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  • Jacky and his Strangers - Jacky Spelter
    http://www.konzert-kalender.com/jacky-and-his-strangers.html

    Jacky and his Strangers, eine „Kultband“ im alten Berlin
    1973 - ich war neu in Berlin. Vom „Lande“ gekommen - genauer von der Insel Sylt, bekam ich natürlich ganz schnell mit, dass das Stadtleben so manche Verlockung bot. Dazu zählte das Nachtleben; nein, nicht das Besuchen von teuren Tanztempeln, sondern das Besuchen von Musikkneipen, die der schmalen Studenten-Geldbörse schon eher angemessen waren.
    „Wo kann man denn abends mal so hingehen?“ fragte ich etwas blauäugig in die Runde. „Heute Abend - da gehst Du am besten in die Tarantel“, antwortete eine Frau, „da spielt ne echt tolle Band.“
    "Wo ist denn das?" „In Kreuzberg, fast an der Mauer, U-Bahn Schlesisches Tor und dann in der Köpeniker Straße.“
    Gegen halb neun erreichte ich das Ziel. Es war wirklich - damals - fast das Ende der (westlichen) Welt.
    Die „Tarantel“ war schnell gefunden, eine der vielen kleinen Kneipen Berlins, die mehrmals die Woche auch Live-Musik brachten. Es war noch nicht viel los. Einige - in meinen Augen - schon recht alte Herren bauten die Instrumente und die Anlage auf. An einem der Tische saß ein älterer in schwarz gekleideter Mann und spielte mit einem anderen Gast Schach. Alles machte einen ruhigen Eindruck. Und hier sollte heute noch eine tolle Band spielen? Langsam wurde ich skeptisch. Wann würden die Musiker kommen? Und wer waren die Leute, die alles aufbauten?
    Die Zeit verging. Gegen Zehn passierte dann alles auf einmal. Das Schachspiel war zuende. Diejeningen, die die Instrumente aufgebaut hatten, tranken noch ein Bier, rauchten noch eine Zigarette und gingen dann mit dem Schachspieler auf die Bühne.
    Ein kurzer Blick ins Publikum, wie es wohl nur Jacky kann, und dann rockten sie los: "Hello Josephine".
    ... und immer so weiter. Meine anfängliche skeptische Haltung wandelte sich in pure Begeisterung!
    Das war das erste Konzert, das ich erlebte. Und immer, wenn ich las oder hörte, dass „Jacky and the Strangers“ spielten, dann ging ich hin. Da baute sich natürlich auch eine persönliche Beziehung auf. Ich erlebte die legendären Nächte in der Alten TU-Mensa und sah sie spielen auf dem Atze-Fest. So erlebte ich sie 20 Jahre.

    ... und dabei auch einige Merkwürdigkeiten.
    So geschah es, dass Jacky and his Strangers an einem Buß- und Bettag auftraten. Die damaligen Gesetze und Vorschriften schrieben aber vor, dass „Unterhaltungsmusik mit Gesang“ an diesem Tag nicht erlaubt war.
    So spielten Jacky und seine Strangers etwas getragener - und ohne Gesang.

    In den vielen Jahren der Bandgeschichte gab es auch einige Wechsel.
    Ich habe erlebt, wie Jacky mit großer Geduld versuchte, mit einem noch sehr jungen Gitarristen das Bandprogramm einzuüben. Den habe ich aber dann nicht wieder bei ihm gesehen.
    Nach meinem Wegzug aus Berlin hatte ich natürlich keine Gelegenheit mehr, diese ursprüngliche Band zu hören. Da war ich sehr froh, dass eines Tages auf ARTE ein Bericht über Jacky erschien. Gefreut habe ich mich auch, als er in einem Filmbeitrag über den AFN auftauchte.

    ... und immer wenn ich mal wieder in Berlin war, wurden natürlich die Programmblätter Tip und Zitty studiert, um herauszufinden, ob Jacky noch spielte. So auch 1999. Wir pilgerten nach Tegel und erlebten die Band auf den Festwiesen. Jacky war (fast) ganz der Alte, plauderte nach dem Konzert noch etwas mit uns und gab ein Bier aus.
    Das war leider das letzte Mal, dass ich ihn sah.

    Er schenkte mir eine Autogrammkarte - und jeder, der ihn kannte, weiß, dass das „herzlichst - Jacky“ auch wirklich so gemeint war.

    Die Band:Jacky Spelter (†): Gesang und Gitarre
    Pit: Melodiegitarre
    Franz: Saxofon&Akkordeon
    Peter: Bass;
    Harry: Schlagzeug †


    Jacky and his Strangers, die dienstälteste RocknRoll Band mit ihrem Bandleader Jacky, der inzwischen 75 Jahre alt ist. Die Band begeistert seit Jahrzehnten und spielte wohl in allen Häusern, die in Berlin Lifeauftritte ermöglichen. Schon legendär sind die Auftritte in der alten TU-Mensa. Die Band hat auch heute noch eine feste Fangemeinde, die immer wieder aufschlägt, wenn es heißt: „Jackie and his Strangers spielen“, wie am 15. August 1999 in Tegel anlässlich des „Sommer Boulevard“


    Jackie voll in Aktion!
    Wenn die Band sich warmgespielt hat, das Publikum anfängt, voll mitzugehen, dann ist Jacky-Zeit! Der Meister und seine Gitarre laufen zur Höchstform auf.
    Zum Kongress der Mathematiker im Jahre 1998 war ein großer Auftritt. Die Life-CD zeigt einen authentischen Mitschnitt - leider etwas lieblos zusammengestellt und nicht so toll bearbeitet.


    Kürzlich war Jacky auch mal wieder im Fernsehen:
    Arte zeigte ein einstündiges Fernsehportrait, und hier eines
    vom WDR auf YouTube:

    https://www.youtube.com/watch?v=xobxJtWHups

    Auch in dem Film „Das Leben ist eine Baustelle“
    (1992) Regie: Wolfgang Becker
    wirkte Jacky mit.


    Das gibt es heute nicht mehr!
    Gitarre und Verstärker stammen noch aus der „Gründerzeit“ des RocknRoll, der Fender- Verstärker war der erste, der nach Europa kam!

    Am 12.Mai 2004, 13 Uhr, verstarb Deutschlands ältester Rock’n’Roller
    Jacky Spelter in der Berliner Charite nach fünfmonatigem Leiden.
    Am 1. August wäre er 77 Jahre alt geworden.
    Weitere Infos auf der Seite von Joachim Hartmut

    Zur „Trantel“, in der einige Konzerte von „Jacky and hist Strangers“ stattfanden - insbesondere über den Betreiber - gibt es einen interessanten Spiegel-Online-Artikel: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-22328672.html

    Auch die ZEIT befasst sich mit dem Titel „Tod im Grunewald“ mit den Vorgängen (die allerdings nichts mit den Konzerten in der Tarantel und Jacky zu tun haben):
    http://www.zeit.de/2012/18/Verfassungsschutz-NSU-Schmuecker

    Auch die ZEIT befasst sich mit dem Titel „Tod im Grunewald“ mit den Vorgängen (die allerdings nichts mit den Konzerten in der Tarantel und Jacky zu tun haben):
    http://www.zeit.de/2012/18/Verfassungsschutz-NSU-Schmuecker

    Anne-Mette Gerdsen
    Bahnhofstraße 1
    24977 Ringsberg

    #Berlin #Musik #Rock_n_Roll #Neukölln #Kreuzberg

  • Rezension zu: Helmut Schmidt
    https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-24837

    Claudia Hiepel, Historisches Institut, Universität Duisburg-Essen - Die geradezu kultische Verehrung, die Helmut Schmidt in seinen letzten Lebensjahren in der Öffentlichkeit erfuhr, kontrastiert merkwürdig mit dem doch eher kritischen Bild während seiner Kanzlerschaft in den Jahren 1974–1982. Zwei biographische Arbeiten über den 2015 verstorbenen Bundeskanzler a.D. Helmut Schmidt gehen diesem scheinbaren Widerspruch nun aus unterschiedlichen Perspektiven auf den Grund.

    Kristina Spohr, Associate Professor für Internationale Geschichte an der London School of Economics, behandelt die acht Jahre seiner Kanzlerschaft und konzentriert sich dabei inhaltlich auf die globale Wirtschafts- und Sicherheitspolitik. Anhand umfangreicher Quellenrecherchen im Privatarchiv Helmut Schmidts wie in weiteren Archiven in Deutschland, Großbritannien und den USA liefert sie eine Analyse dieser beiden Pfeiler der Außenpolitik Schmidts. Sie setzt ihm postum ein Denkmal als „Weltkanzler“, der eine einflussreiche weltpolitische Rolle gespielt und Entwicklungen angestoßen habe, die in ihren Nachwirkungen bis in die Gegenwart hineinragen. Im Gegensatz zur positiven öffentlichen Wahrnehmung Schmidts werde seine Rolle jedoch von der wissenschaftlichen Forschung nicht hinreichend gewürdigt. Schon die zeitgenössische Rezeption seiner Kanzlerschaft fiel nicht uneingeschränkt positiv aus. Für den „SPIEGEL“ war Helmut Schmidt im Herbst 1982, kurz vor dem Misstrauensvotum im Bundestag, ein guter Kanzler mit schlechter Bilanz – sein ständiger Rivale Willy Brandt hingegen ein schlechter Kanzler mit guter Bilanz.[1] Die Wissenschaft verwehrte Schmidt laut Spohr zu Unrecht den Platz in der „hall of fame“ (S. 11) der ganz großen Kanzler der Bundesrepublik. Den meisten galt er als ,bloßer‘ Macher und Krisenmanager, aber nicht als eigenständiger Denker und Stratege. Selbst sein politischer Freund Henry Kissinger schrieb ihm lediglich die Rolle eines „Übergangskanzlers“ (S. 299) in einem schwierigen Krisenjahrzehnt zu, der aber nichts Bleibendes, nichts historisch Herausragendes hinterlassen habe.

    Aus Sicht Spohrs sind dies krasse Fehlurteile über einen Politiker, dessen Fähigkeiten und Qualitäten ihn weit über das Normalmaß hinaushoben. Schmidt war für die Autorin vielmehr einer derjenigen Kanzler, mit denen die kleine Bundesrepublik gleichsam in eine internationale Liga aufstieg, in der sie als nicht-nuklearer und halb-souveräner Staat eigentlich nicht als gleichberechtigter Mitspieler oder gar Spielführer vorgesehen war. Schmidts Expertise, seine außergewöhnliche Fähigkeit zu konzeptionellem Denken und die daraus resultierende politische Praxis weisen für Spohr „Merkmale echter Staatskunst“ auf (S. 16). Er habe als „Verteidigungsintellektueller“ und „Weltökonom“ brilliert; er sei der Zeit und den Zeitgenossen weit vorausgewesen, indem er die neuen Anforderungen erkannt habe, die die zunehmende Interdependenz der Staatenwelt in den 1970er-Jahren an die Nationalstaaten und ihre Akteure herantrug.

    Als Schmidt nach dem Rücktritt Brandts das Amt des Bundeskanzlers übernahm, war das drängendste Problem die globale Wirtschafts- und Währungskrise, verbunden mit dem Ende des Währungssystems von Bretton Woods 1973, dem Floating der Währungen, der Ölkrise 1973/74, Inflation und Arbeitslosigkeit. Die Krise der 1930er-Jahre vor Augen, sah Schmidt Demokratie und Weltfrieden gleichermaßen bedroht. Eine isolierte nationale Lösung hielt er angesichts der zunehmenden wechselseitigen Abhängigkeiten und Verflechtungen nicht für möglich. Weltwirtschaft wurde zur Kernaufgabe der Staats- und Regierungschefs der führenden Industrienationen, die erstmals 1975 in Rambouillet zu alljährlichen Gipfeltreffen zusammenkamen. Schmidt war maßgeblich an der Implementierung dieser Gipfel beteiligt, ein als Krisenmechanismus entstandenes multilaterales Forum, das bis heute Bestand hat und aus der internationalen Politik nicht wegzudenken ist. Das Europäische Währungssystem (EWS), das Schmidt mit dem französischen Staatspräsidenten Giscard d’Estaing initiierte und das die Wechselkursstabilität innerhalb der Europäischen Gemeinschaft sichern sollte, ist als Antwort auf die Krise der 1970er-Jahre zu sehen und zugleich als Vorgeschichte des Euro. Beides, G7-Gipfel und EWS, lassen sich mit einiger Berechtigung auf der Habenseite der Kanzlerschaft Schmidts verbuchen.

    Aber auch bei den großen sicherheitspolitischen Themen der Zeit ist die Sache für Spohr klar: Die von Schmidt lancierte NATO-Doppelstrategie könne als Vorgeschichte der Abrüstungsverhandlungen zwischen Gorbatschow und Reagan betrachtet werden und als „wichtiger Beitrag zur Entschärfung des Kalten Krieges“ (S. 17). Die „Staatskunst“ Schmidts basierte demnach auf einer Kombination aus intellektueller Durchdringung eines komplexen Gegenstandes und einer den Realitäten angemessenen, im Prinzip alternativlosen Strategie, die er in politische Entscheidungsmacht transformieren konnte. Ähnlich wie in ökonomischen Fragen habe Schmidt auch hier auf seine Kompetenz bauen können. Seit den 1950er-Jahren gehörte er zu den wenigen sicherheitspolitischen Experten in der SPD. Spohr spart wiederum nicht mit Superlativen: Als „Vordenker in Verteidigungsfragen“ sei Schmidt in der Bundesrepublik „konkurrenzlos“ gewesen (S. 77).

    Militärisches Gleichgewicht war das zentrale Credo von Schmidts sicherheitspolitischen Vorstellungen. Dieses sah er mit dem Beschluss der Sowjetunion zur Stationierung der SS 20-Raketen bedroht. Schon 1977 entwickelte er eine Doppelstrategie: Rüstungsbegrenzung war das Ziel, aber im Zweifel sollte die Aufstockung des Waffenarsenals erfolgen. Spohr kann anhand zahlreicher Äußerungen Schmidts nachweisen, dass dieser immer eine Null-Lösung bevorzugt hätte. Dennoch hielt er an einer „ziemlich mechanischen Vorstellung“[2] von militärischem Gleichgewicht fest, wonach die strategische Parität bei den Mittelstreckenwaffen nicht mehr gewährleistet sei und daher die westliche Seite nachziehen müsse. Diese Auffassung teilte man in der US-Administration durchaus nicht. Antworten auf die Modernisierung des sowjetischen Waffenarsenals hätte es auch jenseits der Stationierung neuer Raketensysteme gegeben, und das strategische Gleichgewicht war nicht zwangsläufig aus den Fugen geraten. Der NATO-Doppelbeschluss vom Dezember 1979 war daher vor allem das Ergebnis der beharrlichen Interventionen Schmidts.

    Neuland zu betreten ist bei diesem mittlerweile gut erforschten Thema schwierig. Spohrs Verdienst ist es, hier sehr tief in die Feinheiten der sicherheitspolitischen Implikationen einzelner Waffensysteme einzudringen. Die Autorin zeichnet zudem ein farbiges Bild der Gipfeldiplomatie, das mitunter beim Lesen das Gefühl hervorruft, mit am Verhandlungstisch zu sitzen. Allerdings birgt diese Erzählweise die Gefahr des Distanzverlustes, vor der Spohr leider nicht gefeit ist. Sie erzählt die Geschichte konsequent aus der Perspektive ihres Protagonisten. Der Bewunderung für Schmidt lässt sie dabei freien Lauf. Lediglich seine Launenhaftigkeit und Arroganz werden kritisch angemerkt (S. 312). Dass er damit maßgeblich für das zerrüttete Verhältnis zum US-Präsidenten Carter verantwortlich war, spricht nicht für seine „Staatskunst“.

    In einem Anflug von Überidentifikation übernimmt Spohr bestimmte Feindbilder Schmidts. Egon Bahr wird hier zum „Quälgeist“ (S. 123), der aus Eitelkeit und Opportunismus einen Proteststurm gegen Neutronenbombe und Nachrüstung inszenierte, den es ohne ihn nicht gegeben hätte. Dass Bahr und andere Kräfte in der SPD aus Überzeugung und aus einem anderen Sicherheitsverständnis heraus handelten, zieht Spohr nicht einmal in Erwägung, wie überhaupt der linke Flügel in der SPD und die Friedensbewegung nur als lästige Störfaktoren wahrgenommen werden. Von einer kritisch-reflektierenden Zeitgeschichtsschreibung wären differenziertere Urteile zu erwarten.

    Die Marginalisierung anderer Akteure gehört ebenfalls zu den Fallstricken biographischen Erzählens. Ohne die enge Kooperation und politische Freundschaft mit Giscard d’Estaing aber wären weder die G7-Gipfel zustande gekommen noch das EWS. Überhaupt waren Gipfeltreffen als Kriseninterventionsmechanismus nicht neu, sondern wurde bereits seit 1969 erfolgreich im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft angewandt. Und auch bei der NATO-Doppelstrategie spielten Giscard und der britische Premierminister Callaghan auf der Konferenz von Guadeloupe 1979 eine wichtige Rolle, als sie gemeinsam auf den US-Präsidenten einwirkten.

    Zuzustimmen ist Spohr, dass die „langen“ 1970er-Jahre keine bloße Übergangsperiode waren, sondern als eine Art Frühgeschichte der zweiten Globalisierung zu lesen sind, die von den Zeitgenossen wahrgenommen, aber noch nicht so bezeichnet wurde. Damit allerdings rennt man in der Forschung offene Türen ein. Helmut Schmidt spielte in diesem Kontext sicher eine wichtigere Rolle als bislang wahrgenommen. Ihn als „Weltkanzler“ derart herauszuheben schießt aber über das Ziel hinaus.

    Thomas Karlaufs Schmidt-Biographie tappt nicht in die biographische Falle. Ihm gelingt es, sich seinen Helden „vom Leib zu halten“ (Christian Meier), obgleich er Schmidt als dessen langjähriger Lektor auch persönlich sehr gut kannte. Er genoss das Vertrauen des Altkanzlers und hatte uneingeschränkten Zugang zum Privatarchiv und zu Schmidt selbst, mit dem er in ständigem Kontakt stand. Trotz dieser Nähe ist ihm ein ausgewogenes, nüchternes und facettenreiches, mitunter auch kritisches Porträt Schmidts gelungen.

    Es geht um die „späten Jahre“ vom Kanzlersturz 1982 bis zu Schmidts Tod, immerhin 33 Jahre, in denen Schmidt „außer Dienst“, aber in der Öffentlichkeit präsent war. Während dieser Zeit avancierte er zum Welterklärer und Idol der Deutschen, der sich gerade im letzten Jahrzehnt immenser Beliebtheit erfreute. Karlauf erzählt diese zweite Karriere Schmidts als Elder Statesman – ohne politisches Amt, aber nicht ohne politischen Einfluss. Karlauf sucht die Gründe und Hintergründe für diese einzigartige Rolle, die Schmidt als „Altkanzler“ in der Geschichte der Bundesrepublik auch nach seinem Sturz spielte. Der späte Ruhm speiste sich demnach aus zwei Quellen: zum einen aus der Sehnsucht der Deutschen nach Orientierung, zum anderen aus Schmidts besonderer Fähigkeit, auch komplizierte Dinge verständlich darzustellen und die langen Linien der Entwicklung im Blick zu haben.

    Das Zusammenspiel dieser Faktoren ergab sich nicht von allein, und Karlauf verfolgt die Genese in seiner chronologischen Darstellung. Nach dem Schock des Kanzlersturzes und dem Verlust der politischen Ämter gab es zunächst „Jahre der Zurückhaltung“ (1982–1990, Teil I), in denen Schmidt versuchte, mit sich und der Partei ins Reine zu kommen. Die Tätigkeit als Herausgeber bei der ZEIT half ihm, über den Bedeutungsverlust hinwegzukommen und die Basis für seine zweite Karriere zu legen. Es folgten „Jahre der Einmischung“ (1991–2003, Teil II), in denen Schmidt seine vielfältigen internationalen Netzwerke ausbaute und in verschiedenen Organisationen und Diskussionsforen Einfluss nahm auf die politischen Debatten. Erst spät beschritt er dann die „Wege des Ruhms“ (2003–2015, Teil III), die ihn zu dem unantastbaren Status führten, den er bis zu seinem Tod innehatte. Er besaß eine Autorität wie kaum ein anderer ehemaliger Politiker. Am ehesten wäre Brandt zu nennen, der aber als Parteivorsitzender noch lange nach seiner Kanzlerschaft auf ganz andere Weise in den politischen Betrieb eingebunden war. Sicher spielte auch Kohls Gegenwart eine Rolle, die Schmidts Vergangenheit gleichsam vergoldete (S. 199). Als „Kanzler der Einheit“ hätte Kohl seinem Vorgänger dennoch Konkurrenz machen können. Bezeichnenderweise aber begann der Aufstieg des einen Altkanzlers mit dem Abstieg des anderen im Zuge der CDU-Spendenaffäre um das Jahr 2000.

