• In die Freiheit entlassen | c’t | Heise Magazine
    https://www.heise.de/select/ct/2017/22/1508780300482172

    Di­gi­ta­les Flug­blatt: Raspber­ry Pi mit Bat­te­rie als an­ony­mer WLAN-Hot­spot und Web­ser­ver

    Dis­si­den­ten leben ge­fähr­lich: Die Nazis er­mor­de­ten die Ge­schwis­ter Scholl dafür, dass sie mit Flug­blät­tern zum Wi­der­stand auf­ge­ru­fen hat­ten. Heute nut­zen Wi­der­ständ­ler das In­ter­net, doch Re­gimes grei­fen un­ge­niert in die Mei­nungs­frei­heit ein und blo­ckie­ren die­sen Ver­brei­tungs­weg. Mit einem bat­te­rie­be­trie­be­nen Raspi haben wir eine di­gi­ta­le Va­ri­an­te des Flug­blatts ge­schaf­fen, das ver­steckt aus­ge­legt per WLAN oder Tor un­zen­siert In­for­ma­tio­nen unter das Volk bringt.
    Von Da­ni­el Co­oper

    Flug­blät­ter sind in Zei­ten von In­ter­net und Smart­pho­nes eine ziem­lich ar­chai­sche Me­tho­de, gegen au­to­ri­tä­re Re­gime zu pro­tes­tie­ren oder un­lieb­sa­me In­for­ma­tio­nen über Au­to­kra­ten ins öf­fent­li­che Licht zu rü­cken. Und eine ge­fähr­li­che noch dazu: Vor fast genau 75 Jah­ren er­mor­de­ten das Nazi-Re­gime die Ge­schwis­ter Scholl dafür, dass sie mit Flug­blät­tern zum Wi­der­stand auf­ge­ru­fen hat­ten. Die Stu­den­ten wur­den beim Ver­tei­len er­wischt. Heute nut­zen Wi­der­stands­grup­pen das In­ter­net und ver­öf­fent­li­chen ihre In­for­ma­tio­nen auf aus­län­di­schen Ser­vern – die von den Re­gimes im Hand­um­dre­hen blo­ckiert wer­den.

    Um die Be­völ­ke­rung vor Ort trotz In­ter­net-Zen­sur in­for­mie­ren zu kön­nen, haben wir ein di­gi­ta­les Flug­blatt auf Basis des Raspber­ry Pi Zero W ent­wi­ckelt. Der Mini-Rech­ner wird von einer Bat­te­rie ge­speist und lässt sich leicht an be­leb­ten Plät­zen in all­täg­li­chen Ge­gen­stän­den wie Blu­men­kü­beln, Bäu­men oder an­de­ren Ge­gen­stän­den ver­ste­cken. Wir haben die Kos­ten be­wusst nied­rig ge­hal­ten, damit nie­mand aus fi­nan­zi­el­len Grün­den eine Fest­nah­me ris­kie­ren muss, wenn er das Flug­blatt wie­der ein­sam­melt, weil ihm der Strom aus­ge­gan­gen ist.

    Den Raspi Zero W be­kom­men Sie in Deutsch­land bei buy­ze­ro.de für knapp 11 Euro. Für den Bat­te­rie­be­trieb be­nö­ti­gen Sie au­ßer­dem einen Span­nungs­wand­ler, den Sie für 5,50 Euro gleich mit­be­stel­len kön­nen. Sie be­kom­men letz­te­ren aber auch bei di­ver­sen eBay-Händ­lern, zum Teil kos­tet er dort nicht ein­mal einen Euro. Durch den Wand­ler haben Sie eine große Aus­wahl an Bat­te­ri­en, an­ge­fan­gen von vier Knopf­zel­len, die al­ler­dings nur we­ni­ge Stun­den durch­hal­ten, bis hin zu Mo­no­zel­len, die für einen Monat Be­trieb aus­rei­chen.
    Der Zu­sam­men­bau des Flug­blatts ist tri­vi­al: Ein Span­nungs­wand­ler zwi­schen Bat­te­rie und Raspi sorgt dafür, dass die Bat­te­rie bis fast zum letz­ten Elek­tron ent­la­den wird.

