5 Tote in 5 Monaten - Die Verzweiflung der Taxifahrer in New York City - Wirtschaft

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    von: Simon Schütz veröffentlicht am 18.06.2018 - 16:12 Uhr

    Fahren Sie manchmal Taxi? Dann wird Ihnen diese Geschichte ans Herz gehen. Fünf Taxifahrer in New York City haben sich dieses Jahr das Leben genommen, weil ihr Job sie fertiggemacht hat.

    Ihr Einkommen reichte kaum zum Leben. Sie hatten keine Perspektive auf bessere Zeiten. Ein Taxifahrer hinterließ vor seinem Selbstmord eine Facebook-Nachricht über den Druck in seinem Beruf – dabei ging es auch um den Wettbewerb mit Uber. Ein anderer erwähnte in seinem Abschiedsbrief den „desaströsen“ Zustand des Gewerbes.

    Ihre Kollegen klagen über schreckliche Zustände: Manche Taxifahrer sind obdachlos, weil sie sich keine Wohnung leisten können; andere sind durch die vielen Nachtfahrten erblindet, wie ein Taxifahrer dem amerikanischen Magazin „New York City Patch“ schilderte.

    Der Grund: Die Situation für Taxifahrer in US-Metropolen hat sich mit dem Markteintritt von Uber, Lyft und anderen Konkurrenten drastisch verändert.

    Die amerikanischen Start-ups Uber und Lyft sind Fahrdienste: Fahrer ruft und bezahlt man über eine Handy-App. Die Fahrten sind meist deutlich billiger als reguläre Taxi-Fahrten, die wenigsten Fahrer sind Profis.

    Die amerikanischen Start-ups Uber und Lyft sind Fahrdienste: Fahrer ruft und bezahlt man über eine Handy-App. Die Fahrten sind meist deutlich billiger als reguläre Taxi-Fahrten, die wenigsten Fahrer sind Profis.

    ► Diese App-Fahrdienste haben den amerikanischen Markt revolutioniert. In New York City fahren inzwischen mehr als 60.000 Uber-Autos durch die Stadt – die Anzahl der regulären Taxis aber ist gesetzlich auf etwa 13.500 begrenzt, wie die „New York Times“ berichtet.

    ► Der Druck auf die Nachfrage hat dazu geführt, dass sich die Löhne der Taxifahrer extrem verringert haben – um bis zu 30 Prozent.

    Da helfe es auch nicht, dass manche Fahrer inzwischen 70 Stunden die Woche arbeiten, wie Bhairavi Desai, Geschäftsführer der New Yorker Taxi-Vereinigung, beklagt.

    Taxi-Lizenzen waren einmal die „weltbeste Geldanlage“

    Ein weiterer Grund für die zunehmende Verzweiflung: Der Wert der Taxi-Lizenzen („taxi medallions“) ist drastisch gesunken.

    ► Im Jahr 2011 titelte die „Wirtschaftswoche“ noch, dass New Yorker Taxi-Lizenzen die „weltbeste Geldanlage“ seien. Ihr Wert war seit 1980 jährlich um acht Prozent gestiegen – solche Renditen bietet sonst kaum eine Anlage.

    Viele Taxifahrer haben ihre Lizenz auf Pump erworben, sahen ihn ihnen eine Art Rente. Doch mit Uber und Lyft änderte sich alles.

    ► Während die Lizenzen vor Markteintritt der Konkurrenz teilweise für eine Million Dollar gehandelt wurden, sind sie inzwischen auf einen Wert von 175 000 Dollar gesunken! Das berichtet die „New York Times“.

    Die Politik scheint gegenüber Uber und Co. machtlos. New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio versuchte 2015, gegen Uber vorzugehen und dem Fahrdienstanbieter Grenzen zu setzen. Doch er scheiterte.

    Inzwischen gibt es zunehmend Unmut über die Situation der Taxifahrer, die begonnen haben, lautstark zu demonstrieren.

    Uber-Chef will Hilfsfonds für Taxifahrer

    Inzwischen hat Uber-CEO Dara Khosrowshahi (49) reagiert. Er hat in der „New York Post“ vorgeschlagen, dass New York in Zukunft eine Gebühr auf alle App-basierten Fahrdienste erheben sollte. Die Einnahmen könnten dann in einen Fonds fließen, um Taxifahrern in Not zu helfen.

