein Vergehen war, dass er sich nicht zum akademischen Nutzidioten machen ließ, sondern seinem Arbeitsethos nachging: Er postuliert keine ideologischen Worthülsen, sondern macht das, was er kann: Berichterstattung.

    Grundsätzlich scheint das – wie oben schon angerissen – der schlimmste Vorwurf zu sein, mit dem man aktuell konfrontiert werden kann. Journalismus wird seit längerer Zeit als etwas begriffen, was die Strukturen der Macht konstruktiv begleitet. Er wird nicht als Korrektiv umgesetzt, sondern schreibt sich auf die Fahne, die Politik durch den Alltag zu lotsen. Nach Möglichkeit ohne zu viel Aufsehen zu erregen. Synonym für diese Entwicklung sind Legionen von Journalisten, die sich als sogenannte Faktenchecker verdingen. Ihre Aufgabe besteht nicht daran, etwaige Fakten ans Licht zu befördern, sondern Fakten zu schaffen, die politische Vorgaben oder Entscheidungen flankieren und stützen. Der Faktencheck wäre qua Definition ja ergebnisoffen zu betreiben: Wenn man jedoch schon mit einer Absicht ans Werk geht, ist nach hinten nichts offen, sondern schon alles abgesperrt und eingehegt.

    Nur schlechte Journalisten sind gute Journalisten

    Journalisten wie Patrik Baab kommen aus einer anderen Zeit, in der es noch als selbstverständlich galt, auch mal mit den Mächtigen oder auch nur mit dem eigenen Redakteur anzuecken. Natürlich sind Journalisten narzisstisch, ein Umstand, den Patrik Baab in seinem oben genannten Buch selbst bestätigt: Sie wollen – und wollten – immer von sich Reden machen. In anderen Tagen gelang das durch einen investigativen Coup, durch eine schwer ans Tageslicht geförderte Information, die man präsentieren konnte. Heute macht man von sich reden, wenn man Narrative stützt, die Wirtschaft und Politik etablieren möchten. In diesem neuen Sinne ist Baab freilich ein schlechter Journalist – eben weil er ein guter Journalist ist.

    Das haben auch einige Studenten der Universität Kiel erkannt. Sie fordern Gerechtigkeit für Baab. Ihr Statement auf einem kleinen Telegram-Kanal zur Affäre Baab lautet: »Umfassende Recherche, die alle Blickwinkel beleuchtet, ist ein journalistisches Qualitätsmerkmal und kein moralisches Verbrechen. Wir fordern daher Patrik Baabs sofortige Wiedereinstellung an der CAU.« Julian Hett, Initiator des sich formierenden Widerstands gegen den CAU-Kurs sagte mir außerdem: »Der t-online Artikel vertrat falsche Tatsachenbehauptungen, die mittlerweile korrigiert wurden. Somit war es klar für mich: Reputation vor Wahrheit! Die letzten drei Jahre Corona-Politik an der Universität haben mir schon gezeigt, in welche Richtung sich das Ganze entwickelt. Es braucht deshalb dringend Reformen, die wieder die Wahrheit ins Zentrum stellen und Debatten zulassen, auch wenn sie kontrovers sind. Stattdessen wird sich aber darum bemüht die Gendersprache allumfassend einzuführen.«

    Die Causa Baab zeigt, dass Journalismus ein Delikt darstellt in diesen Tagen. Aber nur dann, wenn er mit allen Sorgfaltspflichten ausgeführt wird. Wer vom Schreibtisch aus Journalismus spielt, weil er halbwegs in der Lage ist, dpa-Meldungen zu begreifen, sitzt auf der sicheren Seite eines Berufsstandes, der gerade dabei ist, sich endgültig selbst abzuschaffen. Um das zu verhindern ist es dringend notwendig, dass die Expertise eines Mannes wie Baab nicht verlorengehen darf. Er sollte nicht einer der letzten seiner Art sein: Er hat vielen jungen Leuten, deren Traumberuf im Journalismus liegt, noch viel zu zeigen. Ihn nicht mehr lehren zu lassen bedeutet letztlich auch, sein Know-How zu verlieren. Das können nur Leute wollen, die Journalismus als Hofberichterstattung begreifen: Und das sind die Kräfte der Gegenaufklärung.

    Liens de l’article

    https://www.buchkomplizen.de/buecher/medien/recherchieren.html

    https://www.infosperber.ch/medien/medienkritik/deutsche-journalisten-sollen-nicht-vom-donbas-aus-berichten

    http://oprf.ru/news/6553?lang=en

    https://www.hmkw.de/news/stellungnahme

    https://www.kn-online.de/lokales/kiel/marder-panzer-warten-im-hafen-von-kiel-auf-die-faehre-nach-litauen-B3AQ5SF

    https://www.ispk.uni-kiel.de/de/publikationen/kieler-analysen-zur-sicherheitspolitik/upload-working-paper/kazs_4.pdf

    https://www.neulandrebellen.de/2022/08/offenbar-und-anderes-halbwissen

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    Deutsche Helfer in der Ostukraine
    Scheinreferendum, hurra !
    https://www.t-online.de/nachrichten/ukraine/id_100057900/deutsche-helfer-in-der-ostukraine-scheinreferendum-hurra-.html

    Stellungnahme
    https://www.hmkw.de/news/stellungnahme

    26.09.2022
    Wir haben vor wenigen Minuten durch den Artikel „Scheinreferendum, hurra“ von Lars Wienand (t-online.de) erfahren, dass der freie Journalist Patrik Baab, der bereits mehrfach als Lehrbeauftragter für unsere Hochschule gearbeitet hat, als ‚Wahlbeobachter‘ in der Ostukraine aufgetreten ist. Wir haben Herrn Baab, der sich aktuell in Donezk aufhält, sofort angerufen.

    Hr. Baab hat uns mitgeteilt, dass er privat, ohne jeden staatlichen Auftrag irgendeiner Seite, in die russisch besetzten Gebiete gereist sei. Er wolle und müsse als Journalist mit beiden Seiten sprechen und neutral beobachten. Er habe sich seiner Auffassung nach dadurch keineswegs instrumentalisieren lassen. Im Gegenteil, er habe ja sogar einzelne Verstöße gegen demokratische Wahlprinzipien durch die russischen Akteure kritisiert.

