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  • Abschiebegewahrsam für Flüchtlinge: Mehr statt weniger Abschiebehaft - taz.de
    https://www.taz.de/Abschiebegewahrsam-fuer-Fluechtlinge/!5589846

    Berlin soll wieder ein reguläres Abschiebegefängnis bekommen. Der im September 2018 eröffnete Abschiebegewahrsam speziell für Gefährder solle künftig auch für die Abschiebehaft von Menschen, die nicht als Gefährder eingestuft sind, genutzt werden, sagte ein Sprecher der Senatsverwaltung für Inneres am Mittwoch der taz.

    Ein deutlicher Kurswechsel: Geltender Senatsbeschluss ist eigentlich, die ehemalige Jugendarrestanstalt am Kirchhainer Damm in Lichtenrade als „spezielle Hafteinrichtung zum Vollzug der Abschiebungshaft von sogenannten Gefährdern“ zu nutzen. Als Gefährder werden in Berlin rund 80 Menschen geführt, etwa die Hälfte von ihnen hat keine deutsche Staatsangehörigkeit.

    Doch das als bundesweit einmalig gepriesene Konzept geht offenbar nicht auf: Bisher waren die zehn speziell für diesen Zweck eingerichteten Zellen nie voll belegt. Nachdem im März nur noch eine Person dort einsaß, war der Knast im April sogar komplett leer – ob es dort mittlerweile wieder Insassen gibt, wollte sich die Innenverwaltung auf taz-Anfrage „aus Sicherheitsgründen“ nicht äußern.

    Vor allem die CDU hatte wegen der geringen Auslastung stets gefordert, in dem Abschiebegewahrsam für Gefährder auch andere Personen unterzubringen. Gleichzeitig war der Gefährder-Knast von Anfang an von Kritik von links begleitet. Denn die Einstufung als Gefährder, eine lediglich polizeiinterne Kategorie für Menschen, von denen die Polizei annimmt, dass sie schwere Straftaten begehen könnten, ist politisch und juristisch höchst umstritten.

    Zudem hatte sich die rot-rot-grüne Regierung in ihrem Koalitionsvertrag grundsätzlich gegen Abschiebehaft ausgesprochen: „Die Koalition hält Abschiebehaft und Abschiebegewahrsam grundsätzlich für unangemessene Maßnahmen und wird sich deswegen auf Bundesebene für deren Abschaffung einsetzen“, heißt es dort.

    Das Vorhaben der SPD-geführten Innenverwaltung, den für den Abschiebeknast infrage kommenden Personenkreis künftig sogar noch auszuweiten, dürfte also für Krach in der Koalition sorgen. Bei der Linkspartei wisse man von diesen Plänen bislang nichts, sagt Katina Schubert, die flüchtlingspolitische Sprecherin der Fraktion, am Mittwoch der taz: „Wir haben im Koalitionsvertrag festgehalten, dass wir keine Abschiebehaft wollen, und sehen keinen Anlass, die leeren Plätze im Gefährdergewahrsam mit anderen Flüchtlingen aufzufüllen.“

    Berlin hat seit November 2015 keinen eigenen Abschiebegewahrsam mehr. Damals wurde der Knast in Grünau geschlossen. Danach benutzte das Land die Abschiebeeinrichtung Brandenburgs in Eisenhüttenstadt mit, die allerdings im März 2017 aus Brandschutzgründen schließen musste. Seither werden Flüchtlinge, die die Berliner Behörden bis zur Abschiebung in Haft nehmen, in anderen Städten, unter anderem wohl Leipzig, Hamburg und Bremen, in Gewahrsam gebracht. Viele sind es nicht, laut der Antwort der Innenverwaltung auf eine Anfrage der Linkspartei von März wurden im vorigen Jahr 6 Personen, für die die Berliner Ausländerbehörde zuständig war, aus der Abschiebehaft heraus abgeschoben. Insgesamt hat Berlin im Vorjahr 1.182 Menschen abgeschoben, 2017 waren es noch 1.638 Menschen.

    Flüchtlingsorganisationen befürchten nun, dass im Zuge des geplanten „Geordnete-Rückkehr-Gesetzes“ des Bundesinnenministeriums künftig wieder mehr Menschen in Abschiebehaft genommen werden. „Zum Beispiel soll alleine die Tatsache, dass eine Person eine größere Summe für ihre Flucht nach Deutschland bezahlt hat, künftig eine ‚Fluchtgefahr‘ darstellen, die eine Inhaftierung rechtfertigt“, erklärt eine Sprecherin der Aktion Abschiebehaft abschaffen Berlin-Brandenburg, die am Sonntag eine Demonstration gegen Abschiebehaft im Flughafen Schönefeld organisiert (siehe Kasten).

    Dort plant die Brandenburger Landesregierung einen neuen Abschiebegewahrsam. „Ausreisepflichtige Personen, die nicht bereit sind, freiwillig auszureisen, sollen dort ein bis zwei Tage vor dem Abschiebungstermin untergebracht werden“, erklärte ein Sprecher des Innenministeriums der taz. Eingerichtet werden soll der neue Knast in einem Gebäude, das 2012 für das sogenannte Flughafenasyl eingerichtet wurde – also für Asylbegehrende, die per Flugzeug kommen. Wann der neue Gewahrsam eröffnet wird, stehe noch nicht fest, so der Sprecher. Es gebe noch „Abstimmungsbedarf in der Landesregierung“. Nach taz-Informationen ist Finanzminister Christian Görke (Linkspartei) nicht bereit, Geld für den Abschiebegewahrsam bereitzustellen.

    Flüchtlingsorganisationen lehnen Abschiebehaft grundsätzlich ab, weil sie „Migration per Gesetz zum Verbrechen“ erklärt, wie Theresa B. von Abschiebehaft abschaffen sagt. Ebenso sehen das die Flüchtlingsräte in Berlin und Brandenburg: In einer gemeinsamen Pressemitteilung zum 100. „Geburtstag“ der Abschiebehaft in Deutschland erklärten sie am Mittwoch: „Seit 100 Jahren werden Menschen ohne strafrechtliche Verurteilung inhaftiert und ihrer Freiheit beraubt, nur um sie abzuschieben.“

    Anlässlich des unrühmlichen Jubiläums kritisierte Martina Mauer vom Berliner Flüchtlingsrat zudem, dass sich Rot-Rot-Grün in Berlin bislang auch nicht wie versprochen auf Bundesebene für eine Abschaffung der Abschiebehaft eingesetzt habe. Dies gibt Schubert von der Linkspartei unumwunden zu. „Wir würden das sofort machen, aber die SPD sieht das noch anders.“ Auch da gibt es also noch einigen „Abstimmungsbedarf“.

    #Allemagne #Berlin #réfugiés #prison #politique

  • Debatte um Namensgebung: Alles andere als Schall und Rauch - taz.de
    https://www.taz.de/Debatte-um-Namensgebung/!5591193

    Die Zehlendorfer EMA-Kirchengemeinde hat einen mutigen Schritt getan. Am Montagabend entschied der Gemeindekirchenrat mit knapper Mehrheit, sich vom Namensgeber Ernst Moritz Arndt, für den das harmlos klingende Kürzel steht, verabschieden zu wollen. Grund waren die zahlreichen antisemitischen, militaristischen und franzosenfeindlichen Äußerungen des im 19. Jahrhundert wirkenden Schriftstellers und Historikers, die den Namen für den Gemeindekirchenrat untragbar machten.

    Von außen betrachtet wirkt die Umbenennung längst überfällig. Warum sollte gerade eine christliche Gemeinde, die für Nächstenliebe und Friedfertigkeit einsteht, den Namen eines preußischen Freiheitskämpfers und nationalistischen Vordenkers tragen? Innerhalb der Gemeinde sorgte die Umbenennung für eine heftige Kontroverse. Viele vor allem ältere Gemeindemitglieder hängen stark an dem alten Namen, schließlich begleitete er sie ein Großteil ihres Lebens bei wichtigen Ereignissen wie ihrer Konfirmation und Trauung. Einige Mitglieder sollen sogar mit einem Austritt aus der Gemeinde gedroht haben, solle es zu einer Umbenennung kommen.

    Umbenennungsdebatten sind Identitätsdebatten und damit eine hochemotionale Angelegenheit. Letztendlich zählen aber sachliche Argumente.

    Wenn man schon mit dem Umbenennen anfängt, wo soll man aufhören?

    Ein in den nicht nur in Berlin immer häufiger werdenden Namenskontroversen wiederkehrendes Argument ist folgendes: Man solle den Antisemitismus einer historischen Person doch bitte im Kontext ihrer Zeit sehen. Antisemit zu sein gehörte damals schließlich zum guten Ton. Und wenn man schon mit dem Umbenennen anfängt, wo solle man aufhören? Peter Beuth, preußischer Beamter und Namensgeber der Beuth-Hochschule, war Antisemit. Die Hochschule streitet schon seit längerer Zeit um eine Umbenennung. Turnvater Jahn, nach dem Straßen und Parks benannt sind, sowieso. Aber nicht nur aufrechte Preußen äußerten sich antisemitisch. Martin Luther hat schon ein paar hundert Jahre vorher viele zweifelhafte Dinge über Juden gesagt. Selbst im Nachlass von Marx und Bakunin finden sich antisemitische Passagen.

    Die Allgegenwärtigkeit von judenfeindlichen Äußerungen bei vielen der von unserer Gesellschaft gewürdigten Personen ist kein Grund für historischen Relativismus, sondern zeigt vor allem, wie tief Antisemitismus im europäischen Denken verwurzelt ist. Umbenennungsdebatten, so nervtötend sie auch manchmal sein können, lösen zwar auch nicht das Problem des Antisemitismus, bieten aber einen dringend notwendigen Anlass, sich mit diesem schweren ideologischen Erbe auseinanderzusetzen.

    Evangelische Ernst Moritz Arndt Kirchengemeinde
    https://www.ema-gemeinde.de


    So wird die Internetseite der Gemeinde bald nicht mehr aussehen.

    Gemeindebüro:
    Dominique Harder
    Onkel-Tom-Strasse 80
    14169 Berlin 
    Tel.: 813.4008
    Fax : 813.9433
    Email: buero[at]ema-gemeinde.de
    Öffnungszeiten: Mo, Di, Do, Fr 9 - 13 Uhr, Mi 17 - 19 Uhr

    Kirchenmusiker: Peter Uehling Tel.: 8410.8438
    Behindertenarbeit: Heike Huste Tel.: 0162.4233.863

    Kindertagesstätte:
    Teamleitung Tel.: 813.4653 (www.UnserKindergarten.de)

    Pfarrer:
    Ute Hagmayer Tel.: 813.3002 Email: hagmayer[at]ema-gemeinde.de
    Dr.Stefan Fritsch Tel.: 8501.4690 Email: fritsch[at]ema-gemeinde.de

    Was ist des teutschen Nationalheld? Ernst Moritz Arndt und die Greifswalder Uni | Ruhrbarone
    https://www.ruhrbarone.de/was-ist-des-teutschen-nationalheld-ernst-moritz-arndt-und-die-greifswalder-uni/138199

    1800 habilitierte er in Greifswald mit einer Schrift, die bereits keine Fragen an seiner politischen Ausrichtung ließ und sich gegen Jean-Jacques Rousseaus Ideen richtete.
    ...
    Kurz vor der deutschen Niederlage verfasste er seinen Dauerhit Des teutschen Vaterland, wo er nicht nur die deutschsprachige Schweiz und Österreich zu Deutschland erklärt, sondern auch mit diesen Zeilen erklärt, wer der Feind ist:

    Das ist des deutschen Vaterland
    Wo Zorn vertilgt den wälschen Tand,
    Wo jeder Franzmann heißet Feind
    Wo jeder Deutsche heißet Freund –
    Das soll es sein!
    Das ganze Deutschland soll es sein!

