Nazi-Vorwürfe gegen Robert Rössle : Ist eine Ehrung des Pathologen noch legitim ?

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    #Buch - Soll der Anatom und Pathologe Robert Rössle wie bisher geehrt werden, obwohl er in der Zeit des Nationalsozialismus Vererbungsforschung betrieb und an Menschenversuchen für die Luftwaffe beteiligt war?

    Eine Straße in Buch trägt seinen Namen. Sie führt zum Wissenschaftscampus. Dort steht auch eine Bronzebüste Rössles. Mehr noch: Unter der Adresse Robert-Rössle-Straße 10 firmieren Institutionen wie das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin oder das Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie. Ihre Korrespondenz trägt den Namen Rössle in alle Welt.
    „Verfechter der NS-Ideologie“

    Er wirkte in einer Zeit, als Vorstellungen von Erbhygiene und Menschenzüchtung die Wissenschaftswelt faszinierten, die heute mit Abscheu und Ablehnung gesehen werden. So geht es auch der Ärztin Dr. Ute Linz. Sie bemüht sich seit 2015 um eine Umbenennung der Straße und die Entfernung der Skulptur. „Der Geehrte war ein Verfechter der nationalsozialistischen Ideologie, für den sich eine derartige öffentliche Ehrung verbieten sollte“, lautet in Kurzfassung ihre Begründung. Hinzu kommt ein persönliches Motiv: Ihre Großmutter war ein Opfer der Euthanasie.

    Sie richtete Schreiben ans Bezirksamt Pankow, die Bezirksverordneten, das Bezirksmuseum, sandte Mails an Bürgermeister Sören Benn (Linke) – und erhielt keine Antwort. Erst als sie im November 2017 dem Bezirksamt und der BVV eine Frist setzte, bekam sie – eine Eingangsbestätigung. Kein Wort zur Sache.

    Stadtrat Vollrad Kuhn (Grüne), für Straßennamen zuständig, sagte dieser Zeitung, ihm liege kein „richtiger Antrag“ mit Namensvorschlag vor. Er räumt ein, das das Anliegen vielleicht anderswo „in ein schwarzes Loch“ gefallen sei. Die Sache selber sieht er positiv: Wenn Rössle Dreck am Stecken habe, könne er das Anliegen nachvollziehen. Man müsse aber viele Seiten und Historiker befragen. „Wichtig ist, das im politischen Raum zu behandeln, Fraktionen und Kommissionen könnten sich befassen und Bewertungen abgeben.“

    Hirne als „Studienmaterial“

    Bekannt ist, dass die Hirnforschung von den Euthanasiemorden der späten 1930er-Jahre profitierte, man nahm die Hirne gern als „Studienmaterial“. Rössle war nicht NSDAP-Mitglied und wohl nicht an Euthanasiemorden beteiligt. Gleichwohl trug er bis 1945 als Kurator des Bucher Institutes Mitverantwortung. Der Euthanasieforscher Götz Aly schreibt, Rössle habe sich dem Staat gegenüber stets loyal verhalten: „Es blieb ihm gleichgültig, ob er in Hitlerdeutschland als ‚Volksgenosse‘ oder später als ‚Nationalpreisträger I. Klasse der DDR‘ apostropiert wurde“.

    Erbhygiene sah Rössle distanziert. Sein Buch „Die pathologische Anatomie der Familie“ (1940) birgt Belege dafür. Ein Absatz wurde geschwärzt, darin der Satz: „Die Anschauung, Krankheit sei Schicksal, weil alles Geschehen an Körper und Geist unter der Herrschaft der Vererbung stehe, ist in dieser Verallgemeinerung unrichtig und gefährlich.“

    Fest steht: Aus einer Umbenennungsdebatte kann die Öffentlichkeit viel lernen – zum Beispiel über Anpassungen an Zeitumstände.

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