    Wir haben Herrn Baab gegenüber unsere Fassungslosigkeit über dieses Verhalten geäußert. Wir haben ihm unseren Standpunkt verdeutlicht, dass schon seine reine Anwesenheit bei dieser Aktion, ob er wolle oder nicht, zwangsläufig zur Legitimation der in unseren Augen völkerrechtswidrigen und inhumanen Scheinreferenden, die Teil einer imperialistischen Politik und eines verbrecherischen Krieges sind, beiträgt. Sie gibt den Aggressoren ein willkommenes Feigenblatt an die Hand, dass alles rechtens sein müsse, weil man ja sogar „Kritik“ zulasse und nicht unterdrücke.

    Wir distanzieren uns als Hochschule ausdrücklich von einem solchen Verhalten. Die journalistische Scheinobjektivität trägt hier u. E. zur Legitimation von Mord, Folter, Verstößen gegen die Humanität und das Völkerrecht bei.

    Wir haben Herrn Baab mitgeteilt, dass es mit den Grundprinzipien unserer Hochschule nicht vereinbar ist, ihn weiter als Lehrbeauftragten an unserer Hochschule einzusetzen.

    Klaus-Dieter Schulz, Rektor
    Ronald Freytag, Kanzler

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    Als Wahlbeobachter bei Scheinreferenden : Deutscher Journalist verliert Lehrauftrag
    https://www.rnd.de/politik/wahlbeobachter-bei-scheinreferenden-deutscher-journalist-patrik-baab-verliert-le

    Deutscher Journalist soll nicht vom Donbas aus berichten
    https://www.infosperber.ch/medien/medienkritik/deutsche-journalisten-sollen-nicht-vom-donbas-aus-berichten

     »Wahlbeobachter« für Scheinreferenden Früherer NDR-Redakteur verliert Lehraufträge wegen umstrittener Ukrainereise
    https://www.spiegel.de/wirtschaft/ukraine-reise-frueherer-ndr-redakteur-verliert-lehrauftraege-a-f00c815e-f925

    Patrik Baab
    https://www.rubikon.news/autoren/patrik-baab

    Schlagwort : Baab, Patrik
    https://www.nachdenkseiten.de/?tag=baab-patrik

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    Gleichschaltung | bpb.de
    https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/das-junge-politik-lexikon/320425/gleichschaltung

    https://fr.m.wikipedia.org/wiki/Gleichschaltung

    #journalisme #médias #censure #Allemagne #Gleichschaltung

  • Erich Honecker trifft Udo Lindenberg in Wuppertal – 1987
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=93077

    En 1987 la guerre froide était terminée. Le chef d’état de la RDA Erich Honnecker visitait la RFA dans une ambiance si détendue que le musicien rock le plus populaire d’Allemagne Udo Lindenberg n’avait pas le moindre problème à passer les cordons de police pour remettre une guitare et un texte pacifiste au dignitaire en visite. Voici le récit de la rencontre par du chef de communication de l’événement.