    Dass Schmidt sehr konsequent an seinem Bild für die Geschichtsbücher arbeitete, hat man immer schon geahnt. Wie intensiv, mit welchen Finessen und welcher Beharrlichkeit, das erhält man hier kenntnisreich und überzeugend belegt. Seine mehrbändigen, vielgelesenen Memoiren, die in jahrelanger sorgfältiger Arbeit entstanden, sollten ebenso dazu beitragen wie alle anderen schriftlichen und mündlichen Äußerungen Schmidts. Seine Geschichtsdeutung begann bereits mit seinem Sturz 1982. Schon hier ließ er sich, obwohl in der Defensive, das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen und arbeitete an dem Bild vom „Verrat“ der FDP. Tatsächlich waren es die auseinanderdriftenden wirtschaftspolitischen Vorstellungen in der Krise, die den sich lange ankündigenden Sprung der FDP begründeten. Vor allem aber ging es Schmidt darum, die SPD unbeschädigt aus der Krise herauszubringen. Es war die Version der CDU, dass der Kanzler an seiner eigenen Partei gescheitert sei – eine Auffassung, die im Übrigen bei Kristina Spohr durchklingt. Das Leiden an der störrischen, von Linkskräften dominierten SPD, die dem eigentlich vernünftigen und alternativlosen Kurs des Kanzlers nicht habe folgen wollen, ist bei Spohr eine ständig durchklingende Melodie. Karlauf dagegen weist in diesem Zusammenhang auf eine Selbstverständlichkeit hin: Die Partei ist ein Ort der politischen Willensbildung und insofern nicht zu übergehen oder abzutun. Das war auch Schmidt bewusst, der intensiv für seinen Kurs warb – mit dem Ergebnis, dass die SPD ihm auf dem Parteitag im April 1982 durchaus (noch) folgte. Die eigentliche Zerreißprobe blieb Schmidt erspart, denn die definitive Entscheidung über den zweiten Teil des Doppelbeschlusses, die Stationierung, stand erst im Herbst 1983 an. Hier wäre die Partei Schmidt vermutlich in der Tat nicht mehr gefolgt. Dass die SPD aber auch später das Ende des Kalten Krieges nicht ihm, sondern der Friedenspolitik Brandts zuschrieb, schmerzte ihn sehr.

    Schmidt wollte nicht als Krisenmanager oder Übergangskanzler in die Geschichte eingehen, sondern als Europapolitiker, als Weltökonom und Sicherheitsexperte. Kristina Spohr leitet dieses Bild aus der „realen“ Außenpolitik seiner Kanzlerjahre ab. Thomas Karlauf macht hingegen deutlich, wie sehr diese Sicht das Ergebnis einer retrospektiven Geschichtskonstruktion ist. Ob das Krisenmanagement bei der Sturmflut in Hamburg 1962 oder Schmidts Geradlinigkeit gegenüber dem Terror der Roten Armee Fraktion dieses gewünschte Narrativ nicht doch am Ende überlagern werden, muss die Zukunft zeigen.

    Spohr, Kristina: Helmut Schmidt. Der Weltkanzler. Aus dem Englischen von Werner Roller. Darmstadt 2016 : Theiss Verlag, ISBN 978-3-8062-3404-6 384 S., 17 SW-Abb. € 29,95

    Karlauf, Thomas: Helmut Schmidt. Die späten Jahre. München 2016 : Siedler Verlag, ISBN 978-3-8275-0076-2 555 S. € 26,99

    Anmerkungen:
    [1] Wolfram Bickerich, Dreizehn Jahre geliehene Macht, in: SPIEGEL, 27.09.1982, S. 40–56, hier S. 40, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14353616.html (07.06.2017).
    [2] Wilfried Loth, Die Rettung der Welt. Entspannungspolitik im Kalten Krieg 1950–1991, Frankfurt am Main 2016, S. 205.

    #Allemagne #histoire #politique #SPD #social-démocrates #biographie

  • Filmspotting : Nachrede auf Klara Heydebreck | Deutsche Kinemathek
    https://www.deutsche-kinemathek.de/de/besuch/veranstaltungskalender/nachrede-auf-klara-heydebreck-eberhard-fechner

    A voir - avec un peu de chance le cinéma Arsenal montrera une copie 16mm de ce film documentaire remarquable et émouvant. C’est le récit d’une vie de femme à Berlin entre 1896 et 1969. Pour les non-berlinois y a la copie youtube.

    https://www.youtube.com/watch?v=-1qH6wQurSQ

    25.3.2019 19:00 - Kino Arsenal (BRD 1969, Regie: Eberhard Fechner)

    Die einstündige Produktion, gedreht auf 16mm-Material, fällt durch die üblichen Formatraster der Fernsehsender und Kinoprogramme, so dass diese Wiederaufführung eine seltene Gelegenheit der Wiederbegegnung mit diesem stilbildenden Frühwerk Eberhard Fechners bedeutet.

    Arsenal, Kino 2, Eintritt: 8 Euro

    https://de.wikipedia.org/wiki/Klara_Heydebreck

    Für einen Dokumentarfilm zum Thema Selbstmord, für den er nach eigenen Angaben kein Drehbuch geschrieben hatte, sondern sich von den Rechercheergebnissen leiten lassen wollte, besuchte Eberhard Fechner die Berliner Polizei und griff zufällig den Todesfall Klara Heydebrecks unter mehreren an diesem Tag gemeldeten heraus. Er suchte Kontakt zu ihrer Familie, den Nachbarn und ehemaligen Arbeitskollegen sowie den mit ihrem Tod befassten Dienststellen. Die Familie überließ ihm den Nachlass Klara Heydebrecks; aus diesen Dokumenten und Interviews mit den Personen, die Klara gekannt hatten, entstand der Ende 1969 erstmals ausgestrahlte Dokumentarfilm Nachrede auf Klara Heydebreck. Blick auf ein unter- und fehleingeschätztes Leben. Durch die Auswertung des Nachlasses und die Befragung des Umfelds konnten die sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einer Frau dargestellt werden, die sich dem herrschenden Frauenbild wohl nicht anpassen wollte, in ihrem Umfeld wegen ihrer kulturellen Interessen auf Unverständnis stieß und schließlich völlig vereinsamte. Die am Anfang des Films gestellte Frage, warum Klara ihr Leben beendet hatte, musste dabei offenbleiben

    SELBSTMORD : Schikane des Teufels - DER SPIEGEL 38/1970
    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-44906627.html

    Diesen Dokumentar-Epilog hat Fechner mit zeitgeschichtlichen Aspekten ergänzt. Aus Lohnstreifen’ Rentenbescheinigungen und Arbeitslosen-Papieren errechnete er beispielsweise die finanzielle Bilanz dieses einfachen Lebens:

    In 57 Jahren hat Klara Heydebreck 129 000 Mark verdient, 2263 Mark pro Jahr.

    Als die Feuerwehr Ihren Leichnam im Krankenhaus „abgeladen“ hatte (so eine Pflegerin), waren noch 6,49 Mark auf Ihrem Konto. Die Kripo registrierte den Vorgang Heydebreck — einen von 13 000 westdeutschen Selbstmordfällen im Jahr — unter dem Aktenzeichen AZ KapAr 483/69.

    „Einsamkeit“, so hatte Klara Heydebreck einst an ihre Schwester geschrieben, „kann sehr schön sein. Doch Mangel leiden an lebensnotwendigen Dingen ist eine Schikane des Teufels.“
    Solchen Leidenswegen ist das Fernsehen schon dann und wann nachgegangen. Fechners Reportage ist anders: Ihre Anteilnahme, Ihre Eindringlichkelt ist wahrlich eine Stunde vor dem Bildschirm wert.

    Eberhard Fechner (1926 - 1992)
    https://de.wikipedia.org/wiki/Eberhard_Fechner

    Fechner war ein begnadeter Interviewer. So interviewte er um 1975 die vier damals noch lebenden Mitglieder der Comedian Harmonists und um 1979–81 für seine Dokumentation Der Prozeß mehrere Zeugen und Angeklagte des Majdanek-Prozesses. Ähnlich wie Claude Lanzmann verstand er es, durch geduldiges Zuhören und Nachfragen auch sehr persönliche, kontroverse und tief verborgene Erinnerungen seiner Interviewpartner hervorzulocken. Daneben übernahm er immer wieder auch Aufgaben als Schauspieler in Fernsehfilmen.

    Site web sur Eberhard Fechner
    https://web.archive.org/web/20170920124604/http://www.eberhardfechner.de

    La collection Eberhard Fechner à l’Akademie der Künste Berlin
    https://archiv.adk.de/bigobjekt/39883

    #Allemagne #Berlin #Wedding #Grüntaler_Straße #histoire #film #femmes #suicide #auf_deutsch

  • Wie vietnamesische Agenten mitten in Berlin ein Paar entführten - SPIEGEL ONLINE
    http://www.spiegel.de/spiegel/wie-vietnamesische-agenten-mitten-in-berlin-ein-paar-entfuehrten-a-1204272.h

    A Berlin comme à Dubaï on traque les criminels avec la vidéosurveillance. Les enquêteurs se heurtent aux les résultats médiocres des systèmes de reconnaissance de visages et plaques d’immatriculation. Les succès connus sont le fruit d’efforts humains considérables pour identifier et analyser les sources d’information. Les reportages mentionnent surtout les systèmes GPS installés dans des voitures de location et la vérification du contenu des caméras de surveillance le long d’un parcours enrégistré des suspects. Dans le Brandebourg, où est situé la ville de Berlin, la police enrégistre les plaques d’immatriculation des voitures avec un système appellé KESY qui produit plein de faux positives.

    23.04.2018 - Von Martin Knobbe - Vietnamesische Agenten entführen einen ehemaligen Parteifunktionär und dessen Geliebte aus Berlin. Die Täter können fliehen, nur ein Gehilfe steht jetzt vor Gericht.

    Das Kommando, das sich am Vormittag des 19. Juli 2017 in der Ankunftshalle des Berliner Flughafens Tegel trifft, ist hochrangig besetzt. Duong Minh Hung, der Vizechef eines vietnamesischen Geheimdienstes, ist angereist, ein Zwei-Sterne-General mit randloser Brille. Auch der Geheimdienstresident an der vietnamesischen Botschaft in Berlin erscheint. Zwei weitere Helfer kommen mit dem Flugzeug aus Paris, andere mit dem Auto aus Prag, am Ende sind sie wohl zu acht. Sie wissen, dass auch eines ihrer Opfer mit einer Maschine aus Paris landen wird, sie wissen nur nicht, wann. Also warten sie, rund drei Stunden lang.

    Das Flugzeug der Zielperson setzt mit 16 Minuten Verspätung um 12.56 Uhr auf, Thi Minh P. D. nimmt ein Taxi. Eine knappe Stunde später checkt sie im Hotel Sheraton beim Berliner Tiergarten ein. Dort ist sie mit ihrem Geliebten verabredet, dem vietnamesischen Geschäftsmann Trinh Xuan Thanh.

    Der heute 52 Jahre alte Trinh spielte einmal eine bedeutende Rolle in der Kommunistischen Partei Vietnams und gehörte zu den Reformern, die dem Westen zugeneigt waren. Doch die Konservativen, eher nach China orientiert, gewannen die Oberhand, Trinh fiel beim Regime in Ungnade. Womöglich auch, weil er die Vorzüge des Kapitalismus allzu sehr genoss.
    Vietnamesische Ermittler warfen ihm Korruption und finanzielle Unregelmäßigkeiten in seiner Zeit als Chef einer staatlichen Baufirma vor. Es ging um hohe Summen, ihm drohte die Todesstrafe. Er floh nach Deutschland und beantragte Asyl. Seine Affäre mit der 24 Jahre jüngeren Frau aus Hanoi pflegte er weiter. Die Männer aus der Ankunftshalle folgen der Frau zum Hotel und lassen die beiden nun nicht mehr aus den Augen. Nicht, als sie ein Brillengeschäft betreten. Nicht, als sie am Abend beim Italiener essen. Nach vier Tagen schlagen sie zu.

    Es ist Sonntag, der 23. Juli, der Himmel ist bewölkt. Um 10.39 Uhr verlässt das Paar das Hotel und geht im Tiergarten spazieren.

    Die Operation dauert keine Minute. Die Männer packen die Frau, die sich so heftig wehrt, dass Augenzeugen glauben, sie erleide einen epileptischen Anfall. Auch der Mann boxt um sich, selbst dann noch, als er in einem silberfarbenen VW-Bus zu Boden gedrückt wird. Auf dem Gehweg bleiben seine Sonnenbrille und sein Smartphone zurück. Als Passanten es aufheben, leuchtet auf dem Display das Bild einer Blume.

    Bei der Polizei gehen an diesem Morgen mehrere Notrufe ein. Ein Augenzeuge verfolgt den VW-Bus bis zum Brandenburger Tor. Als er an einer roten Ampel aus seinem Auto springt, auf mehrere Polizisten zurennt und ihnen erklären will, was er gerade gesehen hat, rast der VW-Transporter weiter. Um 11.13 Uhr erreicht er die vietnamesische Botschaft in Berlin-Treptow. Dort bleibt der Wagen fünf Stunden lang geparkt.

    Der Fall erschüttert die Berliner Politik, nicht nur, weil die Szenen an einen schlechten Agentenkrimi erinnern. Dass ein fremder Geheimdienst Menschen auf deutschem Boden am helllichten Tag kidnappt, geschah zuletzt vor 27 Jahren. 1991 entführten US-Agenten den ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter Jeffrey Carney, der sich 1986 nach Ost-Berlin abgesetzt und für die Stasi gearbeitet hatte. Die Bundesregierung protestierte nur verhalten. Diesmal sind ihre Worte scharf: Die Tat sei ein „präzedenzloser und eklatanter Verstoß gegen deutsches Recht und gegen das Völkerrecht“, erklärt das Auswärtige Amt.

    Der entführte Geschäftsmann wird später nach Hanoi geflogen, womöglich über Moskau, womöglich als Krankentransport getarnt. Das staatliche Fernsehen jedenfalls präsentiert ihn am 3. August 2017 als reuigen Sünder. Richter des Volksgerichtshofs verurteilen ihn Anfang dieses Jahres zweimal zu lebenslanger Haft.

    Die vietnamesische Führung hat am Ende ihr Ziel erreicht und einen lästigen, womöglich auch korrupten Gegner ausgeschaltet. Öffentlich entschuldigt, wie von der deutschen Regierung gefordert, hat sie sich für die brutale Aktion nicht.

    Auch strafrechtlich werden die meisten der Täter wohl nicht belangt. Zwar beginnt am 24. April vor dem Berliner Kammergericht der Prozess gegen den vietnamesischen und tschechischen Staatsbürger Long N. H. aus Prag, dem der Generalbundesanwalt geheimdienstliche Agententätigkeit und Beihilfe zur Freiheitsberaubung vorwirft. Doch spielte der 47-Jährige, wie die Ankläger selbst einräumen, innerhalb der Gruppe eine nur untergeordnete Rolle. Er tat, was man ihm befahl.

    Ob er wusste, um was es ging, wie es die Staatsanwälte behaupten, oder ob er ahnungslos war, wie er selbst sagt, müssen die Richter klären. Angesetzt sind 21 Verhandlungstage.

    Die anderen Tatverdächtigen sind vermutlich längst geflohen, wie der General und die Helfer aus Paris. Oder sie genießen diplomatische Immunität, wie jene Mitarbeiter der vietnamesischen Botschaft in Berlin, die an der Tat beteiligt gewesen sein sollen. Zwei von ihnen wies die Bundesregierung aus, darunter den offiziellen Vertreter des Geheimdienstes. Ein symbolischer Akt, mehr nicht.

    Es gibt in diesem Fall kaum Beteiligte, die aussagen, auch keine Opfer, die erzählen können. Dennoch gelang es den Ermittlern, die Entführung über weite Strecken auf die Minute genau zu rekonstruieren. Geholfen hat ihnen die Überwachungstechnik: Die Leihwagen der Entführer waren an ein GPS-Sicherheitssystem angeschlossen. So war es möglich, die Route nachzuzeichnen. Videoaufnahmen aus Tankstellen verrieten, wer wann in welchem Auto fuhr. Ein automatisches Erfassungssystem von Kennzeichen namens Kesy, das in Brandenburg gegen Kfz-Diebe eingesetzt wird, lieferte weitere Informationen. Daraus entwarfen die Ermittler ein Bewegungsbild der Täter und ihrer Autos.

    Der Plan, Trinh Xuan Thanh aus Deutschland zu entführen, entstand vermutlich ein Dreivierteljahr vor der Tat. Neben Berlin war Prag eine wichtige Basis für die geplante Operation.

    Wie der Verbindungsbeamte des Bundeskriminalamts in Tschechien seinen Kollegen in Deutschland mitteilte, reiste bereits im September 2016 eine Delegation hochrangiger vietnamesischer Polizisten der Fahndungsabteilung C52 nach Prag. Sie wollten dort Quellen, teilweise aus dem „kriminellen Milieu“, aktivieren, um herauszufinden, wo sich Trinh genau aufhielt.

    Am 16. September hatten die vietnamesischen Ermittlungsbehörden einen Haftbefehl gegen den Geschäftsmann erlassen. Als Manager bei einer Tochtergesellschaft des staatlichen Öl- und Gaskonzerns PetroVietnam sei er für Verluste in Höhe von umgerechnet 130 Millionen Euro verantwortlich. Er habe trotz zahlreicher Warnungen „leichtsinnig“ gehandelt und mehrere Fehler begangen.

    Am 30. September ging in Deutschland ein internationales Festnahmeersuchen der vietnamesischen Behörden ein. Wie in solchen Fällen üblich, prüften das Auswärtige Amt und das Bundesamt für Justiz das Begehren. Sie reagierten zurückhaltend: Zunächst sollte nur der Aufenthalt von Trinh ermittelt werden.

    Dessen ungeachtet reiste im Oktober 2016 eine vietnamesische Delegation aus dem Ministerium für Öffentliche Sicherheit nach Deutschland, wie der Verbindungsbeamte der Bundespolizei in Hanoi in einem Bericht festhielt. Ihr Ziel: den flüchtigen Trinh Xuan Thanh zu finden. Am 4. November teilte das Ministerium dem deutschen Beamten Vollzug mit: Man wisse nun, dass Trinh sich in Deutschland aufhalte. Aus heutiger Sicht klingt es wie eine letzte Warnung.

    Noch Jahre zuvor sah es so aus, als habe Trinh Xuan Thanh eine glänzende Karriere in Vietnam vor sich. Der Architekt, der bereits Anfang der Neunzigerjahre als Asylbewerber drei Jahre lang in Deutschland lebte, trat 2003 in die Kommunistische Partei ein und war in der Baubranche tätig. Er arbeitete eng mit Nguyen Tan Dung zusammen, der 2006 Premierminister des Landes wurde und dem westlich orientierten Reformflügel der Kommunistischen Partei angehörte. Unter ihm wuchs die Wirtschaft, aber auch die Korruption.

    2009 wurde Trinh Vorstandsvorsitzender des Baukonzerns PetroVietnam Construction, einer Tochter des staatlichen Öl- und Gaskonzerns mit 3000 Mitarbeitern. Er arbeitete außerdem in führender Stellung im Ministerium für Industrie und Handel und sollte dort, so erzählt es ein enger Freund Trinhs in Berlin, stellvertretender Minister werden.

    Doch Anfang Januar 2016 war es mit der steilen Karriere vorbei: Auf dem 12. Parteitag der Kommunistischen Partei setzte sich der konservative Flügel durch. Dem scheidenden Premierminister misslang der Sprung ins mächtige Zentralkomitee. Die Reformer waren entmachtet.

    Erste Vorwürfe gegen Trinh wurden ein halbes Jahr später laut, im Juni 2016. Er sei als Parteivertreter mit einem teuren Wagen der Marke Lexus durch die Gegend gefahren und habe sich lukrative Immobilien angeschafft. Dann folgten die Ermittlungen wegen der Verluste bei der Baufirma. Monate später warfen ihm die Behörden Veruntreuung vor.

    In einem offenen Brief vom 4. September 2016 wies Trinh die Vorwürfe zurück und erinnerte daran, dass sie bereits geprüft worden seien. Die Parteileitung habe sich mehrheitlich gegen ein Disziplinarverfahren ausgesprochen. Die Sache sei längst vom Tisch. In dem Schreiben erklärte Trinh auch, dass er aus der Partei austreten werde. Das Land hatte er kurz zuvor verlassen.

    Über Laos und Thailand floh Trinh in die Türkei und von dort mit seinem Diplomatenpass nach Deutschland. Dort traf er mit seiner Frau und den zwei jüngeren Töchtern zusammen, die beiden Söhne blieben in Vietnam. Er wolle kein „Bauernopfer in einem schmutzigen Machtkampf“ sein, schrieb Trinh Monate später, als er am 29. Mai 2017 seinen Antrag auf Asyl stellte. Er erinnerte daran, dass ihm zu Hause die Todesstrafe drohe. Das Bamf lud ihn zu einer Anhörung ein. Der Termin war am Tag nach der Entführung angesetzt, Trinhs Anwalt wartete vergebens.

