Indien : Die Reichen und Gutausgebildeten verlassen das sinkende Schiff

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    Die Umweltzerstörungen nehmen zu genauso wie die Ungleichheit und die Dollar-Millionäre - immer mehr von ihnen kaufen sich ausländische Pässe

    Der neueste Wohlstandsbericht von Credit Suisse Global bestätigt erneut, wer vom 20-jährigen Wirtschaftswachstum in Indien am meisten profitiert hat: Während sich das gesamte Vermögen in Indien vom Jahr 2000 bis 2018 auf 6 Billionen Dollar verfünffachte, verneunfachte sich die Zahl der indischen Dollar-Millionäre von 39.000 auf 343.000.

    Dazu passt eine Studie von Oxfam: Zwischen 2006 und 2015 stieg das Einkommen der Arbeiterinnen und Arbeiter in Indien jährlich um durchschnittlich zwei Prozent - wurde also von der Inflation „aufgefressen“. Das der Millionäre stieg jährlich um zwölf Prozent. Im Jahr 2017 gingen 73 Prozent des erwirtschafteten Wohlstands an das reiche Ein-Prozent des Landes.

    Der Ungleichheitsbericht 2019 der South Asia Alliance for Eradication (SAAPE) kam zu einem ähnlichen Ergebnis: Die einkommensschwachen zehn Prozent der indischen Landbevölkerung besitzen pro Kopf im Schnitt Vermögenswerte von 342 US-Dollar. Die oberen zehn Prozent 77.591. In den Städten ist der Kontrast noch stärker. Dort besitzen die unteren zehn Prozent im Schnitt Vermögenswerte von vier US Dollar pro Kopf, während es bei den oberen 10 Prozent 197.763 Dollar sind.

    SAAPE stellte fest, dass dies nicht nur für Indien gilt: Im Jahr 2010 waren die einkommensschwachen fünf Prozent von Bangladesch noch mit 0,78 Prozent am Wohlstand des Landes beteiligt. Heute sind es nur noch 0,23 Prozent. Dazu verloren 69,5 Prozent der ländlichen Bewohner Bangladeschs in den letzten zehn Jahren ihren Grund und Boden. Einer der Hauptgründe sei Landraub.
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    Es verwundert also nicht, dass schon 31 Millionen Inder ausgewandert sind. Vorwiegend die „schlauen“ Köpfe, wie eine Studie aufzeigt: So sind die Inder in den Vereinigten Staaten die ethnische Gruppe mit dem höchsten pro Kopf Einkommen des Landes: Mit 100.000 US-Dollar im Jahr, lassen sie auch die „Weißen“ hinter sich.

    Das Abwerben der Köpfe, auch Ostdeutschland kennt das

    Die sehr wohlhabenden Inder umgehen die oft langwierigen Einbürgerungsprozeduren, indem sie sich einen zweiten Pass kaufen - vorwiegend in Malta, Zypern, Antigua und Barbuda und Grenada. In Deutschland hat sich laut Statista die Anzahl der hier lebenden Inder zwischen 2010 und 2018 verdreifacht, auf 124.095 Menschen. Sollte der ansteigende Trend der Zuwanderung aus Indien anhalten, dürfte die Millionengrenze in 15 Jahren erreicht sein.

    Da im letzten Jahr ein Drittel aller 27.000 „Blauen Karten“, die in Deutschland an Fachkräfte außerhalb der EU vergeben wurden, an Inder gingen, ist sogar zu erwarten, dass „die Million“ weit früher erreicht werden wird.

    Die Wirtschaft und damit auch die wirtschaftsfreundlichen Parteien CDU, FDP und AfD werden sich freuen - sie setzen ja auf weniger Staat, mehr Private und eine Lockerung des Arbeitnehmerschutzes: Hochqualifizierte Fachkräfte, für die eine 60-Stundenwoche normal sind. In Indien kommen sie vermehrt von Privatschulen, auf denen verstärkt das gelehrt wird, was die Wirtschaft braucht - Gewerkschaften gehören nicht dazu.