    Der Zu­sam­men­bau ist leicht: Zu­nächst ver­sor­gen Sie den Span­nungs­wand­ler pro­vi­so­risch mit Strom, schlie­ßen ein Volt­me­ter am Aus­gang an und stel­len die Aus­gangs­span­nung über das Poti auf 5,1 bis 5,2 Volt ein. An­schlie­ßend kap­pen Sie die Ver­bin­dun­gen und löten den Span­nungs­wand­ler di­rekt an den GPIO-An­schluss des Raspi Zero an. Der Plus­pol des Span­nungs­wand­ler-Aus­gangs ge­hört an Pin 4 des Raspi und der Mi­nus­pol an Pin 6.
    Gut ver­sorgt

    Wel­che Bat­te­rie Sie ver­wen­den, hängt nicht zu­letzt von der Art des Ver­stecks ab – Geo­caching-Er­fah­run­gen sind hier ein­deu­tig von Vor­teil. Um das Flug­blatt in einem Blu­men­topf de­po­nie­ren zu kön­nen, haben wir ver­suchs­wei­se zehn Mo­no­zel­len mit einer Ka­pa­zi­tät von je 18 Am­pere­stun­den zu­sam­men­ge­lö­tet – somit steht bei einer Zel­len­span­nung von 1,5 Volt eine Ge­samt­ener­gie von 270 Watt­stun­den zur Ver­fü­gung.

    Die Leis­tungs­auf­nah­me des Raspi Zero W, in­klu­si­ve aller nach­fol­gend be­schrie­be­nen Strom­spar­maß­nah­men, liegt bei 0,5 Watt, so­dass der Ring aus zehn Mo­no­zel­len theo­re­tisch 540 Stun­den oder 22,5 Tage durch­hält. Das lässt sich durch noch mehr Mo­no­zel­len noch top­pen: Der Span­nungs­wand­ler von buy­ze­ro.de ver­trägt bis zu 17 in Reihe ge­schal­te­te Zel­len, womit theo­re­tisch genug En­er­gie für 38 Tage vor­han­den wäre. Durch die Wand­ler­ver­lus­te, der ty­pi­sche Wir­kungs­grad be­trägt knapp unter 90 Pro­zent, dürf­te die tat­säch­li­che Be­triebs­dau­er bei un­ge­fähr einem Monat lie­gen.

    Wich­tig ist, die Zahl der Zel­len und damit die Klem­men­span­nung nicht zu nied­rig zu wäh­len: Der Span­nungs­wand­ler schal­tet bei etwa sechs Volt ab, wes­halb Bat­te­ri­en aus nur vier Zel­len gar nicht voll­stän­dig ent­la­den wer­den – so­bald die Span­nung auch nur leicht sinkt, ist Schluss. Bei acht Zel­len hin­ge­gen schal­tet der Span­nungs­wand­ler erst ab, wenn die Zel­len­span­nung auf unter 0,75 ge­fal­len ist – dann ist die Bat­te­rie auch fast voll­stän­dig leer.
    Mehr Reich­wei­te: Der An­ten­nen­an­schluss, ein U.​FL-Ste­cker, lässt sich mit etwas Ge­schick nach­träg­lich auf den Raspi Zero W auf­lö­ten. Mit einer ex­ter­nen An­ten­ne ver­grö­ßert sich der Ver­sor­gungs­be­reich des Flug­blatts um ein Viel­fa­ches.

    Es gibt wei­te­res Op­ti­mie­rungs­po­ten­zi­al: Die in­ter­ne An­ten­ne des Raspi Zero W ist kei­nes­wegs op­ti­mal für große Reich­wei­ten, auf der Pla­ti­ne ist aber ein Be­stü­ckungs­platz für einen U.​FL-An­ten­nen­an­schluss vor­ge­se­hen. Mit etwas Löt­ge­schick kön­nen Sie den Ste­cker nach­rüs­ten und dann mit einer ex­ter­nen WLAN-An­ten­ne die Reich­wei­te des Raspi um ein Viel­fa­ches er­hö­hen. Das er­schwert auch das Auf­fin­den des Flug­blatts, denn durch den viel grö­ße­ren Ver­sor­gungs­be­reich kom­men auch mehr Ver­steck­mög­lich­kei­ten in­fra­ge.
    Auf­ge­spielt

    Als Be­triebs­sys­tem des Raspi Zero W ist die Lite-Va­ri­an­te von Raspbi­an gut ge­eig­net: Sie ist ohne Desk­top deut­lich schlan­ker als die re­gu­lä­re Va­ri­an­te und der Raspi ver­braucht damit we­ni­ger Strom, denn ei­ni­ge Diens­te wie etwa das gra­fi­sche Login wer­den nicht ge­star­tet. Für die In­stal­la­ti­on be­nö­ti­gen Sie eine Mi­croSD-Karte ab 1 GByte.

