• Momper und Diepgen - Soll Berlin mehr Konkurrenz für das Taxigewerbe zulassen? – B.Z. Berlin
    https://www.bz-berlin.de/berlin/soll-berlin-mehr-konkurrenz-fuer-das-taxigewerbe-zulassen

    23. Februar 2019 15:10 - Sollte Personenbeförderungsgesetz aus dem Jahre 1961 liberalisiert und mehr Konkurrenz im Taxigewerbe zugelassen werden? Diese Frage beschäftigt Diepgen & Momper diese Woche

    Eberhard Diepgen: Ja, aber dabei bitte sachte vorangehen!
    Unter dem Stichwort der Digitalisierung entstehen neue Träume von Mobilität der Berlinerinnen und Berliner. „Wir wollen den Wechsel vom eigenen Auto zum Gemeinschaftsverkehr erleichtern“, sagt der BVG-Digitalvorstand.

    Die Absicht kann ich nur unterstützen. Mit dem Smartphone komplikationslos einen Shuttle herbeirufen, ein modernes und sauberes Fahrzeug mit wenigen anderen Fahrgästen teilen und kostengünstig zum Ziel kutschiert werden: Da kann das Auto zu Hause bleiben. Und bezahlen soll man auch ganz praktisch über das Handy. Das hört sich gut an.

    Einen Bedarf für ein zusätzliches Angebot sehe ich vor allem in den Außenbezirken. Teile von Zehlendorf oder Köpenick sind für den Verzicht auf ein Auto nicht ausreichend durch den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angebunden.

    Natürlich können Berlins Taxiunternehmen durch solche zusätzlichen Angebote Fahrgäste verlieren und wirtschaftlich in Schwierigkeiten kommen. Nicht nur die BVG und die Deutsche Bahn tummeln sich bereits auf diesem Geschäftsfeld. Das Taxi gehört zum öffentlichen Personennahverkehr, es unterliegt strengen Regeln und es besteht eine Beförderungspflicht. Es wird deswegen z.B. vor zu starkem Wettbewerb durch Mietwagen abgeschirmt.

    Veränderungen sollte es nur schrittweise geben. Was den Kumpeln im Kohlebergbau gut ist, sollte dem Taxifahrer billig sein. Wir stehen bei der erträumten Entwicklung am Anfang. Es kann auch ganz unerwünschte Auswirkungen geben. Bleibt der Bus wegen anderer Angebote leer? Ist der Bus dann in einzelnen Stadtteilen nicht mehr finanzierbar?

    Fahren immer mehr Berliner mit Mietwagen, könnte der Autoverkehr entgegen allen Wünschen zunehmen. Also dabei bitte sachte vorangehen. Sicher bin ich, dass Modellversuche eher nach Köpenick gehören als in die Stadtmitte.

    Walter Momper: Ja, denn die Zeiten haben sich geändert

    Das Personenbeförderungsgesetz aus dem Jahre 1961 ist veraltet und entspricht nicht mehr dem heutigen Standard. Das Gesetz muss geändert und den heutigen Bedürfnissen angepasst werden.

    Auch die von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) in Aussicht genommenen Veränderungen sind nicht mehr zeitgemäß. Die Forderung von Uber und anderer Mobilitätsdiensten bleibt bestehen, die Regeländerungen konsequent zu Ende zu bringen.

    Die Carsharing-Firmen und Transportdienstleister wollen ein ganz neues Autoverkehrsgesetz haben, das den Anforderungen einer digitalen Gesellschaft entspricht.

    Auch die BVG bereitet einen umfassend neuen Fahrbetrieb in Berlin vor. Man soll Carsharing-Autos, Mieträder, Elektroroller, Kickscooter und Ride-Sharing-Fahrdienste in Kombination nutzen können.

    Auffällig dabei ist die App namens „Jelbi“ von der BVG, die sich mit dem Carsharing auf stationäre Angebote beschränken will. An zentralen Plätzen in der Stadt soll man von Bus und Bahn auf alle alle anderen Mobilitätsdienstleistungen umsteigen können.

