• Gelähmte Balletttänzerin Barbara Carus : ALS-Patientin kämpft um eine 24-Stunden-Betreuung | Berliner Zeitung
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    Le système médical privatisé allemand refuse les soins essentiels à une patiente incurable. Sa famille est obligée de payer pour les soins intensifs dont elle aura besoin jusqu’á sa mort. Dans un tel contexte le suicide s’impose aux malades qui veulent éviter à leur famille de perdre leur épargne.

    Gelähmte Balletttänzerin: ALS-Patientin kämpft für ihre Selbstbestimmung

    Von Kerstin Hense
    26.04.19, 17:26 Uhr

    Bild: Barbara Carus vor der Charité. Ihr wurde gerade eine Sonde eingesetzt, die sie künstlich ernährt. Foto: Thomas Uhlemann

    Treptow - Barbara Carus (64) kämpft 24 Stunden am Tag. Gegen den rasanten Verlauf ihrer schweren Erkrankung und für ein letztes Stück Selbstbestimmung und Würde. Ihr stärkster Gegner, die Zeit, fordert sie dabei gnadenlos heraus, denn sie weiß nicht, wie viel ihr noch davon bleibt. Der Berliner Zeitung erzählt sie, wie ihr die Mühlen der Bürokratie auch noch zusätzlich Lebenskraft stehlen.

    An ihrem Krankenbett steht ein bunter Strauß Frühlingsblumen. Die Sonnenstrahlen scheinen Barbara Carus ins Gesicht. Für ihr Alter und die unheilbare Krankheit ALS (amyotrophe Lateralsklerose), an der sie leidet und die ihre Nervenzellen nach und nach zerstört, sieht sie noch sehr gut aus. Doch das ist äußerlicher Schein.

    Die ehemalige Tänzerin, die früher zu DDR-Zeiten im staatlichen Tanzensemble und im Metropol-Theater auftrat und voll eiserner Disziplin und Ausdauer an ihrer Karriere arbeitete, geht langsam die Puste aus – und das liegt nicht nur an den Symptomen ihrer Krankheit.

    Streit um die Kostenübernahme einer 24-Stunden-Pflege

    Barbara Carus muss rund um die Uhr betreut werden, aber unklar ist, wer das bezahlt. Sie streitet mit den Behörden um die Kostenübernahme. „Die wollen Leute, die im Bett liegen und die Klappe halten und nicht solche, die wie ich noch Wünsche und Bedürfnisse haben“, so empfindet das Barbara

    Carus. Das Erzählen fällt ihr schwer. Laute bringt sie nur mit viel Anstrengung und stark lallend heraus. Die Krankheit wird ihr auch sehr bald die Stimme nehmen. Davor fürchtet sich Barbara Carus am meisten, wie sie sagt, weil sie dann noch weniger gehört wird.

    Niederschmetternde Diagnose: ALS

    Es begann mit einem Taubheitsgefühl im rechten Zeh Ende 2017 und später kribbelten mir auch die Beine, sagt Barbara Carus. Fast ein Dreivierteljahr rannte sie von Arzt zu Arzt, um herauszufinden, warum ihr Körper nicht mehr funktioniert. Sie geriet jetzt immer häufiger ins Stolpern. Erst in der ALS-Ambulanz der Charité überbrachten ihr Experten schließlich die Diagnose. Die Prognose ist niederschmetternd: Die mittlere zu erwartende Lebenszeit von Menschen mit ALS beträgt nach der Diagnosestellung 3 bis 5 Jahre.

    Barbara Carus muss nachts und auch tagsüber beatmet werden, weil ihre Atemmuskulatur stark beeinträchtigt ist. Sie droht sonst zu ersticken. Dafür hat ihre Krankenkasse 12 Stunden Betreuung bewilligt. Eine häusliche 24 Stunden-Betreuung wurde abgelehnt, obwohl der Krankheitsverlauf so dramatisch voran schreitet. Sie kann sich nicht allein ans Beatmungsgerät anschließen, kommt nicht allein aus dem Bett und braucht selbst beim Essen und Trinken jemanden an ihrer Seite, weil sie sich permanent verschluckt. Ihre einzige Tochter Claudia (33) musste aus Wien anreisen, um der Mutter tagsüber zu helfen.

    „Wir können nachvollziehen, dass Frau Carus eine Unterstützung benötigt, die über den Leistungsanspruch von Pflege- und Krankenkasse hinausgeht“, sagt Markus Heckmann, Sprecher der zuständigen Krankenkasse von Barbara Carus auf KURIER-Anfrage. Sie sei mehrfach darauf hingewiesen worden, sich für weitere Unterstützungsleistungen mit dem zuständigen Amt für Soziales vor Ort in Verbindung zu setzen.

    Kampf um Kostenübernahme gestaltet sich oft endlos

    Für den Verein ALS mobil ist dies kein Einzelfall. „Viele Patienten kämpfen bis zu drei Jahre um Kostenübernahme einer 24-Stunden-Betreuung. Die Verfahren werden endlos in die Länge gezogen, oft solange, bis der Patient kein Hilfsmittel mehr benötigt“, sagt Vorstandsmitarbeiterin Anja Troch.

    Barbara Carus kann nicht mehr zum Sozialamt gehen. Ihre Tochter hat sie inzwischen in einer privaten Intensivpflege untergebracht. „Ich muss wieder arbeiten und habe Angst, dass Mama erstickt, wenn sie allein ist“, sagt Claudia Carus. Doch das Problem bleibt: Wer zahlt das? Jetzt soll das Sozialgericht das in einem Eilverfahren entscheiden. Barbara Carus hofft auf eine schnelle Entscheidung. Sie sagt: „Die Kraft, die ich noch habe, möchte ich nicht sinnlos vergeuden.“ Die Zeit ist ihr stärkster Gegner.

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