• „Kriminalitätsbelastete Orte“ in Berlin: Die Dealer ziehen um | Berliner Zeitung
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    Schon komisch, was in Berlin so als „kriminalitätsbelastet“ bezeichnet wird. Durch das übliche Taschendiebstahlsrisiko zeichen sich touristische Orte immer aus - schön wenn es gelingt, besser dazustehen als London, Rom, Paris und Barcelona. Hier macht die Polizei anscheinend gute Arbeit. Die Polizei schützt naive Touristen, aber die wollen Drogen und Alkohol, und zwar reichlich.

    Dank seiner soliden Leber hat Berlin kein Problem mit Alkohol, Feuerwehr und Kranḱenhäuser machen den Dreck weg. Bei „illegalen Drogen“ ist das anders. Massenhafter Konsum bedeutet massig „Drogendelikte“. Zwar wird Schaden im Prinzip nur Konsumenten zugefügt, jedoch macht Illegalität die Mafia fett. Dank Drogenverbot gibt es „kriminalitätsbelastetete Orte“ voll krimineller Gestalten. Lissabon kann das besser. Legalisierung und Beratung sind die Lösung, die Stadt spart Geld für Polizeieinsätze und kann Menschen besser helfen.

    Und dann gibt es die Rigaer Straße, für mich der sicherste Ort Berlins. Hier kennen und helfen sich Bewohner gegenseitig. Hier gibt es ein soziales Netzwerk, das echte Kriminelle fern hält.

    In der Rigaer kommt Kriminalität kommt durch Polizeipräsenz zustande. Wer provokant Polizeiwannen gegenüber den letzten besetzten Häusern Berlins aufstellt, bekommt „Kriminalität“ frei Haus geliefert. Anwohner wehren sich gegen die Invasion. Mit Gegenwehr bei Räumungsversuchen ist zu rechnen.

    Sind Orte, wo das Recht auf ein Dach über dem Kopf gegen Immobilienspekulanten verteidigt wird, „kriminalitätsbelastete Orte“? Wohl kaum. Angesagt wäre eher, mafiöse Schwarzgeldparadiese, Luxemburg und andere Steueroasen in den Fokus von Polizei und Staatsanwaltschaft zu nehmen.

    Was aber tut die Polizei? Sie macht Klassenkampf, angeführt von SPD-Senator Geisel, dem edlen Ritter gegen gegen alles Kriminelle. Sie lässt sich im Namen von Recht und Ordnung zur Bürgerkriegstruppe machen, im Auftrag der wirklich Reichen gegen alle Klein- und Normalverdiener. Eine Schande, könnte man als bürgerlich gesinnter Mensch dazu bemerken.

    Noch acht Orte in Berlin gelten als „kriminalitätsbelastet“: der Alexanderplatz, Schöneberg-Nord, Görlitzer Park, Warschauer Brücke, Kottbusser Tor, ein Teil der Hermannstraße, der Hermannplatz und ein Teil der Rigaer Straße. Zwei Orte sind gestrichen: Der Kleine Tiergarten in Moabit und der Leopoldplatz in Wedding gehörten nicht mehr dazu, sagte Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Dort sei die Zahl der festgestellten Straftaten gesunken.

    Was ein „kriminalitätsbelasteter Ort“ (kbO) ist, definiert die Polizei. Die Zahl und Schwere der Straftaten müssen eine bestimmte Schwelle überschreiten. An einem kbO haben Polizisten mehr Befugnisse. Sie dürfen zum Beispiel Leute unabhängig von einem konkreten Verdacht kontrollieren. Bis vor einem Jahr hielt die Polizei die Liste der kbO geheim – aus einsatztaktischen Gründen und um die Gegend nicht zu stigmatisieren.