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  • Neue Pläne für Areal in Berlin-Mitte: Investoren zieht es an die Jannowitzbrücke - Berlin - Tagesspiegel
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    06.06.2018 - Unweit des alternativen Holzmarkt-Projekts und der BVG-Zentrale soll ein Neubau an der Jannowitzbrücke entstehen. Doch Wohnungen wird es nicht geben. RALF SCHÖNBALL ANDRÉ FRANKE

    Die bunten Bauten der Party-Profis von der Holzmarkt-Genossenschaft stehen ein paar hundert Meter weiter östlich. Nebenan sind die drei ellipsenförmige Hochhausscheiben der BVG-Zentrale. Und obwohl der Alexanderplatz in Sichtweite ist, gibt es hier eine der berlintypischen Brachen: Mit Autowaschanlage, Lidl und Budget-Tanke. Doch den Betreibern dieses Gewerbe-Allerleis wurde gekündigt. Schilder sind abgeschraubt, denn jetzt wird gebaut – und vorher wohl noch über die Pläne gestritten.

    Auf dem Fliesenboden im Foyer des verlassenen Burger King steht ein einzelner verchromter Barhocker ohne Sitzpolster. Herausgerissen liegt ein zweiter neben der Treppe. Ihr fehlt das Geländer. Nach oben führen die Stufen ins abrissreife Obergeschoss, es liegt über dem Verkaufsraum der Hem-Tankstelle. Sie teilte sich den Gewerbebau an der Holzmarktstraße 4 mit dem Schnellrestaurant bis vor kurzem. Jetzt hängt ein Schild an der Tür, ohne genaues Datum: „Dieses Restaurant schließt ab heute.“

    Zentrale Lage, doch ohne Zugang zum Fluss

    Eckbert Dähn weiß, wann „Heute“ war: Burger King verließ das Gelände schon vor vier Monaten. Dähn wohnt auf der gegenüberliegenden Seite der Holzmarktstraße, im Wohngebiet südlich der Karl-Marx-Allee, schon seit 2004. Er ist einer der Anwohner einer Initiative, die sich drüben in die Pläne des Bezirks für eine Nachverdichtung der DDR-Bauten einmischt – und hat einen Blick aufs Geschehen. An der Holzmarktstraße zogen nach Burger King auch Lidl-Markt und Hem-Tankstelle weg, die Autowaschanlage schließt im Oktober. Die Anwohner sind enttäuscht, dass der Lidl schließt. Und vor allem, dass weder Markt, noch Verwaltung über die Schließung und den anstehenden Abriss informierten. „Das ist doch keine Kleinigkeit“, sagt Dähn.

    In der Tat sind drei hintereinander liegende Grundstücke betroffen. Das Areal ist zentral, es schließt direkt an den S-Bahnhof Jannowitzbrücke an und zieht sich in südöstlicher Richtung bis zur Aral-Tankstelle und dem BVG-Gebäude. Der Bahnviadukt mit gewerblich genutzten Bögen begrenzt das Gelände zur Spree hin. Einen Zugang zum Fluss gibt es nicht. Noch nicht.

    Es existiert schon ein Testentwurf

    Das soll sich ändern, findet Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD). Auf Anfrage bestätigt er, dass es einen „Testentwurf“ für das weitläufige Areal gebe, den der Bezirk mit den Eigentümern „ausgelotet“ habe. Wichtig ist für Gothe vor allem, dass in den Erdgeschossen „sehr großzügig Einzelhandel und öffentliche Bereiche“ Platz finden. Der Stadtrat will auch die Bahn einbeziehen, um die Viadukte zu bespielen: Cafés und Restaurants wie in Mitte oder am Savignyplatz in Charlottenburg schweben ihm vor – aber hier außerdem noch mit einem grandiosen Blick auf die Spree.

    Dass bisher von diesen spannenden Plänen wenig nach außen drang, hat wohl auch damit zu tun, dass hier eine Konzernzentrale unterkommen sollte und nur Büroflächen entstehen, was in Zeiten von Wohnungsnot schwer vermittelbar ist. Simulationen der Architekten Alvarez&Schepers zeigen eine weit in den Himmel emporragende Glasellipse Ecke Alexanderstraße und östlich davon ein Ensemble aus zwei halbrunden Gebäuden auf einem gemeinsamen Sockel – ein Entwurf der einfallsreicheren Art in Berlin. Aber bei den Baumeistern heißt es nur, man sei raus aus dem Projekt. Bauen will die „cesa Investment“ mit der „Art Invest“, die auch einen Neubau an der Otto-Suhr-Allee entwickelte. Aber auch den Bauherren ist nicht mehr als die übliche Investorenprosa zu entlocken, wonach eine „Büronutzung“ geplant ist sowie ein „lebendiger öffentlicher Raum“ mit „hoher Aufenthaltsqualität“ in den Erdgeschossen.

    Keine Wohnungen geplant

    Wohnungen wird es hier also nicht geben. Der Bezirk begründet das mit dem Lärm von Straße und Bahn, die über die Brücke ins Zentrum hineinrattert. Das würde auch Dähn nicht bestreiten, aber ihn und andere Anwohner der Holzmarktstraße ärgert die geheimniskrämerische Haltung des Bezirks trotzdem: „Politik und Verwaltung verstehen es immer noch nicht, die Bürger bei Bauprojekten mitzunehmen.“ Das jedenfalls sind seine Erfahrungen nicht nur hier, sondern auch in der Umgebung, wo andere Grundstücke „verdichtet“ werden sollen.

    Auf der Internetseite des Bezirksamtes gibt es für die Holzmarktstraße 3 bis 5 zwar einen Bauantrag, der am 26. Januar eingegangen ist und ein Bürogebäude mit Tiefgarage vorsieht. Mehr Infos aber nicht. „Gerüchteweise heißt es“, so Dähn, „dass dort 10-geschossige Bürohäuser gebaut werden sollen.“ Dagegen hat er im Grunde auch gar nichts: „Alles ist besser als das, was wir jetzt haben.“

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