    #Deutschland #Berlin #Onkel-Tom-Strasse #Geschichte#Religion #Kirche #Antisemitismus

  • Kolumne Behelfsetikett: Ich war noch nie in Waidmannslust - taz.de
    https://www.taz.de/Kolumne-Behelfsetikett/!5591227

    Zuerst steigen wir der Schwimmhalle aufs Dach. Steinstufen führen auf ein mit Apfelbäumen bepflanztes Areal mit Gras und Kräutern, schon knöchelhoch gewachsen. „Ach, ist das schön“, ruft eine Frau aus der Gruppe. Von hier oben hat man einen wunderbaren Ausblick auf die Gegend ringsum. Bei schönem Wetter sitzen da, wo sich Friedrichshain und Prenzlauer Berg und Lichtenberg treffen, direkt am S-Bahnhof Landsberger Allee, also da, wo Schwimmhalle und Velodrom liegen, gern junge Leute. Sie hören Musik, trinken und rauchen was oder so und schauen der Sonne beim Untergehen zu.

    Ein guter Ausgangspunkt für meine Führung durch den Nordkiez von Friedrichshain, meinem Heimatkiez seit 24 Jahren. Ich mache diese Tour Ende April zum ersten Mal. Ich bin total aufgeregt, fühle mich zwar gut vorbereitet, aber man weiß ja nie …

    Der Rundgang durch Friedrichshain findet im Rahmen einer Reise statt, die in einem 4-Tage-Programm die Möglichkeit bietet, Berlin in Begleitung von taz-RedakteurInnen zu erkunden. Das Angebot gibt es seit mehreren Jahren, Friedrichshain aber war komischerweise bisher als Kieztour nicht dabei.
    Paradoxer Beginn

    Paradoxerweise beginnen wir die Tour auf Prenzlauer-Berg-Gebiet: Das ehemalige Schlachthofgelände zieht sich vom S-Bahnhof Landsberger Allee rund zwei Kilometer wie eine Landzunge zwischen Friedrichshain und Lichtenberg. An dem riesigen Areal lässt sich in komprimierter Form allerhand zur städtebaulichen Geschichte der Stadt zeigen und erklären.

    Also erzähle ich von Rudolf Virchow und seinen Plänen für einen hygienisch kontrollierbaren Zentralvieh- und Schlachthof, vom Bau des riesigen Komplexes (1864–1877), den Zerstörungen durch den Zweiten Weltkrieg, den Russen, die das weite Areal nach dem Sieg nutzten, und der DDR-Zeit – „wo es zum Himmel stank“, wie mir mal eine Nachbarin erzählte –, den Abrissarien nach der Wende, der gähnenden Leere auf dem Gelände und den verschiedenen Aufbauphasen im Karree …

    Heute ist das alte Schlachthofgelände so gut wie voll bebaut, und fünf neue Stadtviertel sind entstanden. Die letzte Brache verschwindet gerade und wird zu einem Bürobau. Nun, allein dazu könnte ich Romane erzählen. Geht aber nicht, also schnell weiter.
    Überall Geschichte

    Aber halt, Geschichte gibt es im Kiez an jeder Ecke. In der Hausburgstraße, nun wieder auf Friedrichshainer Gebiet, steht die Hausburg-Schule, die gerade teilsaniert wird. In deren Innenhof finden sich bis heute Einschusslöcher, genauso wie an der Schlachthofmauer vis-à-vis, die aus dem April 1945 stammen, als die Rote Armee den Bezirk erreichte. Hier wurden Zwangsarbeiter, Deserteure und auch Plünderer – Bewohner aus dem Kiez, die im Schlachthof nach Lebensmitteln suchten – erschossen. Davon wusste ich bislang nichts. Erst in Vorbereitung auf meine Führung bin ich dank des Friedrichshainer Geschichtsvereins Hans Kohlhase darauf gestoßen. Ein Zugewinn an Wissen.

    Das war auch der Tenor beim Dutzend interessierter Menschen aus ganz Deutschland, die sich für diese Reise entschlossen hatten. Sie wollten Berlin besser kennenlernen – und eben anders. Durch die Augen von taz-RedakteurInnen, denen die Stadt nun mal auf ganz eigene Weise vertraut ist. Deshalb hab ich in die Führung meinen Alltag und Beobachtungen aus 24 Jahren einfließen lassen. Aus historischen Geschichten und aktuellen Entwicklungen, etwa am Beispiel der Tilsiter Lichtspiele in der Richard-Sorge-Straße, der Karl-Marx-Allee oder den letzten besetzten Häusern in der Rigaer Straße entspann sich etwas – ja: Schönes.

    „Ich wäre nie auf die Idee gekommen, mich in diesem Teil von Friedrichshain umzusehen, das war echt interessant“, meinte am Ende einer der Teilnehmer aus Frankfurt/Main. „Ich auch nicht“, sagte eine Teilnehmerin aus Berlin, „ich komme noch mal wieder, um mich hier ausführlicher umzuschauen.“

    Die Berlinerin übrigens wohnt in Waidmannslust und kennt nicht alle Stadtteile so gut wie ihren Heimatkiez, deshalb hat sie die Berlin-Reise mitgemacht. Eine super Idee. Ich war auch noch nie in Waidmannslust. Das wird jetzt im Mai nachgeholt.

    Nächste Berlin-Reise in Begleitung von taz-RedakteurInnen: 9.–12. Oktober, Information: www.taz.de

    #Berlin #Stadtführung

  • Empörung bei der Berliner Tafel : Essen als Einnahmen verrechnet - taz.de
    https://www.taz.de/Empoerung-bei-der-Berliner-Tafel/!5591517
    On appelle Wohngeld l’allocation de logement versé aux pauvres d’Allemagne qui n’ont pas droit aux notoires aides Hartz IV . C’est systématiquement le cas des étudiants qui ne sont pas l’enfant d’une famille de nantis et dépendent du maigre crédit de formation BAFÖG nettement moins élevé que Hartz IV . L’adminstration des aides au logement de l’arrondissement berlinois #Lichtenberg vient de déduire la valeur fictive d’un don de nourriture du montant versé à un ayant droit. Celui ci n’a pas contesté la décision dans les délais alors la décision administrative est entrée en vigeur.

    Seit über 25 Jahren unterstützt die Berliner Tafel Bedürftige mit Lebensmitteln. Eigentlich eine gute Sache: Die Tafel erleichtert vielen tausenden Menschen den Alltag. Essen, das noch genießbar ist, landet auf dem Teller statt im Müll. Genauso alt wie die Organisation ist aber auch die Kritik daran: Die Tafel nehme den Sozialstaat aus der Pflicht, heißt es. Sie erfülle zumindest teilweise die Aufgabe der Daseinsvorsorge, die eigentlich dem Staat obliegt.

    Die KritikerInnen der Tafel haben seit Montag ein Beispiel mehr, mit dem sie argumentieren können: Wie nun bekannt wurde, hat ein Berliner in seinem Wohngeldantrag angegeben, dass er Lebensmittel von der Tafel bezieht – woraufhin er weniger Sozialleistungen bekam. In einem Schreiben, das der taz vorliegt, verbuchte das Bezirksamt Lichtenberg die Lebensmittel unter dem Stichwort „Sachbezug Tafel“ als „Einnahmen“ von jährlich 2.892 Euro.

    Der Mann legte Widerspruch ein, der aber zurückgewiesen wurde. In einem zweiten Schreiben schlüsselte das Amt auf, „der Wert der als Sachbezug zur Verfügung gestellten Verpflegung“ betrage 241 Euro im Monat. Für Mittag- und Abendessen seien monatlich je 95 Euro, für das Frühstück 51 Euro veranschlagt worden.

    Die Berliner Tafel zeigte sich angesichts dieses Falles am Montag entsetzt: „Dieses Vorgehen ist willkürlich und rechtswidrig“, so die Vorsitzende Sabine Werth. Die Tafel habe immer bewusst auf staatliche Fördergelder verzichtet, „um genau diese unzulässige Verknüpfung von Sozialleistungen und Lebensmittelspenden zu vermeiden“. Die genannten Summen entbehrten jeder Grundlage. Werth sagte: „Der Staat hat eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Bürger*innen. Die darf in keiner Weise mit dem ehrenamtlichen Engagement der Berliner Tafel verrechnet werden.“

    Die zuständige Bezirksstadträtin Katrin Framke (Linkspartei) betonte zwar, die Wohngeldstelle handele auf der Grundlage der Gesetze, sie distanzierte sich aber gleichzeitig von dem Vorgehen. „Juristisch handelt es sich hier möglicherweise um eine Grauzone“, schrieb Framke. Und weiter: Sie selbst sei „der Auffassung, dass Unterstützung durch Essen, ob durch gemeinnützige Vereine oder die Familie, grundsätzlich nicht als Einkommen angerechnet werden sollte“.

    Bleibt zu hoffen, dass das Bezirksamt für diesen einen Fall doch noch eine andere, bessere Lösung findet. Er ist aber vor allem ein Symptom: Der Sozialstaat verlässt sich bei der Versorgung der Armen eben auch auf die Tafel, sie ist eine feste Größe geworden – was so eigentlich nie vorgesehen war.

    #Allemagne #Berlin #Wohngeld

  • 15.05.2019: Bahlsen-Erbin relativiert Nazizeit (Tageszeitung junge Welt)
    https://www.jungewelt.de/artikel/354798.bahlsen-erbin-relativiert-nazizeit.html


    Elle est jeune, riche et se présente comme une personne qui sait commet créer un monde meilleur. Elle ne comprend rien à l’histoire. Elle est quand même la patronne.

    Hannover. Die Erbin des Hannoveraner Bahlsen-Konzerns hat erneut die Verantwortung des Unternehmens für die Ausbeutung von Zwangsarbeitern während der Nazizeit relativiert. Bild (Onlineausgabe) zitierte Verena Bahlsen am Montag, dass man »Zwangsarbeiter genauso bezahlt« habe »wie die Deutschen«. Auch seien Zwangsarbeiter »gut behandelt« worden, wie die 26jährige dem Blatt sagte. Zu noch ausstehenden Entschädigungen erklärte die Konzernerbin: »Das Gericht hat die Klagen abgewiesen. Heute liegen keine Forderungen mehr gegen Bahlsen vor. Bahlsen hat sich nichts zuschulden kommen lassen.«

    In einer Mitteilung vom Montag erklärte die Firma, dass zwischen 1943 und 1945 rund 200 Zwangsarbeiter, »vorwiegend Frauen«, in der »Produktion bei Bahlsen eingesetzt« worden seien. Entschädigungsklagen wurden demnach durch das Landgericht Hannover aufgrund von Verjährung abgewiesen. Bahlsen habe sich im Dezember 1999 für den Eintritt in die »Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft für die Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter in Deutschland« entschieden. An sie seien im Jahr 2000 mehr als eine Million und im Folgejahr mehr als 500.000 D-Mark gezahlt worden.