    Bitte laden Sie Raspbi­an Lite di­rekt von raspber­ry­pi.org her­un­ter und ver­wen­den Sie nicht NOOBS für die In­stal­la­ti­on – sonst funk­tio­niert die nach­fol­gen­de Kon­fi­gu­ra­ti­on nicht wie in die­sem Ar­ti­kel be­schrie­ben. Haben Sie das Zip-Ar­chiv mit dem SD-Kar­ten-Image von Raspbi­an Lite ent­packt, ko­pie­ren Sie das Image mit dem Pro­gramm W32­Dis­kI­ma­ger Byte für Byte auf die Spei­cher­kar­te. Linux- und macOS-User be­nut­zen dafür das Kom­man­do­zei­len­pro­gramm dd.

    Nach­dem der Da­ten­trans­fer ab­ge­schlos­sen ist, kön­nen Sie Raspbi­an für den ers­ten Start des Raspi Zero vor­be­rei­ten. Ein WLAN vor­aus­ge­setzt be­nö­ti­gen Sie dazu weder Tas­ta­tur noch Mo­ni­tor – die Ein­rich­tung er­folgt per SSH. Zu­nächst ent­fer­nen Sie die SD-Karte aus dem Kar­ten­le­ser und ste­cken sie nach ein paar Se­kun­den wie­der hin­ein. So er­zwin­gen Sie, dass Win­dows die Par­ti­ti­ons­ta­bel­le neu ein­liest – Win­dows fin­det dort zwei Par­ti­tio­nen. Wäh­rend Win­dows die erste, etwa 20 MByte große Par­ti­ti­on mit dem Namen boot pro­blem­los lesen kann und au­to­ma­tisch einem Lauf­werks­na­men zu­ord­net, fragt zu­min­dest Win­dows 10 bei der zwei­ten, ob sie for­ma­tiert wer­den soll. Dies müs­sen Sie un­be­dingt ver­nei­nen, sonst lö­schen Sie das dort in­stal­lier­te Raspbi­an.

    Damit der Raspi Zero sich in Ihr WLAN ein­klin­ken kann, be­nö­tigt er die SSID und den WLAN-Schlüs­sel. Hier soll­ten Sie kei­nes­falls die Daten ihres pri­va­ten WLAN an­ge­ben, son­dern ein Gäs­tenetz oder einen zu­sätz­li­chen Ac­cess Point mit einer ge­ne­ri­schen SSID wie guests be­nut­zen: Denn Sie müs­sen SSID und Schlüs­sel in die Datei wpa_­sup­p­li­cant.conf ein­tra­gen, die Sie unter ct.​de/​yva6 her­un­ter­la­den kön­nen, und die Datei auf dem Lauf­werk boot der SD-Karte spei­chern. Soll­te das Flug­blatt Er­mitt­lern in die Hände fal­len, fin­den sie mög­li­cher­wei­se Reste die­ser Daten und kön­nen Sie damit iden­ti­fi­zie­ren.

    Zum Edi­tie­ren der Datei müs­sen Sie un­be­dingt einen Edi­tor wie No­te­pad++ be­nut­zen (kos­ten­los, Down­load-Link auf ct.​de/​yva6), der Unix-ty­pi­sche Text­da­tei­en ohne Re­turn am Zei­len­en­de spei­chern kann. Mit Win­dows-Bord­mit­teln geht das nicht. Au­ßer­dem müs­sen Sie den SSH-Da­e­mon ein­schal­ten, der stan­dard­mä­ßig de­ak­ti­viert ist. Dazu legen Sie eine Datei mit dem Namen ssh eben­falls auf dem Lauf­werk boot an, der In­halt der Datei spielt keine Rolle.

