Eine Vernunftehe (Tageszeitung junge Welt)

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  • 10.11.2018 : Eine Vernunftehe (Tageszeitung junge Welt)
    https://www.jungewelt.de/artikel/343322.novemberrevolution-eine-vernunftehe.html

    Après leur chute originelle en 1914 les social-démocrates allemands en 1918 récoltent les fruits empoisonnées que leur tendent les industriels.

    En proposant le poste de président à Friedrich Ebert et en acceptant l’accord sur la cogestion des usines les industriels lient les socialistes SPD au sort de l’industrie allemande. Les lois issues de l’accord garantissent des postes et salaires à un nombre important de syndicalistes et fonctionnaires social-démocrates. Le système de cogestion constitue la base du contrat social dans l’Allemagne capitaliste sauf pendant l’interlude nazi entre 1933 et 1945.

    Cent ans plus tard l’accord historique est menacé par la politique néolibérale qui cherche à se débarasser des conventions collectives et des représentants d’employés prévus par la loi. La disparition de l’electorat SPD prive ses fonctionnnaires et les syndicats des troupes indispensables pour la défense des structures qui constituent l’essence de la Sozialpartnerschaft . Nous entrons dans une phase de luttes des classes moins organisées et plus violentes en coséquence.

    Bereits sechs Tage nachdem Reichskanzler Max von Baden die Abdankung des Kaisers verkündet hatte, handelten Gewerkschaften und Industriekapitäne den Achtstundentag aus. Am 15. November 1918 vereinbarten der Ruhrindustrielle Hugo Stinnes und der Vorsitzende der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands, Carl Legien, quasi im Handumdrehen die Erfüllung einer Kernforderung der Arbeiterbewegung. Dafür hatten zuvor die Gewerkschaften und politische Parteien mehr als fünfzig Jahre vergeblich gekämpft. Wenige Tage später erhielt das Stinnes-Legien-Abkommen qua Regierungsdekret Gesetzesrang. So schnell ist die Erfolgsstory vom Auftakt der deutschen Sozialpartnerschaft erzählt, und sie kann in mal mehr, mal weniger elaborierter Form in Festschriften und Verlautbarungen von Gewerkschaften oder Sozialdemokraten zum 100. Jahrestag der Revolution von 1918/19 nachgelesen werden.
    Opfersinn der Arbeiterklasse

    In Wahrheit wurde die Sozialpartnerschaft in Deutschland schon zwei Jahre zuvor besiegelt. In den Verhandlungen um das Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst, das am 5. Dezember 1916 erlassen wurde, konnten Sozialdemokraten und Sozialliberale durchsetzen, dass in Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten Arbeiter- und Angestelltenausschüsse gebildet wurden. Damit war die bisherige Herr-im-Haus-Stellung der Industriekapitäne stark beschnitten, denn diese wurden dazu verpflichtet, ihrer Belegschaft Auskunft über Lohn- und Beschäftigungsfragen sowie über die Lage des Betriebs zu geben. Legien deutete das Kriegsgesetz im Correspondenzblatt der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands am 9. Dezember als Erfolg der Arbeiter und deren Anstrengungen im Kriege: »Der Hilfsdienst verlangt weitgehende Opfer von allen, nicht zum wenigsten auch Verzicht auf wichtige Rechte. Dem freien Arbeitsvertrag, der Freizügigkeit sind Schranken gesetzt. Das neue Gesetz bringt aber nicht bloß Pflichten für die Arbeiterschaft, sondern es ist (…) gelungen, die Rechte der Arbeiter und Angestellten in Formen, die für die Interessenvertretung während des Krieges ausreichend sind, sicherzustellen (…) In dem Existenzkampf, den Deutschland um sein Bestehen und seine Zukunft führt, hat sich die Wahrheit glänzend durchgerungen, dass die Arbeiterklasse der bedeutsamste Teil des Volksganzen ist, ohne deren Opfersinn der geregelte Aufbau der Kriegswirtschaft nicht möglich wäre.«

    Diese Zugeständnisse konnten die Oberste Heeresleitung (OHL) und die Regierung ohne Sorge machen, denn die Gewerkschaften und die Sozialdemokratische Partei hatten sich schon 1914, als das deutsche Kaiserreich der Welt den Krieg erklärte, als »vernünftig« erwiesen und erklärt, nun sei die Stunde gekommen, das Vaterland zu verteidigen. Mehr noch, es war für den deutschen Imperialismus, der seit Anbeginn des Krieges mit großer Arbeitskraftfluktuation zu kämpfen hatte, elementar, einen Ansprechpartner im Betrieb zu haben, der dabei half, die Arbeitskraft zu mobilisieren.

