Debatte um Verkehrswende : Böse Autos, gute Autos

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    „Gute Autos“ gibt es in den Szenarien vieler Mobilitätsforscher. Nur sind sie nicht mehr in Privathand, sondern Sharing-Cars oder Sammeltaxis. Da ein Wagen rund 90 Prozent seiner Zeit im Stand, aber nur 10 Prozent in voller Fahrt verbringt, könnte ein Sharing-System mit ausgelasteten Fahrzeugen die Autoflotte in den Städten gewaltig reduzieren.

    Sammeltaxi-Anbieter wie Moia setzen ebenfalls auf diesen Effekt. Die Hamburger Grünen haben allerdings in ihrem jüngsten Mobilitätskonzept gezeigt, dass Taxi-Dienste erst dann konkurrenzfähig sind, wenn sie autonom fahren. Von Menschenhand durch die Stadt kutschiert zu werden, wird für die meisten Menschen immer ein Luxus bleiben, denn es ist mit Lohnkosten verbunden.

    Und wenn man dann autonom fahrende Leih-Autos kostengünstig ordern und vor der Haustür besteigen könnte, würde der eigene PKW de facto überflüssig: Er wäre dann nur noch eine teurere, aber kaum schnellere Alternative.

    Spannend ist, dass auch die deutschen Autobauer sich als Mobilitätsdienstleister neu erfinden. Sie steigen ins Car-Sharing- und Sammeltaxen-System ein, dessen Zweck es doch ist, die Zulassung an Neuwagen und damit den Absatz von VW, BMW, Audi und Co. drastisch zu reduzieren.

    So steckt VW hinter Moia, und Daimler sowie BMW betreiben Drive Now und Share Now, den ehemaligen Car2Go-Service. Wie Fleischproduzenten, die neuerdings nebenbei auf Veggie-Produkte setzen, wollen sie so die neu entstehenden Märkte kontrollieren und sich lieber selbst Konkurrenz machen, als sich von anderen ausbooten zu lassen.

    Doch all das gilt nur in den Metropolen. Auf dem Land fällt es nicht so ins Gewicht, wenn statt Benzin-Rückständen aus dem Auspuff nur Kohlendioxide aus dem Kraftwerks-Schornstein kommen. Und für Sammeltaxis gibt es dort, wo nicht einmal ein Bus fährt, keine Nachfrage, die groß genug wäre, Anbieter auf den Plan zu rufen. So ist derzeit nicht mal Moia in der Hamburger Peripherie verfügbar.

    In der Provinz ist das Auto nicht gut oder böse: Es ist für die dort lebenden Menschen bis auf Weiteres einfach unverzichtbar.