    ► „Die Dinge haben sich verändert“, sagte Khosrowshahi. Wenn man den Betroffenen dabei helfen könne, ein besseres und angemessenes Leben zu führen, dann wolle man das tun. „Wir wollen nicht Teil des Problems sein“, stellte der Uber-Chef klar.

    Die Idee des Fonds sei ihm gekommen, nachdem er über die Selbstmorde der NYC-Taxifahrer gehört habe.

    ► Für Desai, Geschäftsführer der New Yorker Taxi-Vereinigung, ist die Idee jedoch des Uber-Chefs ein „Schlag ins Gesicht“.

    Taxifahrer wollten keinen Hilfsfonds. Viel wichtiger sei es, ihnen ein ausreichendes Einkommen zu sichern und ihre Jobs zu schützen – durch entsprechende Regulierung.

    Wie ist die Situation in Deutschland?

    „In Deutschland ist die Situation komplett anders. Uber bzw. Lyft sind in Deutschland verboten“, erklärt Thomas Grätz, Geschäftsführer des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands, auf BILD-Nachfrage.

    Dem US-Unternehmen wurde es 2014 gerichtlich verboten, seinen Service mit privaten Fahrern anzubieten – mit Verweis auf das Personenbeförderungsgesetz.

    Dennoch sehen sich auch die deutschen Taxifahrer bedroht. Aktuell macht VW mit dem Modellprojekt „Moia“ den Taxi-Unternehmern in Hamburg Konkurrenz.

    Die Idee: Fahrgäste können einen schwarzen Multivan per Smartphone bestellen, sich den Wagen mit anderen Passagieren teilen – eine Art Sammeltaxi.

    Grätz dazu: „Wir sehen uns durch Modelle wie das Moia-Konzept im Hamburg extrem bedroht. Moia ist letztlich eine Marktverdrängung, die nicht nur auf die Taxi-Branche Auswirkungen haben wird, sondern auch auf die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel.“

    Über die Uber-Plattform werden in Berlin und München nur noch professionelle Fahrer vermittelt: Das sind zum einen normale Taxifahrer (UberTaxi), aber beispielsweise in Berlin auch Fahrer des Limousinendienstes Rocvin, die über einen entsprechenden Personenbeförderungsschein verfügen.

    Grätz stellt klar, man wolle sich gegenüber neuen Modellen nicht verschließen: „Am Taxi-Sharing sind wir sehr interessiert. Wir sehen das als Chance. Wir erwarten, dass das Taxi-Sharing neue Kunden erschließen wird. Dass Leute, die sich sonst ein Taxi alleine nehmen, nun teilen werden, halten wir für eher unwahrscheinlich. Es geht vielmehr um neue preissensible Kunden, die hier eine Möglichkeit sehen, Geld zu sparen.“

    Das Einkommen der deutschen Taxifahrer hat sich im Vergleich zu dem der amerikanischen Kollegen nicht verschlechtert. „Die Einkommensentwicklung ist stabil. Wahrscheinlich ist das Einkommen insgesamt sogar etwas gestiegen, aufgrund des eingeführten Mindestlohns“, sagte Grätz zu BILD.

    #Uber #Taxi #USA #New_York #Moia #Deutschland

    • Leserkommentar :

      der Text in der BILD enthält im unteren Teil Falschaussagen:

      – UBER ist in Deutschland nicht verboten, nur UBER Pop.

      – Das Hauptproblem in Berlin, dass Mietwagen aus dem Umlanf für UBER fahren und die Rückkehrpflicht regelmäßig mißachen, wird nicht erwähnt.

      – Der Satz, dass „im Vergleich mit den USA“ das Einkommen von Berliner TaxifaherInnen sich nicht verringert habe, ist zynisch: In Berlin hat sich noch niemand vor dem, Rathaus erschossen, und vermutlich ist der Umsatzrückgang geringer. Es sind laut Taxi Deutschland aber immerhin 8% im letzten Jahr!