    In Berlin lebte die Familie zurückgezogen in einem Einfamilienhaus in Spandau. Die offizielle Meldeadresse im Berliner Wedding war nur eine Tarnung. Kontakt zu anderen der 16.000 Vietnamesen in der Hauptstadt vermieden sie. Nur manchmal gingen Trinh und seine Ehefrau mit einem engen Freund zum Golfen in einen Klub nach Gatow. Sie waren dort Schnuppermitglieder. Von einer Geliebten ahnte die Ehefrau offenbar nichts.

    Im vorigen Sommer erhöht die vietnamesische Regierung den Druck auf die Deutschen. Es bestehe offenbar „ein erhebliches Strafverfolgungsinteresse im Rahmen des Antikorruptionskampfes“, heißt es in einem Polizeibericht. Auf dem G-20-Gipfel in Hamburg Anfang Juli spricht der vietnamesische Premierminister Nguyen Xuan Phuc angeblich die Kanzlerin auf den Fall an. Doch Angela Merkel macht ihm wohl wenig Hoffnung, dass der Ex-Funktionär ausgeliefert werden könnte.

    Spätestens jetzt beschließt die Führung des Geheimdienstes Tong cuc An ninh, Trinh mit Gewalt aus Berlin zu entführen. Die Agenten wissen, dass Thi Minh P. D., die Trinh noch aus dem Handelsministerium kennt, im Juli wieder zu ihrem Geliebten fliegen will, wie immer über Paris. Eine gute Gelegenheit für die streng geheime Operation.

    Von wem der nun in Berlin angeklagte Long N. H. den Auftrag erhält, können die Ermittler nicht genau sagen. Am 18. Juli 2017 leiht er bei einem Autovermieter auf dem vietnamesischen Sapa-Markt in Prag einen BMW aus. Er betreibt nur wenige Meter entfernt eine Geldwechselstube.

    Als Gastarbeiter hat Long N. H. noch die DDR erlebt, allerdings nur für kurze Zeit. 1990 kehrte er nach Vietnam zurück, 1991 stellte er in Deutschland einen Asylantrag, der erst 1996 endgültig abgelehnt wurde. Seit 1999 lebt er in Tschechien, zusammen mit seiner Freundin und deren Kindern.

    Er übergibt den Wagen an einen anderen Vietnamesen, der gemeinsam mit einem weiteren Mann damit nach Berlin fährt. Das Auto wird zum Observieren des verliebten Pärchens benötigt. Zwei Tage später leiht er beim selben Anbieter das spätere Entführungsauto aus, den silberfarbenen VW-Bus. Er fährt ihn selbst nach Berlin. Am Morgen der Tat allerdings wird ihn ein anderer steuern.

    Die Entführer versuchen vergebens, ihre Identitäten zu verschleiern. Sie wechseln zwar spontan die Hotels, stornieren kurzfristig die Zimmer und zahlen oft in bar, doch geben sie bei der Reservierung ihre echten Namen an.

    Auch die Überwachungskameras in den Hotels scheinen sie nicht weiter zu interessieren, ihre Gesichter sind später gut zu erkennen. Nur Duong Minh Hung, der General, agiert etwas vorsichtiger. Sein Zimmer im Sylter Hof hat ein anderer des Teams angemietet, es wird die Kommandozentrale für die Aktion. Der hochrangige Geheimdienstmann verlässt nur selten den Raum und bekommt spärlich Besuch, etwa von seinem Geheimdienstkollegen aus der Berliner Botschaft.

    Am Morgen der Entführung geht Duong um 8.18 Uhr aus dem Hotel und kehrt nicht wieder zurück. Noch am selben Tag wird Long N. H. an der Rezeption das Zimmer für die restlichen Tage stornieren, ein anderer Helfer aus Prag holt das Gepäck des Generals ab.

    Nur wenige Stunden nach dem Überfall im Tiergarten wird Thi Minh P. D., die Geliebte, außer Landes geschafft. Ein Botschaftsmitarbeiter fährt mit einem Freund zum Hotel Sheraton, der dort ihr Gepäck aus ihrem Hotelzimmer holt. Ein Koffer, das Schminkzeug, Papiertaschen von Louis Vuitton und Chanel. Nur ein Herrenhemd übersieht er. Sie bringen das Gepäck zum Flughafen Tegel.

    Zwei vietnamesische Aufpasser begleiten die Geliebte via Peking und Seoul nach Hanoi, den Flug hatte die Botschaft in Berlin gebucht. Einer Freundin schreibt Thi Minh P. D. später aus Hanoi, sie habe sich den Arm gebrochen und ins Krankenhaus gemusst. Möglicherweise wurde sie beim Kampf mit ihren Entführern verletzt. Wie es ihr heute geht, wissen die deutschen Behörden nicht.

    Auch General Duong hat es nun eilig, das Land zu verlassen. Er lässt sich von einem Helfer im Porsche nach Prag chauffieren. Long N. H. fährt den Entführungsbus zurück in die tschechische Hauptstadt.

    Am Abend treffen sich alle drei in einem vietnamesischen Restaurant. War es die gemeinsame Abschlussfeier für die erfolgreiche Operation?

    Man habe viel Bier getrunken, erinnert sich Long N. H. bei der Polizei. Am nächsten Tag reist der General über Moskau zurück nach Hanoi. Die Ermittler wissen bis heute nicht, wann und wie Trinh Xuan Thanh ausgeflogen wurde.

    Die Bundesregierung bestellt später den vietnamesischen Botschafter ein und weist zwei Botschaftsmitarbeiter aus. Außerdem setzt sie ihre strategische Partnerschaft mit Vietnam aus. Vietnamesische Diplomaten dürfen nicht mehr visafrei einreisen. Auch die Ratifizierung des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und Vietnam ist durch den Entführungsfall ins Stocken geraten.

    Der Druck hat zunächst Wirkung: Zu den zwei Prozessen gegen Trinh Xuan Thanh in Hanoi werden Beobachter aus der deutschen Botschaft zugelassen. Auch die Todesstrafe ist vom Tisch.

    Zu schärferen Reaktionen, etwa den Botschafter auszuweisen, können sich die Deutschen nicht durchringen. Zu eng sind die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Vietnam, man will die Gesprächskanäle offen halten. Auch für die deutschen Nachrichtendienste ist Vietnam ein wichtiger Partner, wegen seiner Nähe zu China.

    Trinh Xuan Thanh sitzt in einem Sicherheitsgefängnis in Hanoi. Es gehe ihm den Umständen entsprechend gut, sagt der enge Freund in Berlin. Einmal im Monat dürfen ihn Verwandte besuchen, einer der Söhne konnte zur Mutter nach Deutschland ausreisen. Im anstehenden Prozess gegen einen seiner mutmaßlichen Entführer wird Trinh als Nebenkläger auftreten, auch wenn er persönlich nicht anwesend ist.

    „Der Prozess wird den Beweis erbringen, dass mein Mandant durch ein Geheimdienstkommando gewaltsam aus Berlin entführt worden ist - was die vietnamesische Seite immer bestritten hat“, sagt seine Rechtsanwältin Petra Schlagenhauf. Sie fordert die deutschen Behörden auf, sich für die Freilassung ihres Mandanten einzusetzen. „Ein solch ungeheuerlicher Vorgang kann nicht ohne deutliche Reaktion vonseiten der Bundesregierung bleiben.“

    Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat mittlerweile über den Asylantrag Trinhs entschieden, gut vier Monate nach der Entführung.

    Das Ergebnis ist positiv.

    Assassination of Mahmoud Al-Mabhouh - Wikipedia
    https://en.wikipedia.org/wiki/Assassination_of_Mahmoud_Al-Mabhouh#Alexander_Varin_aka_Alexander_Veri

    The assassination of Mahmoud al-Mabhouh (Arabic: محمود المبحوح‎, Maḥmūd al-Mabḥūḥ; 14 February 1961 – 19 January 2010) was an assassination that took place on 19 January 2010, in a hotel room in Dubai. Al-Mabhouh—a co-founder of the Izz ad-Din al-Qassam Brigades, the military wing of Hamas—was wanted by the Israeli government for the kidnapping and murder of two Israeli soldiers in 1989 as well as purchasing arms from Iran for use in Gaza; these have been cited as a possible motive for the assassination. He also had other enemies, including Fatah. He had spent some time in prison in Egypt in 2003, and was sought by Jordanian intelligence.

    #Allemagne #Berlin #Prague #Vietnam #services_secretes #crime

  • DDR : Offener Krieg - DER SPIEGEL 40/1986
    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13521472.html

    Im Taxi-Notstandsgebiet werden Privatdroschken legalisiert. Bloß Trabis dürfen keine Kunden befördern.

    Wenn es Nacht wird in Ost-Berlin, verwandelt sich die Hauptstadt der DDR allabendlich in ein Dorado heimwärts strebender Tramper.
    Hunderte, an den Wochenenden Tausende, stehen heftig winkend an den ansonsten verödeten Ausfallstraßen zu den Schlafstädten am Rande der Metropole, die allesamt in ihrer monumentalen Tristesse von der Neuen Heimat entworfen sein könnten.

    Westler, die mit den Sitten des Landes nicht vertraut sind, erleben eine unangenehme Überraschung, wenn sie sich eines nächtlichen Anhalters erbarmen. Der nämlich steigt ein, nennt eine Adresse und lehnt sich entspannt im Fond zurück. Der Hinweis des Fahrers, er fahre leider nicht in die Richtung, stößt auf völliges Unverständnis.

    Zu Recht. Denn der Tramper geht davon aus, daß er ein in Ost-Berlin gebräuchliches quasi-öffentliches Verkehrsmittel bestiegen hat - ein „Schwarz-Taxi“, das ihn nach ungeschriebenem Hausbrauch gegen gutes DDR-Geld bringt, wohin er es wünscht.

    In der ostdeutschen Metropole gibt es, nach amtlichen Angaben, rund 850 offiziell zugelassene Droschken, die meisten, etwa 670, gehören dem VEB Kombinat Berliner Verkehrsbetriebe, der Rest fährt zwar im Auftrag des Volkes, aber auf eigene Rechnung, versehen mit einem Gewerbeschein der städtischen Behörden. Insgesamt beförderten die Ost-Berliner Taxis im Jahr 1984 laut Statistischem Jahrbuch der DDR mehr als elf Millionen Passagiere.

    Viel zuwenig, um den Bedarf der 1,2 Millionen Einwohner der Halbstadt-Ost auch nur annähernd zu befriedigen. Ein Taxi zu bekommen, und zwar genau dann, wenn man eins braucht, ist in Ost-Berlin ein reines Lotteriespiel: Auf einen Treffer muß man meist lange warten, die Chance, eine Niete zu ziehen, ist größer. Zumeist kann man nicht mal bestellen. Für alle Kunden gibt es nur eine Funkzentrale mit einer einzigen Telephonnummer.
    Dem Übel versuchen gewitzte DDR-Bürger seit Jahren abzuhelfen: Sie gehen mit ihren Privatwagen vornehmlich nachts auf die städtische Piste, um weit außerhalb der Legalität ihr Einkommen aufzubessern. Vom engen Trabant bis zum VW Golf und zum japanischen Mazda 323 ist alles im Einsatz, was in Ost-Berlin vier Räder auf die Straße bringt.

    Das Hobby lohnt sich. 950 bis 1200 Mark netto, Leistungszuschläge und Prämien inklusive, bringt ein volkseigener Taxichauffeur nach Hause. Ein Schwarzer dagegen kommt, bei vier Stunden Nachtarbeit, locker auf 150 Mark pro Schicht, steuerfrei, dreimal soviel, wie er tagsüber am sozialistischen Fließband verdienen kann.

    Bis zu 400 illegale Teilzeit-Chauffeure sind allein in Ost-Berlin nach vorsichtigen Schätzungen Nacht für Nacht im Einsatz. Gegenüber ihren volkseigenen Kollegen haben sie einen unschätzbaren Vorteil: Die VEB-Leute dürfen auf 100 Kilometer nur 16 Leerkilometer und zwischen zwei Fuhren höchstens fünf bis zehn Kilometer ohne Kunden fahren. So will es der Plan, und der ist in der DDR nicht nur heilig; an seiner Erfüllung hängen auch Zuschläge und Prämien.

    Die Folge: Während etwa am Bahnhof Friedrichstraße die Warteschlange unaufhaltsam zum Volksauflauf anwächst, muß ein frustrierter Taxifahrer in der Trabantenstadt Marzahn stundenlang auf einen neuen Fahrgast zurück in die Ost-Berliner City warten; leer darf er nicht fahren.

    Eine Minderheit der Illegalen hat die Chancen der sozialistischen Marktlücke erkannt und die eigene Arbeitskraft privatisiert. Selbst am hellen Tag gehen immer häufiger Schwarz-Taxis an Bushaltestellen und Taxiständen auf Kundenfang. Die Fahrer, so will es der Brauch, dürfen von ihren Gästen kein Geld fordern, die Gäste ihnen nicht mehr zustecken, als sie im VEB-Taxi zahlen müßten - in Ost-Berlin zwischen 80 Pfennig und einer Mark pro Kilometer, auf dem DDR-Land zwischen 1,20 und 1,60 Mark.

    Doch mit dieser Freiheit ist es vom Mittwoch dieser Woche an vorbei, wenn eine „Anordnung über die nebenberufliche Tätigkeit von Bürgern als Taxifahrer“ in Kraft tritt. Dann erhalten Schwarze, die sich legalisieren lassen, vom Kombinat Verkehrsbetriebe ein reguläres Taxi-Schild und können den ausländischen Gästen in Ost-Berlin Weltstadtfülle vorgaukeln.
    Die Nebenberufler brauchen künftig eine Genehmigung ihres Arbeitgebers für die Freizeit-Beschäftigung; ihr Einsatz auf der Straße ist auf maximal 400 Stunden im Jahr und höchstens 60 im Monat begrenzt; lediglich 3000 Mark des Nebenverdienstes pro Jahr sind steuerfrei. Und der Trabe, die Standardkarosse der DDR-Bürger, darf nicht mitspielen: Laut Verordnung brauchen Privatdroschken vier Türen.

    Noch abschreckender dürfte die Vorschrift wirken, wonach die legalen Privaten ("in Abhängigkeit von der regionalen Verfügbarkeit") einen Taxameter vom Typ „Botax 80“ in ihren Wagen einbauen lassen müssen, um Schmu beim Kassieren auszuschließen.

    Bis August letzten Jahres fuhren alle Taxifahrer der DDR ohne Taxameter. Der Preis wurde durch einen Blick auf den Kilometerzähler festgesetzt; doch war der Augenschein des Fahrgastes häufig durch Kurzsichtigkeit, schlechte Beleuchtung oder Alkohol getrübt. Die Einführung des Fahrtenzählers brachte über Nacht die Ost-Berliner Verkehrsbetriebe in Personalnot. Rund 150 VEB-Fahrer suchten sich einen anderen Job.

    Kenner fürchten von der neuen Verordnung statt der erhofften Entlastung nur weiteres Unheil. Künftig wird es wohl drei Kassen von Miet-Chauffeuren geben, die sich gegenseitig die Kunden abjagen. Der harte Kern der Schwarzen werde seinen lukrativen Full-time-Job kaum gegen das bescheidene Leben eines legalen Privaten tauschen.

    Denn im realen DDR-Sozialismus tummeln sich immer mehr professionelle Kapitalisten. Die Profis unter den illegalen Schwarz-Taxen haben lukrative Claims abgesteckt. Ein Rivale, der im falschen Revier fährt, findet sich schon mal verbeult und blessiert in einer dunklen Straße wieder - Mafia reale.

    „Nach dem 1. Oktober“, prophezeit ein VEB-Chauffeur, „wird es offenen Krieg geben.“

    #DDR #Berlin #Taxi #Geschichte

  • "Während also der überwiegende Teil der Wohlstandsgesellschaft ab d...
    https://diasp.eu/p/8582071

    "Während also der überwiegende Teil der Wohlstandsgesellschaft ab den Sechzigern Minigolf spielte und schicke Autos fuhr, waren es die „Gäste“ aus Südeuropa, Nordafrika und der Türkei, die unter unwürdigen Bedingungen in den Fabriken schufteten, um diesen Wohlstand zu generieren." #Migration http://www.spiegel.de/kultur/literatur/eure-heimat-ist-unser-alptraum-vorabdruck-das-ende-des-german-dream-a-125329

  • Leben und Sterben der Monika Ertl
    http://www.spiegel.de/einestages/leben-und-sterben-der-monika-ertl-a-948245.html


    La dernière victime de Klaus Barbie

    19.04.2009 - von Christoph Gunkel - Wer tötete Che Guevaras Mörder? Eine Münchnerin war es vermutlich, die 1971 in Hamburg blutige Rache für den „Commandante“ nahm. Zwei Jahre später endete Monika Ertl wie ihr Idol - von Kugeln durchsiebt in Boliviens Dschungel. Verraten hatte sie wohl ein untergetauchter Nazi-Massenmörder.

    Er hatte immer damit gerechnet, war stets misstrauisch geblieben. Er hatte gespürt, dass er sogar in Deutschland nicht in Sicherheit sein würde - noch nicht einmal als Diplomat. Doch an diesem 1. April 1971 versagte sein Frühwarnsystem komplett.

    Völlig arglos empfing Roberto Quintanilla Pereira, Boliviens Generalkonsul in Hamburg, an diesem Tag eine attraktive Blondine, die um eine Visa-Auskunft gebeten hatte. Er begrüßte die nervöse Besucherin in einem Warteraum. Was dann geschah, ähnelte einer Hinrichtung: Plötzlich zog die junge Frau eine Pistole aus der Handtasche, feuerte dem Konsul aus kurzer Distanz dreimal in die Brust. Die Einschusslöcher markierten ein regelmäßiges Dreieck. Zufall? Oder stand es für „V“ wie „Victory“? Die Polizei fand jedenfalls am Tatort einen Zettel, der schnell klar machte, dass Quintanilla aus politischen Motiven erschossen wurde: „Sieg oder Tod!“ stand auf dem Papier - die Parole einer bolivianischen Guerilla-Gruppe.

    Als die ersten Details durchsickerten, waren die Medien wie elektrisiert. Ein weltumspannendes Drama aus Hass, Liebe, Unterdrückung und Rache deutete sich an, das den Mord bis heute zum Mythos werden ließ. Denn die hübsche Täterin hatte angeblich niemand anderen als denlegendären Revolutionär Che Guevara rächen wollen, einst selbst Opfer einer Hinrichtung. Für die deutschen Gazetten noch aufregender: Che Guevaras Racheengel sollte angeblich aus dem beschaulichen Oberbayern kommen.

    Castros Fluch

    Allein die ersten Sekunden nach der Tat warfen genügend Rätsel auf. Wie konnte die Mörderin entwischen? Obwohl sie mit Quintanillas Frau kämpfen musste, die sich ihr resolut entgegenstellte, obwohl sie dabei nicht nur wertvolle Zeit, sondern auch Pistole, Handtasche, Brille und Perücke verlor, obwohl Minuten später die Polizei alles abriegelte? Und was hatte der tote Konsul in Hamburg mit dem Revoluzzer Che Guevara zu tun?

    Die Verbindung lag in der Vergangenheit, im fernen Bolivien. Denn Roberto Quintanilla war einst brutaler Geheimdienstchef in seinem Heimatland, verantwortlich für Folter und Hinrichtung etlicher linksextremer Untergrundkämpfer - darunter auch von Che Guevara. Seitdem lastete ein Fluch auf ihm: Guevaras Mitstreiter, der kubanische Revolutionsführer Fidel Castro, wollte alle getötet sehen, die seinen Genossen auf dem Gewissen hatten. Quintanilla war dabei Anschlagsziel Nummer eins: Denn er hatte befohlen, dem toten Che Guevara noch die Hände abzuhacken - als grausigen Beweis für dessen Tod. Im fernen Hamburg hatte Quintanilla danach Zuflucht hinter der Fassade des ehrenwerten Diplomaten gesucht. Doch Castros Fluch war ihm bis an die Elbe gefolgt. Und zwar offenbar in Person der Deutschen Monika Ertl, aufgewachsen im biederen München-Harlaching.

    Es klang zunächst zu abstrus, um wahr zu sein: Monika Ertl war die Tochter von Hans Ertl, eines begnadeten Bergsteigers und genialen Kameramanns, der einst mit Leni Riefenstahl für Hitler „Olympia“-Filme drehte - und mit ihr eine leidenschaftliche Affäre hatte. Im Zweiten Weltkrieg hatte er der NS-Wochenschau von allen Fronten Bilder für ihre Durchhaltepropaganda geliefert. Selbst wenn man Hans Ertl glaubt, dass er nur ein Filmbesessener und naiver Mitläufer gewesen sei - eines war er auf keinen Fall: ein radikaler Linker. Und seine Tochter sollte eine linke Guerilla-Aktivistin sein?