    Bio - Verena Bahlsen — House of Beautiful Business
    https://houseofbeautifulbusiness.com/bio-verena-bahlsen

    Verena is the fourth generation of German biscuit manufacturer Bahlsen. She firmly believes that business can be a realistic, long-term vehicle to effect positive change. She also believes that our food system will have to reinvent itself to feed the generations after us, that many such solutions already exist, and that industry’s task is not to invent, but to find and utilize them.

    Verena continues the tradition of her grandfather Hermann Bahlsen who found gems in places where others wouldn’t think to look, and built a business out of them that endured beyond his generation. After concluding her studies in media communications and management in the U.S. and the U.K., Verena returned to Germany in 2015 to honor the legacy of her grandfather with her own venture. Together with her partner Laura Jaspers, she founded HERMANN’S, a restaurant, film studio, and co-working and event space that serves as thought for food and food for thought.

    We help brands design their future. – HERMANN’S Innovation Strategy
    https://www.hermanns.com/strategy

    We believe that food businesses need constant innovation to ensure a successful future.

    We observe that most established companies struggle to generate it on their own.

    We propose a new approach: leave your world and find innovation in new ones in the places where it forms and grows today.

    We help you seek, find, and strategically use the innovation that is relevant to you.

    Verena Bahlsen: Fragwürdiger Umgang mit der Firmenvergangenheit - SPIEGEL ONLINE
    https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/verena-bahlsen-fragwuerdiger-umgang-mit-der-firmenvergangenheit-a-1267253.ht

    Das Unternehmen machte in Nazideutschland glänzende Geschäfte, galt als kriegswichtiger Betrieb. Zwischen 1941 und 1945 mussten bis zu 250 zum Teil gewaltsam von den Nazis ins Deutsche Reich verschleppte Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus insgesamt sieben europäischen Nationen im hannoverschen Bahlsen-Werk ihren Dienst verrichten.

    Historische Verantwortung des Unternehmens

    Manche der Betroffenen berichteten nach dem Krieg, sie seien von den Firmeninhabern vergleichsweise gut behandelt worden. Doch wöchentlich hatten sie bis zu 48 Stunden an den Öfen oder Sortierbändern schuften müssen, vom ausgezahlten Lohn war ein großer Teil für Verpflegung und Unterbringung eingezogen worden. In den Barackenlagern sahen sich die Arbeiterinnen der Willkür der Wachmannschaften schutzlos ausgeliefert.

    Die Firma Bahlsen hat zweifelsohne Schuld auf sich geladen - und hatte dafür jahrzehntelang nicht zu büßen. Während Opfer des Nationalsozialismus nach 1945 um gesellschaftliche Anerkennung und vielfach um Entschädigung kämpfen mussten, konnte die Unternehmerfamilie im Wirtschaftswunder schnell an ihre alten Erfolge anknüpfen: 1959 beschäftigte sie wieder 1500 Mitarbeiter.

    Für die mit braunen Flecken behaftete NS-Vergangenheit ihres Unternehmens kann die 25-jährige Verena Bahlsen selbstverständlich nichts. Der historischen Verantwortung muss sich die Keks-Erbin aber stellen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sie mit ihrer Geschichtsvergessenheit im Trend liegt.

    Denn dass es am Ende niemand gewesen sein will, gilt offenbar auch für die Nachfahren der Tätergeneration. 2018 fragte die Universität Bielefeld in einer deutschlandweiten repräsentativen Umfrage: „Waren Vorfahren von Ihnen unter den Tätern des Zweiten Weltkriegs?“ 69 Prozent der Teilnehmenden antworteten mit „Nein“.

    Verena Bahlsen: Äußerungen zu NS-Zwangsarbeit lösen Empörung aus
    https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/keks-dynastie-erbin-verena-bahlsen-sorgt-mit-aeusserung-ueber-zwangsarbeit-in-ns-zeit-fuer-empoerung/24335912.html?ticket=ST-646919-S9CQpQghDc5GQnW1AWWt-ap1

    Tatsächlich arbeiteten 200 Zwangsarbeiter während des Krieges für Bahlsen, um unter anderem Proviant für die Wehrmacht zu produzieren. In der Regel handelte es sich um Arbeitskräfte aus besetzen Ländern, die unter Zwang im Reich bei vielen Unternehmen eingesetzt wurden.

    Das Urteil aus dem Jahr 2000, das Verjährung von Ansprüchen feststellte, war eine Grundlage für die Rechtssicherheit der Stiftung der deutschen Wirtschaft, über die viele Unternehmen anschließend Entschädigungen an Zwangsarbeiter zahlten. Auch Bahlsen beteiligte sich an dem Fonds. Allerdings galt die Aktion damals eher als Sühne denn als Zeichen, man habe sich „nichts zuschulden kommen lassen“.

    In den sozialen Medien wird daher derzeit diskutiert, ob Bahlsen mit ihrer Äußerung die Zwangsarbeit willentlich verharmlose oder nur die Leichtfertigkeit einer weit nach dem Weltkrieg geborenen Generation widerspiegle.

    Verena Bahlsen | Wie eine 24-Jährige den Keks neu erfinden will
    https://orange.handelsblatt.com/artikel/32379

    Die 24-jährige Verena Bahlsen hatte bis vor fünf Jahren kaum mit dem Familienunternehmen zu tun. Sie studierte Kommunikation und Management und gründete vor wenigen Wochen mit zwei Mitgründern ein Plattform-Netzwerk für gesunde Ernährung.

    Frau Bahlsen, wann haben Sie zum ersten Mal mit Ihrem Vater beim Abendbrottisch über das Unternehmen diskutiert?
    Verena Bahlsen: Wir haben nie über die Firma geredet, bis ich 18 oder 19 Jahre alt war. Wir haben angefangen zu diskutieren, als es zum ersten Mal um unsere Familienstrategie ging, vor zweieinhalb Jahren. Da hat mein Vater gesagt: „Verena, wir müssen üben, miteinander zu sprechen.“ Und das machen wir seitdem.

    Wie funktioniert das?
    Werner Bahlsen: Wir haben uns vor zwei Jahren, beim 125-Jahr-Jubiläum, eine Verfassung gegeben – mit klaren Regeln. Darin steht auch, wie die Kinder als Gesellschafter ihre Meinung einbringen können.

    Verena Bahlsen: Wir haben das in einer Reihe von Wochenenden auf dem Lande mit Coaches entwickelt. Beim ersten Treffen haben wir völlig unterschiedliche Sichtweisen gehabt. Zum Beispiel wusste mein Vater nicht, was ein Hashtag ist, und ich kannte den Unterschied zwischen Deckungsbeitrag eins und zwei nicht. Das ist heute anders. Was wir nicht wollen, ist, dass eine Generation abdankt und die andere alles anders machen will.

    Frau Bahlsen, Sie sind jetzt für einen ganz eigenen Bereich zuständig. Sie haben ein Netzwerk für die Zukunft der Ernährung gegründet.
    Verena Bahlsen: Hermann Bahlsen, der Firmengründer, hat Ende des 19. Jahrhunderts die Ernährung neu gedacht. Genau dasselbe wollen wir mit der frisch gegründeten Plattform Hermann’s machen. Wir wollen Handel, Konsumenten, Produzenten und Food-Innovatoren zusammenbringen. Es gibt Menschen da draußen, die Produkte, Landwirtschaft und Produktion neu denken – aber nichts mit der Industrie zu tun haben.

    Und die wollen Sie auch ganz wörtlich an einen Tisch bringen?
    Wir müssen die Themen greifbar machen – etwa indem wir bei uns in unserem Hermann’s-Restaurant in Berlin bei einem Event ein Abendessen mit Insektenmehl auftischen. Dabei können wir diskutieren: Finden wir das eklig oder superspannend? So können wir theoretische Fragen in den Mainstream bringen.

    Verdienen Sie dann an solchen Events?
    Nein, da kommen wir bestenfalls bei null raus. So etwas wollen wir nutzen, um unser Netzwerk aufzubauen aus Start-ups, Wissenschaftlern, Köchen, Bloggern. Wir verdienen anschließend Geld damit, dass wir der Industrie das Netzwerk anbieten – bei Innovationen, bei Produktentwicklung, in der Strategieberatung.

    Glauben Sie wirklich, dass sich Blogger und Industrie an einen Tisch setzen?
    Ich liebe diese Frage. Sie wird mir gerade häufig gestellt. Es gibt eine ganze Armada von Bloggern, denen die Industrie Geld gibt, damit sie für Produkte Werbung machen. Einige aber sind schon seit vielen Jahren dabei, neue Rohstoffe, Rezepte und Innovationen zu entwickeln. Keiner aus der Industrie arbeitet mit denen zusammen, um sie auch für strategische Ziele zu nutzen. Dabei denken Blogger ganz anders als die Industrie.

    Das heißt, man kann Hermann’s wie eine Beratung buchen?
    Genau. Wir stecken unsere Kraft da hinein, solche Innovatoren zu finden. Aber wir googeln sie nicht, sondern wir überlegen, in welcher Nische entstehen interessante Neuentwicklungen, Technologien. Dann versuchen wir, diese Nische zu verstehen. Danach treffen wir die wichtigen Player und bieten denen auch Hilfe an.

    Dafür muss die Muttergesellschaft Bahlsen mit dem Keksgeschäft aber das Geld geben.
    Hermann’s ist ein Geschäftsmodell. Wäre es nur eine Kostenstelle für Bahlsen, würden wir das langfristig nicht durchhalten.

    Trotzdem investiert Bahlsen weiterhin in herkömmliche Produkte wie den Butterkeks. Ist das in Ihrem Sinne?
    Als Bahlsen-Gesellschafterin trage ich das mit. Aber ich habe schon Lust, den Keks neu zu denken. Wie wird der Keks nachhaltiger, gesünder – für neue Konsumenten? In diese Richtung geht ja auch der jüngste Bahlsen-Zukauf von Raw Bite, einem kleinen dänischen Hersteller von Riegeln aus gepressten Nüssen und Datteln.

    Was machen Sie bei Ihrer Ernährung anders?
    Verena Bahlsen: Ich esse kein Mehl mehr – einfach, um das mal zu testen.

    Was nehmen Sie statt Mehl?
    Wir testen in Berlin in unserem Restaurant Einkorn. Und Kokosmehl. Da werden die Reste aus der Kokosmilch-Produktion gemahlen und genutzt. Es schmeckt toll, man könnte ganz viele Sachen daraus machen. Wir müssen nur überlegen, wie dafür die Logistik funktionieren kann. Vor zwei Jahren habe ich Kokosmehl bei einer Bloggerin aus Amsterdam entdeckt. Die Entwickler bei Bahlsen haben gesagt, das wird schwierig. Die Einkäufer haben gesagt, das bietet noch keiner an in industriellem Maßstab. Wir können in diesem System derzeit noch keine Kekse mit Kokosmehl backen.

    Können Sie sich vorstellen, in die Geschäftsführung von Bahlsen zu gehen?
    Ich bin 24. Ich weiß nicht mal, wie meine nächsten drei Monate aussehen werden.

    Und was können Sie sich vorstellen, Herr Bahlsen?
    Werner Bahlsen: Wir reden da sehr offen drüber. Wir haben vier Kinder. Es gibt da klare Regeln, welche Kompetenzen man haben muss.

    Gibt es Family Days, bei denen Ihre Kinder das Unternehmen besser kennenlernen?

