• Braunbuch Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik Staat Wirtschaft Verwaltung Armee Justiz Wissenschaft
    https://de.wikipedia.org/wiki/Braunbuch#Braunbuch_%C3%BCber_Kriegs-_und_Naziverbrecher_in_hohen_Posi

    Brown Book — War and Nazi Criminals in the Federal Republic
    https://en.wikipedia.org/wiki/Braunbuch

    Brown Book — War and Nazi Criminals in the Federal Republic: State, Economy, Administration, Army, Justice, Science is a book written by Albert Norden in 1965. In this book Norden claimed that 1,800 politicians and other prominents in West Germany held prominent positions in Germany prior to 1945, became rich etc.

    Altogether 1,800 West German persons and their past were covered: especially 15 Ministers and state secretaries, 100 admirals and generals, 828 judges or state lawyers and high law officers, 245 officials of the Foreign Office and of embassies and consulates in leading position, 297 high police officers and officers of the Verfassungsschutz. The first brown book was seized in West Germany — on Frankfurt Book Fair — by judicial resolution.

    Braunbuch BRD : Dokumentationszentrum der Staatlichen Archivverwaltung der DDR
    https://archive.org/details/braunbuchBRD

    Alte Kameraden
    https://web.archive.org/web/20120726120437/http://www.ila-web.de/buchbesprechungen/special2003_nazis.htm

    Nazi-Diplomaten in Bonner Diensten
    von Klaus Jetz

    Am 2. Juli 1965 meldete dpa: „Ein ,Braunbuch’ mit den Namen von 1800 angeblich schwer belasteten führenden Nazi-Funktionären und Kriegsverbrechern, die sich heute in entscheidenden Stellungen in der Bundesrepublik befinden sollen, übergab gestern der SED-Agitator Professor Albert Norden der ,Weltöffentlichkeit’. (...) In dem 340 Seiten umfassenden Buch wird behauptet, 15 Minister und Staatssekretäre in der BRD, 100 Generale und Admirale der Bundeswehr, 828 hohe Justizbeamte, Staatsanwälte und Richter sowie 245 leitende Beamte des Auswärtigen Amtes, der Botschaften und Konsulate und 297 hohe Beamte der Polizei und des Verfassungsschutzes seien ,Stützen der Hitlerdiktatur, Wegbereiter und Nutznießer der Judenverfolgung’ oder ,überführte Mörder von Antifaschisten’ gewesen.“

    Das „Braunbuch“ sorgte für einigen Wirbel, nicht nur im deutsch-deutschen Kalten Krieg, sondern auch im Ausland. Schließlich wurde es in mehr als zehn Sprachen übersetzt. Nicht so sehr die Tatsache der personellen Kontinuität in wichtigen staatlichen Positionen sorgte für Befremden. In den Nachbarstaaten war man eher verwundert über das Ausmaß der Restauration, über die Vielzahl von Altnazis im Sold der Bonner Republik und Wirtschaft. So stellen die hier genannten deutschen Botschafter in Lateinamerika nur eine Auswahl dar. Es gab weitaus mehr von Ribbentrops Diplomaten in Bonner Diensten. Deren Wirken und Auftreten in ihren jeweiligen lateinamerikanischen Gastländern, auch ihre Berichte an die Bonner Zentrale, insbesondere in Zeiten politischer Spannungen, wären sicherlich Gegenstand einer interessanten Untersuchung. In der BRD erfuhr das „Braunbuch“ keine offizielle Beachtung. Vielmehr sah man in diesem DDR-Propagandaprojekt eine unzulässige Einmischung in die inneren Angelegenheiten, nicht zuletzt auch, weil Bundespräsident Lübke („KZ-Bauführer“, „V-Mann der Gestapo“) und Bundeskanzler Kiesinger („führender Nazi-Propagandist“, „Vertrauensmann von Ribbentrop und Goebbels“) ausführlich „gewürdigt“ wurden. Ende der 60er Jahren zog die DDR dann das Standardwerk aus dem Verkehr, um die sich anbahnende Normalisierung zwischen den beiden deutschen Staaten nicht zu gefährden.