    Udo kommt nach Wuppertal
    Größte Sicherheitsstufe. Unausdenkbar, dem Staatsratsvorsitzenden der Deutschen Demokratischen Republik und Generalsekretär der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, geschähe irgendein Leid, ausgerechnet während des nordrhein-westfälischen Teils seines offiziellen Staatsbesuches in der Bundesrepublik Deutschland. Der Langzeitbundeskanzler hatte nach Bonn eingeladen — Helmut Kohl. Der Langzeitministerpräsident, Johannes Rau, bestand schon in ersten blühenden Gerüchten und Planungen darauf: Honecker muss auch das größte Bundesland einen ganzen Tag lang besuchen. Wochen vorher: Sitzungen am laufenden Band. Abstimmung mit Protokollen, Sicherheit, allen Besuchspunkten. Sicherheit zuerst. Schutz vor Terroristen, Spinnern, Farbbeutelwerfern — nie zuvor wurde unsere Phantasie so durch oberste Polizeichefs in den dunklen Tunnel vielfältiger Albträume geschickt. Alles sollte bedacht, abgewogen, vorausgeahnt und sicher festgezurrt werden. Wirklich alles.
    Zwei Wochen, bevor Erich Honecker nordrhein-westfälischen Boden betrat, reisten zwanzig Chefredakteure aller DDR-Zeitungen an. Wir sollten ihnen die Besuchspunkte des Herrn Staatsratvorsitzenden vorab zeigen. Erichs Showtruppe — als ob die schreiben würden oder es je taten; jeder weiß doch: Die Meldungen machen ADN-Redakteure, und die Berichte kommen original immer identisch in jede DDR-Zeitung, überall gleich zwischen Wismar und Zwickau. Ich war in der Staatskanzlei stellvertretend und ziemlich plötzlich Chef vom Dienst und für den Presseservice des Honi-Besuches zuständig. So düsten wir mit den vermeintlichen Spitzenjournalisten per Puma-Hubschrauber von Hoesch in Dortmund, wo der „Arbeiterführer" ein große Rede halten sollte, über das Engels-Haus in Wuppertal (muss sein) und die Villa Hügel in Essen (Treffen mit der Cröme großer Unternehmen an Rhein und Ruhr in Essen), dann zum Schloss Benrath, der Perle Düsseldorfs für Staatsgäste, feudalistisch vom Edelsten für den Chef des einzigen Arbeiter- und Bauerstaates auf deutschem Boden. Für BILD war es immer noch die „DDR" in Anführungszeichen für eine kurze Reihe wirklich engagierter Deutschlandpolitiker (Rau, Bahr, Schmude, Schäuble) war die Zeit reif, noch mehr für die Menschen in der DDR zu erreichen: durch direkte Gespräche mit der Staatsführung. Niemand wusste, was nur zwei Jahre später klar wurde: Die Wirtschaft der DDR stand einen Schritt vor dem Abgrund. Honecker kam nicht in Frieden, er kam aus blanker Not. D-Mark war der Stern, der ihn an den Rhein leitete.
    Seine Delegation begleitete ihn seit Jahren — immer dieselben. Hemden aus New York, Schuhe aus Rom, Anzüge aus Paris. Fein sahen sie aus, die Herren, als wir nachmittags nach der Vorschau auf das Programm schließlich in den Rheinterrassen in Benrath mit wunderschönem Rheinblick letzte Details loswerden wollten. Die Herren zeigten gerade noch an der Grenze glatter Unhöflichkeit mäßiges Interesse an Hintergründen und Daten — auch der Flug an die Programmpunkte packte sie nicht wirklich. Pflicht, aber bitte hurtig. Da saßen sie nun bei Kaffee und Kuchen und fragten die Kellnerin, ob es hier auch Wodka gäbe, bitte drei Flaschen. Gerne, sagte die Bedienung — aber es dauert einen Moment. Später sagte sie mir: Natürlich haben wir hier keinen Wodka, wir sind ein familienfreundliches Cafö, und es ist früher Nachmittag. Schnell ging die Aushilfe zum Supermarkt — und kaufte eine Kiste finnischen Wodka. So kam dieser deutlich höher im Preis auf den Tisch und in ziemlich zügigen Schlücken reichlich in die Kehlen unserer Gäste. Sehr bald waren wir von der Westpresse nur noch im Nebel. So ließen wir die Herren in ihrem Suff; unser Fahrer mit dem Bus musste bleiben — noch weitere zwei Stunden.
    Dann fuhr er die Herren in der frühen Abendstunde zum Schloss Mickeln, die Herberge für die wichtigsten unter ihnen, ein kleines Lustschloss in Rheinnähe, nun genutzt von der Düsseldorfer Heine: Universität, nahe einer Platanen-Allee und Obstgärten — idyllisch, einsam, stadtfern, leicht zu überwachen durch unsere Sicherheit.
    Zwei Tage vor dem Honecker-Besuch in Nordrhein-Westfalen kamen zwei unscheinbare Redakteure von ADN, der DDR-Nachrichtenagentur, und installierten Telexgeräte in einem kleinen Besprechungsraum im Landeshaus am Rheinufer. Bescheidene Experten in grauen Anzügen und sehr gelben Hemden. Die Texte zu den einzelnen Scheiben des Honi-Programms waren rasch geschrieben — auf Knopfdruck gingen die Meldungen stückweise und zeitgenau per Knopfdruck an die Zentralredaktion in Ost-Berlin und von dort an alle Redaktionen der DDR-Zeitungen, ergänzt um Fotos. Exakt derselbe Aufguss in allen Blättern drüben.
    Der 9. September 1987, ein Mittwoch. Der Tag. Harte, lange Vorbereitungen wurden nun — Geschichte. Jetzt musste alles klappen,
    an diesem einen Tag. Die Pressebetreuung teilte ich der vielen Stationen des Programms wegen unter meinen Kollegen auf. Ich übernahm den Besuch des Engels-Hauses in Wuppertal und den Unternehmer-Empfang in der Villa Hügel in Essen.
    10.25 Uhr Ankunft Staatsratsvorsitzender am Haus MP in Düsseldorf; Gästebuch, erstes Gespräch in kleinem Kreis mit Johannes Rau. Dann Empfang im Schloss Benrath, die Wichtigsten aus dem Land im feudalen Kuppelsaal, Die Stimmung: angespannt, angestrengt fröhlich. Ein schöner sonniger Septembertag. Dieselbe Sprache, Fremde im Dialog.
    So gegen 12 Uhr fuhren Honecker und Rau direkt in die Straße am Engels-Haus. Polizei und Nichtuniformierte machten eine Gasse, und die letzten paar Meter zu Fuß zum Eingang. Wir hatten eine solide Holztribüne für 200 Fotoreporter drei Meter gegenüber dem Engels-Haus gebaut — mit dem ernst gemeinten Hinweis: Ihr bleibt alle nur auf dieser Tribüne. Keine Ausnahmen — wer sich nicht dran hält, wird von der Polizei unsanft abgedrängt und verliert die Akkreditierung für diesen Pool. Der Staatsgast und Rau, sie drehten sich auf Zuruf der Fotografen um nach den vier Stufen auf dem kleinen Trapezabsatz vor dem Eingang in das typisch bergische Haus, das Friedrich-Engels-Museum — tolles Licht, Hunderte Aufnahmen in wenigen Sekunden. Der Herr Staatsratsvorsitzender und der Ministerpräsident gingen in das Engels-Haus in die kleinen Zimmer, die schmale Treppe hoch. Ursula Kraus, die damalige Oberbürgermeisterin, erklärte sachkundig Räume, Bilder, Mobiliar. Der Hauch der Arbeitergeschichte wehte uns an — Honecker allerdings nicht: Selbst als Frau Kraus ihm einen alten Stich als Gastgeschenk überreichte, gab Honi diesen barsch und unverblümt eilig unbesehen an seinen Sicherheitsmann weiter.
    Rau hatte genug; er flüsterte mir zu: Ich bin unten und warte am Eingang. Was ich nicht mitbekam, hörte ich wenig später: Rau trat vor die Tür und stand vor 200 erneut schußbereiten Fotografen. Dauert noch was, sagte Rau. Dann begann Rau die Journalisten zu unterhalten —Kennen Sie den? Witze am laufenden Band. Als Honecker mit seinem ziemlich irritierten Sicherheitshünen zu Rau auf das kleine Eingangspodest trat, ich direkt hinter ihm, war die Stimmung auf der
    Pressetribüne blendend. Honi blieb neben Rau mit versteinertem Gesicht, er konnte sich keinen Reim auf diese Fröhlichkeit machen —manche Fotografen vergaßen fast, abzudrücken.
    Dann geschah alles in wenigen Sekunden. Wir blickten nach links, Jubel brandete auf. Die dichten Zuschauerreihen, fünfzig Meter weg, gehalten von einer geschlossenen Reihe Polizisten und etlichen Sicherheitskräf­ten in dunklen Anzügen mit deutlich dicken Innentaschen, öffneten eine Gasse wie von Zauberhand gelenkt wie einst das Meer dem Volke Israel zu beiden Seiten wich und heraus trat — Udo Lindenberg! Hut, weiße Jacke, schwarze Jeans, eine E-Gitarre im Arm. Das Original. Rau und Honecker waren schon unten auf der Straße und hatten keine Wahl: Die Sicherheitsleute, blass, entsetzt, ohne Plan, Adrenalin pur, schlugen einen Ring um die beiden Politiker, eng auch für mich wie im schlimmsten Ausverkauf. Uns Udo kam gemessenen Schrittes auf Honecker zu. Lassen sie ihn durch, befahl Rau den Stasi-Leuten. Honecker, eine einzige eisige Maske. Grußlos, aber breit grinsend, holte Udo einen 16seitigen Text aus seiner Innentasche (ich sah das Manuskript, eng getippt, später) — neben mir bekam ein DDR-Schützer fast einen Anfall. Als ob dieser Bruch aller Sicherheitsabsprachen nicht schon der Super-Gau gewesen wäre, brachen nun auch für die Fotografen alle Dämme: Das Foto war natürlich Honecker und Lindenberg. Also kamen sie alle, sprangen runter von der Tribüne (Sicherheitsstufe 1 mit Zusatz!) und machten unsere kleine Runde mit Udo noch intimer. Ein höllischer Aufruhr Fotoblitze, Auslösersym­phonien von beachtlicher Lautstärke.