    Werner Bahlsen: Die Kinder sind Gesellschafter, sind zum Teil auch bei den Beiratssitzungen dabei, und wir haben auch ein Gesellschafter-Meeting gehabt, bei dem wir uns ein Werk angeguckt haben. Das ist alles wichtig, aber wir wollen das Thema Führung sehr klar davon trennen. Wir haben eine sehr gute und junge Geschäftsführung. Wir können nicht warten, bis ich tot vom Stuhl falle. Das Unternehmen ist kein Spielfeld für Unternehmerkinder, so unter dem Motto: Da probiere ich mich mal aus. Wir haben Verantwortung für 2.500 Mitarbeiter. Mit Familien sind das 10.000 Leute, das muss man ernst nehmen.

    Frau Bahlsen, Herr Bahlsen, vielen Dank für das Interview.

    Interview: Verena Bahlsen - die nächste Generation
    https://www.capital.de/wirtschaft-politik/interview-verena-bahlsen-mehr-als-nur-kekse?article_onepage=true

    Capital: Frau Bahlsen, Sie haben 2017 in Berlin das Restaurant Hermann’s eröffnet, der Name erinnert an Ihren Urgroßvater, der 1889 Bahlsen gegründet hat. Von hier aus wollen Sie die Lebensmittelbranche aufmischen. Wie kamen Sie darauf?

    VERENA BAHLSEN: Als ich 20 war, war ich in London am King’s College und ehrlich gesagt total gelangweilt. Ich hatte zuvor nichts mit dem Unternehmen meiner Familie zu tun, mein Vater hat das von uns ferngehalten – weil es bei ihm anders war und es dadurch viele Konflikte gab. Als wir Kinder Gesellschafter wurden, hat sich das geändert. In London habe ich dann meine Mitgründerin Laura Jaspers kennengelernt. Sie war zuvor Assistentin meines Vater und dann eine Art Ziehkind und arbeitete in Großbritannien im Marketing.

    Was haben Sie gemacht?

    Wir sind eines Tages durch Supermärkte gelaufen, haben Produkte angeschaut und diskutiert, dass ein völliger neuer Markt für Lebensmittel entsteht. Und wir merkten, dass wir das nicht mit dem zusammenbringen können, was wir von Bahlsen in Hannover kennen. Das sind zwei Welten und Systeme. Das war der Beginn unserer Freundschaft.

    Das Unternehmen Ihrer Familie ist Teil des alten Systems, Bahlsen prägt seit 125 Jahren den Markt für Süßgebäck, hat 5000 Produkte auf den Markt gebracht …

    Gerade diese Ambivalenz finde ich reizvoll. Mein Urgroßvater hat die Industrialisierung in der Lebensmittelindustrie maßgeblich geformt. Was er und seine Nachkommen erreicht haben, ist wertvoll. Der Leibniz-Keks bleibt großartig. Unsere Generation aber hat eine neue Aufgabe: Wir müssen uns ändern und sind als Industrie dafür nicht gewappnet. Ich sitze noch zu oft in Räumen und Meetings, in denen alle wie bisher reden und planen, und ich denke dann immer an diesen Cartoon mit dem Hund, der in dem brennenden Haus sitzt und sagt: „This is fine!“ – So verhalten wir uns gerade.

    Werden diese Veränderungen in der Branche nicht diskutiert?

    Nicht genug. Aber nicht, weil die zu blöd dafür sind. Die Industrie lebt momentan noch in einer anderen Welt. Alle Innovationen kommen von außen, von Forschern, Restaurants, Bloggern. Dieser Markt ist für die Industrie völlig unsichtbar.

    So bringt Verena Bahlsen Twitter-Nutzer gegen sich auf - Wirtschaft - Süddeutsche.de
    https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/verena-bahlsen-twitter-1.4444053

    - Start-up-Gründerin Verena Bahlsen hält ein Viertel des Keks-Unternehmens. Sie gibt sich als stolze Kapitalistin, sagt, sie wolle eine Yacht kaufen.
    – Twitter-Nutzer haben sie daraufhin daran erinnert, dass ihr geerbter Reichtum auf Zwangsarbeit in der Zeit des Nationalsozialismus gründet.
    – Man habe die Zwangsarbeiter genauso bezahlt wie die Deutschen, sagt Bahlsen und sorgt damit bei den Twitter-Nutzern für noch mehr Empörung.

    Von Katharina Kutsche

    Kapitalist oder Sozialist? Welcher Wirtschaftsordnung man anhängt, wird schon seit rund zwei Wochen heiß diskutiert. Und das Thema spielte auch vergangene Woche bei der Digital-Konferenz Online Marketing Rockstars (OMR) in Hamburg eine Rolle, wo sich auf der Bühne „internationale Stars des digitalen Marketings“ trafen, so formulierten es die Veranstalter. Darunter waren passenderweise Kevin Kühnert in seiner Funktion als Juso-Vorsitzender, der die Diskussion überhaupt erst ins Rollen gebracht hatte, und die Start-up-Gründerin Verena Bahlsen. Und während der eine seine Kritik am Kapitalismus wiederholte, erklärte die andere: „Ich bin Kapitalistin. Mir gehört ein Viertel von Bahlsen und da freue ich mich auch drüber. Es soll mir auch weiterhin gehören. Ich will Geld verdienen und mir Segelyachten kaufen von meiner Dividende und so was.“

    Eine Yacht hätte Bahlsen in der digitalen Schlechtwetterfront, die folgte, sicherlich gut brauchen können. Denn zahlreiche Kritiker kommentierten etwa beim Kurznachrichtendienst Twitter, dass die Gesellschafterin des Keks-Unternehmens wohl vergessen habe, worauf ihr ererbter Reichtum gründet: nämlich unter anderem auf Zwangsarbeit in der Zeit des Nationalsozialismus. Außerdem habe die 25-Jährige sich ihr Kapital nicht erarbeitet, sondern sei reich geboren worden. Bahlsens Vater Werner Michael führte das hannoversche Familienunternehmen in dritter Generation, bis er sich 2018 aus dem operativen Geschäft zurückzog. Er sitzt dem Aufsichtsrat vor. Seine vier Kinder, darunter Verena, sollen noch Zeit haben, sich zu entwickeln, bis sie die Nachfolge antreten - auch wenn sie schon jetzt Gesellschafter sind.

    Man hätte an der Stelle sicherlich einwenden können, dass Verena Bahlsen nicht für die Unternehmensgeschichte von vor 70 Jahren verantwortlich ist. Doch leider verschlimmerte die Gründerin selbst die Lage. In der Bild-Zeitung wies sie die Kritik zurück. Es sei nicht in Ordnung, ihren Vortrag mit der Zwangsarbeit in Verbindung zu bringen. „Das war vor meiner Zeit und wir haben die Zwangsarbeiter genauso bezahlt wie die Deutschen und sie gut behandelt.“ Das Unternehmen habe sich nichts zuschulden kommen lassen.

    Nun gärt es auf Twitter weiter. Und sicher, die Aussagen Bahlsens waren maximal unglücklich. Doch es lohnt sich durchaus, sich ihren Auftritt, einen Vortrag in freier Rede genauer anzuschauen. Denn nach ihrem Segelyachten-Beispiel sagt sie etwa: „Ich glaube nur wirklich, dass ich langfristig mit dem Weltverbessern mehr Geld verdienen kann.“

    Bahlsen gründete vor zwei Jahren das Berliner Start-up Hermann’s, benannt nach ihrem Urgroßvater, dem Unternehmer Hermann Bahlsen. Mit ihrem Team spürt sie Lebensmittel-Trends hinterher, lässt innovative Zutaten in einer offenen Restaurantküche testen. Dahinter steht für sie der Gedanke, dass die Welt von heute nicht nachhaltig ist. Hermann’s baut ein Netzwerk auf, das Industrie, Handel und Food-Innovatoren zusammenbringt. Beim OMR-Festival sagt Bahlsen dazu, die Zukunft für ihre und kommende Generationen sei unsicher genug. Und ergänzt kraftvoll: „Ich scheiß’ auf Wirtschaft, wenn Wirtschaft nicht ein Vehikel ist, um uns als Gesellschaft nach vorn zu bringen.“ Das klingt drastisch, aber nicht nach Brachial-Kapitalismus. Zumal die Gründerin betont, dass ihr Urgroßvater vor 130 Jahren begonnen habe, Kekse zu produzieren und sie dadurch profitierte, indem sie eine tolle Bildung bekommen habe, viel reisen und erleben konnte.

    Verena Bahlsen wird dem hohen Anspruch noch gerecht werden müssen. Und darf bei dem Blick in die Zukunft die Vergangenheit nicht verzerren. Eigentum verpflichtet.

    Kommentar Bahlsen-Erbin: Eine Frage wie eine Provokation - taz.de
    https://www.taz.de/Kommentar-Bahlsen-Erbin/!5592143

    Eine merkwürdige Frage geht um in Debatten-Deutschland: Es geht um das Schicksal von Zwangsarbeitern zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland. Eine traurige Frage. Es ist die Frage danach, wie es Zwangsarbeitern auf dem Gebiet des Deutschen Reichs zwischen 1939 und 1945 wirklich gegangen ist. Eine Frage, die in den Ländern, aus denen Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt worden sind, wie eine Provokation wirken muss.

    Was sollen sich die Nachfahren von Zwangsarbeitern in Polen, der Ukraine, Belarus oder Russland denken? Hat da das neue, freshe Deutschland gesprochen?

    Die Erbin eines Lebensmittelkonzerns, der vor allem für seine Butterkekse bekannt ist, hatte in einem Interview mit der Bild-Zeitung gesagt hat, das Unternehmen Bahlsen habe seine Zwangsarbeiter genauso entlohnt wie die deutschen Mitarbeiter. Zudem seien sie gut behandelt worden.

    Auf eine Frage, von der man glauben sollte, sie müsse gar nicht erst gestellt werden, gibt es in diesen Tagen also eine neue Antwort. Übersetzt ins Hipster-Business-Deutsch, das die junge Verena Bahlsen (25) normalerweise spricht, wenn sie über die Food-Branche redet, lautet sie: Voll okay sei es den Zwangsarbeitern gegangen.

    Schon gibt es die ersten Faktenchecks. Bild fragt: „Wie ging es den Bahlsen-Zwangsarbeitern?“. Andere Medien schauen noch einmal in die Geschichte des Entschädigungsprozesses für Zwangsarbeiter, der im Jahr 2000 in einen Fonds mündete, der mit Zahlungen der Bundesrepublik Deutschland und der deutschen Wirtschaft ausgestattet wurde. Mit Geld aus dem Fonds wurden Zwangsarbeiter, die einen entsprechenden Antrag gestellt hatten, individuell entschädigt, man könnte auch sagen: abgespeist.

    Menschen, die in Haft, unter haftähnlichen oder vergleichbar schlechten Lebensbedingungen Zwangsarbeit leisten mussten, bekamen bis zu 2.560 Euro. Im Monat? Im Jahr? Nein, ein Mal. Und da stellt sich die sogenannte Keks-Erbin doch tatsächlich hin und sagt, alles sei gut!
    Eine beschämende Diskussion

    Bei den frischen Berichten über den Bahlsen-Bullshit taucht auch die Frage auf, wie die Betroffenen damals von ihren Sklavenhaltern behandelt worden sind. Mal besser, mal schlechter? Als ob es darum ginge! Als sei nicht längst bekannt, dass das System der Zwangsarbeit, mit dem die deutsche Industrie, die Landwirtschaft und auch das Handwerk zu Zeiten des deutschen Vernichtungskriegs am Leben gehalten wurde, ein elementarer Baustein im verbrecherischen System des Nationalsozialismus gewesen ist.