    Auch in Kreuzberg will man die Nutzung von Alternativen auf eine andere Art und Weise erleichtern. Im Sommer soll in der Gitschiner Straße ein Umsteigeort eröffnet werden, weitere Umsteigeorte sollen am U-Bahnhof Jakob-Kaiser-Platz und an der Straßenbahnhaltestelle Landsberger Allee folgen.

    Man sieht also: Es gibt eine große neue Anzahl von Möglichkeiten und es lohnt sich, die Möglichkeiten auszuschöpfen. Welche sich davon wirklich als nützlich erweisen und welche davon in kurzer Zeit in der Versenkung verschwinden werden, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht absehbar.

    Es ist eine spannende Entwicklung. Warten wir es ab.

    #Berlin #Poitik #Taxi

  • „Sexuelle Belästigung ist erst einmal ein Fakt und keine Diskussion“ – B.Z. Berlin
    https://www.bz-berlin.de/berlin/sexuelle-belaestigung-ist-erst-einmal-ein-fakt-und-keine-diskussion

    Na super! Nach dem hochoffiziellen Tagesspiegel mit tollen Verbindungen ins Eliteberlin folgt die Meldung im Prollorgan des Berliner Springer-Verlangs, der B.Z.

    Was ist passiert?

    Ein Taxikollege vergreift greift sich FDP-mäßig (Brüderle, allet klar?) im Ton, und schon ist das sexuelle Belästigung für eine etwas dünnhäutige junge Frau, da muss die Polizei ran, meint sie. Soweit so normal. Kommt täglich vor, nicht im Taxi aber überall, wo man oder frau sonst so hinsieht.

    Eine tolle Chance für die Mehrheitsmedien, ihre Lieblingsbotschaften unters Volk zu bringen:

    – Taxi muss besser werden (im Subtext meint das, für „modernere“ Transportangebote muss das Personenbeförderungegesetz „entschlackt“ werden.)

    – Die Polizei ist lieb und tut alles für junge Frauen, die sehen das nur nicht immer.

    – Wir stehen hinter der jüdischen Gemeinde, auch wenn das hier überhaupt keine Rolle spielt außer bei dem Umstand, dass die junge Frau es versteht, sich Gehör zu verschaffen.

    Was machen wir Kutscher nun daraus?

    Kollegenkritik:

    Haste dir nich mit Ruhm bekleckat, ooch wennde jetzt berühmt bist, werta Kolleje.

    Ein normaler Tag, eine normale Taxifahrt – nicht ganz, zumindest nicht für Dalia Grinfeld, Vorsitzende der Jüdischen Studierendenunion. Sie wurde nach eigener Aussage sexuell belästigt und ärgert sich über die Polizei.

    Grinfeld war am Dienstag zwischen zwei Terminen mit einem Taxi unterwegs, berichtet der Tagesspiegel.

    Demnach wäre sie bereits beim Einsteigen mit „Guten Morgen, Hübsche“ begrüßt worden. Sie habe dem Fahrer gesagt, dass sie das nicht gut finde. Doch der Mann hätte weiter gemacht. Sätze wie „Bei solch schönen Brüsten muss man einfach hinschauen“ wären gefallen, ihre mehrfachen Aufforderungen die Bemerkungen zu unterlassen, seien offenbar ungehört verklungen.

    Erst als die 24-Jährige den Mann schließlich aufgefordert hätte, das Taxi anzuhalten und sie aussteigen zu lassen, da sie ansonsten die Polizei rufen würde, lenkte der Mann ein und stoppte das Taxi.

    Nach der Taxifahrt meldete sich Grinfeld bei der Polizei. Fünf Minuten habe sie mit dem Notruf diskutiert. Der Polizist hätte sie gefragt, ob sie tatsächlich belästigt wurde oder ob es auch Komplimente gewesen seien können. Ob der Fahrer sie angefasst oder berührt hätte.

    Grinfeld: „Ich weiß, was sexuelle Belästigung ist.“ Der Beamte habe ihr dann erklärt, dass er keinen Fall sexueller Belästigung erkennen könne.