    In all diesem Trubel wollte Lindenberg Herrn Honecker in aller Seelenruhe seinen ellenlangen Text vom Frieden und so vorlesen. Das müssen Sie verhindern, zischte ich Rau zu. Der hatte nun wieder eine normale Gesichtsfarbe, nahm uns Udo den Text einfach aus der Hand, das aber mit einem gewinnenden Lächeln nur für Udo bestimmt, reichte diesen dem DDR-Schützer (der schon den Stich hatte) und beschwichtigte Udo erfolgreich: Ich verspreche Ihnen, dass der Herr Staatsratvorsitzender Ihren Text zum Lesen bekommt. Die E-Gitarre von Lindenberg Honi angereicht als Friedensgeschenk, so das genuschelte Überreichungswort, faßte Honecker sichtlich angeekelt nicht an — klar: Der Sicherheitsbeamte musste sie nehmen, nun sichtbar mit Zorn im roten Gesicht.
    Rau zu Udo: Wir müssen nun weiter, Sie verstehen. Nun schoben die Polizisten Udo sanft vor uns her — und weg war der Panikfriedensfürst. Sein Manager wartete mit dem Taxi am Straßenrand. Mit dem hatte ich später ein denkwürdiges Telefonat..., unser letzter direkter Kontakt.
    Wir in die Autos. Wenige hundert Meter zum Hubschrauberlandeplatz —ein ehemaliges, jetzt plattes Fabrikgelände mit gewalztem festem Sandboden, extra präpariert für diesen Staatsgast und diesen Moment —aus Sicherheitsgründen so nah. Wie konnte der Udo-Gau geschehen? Der eigentliche Hintergrund war klar: Udo Lindenberg wollte Honecker schon in Bonn Text und Gitarre überreichen. Kohl lehnte angewidert ab. Rau konnten wir überzeugen: Etwas Liberalität schmückt unser Bundesland. Mit Honeckers Chefberater Stechow und der DDR-Sicherheit war Einvernehmen erzielt: Das geht klar, schöne Fotos, aber nur kurz beim Einstieg in die Hubschrauber auf dem Fabrikgelände in Wuppertal, ein kleiner Pool von Fotografen. Manager von Udo und der große Paniker wurden so eingewiesen und stimmten, was auch sonst, Was stattdessen Udo anrichtete, siehe oben. Er sagte mir viel später, sie seien einfach zu früh auf dem Landeplatz angekommen, noch keine Fotografen da. Da habe er einfach die Polizisten gefragt, wo denn Rau und Honecker in diesem Moment seien.
    Nie zuvor bei einem Staatsbesuch sind alle Einzelheiten und Abläufe sowohl mit der Polizei als auch mit der Presse so genau festgelegt und abgesprochen worden wie an diesem schönen Septembertag in Wuppertal. Trotzdem wichen Polizeikette und Zivile so servil vor Udo kurz vor dem Engels-Haus völlig bedenkenlos zurück und ließen ihn gegen alle Anweisung einfach mal so durch, als hätte er einen bezahlten Chip in den Schlitz vor einer Parkhausschranke geworfen. Unglaublich, aber wir haben es erlebt. Polizeiintern führte das zu Untersuchungen. Rau hat wohl Einfluss auf den Polizeichef in Wuppertal genommen —niedriger hängen, ist ja nichts passiert. Ein paar Stunden später konnte auch Honecker drüber lachen — erst dann auch seine Begleiter.
    Ich hatte als Pressemann Platz im Ersatzhubschrauber—ein Puma des Bundesgrenzschutzes, heute Bundespolizei, falls der Honecker-Hell technische Probleme bekäme. Zur Sicherheit, ein schillernder Begriff für mich seit ein paar Minuten. Bevor der Puma seine Motoren anließ und der Höllenlärm nur durch Kopfhörer als Ohrenschutz zu ertragen sein würde, sah ich — welch ein Zufall — den schwer bepackten Sicherheitsbe­amten der Stasi neben mir übel gelaunt in den Sessel fallen, die E-Gitarre zwischen seinen Beinen, das Bild aus dem Engels-Haus auf dem Sitz neben sich (unangeschnallt). Auf der teuren spanischen weißen E-Gitarre las ich nun in primitiven schwarzen Klebebuchstaben geschrieben: „Gitarren statt Knarren." Udos Credo. Ich fragte meinen Sitznachbarn: Was machen Sie denn nun mit dieser Gitarre? Der sah abschätzig und genervt auf mein Delegationenschild und antwortete denn doch im reinsten Sächsisch: „Gommt alles in’n Giftschrank, do is ooch schon ne Läderjacke drin."
    Honis Geschenke-Laden Unter den Linden — nach der Einheit war es eine Ausstellung wert; darunter auch Udo Lindenbergs Lederjacke und seine wertvolle Friedensgitarre und der große Rest von Edlem und Staatskitsch. Udos Text durfte ich im Flug lesen; er tauchte mit der Gitarre in der Ausstellung in Berlin als „MfS-Nachlass" wieder auf; gut gemeint, verworren in Logik und Sprache. So also kamen wir in Nordrhein-Westfalen fast zu einem diplomatischen Schlaganfall und im schlimmsten leicht vorstellbaren Fall zu weit mehr (falls sich nur ein Sicherheitsmensch, von welcher Seite auch immer, nicht kontrolliert hätte). So kamen wir noch mal mit dem Schrecken davon.