    Als die deutschen Schwerindustriellen in den Oktobertagen 1918 von der OHL erfuhren, dass mit einem siegreichen Ausgang des Krieges nicht mehr zu rechnen sei, erwiesen sie sich als geschmeidig genug und besaßen vor allem den richtigen Riecher, als sie beschlossen, »auf seiten der Arbeiterschaft starke Bundesgenossen« (siehe unten) zu suchen. Die fanden sie in der Gewerkschaftsführung. Am 20. Oktober verhandelten in Berlin die Kapitalgewaltigen Walther Rathenau, Carl Friedrich von Siemens, Anton von Rieppel und Ernst von Borsig mit einer Gruppe Gewerkschaftsführer rund um Legien. Im Ruhrgebiet war zwei Tage zuvor der Zechenverband, vertreten z. B. von Hugo Stinnes, Emil Kirdorf und Alfred Hugenberg, mit Funktionären der Bergarbeitergewerkschaften auf Tuchfühlung gegangen. Nicht alle waren glücklich über diese Verhandlungen, das zeigt die Reaktion eines Arbeiters, dem der Gewerkschaftsführer Otto Hue von den Verhandlungen mit Stinnes und Co. berichtet hatte. »Mit Stinnes? Bist du verrückt? Der wird aufgehangen!«
    Angst vor der Revolution
    Revolutionsabo

    Die Industriellen trieb vor allem die Angst vor Enteignungen und vor anarchischen Zuständen nach dem verlorenen Krieg zu Konzessionen, und so ergriffen sie die Gelegenheit wie der Ertrinkende den Rettungsring. In Carl Legien hatten sie nicht nur einen Partner, der seine vaterländische Gesinnung mehrfach unter Beweis gestellt hatte, sondern auch einen »Realpolitiker«, der in den Kämpfen der Parteilinken einen »Radikalismus« erblickte, den er seinen »Lebtag nicht ertragen« habe können, wie er schon 1915 ausgeführt hatte, und der sich auch im praktischen Kampf gegen die linken Sozialdemokraten verdient gemacht hatte.

    Als die Revolution, inspiriert von den Vorgängen in Russland und ausgelöst durch die Meuterei in Wilhelmshaven und Kiel, die Reichshauptstadt erreichte, waren die Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und Industriellen schon weit fortgeschritten und konnten am 14. November schließlich, noch bevor den Akteuren das Heft des Handelns aus den Händen glitt, zu einem günstigen Ende geführt werden, so dass Hugo Stinnes zufrieden resümierte, die Gewerkschaften »werden ihre sozialistischen Ideen jetzt nicht aufgeben, aber praktisch keinen Gebrauch davon machen«.

    Das Abkommen folgte, bei allen Neuerungen, die es mit sich brachte, der alten Logik der Bismarckschen Sozialgesetzgebung. Die Maßnahmen sollten einer drohenden Radikalisierung der deutschen Arbeiterbewegung die Grundlage entziehen. Die große Stunde der Gewerkschaften schlug also in dem Moment, in dem sie sich als die gemäßigte Alternative zu einer Rätebewegung und einem revolutionären Umsturz (wie in Russland) präsentieren konnten. Wo die Arbeiter mit sozialpolitischen Maßnahmen nicht vom Revolutionskurs abgebracht werden konnten, half Gewalt. Der Januaraufstand und einige Räterepubliken wurden von Freikorps niedergemacht, unter anderem finanziert von Hugo Stinnes, dem Stammvater der Sozialpartnerschaft.

    Getrieben von den Klassenkämpfen, schlossen Kapital und Gewerkschaften eine Vernunftehe. So sollte der revolutionären Bewegung das Rückgrat gebrochen werden. Die beiden »Eheleute« wurden zu »Sozialpartnern« auf 100 Jahre gemacht.

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