    So vor­be­rei­tet las­sen Sie die Spei­cher­kar­te von Win­dows aus­wer­fen, ste­cken sie in den Raspi Zero und schlie­ßen ein Netz­teil an dem mit „PWR“ be­schrif­te­ten USB-Micro-Port des Raspi an. Die LED neben dem An­schluss blinkt dann im Takt der Zu­grif­fe auf den Flash-Spei­cher wäh­rend des Boot­vor­gangs, nach etwa 30 Se­kun­den soll­te sich der Raspi in Ihrem WLAN an­ge­mel­det haben. Nun soll­ten Sie sich in­ner­halb von zwei Mi­nu­ten per SSH auf dem Raspi ein­log­gen. Unter Win­dows ver­wen­den Sie dazu den kos­ten­lo­sen SSH-Cli­ent Putty (Down­load siehe ct.​de/​yva6), unter Linux oder macOS ssh im Ter­mi­nal. Der Be­nut­zer­na­me lau­tet pi und Sie kön­nen den Raspi meist ein­fach über sei­nen Host­na­men raspber­ry­pi an­spre­chen – al­ter­na­tiv fin­den Sie die IP-Adres­se, die dem Raspi zu­ge­wie­sen wurde, im Web-Front­end Ihres WLAN-Rou­ters. Das Pass­wort zum Ein­log­gen lau­tet eben­falls raspber­ry­pi.

    Sind Sie ein­ge­loggt, geben Sie als Ers­tes fol­gen­den Be­fehl ein:

    sudo iw wlan0 set power­s­a­ve off

    So de­ak­ti­vie­ren Sie die Strom­spar­funk­ti­on des WLAN-Ad­ap­ters, die dazu führt, dass das WLAN nach we­ni­gen Mi­nu­ten In­ak­ti­vi­tät ab­ge­schal­tet wird. Schließ­lich soll das Flug­blatt über WLAN stets er­reich­bar sein und Sie hät­ten an­sons­ten nicht ein­mal die Mög­lich­keit, Raspbi­an sau­ber her­un­ter­zu­fah­ren.

    Damit die WLAN-Strom­spar­funk­ti­on künf­tig au­to­ma­tisch aus­ge­schal­tet wird, öff­nen Sie mit dem Be­fehl sudo pico /etc/net­work/in­ter­faces die zen­tra­le Netz­werk­kon­fi­gu­ra­ti­ons­da­tei und tra­gen am Ende fol­gen­des ein:

    auto wlan0

    iface wlan0 inet dhcp

    wpa-conf /etc/wpa­sup­p­li­cant/wpa_­sup­p­li­cant.conf

    wire­less-power off

    Um den Strom des WLAN-Chips wie­der ein­zu­spa­ren, kön­nen Sie den HDMI-Aus­gang ab­schal­ten. Sonst ver­schwen­det der Raspi gut 20 Pro­zent des Stroms al­lein dafür – selbst wenn gar kein Mo­ni­tor an­ge­schlos­sen ist. Dazu öff­nen Sie mit dem Be­fehl sudo pico /etc/rc.​local das Skript, das am Ende jedes Boot­vor­gangs aus­ge­führt wird, und fügen vor der Zeile exit 0 fol­gen­den Auf­ruf ein:

    /usr/bin/tv­ser­vice -o

    Auch die Ak­ti­vi­täts-LED neben dem Strom­an­schluss ist Strom­ver­schwen­dung, noch dazu könn­te sie durch ihr Blin­ken ein an­sons­ten gut ver­steck­tes Flug­blatt ver­ra­ten. Damit sie außer kurz nach dem Ein­schal­ten und kurz vor dem Aus­schal­ten nicht mehr leuch­tet, öff­nen Sie mit sudo pico /boot/con­fig.txt die zen­tra­le Raspi-Kon­fi­gu­ra­ti­ons­da­tei und fügen am Ende fol­gen­de Zei­len an:

    dt­pa­ram=ac­t_­le­d_­t­rig­ger=none

    dt­pa­ram=ac­t_­le­d_ac­tive­low=on

    Die Än­de­run­gen wer­den erst beim nächs­ten Neu­start des Raspi über­nom­men, so lange bleibt die LED aktiv.