    Die Verwüstung des europäischen Kontinents, der Genozid an den europäischen Juden, die Kriegsverbrechen der Wehrmacht basieren auch auf dem System der Zwangsarbeit. Und doch wird mit einem Mal über Zwangsarbeit wie über etwas gesprochen, von dem man noch nicht so genau weiß, was es war und was es zu bedeuten hat. Da fehlt fast nur noch der allseits beliebte Faktencheck: Was wir wissen und was nicht.

    Angefangen hat das alles mit dem Auftritt von Verena Bahlsen auf der Digital-Konferenz Online Marketing Rockstars. Gut gelaunt hat sie dargelegt, dass sie gar nichts daran findet, reich zu sein. Dass sie sich von ihrer Dividende (!) gerne Yachten kaufen würde, hat sie auch gesagt. Der Vorwurf, ihr Reichtum sei auch auf Zwangsarbeit aufgebaut, hat die junge Frau dann zum Social-Media-Antistar gemacht. Und jetzt diskutiert Deutschland tatsächlich darüber, wie schlimm Zwangsarbeit war.

    Es ist eine beschämende Diskussion, die von einer Frau losgetreten worden ist, die sich selbst in der Rolle einer Zukunftsgestalterin sieht. Sie soll Foodtrends für ihr Unternehmen aufspüren, beschäftigt sich sorgenvoll mit der Zukunft („Total viel waste und so weiter!“) und sagt Sätze wie: „Ich scheiß’ auf Wirtschaft, wenn Wirtschaft nicht ein Vehikel ist, um uns als Gesellschaft nach vorn zu bringen.“ Sie bezeichnet sich in ihrem Vortrag sogar als Weltverbesserin, als verantwortungsvolle Vertreterin der Generation Y.

    So gut gelaunt und geschichtsvergessen kann man also in die Zukunft marschieren. Mülltrennung auf der Yacht, Superfood zum Frühstück und ein gutes Gewissen. Verena Bahlsen hat davon gesprochen, dass sie dankbar ist, eine tolle Bildung genossen zu haben. Sagen wir’s ihr!

    #Berlin #Mitte #Torstraße #capitalisme #nazis #exploitation #jeunesse_dorée

    • Wer ist Verena Bahlsen und warum verharmlost sie NS-Zwangsarbeit?
      https://www.stern.de/wirtschaft/news/verena-bahlsen--wer-ist-die-frau-und-warum-spricht-sie-so-ueber-ns-zwangsarbei

      15.5.2019 von Daniel Bakir - Verena Bahlsen, millionenschwere Erbin des Keksimperiums, hat mit einem Satz über Zwangsarbeiter während der NS-Zeit verstört. Wer ist die junge Frau und warum sagt sie solche Sachen?

      Mit 26 Jahren steht Verena Bahlsen, Erbin des familieneigenen Keksimperiums, auf einmal im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik. Der Grund: In der „Bild“ sagte sie über Zwangsarbeiter bei Bahlsen in der NS-Zeit den Satz: „Das war vor meiner Zeit und wir haben die Zwangsarbeiter genauso bezahlt wie die Deutschen und sie gut behandelt.“ Der Bahlsen-Konzern habe sich „nichts zuschulden kommen lassen“. Eine Aussage, die für große Empörung sorgt.

      In den Kommentarspalten wird Verena Bahlsen, der ein Viertel des Keksimperiums ihrer Familie gehört, nun als geschichtsvergessen gegeißelt, in den sozialen Netzwerken als zynische Kapitalistin angefeindet. Der deutsch-amerikanische Historiker Guy Stern hält die Aussagen für geschichts- und geschäftsmoralisch unerträglich „und eines bundesdeutschen Unternehmens unwürdig“, wie er der DPA erklärt.

      Der Bahlsen-Konzern, der während der NS-Zeit rund 200 Zwangsarbeiter beschäftigte, reagierte mit einer distanzierenden Stellungnahme. „Das Unternehmen ist sich bewusst, welch großes Leid und Unrecht den Zwangsarbeitern sowie vielen anderen Menschen damals widerfahren ist und erkennt hierin seine historische und moralische Verantwortung.“ Der Verantwortung hat sich das Unternehmen, wenn auch spät, bereits gestellt. Nachdem Bahlsen gerichtlichen Entschädigungsforderungen zunächst erfolgreich wegen Verjährung entgehen konnte, zahlte der Konzern im Jahr 2000 insgesamt 1,5 Millionen DM in eine Stiftung für die Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter ein.

      Aber wie kam Verena Bahlsen überhaupt zu ihrer Zwangsarbeiter-Aussage? Was hat die Tochter des Firmenpatriarchen Werner Bahlsen geritten, derart über dieses Kapitel ihres Familienunternehmens zu sprechen? Was will die Frau überhaupt?

      Im Video: Ruth Meros war 11 Jahre alt, als die Nazis an die Macht kamen. Auf ihrer Schule war sie damals das letzte jüdische Kind. Im Interview mit stern-Autor David Baum schildert sie ihre Erlebnisse.

      Verena Bahlsen und die Jacht-Aussage

      Die Aussagen von Verena Bahlsen in der „Bild“ vom Montag waren eine Reaktion auf ihren Auftritt auf der Onlinemarketing-Konferenz OMR in Hamburg vorige Woche. Bei dem hippen Branchenevent hatte Bahlsen auf dem Podium mit kessen Sprüchen provoziert: „Ich bin Kapitalistin. Mir gehört ein Viertel von Bahlsen, das ist toll. Ich will mir ’ne Segel-Jacht kaufen und solche Sachen.“ Handelsblatt-Reporter Christoph Kapalschinski berichtete, der kecke Auftritt sei beim Publikum gut angekommen und mit viel Applaus bedacht worden. Bahlsens Auftritt als selbstbewusste Kapitalistin bildete den Gegenpol zu Juso-Chef Kevin Kühnert, der kurz zuvor auf der gleichen Veranstaltung mit seinen Sozialismus-Ideen aufgetreten war.

      Doch als sich Bahlsens Aussagen im Netz verbreiteten, gab es auch ganz andere Reaktionen. Insbesondere den lässigen Segel-Jacht-Spruch nahmen ihr viele krumm. Wie kann die Erbin eines Unternehmens, das unter den Nazis von Zwangsarbeit profitierte, sich derart ungeniert über die schönen Seiten des Kapitalismus auslassen?

      Die Bild fragte nach und Verena Bahlsen redete sich um Kopf und Kragen. Immerhin: Auf einer Segel-Jacht sei sie noch nie gewesen und habe auch gar nicht vor, eine zu kaufen, erklärte Bahlsen noch. Sie könne „den Ärger der Menschen auf die Wirtschaft verstehen. Deshalb möchte ich beweisen, dass Wirtschaft nicht für Ausbeutung steht, sondern etwas für die ganze Gesellschaft leisten muss“.

      Denn das ist es, wofür die junge Unternehmerin eigentlich stehen möchte. Nach ihrer Studienzeit in London stieg das zweitjüngste von vier Kindern von Werner Bahlsen nicht etwa im Management des Hannoveraner Familienkonzerns ein, sondern gründete 2017 eine Tochterfirma, die für das komplette Gegenteil dessen steht, was Bahlsen groß gemacht hat. Das „Herrmann’s“ in Berlin (in Anspielung an Firmen-Gründer Herrmann Bahlsen) ist ein gesundes Restaurant mit angeschlossenem Öko-Shop und Unternehmensberatung für Firmen, die nachhaltige Konzepte in der Lebensmittelbranche umsetzen wollen. Statt über ungesunde Süßwaren aus der Familien-Fabrik denkt die Erbin lieber über zukunftsfähige Ernährungs-Alternativen nach.

      In einem Interview mit der Zeitschrift „Capital“ sagte Verena Bahlsen kürzlich: „Mein Urgroßvater hat die Industrialisierung in der Lebensmittelindustrie maßgeblich geformt. Was er und seine Nachkommen erreicht haben, ist wertvoll. Der Leibniz-Keks bleibt großartig. Unsere Generation aber hat eine neue Aufgabe: Wir müssen uns ändern und sind als Industrie dafür nicht gewappnet.“

      Verena Bahlsen glaubt, dass Nachhaltigkeit nicht nur ein Thema für Berlin-Mitte ist, sondern der kommende Megatrend in der Lebensmittelindustrie. Und sie will als eine Art gute Kapitalistin dabei sein. „Ich glaube, jetzt ist die spannendste Zeit, um mit Weltverbessern Geld zu verdienen“, sagte sie im Capital-Interview. Der Blick in die Zukunft scheint ihr jedenfalls besser zu gelingen, als der in der Geschichte zurück.

  • Kampfzone Taxi-Gewerbe « Peter Nowak
    https://www.taz.de/Archiv-Suche/!5555456&s=Taxi-Gewerbe&SuchRahmen=Print
    http://peter-nowak-journalist.de/2018/12/26/kampfzone-taxi-gewerbe

    Die Berliner Taxi-AG antwortet mit einer Online-Kampagne auf Werbung des Konkurrenten Uber

    „Weiterziehn oder nach Hause?“ Große weiße Plakate mit dieser Frage finden sich seit einigen Tagen an Hauswänden in der Nähe des Neuköllner Hermannplatzes oder der Warschauer Brücke in Friedrichshain. An Orten also, an denen sich viele Menschen nach dem Clubbesuch nach Transportmöglichkeiten umsehen. Auch an größeren S- und U-Bahnhöfen kann man die Werbung des Mitfahrdienstes Uber finden. Auf den Plakaten bietet der US- amerikanische Konzern seine Dienste folgendermaßen an: „Uber vermittelt Beförderungsaufträge an professionelle und kompetente Mietwagenunternehmer.“ Die Berliner Taxi-AG, ein gewerkschaftlicher Zusammenschluss von TaxifahrerInnen, bringt das schon lange auf die Palme. Auf ihrer Website mobilisieren sie nun mit einer neuen Kampagne gegen den Konzern: „Wir stellen den frechen Behauptungen der Uber-Werbung geprüfte Fakten entgegen, knallig formuliert, mit Link zur Quelle und QR-Code“, erklärt Andreas Komrowski von der Taxi-AG der taz.
    Komrowski und seine MitstreiterInnen nutzen für ihre Online-Kampagne den von Uber- KritikerInnen in den USA initiierten Hashtag #deleteuber. Außerdem haben sie eine umfangreiche Linksammlung angelegt, die vor allem auf Medien-Recherchen verweist. Eine der „knallig“ formulierten „Schlagzeilen“ der Taxi- AG lautet zum Beispiel: „Uber verliert Deine Daten“. Wer darauf klickt, landet bei einer Recherche der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über ein großes Datenleck bei dem US-Konzern. Andere verlinkte Artikel beschäftigen sich unter anderem mit den prekären Arbeitsbedingungen bei dem Mitfahrdienst.

    #Berlin #Taxi #Uber #Werbung

  • Germany passes immigration law to lure non-EU skilled workers

    Business leaders have warned of damage to economy caused by labour shortages.

    The German government has passed an immigration law focused on attracting skilled workers from outside the EU in an attempt to remedy a chronic shortage.