    „Sie schoss wie ein Kerl“

    Monika Ertl wuchs zunächst in der bürgerlichen Behaglichkeit des Nachkriegsdeutschlands auf - bis ihr impulsiver Vater Hans 1954 aus Zorn über einen verpassten Bundesfilmpreis für eine Dokumentation am Nanga-Parbat der Bundesrepublik den Rücken kehrte und nach Bolivien auswanderte. Hunderte Kilometer von der Hauptstadt La Paz entfernt züchtete er nun im schwülen Tiefland Rinder und erwarb eine Farm. Besucher wurden von deutschen Schäferhunden begrüßt und von dem Schild „Freistaat Bayern“.

    Monika war Hans Ertls Lieblingstochter. Ihr traute er von seinen Töchtern am ehesten zu, in seine professionellen Fußstapfen zu treten. „Mockel“, nannte er sie zärtlich - obwohl sie hart im Nehmen war: „Für mich war Monika das Menschenkind, das mir den Jungen ersetzte“, sagte Ertl einmal. „Sie war ein halber Junge.“ Für zwei Filmdokumentationen stürmte „Mockel“ mit ihrem Vater auf eisige Gipfel, kroch durch den Urwald, fing Giftschlangen, sammelte sie in Glasbehältern oder brutzelte frisch gefangene Piranhas in der Pfanne. Sie schoss „wie in Kerl“, prahlte der Vater stolz. Er konnte nicht wissen, wofür sie ihr Können einmal einsetzen würde.

    Irgendwann kam der Bruch mit dem Vater. Über die Gründe lässt sich bis heute trefflich spekulieren. Der Journalist Jürgen Schreiber hat in seinem Buch ("Sie starb wie Che Guevara") den Fall Monika Ertl akribisch recherchiert, Akten gewälzt und vergessene Zeitzeugen aufgetrieben. Doch die plötzliche Kluft zum Vater kann auch er nur als Psychologe deuten. Er glaubt, dass Monika Mut und Radikalität von ihrem Vater erbte - dass sie sich aber gleichzeitig von dessen NS-Vergangenheit emanzipieren wollte: „Hitler war der bedrohliche Schatten, der zwischen ihnen stand und ihr Verhältnis zunehmend verdunkelte“, meint ihr Biograf Schreiber. Hin- und hergerissen „zwischen autoritärer Erziehung und antiautoritärem Zeitgeist“ habe sie sich von ihrer Familie entfremdet. Sie störte, was dem Vater gleichgültig war: soziale Gegensätze, geschundene Bergarbeiter, verarmte Bauern, unterdrückte Indios.

    „Christus mit Gewehr - gekreuzigt durch Kugeln“

    1969 entschied sich Hans Ertls katholisch erzogenes Lieblingskind für den denkbar radikalsten Bruch: Sie ließ sich scheiden, kappte alle Verbindungen zur bolivianischen Oberschicht, in die sie eingeheiratet hatte - und schloss sich der Guerilla-Organisation ELN an. Für die hatte einst ihr Idol Che Guevara gekämpft. Jetzt verliebte sich Monika ausgerechnet in seinen Nachfolger, Inti Peredo. Als Zeichen ihrer neuen Identität nannte sie sich fortan Imilla, das Indianermädchen. Wenn sie ihrem Vater auf seiner urdeutschen Farm begegnete, kam es meist zum Streit. Hans Ertl fand die sozialen Probleme nicht so schlimm, als „dass man Guerillero-Rabatz machen“ müsse. „Was wollt ihr denn im Urwald, wollt ihr Brüllaffen bekehren zum Maoismus oder sonst zu einem Ismus?“, fragte er zynisch. „Ihr müsst in die Slums gehen, wenn ihr was machen wollt.“

    Doch so sehr der Vater auch bangte, bebte, bettelte - sein „Mockel“ hatte er für immer verloren. Sie war nun Imilla, eine Revolutionärin, von der es hieß, dass sie „nie Angst“ habe. Von nun an würde sie den autoritären Staat mit Gewalt bekämpfen, zu dem ihr Vater eine gewisse Nähe pflegte. Sie würde sich vor dem Staatspräsidenten verstecken müssen, dem ihr Vater einmal seine teure Seiko-Uhr vermachte. Sie verübte Anschläge, wurde zur Gejagten - spätestens, nachdem sie für einen Banküberfall stümperhaft ausgerechnet ihren eigenen, auffälligen Chevrolet benutzte.

    Von Beginn an stand Monika Ertl alias Imilla auf verlorenem Posten: Immer mehr drückte das Militär die ELN 1969 in die Defensive, ein Guerillero nach dem anderen fiel den Gegenschlägen der Staatsmacht zum Opfer. Auch Guevaras Nachfolger Inti Peredo wurde ermordet - in einer der wenigen Nächte, die er nicht bei seiner geliebten Monika verbrachte. Einen „Christus mit Gewehr, gekreuzigt durch Kugeln“, nannte die trauernde Monika ihren erschossenen Liebhaber. Und sie musste auch noch dieses Foto ertragen: Neben Peredos Leiche posierte triumphierend und mit Zigarette ein Mann, den Monika Ertl hassen lernte: Roberto Quintanilla.

    Mörderische Poesie

    In ihren Phantasien malte sie sich dessen Tod aus, brachte die Rachegelüste im Sommer 1970 gar in Prosaform zu Papier.

    „Quintanilla, Quintanilla....,
    Du wirst in Deinen Nächten keinen Frieden mehr finden...
    Du raubtest Inti das Leben
    Und du meintest das ganze Volk.“

    Nur wenige Monate danach wurde Quintanilla mit drei Schüssen exekutiert: Ein Bolivianer in Deutschland von einer Deutschen aus Bolivien. Damit gelang der schon am Boden darbenden ELN ein unerwarteter Coup, der ihren fast schon vergessenen Kampf aus dem Dschungel ins Herz von Europa und auf die Titelseiten der Zeitungen katapultierte.

    Alleine kann Monika Ertl das Attentat nicht geplant haben, obwohl sie zuvor mehrmals nach Deutschland reiste. Bekam sie Hilfe von deutschen Linken? Versteckte sie sich gar in der Höhle des Löwen, nur ein Stockwerk oberhalb des Tatorts - in einer Kommune, die die Polizei seltsamerweise nicht überprüfte? Fest steht nur, dass sie die Tatwaffe von dem italienischen Millionär und linken Verleger Giangiacomo Feltrinelli bekam - einem Genossen im Geiste, der sich 1972 versehentlich mit Dynamit selbst in die Luft sprengte. Fest steht auch, dass Monika Ertl über verschlungene Wege wieder nach Bolivien zurückkehrte - als „Staatsfeind Nr. 1“ schon auf allen Fahndungslisten gesucht.

    Tödlicher Verrat eines Familienfreundes

    Ihr gebrochener Vater starrte im Sommer 1971 fassungslos auf das grob gerasterte Bild seiner Tochter, für die ein Kopfgeld von 20.000 Dollar ausgeschrieben war. Sogar für Che Guevara waren nur 4200 Dollar ausgesetzt worden. Nur zu gut wusste Hans Ertl, dass dies in einem bettelarmen Land wie Bolivien ein sicheres Todesurteil für seine Tochter sein würde.

    Nicht wissen konnte er allerdings, dass Monika wohl von einem alten Freund der Familie ans Messer geliefert werden würde: Klaus Altmann. Er konnte nicht wissen, dass dieser Klaus Altmann in Wirklichkeit Klaus Barbie hieß und im Zweiten Weltkrieg Gestapo-Chef im besetzten Frankreich gewesen war, berüchtigt und gefürchtet als sadistischer „Schlächter von Lyon“. Und er konnte nicht wissen, dass Monika dem in Bolivien untergetauchten NS-Kriegsverbrecher auf die Schliche gekommen war und ihn entführen wollte - dabei aber scheiterte und so selbst ins Visier Barbies geriet, dessen Erfahrung bei der Partisanenbekämpfung ihn zum geschätzten Berater und Ehren-Oberst der bolivianischen Sicherheitsdienste in Bolivien gemacht hatten.

    Im Mai 1973 wurde Monika Ertl in Bolivien in einen Hinterhalt gelockt und erschossen. Ihr Leichnam wurde fotografiert und dann irgendwo verscharrt. In Deutschland wurden die Polizeiakten geschlossen, Monika Ertl bleibt trotz aller Indizien bis heute nur eine mutmaßliche Mörderin. Und eine Ermordete ohne Grab - die Angehörigen erfuhren nie, wo Che Guevaras Racheengel vergraben wurde.

    #Allemagne #Bolovie #histoire #nazis #Klaus_Barbie

  • Lehrerin gibt nur noch gute Noten - SPIEGEL ONLINE
    http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/lehrerin-gibt-nur-noch-gute-noten-a-1246916.html

    Lehrergeständnisse
    Wie Schule wirklich ist

    „Vor zwei Jahren hatte ich einen Schüler in meiner Lerngruppe - nennen wir ihn Tarik - der das Schuljahr wiederholen musste, weil er durchs Abi gefallen war. In einer Übungsstunde vor der letzten Abiturprüfung ahnte Tarik, dass es wieder eng werden würde und war besorgt: ’Wenn ich es jetzt wieder nicht schaffe, werden meine Eltern das nicht verkraften, sie werden mich nicht mehr akzeptieren und rauswerfen. Ich hab Angst, dass ich in ein Loch falle und nicht rauskomme, dass ich kriminell werde...’

    Wir redeten damals lange miteinander, und ich erfuhr viel über die familiäre Situation des Schülers. Seine Familie kam vor gut zehn Jahren aus einem Kriegsgebiet nach Deutschland. Tariks Vater ist nach einem Unfall im Heimatland arbeitsunfähig geworden und daher unterstützt Tarik als Ältester von fünf Geschwistern die Familie finanziell.

    Er begleitet seine Eltern und Geschwister auch zu Amts- und Arztbesuchen, um sie sprachlich zu unterstützen. In den vergangenen Monaten stand Tarik seiner Mutter bei, weil sie sehr unter dem Tod ihrer Mutter litt.

    Im Kulturkreis seiner Familie ist es undenkbar, das Abitur nicht zu schaffen. ’Ich setze mich gerade zu sehr unter Druck und kriege gar nichts mehr hin in den Prüfungen’, sagte Tarik. Ich spürte, dass er am Ende seiner Kräfte war.

    Ein anderer Schüler verfolgte das Gespräch und sagte zu uns: ’Eigentlich sind die Lehrer doch Pädagogen und müssten genau dafür da sein, um aufzufangen, wenn zu Hause etwas schiefläuft, wenn sehr viel Druck da ist.’

    Tarik hatte sich trotz aller Herausforderungen im letzten Schuljahr in fast allen Fächern auf Noten zwischen eins und drei verbessert, nur in einem Nebenfach stand er auf mangelhaft und in einem Prüfungsfach auf ausreichend. Damit würde er beim Abi wieder knapp scheitern. Mir wurde klar, wie ungerecht das in diesem Fall wäre.

    Das Beurteilen zählt zu den Aufgaben jedes Lehrers. Dazu schreibt die Kultusministerkonferenz (KMK), dass Lehrerinnen und Lehrer ’kompetent, gerecht und verantwortungsbewusst’ beurteilen sollen. ’Junge Menschen müssen in der Schule erfahren, dass sie fair und gerecht behandelt und beurteilt werden und sie ihre Bildungschancen voll ausschöpfen können.’

    Diesem Satz stimme ich absolut zu, nur: Ist es gerecht, wenn Schülerinnen und Schüler aufgrund meiner Note nicht studieren können oder nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden? Woher weiß ich, wie sich jemand in Zukunft noch entwickelt und wozu er fähig ist? Selbst bei meinen eigenen Kindern kann ich das nicht genau sagen.

    Es ist eine Illusion, dass Lehrerinnen und Lehrer mit ihren Noten gerecht und verantwortungsbewusst Leistungen widerspiegeln können.

    Jeder bekommt eine Studienberechtigung

    Der Notendruck macht vielen Schülern Angst, er frustriert und manipuliert sie, behindert häufig das Lernen oder auch, dass sie sich zu verantwortungsbewussten Personen entwickeln können. Dabei soll Schule doch ein Ort dafür sein, sich zu entwickeln. Dennoch muss ich Noten geben. Das ist ein Dilemma, das viele Lehrer und Lehrerinnen, mit denen ich spreche, ähnlich empfinden.

    Ich habe das Gefühl, dass ich durch die Notengebung meiner Aufgabe, die Schüler beim Lernen zu unterstützen, nicht mehr genug nachkomme. Als mir das klar wurde, beschloss ich, meine Notengebung umzustellen. Seitdem gibt es in meinem Unterricht nur noch gute Noten: Jeder bekommt eine Studienberechtigung. Gleichzeitig mache ich meinen Lerngruppen die hohen Anforderungen eines Studiums bewusst und berate jeden persönlich.

    Da die Noten als Druckmittel wegfallen, ist keine Schülerin und kein Schüler mehr dazu gezwungen, sich mit bestimmten Unterrichtsinhalten auseinanderzusetzen oder sich an etwas anzupassen. Ich muss nun also andere Wege finden, wenn ich möchte, dass sich die Schüler mit einem Thema beschäftigen. Das ist manchmal anstrengend. Aber vor allem macht es ganz viel Freude.

    Ich kann mich nun endlich darauf konzentrieren, sinnstiftende Fachinhalte interessant zu vermitteln, weil ich nicht mehr darüber nachdenken muss, ob genug fair überprüfbarer Lernstoff darunter ist.

    Die Schüler und Schülerinnen motiviert es, wenn sie ihr Lernen nun noch mehr selbst steuern und verantworten können. Und wenn man ihnen richtig viel zutraut. Dann entsteht mehr Raum für Teamgeist, Ehrlichkeit, Verantwortungsgefühl und Motivation - Grundlagen für nachhaltiges Lernen. Es fühlt sich richtig an, wenn sich alle im Klassenraum gerade aus Überzeugung und nicht aus Angst vor Konsequenzen ruhig verhalten.

    Zurück zu Tarik: Auf meine wiederholte Fürsprache hin entschied sich ein Kollege, ihm doch eine bessere Noten zu geben, und so durfte ich ihm wenig später zu seiner bestandenen Hochschulreife gratulieren. Ich versuche jederzeit, meine Aufgaben als Lehrer nach bestem Können, Wissen und Gewissen gerecht zu erfüllen.“

    Die Autorin ist Lehrerin an einer Schule in Nordrhein-Westfalen.

    #Allemagne #enseignement #école #pédagogie

  • FISCHERKOESEN: Minnesang auf Markenartikel - DER SPIEGEL 35/1956
    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-43063973.html

    29.08.1956 - Ein Zweiminutenfilm mit dem Titel „Durch Nacht zum Licht“ unterhielt in der letzten Woche die Kinobesucher in einer Reihe westdeutscher Städte. Nach einem genau berechneten Einsatzplan lief der farbige Reißer zuerst vor dem Hauptfilm einiger norddeutscher Kinos, dann wanderte er weiter nach Westen. In einigen Wochen wird er auch in Süddeutschland das Publikum mit den Schrecken eines kolorierten Alptraumes bekannt machen.

    Der Film beginnt mit einer Großaufnahme: Auf der Leinwand erscheint ein Mädchen, das sich in unruhigem Schlaf hin und her wirft; der Angstschweiß steht ihm in dicken Tropfen auf der Stirn. Plötzlich gleitet die Blondine durch den Kopfteil des Bettes hindurch, der sich als Pforte zum Reiche der Finsternis öffnet. Mit wehendem Nachthemd schwebt sie durch den Raum, den Schrecken der Hölle eines modernen Dante entgegen.

    Knochenfinger greifen nach dem weißen Hals der Schlafenden, Dolche richten sich auf ihre Brüste. Das Mädchen strudelt in eine Wolkenkratzerschlucht, hetzt in modernden Gemäuern über endlose Treppen.

    Da - auf dem Höhepunkt des Infernos der Angst - brechen gleißend Blitze in das Graugrün der Finsternis. Eine Stimme, die erlösend wie aus dem Jenseits ertönt, erläutert dem Kinobesucher endlich, warum er zwei Minuten lang in die Schrecken einer Trickfilmhölle geschickt worden ist: „Alpträume sind die Folgen einer Magenverstimmung“, donnert die Stimme. „Gegen Magenverstimmung hilft Underberg.“

    Dieses Werbedrama in Eastman-Color ist das Glanzstück in einem Assortiment von sechs Filmen, mit der ein deutscher Werbefilmproduzent etwas unternehmen will, was zuvor noch nie ein europäischer Zeichentrickfilmhersteller riskierte: den Vorstoß in die Vereinigten Staaten, die Zitadelle Walt Disneys. Da in amerikanischen Kinos die Aufführung von Werbefilmen verpönt ist, soll die Invasion durch die Bildröhren der Fernsehgeräte gewagt werden.

    In den letzten Wochen lud eine Deutschamerikanerin die Leiter amerikanischer Fernsehreklame-Agenturen zu internen Vorführungen ein, um ihnen die Wirksamkeit der Magenverstimmungstragödie effektvoll vor Augen zu führen. Mit einer Beredsamkeit, die sie in langen Jahren konsularischer Tätigkeit erprobt hatte, suchte sie die Werbemanager zu überzeugen, daß es erfolgversprechend wäre, im Heimatland der Mickey Mouse jetzt auch den deutschen Meister des gezeichneten Films zu kreieren: ihren ehemaligen Gatten, Hans Fischer aus Bad Kösen an der Saale.

    Hans Fischerkoesen - so nennt sich der kleine korpulente Herr mit der herrisch in den Mundwinkel gestülpten Zigarre - fühlt sich endlich stark genug, Walt Disney in dessen Heimatland herauszufordern. Seine wirtschaftliche und künstlerische Vormachtstellung als Werbe-Zeichenfilmfabrikant in Deutschland ist gesichert: Mit einem Jahresumsatz von sechs Millionen Mark steht Fischerkoesen weit an der Spitze der westdeutschen Werbetrickfilmproduzenten.

    Im vergangenen Jahr sahen rund 160 Millionen Kinobesucher in Deutschland seine Markenartikelballaden, in denen der gemütvolle, unkomplizierte Sachse Reklame für so unterschiedliche Erzeugnisse, wie Schokolade und Schuhcreme, Bleistifte und Büstenhalter, Zigaretten und Zahnpasta, Markenbutter und Fleckenwasser, machte.

    Mit zwei Kameras kam Fischerkoesen 1948 in den Westen. Weil er während des Krieges Lehrfilme für die Wehrmacht gedreht hatte, waren sein Atelier und seine Villa in Potsdam beschlagnahmt worden, er selbst hatte zweieinhalb Jahre in einem sowjetzonalen KZ gesessen. Damals hatten lediglich die französischen Besatzungsbehörden die Vorführung von Werbefilmen freigegeben. In einem Städtchen der französischen Zone, Bad Neuenahr, mietete Fischerkoesen fünf Hotelzimmer und begann als erster im Nachkriegsdeutschland, gezeichnete Werbefilme zu produzieren.
    Betriebskapital waren achttausend Mark, die ihm ein kleiner Düsseldorfer Seifenfabrikant vorgeschossen hatte. Einen Tricktisch für die Kamera bastelte sich Fischerkoesen selbst zusammen. Die Belichtungsproben entwickelte er im Kleiderschrank, der von außen mit Wolldecken verhängt war.

    Schon knapp vier Jahre später saß Fischerkoesen nicht mehr im Kleiderschrank, sondern in einem schneeweißen Schlößchen zu Mehlem, einem früheren Bankiersdomizil, das er zum „Fischerkoesen-Filmstudio“ ausbaute.

    Seitdem hat er aus dem Zeichenfilm ein so wirksames Werbe-Instrument gemacht, daß er nun nicht mehr nur von einem Fabrikanten mit der Aufgabe betraut wird, die Vorzüge eines bestimmten Toilettenpapiers mittels Musik, Farbe, Bewegung und Ton zu veranschaulichen, sondern auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund zur tricktechnischen Propagierung der 40-Stunden-Woche eingesetzt werden soll.

    Bis heute hat der Schöpfer des ersten deutschen Zeichenspielfilms und Verfasser des ersten gezeichneten Werbefilms etwa 1200 Trick-Epen zusammengebastelt. Daß Fischerkoesen als der erfolgreichste Minnesänger der deutschen Markenartikel-Industrie gilt, bestätigte kürzlich „Der neue Film“, das Fachblatt der deutschen Filmindustrie, an Hand eines Umfrage-Ergebnisses. Das Blatt notierte: „Fischerkoesen -Werbefilme wurden von allen befragten Theaterbesitzern als mit die besten und werbewirksamsten bezeichnet. Das Publikum wird wirklich angesprochen und geht amüsiert mit.“

    Dieser knappe Satz scheint die Erfolgsformel zu enthalten, die es dem Hans Fischer aus Bad Kösen ermöglicht hat, seine Konkurrenten, die rund 100 anderen westdeutschen Werbefilmhersteller, klar auszupunkten. Nicht so sehr die Mischung von künstlerischer Intuition und bohrendem technischen Bastlerverstand - in der die „Süddeutsche Zeitung“ das Geheimnis seines Erfolges erblickte - scheint ihm die Vorrangstellung auf dem Werbefilmmarkt gesichert zu haben, sondern eher sein Gespür für die zündende Trickfilm-Situation, für den auf Breitenwirkung berechneten, biederen Humor - der dann allerdings oft auf verblüffende Weise mit dem Werbe -Objekt in Verbindung gebracht wird.