    Als Web­ser­ver emp­feh­len wir Nginx, der we­ni­ger Res­sour­cen und damit we­ni­ger Strom ver­braucht als Apa­che. Es ge­nügt, wenn Sie per sudo apt-get in­stall nginx den Da­e­mon nebst aller Ab­hän­gig­kei­ten nach­in­stal­lie­ren; er ist stan­dard­mä­ßig so kon­fi­gu­riert, die un­ter­halb des Ver­zeich­nis­ses /var/www/html ab­ge­leg­ten Da­tei­en aus­zu­lie­fern.
    Hi­d­den Ser­vice …

    Für den Fall, dass das Flug­blatt eine (frem­de) In­ter­net­ver­bin­dung über WLAN mit­be­nut­zen soll, ar­bei­tet es als Ser­ver für einen Tor Hi­d­den Ser­vice und ver­brei­tet so die In­hal­te auf der gan­zen Welt. Dazu in­stal­lie­ren Sie mit dem Be­fehl sudo apt-get in­stall tor den Tor-Da­e­mon aus der Pa­ket­ver­wal­tung nach. An­schlie­ßend müs­sen Sie die Kon­fi­gu­ra­ti­ons­da­tei mit dem Be­fehl sudo pico /etc/tor/torrc be­ar­bei­ten und die Raute-Zei­chen vor fol­gen­den Zei­len ent­fer­nen:

    Hi­d­den­Ser­vice­Dir /var/lib/tor/hi­d­den_­ser­vice/

    Hi­d­den­Ser­vice­Port 80 127.0.0.1:80

    Eine aus­führ­li­che Be­schrei­bung zum Be­trieb von Tor Hi­d­den Ser­vices fin­den Sie auf Seite 140. Auf Seite 148 er­fah­ren Sie au­ßer­dem, wie Sie Ihre An­ony­mi­tät zu­sätz­lich schüt­zen soll­ten. Damit die ver­än­der­te Tor-Kon­fi­gu­ra­ti­on wirk­sam wird, star­ten Sie den Dienst mit dem Be­fehl sys­temctl re­start tor neu und kön­nen dann die Onion-Adres­se Ihres ak­ti­ven Hi­d­den Ser­vice mit dem Be­fehl sudo cat/var/lib/tor/hi­d­den_­ser­vice/host­na­me ab­ru­fen.

    Haben Sie alle Do­ku­men­te auf­ge­spielt und wol­len den Raspi aus­set­zen, rufen Sie mit sudo raspi-con­fig das Raspi-Kon­fi­gu­ra­ti­ons­pro­gramm auf. Dort än­dern Sie das Stan­dard-Pass­wort und schal­ten im Menü „In­ter­fa­c­ing Op­ti­on“ den SSH-Da­e­mon wie­der aus, damit sich spä­ter nie­mand ein­log­gen kann. Die letz­ten Schrit­te sind, mit den Be­feh­len unset HIST­FI­LE und rm -f /root/.bas­h_his­to­ry /etc/wpa_­sup­p­li­cant/wpa_­sup­p­li­cant.conf die Be­fehls­his­to­rie sowie die WLAN-Zu­gangs­da­ten Ihres Gäste-WLAN zu lö­schen und spä­ter beim Aus­set­zen wie ein­gangs be­schrie­ben eine neue Kon­fi­gu­ra­ti­on auf der Boot-Par­ti­ti­on der SD-Karte zu spei­chern, die die Zu­gangs­da­ten des mit­zu­be­nut­zen­den WLAN ent­hält.
    … oder Hot­spot

    Der zwei­te Be­triebs­mo­dus des Flug­blatts ist als lo­ka­ler WLAN-Hot­spot ohne Ver­schlüs­se­lung. Stra­te­gisch güns­tig etwa in einem Blu­men­kü­bel, auf einer Lit­fass­säu­le oder einem Kiosk plat­ziert kann der Raspi die In­for­ma­tio­nen an einem öf­fent­li­chen Platz ver­tei­len – Pas­san­ten müs­sen sich le­dig­lich mit dem WLAN ver­bin­den und wer­den au­to­ma­tisch auf den lo­ka­len Web­ser­ver um­ge­lei­tet.