    Business leaders have long lobbied the government to ease immigration legislation, arguing that parts of the economy are being stifled by a lack of workers and that the long-term effects could be irreversibly damaging.

    The #Fachkräftezuwanderungsgesetz – or skilled labour immigration law – will make it easier for employers to recruit from outside the European Union, amid clear evidence that there are not enough German and EU workers to fill demand.

    It will also mean that existing asylum seekers who have found work but face deportation because their claims have failed can stay in their jobs.

    The law has been rigorously debated, and changes were being made up to the last minute of Wednesday’s cabinet session, the final one of the year. Some cabinet members thought there would not be consensus on the law in Germany’s governing grand coalition.

    Parts of Angela Merkel’s conservative alliance and the rightwing populist Alternative für Deutschland party have repeatedly said they fear the law will encourage low-skilled migration. Unlike the UK debate on skilled worker migration, the issues of salary thresholds and quotas have barely been mentioned.

    The legislation will ensure it is easier for employers to bring workers in from outside the EU. About 1.2 million jobs remain empty in Germany, according to the Federal Labour Office, from lorry drivers to carpenters and care workers.

    Employers will no longer have to go through the time-consuming and bureaucratically burdensome process of having to prove there is no domestic worker who could fill a particular role. Nor will they be restricted by an official list of which jobs are in short supply.

    Anti-immigration sentiment is high in Germany, and has posed a threat to the survival of Merkel’s government. She has stressed that the asylum and refugee policy will be unaffected and kept strictly separate from the new law, in order to assuage fears refugees and unskilled migrants will view it as an invitation to come to Germany, triggering a repeat of the refugee influx of about 1 million people in 2015. Experts have said it may be difficult to make this distinction in practice because no salary thresholds or quotas have been set.

    The AfD has repeatedly argued the law will fuel rather than control immigration and will suppress German workers’ wages, which have already been restrained over the past decade.

    Alexander Gauland, the co-leader of the AfD, has called it “a fresh incentive for people from around the world to come to Germany”.

    The German Economic Institute (IW) has estimated that not being able to fill vacancies has cost the economy around €30bn.

    Mathias Middelberg, the interior affairs spokesman for the parliamentary group of Merkel’s Christian Democratic Union, said the acceptance of rejected asylum seekers into the workplace “sends the wrong signal”.

    Joachim Pfeiffer, an economics expert from the CDU, welcomed the law, saying: “It makes clear that in Germany we need more skilled workers … we have more than 2 million unemployed, more than a million of them with insufficient qualifications. We need qualified workers and this law makes it easier to have access to them.”

    But he also warned against incentivising what he called the “wrong type of workers”.

    “We want to be able to be able to choose who comes here – those who are good and who we need … but we don’t want to encourage everyone to come to Germany just to be able to take advantage of the welfare state,” he said.

    Gauland said that just as his party had long warned, “illegal immigrants will now be allowed to stay for ever as soon as they’ve stepped over the border … it is a fresh incentive for people from around the world to come illegally”.

    #Allemagne #travailleurs_étrangers #migrations #économie #travail #travailleurs_qualifiés #loi

    #Germany just passed an #immigration law to fill labor shortages (1.2 mill jobs are open) w/non-EU nationals. Some call it a much-needed to recruit qualified workers while others call it a ’fresh incentive for people to come illegally.’ What do you think?

    https://twitter.com/MigrMatters/status/1075703944859566080?s=19

    ping @_kg_

    • UK and German immigration: a tale of two very different laws

      While Britain seems to put politics above the economy, Germany’s new law welcomes foreign job-seekers.

      Two European countries announced radical overhauls of their immigration rules on Wednesday, but there the similarity ended.

      Britain, where concerns about long-term impacts of immigration helped drive the 2016 vote to leave the European Union, billed its stricter regime as “a route to strengthened border security and an end to free movement”.

      Germany, however, facing such a shortage of workers that is threatening economic growth, said it was easing immigration rules to attract more foreign job-seekers.

      In an interview on BBC Radio 4’s Today programme, the British home secretary, Sajid Javid, stressed that the Conservatives’ 2017 election manifesto had made clear the party’s “commitment to bring net migration down”.

      His counterpart in Germany, Horst Seehofer, said: “We need manpower from third countries to safeguard our prosperity and fill our job vacancies.” The economy minister, Peter Altmaier, hailed the new law – keenly awaited by business - as historic.

      Britain’s priority appears primarily to be establishing a system of tough controls capable of keeping certain people out. Business has accused the government of putting a political imperative for restriction before the needs of the economy.

      In contrast, by introducing looser visa procedures and reducing red tape Germany’s emphasis appears to be on making it easier for certain people to enter and to stay. Some in Angela Merkel’s conservative alliance and in the far-right Alternative für Deutschland (AfD) have said such a move ignores public concerns about immigration.

      The UK’s system does not put a cap on numbers but aims to reduce annual net migration to “sustainable levels”. It requires skilled workers to earn a minimum salary, to be decided next year. After Brexit there would be no more special treatment for EU citizens; a transitional temporary worker scheme would allow them, and workers of any skill level from other “low risk” countries, to enter Britain without a job offer for up to 12 months.

      Business leaders have warned that the system will leave the UK poorer, depriving industry of a migrant workforce on which it has depended. The proposed £30,000 salary threshold for skilled workers would leave hospitals, the contstruction and hospitality sectors, manufacturing, agriculture and logistics desperately short of labour, they said.

      Germany’s Fachkräftezuwanderungsgesetz, or skilled labour immigration law, will allow skilled workers such as cooks, metallurgy workers and IT technicians to enter the country for six months to try to find a job, provided they can support themselves financially.

      More controversially, the law will offer the prospect of permanent residency to asylum seekers who have a job and speak good German but currently face deportation if their asylum applications are turned down.

      Immigration has been a key political issue in Germany since Europe’s 2015 migration crisis, when the country absorbed more than 1 million mostly Muslim refugees and migrants, sparking a xenophobic backlash and surge of support for the anti-immigration AfD in federal and regional elections.

      Ministers stressed the new rules were a “pragmatic solution” to a pressing economic problem. The AfD said they would fuel immigration, providing “a fresh incentive for people from around the world to come”. In Germany, however, those politics have not, so far, prevailed.

      https://www.theguardian.com/world/2018/dec/19/immigration-rules-uk-germany-economy-job-seekers-opposing-camps?CMP=sha
      #comparaison #UK #Angleterre

    • Manca un milione di lavoratori: la Germania allarga le maglie dei visti

      Sono 1,2 milioni i posti di lavoro che le imprese tedesche non riescono a coprire per carenza di manodopera qualificata. Il flusso di migranti dagli altri Paesi della Ue non è riuscito a riempire i vuoti che sono stati colmati anche se solo in parte dai richiedenti asilo. Un terzo (il 28%) dei rifugiati in età da lavoro arrivati in Germania dalla fine del 2014 a giugno di quest’anno aveva un lavoro, con tassi di occupazione crescenti. Il Governo di Angela Merkel, prendendo atto dell’emergenza lavorativa, ha approvato una legge sull’immigrazione che agevola l’ingresso di lavoratori extra europei e dà una chance di restare ai rifugiati che abbiano un lavoro anche se la loro richiesta di asilo è stata respinta.

      Più immigrati nell’interesse nazionale
      Il nuovo provvedimento, varato dal Governo mercoledì e che dovrà ora essere approvato dal Parlamento, potrebbe creare nuove tensioni politiche sul delicato tema dell’immigrazione che ha spinto in alto i consensi per il partito xenofobo Alternative für Deutschland. Ma il ministro dell’Economia Peter Altmaier ha motivato la decisione di aprire le maglie dei visti con «l’interesse nazionale». Così, ha spiegato, «veniamo incontro alle chiare esigenze rappresentate dalle principali associazioni economiche del Paese e diamo una prospettiva chiara alle imprese sperando che mantengano i loro investimenti nel medio periodo e rafforziamo il sistema previdenziale e i contributi per le indennità di disoccupazione».

      Sei mesi per cercare un lavoro
      La proposta prevede di aprire le porte anche ai cittadini extra europei con bassa o media specializzazione, permettendo loro di entrare e rimanere in Germania al fine di cercare un lavoro per un periodo di sei mesi, a condizione che sappiano un po’ di tedesco e possano vivere a proprie spese. Una possibilità finora riservata solo a figure altamente specializzate come medici, ingegneri e informatici. Un secondo provvedimento del Governo di Grande Coalizione dà una chance ai circa 200mila rifugiati che hanno visto la propria richiesta di asilo respinta ma sono “persone tollerate” perché per varie ragioni non possono essere deportate. Essi potranno chiedere un permesso di lavoro della durata di 30 mesi se già hanno un’occupazione da almeno 18 mesi e se dimostrano di poter vivere senza sussidi dello Stato. Alla fine di questo periodo, se ancora avranno un lavoro e la loro conoscenza del tedesco sarà migliorata, potranno chiedere un permesso di residenza.

      Il 30% dei rifugiati si è integrato
      Secondo i calcoli dell’Istituto di ricerca sul lavoro Iab, del resto, i rifugiati giunti in massa tra il 2015 e 2016 si stanno integrando nel sistema produttivo con tassi di occupazione crescenti. Il 72% dei richiedenti asilo in età da lavoro (15-64 anni) censiti a fine luglio 2018 arriva da otto Paesi non europei: Afghanistan, Eritrea, Iraq, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia e Siria. Nei primi sei mesi del 2017 il tasso di occupazione di queste persone è aumentato di circa 9 punti percentuali e nei primi sei del 2018 di altri 12 punti, arrivando al 28 per cento.

      Negli ultimi anni il numero di immigrati giunti in Germania da questi otto Paesi è cresciuto in maniera significativa, sottolinea lo Iab. Alla fine del 2014 c’erano circa 360mila persone in età da lavoro, a metà del 2018 erano già oltre un milione (1,1). Un aumento dovuto, presumibilmente, all’afflusso dei rifugiati. Allo stesso tempo ha fatto un balzo significativo il numero di occupati: a fine 2014 avevano un lavoro dipendente circa 96mila di essi e a metà del 2018 erano già 311mila.

      I settori più colpiti dalla mancanza di personale
      La Germania ha urgente bisogno di integrare cittadini extra Ue - rifugiati ma anche migranti economici - per sopperire all’annosa carenza di personale determinata dal calo demografico in un’economia in crescita costante. Il problema è molto sentito nei Länder meridionali: Baviera, Baden-Württemberg e Renania ma tocca anche le Regioni industriali del Nord e per alcuni settori è generalizzato. Meccanica, trasporti e servizi, in specie sanitari e per gli anziani, sono i settori più colpiti. Secondo i dati più aggiornati dell’Agenzia federale del lavoro, il tempo medio per coprire le vacanze di personale risulta in costante aumento: da maggio 2017 ad aprile 2018 (media mobile annuale) è cresciuto per tutte le professioni da 100 a 107 giorni rispetto ai 90 giorni del 2017 sul 2016. Con situazioni molto diverse a seconda dei comparti. Così, nel settore automobilistico l’attesa è salita da 126 a 142 giorni; nello sviluppo software e programmazione da 139 a 159; nel settore energetico da 148 a 167; nell’idraulica, sanitari, impianti di condizionamento e riscaldamento da 156 a 183; nel settore edile da 110 a 141; per i medici da 128 a 130, per i fisioterapisti da 144 a 157, per gli infermieri da 143 a 154. In aumento anche il tempo per trovare sul mercato lavoratori nel campo dell’assistenza agli anziani: dai 167 giorni del 2017 ai 175 del 2018.


      https://www.ilsole24ore.com/art/mondo/2018-12-20/manca-milione-lavoratori-la-germania-allarga-maglie-visti--120041.shtml
      #cartographie #visualisation

    • Germany’s new immigration laws open door for skilled labor

      Non-EU skilled citizens will have it easier now to move and get a job in Germany. In a bid to attract more skilled workers, the coalition government has come up with an agreement on the immigration issue. The deal, among others, makes it easier for non-EU skilled workers search for a job and work in Germany, in particular if they work in any of the occupations where there is a job shortage.