    Und Udo kam nach Wuppertal,. axel raulfs 2009

    #Allemage #histoire #détente #musique

  • 22. Juni 1941 – Wir vergessen nicht ! Sowjetisches Ehrenmal Berlin
    https://cooptv.wordpress.com/2022/07/04/22-juni-1941-wir-vergessen-nicht-sowjetisches-ehrenmal-berlin-hein

    https://www.youtube.com/watch?time_continue=5&v=BshdbeMaM50

    Ce discours de Heiner Bücker rappelle les crimes que les Allemand et leurs collaborateurs ont commis en URSS sur le territoire de l’Ukraine d’aujourd’hui. Sa revendication :

    „Nie wieder dürfen wir als Deutsche an einem Krieg gegen Russland in irgendeiner Form beteiligt sein.“

    Le fait qu’il appelle à comprendre les mobiles de Poutine dont les parents ont souffert pendant le siège de Leningrad ont été qualifié par un tribunal de première instance comme

    Belohnung und Billigung von Straftaten

    selon §140 StGB (code pénal). La cour de justice l’a condamné à une amende de 2000 Euros ou 40 jours en prison et paiement des frais de justice. Il aurait soutenu un crime selon §13 du droit international, à savoir

    ein Verbrechen der Aggression

    Conclusion : En Allemagne il est punissable d"appeller à comprendre les mobiles de personnes qui commettent des crimes.

    Vous ne croyez pas ce que vous êtes en train de lire ?
    Alors voici les discours et quelques liens supplémentaires.

    22.6.2022 von Heiner Bücker, Coop Anti-War Café

    Der Deutsch-Sowjetische Krieg begann heute vor 81 Jahren am 22. Juni 1941 mit dem sogenannten Unternehmen Barbarossa. Ein Raub- und Vernichtungskrieg gegen die UDSSR von unvorstellbarer Grausamkeit. In der Russischen Föderation wird der Krieg gegen Deutschland als Großer Vaterländischer Krieg bezeichnet.

    Bis zur Kapitulation Deutschlands im Mai 1945 starben ca. 27 Millionen Bürger der Sowjetunion, die Mehrheit davon Zivilisten, Nur zum Vergleich: Deutschland verlor weniger als 6,350.000 Millionen Menschen, 5,180.000 davon Soldaten. Es war ein Krieg der wie das faschistische Deutschland erklärte gegen den jüdischen Bolschewismus und die slawischen Untermenschen gerichtet war.

    Heute 81 Jahre nach diesem historischen Datum des faschistischen Angriffs auf die Sowjetunion unterstützten Deutschlands führende Kreise wieder dieselben rechtsradikalen und russophoben Gruppen in der Ukraine mit denen wir bereits während des 2. Weltkriegs kooperiert haben. Diesmal gegen Russland.

    Ich möchte aufzeigen, welches Ausmaß an Scheinheiligkeit und Lügen von den deutschen Medien und Politikern betrieben wird, wenn jetzt eine noch stärkere Bewaffnung der Ukraine propagiert und die völlig unrealistische Forderung aufgestellt wird, die Ukraine müsse den Krieg gegen Russland gewinnen, oder zumindest dürfe die Ukraine diesen Krieg nicht verlieren – während immer weitere Sanktionspakete gegen Russland verabschiedet werden.

    Das im Frühjahr 2014 durch einen Putsch in der Ukraine installierte rechtsradikale Regime hat intensiv daran gearbeitet, eine faschistische Ideologie in der Ukraine zu verbreiten. Der Hass gegen alles Russische wurde permanent genährt und hat immer mehr zugenommen.

    Die Verehrung rechtsextremer Bewegungen und ihrer Führer, die mit den deutschen Faschisten im 2. Weltkrieg zusammenarbeiteten hat immens zugenommen. Beispielsweise für die paramilitärische Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN), die den deutschen Faschisten bei der Ermordung abertausender Juden half, und für die Ukrainische Aufständische Armee (UPA), die zig-Tausende von Juden und andere Minderheiten ermordet hat. Die Pogrome richteten sich übrigens auch gegen ethnische Polen, sowjetische Kriegsgefangene und pro-sowjetische Zivilisten.

    Insgesamt kamen 1,5 Millionen, ein Viertel aller im Holocaust ermordeten Juden, aus der Ukraine. Sie wurden von deutschen Faschisten und ihren ukrainischen Helfern und Helfershelfern verfolgt, gejagt und brutalst ermordet.

    Seit 2014, seit dem Putsch wurden in erstaunlichem Tempo Denkmäler für Nazi-Kollaborateure und Holocaust-Täter errichtet. Es gibt inzwischen hunderte Denkmäler, Plätze und Straßen, zu Ehren von Nazi-Kollaborateuren. So viele wie in keinem einzigen anderen Land in Europa.

    Eine der wichtigsten Personen, die in der Ukraine verehrt wird, ist Stepan Bandera. Der 1959 in München ermordete Bandera war ein rechtsradikaler Politiker und Nazi-Kollaborateur, der eine Fraktion der OUN anführte.

    2016 wurde ein Kiewer Boulevard nach Bandera benannt. Besonders obszön deshalb, weil diese Straße nach Babi Jar führt, zu der Schlucht am Stadtrand von Kiew, an der deutsche Nazis mit Unterstützung ukrainischer Kollaborateure in zwei Tagen weit über 30.000 Juden in einem der größten Einzelmassaker des Holocaust ermordeten.

    In zahlreichen Städten gibt es Denkmäler auch für Roman Shukhevych, ein weiterer wichtiger Nazi-Kollaborateur, der die Ukrainische Aufständische Armee (UPA) befehligte, verantwortlich für die Ermordung von Tausenden von Juden und Polen. Nach ihm wurden auch Dutzende von Straßen benannt.