    Damit der Raspi als Hot­spot ar­bei­tet, müs­sen Sie zwei Pa­ke­te nach­in­stal­lie­ren:

    sudo apt-get in­stall hostapd dns­masq

    Der HostAP-Da­e­mon spannt den Ac­cess Point auf und DNS­masq ist für die Adress­ver­ga­be per DHCP zu­stän­dig. Die Kon­fi­gu­ra­ti­ons­da­tei­en bei­der Pro­gram­me sind im Zip-Ar­chiv ent­hal­ten und müs­sen nach /etc ko­piert wer­den:

    sudo cp 1722-144/de­fault/ /etc/de­fault

    sudo cp -a 1722-144/hostapd /etc

    sudo cp 1722-144/dns­masq.conf /etc

    Au­ßer­dem be­nö­ti­gen Sie einen mit sta­ti­scher IP-Adres­se kon­fi­gu­rier­ten WLAN-Ad­ap­ter, wozu Sie mit sudo pico /etc/net­work/in­ter­faces die zen­tra­le Netz­werk­kon­fi­gu­ra­ti­ons­da­tei öff­nen und dort fol­gen­des an­fü­gen:

    auto wlan0

    iface wlan0 inet sta­tic

    ad­dress 192.168.255.1

    net­mask 255.255.255.0

    wire­less-mode Mas­ter

    wire­less-power off

    Als Letz­tes ko­pie­ren Sie den FakeDNS-Da­e­mon in das Ver­zeich­nis /usr/local/bin und sor­gen dafür, dass er künf­tig zu­sam­men mit DNS­masq ge­star­tet wird:

    sudo cp fakedns/.py /usr/local/bin

    sudo cp fakedns/.ser­vice /etc/sys­temd/sys­tem

    sudo sys­temctl enable fakedns.ser­vice
    Ab­ge­fan­gen

    FakeDNS ant­wor­tet auf sämt­li­chen Do­main-An­fra­gen mit der IP-Adres­se 192.​168.​255.​1 – also der des Raspi. Damit ist es nicht mehr nötig, Be­su­chern eine IP-Adres­se oder eine lo­ka­le Adres­se mit­zu­tei­len, die sie auf­ru­fen sol­len: So­bald sie http://​www.​google.​de oder einen be­lie­bi­gen an­de­ren Ser­ver per HTTP zu kon­tak­tie­ren ver­su­chen, lan­den sie auf dem lo­ka­len Web­ser­ver des Flug­blatts.

    Es gibt noch einen Trick: iOS, An­dro­id und Win­dows Phone ver­su­chen bei der An­mel­dung in einem WLAN fest­zu­stel­len, ob sie vol­len In­ter­net­zu­gang haben oder ob es sich um einen Hot­spot etwa eines Ho­tels han­delt, der eine An­mel­dung er­for­dert. Dazu rufen die Mo­bil­ge­rä­te un­ter­schied­li­che URLs ab – er­hal­ten sie das ge­wünsch­te Er­geb­nis, be­steht eine In­ter­net­ver­bin­dung. Be­kom­men sie hin­ge­gen den HTTP-Sta­tus-Code 302 „Moved Tem­pora­ri­ly“ und eine Ziel­adres­se, gehen sie davon aus, dass man erst eine An­meld­e­sei­te be­su­chen muss, ein so­ge­nann­tes Cap­ti­ve Por­tal.

    Indem Sie mit dem Be­fehl sudo pico /etc/nginx/sites-avail­able/de­fault die Web­ser­ver-Kon­fi­gu­ra­ti­on be­ar­bei­ten und dort vor lo­ca­ti­on die Zeile

    er­ror_pa­ge 404 =302 http://192.168.255.1/;

    ein­fü­gen, er­hal­ten die Mo­bil­ge­rä­te an­stel­le des Feh­lers 404 den Sta­tus-Code 302 mit der Adres­se des Flug­blatts als Ziel.
    So­bald sich ein Mo­bil­ge­rät mit dem WLAN des Flug­blatts ver­bin­det, öff­net sich die Start­sei­te au­to­ma­tisch oder nach An­tip­pen einer No­ti­fi­ca­ti­on.

