Werner Heyde – Wikipedia

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  • How to get away with murder

    Werner Heyde – Wikipedia
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    Der Eintritt in die NSDAP dürfte – bei grundlegender Übereinstimmung mit den Zielen und Methoden der Partei – auch von Opportunismus und Sorge um die eigene Karriere bestimmt gewesen sein. Die Bekanntschaft mit Eicke verschaffte Heyde einen hochkarätigen Einstieg in die SS. Seine Tätigkeit in den Konzentrationslagern ab 1936 fiel zusammen mit einem Funktionswandel der Lager:[29] Als Gegner wurden nunmehr diejenigen definiert, die von den Nationalsozialisten als abweichend von einem „gesunden“ Zustand des Volkes betrachtet wurden: sogenannte Asoziale, Berufs- und Gewohnheitsverbrecher.

    Die Aktion T4 stellte die Anwendung dieser „rassistischen Generalprävention“ auf psychisch Kranke und eine Radikalisierung der Methoden dar: Methode war jetzt auch die vorsätzliche Tötung der „Abweichenden“. Über das hierfür aufgebaute Begutachtungssystem kam das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einem Beschluss vom 4. Januar 1963 zu folgender Bewertung: „Vielmehr spricht alles dafür, dass die ‚Begutachtungen‘ überhaupt nur bloße tarnende Formalitäten zur Verschleierung der wahren Art und des wahren Zwecks der Aktionen gewesen sind. Das ergibt sich schon mit aller Deutlichkeit aus den dürftigen Unterlagen, die den Gutachtern für die Beurteilung des Einzelfalls zur Verfügung standen, und der Flüchtigkeit, mit der über Leben und Tod der einzelnen Kranken in Massenbegutachtungen entschieden worden ist.“[30] Dass den Verantwortlichen der NS-Euthanasie die rechtliche Fragwürdigkeit ihres Handelns sehr wohl bewusst war, zeigen ihre letztlich gescheiterten Bemühungen um eine gesetzliche Grundlage für die Aktion T4. Heyde, so heißt es in dem schon zitierten Beschluss des Frankfurter Oberlandesgerichtes vom 4. Januar 1963, war dabei an maßgeblichster Stelle an der Planung und Durchführung der Aktionen beteiligt: „Er konnte also, wie kaum ein anderer, die wirkliche Zielsetzung, die notwendige Tarnung und die Art der tatsächlichen Durchführung der Massentötungen lückenlos überblicken; er wusste auch, dass Hitler es abgelehnt hatte, die Massentötungsaktionen durch ein förmliches Gesetz äußerlich zu legalisieren.“ Heyde war dabei keineswegs ein Befehlsempfänger, er trug seine Meinung engagiert vor und geriet dabei auch in Konflikt mit seinem Vorgesetzten Viktor Brack, der später seine Zusammenarbeit mit Heyde als „keine besonders erspriessliche“[31] charakterisierte.

    Heydes Nachkriegstätigkeit unter dem Namen Dr. Fritz Sawade wirft Licht auf den Umgang mit den nationalsozialistischen Gewaltverbrechen in den 1950er Jahren und die weit verbreitete Bereitschaft, einen „Schlussstrich“ unter die Vergangenheit zu ziehen: In Flensburg war es „praktisch allgemein bekannt, insbesondere in ärztlichen Kreisen, daß der Name Dr. Sawade ein Pseudonym war. Wenn der Name Sawade genannt wurde, zwinkerte man mit den Augen und schwieg“,[32] so später einer der Mitwisser Heydes, Professor Glatzel. Einem anderen Mitwisser wäre es wie „Vertrauensbruch“, wie „glatte Denunziation“ vorgekommen, das eigene Wissen über den untergetauchten Kollegen den Behörden zu offenbaren.[33] Nach Heydes Verhaftung wurde dieses Verhalten thematisiert, aber auch beklagt, dass eine Auseinandersetzung mit diesem Verhalten in der Ärzteschaft ausblieb.[34]

    Ende der 1950er Jahre wandelte sich der Blick der bundesdeutschen Öffentlichkeit auf die eigene Vergangenheit: Insbesondere der Ulmer Einsatzgruppen-Prozess machte deutlich, dass ein Großteil der nationalsozialistischen Gewaltverbrechen nicht untersucht und geahndet worden war.

    Klaus Endruweit – Wikipedia
    https://de.wikipedia.org/wiki/Klaus_Endruweit

    Im sogenannten ersten Ärzteprozess fiel am 23. Mai 1967 das Urteil:

    „Die im Rahmen der Aktion ‚T4‘ durchgeführten Massentötungen … erfüllen den Tatbestand des Mordes im Sinne des § 211 StGB in der zur Tatzeit geltenden und in der heute gültigen Fassung. Jedes menschliche Leben, auch das der Geisteskranken, genießt bis zu seinem Erlöschen den Schutz des § 211 StGB […] kein Kulturvolk [hat] jemals eine derartige Aktion durchgeführt.“[6]

    Für Endruweit wurde die Beihilfe zur Ermordung von mindestens 2.250 Geisteskranken festgestellt. Er wurde jedoch wie alle anderen Mitangeklagten wegen des fehlenden „Bewusstseins der Rechtswidrigkeit“ (unvermeidbarer Verbotsirrtum) für sein Tun freigesprochen.

    „Die Angeklagten sind davon ausgegangen, dass sie nur bei der Tötung von Geisteskranken‚ ohne natürlichen Lebenswillen‘ mitwirkten und dass deren Tötung erlaubt war. Da hiermit die Schuld entfällt, waren die Angeklagten freizusprechen.“

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