    Eine weitere wichtige, von den Faschisten verehrte Person ist Jaroslav Stezko der 1941 die sog. Unabhängigkeitserklärung der Ukraine verfasste und die Deutsche Wehrmacht willkommen hieß. Stezko versicherte in Briefen an Hitler, Mussolini, und Franco, dass sein neuer Staat ein Teil von Hitlers Neuer Ordnung in Europa sei. Außerdem erklärte er: „Moskau und die Juden sind die größten Feinde der Ukraine.“ Kurz vor der Nazi-Invasion versicherte Stezko (dem OUN-B-Führer) Stepan Bandera: „Wir werden eine ukrainische Miliz organisieren, die uns helfen wird, die Juden zu entfernen.“

    Er hielt Wort – die deutsche Besatzung der Ukraine wurde von schrecklichen Pogromen und Kriegsverbrechen begleitet, an denen die OUN-Nationalisten teils führend beteiligt waren.

    Nach dem Krieg lebte Stezko bis zu seinem Tod in München, von wo aus er Kontakte mit vielen Resten nationalistischer oder faschistischer Organisationen wie z.B. aus dem Taiwan Chiang Kai-sheks, aus Franco-Spaniens, und Kroatiens aufrecht erhielt. Er wurde Präsidiumsmitglied in der World Anti-Communist League.

    Es gibt auch eine Gedenktafel für Taras Bulba-Borovets den von den Nazis ernannten Anführer einer Miliz die zahlreiche Pogrome durchführte und viele Juden ermordete. Und es gibt eine Reihe weiterer Denkmäler für ihn. Nach dem Krieg ließ er sich wie viele Nazi-Kollaborateure, in Kanada nieder, wo er eine ukrainischsprachige Zeitung leitete. In der kanadischen Politik gibt es viele Unterstützer der Nazi-Ideologie Banderas.

    Es gibt auch einen Gedenkkomplex und ein Museum für Andryi Melnyk, Mitbegründer der OUN, der ebenfalls auf engste mit der Wehrmacht zusammenarbeitete. Der deutsche Einmarsch in die Ukraine 1941 wurde mit Spruchbändern und Proklamationen wie „Ehre Hitler! Ehre sei Melnyk!“ zelebriert. Nach dem Krieg lebte er in Luxemburg und war eine feste Größe in ukrainischen Diaspora-Organisationen.

    Jetzt 2022 fordert sein Namensvetter Andryi Melnyk, Botschafter der Ukraine in Deutschland immerfort mehr schwere Waffen. Melnyk ist ein glühender Bewunderer Banderas, an dessen Grab er in München Blumen niederlegte und dies sogar stolz auf Twitter dokumentierte. In München leben überdies viele Ukrainer, die sich regelmäßig am Grab Banderas versammeln.

    All dies sind nur einige wenige Ausschnitte des faschistischen Erbes der Ukraine. In Israel weiß man darum und schließt sich vielleicht auch deshalb den massiven antirussischen Sanktionen nicht an.

    Der Präsident der Ukraine Selinsky wird in Deutschland hofiert und im Bundestag willkommen geheißen. Sein Botschafter Melnyk ist häufiger Gast in deutschen Talkshows und Nachrichtensendungen. Wie eng die Verbindungen zwischen dem jüdischen Präsidenten Selenskyj und dem faschistischen Asow-Regiment ist, zeigte sich beispielsweise als Selenskyj bei einem Videoauftritt vor dem griechischen Parlament auch rechtsradikale Asow-Kämpfer zu Wort kommen ließ. In Griechenland verwehrten sich die meisten Parteien gegen diesen Affront.

    Sicherlich verehren nicht alle Ukrainer diese menschenverachtenden faschistischen Vorbilder, aber ihre Anhänger sind in großer Anzahl in der ukrainischen Armee, in den Polizeibehörden, im Geheimdienst und in der Politik vertreten. Weit über 10.000 russischsprachige Menschen haben wegen diesem von der Regierung in Kiew angestacheltem Hass gegen Russen seit 2014 im Osten der Ukraine in der Donbassregion ihr Leben verloren. Und jetzt in den letzten Wochen nehmen die Angriffe gegen Donezk im Donbass nochmals massiv zu. Es gibt hunderte Tote und Schwerstverletzte.

    Mir ist unbegreiflich, dass die deutsche Politik wieder dieselben russophoben Ideologien unterstützt, auf deren Basis das Deutsche Reich 1941 willige Helfer vorfand, mit denen man eng kooperierte und gemeinsam mordete.

    Alle anständigen Deutschen sollten vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte, der Geschichte von Millionen ermordeter Juden und Abermillionen ermordeter Sowjetischer Bürger im 2. Weltkrieg jegliche Zusammenarbeit mit diesen Kräften in der Ukraine zurückweisen. Auch die von diesen Kräften in der Ukraine ausgehende Kriegsrhetorik müssen wir vehement zurückweisen. Nie wieder dürfen wir als Deutsche an einem Krieg gegen Russland in irgendeiner Form beteiligt sein.

    Wir müssen uns zusammenschließen und uns diesem Irrsinn gemeinsam entgegenstellen.

    Wir müssen offen und ehrlich versuchen, die russischen Gründe für die militärische Sonderoperation in der Ukraine zu verstehen und warum die überwiegende Mehrheit der Menschen in Russland ihre Regierung und ihren Präsidenten darin unterstützen.

    Ich persönlich will und kann die Sichtweise in Russland und die des russischen Präsidenten Wladimir Putin sehr gut nachvollziehen.

    Ich hege kein Misstrauen gegen Russland, denn der Verzicht auf Rache gegen Deutsche und Deutschland bestimmte seit 1945 die sowjetische und danach auch die russische Politik.

    Auch die Menschen in Russland hegten bis vor Kurzem zumindest keinen Groll gegen uns, obwohl fast jede Familie Kriegstote zu beklagen hat. Bis vor Kurzem konnten die Menschen in Russland zwischen Faschisten und der deutschen Bevölkerung differenzieren. Aber was geschieht jetzt?

