Seite 2 - Mikrobiologie : Sorgloser Umgang mit Mett

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  • Mikrobiologie : Sorgloser Umgang mit Mett
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    Mett wird wegen dieser Risiken in Deutschland engmaschig kontrolliert. Allein in den Veterinärbehörden Nordrhein-Westfalens wurden 2011 knapp 300 Stichproben von Mett aus dem Handel untersucht. Wie viel Schweinemett genau in Deutschland verzehrt wird, ist unbekannt, wohl auch, weil es in kleineren Metzgereien häufig frisch hergestellt wird, im sogenannten Ladenwolf hinter der Theke. Warum das Produkt vor allem in Deutschland Fuß gefasst hat, ist nicht restlos geklärt. „Es gibt die Theorie, dass die Menschen im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert weniger Zeit hatten und deshalb mehr rohe Lebensmittel aßen“, sagt Reinhard Fries, der Direktor des Instituts für Fleischhygiene an der FU Berlin. Als Ende des 19. Jahrhunderts die Gesundheitsbehörden eine wissenschaftlich basierte Lebensmittelkontrolle aufbauten, registrierten sie, dass vor allem Arbeiter und einfache Bauern rohes Schweinehackfleisch aßen und sich auf diese Weise Zoonosen zuzogen, etwa den Muskelwurm Trichinella. Offenbar gab es an den Arbeitsplätzen zu kurze Pausen und keine Möglichkeiten, warme Speisen zuzubereiten. Mett war eine Proteinquelle, die man mit wenigen Gewürzen billig und schnell herstellen konnte. Zudem war Hackfleisch traditionell ein Nebenprodukt jeder Schlachtung.
    Ist das EU-Recht ausreichend?

    Von den dreißiger Jahren an bis 2007 galt in Deutschland die „Hackfleischverordnung“, mit der man das Hygieneproblem in den Griff bekommen wollte. Sie stellte strenge Regeln auf: Das Produkt musste bei höchstens vier Grad aufbewahrt und nach einem Tag aus dem Handel genommen werden. Doch vor fünf Jahren haben neue EU-Verordnungen das nationale Recht abgelöst. Seitdem sind viele deutsche Lebensmittelexperten unzufrieden. Die neue europäische Gesetzgebung hält Hackfleisch für etwas, das in der Regel noch durchgegart wird. Der Deutsche Fleischer-Verband empfiehlt seinen Mitgliedern deshalb, sich bei der Produktion weiter an die nicht mehr geltende Hackfleischverordnung zu halten. „Die Hackfleischverordnung hat den Produzenten klare Anweisungen gegeben: Tut das, tut das nicht, wenn ihr wollt, dass später der Keimgehalt stimmt“, erklärt Fries. „Man ging so vor, weil es früher leichter war, die Prozesse zu steuern, als hinterher die Mikrobiologie zu überprüfen.“ Insofern bedeute die europäische Gesetzgebung, die auf mikrobiologische Grenzwerte setzt, einen Philosophiewechsel. Wolle man noch mehr Schutz, müsse man etwa festlegen, dass nur Fleisch aus speziellen Tierhaltungen, die beispielsweise frei von Salmonellose sind, für Mett verwendet werden dürfe, sagt Fries. „Soweit sind wir allerdings noch nicht.“