      The German Deutsche Welle newspaper reports that Angela Merkel’s government worked until late Monday night, to reach a deal on the immigration issue. The talks between the grand coalition were focused in two key points:

      How to fill the skilled labor gap in Germany through targeted immigration from non-EU countries
      The prospects of remaining in Germany for asylum seekers that were rejected, but have in the meantime found work and integrated into society?

      According to the new immigration law, skilled labor from abroad with the adequate training and education will face fewer restrictions when they attempt to get a job in Germany.

      Any non-EU citizen will now be permitted to work in Germany if they have the qualified vocational training or degree course and an employment contract.

      Meaning, German companies in every sector are now able to recruit foreign skilled workers, unlike previously when they were allowed to recruit only workers in specific sectors.

      In addition, job seekers will have in disposition a period of six months to find a job in Germany. Still, having the vocational training remains a requirement.

      The law will also offer the opportunity to get a better residency permit, to rejected asylum seekers who remain in the country, by securing a permanent job.

      Reactions to Germany’s new deal on migration

      The German Interior Minister Horst Seehofer said during a press conference in Berlin that coalition partners have agreed on a legislation that would set clear rules.

      “On one hand, it would satisfy the needs of the German businesses for employing skilled workers from third countries. On the other hand, it would also enable a controlled, orderly immigration,” he said, expressing his belief that the legislation would significantly reduce illegal migration.

      The chief executive of the Confederation of German Employers’ Associations, Steffen Kampeter, also assessed the agreement as important for maintaining Germany’s economic competitiveness.

      “To do so, we are dependent on qualified workers from abroad,” he said.

      However, there were voices from the opposition in the German parliament saying that the agreement just created “more bureaucracy and opaque regulations” for migrants, instead of easing and simplification, among which the Green party migration expert Filiz Polat.

      https://www.germany-visa.org/germanys-new-immigration-laws-open-door-for-skilled-labor

    • Ihr Fachkräfte, kommet

      Das 149 Seiten dicke Papier zum Einwanderungsgesetz sei zu bürokratisch, kritisiert die Opposition. Doch auch in der Union gibt es Bedenken.

      Matiullah Hussainzai runzelt kurz die Stirn, als er nach den richtigen Worten sucht. „Ich hoffe, in Deutschland bleiben zu können. Deswegen versuche ich, alles richtig zu machen“, sagt der 27-jährige Afghane. Er habe Deutschkurse besucht, Maßnahmen absolviert. Jetzt bereite er sich mit einem Praktikum auf eine Ausbildung im „Kreuzberger Himmel“ vor. Er steht hinter dem Tresen des Berliner Restaurants, das sich auf die Ausbildung und Beschäftigung von Geflüchteten spezialisiert hat, hinter ihm stapeln sich Gläser mit eingelegten Zitronen.

      Hussainzai ist einer der Männer, um die sich der politische Streit in den vergangenen Tagen gedreht hat: Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, die aber dennoch weiter in Deutschland sind. Seit drei Jahren sei er nun in Deutschland, erzählt Hussainzai. In seiner Heimat arbeitete er als Maler und Lackierer – eine Ausbildung dafür gibt es in Afghanistan nicht.

      In seinem Dorf in der Nähe von Dschalalabad habe man aus Angst vor den Taliban eine Sicherheitsgruppe bilden wollen, erzählt Hussainzai, auch er war dabei. Doch dann schnappten die Taliban einen von ihnen, und der trug eine Liste mit allen Namen bei sich. „Einen Monat lang habe ich mich in Kabul versteckt“, sagt Hussainzai. Dann habe er sich mit Hilfe von Schleppern über die Balkanroute nach Deutschland durchgeschlagen.

      Gegen die Ablehnung seines Asylantrags wehrt sich Hussainzai nun mit einem Anwalt. Die Ausbildung im Kreuzberger Himmel würde für ihn in dieser Situation mehr als nur einen Job bedeuten: Er bekäme eine Ausbildungsduldung und damit die Sicherheit, während dieser dreijährigen Duldung und für den Fall einer Anschlussbeschäftigung auch in den folgenden zwei Jahren nicht abgeschoben zu werden.
      Ein „Riesenschritt, ein „historischer Tag“

      Anders als zunächst geplant sollen Fälle wie der von Hussainzai künftig nicht unter das Fachkräfteeinwanderungsgesetz fallen. Die Ausbildungsduldung wird genau wie eine neu geschaffene Beschäftigungsduldung in ein eigenes Gesetz ausgelagert – das erklärten am Mittwochvormittag Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Beide Gesetzentwürfe hatte das Kabinett am Morgen beschlossen.

      Die Diskussion über ein deutsches Einwanderungsgesetz zieht sich seit Jahren wie Kaugummi. Von einem „Riesenschritt“ sprach Heil nun sichtlich zufrieden. Ihm sei kein anderes Land weltweit bekannt, das ein „so modernes und unbürokratisches“ Einwanderungsgesetz habe, triumphierte Seehofer. Und Altmaier sprach gar von einem „historischen Tag“: „Wir lassen hiermit 30 Jahre ideologischer Debatte hinter uns.“

      Das neue Gesetz soll mit seinen 149 Seiten nun Fachkräften aus Nicht-EU-Ländern erlauben, zur Erwerbsarbeit nach Deutschland einzureisen. Entsprechende Regelungen gibt es bereits für Akademiker*innen und Engpassberufe. „Dem soll die berufliche Qualifikation nun gleichgestellt werden“, sagte Seehofer. Für Niedrigqualifizierte sieht das Gesetz keine Erleichterungen vor.
      Teilqualifikationen können nachgeholt werden

      Die Minister betonten: „Wir wollen Einwanderung in den Arbeitsmarkt, nicht in die Sozialsysteme.“ Konkret soll ein Visum bekommen, wer über eine mit deutschen Standards vergleichbare Berufsausbildung verfügt, die deutsche Sprache beherrscht und ein Jobangebot vorweisen kann.

      In bestimmten Fällen sollen Teilqualifikationen auch in Deutschland nachgeholt werden können. Die Vorrangprüfung, nach der zunächst geprüft werden muss, ob für einen Job Deutsche oder EU-Bürger*innen zur Verfügung stehen, soll entfallen. Fachkräfte, die ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten, dürfen zudem für sechs Monate zur Jobsuche einreisen. Unter noch strengeren Bedingungen ist dies auch zur Ausbildungsplatzsuche möglich.

      Das zweite Gesetz soll eine bundeseinheitliche Umsetzung der Ausbildungsduldung garantieren. Bisher wurde diese in verschiedenen Bundesländern sehr unterschiedlich ausgelegt, Bayern etwa gilt als besonders restriktiv. Künftig sollen diese Regelungen auch für Assistenz- oder Helferausbildungen gelten, wenn sich eine Berufsausbildung anschließt.
      Anreiz, illegal nach Deutschland zu kommen

      Für ausreisepflichtige Menschen, die seit mindestens 18 Monaten einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung von mindestens 35 Stunden die Woche nachgehen, deutsch sprechen, ihren Lebensunterhalt finanzieren, deren Identität geklärt ist und die nicht straffällig geworden sind, soll es zudem die Möglichkeit einer „Beschäftigungsduldung“ von 30 Monaten geben, an die sich eine Aufenthaltserlaubnis anschließen kann. Die Voraussetzungen seien bewusst sehr streng gewählt, sagte Seehofer.

      Dieser Punkt war in der Debatte über den Referentenentwurf der wohl umstrittenste – wohlgemerkt nicht zwischen Union und SPD, die sich eigentlich eine noch liberalere Lösung gewünscht hatte. Es waren Stimmen innerhalb der Union, die eine Beschäftigungsduldung selbst unter solch strengen Voraussetzungen keinesfalls wollten.

      Bis Dienstagnachmittag war unklar, ob der Entwurf am Mittwoch überhaupt ins Kabinett könne. Als „aus fachpolitischer Sicht nicht zustimmungsfähig“ hatten CDU-Innen- und Wirtschaftspolitiker die Regelungen zu Duldung und Ausbildungsplatzsuche zuvor in einem Schreiben genannt.

      Die Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Andrea Lindholz (CSU), hatte im Merkur kritisiert, das Gesetz biete „Migrationswilligen“ weltweit einen Anreiz, nach Deutschland zu kommen – auch illegal. Wohl auch als Reaktion darauf sind die Beschäftigungsduldung sowie die Einreise zur Arbeits- oder Ausbildungsplatzsuche zunächst zeitlich befristet.
      Seehofer: Diskussionen als „Nervenprobe“

      In einem Schreiben an Seehofer und Altmaier betonten hingegen die Chefs der verschiedenen Arbeitgeberverbände vergangene Woche, wie wichtig die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten sei.

      Die bisherigen Diskussionen seien zeitweise eine „Nervenprobe“ gewesen, sagte Seehofer am Mittwoch. Nun erwarte er „intensive Beratungen“ im parlamentarischen Verfahren. In diesem müsse nun auch die SPD stärker Position beziehen, fordert Aziz Bozkurt, Bundesvorsitzender der AG Migration in der SPD: „Was dieses Gesetz ausdrückt, ist nicht das Willkommen, das es sein müsste.“ Es sei noch immer zu bürokratisch, um Deutschland für Fachkräfte attraktiv zu machen. Geduldeten helfe es nur punktuell. „Sobald es um Migration geht, setzen bei der Union leider Vernunft und Verstand aus.“

      Die Forderungen der Verbände, der Wirtschaft und der Unternehmen blieben ungehört, kritisierte auch Filiz Polat von den Grünen. „Der schwarz-roten Koalition fehlen Mut und Innovationskraft für einen großen Wurf in der Migrationspolitik.“ Gökay Akbulut von der Linksfraktion konstatierte, wenn es um Geflüchtete gehe, herrsche „unverändert ein ideologisch dominiertes Abwehrdenken“. Die Liberale Linda Teuteberg bemängelte, angesichts der voraussichtlich 3,9 Millionen benötigten Arbeitnehmer in den kommenden Jahren sei das Gesetz „wirklich ein Tropfen auf den heißen Stein“.

      https://www.taz.de/Archiv-Suche/!5557901&s=Fachkr%C3%A4fte

    • Reçu via email:

      Das Bundeskabinett hat sich heute auf einen Entwurf für ein
      Fachkräfte-Einwanderungsgesetz geeinigt. Gleichzeitig wird ein „Beschäftigungsduldungsgesetz“ vorgeschlagen (siehe Anlagen, die hoffentlich die aktuellsten sind!). Die Einigung wurde erst gestern nach zähem Ringen erzielt. Trotz Einigung gab es bereits kurz nach Beschluss deutliche Kritik aus den Reihen der CDU, - so ganz überzeugend klingt das also nicht mit der Einigung.