    Man kennt die Namen von Ministern und Staatssekretären, wie Oberländer, Globke, von Weizsäcker, deren unrühmliche Rolle in der NS-Zeit, die ihrer Karriere in der Bonner Republik keinen Abbruch tat. Doch wie verhielt es sich eigentlich mit den eher unbekannten NS-Akteuren der zweiten Reihe, den in der DPA-Meldung genannten „leitenden Beamten des Auswärtigen Amtes, der Botschaften und Konsulate“ der alten BRD, etwa in Lateinamerika?
    Auch darüber gibt das im vergangenen Jahr vom Verlag Das Neue Berlin besorgte Reprint des „Braunbuchs“ (in seiner dritten und aktualisierten Auflage von 1968) Auskunft. Zwar wird nicht in jedem Fall eine persönliche Verstrickung aller genannten ehemaligen NS-Diplomaten in konkrete Verbrechen deutlich. Doch zumindest die Beispiele von Diplomaten wie Steuer, Albers, Strack, Mohr, Seelos oder Northe lassen ahnen, wie sehr sie in Kriegsvorbereitung, Kriegsverbrechen und Mordaktionen verwickelt waren. Im Auswärtigen Amt dachte man sich wohl, dass sie in Europa als Diplomaten nicht mehr zu gebrauchen waren.

    In den 60er Jahren waren 17 der 21 BRD-Botschafter in Lateinamerika ehemalige Ribbentrop-Diplomaten. Hinzu kamen noch Konsuln, Botschafts- und Legationsräte, die ihre diplomatische Karriere während des 2. Weltkrieges im Auswärtigen Dienst begonnen hatten. So wurde der NS-Konsul im bolivianischen Potosí, Nikolaus Schütt, 1964 Bonner Konsul in Sucre. Theo Steuer, seit 1940 Mitarbeiter des berüchtigten NS-Botschafters in Paris, Otto Abetz, konnte 1962 problemlos Kanzler am Bonner Konsulat im argentinischen Córdoba werden. Und Kanzler im westdeutschen Konsulat in Porto Alegre, Brasilien, wurde 1962 Rudolf Jericho, der vor 1945 bereits am Nazi-Konsulat in Mosambik tätig war. Dr. Karl Albers war während des Krieges Attaché beim berüchtigten „Generalgouverneur für Polen“, Hans Frank, und dennoch wurde er BRD-Botschafter in Nicaragua. Hans-Joachim Ritter von Reichert stieg vom Gesandtschaftsrat beim „Bevollmächtigten des Reichs“ für Italien zum Bonner Botschafter in Honduras (1964) auf. Bernhard Heinrich Ernst Günther Graf von Hardenberg trat 1933 der NSDAP bei und begann seine Diplomaten-Karriere 1939 als Legationssekretär in Kowno/Litauen, dann wechselte er an die NS-Gesandtschaft in Bukarest. Das Kriegsende erlebte der Ribbentrop-Beamte in der Berliner Zentrale. Krönung seiner Laufbahn: Bonner Botschafter in Costa Rica.

    Dr. Kurt Fritz von Graevenitz arbeitete 1941 in Athen, genauer gesagt, in der Dienststelle des „Sonderbevollmächtigten“ des Auswärtigen Amtes „für den Südosten“. Bis Kriegsende war von Graevenitz Generalkonsul in Iskenderum/Türkei. Noch ein Jahr vor seiner Pensionierung wurde das ehemalige NSDAP-Mitglied 1963 zum Bonner Botschafter in Mexico ernannt. Einer seiner Nachfolger wurde Dr. Karl-August Zapp, der ab 1940 als Legationsrat in den besetzten Niederlanden aktiv gewesen war.Adenauers Mann in Bogotá wurde 1962 Dr. Anton Mohrmann, der vor 1945 bereits als Gesandtschaftsrat an der NS-Botschaft in Bulgarien tätig war. Für Dr. Rudolf Pamperrien, der schon 1942 in der „Handelspolitischen Abteilung“ des Auswärtigen Amtes agierte, fand die Bonner Regierung 1957 den Posten des Botschafters in Ecuador. Abgelöst in Quito wurde Pamperrien von Graf von Pappenheim, der vor 1945 im „Referat Pol I M“ (Verbindungsstelle zum Spionagedienst des Oberkommandos der Wehrmacht) des Auswärtigen Amtes tätig war. Im gleichen Referat arbeitete von 1938 bis 1940 Gottfried von Nostitz-Drczewiecki, bevor er Legationsrat in Genf wurde. Bonn schickte ihn als Botschafter nach Chile, wo er 1964 Dr. Hans Strack ablöste, der 1943 als Länderreferent im Auswärtigen Amt mitverantwortlich gewesen war, so das „Braunbuch“, für Judendeportationen und Geiselerschießungen in Frankreich.