    Auch Fischerkoesens Geschäftsführer Dr. Ulrich Westerkamp, 70, nennt als einen Hauptgrund für den Erfolg der Fischerkoesenfilme den „gesunden Humor“, den er als „volkstümlich“ bezeichnet und der sich bei dem gutbürgerlichen Zementkaufmannssohn Hans Fischer, der sich für sein Studio die Telephon-Nummer 12345 beschafft hat, unter anderem darin äußert, daß er über seine eigenen Einfälle mehr als eigentlich schicklich lacht. Dieser Humor, der oft mit dem Banalen, Platten, Selbstverständlichen operiert, scheint indessen den Nerv des deutschen Publikums zu treffen, das - wie der Millionenerfolg des angestrengt witzigen Filmschwanks „Charley s Tante“ in der vergangenen Saison wieder bewies - noch immer nicht müde geworden ist, über einen Mann zu lachen, der sich versehentlich auf eine Schüssel mit Speiseeis setzt.

    Einen anderen Hauptgrund für Fischerkoesens Erfolg sieht Geschäftsführer Dr. Westerkamp in einer „Bildersprache der Gags, die jeden anspricht“. Zum Beispiel:

    – Das Altern eines Mannes wird verdeutlicht, indem sein Haarschopf nach unten rutscht und ihm nun als Vollbart um das Kinn hängt,
    – Kalenderblätter singen, während sie sich vom Kalender lösen: „Heut’ ist ein Feiertag für mich.“ Dabei wird die schwarze Kalenderzahl rot.
    – Die Flecken auf dem Fell einer scheckigen Kuh verändern sich, bis eine Karte von Europa entstanden ist
    – Frauenbeine verwandeln sich in Magneten, an denen die Männer hängenbleiben.
    – Zu den Worten: „Liegt Dir etwas schwer im Magen“ erscheinen in einem Magen personifizierte Fettgewichte, die sich boxen.
    Oft bescheidet sich Fischerkoesen auch damit, eine Redensart optisch zu übertragen. Zum Beispiel:
    – Zu den Worten: „Ein Licht geht Ihnen auf“ erscheint eine brennende Kerze auf dem Kopf.

    „Es kommt darauf an“, sagt Hans Fischerkoesen, „schon nach den ersten Metern einen Kontakt mit dem Beschauer zu erzielen, und ihn mit Humor oder einem originellen Einfall zu gewinnen.“ Er nutzt die Erkenntnis, die Werbepsychologen seit Jahren auf ihren Kongressen diskutieren: daß nämlich „unterhaltende Mitteilungen“ bereitwilliger aufgenommen werden als „rein zweckhafte Mitteilungen“.

    Diese Auffassung, die sich in den letzten Jahren auch in den Anzeigentexten immer stärker durchgesetzt hat, bietet beim Zeichenfilm noch einen zusätzlichen Vorteil: Der gezeichnete Film kann humorvollparodistisch oder grotesk Unwahrscheinlichkeiten ausdrücken, ohne daß der Zuschauer es übelnehmen würde. Er kann den Betrachter mit Texten und Beispielen bombardieren, die er - wären sie in anderer Form vorgetragen - als grobe Übertreibung oder Geschmacklosigkeiten ablehnen würde. Der Kritiker Peter Altendorf schrieb: „Die Aufgabe des Werbefilms ist es, uns zu faszinieren. Faszination erzeugt er einerseits durch ’Bluff’, indem er uns also vorblüfft, sei es durch kühne Komposition oder freche Übertreibung.“

    Ein Beispiel, wie Fischerkoesen dieses Rezept befolgt, ist der Werbefilm „Beschwingt“, der in diesen Wochen in den Kinos deutscher Großstädte läuft. Seine Handlung ist ein Exempel für Fischerkoesens Faustregel:
    „Das erste Drittel hat nur den Zweck, eine sympathische Atmosphäre zu schaffen, um Stimmung für das Angebot zu machen. Es dient dazu, mit Gags Lacherfolge oder besondere Aufmerksamkeit zu erzielen und die mitwirkenden Personen vorzustellen.“ Der Zuschauer soll unmerklich und durch die natürliche Spannung, die einer Rahmenerzählung und überhaupt jedem Handlungsablauf innewohnt, mit der Ware bekannt gemacht werden.
    Die erste Szene des Films: Ein Zentaur wird von einer Quellnymphe mit einem Trunk aus einem Füllhorn gelabt. Derart gestärkt, zieht er mit kraftvoll geblähtem Brustkorb und geschwellten Muskeln weiter und besteht siegreich den Kampf mit dem Stier, der Europa geraubt hat. Mit einem Lorbeerkranz auf den blonden Locken, selbstbewußt nach rechts und links grüßend, marschiert er zum Rhythmus des Triumphmarsches aus „Aida“ weiter.
    Während die Musik zu dem Motiv „Im Krug zum grünen Kranze“ überleitet, verwandelt sich der noch eben kraftstrotzende, muskelprotzende Zentaur in einen Rittersmann, der müde im Sattel hängt und sich von seinem schlappen Gaul in eine mittelalterliche Stadt tragen läßt. Als des Wirtes Töchterlein ihm einen Trunk kredenzt und das Pferd stärkt, wiederholt sich die blitzschnelle Verwandlung: Kraftvoll, zu den Trompetenstößen von „Wohlauf, Kameraden“, galoppiert nun der Ritter in den Kampf mit dem Drachen, den er sogleich niederstreckt. Im Takte des Triumphmarsches reitet er weiter, und während die Musik zum Walzer überleitet, erlebt der Leinwandheld die dritte Verwandlung: Aus Ritter und Roß wird ein ermüdeter Motorradfahrer, der langsam durch die Gegend rollt.

    Zwei Drittel des Films sind um, und bis dahin ist das Publikum nur unterhalten worden. Keiner der üblichen Werbesprüche, kein Firmenname ist aufgetaucht - eine Konzession, die Fischerkoesen den Werbechefs der großen Firmen oft mühsam abringen muß.
    An diesem Punkt macht es dem Großstadtpublikum schon fast Vergnügen zu raten, für welches Produkt der Film am Ende wohl werben wird: Für ein Stärkungsmittel? Oder eine Weinbrandsorte? Die Apathie der Zuschauer, die Gleichgültigkeit gegenüber einem Reklamefilm hat sich - werbepsychologisch ausgedrückt - in „lustbetonte, freiwillige Aufmerksamkeit“ verwandelt.

    Die Auflösung folgt wenige Sekunden vor Schluß des Films, wenn der Motorradfahrer nicht an einem Wirtshaus, sondern vor einer BV-Aral-Tankstelle hält und den Tank mit neuem Kraft-Stoff füllt. Die Wirkung dieser Stärkung ist so enorm wie in den vorausgegangenen Episoden: Dem Motorrad wachsen Flügel - und beschwingt und mühelos und so kraftvoll wie der Zentaur und der Ritter eilt es über die Landstraße und überwindet alle Konkurrenten.

    Daß diese Auflösung von den Zuschauern in der Regel mit Lachen quittiert wird, spricht für die These, daß der Werbefilm seine Botschaft nicht nur mit Humor, sondern gefahrlos auch mit Übertreibungen suggerieren kann: In einem realen Film würde es platt und geschmacklos wirken, wenn jemand eindringlich versichert, daß ein Motorrad mit einer bestimmten Benzinsorte schneller fährt als mit anderen.

    In diesem Film entspricht Fischerkoesen auch dem Prinzip, das der Schweizer Viktor J. Gassler in seiner „Betriebswirtschaftlichen Darstellung des Films als Werbemittel“ niedergelegt hat: „Die inhaltlichen und filmischen Effekte müssen das Wohlwollen unmittelbar auf den Werbegegenstand übertragen.“ Im Falle Fischerkoesen: Das Wohlwollen, das die filmischen Gags erzeugen, auf den Kraftstoff.

    Daß die indirekte Aussage des Werbefilms mit großer Wahrscheinlichkeit in das Unbewußte des Kinobesuchers einsickert, erklärt sich aus der Situation des dunklen Kinoraums, die von den Psychologen mit der „Einschlafsituation“ verglichen wird, weil sie starke Kräfte des Unbewußten aktiviert: Der Zuschauer fühlt sich bequem und behaglich; er ist freiwillig gekommen und aufnahmebereit. „Beim Film hat man die Menschen in einem abgedunkelten Raum versammelt“, sagt Fischerkoesen, „herausgelöst aus ihrer gewohnten Umgebung, also in günstigen Umständen, mit denen kein anderes Werbemittel rechnen kann.“

    In dieser Atmosphäre läßt sich mit der Suggestivkraft des Films, dem Nebeneinander von Wort, Musik, Geräusch, Bewegung und Farbe leichter das erzeugen, was man als den Enderfolg werbepsychologischer Behandlung bezeichnet: bestimmte Bereitschaften in künftigem Verhalten.
    Ähnliche Überlegungen müssen die Leipziger Schuhfirma „Nordheimer“ im Jahre 1921 bewogen haben, dem unbekannten Zeichner Hans Fischer einen humorvollen Schuhwerbefilm „Der Bummel-Petrus“ abzukaufen. Fischer hatte ihn aus eigenem Antrieb in wochenlanger Arbeit zusammengebastelt und mit diesem ersten gezeichneten deutschen Werbefilm eine neue Form der Reklame geschaffen.
    Schon während des ersten Weltkrieges hatte der nur garnisonsverwendungsfähige asthmatische Sachse in einer Berliner Kaserne darüber nachgegrübelt, wie er wohl die Karikatur auf der Kinoleinwand zum Leben erwecken könne.

    Das Grundprinzip des Zeichenfilms war ihm zwar klar, nämlich, daß er die Handlung in einzelne Phasen zerlegen mußte, so wie die Ägypter die Biographie der Pharaonen, in einzelne Abschnitte aufgeteilt, kontinuierlich auf Steinquadern dargestellt hatten. Ähnlich wie Wilhelm Busch seine Serienzeichnungen, so strichelte Fischer Karikatur um Karikatur auf das Papier. Aber wie man aus diesen Phasenzeichnungen einen Film machen sollte, wußte ihm im Weltkriegsberlin niemand zu sagen.
    Dabei war schon 1908 in Deutschland der erste Zeichenfilm gezeigt worden. „Phantasmagorie“ hieß der 35 Meter lange Streifen, der aus 1870 einzelnen Zeichnungen bestand. Sein Schöpfer war der französische Schauspieler und Illustrationszeichner Emile Cohl.

    Die „Wenn ... dann“-Formel

    Nach Kriegsende zog sich Fischer ins elterliche Heim zurück, karikierte in monatelanger Arbeit auf 1600 Blättern den Typ des Kriegsgewinnlers und beauftragte eine Leipziger Spielfilmfirma, einen Film daraus zu machen. Die Film-Gesellschaft, die kurz vor dem Bankrott stand, nahm dem Zeichner für den Auftrag 700 Mark ab, die er sich mühsam zusammengeborgt hatte. Der Film kam nie zustande.

    Nachdem Fischer endlich erkannt hatte, daß die Firma genausowenig vom Zeichenfilm wußte wie er, nahm er, zusammen mit einem Kameramann, die Sache selbst in die Hand. Eine Margarinekiste wurde sein Tricktisch: Oben in die Kiste bohrte er ein Loch für das Objektiv der Kamera. An der rechten und linken Innenwand befestigte er zwei Lampen. Dann schob Fischerkoesen die Zeichnungen auf einer Justierschiene nacheinander in die beleuchtete Kiste und photographierte sie mit der Handkurbel-Kamera.
    Was dabei im Jahre 1919 herauskam ein dreißig Meter langer Streifen mit starken Belichtungsschwankungen und viel zu dünnen Konturen -, war der erste deutsche Zeichenfilm „Das Loch im Westen“. Überraschter als das sächsische Publikum, dem der Einminutenfilm alsbald vorgeführt wurde, war Fischer selbst: Ein Leipziger Verleiher bot ihm 3000 Mark für die lebenden Karikaturen, und fortan nannte sich Fischer - zur Unterscheidung von anderen Fischers der Filmbranche - „Fischer -Kösen“ (woraus nach dem zweiten Weltkrieg im Hinblick auf das Ausland „Fischerkoesen“ wurde).
    Als er hörte, daß die Leipziger Schuhfirma „Nordheimer“ an origineller Werbung interessiert war, verfertigte er den „Bummel-Petrus“, der dem jungen Filmzeichner zunächst einen Zweijahresvertrag bei Julius Pinschewer in Berlin einbrachte.

    Pinschewer, der heute ein Studio in Bern leitet, war der Vater des realen Werbefilms: 1911 hatte er auf einer Versammlung des Reklameschutzverbandes in Berlin die ersten Einminuten-Werbefilme vorgeführt, die meist mit lebenden Personen gedreht worden waren. Darunter war auch schon der erste Werbetrickfilm: Ein realer Napfkuchen vergrößerte sich mehr und mehr, was, wie der geschriebene Text besagte, auf Dr. Oetkers Backpulver zurückzuführen war.

    Bald eröffnete Fischerkoesen selbst ein Werbefilm-Studio und brachte gezeichnete Standard-Werbefilme für Mode- und Kohlengeschäfte, für Fahrräder, Herrenkonfektion und Porzellan heraus. Die Filme wurden in jeder Stadt für einen anderen Auftraggeber gezeigt: Man hängte an den Schluß jeweils den Namen des Einzelhandelsgeschäfts an.

    In jenen Jahren entwickelte Fischerkoesen die werbepsychologischen Rezepte, nach denen seine Filme heute noch hergestellt werden. Das bewährteste ist die „Wenn ... dann ...“-Formel, die Fischerkoesen heute beispielsweise in einem Werbefilm für eine Strumpffirma anwendet: Ein Paar überdimensionierte, bestrumpfte Damenbeine tanzen nach dem Schlager „Das machen nur die Beine von Dolores“ durch den Film. Weil sie in X-Strümpfen stecken, verwandeln sich die Beine unversehens in Magneten, die alle Männer unwiderstehlich anziehen.

    Die von den Beinen der Dolores verwirrten Männer kehren zu ihren Frauen erst wieder zurück, nachdem sie die gleichen Strümpfe wie Dolores tragen, die das Bein so unerhört verschönen. Die Werbebotschaft drängt sich durch die bildhafte Darstellung auf: Wenn Strümpfe - dann X-Strümpfe.
    Fischerkoesen verfährt dabei nach den werbepsychologischen Theorien, die der schweizerische Professor Dr. Arthur Lisowsky einem Hamburger Reklamekongreß vortrug. „Bei der Wertung des für die Bedürfnisbefriedigung in Frage kommenden Gutes spielt der Gesamteindruck zunächst eine Rolle“, sagte der Professor. Man kaufe Handschuhe nicht nur aus Gründen des
    – „Sachnutzens“ (um warme Finger zu haben), sondern auch des
    – „Geltungsnutzens“ (um modisch gekleidet zu sein) oder des
    – „ästhetischen Nutzens“ (um etwas zu haben, was unabhängig vom Sach- oder Geltungsnutzen gefällt).

    "Der Werber appelliert also nicht nur an die sachlichen Erwägungen, wie - etwa beim Autokauf - Zuverlässigkeit, Schnelligkeit, Billigkeit usw., sondern er verkauft auch Zusatznutzen, wie:
    – "soziale Geltung,
    – "Prestige,
    – "Neid der Nachbarn,
    – „erotische Anziehung durch Verwirklichung einer erträumten Idealgestalt.“

    In seinem Strumpffilm konzentrierte Fischerkoesen den Hauptappell auf den Zusatznutzen: die erotische Anziehung, die durch Tragen einer bestimmten Strumpfmarke ausgeübt wird. Fischerkoesen versinnbildlichte sie, in dem er die bestrumpften Beine in Magneten verwandelte. Von den scheinbar absichtslosen Kapriolen der Bewegung - den rhythmisch tanzenden Damenbeinen - zu Beginn des Films führt ein roter Faden zur Werbe-Empfehlung am Schluß. Das ist die Formel, die Fischerkoesen immer wieder anwendet: „Die synchron dem zündenden Rhythmus der Musik ablaufende Bewegung lenkt das Bewußtsein des Zuschauers in die gewünschte Bahn.“
    Auf diese musikalische Bewußtseinslenkung verwendet Fischerkoesen große Sorgfalt. Gewöhnlich verfolgt er morgens vom Bett aus schokoladekauend noch zweieinhalb Stunden die Aufstehprogramme der Rundfunksender, um sich über das neueste Angebot auf dem Schlagermarkt zu informieren. Die matinale Pirsch liefert ihm in der Regel den Schlager der Saison oder den Evergreen für einen neuen Film.

    Auf dem Schlager des amerikanischen Films „Lili“ ("Das höchste Glück auf der Erde ...") baute er im Stile der Dornröschen-Erzählung die Story eines kleinen Mädchens auf, dem eine Taube die Einladung zum Ball überbringt. Als das Mädchen das Abendkleid anziehen will, entdeckt es bestürzt, daß eine Naht gerissen ist. Die Taube flattert zurück und holt fünf wie Zwerge personifizierte Rollen „Gütermanns Nähseide“ herbei, mit denen der Schaden behoben wird.

    Fischerkoesen nutzt aber nicht nur die sentimentale oder erotische Stimmung des Schlagers, sondern auch den - oft doppeldeutig abgeänderten - Text für seine Werbebotschaft. So verwandte er zum Beispiel den Schlager
    – „Die süßesten Früchte“: in einem Werbefilm für Fruchtsäfte;
    – „Montag ist ein Tag“: in einem Film, in dem alte Hausgeräte singend auftreten ("Montag ist ein Tag, den ich gar nicht mag, Dienstag ist wie Montag"), bis ein Staubsauger die Arbeit im Nu erledigt;
    – „Heut’ ist ein Feiertag für mich“: in einem Schokoladenfilm (Ein Tag, an dem man X-Schokolade ißt, ist ein Feiertag);

    – „Bei mir zu Haus“: für einen Teppichfilm, mit den abgewandelten Worten: „Bei uns zu Haus liegt eine Insel schöner Farben“;
    – „Wir sind für einander bestimmt“: in einem Zahnpasta-Film, in dem Zahn und Zahnpasta personifiziert singend auftreten.

    Neben der Musik ist die Farbe ein wichtiges Medium der Fischerkoesen-Filme. Ihr weicher Limonadenton, den Fischerkoesen als einen „Stimmungsfaktor von hohem Rang“ bezeichnet, kommt nach seinen Erfahrungen angeblich bei den Hausfrauen, der wichtigsten Käuferschicht, ebenso gut an wie der männliche Timbre seines Hauptsprechers, des im Werbegeschäft exklusiv für ihn verpflichteten Schlagersängers Peter René Körner.

    Von dem Realfilm mit lebenden Schauspielern, die das Objekt der Werbung - ohne jeden Trick - in den Mittelpunkt ernster oder heiterer Episoden stellen, hält Fischerkoesen wenig. „Der Realfilm ist für mich reizlos“, sagt er. „Außerdem halte ich ihn für weniger werbewirksam. Der Vergleich zum darauffolgenden Spielfilm liegt für das Publikum zu nah und wird in der Regel zum Nachteil des realen Werbefilms ausfallen. Es wirkt im allgemeinen auch unglaubwürdig, daß sich eine ganze Familie über die Vorzüge einer Margarinemarke unterhält.“

    Wenn ein Kunde mit einem Auftrag an ihn herantritt, macht sich Fischerkoesen zunächst mit dem Werbestil und mit den Werbe-Argumenten der Firma vertraut. Dann sucht er nach einer Idee, um die Wünsche des Auftraggebers filmisch zu übersetzen. Kunden, die mit einer fertigen Idee kommen, sind nicht sehr beliebt, weil nach Fischerkoesens Erfahrungen die meisten dieser Ideen nicht mehr als einen guten Anzeigentext abgeben. Selbst mit erfahrenen Komödienschreibern, wie Just Scheu und Ernst Nebhut, die gelegentlich für ihn arbeiteten, hatte Fischerkoesen Schwierigkeiten. Er hat deshalb die Suche nach Autoren aufgegeben.
    Normalerweise macht er selbst die Arbeit, die in der Filmbranche gewöhnlich der Drehbuchautor leistet. Er schlägt dem Kunden mehrere Filmideen vor, die er in rohen Handlungsskizzen festgelegt hat. Die akzeptierte Idee wird dann zusammen mit den Chefzeichnern endgültig ausgearbeitet. Ein Fischerkoesen-Film ist durchschnittlich 50 bis 60 Meter lang und kostet den Kunden rund 25 000 Mark. In zwei Minuten ist der Lockgesang auf einen Markenartikel abgelaufen. Um dieses Zwei-Minuten-Opus herzustellen, braucht das Studio - das immer mehrere Filme zugleich in Arbeit hat - sechs bis acht Wochen.