    Auf iOS- und Win­dows-Phone-Ge­rä­ten führt das dazu, dass die Ziel­sei­te au­to­ma­tisch im Brow­ser an­ge­zeigt wird, bei iOS al­ler­dings ohne Adress­leis­te. Auf An­dro­id-Ge­rä­ten öff­net sich die Seite ent­we­der au­to­ma­tisch oder man er­hält eine Be­nach­rich­ti­gung, dass man sich im Netz­werk an­mel­den müsse, und lan­det beim An­tip­pen auf der Start­sei­te des Flug­blatts. Ein wei­te­rer po­si­ti­ver Ne­ben­ef­fekt der Um­lei­tung ist, dass Be­su­cher beim An­kli­cken eines nicht exis­tie­ren­den Links auch auf der Start­sei­te lan­den, an­statt eine Feh­ler­mel­dung zu be­kom­men.
    Aus­ge­schal­tet

    Um den Raspi etwa nach einem ers­ten Test wie­der her­un­ter­fah­ren zu kön­nen, ohne Tas­ta­tur und Mo­ni­tor zu be­nö­ti­gen, soll­ten Sie das Pro­gramm Pi-Shut­down (siehe ct.​de/​yva6) in­stal­lie­ren. Es war­tet dar­auf, dass die GPOI-Pins 5 und 6 ge­brückt wer­den, etwa mit einem Jum­per. Damit die Strom­ver­sor­gung nicht im Weg ist, schlie­ßen Sie den Span­nungs­wand­ler dann an die Pins 2 (Plus) und 14 (Minus) an. Schlie­ßen Sie den Jum­per für etwa eine Se­kun­de lang an und ent­fer­nen ihn dann wie­der, so führt Pi-Shut­down einen Neu­start durch; las­sen Sie den Jum­per drei bis fünf Se­kun­den lang ge­steckt, schal­tet sich der Raspi aus. Dass sich der Raspi aus­schal­tet, er­ken­nen das daran, dass die Be­triebs-LED neben dem Micro-USB-An­schluss kurz blinkt.

    Die Ein­rich­tung von Pi-Shut­down ist ein­fach: Sie laden das Py­thon-Pro­gramm pis­hut­down.py aus dem Git­hub-Re­po­si­to­ry her­un­ter und spei­chern es im Ver­zeich­nis /usr/local/bin auf dem Raspi:

    sudo wget -O /usr/local/bin/pis­hut­down.py http://​raw.​git​hubu​serc​onte​nt.​com/​gilyes/​pi-​shutdown/​master/​pishutdown.​py

    Damit Pi-Shut­down künf­tig au­to­ma­tisch bei jedem Start des Raspi ge­la­den wird, fin­den Sie im Zip-Ar­chiv einen pas­sen­den Sys­temd-Job, den Sie fol­gen­der­ma­ßen ein­rich­ten:

    sudo cp 1722-144/pis­hut­down/ /etc/sys­temd/sys­tem

    sudo sys­temctl enable pis­hut­down

    Bevor Sie den Raspi her­un­ter­fah­ren, müs­sen Sie wie bei der Tor-Va­ri­an­te noch das Stan­dard-Pass­wort än­dern, Ihre Spu­ren be­sei­ti­gen, SSH ab­schal­ten und Ihre WLAN-Zu­gangs­da­ten lö­schen. Dann ist Ihr Raspi flug­be­reit. (mid@​ct.​de)

    Kon­fi­gu­ra­ti­ons­da­tei­en:ct.​de/​yva6

    Pi Zero W EASY + Step Down Modul Kit für c’t digitales Flugblatt – pi3g
    https://buyzero.de/products/pi-zero-w-easy-step-down-modul-kit?variant=2066683985947

    In die Freiheit entlassen - c’t | Heise Magazine
    https://www.heise.de/select/ct/2017/22/softlinks/yva6?wt_mc=pred.red.ct.ct222017.144.softlink.softlink

    Konfigurationsdateien für HostAP, DNSmasq, FakeDNS und Nginx
    ftp://ftp.heise.de/pub/ct/listings/1722-144.zip

    Pi-Shutdown (Python-Programm)
    https://raw.githubusercontent.com/gilyes/pi-shutdown/master/pishutdown.py

    Notepad++ für Windows
    https://www.heise.de/download/product/notepad-26659

    Putty SSH-Client für Windows
    https://www.heise.de/download/product/putty-7016