    Für manche der oftmals adligen alten Herren fand die Bonner Republik gleich in zwei lateinamerikanischen Staaten Verwendung. Dr. Wilhelm Helmuth von Almsick war vor 1945 als Referent beim „Amt des Reichsstatthalters im Sudetengau/CSR“ und bei einem Beschaffungsamt in Polen tätig. Dies hinderte ihn nicht daran, 1964 Bonner Botschafter in der Dominikanischen Republik und 1966 in Guatemala zu werden. Dort löste er Dr. Karl Panhorst ab, der vor 1945 „Sekretär des Ausschusses für die Aktion Ibero- und Mittelamerika“ sowie Vertrauensmann der IG-Farben gewesen war. Dr. Ernst-Günther Mohr trat 1935 der NSDAP bei. Während des Krieges beteiligte er sich als Gesandtschaftsrat in Den Haag an Judendeportationen. Ab 1943 leistete er Spionagearbeit für das faschistische Konsulat in Tanger, um dann gegen Ende des Krieges als Verbindungsreferent des Auswärtigen Amtes zum OKW Durchhalteparolen zu propagieren. Mohr wurde Anfang der 60er Jahre Bonner Botschafter in Bolivien und 1965 in Argentinien. Und Eckhardt Briest arbeitete bis 1944 im Auswärtigen Amt. Nach 1945 machte er Karriere als Bonner Botschafter in Paraguay und Uruguay.

    Schaut man sich die Listen des „Braunbuches“ genauer an, stellt man bald fest, dass es einfacher ist, die wenigen Staaten zu nennen, in denen scheinbar keine Bonner Altnazis als Botschafter tätig waren. So wurden nur Panama, Kuba, Puerto Rico und Britisch-Honduras (Belize) von westdeutschen Botschaftern mit diplomatischer Karriere in der Nazizeit verschont. In acht lateinamerikanischen Staaten aber waren bis 1968 jeweils zwei aufeinander folgende ehemalige NS-Beamte als Bonner Botschafter aktiv. So auch in Brasilien: Dr. Gebhard Seelos betrieb 1939 als Konsul im Lemberg (Lwow) Spionage zur Vorbereitung des Zweiten Weltkrieges. Bonn schickte ihn 1964 als Botschafter nach Rio de Janeiro. Dort wurde er 1966 von Ehrenfried Holleben abgelöst, der vor 1945 zwar nicht in Ribbentrops Diensten stand, dafür aber als Nazi-Jurist und bis Kriegsende als Staatsanwalt in Potsdam tätig war. Und dies nur am Rande: 1970 wurde Holleben von einer brasilianischen Guerillaeinheit entführt und nach fünf Tagen gegen 40 politische Häftlinge ausgetauscht.

    Peru wurden mit Wilhelm Mackeben, Dr. Walter Zimmermann und Dr. Heinrich Northe gar drei sich ablösende BRD-Botschafter mit NS-Vergangenheit zugemutet. Laut „Braunbuch“ hatte Northe 1940, als Legationsrat an der Nazi-Botschaft in China, die Schwiegertochter eines deutschen Diplomaten wegen „antinazistischer Äußerungen“ beim Pekinger Ortsgruppenleiter der NSDAP denunziert. Zimmermann war schon 1934 NSDAP-Mitglied und arbeitete seit 1942, wie Kiesinger, in der „Rundfunkpolitischen Abteilung“ des Auswärtigen Amtes. Mackeben, der vor 1945 in der „Politischen Abteilung“ des Ribbentrop-Ministeriums und im Stab von Botschafter Ritter (Verbindung zum OKW) agierte, vollzog 1952 als erster Bonner Botschafter in Lima die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Peru und Deutschland. Grund genug für Dr. Roland Ernst-August Kliesow, „unseren“ heutigen „Mann in Peru“, Mackeben auf der Eingangsseite der www.embajada-alemana.org.pe unter der Überschrift „50 Jahre Deutsche Botschaft“ feierlich zu zitieren.

    Dr. Norbert Podewin (Hrsg.), Braunbuch, Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik Deutschland und in Berlin (West). Reprint der Ausgabe von 1968, Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2002, 446 S., € 22,50

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