    Die Zerlegung in Einzelbilder, die den Trickfilm ermöglicht, macht den Zeichenfilm zu einer Sisyphusarbeit: Für einen Hundert-Meter-Film mit sieben gleichzeitig erscheinenden Figuren sind über 36 000 einzelne Zeichnungen erforderlich. Die Arbeit ist jedoch dadurch vereinfacht, daß nur die Bewegungsphasen der einzelnen Figuren gezeichnet werden, die der Kameramann dann nacheinander vor einem einzigen Hintergrund photographiert.

    Nach dem von der Cutterin gestutzten Magnetophonband mit der Musik, die den Rhythmus des Films bestimmt, legen die sechs akademisch geschulten Chefzeichner das Gerippe des Filmes auf einer sogenannten Zeichenpartitur fest. Sie zeichnen die Hauptphasen, das heißt die erste, fünfte, neunte usw. Phase einer Bewegung. Dann werden die Hauptentwürfe in den großen Zeichensaal des Studios hinübergereicht, in dem andere Zeichner die Zwischenphasen anfertigen und junge Mädchen die auf Papier gezeichneten Bleistiftphasen für einen Stundenlohn von einer Mark auf durchsichtige Folien übertragen - ("konturieren") und schließlich Stück für Stück mit Spezialfarben ausmalen.

    Dann werden die einzelnen Zeichnungen in der vorgeschriebenen Reihenfolge von der Spezialkamera photographiert, die Musik wird eingemischt, und der Film ist fertig für die letzte Abnahmevorführung, in der Fischerkoesen peinlich darauf achtet, daß die Figuren sich auf den Sekundenbruchteil exakt nach dem Rhythmus des Titelschlagers bewegen.
    An heutigen graphischen Gesichtspunkten gemessen, sind Fischerkoesens Figuren in überraschend simpler, provinzieller Manier gezeichnet, die einen Vergleich etwa mit Walt Disneys urbaner, kräftig konturierter und einfallsreicherer Zeichentechnik nicht bestehen kann. Die Charakteristiken der Fischerkoesen-Figuren könnten von einem Grundschüler entworfen worden sein; rote Knollennasen, runde Apfelbäckchen, Punkt-Augen, Kartoffelbäuche, Streichholzbeine.

    An dieser hausbackenen Typisierung hält Fischerkoesen mit derselben Beharrlichkeit fest, mit der er Tag für Tag denselben hellgrauen, konservativ geschnittenen Glencheck-Zweireiher und dieselbe Krawatte trägt. Vergeblich versuchen die jüngeren Zeichner seines Studios, eine moderne graphische Gestaltung durchzusetzen.

    Vollendet ist dagegen Fischerkoesens Technik in den sogenannten „Sachtrickfilmen“, die nicht gezeichnet werden: Waschmittelpakete bewegen sich scheinbar selbständig, Kaffeekannen tanzen Boogie -Woogie, Wäschestücke flattern augenscheinlich mit eigener Kraft in den Schrank.
    Die Film-Tricks beruhen im Grunde nur auf dem „Trick“ jedes Films: auf der Summe einzelner Photos, die nur dadurch eine Bewegung vortäuschen, daß sie mit einer Geschwindigkeit von vierundzwanzig Bildern in der Sekunde vorgeführt werden. Das Geheimnis des Trickfilms liegt darin, daß jedes der Bilder, die dann im Film aneinandergereiht sind, einzeln aufgenommen wird. Jedesmal, wenn die Kamera wieder geschlossen ist, kann das Aufnahme-Objekt für das nächste Bild beliebig verändert werden.
    Wenn sich in einem Fischerkoesen-Film ein Waschmittel-Paket scheinbar selbständig um die eigene Achse dreht, dann ist diese Bewegung das Ergebnis einer einfachen Rechnung. An der Rückseite des Paketes ist - für den Kinobesucher unsichtbar - eine Führungsschiene angebracht, mit der ein Kamera-Assistent das Paket vor jeder Aufnahme verschiebt. Da bei der Vorführung vierundzwanzig Einzelaufnahmen in einer Sekunde hintereinander ablaufen, wird das Waschmittelpaket vierundzwanzigmal um ein Vierundzwanzigstel gedreht und in jeder Position einzeln aufgenommen. Wenn die 24 Bilder im Film in einer Sekunde abgespult werden, dreht sich das Paket scheinbar selbständig um die eigene Achse.
    Auch der frei im Raum schwebende Starmix beruht auf einem simplen Vorgang: Die einzelnen Bewegungsphasen des Geräts werden vor einem schwarzen Hintergrund photographiert und dann mit dem vorher aufgenommenen Filmhintergrund kombiniert. Eine im Film Boogie-Woogie tanzende Kaffeekanne wird auf schwarzen Untergrund gelegt; die einzelnen Positionen, aus denen sich nachher bei der Vorführung die Bewegung ergibt, werden mit der Kamera von oben aufgenommen.

    Die enorme Arbeitsleistung seines 60 -Mann-Unternehmens, das jährlich etwa 30 bis 35 Werbefilme herstellt, verdankt Fischerkoesen nicht nur dem eigenen Fleiß, sondern auch der Tatsache, daß die Hierarchie des Betriebes aus Familienmitgliedern - zwei Schwestern, zwei Nichten, einem Vetter, einem Neffen und einem Schwager - besteht und daß das alte Team wieder beisammen ist, mit dem er seit den zwanziger Jahren arbeitet: die beiden Hauptphasenzeichner Leni Fischer, 58, und Rudolf Bär, 55, sowie der Chefkameramann Kurt Schleicher, 46.

    Das Betriebsklima wird - vielleicht deswegen - nicht von allen Mitarbeitern als ideal empfunden: Es gibt keinen Betriebsrat, die Löhne sind nicht verlockend hoch, und Urlaub wird oft nur gewährt, wenn in den Terminplänen eine Lücke klafft.

    So sehr Fischerkoesen darauf achtet, daß sein Betrieb keine Übergehälter zahlt, so wenig scheut er sich, bei der Herstellung eines Films beträchtlich zuzusetzen, wenn er mit der Besessenheit des Bastlers und dem Ehrgeiz des Film-Autodidakten nach immer neuen Wegen sucht.

    In einem Waschmittel - Werbefilm, der im Herbst herauskommt, bringt die Leuchtkraft eines mit einem bestimmten Waschpulver gewaschenen Oberhemdes eine Rose zum Aufblühen. Um die Wirkung des Tricks zu erhöhen, ist die Rose nicht gezeichnet, sondern echt. Das mit Zeitraffer photographierte Aufblühen der Knospe, das auf der Leinwand in vier Sekunden vorüber ist, hielt - weil Fischerkoesen auf die Eindringlichkeit dieser Episode besonders Wert legte - das Studio mit Dutzenden von Experimenten anderthalb Wochen auf.

    Aber selbst wenn die Produktionskosten eines Films die vertraglich festgelegte Verkaufssumme übersteigen, verdient Fischerkoesen gut an jedem Auftrag. Das garantiert ihm eine Bedingung, die Voraussetzung für jeden Herstellungsvertrag ist, nämlich: daß sein Studio auch die einzelnen Kopien eines jeden selbsthergestellten Werbefilms zieht und - über zwei Vertriebsfirmen - die Auslieferung an die Kinos besorgt. Die Herstellung der Kopien - je Film durchschnittlich 50 bis 100 - und der Verleih im Auftrage der werbenden Firmen garantieren dem Studio hohe Dauereinnahmen. „Die Produktion eines Werbefilms für 25 000 Mark ist kaum ein Geschäft“, gesteht Fischerkoesen. „Beim Vertrieb dagegen geht der Umsatz in die Hunderttausende.“

    Atelier für Fernseh-Filme

    Nicht nur durch die strukturelle Verbindung von Zeichenatelier mit Kopieranstalt und Verleih glaubt er sein Unternehmen krisenfest gemacht zu haben. Er ist überzeugt, daß sein Geschäft keine Konjunkturschwankungen zu fürchten braucht: „In der Konjunktur geben die Firmen ihr Geld gern für die Werbung aus. Bei einer Flaute müssen sie werben, um gegen die Konkurrenz bestehen zu können.“

    Nur dreimal hat Fischerkoesen einen Ausflug in das Gebiet des gezeichneten Spielfilms unternommen. 1942 pinselte er nach einer Idee des Zeichners Möllendorff in vier Monaten den Neunminutenfilm „Verwitterte Melodie“: Auf dem Schallplattenteller eines auf einer Wiese vergessenen Grammophons ließ er eine personifizierte Wespe tanzen, die ihren Stachel als Grammophon-Nadel benutzte und so der Schallplatte - zum Entzücken der anderen Wiesenbewohner - Musik entlockte. „Der Schneemann“ bekam seinen sehnlichsten Wunsch erfüllt, einmal den Sommer zu erleben, und „Das dumme Gänslein“, das seiner Bauern-Familie ausrückte, erlebte schreckliche Abenteuer in der Stadt.

    Seit Kriegsende hat Fischerkoesen das risikofreie Geschäft bevorzugt und nur noch Werbefilme hergestellt. Er ist überzeugt, die Möglichkeiten des Trickfilms heute so weit ausgeschöpft zu haben - „Es gibt keine noch so kühne dramaturgische Idee, die ich nicht filmisch verwirklichen könnte“ -, daß der Sprung nach den Vereinigten Staaten kein allzu großes Risiko mehr ist. Mit dem Bau eines Ateliers, in dem die Werbefilme für die amerikanischen Fernseh-Sender hergestellt werden sollen, will er in den nächsten Wochen beginnen.

    Schon im Herbst wird sich ihm auch in Deutschland ein neuer Markt öffnen, für den das neue Atelier gerade rechtzeitig fertig werden wird: Ab 1. November werden auch deutsche Fernseh - Stationen ein Werbeprogramm ausstrahlen.

    Fischerkoesen (am Schneidetisch)
    Tricks für die „Einschlafsituation“
    "Fischerkoesen-Filmstudio" in Mehlem
    Reklame für die 40-Stunden-Woche
    Kulisse im Trickfilm-Atelier: Redensarten werden optisch übertragen
    Die Entwürfe von sechs Hauptbewegungsphasen legen fest ...
    ... wie die 24 Phasenbilder für eine Filmsekunde gezeichnet weiden müssen: Die Bewegung noch dem Schlager-Rhythmus ...
    ... lenkt das Bewußtsein in die gewünschte Bahn: Geige aus Dujardin-Werbefilm
    Zeichnerin des Fischerkoesen-Studios: Limonadenfarben für Hausfrauen
    Fischerkoesen-Strumpfreklame: Nach Tanzschritten eine Werbebotschaft

    #Allemagne #film #animation #histoire

  • Attacke auf Frank Magnitz : Polizei widerspricht AfD-Version in Teilen | Berliner Zeitung
    https://www.berliner-zeitung.de/politik/attacke-auf-magnitz-polizei-widerspricht-afd-darstellung-der-tat-te

    Voici un extrémiste de droite avant ...

    ... et après ...


    ... une grave chute suite à une bousculade avec des inconnus.

    Ici le terme bousculade n’est qu’à peine ironique. Magnitz se rappelle "de rien" et les vidéos du fait divers montrent comment trois personnes le font tomber par derrière avant de prendre la fuite.

    Tous les médias "de qualité" déplorent l’agression . C’est le moment de leur rappeller une phrase célèbre du ministre-président du Bade-Wurtemberg Hans Filbinger .

    „Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein.“

    Source : Der Spiegel 20, 1978, Seite 23, spiegel.de


    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40615419.html

    Ce politicien chrétien-démocrate et ancien juge militaire nazi justifiait les condamnations à mort qu’il a prononcé avec l’argument que la loi militaire en vigeur depuis 1872 devrait toujours s’appliquer dans le présent.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Filbinger-Aff%C3%A4re#Filbingers_Stellungnahmen
    „Meine Äußerung bezog sich nicht auf die verabscheuungswürdigen NS-Gesetze, sondern auf die seit 1872 im Militärstrafgesetzbuch angedrohte Todesstrafe für Fahnenflucht im Felde.“

    Si la la gauche adoptait une position similaire à celle du grand démocrate chrétien, le sort du cadre AfD ressemblerait à celui d’un autre extrémiste de droite connu.

    Nous sommes reconnaissants aux agresseurs du pauvre chef de droite provincial de lui avoir épargné le sort de ses prédécesseurs plus importants. Nous vivon une époque formidable et paisible.

    #Allemagne #politique #nazis #wtf

    • Wer Hass sät, wird Gewalt ernten | de.indymedia.org
      http://archive.fo/2019.01.09-182514/https://de.indymedia.org/node/28004#selection-247.0-305.34
      Cette déclaration n’a rien en commun avec les publications autonomes habituelles. On peut alors en déduire une forte probabilité d’une mise en scène (false flag operation) par des extrémistes de droite.

      von: Antifaschistischer Frühling Bremen am: 09.01.2019 - 18:00
      Regionen: Bremen
      Themen: Antifa, Antirassismus
      Abstract: Der Antifaschistische Frühling Bremen gibt bekannt, dass wir den AfD-Politiker F. Magnitz am Montag gegen 18.00 Uhr Ortszeit von seinem faschistischen Gedankengut befreien wollten. Magnitz, der gute Kontakte in die rechtsextreme und faschistische Szene hält und des öfteren mit rassischtischen Äußerungen in Erscheinung tritt, darf in Bremen und anderswo keinen Fuß mehr fassen und gehört wie jeder andere Nazi mundtot gemacht. Wir dulden keinen Nazi-Abschaum in unserer Gegend! Der Antifaschistische Frühling wird kommen! Macht euch bereit!
      Antifaschistischer Frühling Bremen

  • Der „Spiegel“ und sein Märchen vom bösen Juden Bruno Bettelheim - haGalil
    http://www.hagalil.com/2010/03/bettelheim-spiegel

    9. März 2010 – 23 Adar 5770

    Unmittelbar nach dem Freitod des jüdischen Psychoanalytikers Bruno Bettelheim am 13. März 1990 wurde posthum massive Kritik an diesem geäußert. Zu Lebzeiten war diese Kritik nicht zu hören gewesen. Ein amerikanischer Journalist, dessen Bruder etwa 40 Jahre zuvor Patient in der Orthogenic School gewesen war, publizierte 1997 in den USA eine wütende Polemik gegen Bettelheim. Danach versandete die Diskussion. Das Buch wurde von keinem deutschen Verlag übersetzt. Der Spiegel, in den Jahrzehnte zuvor ein begeisterter „Fan“ von Bettelheims Schriften, publizierte sogleich eine von fachlichen Kenntnissen gereinigte Polemik des deutschen Journalisten Johannes Salzwedel, die, wenn man sich freundlich auszudrücken geneigt ist, nicht frei von antisemitischen Begrifflichkeiten, Klischees und Ressentiments gegenüber jüdischen Überlebenden der Shoah war. Man könnten auch sagen: Seine Polemik war (um mit Heiner Otto von der TRIBÜNE zu sprechen) einzig und allein ein vulgäres antisemitisches Zerrbild. Der Journalist Salzwedel, gesegnet mit der Gnade der späten Geburt, schrieb im Spiegel von „zähen KZ-Überlebenden“, „jüdischen Überlebenskünstlern“, „geltungssüchtigen Patriarchen“, „zwanghaften Hochstablern“, „KZ-Kapos“ und „sadistischen Machtspielern“. Selten, so will mir scheinen, haben sich antisemitische Affekte derart skrupellos öffentlich im Spiegel in Szene gesetzt…

    Von Roland Kaufhold

    „Wer die Persönlichkeitsintegration anderer fördert, kann dadurch versuchen, auch die eigene Integration zu fördern, und im Dienst an den Lebenden kann man das Gefühl gewinnen, man habe seine Verpflichtung gegenüber den Toten erfüllt, soweit dies überhaupt möglich ist.
    Persönliche Integration und damit Sinnerfüllung zu erringen, ist ein völlig individueller Kampf. (…) Als Forscher auf dem Gebiet der Psychoanalyse und als Anhänger von Sigmund Freud bin ich tief beeindruckt von Freuds kritischer Skepsis im Blick auf den Menschen und sein Wesen (…) ich weiß deshalb, dass bei allen Versuchen, dem Leben Sinn abzuringen, in Wirklichkeit sehr weitgehend der Sinn in das Leben hineinprojiziert wird.“
    Bruno Bettelheim (1980a, S. 45)

    1. Prolog: Die posthume Kritik an Bruno Bettelheim

    „Ich bin (…) an der Befreiung des Menschen interessiert und nicht an der Veränderung des Symptoms. (…) Mein Therapieziel ist, dass der Mensch frei entscheiden kann, was für ein Leben er führen will. Wenn ich ihm helfe, sich frei zu entscheiden, ob er zum Beispiel psychotisch sein will oder nicht, dann habe ich mein Therapieziel erreicht.“
    Bruno Bettelheim (1976, S. 14)

    Nachdem der von den Nationalsozialisten verfolgte österreichische Jude Bruno Bettelheim am 13. März 1990, dem 52. Jahrestag der nationalsozialistischen Okkupation Österreichs, im amerikanischen Exil „freiwillig“ den Tod gewählt hatte (vgl. Kaufhold, 1994, 2001, Fisher, 2003, S. 159-172), gab es bereits einige Monate später den Versuch, Bettelheim zu „demontieren“: Von einer selbstgerechten Öffentlichkeit wurde der zuvor von eben dieser Öffentlichkeit idealisierte, tote Jude Bettelheim – da er sich nicht mehr zu wehren vermochte – binnen weniger Wochen ins „Gruselkabinett“ der Unperson (Die Zeit Nr. 39/1990, S. 78) befördert.

    Es begann mit einem anonymen Leserbrief im „Reader“, einem kostenlosen Chicagoer Wochenblatt. Dann starten zwei frühere langjährige Patienten von Bettelheims legendärer Chicagoer „Sonia Shankman Orthogenic School“ die gezielte Rufmordkampagne: Charles Pekow, ein freier Journalist, lanciert einen Artikel in der Sonntagsausgabe der Washington Post unter dem Titel: „The Other Dr. Bettelheim; the Revered Psychologist Had a Dark, Violent Side“ (Washington Post, 26.8.1990), in dem er Bettelheim nicht nur als einen skrupellosen Sadisten, sondern gleich auch noch als einen Rassisten zu „entlarven“ glaubte. Ronald Angres führt die Kampagne mit „Who. Really. Was Bruno Bettelheim?“ (Commentary, 4/1990, S. 26-30) fort. Nun hätte man sich an dieser Stelle über Bettelheims offenkundige Behandlungserfolge erfreuen können – hatte er, der bekanntlich nur scheinbar „unheilbare“, jedoch nicht primär organisch beeinträchtigte Kinder und Jugendliche zur Behandlung in seine milieutherapeutische Einrichtung aufgenommen hatte (aber auch dies glaubte man später in Abrede stellen zu können), doch so wortgewaltige, arbeitsfähige Patienten ins öffentliche Leben entlassen.