    Alle mühsam aufgebauten freundschaftlichen Beziehungen drohen jetzt abzureißen, ja sie werden potentiell zerstört.

    Die Russen wollen ungestört in ihrem Land und zusammen mit anderen Völkern leben – ohne ständig von westlichen Staaten bedroht zu sein, weder durch den unablässigen militärischen Aufmarsch der NATO vor Russlands Grenzen, noch indirekt durch den hinterhältigen Aufbau eines Anti-Russlands in der Ukraine unter Ausnutzung historischer nationalistischer Irrtümer.

    Es geht also zum einen um die schmerzliche und beschämende Erinnerung an den so ungeheuerlichen wie grausamen Vernichtungskrieg, den das faschistische Deutschland der gesamten Sowjetunion – vor allem der ukrainischen, der belorussischen und der russischen Republik angetan hat.

    Zum anderen um das ehrende Gedenken der Befreiung Europas und auch Deutschlands vom Faschismus, die wir den Völkern der UdSSR verdanken, einschließlich der daraus erwachsenden Verpflichtung, für eine gedeihliche, vernünftige und friedliche Nachbarschaft mit Russland in Europa einzustehen. Damit verbinde ich Russland verstehen und dieses Russland Verstehen (wieder) politisch wirksam zu machen.

    Wladimir Putins Familie überlebte die Blockade Leningrads die ab September 1941 900 Tage andauerte und fast 1 Million Tote kostete, die meisten Menschen verhungerten. Die totgeglaubte Mutter Putins wurde bereits abtransportiert, als der verletzt nachhause zurückkehrende Vater, bemerkt haben soll, dass seine Frau noch atmete. Er rettete sie dann vor dem Abtransport in ein Massengrab.

    Dies alles müssen wir verstehen und heute gedenken und uns auch in großer Ehrerbietung vor dem sowjetischen Volk verneigen.

    Vielen Dank.

    Coop Anti-War Café Kunst-Bar
    http://www.coopcafeberlin.de

    Berlin (Alexanderplatz/Hackescher Markt)
    Rochstr.3 10178 Berlin (seit 2005)

    open daily late afternoon to after midnight (Wed/Sun closed)
    geöffnet täglich ab 18 Uhr bis nach Mitternacht
    (Mi & So geschlossen)

    https://www.nachdenkseiten.de/?p=92952

    extrait du jugement

    Ihre Rede hat – wie Sie jedenfalls billigend in Kauf nahmen – angesichts der erheblichen Konsequenzen, die der Krieg auch für Deutschland nach sich zieht, der Drohungen seitens der russischen Staatsführung konkret gegenüber Deutschland als NATO-Mitglied für den Fall der Unterstützung der Ukraine und nicht zuletzt angesichts der Präsenz Hunderttausender Menschen aus der Ukraine, die in Deutschland Zuflucht gefunden haben, das Potential, das Vertrauen in die Rechtssicherheit zu erschüttern und das psychische Klima in der Bevölkerung aufzuhetzen.“

    C’est du n’importe quoi.

    Noch absurder erscheint allerdings der zweite Argumentationsstrang, die Rede Bückers hätte „das Potential, das Vertrauen in die Rechtssicherheit zu erschüttern“. Ich wage die These, nicht die Rede des Berliner Friedensaktivisten, sondern das Urteil des Berliner Amtsgerichts hat das Potenzial, das Vertrauen in den Rechtsstaat (noch weiter) zu erschüttern.

    #Allemagne #justice #guerre

  • Meinungsmache mit einem dubiosen „China-Experten“
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=56639

    25.11.2019 von Jens Berger - Adrian Zenz gehörte in den letzten Tagen zu den meistzitierten Quellen in den deutschen Medien. Angefangen bei der Tagesschau, über den SPIEGEL, die Süddeutsche Zeitung, die ZEIT bis hin zu amerikanischen Propagandasendern wie Radio Free Asia ist Zenz ein gerngesehener Interviewpartner und Zitatgeber. Die FAZ nennt ihn in einem der wenigen etwas ausgewogeneren Artikel zum Thema „Der Mann mit der Million“ (hinter einer Paywall) – dabei geht es um die Zahl von mehr als einer Million Uiguren, die angeblich in chinesischen Umerziehungslagern interniert sein sollen. Diese Zahl stammt von Zenz und wird als Steilvorlage in der aktuellen Kampagne gegen China oft und gerne aufgenommen. Über den Hintergrund von Adrian Zenz schweigt man lieber. Das ist verständlich, stammt der „Experte“ doch aus einem höchst dubiosen Umfeld mit kalten Kriegern aus der amerikanischen Think-Tank- und Geheimdienstgemeinde. Das lässt an der Seriosität seiner Aussagen zweifeln. Von Jens Berger.

    https://www.nachdenkseiten.de/upload/podcast/191125-Meinungsmache-mit-einem-dubiosen-China-Experten-NDS.mp3

    Wer ist Adrian Zenz? Die Tagesschau gibt sich bei der Vorstellung ihres „China-Experten“ recht wortkarg. Zenz „gilt weltweit als renommierter Experte für die Situation der Muslime in China. Zenz lebt und arbeitet in den Vereinigten Staaten von Amerika.“ Das hört sich natürlich seriös an. Doch wo arbeitete der „weltweit renommierte Experte“ eigentlich genau? Der Wissenschaftsdatenbank ORCID zufolge ist Zenz an der European School of Culture and Theology in Korntal, Baden-Württemberg, tätig. Von dieser Schule werden wohl die Allerwenigsten bislang etwas gehört haben und das ist verständlich. Die ESCT gehört zur Akademie für Weltmission, einer eher randseitigen evangelikalen Bildungseinrichtung, die eng mit der ebenfalls in Korntal niedergelassenen Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen assoziiert ist, zu der auch die evangelikale „Chinesische Missionsgemeinschaft“ gehört. Der FAZ gegenüber beschreibt sich Zenz als „tief religiös“ und spricht von einer „Berufung“ und davon, dass Gott ihn dorthin geleitet habe, auf einem „vorbereiteten Weg“.