      An den bisher in einem Vorschlag zusammengefassten Regelungen hat sich wenig geändert. Das Beschäftigungsduldungsgesetz ist im Kern und in
      Ausrichtung (Verschärfung der Erteilungsvorausetzungen für die jeweiligen Duldungen) so schlecht geblieben wie vorher.

      Wesentliche Änderungen nach einem ersten Überblick:

      Verschlechterung (auch das ist trotz bereits scharfer Vorlage mit Beifall der SPD möglich!)

      a) Bereits die Einleitung eines Dublin-Verfahrens, nicht erst die
      Einleitung des Überstellungsverfahrens, ist eine konkrete Maßnahme zur
      Aufenthaltsbeendigung. Damit ist für alle Dublin-Verfahren die Erteilung einer Ausbildungsduldung verunmöglicht.
      b) Auch für alle „Altfälle“ (Einreise vor dem 31.12.2016) ist der
      Vorbesitz einer Duldung VOR Erteilung einer Ausbildungsduldung Voraussetzung.
      c) Um eine Beschäftigungsduldung erteilen zu können, muss der Lebensunterhalt durch Beschäftigung gesichert sein. Der Bezug
      öffentlicher Leistung ist also in jedem Fall schädlich.
      d) Anstelle von Tagessätzen für Straftaten, die die Erteilung einer Beschäftigungsduldung ausschließen, wurde allgemein darauf abgestellt,
      dass ALLE VORSÄTZLICHEN Straftaten die Erteilung verhindern. Ausnahmen gelt en für Straftaten nach dem AufenthG und AsylG.

      Ver(schlimm)besserungen (allesamt keine besseren Regelungen als im zurzeit geltenden Recht!)

      a) das Verbot der schulischen Ausbildung entfällt
      b) kein Arbeitsverbot für Menschen aus sicheren HKL, wenn sie ihren Asylantrag zurückgenommen oder gar keinen gestellt haben, wenn das dem Kindeswohl dient (UmA) oder die Rücknahme oder das Nichtstellen nach
      einer Beratung durch das BAMF erfolgt ist (hier werden sicherlich auch noch die Rückkehrberatungsstellen beteiligt werden wollen).
      c) Versagung der Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung und „nur“ noch bei „offensichtlichem Mißbrauch“ (das dürfte trotzdem zu vergnüglichen Ausflügen der Ausländerbehörden in diverse Verschwörungstheorien führen,
      auch wenn am Ende die Fakten zählen werden)
      d) Versagt wird die Beschäftigungsduldung dann, wenn konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstehen, die in einem hinreichenden sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zur Aufenthaltsbeendigung stehen
      (eine nuancierte Verbesserung, aber offen für jedwede Auslegung, die
      wohl dann wieder nach einer bundeseinheitlichen Regelung schreit, - um dann so oder schlimmer zu werden als im bisherigen Entwurf)
      e) Immerhin: eine Beschäftigungs oder Ausbildungsduldung kann erteilt werden, wenn der Ausländer die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen hat (aber auch hier werden die Auslegungsspielräume größer sein als alle Fußballfelder der
      Bundesliga zusammen)
      f) Einige Absenkungen der Erteilungsvoraussetzungen lassen die Herzen nicht höher schlagen, aber sollen erwähnt werden: Erteilungsdauer für 30 Monate (bisher: 24), auch neue Lebenspartner können einbezogen werden,
      Alleinerziehende benötigen nur eine 12 monatige Vorbeschäftigung (bisher 18), Sprachniveau A2 reicht aus, ein unverschuldeter abbruch eines I-Kurses hat keine Nachteile.

      Die BundestagsfraktionBD90/Die Grünen hat heute einen eigenen Entwurf für ein Einwanderungsgesetzvorgelegt. Dieser kann abgerufen werden unter (BT-Drucksache 19/6542):

      http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/065/1906542.pdf

      Die diesbezüglichePressemitteilung finden Sie hier:

      https://www.gruene-bundestag.de/presse/pressemitteilungen/2018/dezember/deutschland-braucht-ein-modernes-einwanderungsgesetz.html

      Peter Tauber, ehemaliger Generalsekretär der CDU und jetzt
      Verteidigungsstaatssekretär, zog heute in der Rh einischen Post ein positives Fazit: „Einwanderer müssen zu unseren Landsleuten werden. Wir brauchen einen offenen Geist. Und wir müssen Menschen, die bei uns den Fachkräftebedarf decken, deutlich machen: Wir wollen nicht nur, dass Du bei uns arbeitest, wir wollen auch, dass du bei uns und mit uns lebst,
      dass du Teil unserer Gesellschaft wirst.“ Das bedeute: „Sie haben dieselben Pflichten, aber auch dieselben Rechte.“

      Diese integrationspolitisch sinnvolle und zugleich humane Ausrichtung einer Arbeitsmarkt orientierten Migrationspolitik muss jedoch für alle Menschen, auch für die hier bereits lebenden Asylsuchenden und Geduldeten gelten. Davon ist der Gesetzesentwurf weit, weit entfernt.

  • "Die DDR konnte ihr Ideal des antifaschistischen Bollwerks nur form...
    https://diasp.eu/p/7869176

    „Die DDR konnte ihr Ideal des antifaschistischen Bollwerks nur formell aufrechterhalten. Rechte Gewalt wurde von den Offiziellen einfach verschwiegen.“ Meiner Ansicht nach ein wesentlicher Grund für die aktuelle Lage in den Ost-Ländern: Die Form des exekutiv aufgepfropften und verwalteten „Antifaschismus“. https://www.taz.de/Rechtsextremismus-in-der-DDR/!5539134

  • Der Suizid in der schwarzen Limousine
    Douglas Schifter erschoss sich aus Protest: New Yorker Taxifahrer können vom Verdienst nicht leben
    https://www.taz.de/!5483250

    Aus New York Dorothea Hahn, 7.2.2018

    Zwei Stunden bevor Douglas Schifter am Montagmorgen seine schwarze Limousine vor das Osttor des Rathaus von New York steuerte, dort parkte und sich erschoss, veröffentlichte er einen letzten Text auf seiner Facebook-Seite. Darin macht er drei Politiker – Republikaner und Demokraten – sowie den Uber-App-Unternehmer – „ein bekannter Lügner, Betrüger und Dieb“ – für den Niedergang des Taxigeschäfts in seiner Stadt verantwortlich. Statt 40 Stunden die Woche, wie in den Anfangszeiten seiner Karriere, musste der 62-Jährige zuletzt „zwischen 100 und 120 Stunden“ arbeiten. Er verlor dennoch seine Wohnung und seine Krankenversicherung und verschuldete sich. „Ich bin kein Sklave“, schrieb Schifter. Er hofft, dass sein „öffentliches Opfer ein Schlaglicht auf die Not der Fahrer“ wirft.

    Schifter war stolz auf seine Erfahrung mit „fünf Millionen Meilen auf der Straße“, mit „fünf Hurrikanen und über 50 Mal Tiefschnee und Schneestürme“ und mit „mehr als 100 internationalen Prominenten im Wagen“. Er war seit 44 Jahren im Geschäft. Seit die Politiker der Stadt und des Bundesstaats dem Drängen von „App-Unternehmen“ wie Uber und Lyft nachgegeben und die Branche dereguliert haben, ist die Zahl der FahrerInnen binnen weniger Jahre von rund 50.000 auf jetzt fast 130.000 explodiert. „Es gibt nicht mehr genug Arbeit für uns alle“, schrieb Schifter in seinem Facebook-Abschied.

    Bei New Yorker TaxifahrerInnen machte das dramatische Ende des livrierten Fahrers in Windeseile die Runde. Am Tag danach hielten KollegInnen eine Mahnwache vor dem New Yorker Rathaus ab und verlangten politische Konsequenzen. Eine Fuhrunternehmerin schlug vor, seine Beisetzung am Mittwoch gemeinsam zu finanzieren. Und Bhairavi Desai von der New Yorker Taxi Workers Alliance (NYTWA) sagte: „Er hat die Realität beschrieben.“ Die langjährige Sprecherin der NYTWA hat nie zuvor so viele TaxifahrerInnen in schierer Panik gesehen.

    Vorerst Hauptbetroffene der Verelendung sind die Fahrer der traditionellen gelben Taxis und schwarzen Limousinen. Denn für sie gelten Sicherheitsauflagen, Ausbildungs- und Ausstattungsregeln und Strafen, von denen die börsennotierten App-Unternehmen Ausnahmen ausgehandelt haben. „Uber und das andere App-Unternehmen Lyft geben mehr Geld für das Lobbying von Politikern aus als Großkonzerne wie Walmart und Amazon“, beschreibt Desai, „wann immer sie in eine neue Stadt kommen, stellen sie als Erstes ehemalige Spitzenleute von den Aufsichtsgremien der Taxi-Branche ein.“

    Zuletzt arbeitete er 100 bis 120 Stunden pro Woche. Das Geld reichte trotzdem nicht

    Laut NYTWA sind die Jahreseinkommen von hauptberuflichen FahrerInnen der New Yorker Yellow Cabs von 88.000 Dollar im Jahr 2013 auf nur noch 69.000 Dollar im Jahr 2016 geschrumpft. Doch auch die FahrerInnen der neuen App-Unternehmen leiden. Während Uber – dessen Boss ursprünglich zum Beraterteam von Donald Trump gehörte – Höhenflüge an der Börse macht, verdienen die FahrerInnen nicht genug zum Leben. Viele geben nach wenigen Monaten am Steuer auf.

    In New York war Schifters Tod der dritte Selbstmord eines Taxifahrers binnen weniger als drei Monaten. Im Dezember sprang ein Kollege von ihm vom Dach seines Wohnhauses in Harlem, weil er nicht mehr wusste, wie er seine Schulden zahlen sollte. Während nur wenige US-Medien die Krise der Branche würdigen, fühlen sich KollegInnen von Schifter an den Gemüseverkäufer in Tunesien erinnert, der 2010 mit seiner Selbstverbrennung in Sidi Bouzid den Arabischen Frühling mit ausgelöst hat.

    #USA #New_York #Taxi

  • Wie die angebliche Schlepperei-Bekämpfung instrumentalisiert wird, ...
    http://02mydafsoup-01.soup.io/post/631824441/Wie-die-angebliche-Schlepperei-Bek-mpfung-instrumentalisiert

    Wie die angebliche Schlepperei-Bekämpfung instrumentalisiert wird, um eine andere Migrationspolitik durchzusetzen: https://www.taz.de/Debatte-Manipulation-und-Migration/!5442792 … #taz #tazgezwitscher #tageszeitung[Reposted from 02mysoup-aa]

    #regular #snth01

  • Roma. Le notti in strada dei profughi (in regola) sgomberati. «Dove andremo?» (VIDEO)

    L’operazione di sgombero compiuta senza predisporre ricoveri alternativi. Molti bambini e diversi anziani invalidi. Sono tutte persone accolte in Italia come rifugiati e con i documenti


    https://www.avvenire.it/attualita/pagine/roma-le-notti-in-strada-dei-profughi-le-ong-a-comune-e-governo-serve-soluzi
    #logement #hébergement #asile #migrations #réfugiés #SDF #sans-abri #Rome #vidéo #clochardisation #expulsion

    Lien vers la vidéo:
    https://www.youtube.com/watch?v=3_uudBfC8Zo