    Dieser offenkundige Widerspruch kam jedoch nirgends zur Sprache. Das Nachrichtenmagazin Newsweek setzte mit „Beno Brutalheim?“ (Newsweek, 10.9.1990, S. 57f) nach, und auch der Spiegel (Nr. 37/1990, S. 262f) mochte im Herbst 1990 nicht abseits stehen: „Rettender Diktator“ (nun ohne Fragezeichen) wusste er skandalträchtig zu titeln – und unterschied sich hiermit inhaltlich und stilistisch nur in Nuancen von „Bild“: „Nachts, wenn Bettelheim kam“. In seiner Einleitung schrieb der Spiegel 1990: „Mit viel Geduld und ohne Gewalt sollten Kinder erzogen werden, predigte der Psychoanalytiker Bettelheim. Nun kommt heraus: Er selbst verhielt sich autoritär.“ Das Weltbild war geordnet, die Einteilung in „gut“ und „böse“ gesichert.[01]

    Es gab jedoch auch nachdenklichere Stimmen: „Hitting our heroes when they’re dead. Americans eager to fault the famous“ schrieben die San Jose Mercury News (9.3.1991, S. 20f)[02]. Und die Süddeutsche Zeitung (Das Streiflicht, 13.9.1990) kommentierte, die publizistischen Gesetzmäßigkeit solch selbstgerechter öffentlicher „Denkmalstürzerei“ benennend, ironisch-nachdenklich:

    „Zum Beispiel Mozart: Dem würde mancher Verehrer seiner seraphischen Musik heute wohl gern noch begegnen. Doch der Schock wäre immens. Ganz gleich, ob Wolfgang Amadeus den Fan (männlich) um Geld angebettelt hätte – nicht ohne die durch faulende Zähne gemurmelte Beteuerung, er werde das Sümmchen infolge eines todsicheren Glückspieltipps schon morgen zurückzuzahlen in der Lage sein, (…) eines jedenfalls hätte er auf keinen Fall getan: dem Verehrer das Bild vorgeführt, das dieser sich aufgrund der Musik von Mozart zurechtgelegt hatte. Oder Albert Schweizer, den nur die entferntere Welt als sanftmütigen Urwalddoktor verehrte: Seine nähere Umgebung kannte ihn als tyrannischen Grobian.
    Was wir mit alledem sagen wollen, ist nun klar. Von den Werken groß genannter Menschen (genauer gesagt: von dem, was in ihren Werken auf die Mit- wie Nachwelt fortwirkt) sind keinerlei Rückschlüsse auf deren Charakter möglich. Das stimmt selbst da, wo das Werk geradezu darauf angelegt ist, Charaktere zu prägen: Pestalozzi, der Urvater der modernen, kindgerechten Pädagogik, scheiterte kläglich an der Erziehung seiner eigenen Kinder. Und Bruno Bettelheim? Der vor kurzem in den Tod gegangene Analytiker und Kindertherapeut verdient es, groß genannt zu werden, weil er zum einen endgültig Schluss machte mit dem Irrglauben, Kindern müsse aus Erziehungsgründen die heillose Welt als eine heile vorgegaukelt werden, und weil er zum anderen, indem er mutig auf die Kraft des Bewusstseins setzte, selbst da Heilerfolge erzielte, wo alle anderen aufzugeben pflegten: bei der Behandlung autistischer (also extrem in sich verschlossener, ‚unansprechbarer‘) Kinder.
    Gerade ein halbes Jahr ist Bettelheim nun tot, und schon rühren sich die Geier. Ausgerechnet der Mann, der immer wieder Geduld und Güte gepredigt habe, so schrillt es uns nun aus Washington Post und Bild und Spiegel entgegen, ausgerechnet der habe sich in seiner Klinik zuweilen wie ein Despot gebärdet, habe mindestens zweimal Kinder geschlagen und sei überhaupt, so eine seiner ehemaligen Mitarbeiterinnen, manchmal unfähig gewesen, ‚zu tun, was er selbst als das Beste erkannt hatte‘. Sensationell? Eine Sensation wäre es, wenn es umgekehrt wäre, wenn Bruno Bettelheim der erste Mensch gewesen wäre, der das, was er wusste und aussprach, auch in all seinen Handlungen beherzigte. Er war es – möglicherweise – nicht; und so wird nicht er, aber werden wir leben müssen mit den läppischen Anwürfen, in denen psychoanalytisch geübte vielleicht den Versuch zum Vatermord erkennen können.“

    In der Bettelheim-Biographie von Nina Sutton (1996) – die ich trotz einiger Schwächen, trotz eines gelegentlich irritierenden moralisierenden Untertons, für seriös und sorgfältig gearbeitet halte (vgl. Kaufhold, 1996) – ist diese populistisch-rufschädigende Auseinandersetzung aufgearbeitet worden (u.a. S. 7-28). Als Suttons Buchprojekt bekannt wurde, gab es in den USA nur eine Reaktion: „`Sie schreiben also eine Biographie über Bettelheim‘, hieß es. ‚Und auf welcher Seite stehen Sie?’“ (S. 11) Zutreffend verweist Sutton auf die Parallelität zwischen den Angriffen gegen Wilhelm Reich (vgl. Fallend/Nitzschke, 2003) und Bruno Bettelheim. Dem selbsternannten amerikanischen Psychoanalyse-Verächter Jeffrey M. Masson (1994) wuchs hierbei die Rolle zu, die Angriffe gegen Bettelheim zu koordinieren.

    Welches Ausmaß diese „Affäre Bettelheim“ (Sutton) in den USA hatte, mag für den hiesigen Leser in der Bemerkung von Nina Sutton zum Ausdruck kommen:

    „Ich sage ‚Affäre‘, weil der ungeheure, maßlose Skandal, der unmittelbar nach dem Tod Bettelheims ausbrach und sechs Monate lang hauptsächlich die USA erschütterte, in der akademischen Welt und der Welt der Psychoanalyse seinesgleichen sucht. Nicht etwa, dass Hass in diesen Kreisen unbekannt wäre, aber normalerweise wird er nicht so schnell so öffentlich ausgetragen. Und man muss schon zurückgehen bis zu der Zeit, als Wilhelm Reich ins Gefängnis kam, um auf ein so verheerendes Durcheinander von Schmähungen und Verrat zu stoßen, auf soviel rachsüchtige Zerstörung. (Sutton, 1996, S. 9) (…)
    Während dessen kämpft Pekow weiter an vorderster Front und feuert aus allen Rohren. Der Golfkrieg wird vorbereitet – und er vergleicht die Orthogenic School mit dem Irak Saddam Husseins! Was zum Dialog werden sollte, endet als Predigt vor tauben Ohren. Und für das an einfache Botschaften gewöhnte Publikum, das möglichst schnell Ergebnisse sehen möchte, steht die Verteidigung schlecht da.
    Gegen Ende des Herbstes 1990 hat der Kampf seinen Höhepunkt erreicht. Binnen sechs Monaten ist es unmöglich geworden, den Namen Bettelheim auszusprechen, ohne sofort eine ausufernde, feindselige, beleidigende Polemik zu provozieren, die sich letztlich gegen alle Beteiligten richtet: gegen jene, die versuchen, das Denkmal des großen Vorsitzenden zu schützen, das längst vom Sockel gestürzt ist, aber auch gegen jene, die einst seine Schüler oder Patienten waren“ (Sutton, 1996, S. 25).

    Nicht unerwähnt lassen möchte ich an dieser Stelle, dass die relativierenden, erklärenden Stellungnahmen einiger enger Freunde und Kollegen Bettelheims, so die von den ebenfalls aus Wien stammenden und in den USA emigrierten jüdischen Psychoanalytikern Rudolf Ekstein (1994) und Ernst Federn, sowie die von David James Fisher (2003f) von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen wurden. Ernst Federn, der wegen seines antifaschistischen Engagements von den Nazis sieben Jahre lang in Dachau und Buchenwald gefangengehalten worden ist und dort Bruno Bettelheim kennenlernte (vgl. Federn, 1999a, Kaufhold, 1999), bemerkte im Dezember 1990 in einem Leserbrief an den New Yorker Commentary zur Anklageschrift von Ronald Angres:

    „In reading Ronald Angres‘ article: ‚Who really was Bruno Bettelheim?‘ in your issue of October 1990 I remembered a story which circulated among childtherapists in the sixties: ‚A child‘ so it was, ‚carried on at his home in such a violent manner that the parents were, unable to controll it. They called in a well known child psychiatrist and asked him for help. When he arrived he approached the boy und whispered in his ear. Immediately the child stopped acting up and went docilely out of his room. What did you tell the boy, the parents asked. I told him: You bastard if you don’t calm down immediatelly I smash your brains in.‘
    It is regrettable that a magazine of reputation like Commentary allows the accusation of an expatient who obviously was helped by Bettelheim to appear in print after the man thus malignant could not answer any longer. This article is also an insult to all the people who worked for and with Bettelheim for so many years. They are all made in the eyes of the uninformed reader into crowds and brutes.
    Autistic and otherwise severely disturbed children whom the parents cannot handle at home were before the existence of the Orthogenic School sent to institutions in which violence and sadism were commonplace. Later with the arrival of the transquilizing drugs restraints were replaced by chemical ones hardly less penicious for the patient allthough their terror became invisible to the ignorant observer. Bettelheim was a pioneer in what in the field is called ‚Milieutherapy‘, the only effective form of therapy for the severely disturbed patients. Anyone who has some knowledge or experience with this type of treatment knows that it cannot exclude violent acting out from the side of the patients as well as the therapists and caretakers. This violent is not corporal punishment in the sense of chastisement but the consequence of the disturbed behavior and is integrated into the therapy itself. Of course the patient himself may see it in retrospect differently. If Mr. Angres was never in need of such therapy the one against whom he ought to vent his anger would be his parents who exposed him unnecessarily to a painful and sad childhood experience. Considering the high costs of the Orthogenic School it can be doubted that the parents did not at least act in good faith and that Mr. Angres as a child was ‚quite‘ a handful to say the least. It is not unusual that the anger direct against the father is displaced on the therapist …“ (Federn, 1990).

    2. „Falsche Fabeln vom Guru“? – Journalismus als Spiel auf der Klaviatur des Ressentiments

    „Je gestörter ein Mensch ist, um so weniger glaubt er, was wir sagen, um so misstrauischer ist er gegen das, was wir tun. Aufgrund früherer Erfahrungen mit doppeldeutigen Botschaften kann er uns nicht trauen. Da der Patient weiß, er lügt, um seine wahren Gefühle zu verbergen, ist er um so mehr davon überzeugt, dass er dem, was jemand anderes sagt, nicht wirklich trauen darf. Eher traut er unseren Handlungen und unserer Art, mit ihm umzugehen. Am ehesten aber glaubt er dem, was er selbst mit eigenen Augen, durch Berührungen und vor allem durch eigenes Tun erlebt.“
    Bruno Bettelheim (1975, S. 115)

    Es vergingen einige Jahre. Die Polemiken flauten ab, das Thema war „abgehakt“. Im deutschsprachigen Raum wurde in der Zwischenzeit in zwei größeren Publikationen der Versuch unternommen, Bettelheims Leben und Werk systematisch aufzuarbeiten (Kaufhold, 1993, 1994). 1996 erschien dann die Bettelheim-Biographie von Nina Sutton. Im Januar 1997 meldete sich schließlich ein weiterer Autor zu Wort: Richard Pollak, ein New Yorker Journalist. Bei seinen Forschungen hatte er sich mit sehr freundlichen Worten u.a. an Rudolf Ekstein und Ernst Federn gewandt, mit der Bitte, ihm persönliches Material über Bettelheim zu überlassen. In einem Brief[03] hob er gegenüber Rudolf Ekstein seinen großen Respekt vor Bettelheim hervor und führte als Motiv für seine biographischen Bemühungen an, dass ein Bruder von ihm kurze Zeit Patient in der Orthogenic School gewesen, Ende der 1940er Jahre jedoch durch einen Verkehrsunfall ums Leben gekommen sei. Von daher, so ließ Pollak anklingen, habe dieser hoffnungsträchtige Behandlungsversuch seines Bruders durch Bettelheims Orthogenic School leider nicht fortgeführt werden können. Sowohl Ekstein als auch Federn empfingen Pollak und überließen ihm das erwünschte „Material“.[04]

    Der Titel von Pollaks 480-seitigem Buch ließ die unerwartete Stoßrichtung bereits erahnen: „The Creation of Dr. B. A Biography of Bruno Bettelheim.“ Es erschien, wie bereits erwähnt, im Januar 1997 bei „Simon & Schuster“ – und der Verlag wusste, wie man daraus ein gutes Geschäft macht. Er präsentierte der Weltpresse ein „Enthüllungsbuch“, das „die Wahrheit“ über diesen österreichischen jüdischen Emigranten zu bringen glaubte. Das Geschäft lief gut an: Bereits eineinhalb Monate nach dem Erscheinen des Buches in den USA brachte der „Spiegel“, der bereits 1990 mit „Rettender Diktator“ (s.o.) in die Kampagne eingestiegen war, die erwünschte „Entlarvungsstory“. Geschrieben wurde sie von Johannes Salzwedel[05], einem Redakteur der Kultur-Redaktion des „Spiegel“.

    Der „Spiegel“ kündigt sein Enthüllungs-Pamphlet bereits im Inhaltsverzeichnis mit der Schlagzeile „Die Lügen des Erziehers Bruno Bettelheim“ an, um auf der gleichen Seite, beim Porträt einzelner Schwerpunktartikel, in dicken Lettern fortzufahren: „Hochstabler Bettelheim: Kinder brauchen Märchen, Verständnis, aber nie Schläge – mit solchen Thesen wurde Bruno Bettelheim als Psychotherapeut weltberühmt. Dass er Schützlinge systematisch verprügelt hatte, kam erst nach seinem Selbstmord 1990 ans Licht. Nun belegt ein Biograph auch noch, dass der Emigrant ein Hochstabler war“ (S. 7). Die „Story“ wird im Inhaltsverzeichnis mit „Falsche Fabeln vom Guru“ (S. 166) angekündigt und sie beginnt mit den unmissverständlichen Worten: „Berühmt wurde er als Anwalt sanfter Erziehung und weiser Märchendeuter. Nun zeigt ein Biograph den Bestseller-Autor Bruno Bettelheim als sadistischen Machtspieler, der seine Karriere auf Lügen und Hochstapelei gründete.“ Und der „Spiegel“ verweist im Text auch gleich auf seine frühere „Enthüllungsstory“ über Bettelheim: „… ‚Unbeherrscht‘ und ‚unberechenbar‘ sei ihr Ersatz-Daddy gewesen; hinter den Mauern des Heims, das sein Direktor als Oase für verängstigte Seelen schilderte, habe sich eine ‚Welt à la Orwell‘ verborgen. Nicht selten habe Bettelheim, der in Büchern vehement jede Körperstrafe ablehnte, regelrecht drauflosgeprügelt“ (Der Spiegel 7/1997, S. 166).

    Ich hatte 1991, nach der ersten „Spiegel“ – Polemik gegen Bettelheim, einige Deutungsversuche über die Motive für die Heftigkeit der Kontroverse um Bettelheim vorgestellt, die primär auf die psychologischen Aspekte dieser Auseinandersetzung bezogen waren: Die eigene narzisstische Kränkung über das Scheitern von übersteigerten Idealisierungen eines vermeintlichen „Vorbildes“, eines „unsterblichen Heroen“, ausgelöst durch die Erschütterung über den Freitod eben dieses Menschen, der die Bewältigung extremster Traumatisierung als Lebensaufgabe übernommen und diese authentisch gelebt hatte – um sich am Ende, da er scheinbar schon „gesiegt“ hatte, dennoch das Leben zu nehmen -, erschien mir als ein Motiv für das Verständnis der Heftigkeit der Polemiken Genugtuung über Bettelheims Sterben. Diese Deutung halte ich weiterhin für hilfreich.

    Sutton (1996, S. 25) erwähnt einen weiteren Aspekt, der die „journalistische Dimension“ dieser Kontroverse anspricht: „Ein Toter kann keine Beleidigungsklage mehr erheben[06], heißt es im anderen Lager, um mit den Worten einer etwas zynischen (oder zu ehrlichen) Journalistin das plötzliche Medieninteresse zu erklären. Und an dieser Stelle passt auch eine Bemerkung von Bill Blau: ‚Ganz klar, mit seinem Selbstmord hat Bettelheim uns in die Hände gespielt.’“

    2.1 Historische Kontinuitäten und „vergessene“ Erkenntniszusammenhänge

    „Ich gehe von dem Standpunkt aus, dass die meisten Menschen das möchten, was ich selbst auch möchte. Weil meine Standards für Wohnen, Essen und körperlichen Komfort ziemlich hoch sind, muss ich annehmen, dass der Kranke noch viel mehr davon braucht und nicht weniger. Denn ich bin ja gesund, und ich kann durch meine Aktivitäten in der Gesellschaft vieles kompensieren, z.B. dass ich keinen großen Komfort zu Hause habe. Der Geisteskranke kann das nicht. Daraus folgt, dass man ihm noch mehr solchen Komfort einräumen muss.“
    Bruno Bettelheim (1976, S. 17)

    Es hätte dem „Spiegel“ nicht schlecht angestanden, seine früheren begeisterten Aufsätze über Bruno Bettelheim nicht ganz unter den Tisch fallen zu lassen: Bereits 1971 hatte er wohlwollend über Bettelheims Kibbuz-Studie „Kinder der Zukunft“ geschrieben[07] (s. Heinsohn 1994; Sutton 1996, S. 457-478). 1977 veröffentlichte er unter dem Titel: „Märchen: `Lebenshilfe für Kinder´“ einen umfangreichen, faszinierten Artikel über Bettelheims soeben erschienene Studie „Kinder brauchen Märchen“[08]. Er machte ihn mit einer großformatigen Illustration zu „Hänsel und Gretel“ auf und untertitelt diese mit einem Bettelheim-Zitat: „Jedes Märchen ist ein Zauberspiegel für gewisse Aspekte unserer inneren Welt“ (S. 153).

    Eingeleitet wurde dieser „Spiegel“-Artikel folgendermaßen: „Weil sie zu grausam seien, ‚Instrumente bürgerlicher Repression‘, müssten die Märchen aus der Kindererziehung verbannt werden, erklärten fortschrittliche Pädagogen vor einigen Jahren. Die entgegengesetzte Ansicht vertritt nur der – durch Therapieerfolge bei seelisch schwer gestörten Kindern berühmte – amerikanische Psychoanalytiker Bruno Bettelheim: Märchen helfen Kindern, ‚das Chaos in ihrem Unbewussten zu bewältigen‘.“ (S. 153)

    Und der „Spiegel“ beendete im März 1977 seine Bettelheim-Lobeshymne auf diesen „weisen Mann“ (ebd., S. 153) mit der Bemerkung: „Den Frosch, der sich aufblasen kann, deutet Bettelheim als Penis, zugleich aber als Embryo in Symbiose mit der Mutter, auf deren Schoß er sitzen, aus deren Glas er trinken und in deren Bett er liegen will. Erst als die Prinzessin den Frosch aus dem Bett gegen die Wand wirft und ihn so aus den Fesseln seiner unreifen Existenz erlöst, gewinnt er männliche Gestalt. Märchen, die sich Erwachsene von Märchen machen? Einem Kind, mahnt immerhin Psychiater Bettelheim, dürfe solch tiefer Sinn eines Märchens niemals erklärt werden – denn sonst sei dessen Zauberkraft gebrochen“ (ebd., S. 158). Und noch 1987 brachte der „Spiegel“ einen großen, sehr verständigen Beitrag über Bettelheims Alterswerk „Ein Leben für Kinder“ (s. Kaufhold 2001), den er mit den Worten einleitet: „Bruno Bettelheim, der große alte Mann der Kinderpsychologie, hat ein neues Buch über Erziehung geschrieben“.[09] Seine erneute Lobeshymne auf diesen „große(n) alte(n) Mann“ lässt er mit den Worten ausklingen: „So zieht Bettelheim nun das Resümee: ‚Trotz aller Experimente hat die menschliche Gesellschaft noch keinen besseren Weg gefunden, ihre Jungen aufzuziehen, als innerhalb der Familie.‘ Allerdings müssten Eltern die Gefühle ihrer Kinder (‚und insbesondere unglückliche Gefühle‘) ’sehr ernst nehmen‘. Dann könnten Kinder in der Familie zu Beziehungen gelangen, ‚die ihnen für den Rest ihres Lebens Sicherheit verleihen werden‘.“ (ebd., S. 253)

    Nun, zehn Jahre später, ist alles anders. Der ehemals vom Reformeifer, von kraftvollen utopischen Entwürfen inspirierte Zeitgeist – dem sich der „Spiegel“ vor allem in den 1970er Jahren angeschlossen hatte – hat sich nach 14-jähriger konservativer Regierung grundlegend gewandelt. Was man gestern noch entschieden zum Ausdruck gebracht hatte, ist dem Vergessen anheimgefallen. Nichts ist mehr, wie es einmal war. Der Kommunismus als Feindbild ist verschwunden, die Beschämung über das, was man früher selbst einmal als erstrebenswert angepriesen hatte, ist dafür um so ausgeprägter. Die Wiedervereinigung, vorgeblich sehnlichst erwünscht und durch historisch günstige Rahmenbedingungen unerwartet eingetreten, fordert Kosten. Das Unbewusste meldet sich zu Wort. Und im Exil erfolgreiche Juden gibt es immer noch. Und diese verfügen über die Unverfrorenheit – die Schweiz hat dies dieser Tage zur Kenntnis nehmen müssen -, ihr Schicksal nicht vollends in Vergessenheit geraten lassen zu wollen.

    Hatte der „Spiegel“ seine Bettelheim-Aufsätze aus den Jahren 1987 sowie 1990 noch mit einem Photo aufgemacht, in dem ein vielleicht neunjähriges Mädchen, vermutlich Bettelheims Enkelkind, seine Arme liebevoll um den auf einem Stuhl sitzenden, etwa 80-jährigen Bettelheim legt, so macht der „Spiegel“ 1997 seinen Aufsatz mit einem großformatigen Photo des damals 85-jährigen, durch zwei Schlaganfälle geschwächten, von Sterbenswünschen bedrängten Bettelheim auf, knapp zwei Jahre vor dessen Freitod. Da dieses Photo dem Thema besonders angemessen erschien, untertitelt der „Spiegel“ den sterbenskranken Bettelheim mit „Autoritäre Persönlichkeit mit antiautoritärer Botschaft“ .