    Seinem eigenen Eintrag bei „Academia“ zufolge ist Zenz zudem an der Columbia International University tätig und betreut dort die Doktoranden der Korntaler ESCT. Doktoranden einer evangelikalen Privatschule an der Columbia University? Ja, denn die Columbia International University ist nicht mit der renommierten New Yorker Columbia University zu verwechseln, sondern eine dubiose evangelikale Bibelschule in Columbia, South Carolina. Deren online zu erreichenden „Doktortitel“ sind wohl eher als Skurrilität denn als „renommierte Wissenschaft“ zu bewerten. Gegenüber der FAZ hat Zenz übrigens angegeben, dass er sein Geld gar nicht als Wissenschaftler, sondern als „Freiberufler in der IT-Branche“ verdient. Seine China-Studien sind demnach wohl eher ein Hobby, dem er in seiner Freizeit nachgeht. Sonderlich renommiert ist dieser wissenschaftliche Hintergrund nicht. Das klingt alles eher nach einem religiös geleiteten Hobbywissenschaftler.

    Zenz´ vermeintliches Renommee kommt aus einer ganz anderen Quelle. Adrian Zenz ist nämlich zusätzlich „Senior Fellow“ für China-Studien bei einem dubiosen Think Tank namens „Victims of Communism Memorial Foundation“. In dieser Funktion ist er dank seiner extremen Aussagen zur chinesischen Politik in ein Zitierkartell rechter und transatlantischer Think Tanks geraten. Das reicht für die Tagesschau dann offenbar aus, um als „weltweit renommierter Experte“ zu gelten.

    Wer oder was ist „Victims of Communism Memorial Foundation”? Hierbei handelt es sich um ein Think Tank, dass es sich selbst zur Aufgabe gesetzt hat, die „freie Welt“ von den „falschen Hoffnungen des Kommunismus“ zu befreien. Hervorgegangen ist VOC aus den anti-kommunistischen Gruppierungen im Umfeld von McCarthys Komitee für unamerikanische Umtriebe und den darauf aufbauenden reaktionären Gruppierungen, die im Umfeld der Geheimdienste in der Ära des Kalten Kriegs installiert wurden. Gegründet wurde VOC 1993 von den kalten Kriegern Lev Dobriansky, Lee Ewards, Grover Norquist und Zbignew Brzezinski. Der heutige Chairman Lee Edwards war früher unter anderem beim Chiang Kai-shek nahestehenden Committee for a Free China und Gründer der amerikanischen Abteilung der World Anti-Communist League, einer rechtsextremen internationalen – ebenfalls von Chiang Kai-shek initiierten – anti-kommunistischen Liga, der unter anderem auch so „illustre“ Personen wie Otto Skorzeny (Waffen-SS, Organisation der ehemaligen SS-Angehörigen), Ante Pavelić (Ustascha-Kroatien) und zahlreiche Befehlshaber der lateinamerikanischen Todesschwadronen angehörten.

    Berater des VOC ist John K. Singlaub, ein 98-jähriger ehemaliger Generalmajor der US-Armee, der zu den Gründern der CIA gehört und die CIA-Operationen im chinesischen Bürgerkrieg geleitet hat. 1977 musste Singlaub zurücktreten, nachdem er öffentlich Präsident Carters angekündigten Abzug der US-Truppen aus Südkorea kritisiert hatte. Danach gründete er mit Gleichgesinnten die „Western Goals Foundation“, ein privater Geheimdienst, der bei der Iran-Contra-Affäre die Waffenlieferungen an die rechtsextremen Contras in Nicaragua organisiert hat. Die „Western Goals Foundation“ wurde von einem ehemaligen Mitglied als eine „Sammlung von Nazis, Faschisten, Antisemiten, bösartigen Rassisten und korrupten Egoisten“ bezeichnet. Singlaub war seinerzeit auch Chairman der World Anti-Communist League und deren US-Ableger United States Council for World Freedom. Das United States Council for World Freedom wurde übrigens mit finanzieller Starthilfe der reaktionären Regierung von Taiwan gegründet – mit an Bord war auch Lev Dobriansky, der Mitgründer des VOC.

    Wer das VOC heute finanziert, bleibt im Dunklen. Das rechtsgerichtete Think Tank lebt von anonymen Millionenzuwendungen und tritt vor allem als Stichwortgeber für die dem militärisch-industriellen Komplex nahestehenden Think Tanks in Erscheinung, wenn diese mal wieder Munition gegen die linksgerichteten Regierungen in Südamerika oder eben gegen China benötigen. Ist aus diesem Umfeld eine seriöse, wissenschaftliche Analyse der chinesischen Politik zu erwarten?

    Adrian Zenz war nach eigenen Angaben ein einziges Mal in der Provinz Xinjiang – 2007 als Tourist. Für seine Studien hat er frei zugängliche Internetquellen, wie beispielsweise Ausschreibungen und Jobangebote der chinesischen Regierung in der Provinz Xinjiang durchforstet und auf dieser Basis dann Schätzungen über den Umfang der in chinesischen Umerziehungslagern Internierten aufgestellt. Gegenüber der FAZ beschreibt er diese Schätzungen selbst als „spekulativ“.

    All diese Hintergrundinformationen besagen natürlich nicht, dass es in der Provinz Xinjiang keine Umerziehungslager gibt. Die Zahl von „einer Million Inhaftierten“, die über den „Experten“ Zenz durch unsere Medien gereicht wird, ist jedoch mehr als fraglich und wie ein Internetrechercheur wie Zenz, der seit 12 Jahren nicht mehr in der Region war, belastbare Aussagen zu Details treffen will, ist ebenfalls ein Rätsel.

    Natürlich sollen die Medien gerne auch kritisch über die Unterdrückung der Uiguren in der Provinz Xinjiang berichten. Ob es der Glaubwürdigkeit dient, sich dabei auf derart dubiose „Experten“ zu verlassen, ist jedoch fragwürdig. Alles andere als fragwürdig ist indes das Verschweigen des Hintergrunds des „Experten“ Zenz. Denn wenn die Zuschauer und Leser diesen Hintergrund nicht kennen, können sie sich auch nicht ihr eigenes Bild über die Seriosität der Aussagen und Informationen machen. Aber das sollen sie wohl auch gar nicht. So funktioniert Meinungsmache nun einmal.

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