    _Dalia Grinfeld
    @DaliaGrinfeld
    Von der @polizeiberlin erwarte ich, dass sie mir #Hilfe leistet und ein Gefühl von #Sicherheit gibt bei #Sexuellebelästigung! #metoo #Berlin_

    _Dalia Grinfeld
    @DaliaGrinfeld
    .@polizeiberlin: Wenn ich ein Feuer melde, werde ich auch nicht gefragt, ob ich mir sicher bin und 5 min in Frage gestellt?! Das Gefühl von #Sexuellebelästigung ist erst einmal ein Fakt und keine Diskussion! #MeToo #aufstehen #mundauf_

    Von der Polizei hätte sich die Frau nicht ernstgenommen gefühlt. „Von der Polizei erwarte ich, dass sie mir Hilfe leistet und ein Gefühl von Sicherheit gibt“, twitterte Grinfeld. „Wenn ich ein Feuer melde, werde ich auch nicht gefragt, ob ich mir sicher bin und 5 min in Frage gestellt?!.“

    Die Polizei reagierte auf die Wut-Posts verwundert. Thilo Cablitz, Sprecher der Berliner Polizei, sagte dem Tagesspiegel, dass sich der Beamte fünf Minuten und 51 Sekunden Zeit für die Frau genommen habe, obwohl die Notrufzentrale der Polizei stets ausreichend zu tun hat.

    „Dargestellte Situation weicht nahezu in Gänze ab“
    Und ein Sprecher sagte zur B.Z.: „Wir haben den Vorwurf sehr ernst genommen und die Aufzeichnung des Notrufs unmittelbar ausgewertet. Die in einer Tageszeitung dargestellte Situation weicht nahezu in Gänze von derjenigen ab, die uns über den Notruf geschildert wurde“, sagte er. Und weiter: „Weder eine Notsituation, eine unmittelbare Gefahr noch ein strafrechtlich bewehrtes Verhalten ließen sich erfassen. Uns ist sehr wohl bewusst, dass Personen, die unter dem Eindruck eines Geschehens stehen, die im Stress sind, nicht sofort alles in Worte fassen können. Aus diesem Grund wurde angeboten, eine Einsatzwagenbesatzung zu entsenden, um in einem direkten Gespräch sämtliche Details zu klären.“

    _Dalia Grinfeld
    @DaliaGrinfeld
    .@polizeiberlin: Wenn ich ein Feuer melde, werde ich auch nicht gefragt, ob ich mir sicher bin und 5 min in Frage gestellt?! Das Gefühl von #Sexuellebelästigung ist erst einmal ein Fakt und keine Diskussion! #MeToo #aufstehen #mundauf_

    In dem Telefonat habe Grinfeld sogar Einsehen gezeigt, dass in ihrem Fall keine Straftat vorlag, sagte Calbitz.

    Doch Grinfeld sagte, dass sie dafür nun keine Zeit habe. Zeit hatte sie allerdings für eine Instagram-Story, ein Video und mehrere Tweets, was bei der Polizei wiederum für Verwunderung sorgte.

    Der Polizeisprecher gegenüber B.Z.: „Hätte die Situation sich, wie jetzt in der Tageszeitung geschildert, dargestellt, hätten wir sofort eine Einsatzwagenbesatzung entsandt und das Telefonat nicht über fast sechs Minuten geführt.“ Denn: Wer in Not ist, darf nicht warten!“

    Regelung zu Sexualdelikten

    Erst Ende 2016 waren die Regeln im Strafgesetzbuch zu Sexualdelikten verschärft worden. Das Problem: Werden Opfer nur verbal belästigt, ist es dennoch keine sexuelle Belästigung im Sinne des Gesetzes – sondern möglicherweise eine „sexuelle Beleidigung“.

    Erforderlich ist hier nach der Rechtsprechung oberster Gerichte, dass in dem Verhalten des Täters eine – von ihm beabsichtigte – sexuell herabsetzende Bewertung des Opfers zu sehen ist. Ob das im vorliegenden Fall zutrifft und wie sich das beweisen ließe, ist fraglich.

    #Berlin #Medien #Taxi #Frauen