    2.2 Exkurs: Verpasste journalistische „Gags“: „Bettelheim: Plagiarism Charged“

    „Wir sollten immer davon ausgehen, dass ein Kind für alles, was es tut, seine guten Gründe hat, auch wenn es dem oberflächlichen Betrachter noch so befremdend und töricht erscheinen mag. (…) Wenn Erwachsene dagegen wichtige Beschäftigungen ihrer Kinder als dumme Kinderstreiche abtun oder wenn sie sie daran hindern oder dafür bestrafen, sollten sie sich nicht wundern, wenn Jugendliche, die so erzogen wurden, auf dem Standpunkt stehen, dass niemand über dreißig vernünftige Ansichten hat.“
    Bruno Bettelheim (1987, S. 212f.)

    Dabei hat der „Spiegel“ geradezu nachlässig recherchiert. Er hat einen besonderen „Gag“ verpasst: Bettelheim ist nicht nur ein Lügner, Hochstabler und sadistischer Kinderquäler, er ist darüber hinaus auch noch ein Plagiator. Selbst seine Bücher hat dieser österreichische Emigrant nicht selbst geschrieben – wie ein amerikanischer Anthropologe „enthüllt“ zu haben glaubte.

    Nachdem Bettelheim, nach langem Leiden nahezu arbeitsunfähig, im März 1990 den Weg aus dem Leben beschritten hatte, nachdem sich eine massenmedial organisierte Öffentlichkeit einige Monate später an dem Sturz und der Verächtlichmachung des selbstgeschaffenen Heroen delektiert hatte, versuchte ein Anthropologe namens Alan Dundes im Februar 1991 im „Journal of American Folklore“[10] dem toten Bettelheim einen erneuten, diesmal wissenschaftlichen Todesstoß zu versetzen. Bettelheim sei ein Plagiator, der sein Buch „Kinder brauchen Märchen“ – für das er 1977 in den USA mit dem „National Book Award“ sowie dem „National Book Critics Circle Award“ ausgezeichnet worden war – aus fremden Quellen abgeschrieben habe: „Bettelheim Plagiarized Book Ideas, Scholar Says“, titelte die „Los Angeles Times“, und im Untertitel: „The late child psychologist is accused of wholesale borrowing for study of fairy tales“[11] (25). Abgeschrieben habe Bettelheim vor allem von Julius E. Heuscher, einem „clinical professor of psychiatry at Stanford University’s medical center“.

    Auch Jeffrey M. Masson (s.o.) mochte da nicht abseits stehen. Er wusste zu vermelden: „I certainly wouldn’t put it past Bettelheim. … He was not an honest man … Furthermore, he was very rude to people. He was incredibly arrogant.“ (ebd., S. A2826)

    Bruno Bettelheim hatte sein berühmtes Märchenbuch 1976 veröffentlicht. In ihm rehabilitiert er die in den 70er Jahren im Kontext der gesellschaftskritischen Reformbestrebungen in Misskritik geratenen Märchen als pädagogisch außergewöhnlich wertvolle kindliche Sinnstifter. Insofern stellte dieses Buch, insbesondere für verunsicherte Eltern, für Mütter eine außerordentliche Ermutigung dar, Kindern Märchen vorzulesen. In diesem Buch spricht Bettelheim in seiner unverwechselbaren, psychoanalytisch fundierten Diktion zu dem Leser – was ihm gelegentlich die Kritik einbrachte, historische Märchenforschung und die Popularisierung psychoanalytischer Entwicklungs- und Erklärungsmodelle zu sehr zu vermengen. Diese Verknüpfung von verschiedenen Ansätzen, von verschiedenen Ebenen, ist wesensbestimmt für Bettelheim, entspricht seiner Intention einer Synthese von Herz und Verstand, von Wissenschaft und Poesie (s. Schmauch, 1994), von intellektuell-emotionaler Durchdringung und gesamtgesellschaftlich verständlicher Darstellungsweise.[12] Sie macht einen großen Teil seines außergewöhnlichen öffentlichen Erfolges aus. Bettelheim wollte mit seinen Schriften die Leser zum Engagement, zur Einfühlungsbereitschaft ermutigen, ohne ihnen jedoch das trügerische Gefühl zu vermitteln, die existentiellen Schwierigkeiten des Menschen ließen sich „lösen“; die pädagogische Arbeit mit schwerstgestörten Kindern sei eine einfache, gefahrlose Tätigkeit. Bettelheim, so könnte man Ernst Bloch paraphrasieren, verknüpfte seinen theoretischen Pessimismus stets mit einem pädagogisch-therapeutischen Optimismus. Zum Ausdruck kommt dies auch in folgender Passage aus „Kinder brauchen Märchen“:

    „Sehr viele Eltern sind nicht bereit, ihren Kindern zu sagen, dass vieles, was im Leben nicht richtig ist, seine Ursache in unserer Natur hat, in der Neigung aller Menschen, aus Zorn und Angst aggressiv, unsozial, egoistisch zu handeln . Unsere Kinder sollen vielmehr glauben, alle Menschen seien von Natur aus gut. Kinder wissen aber, dass sie nicht immer gut sind ; und oft, wenn sie es sind, wären sie es lieber nicht. Dies widerspricht dem, was sie von den Eltern hören, und auf diese Weise kann ein Kind in seinen eigenen Augen zum Ungeheuer werden .
    In unserer Kultur besteht die Neigung, besonders wenn es um Kinder geht, so zu tun, als existiere die dunkle Seite des Menschen nicht. Sie verkünden einen optimistischen Fortschrittsglauben. Von der Psychoanalyse erwartet man, dass sie das Leben leicht machen solle, aber dies war nicht die Absicht ihres Begründers. Ziel der Psychoanalyse ist es, dem Menschen zu helfen, das Problematische des Lebens zu akzeptieren, ohne sich davon besiegen zu lassen oder in eine eskapistische Haltung auszuweichen. Freuds Rezept lautet: Nur durch mutiges Kämpfen gegen scheinbar überwältigende Widrigkeiten kann es dem Menschen gelingen, seinem Leben einen Sinn abzugewinnen .
    Genau diese Botschaft vermittelt das Märchen dem Kind in vielfältiger Weise: Der Kampf gegen die heftigen Schwierigkeiten des Lebens ist unvermeidlich und gehört untrennbar zur menschlichen Existenz, wenn man aber nicht davor zurückschreckt, sondern den unerwarteten und oft ungerechten Bedrängnissen standhaft gegenübertritt, überwindet man alle Hindernisse und geht schließlich als Sieger aus dem Kampf hervor “ (Bettelheim 1977, S. 14).

    Ich komme zum Ausgangspunkt dieses Kapitels zurück: Besagter Julius E. Heuscher nun, der ungefragt zum Autor wesentlicher Passagen von „Kinder brauchen Märchen“ gemacht worden war, meldete sich, als die erneuten Angriffe gegen Bettelheim losbrachen, selbst zu Wort: „Heuscher says he is not bothered at all. In fact, when he read Bettelheim’s book years ago, he remembered feeling no sense of violation. ‚We all plagiarize. I plagiarize. Many times, I am not sure whether it came out of may own brain or of it came from somewhere else. … I’m only happy that I would have influenced Bruno Bettelheim, I did not always agree with him. But that does not matter. Poor Bruno Bettelheim. I would not want to disturb his enternal sleep with this.’“[13]

    3. Von „zähen KZ-Überlebenden“, „jüdischen Überlebenskünstlern“, „geltungssüchtigen Patriarchen“, „zwanghaften Hochstablern“ und „sadistischen Machtspielern“

    „Die Umwelt – und das ist es, was ich im Konzentrationslager gelernt habe – kann also eine ungeheuer zerstörerische Macht haben. Mir scheint, dass man aus dieser Erfahrung den logischen Schluss ziehen kann: wenn eine Umwelt diese ungeheure Macht haben kann, Veränderungen in den tiefsten Persönlichkeitsstrukturen zu bewirken – und nicht bloß, einen für das ganze Leben zu zeichnen, was auf der Hand liegt, denn im Lager konnte jeder einen niederschießen -, dann musste es möglich sein, eine Umgebung aufzubauen, die einen ebenso machtvollen Einfluss zum Guten hin haben würde, wie ihn das Konzentrationslager im Sinne der Persönlichkeitsvernichtung gehabt hat. (…) So ist die Orthogenetische Schule, ein Lebenswerk, zur Antwort geworden auf das Konzentrationslager, ein Todeswerk.“
    Bruno Bettelheim (Bettelheim u. Karlin 1984, S. 112f.)

    Nach der bisher erfolgten historisierenden Einordnung des „Spiegel“-Artikels möchte ich nun unmittelbar auf die Diktion sowie den Inhalt dieses Aufsatzes eingehen.

    Der „Spiegel“ beginnt mit einer voyeuristischen Szene. Er lässt den Leser am Freitod des Juden Bruno Bettelheim teilnehmen: „Seelenloser hätte der Seelendoktor seinen Abgang nicht inszenieren können: Barbiturate und etwas Whiskey im Magen, eine Plastiktüte überm Kopf, so machte Bruno Bettelheim seinem Leben ein Ende“ (S. 166). Somit ist der Leser – der sich gewiss nicht der Menschenkategorie der „Bettelheim-Fans“ (S. 166) zugeordnet sehen möchte – bereits einführend über den „tristen Tod“ dieses „Erzvater(s) einfühlsamer Pädagogik“ und „zähe(n) KZ-Überlebende(n) und Emigrant(en)“ (!) (ebd.) in Kenntnis gesetzt worden. Um sich tiefergreifende Reflexionen, gar noch in den prätentiösen Kategorien von „Bewältigungsversuchen eines Überwältigten. Eros und Thanatos in der Biographie und im Werk Bruno Bettelheims“(Kaufhold 1997a), zu ersparen, ist der „Spiegel“ mit einer umfassenden Erklärung bei der Hand: Bruno Bettelheim, so wird suggeriert, habe sich nicht etwa im Kontext der durch die Inhaftierung in Dachau und Buchenwald erlittenen schwersten Traumatisierungen, aufgrund seiner Unfähigkeit, seine aufgezwungene Zeitzeugenschaft der willkürlich-sinnlosen, systematisch betriebenen Ermordung von Millionen von hilflosen Opfern zu „vergessen“, zu „verdrängen“, das Leben genommen – wie vor ihm Jean Amery und Primo Levi, um nur die Bekanntesten zu nennen -, nein: „rascher als erwartet kam Aufklärung“: Die Angriffe gegen Bettelheim – die erst nach seinem Selbstmord laut wurden – habe dieser quasi antizipiert und sich aus Schuld vor seinen Lebenslügen das Leben genommen. Bettelheim, so lässt uns der „Spiegel“ unter Berufung auf Pollak wissen, sei ein „geltungssüchtiger Patriarch und zwanghafter Hochstabler“ (S. 168) gewesen, der in seiner „Orthogenic School“ die Patienten aus purem Sadismus und grenzenlosem Größenwahn jahrzehntelang systematisch gequält habe. Dieser „kleine Mann mit den dicken Brillengläsern“ (S. 166), dieser „alte Selbsterfinder“ (S. 169), dieser „jüdische Überlebenskünstler“ (!)[14] (S. 166), dieser „Seelenkenner aller Klassen“ (S. 169), dieser „Großbürgersohn“, der in Wahrheit(!) neben dem Kunstgeschichtsstudium ein paar Semester die Hochschule für Welthandel besucht hatte, bevor er zwölf Jahre lang, von 1926 bis 1938, die väterliche Holzhandelsfirma leitete (S. 169), habe im amerikanischen Exil aus purer Boshaftigkeit ein grenzenloses Terrorsystem errichtet:

    „Dass im angeblichen Paradies für Schwererziehbare die Privatpost zensiert wurde, dass Widerspenstige zu hören bekamen, sie würden, wenn sie weiter renitent blieben, ins Irrenhaus wandern, dass nachts die quietschenden Kreppsohlen des Direktors manche Kinder in ihren Betten erschauern ließen – all das notiert Pollak ohne viel Beiwerk. Er berichtet von Faustschlägen und Hieben aufs nackte Hinterteil; ein 20-jähriges Mädchen peitschte der wütende Übervater mit dem eigenen Gürtel aus. Aber Gewaltexzesse sind für den Biographen nur traurige Symptome einer Emigranten-Existenz, die aus früheren Lügen nie mehr zur Wahrheit zurückfand“ (S. 168).

    In diesem Ton geht es weiter. Eines steht hierbei fest: Der Jude und Konzentrationslager-Überlebende Bruno Bettelheim, allen früher vom „Spiegel“ selbst verkündeten Einsichten zum Trotz, ist – wenn man sich gnädig auszudrücken beliebt – ein skrupelloser Lügner.

    Der „Spiegel“ möchte sich nicht dem Vorwurf ausgesetzt sehen, schlecht recherchiert zu haben. So zitiert er gleich zwei Bettelheim-Biographen (Sutton und Pollak), mit der erkennbaren Absicht, Nina Sutton eine gewisse Naivität zu unterstellen. Den „Bettelheim-Fans“ (s.o.) hätten Suttons differenzierenden Interpretationen als Seelentrost gedient, den puren Sadismus von Bettelheim zu leugnen: „Nur zu gern akzeptierten daher viele, was die französische Journalistin Nina Sutton (…) erklärte: Auch der scheinbar ‚Heilige‘ Bettelheim sei ein ‚Mensch mit all seinen kleinen Lügen und großen Wutausbrüchen‘ gewesen“ (1997, S. 166). So ist es nur naheliegend, den Atheisten Bettelheim 1997 bereits in der Überschrift als „Guru“ zu disqualifizieren, der sein Leben damit verbracht habe, „Falsche Fabeln“ über sein Leben und Werk zu verbreiten – wobei man überrascht fragen könnte, inwiefern Bettelheim bzw. ob nicht der „Spiegel“ selbst, wie gezeigt, Bettelheim jahrelang als „weisen Mann“ (1977), als „großen alten Mann“ (1987) gefeiert hat. Was nicht sein kann, das darf nicht sein: 1990 macht der „Spiegel“ mit einem Federstrich aus dem „weisen“ Mann einen „predigenden … greise(n) Bruno Bettelheim“ (S. 262). Und für den Wahrheitsgehalt von Pollaks Buch bürgt dessen „Bemühen um Verständnis“: „Zwar hat er sich bei seinen Recherchen um Verständnis bemüht. Er notiert, dass ‚Dr. B.‘, wie Pfleger und Insassen der Orthogenic School ihren Leiter nannten, schon einmal eigenhändig Kamillentee kochte, wenn einem Kind übel war, oder märchenhafte Weihnachtsfeiern organisierte“ (1997, S. 168), weiß der „Spiegel“ zu vermelden.

    In diesem Ton geht es weiter. Nun gilt es, Bettelheims berufliche Entwicklung in Wien sowie in seiner zweiten Heimat, den USA, als auf Lügengebilden beruhendes Schmierentheater zu desavourieren. Als besonders schmerzhaft empfindet der „Spiegel“ (S. 168f.) es offenkundig, dass der emigrierte Jude Bettelheim – der noch in Wien mit einer Psychoanalyse bei Richard Sterba begonnen hatte, diese wegen seiner Verschleppung nach Dachau und Buchenwald jedoch nicht beenden konnte, und der 1937 gerade noch rechtzeitig an der Wiener Universität mit dem kunstgeschichtlichen Thema „Das Problem der Naturschönen und die moderne Ästhetik“ promoviert hatte -, an seinen KZ-Erfahrungen nicht zerbrach bzw. das ihm von den Nazis zugewiesene Schicksal als „Untermensch“ nicht akzeptierte, sondern dagegen aufbegehrte und verzweifelt um sein Weiterleben, den Aufbau einer zweiten Identität „nach Buchenwald“, einschließlich eines beruflichen Neuanfangs im Exil, kämpfte.

    Der „Spiegel“ nimmt Bettelheim offensichtlich insbesondere die Übernahme der Leitung der „Orthogenic School“ übel, einer 1912 (nach anderen Angaben 1915) gegründeten Forschungs- und stationären Behandlungseinrichtung, die in ihrer Konzeption vorher völlig gescheitert war. Der Dekan der Chicagoer Universität hatte Bettelheim 1941, weil er wusste, dass Bettelheim bereits in Wien sieben Jahre lang gemeinsam mit seiner Frau ein autistisches Kind in seine Familie aufgenommen hatte, um ein Gutachten über die Arbeit der Orthogenic School gebeten.

    Bettelheim legte ihm dieses allerdings nie vor. Zum einen, weil er zunächst aus persönlichen Gründen nicht als Psychoanalytiker arbeiten wollte (Bettelheim u. Karlin 1984, S. 194), zum anderen aber auch, weil sein schonungsloses Urteil, wie er drei Jahre später dem inzwischen befreundeten Dekan berichtete, hätte lauten müssen: „Brenn das Ganze nieder!“ (Bettelheim u. Karlin 1984, S. 126). Ab 1944 wurde er mit der Leitung der Orthogenic School betraut.

    Zum angemessenen historischen Verständnis möchte ich anmerken: Die Orthogenic School war damals keineswegs eine „besondere“ Einrichtung, es war eine Institution, wie es Tausende in den USA gab. Die Übernahme ihrer Leitung war insofern kein besonderer „Aufstieg“, es war ein Job wie jeder andere. Bettelheim hätte anfangs sehr viel lieber seine Lehrtätigkeit an der Universität fortgesetzt. Wenn die Orthogenic School später so berühmt geworden ist, zu Recht als pädagogisch-therapeutische Modelleinrichtung gilt, so ist dies ausschließlich Bruno Bettelheims Verdienst! Und wenn sie personell und finanziell so großzügig ausgestattet war, so ist auch dies einzig und allein dem uns heute nur schwer nachvollziehbarem Engagement Bettelheims zu verdanken, der Mitarbeiter für einen außergewöhnlich belastenden Arbeitseinsatz zu motivieren und immer wieder Geldgeber im Interesse der ihm anvertrauten Kinder zu gewinnen vermochte. Nina Sutton hat dies in ihrer Biographie verdeutlicht, den „Spiegel“ kümmert es, ganz im Einklang mit dem neuen „Zeitgeist“, nicht. Er weiß vielmehr über das Jahr 1944 zu vermelden: „Die Begeisterung über Bettelheims grenzenlose Bildung, sein Lehrtalent und seinen psychologischen Scharfblick fegte beim Pädagogik-Dekan der Universität von Chicago alle Zweifel beiseite: Dieser Mann und niemand sonst könnte die heruntergekommene Orthogenic School für Problemkinder wieder in Schwung bringen. Sogar ein wenig bitten lassen durfte er sich, als er 1944 seinen neuen Job als Kinderpsychologe antrat, erzählte Bettelheim später gern voller Stolz“ (S. 168).

    Und auch über die privaten Motive von Bettelheims damaligen MitarbeiterInnen weiß Herr Salzwedel, trotz eines zeitlichen Abstandes von 50 Jahren, genau Bescheid: „Als Erzieher heuerte er vorzugsweise blutjunge Mädchen aus der US-Provinz an, die zu ihm, dem alteuropäischen Bildungsbürger, genauso aufblickten, wie die Studenten in den Uni-Kursen. Logisch, dass jede einzelne der ‚counselors‘ zuerst beim Chef eine private Analyse durchmachen musste, so dass er, dem keine Kommission in die Karten guckte, bald zum Guru einer willigen Herde von Anbeterinnen avanciert war. Er konnte sie nach Wunsch Überstunden machen lassen oder im Dialog drangsalieren, bis sie in Tränen ausbrachen – trotzdem verehrten sie hernach in ihm den allwissenden Seelenführer“ (S. 169).

    Und da Bettelheim ein so übermächtiger Tyrann war, führte er seine Despotie auch noch 30 Jahre später, nach seinem Abschied von der Orthogenic School im Jahre 1973/74, weiter – zu Zeiten, als der „Spiegel“ selbst, wie gezeigt, Bettelheim über einen Zeitraum von 16 Jahren als großen, weisen Psychoanalytiker und Pädagogen feierte: „Nicht einmal in Bettelheims letzten Jahren, als er die Schule längst willigen Helfern überlassen hatte, wagten Kollegen, die Legende des ‚Helden unserer Zeit‘ (wie die Zeitschrift `New Republik´ ihn nannte) anzutasten. (…) viel zu riskant wäre es gewesen, dieser ‚autoritären Persönlichkeit mit antiautoritärer Botschaft‘ (…) zu widersprechen“ (S. 169).

    Der „Spiegel“ lässt sein Pamphlet mit der Bemerkung ausklingen: „Als der alte Selbsterfinder , nach dem Tod seiner Trude bitter geworden, in der Sackgasse seines glücklosen Ruhms verendet (!) war, fanden Kollegen in einem seiner letzten Aufsätze einen Hinweis. Mit diesem Erinnerungsfetzen[15] (32) fasst nun auch Richard Pollak sein Buch zusammen. Wegweisend, so sagte Bettelheim ohne weitere Deutung, seien für ihn in seiner Wiener Zeit zwei Werke der Philosophen Theodor Lessing und Hans Vaihinger gewesen, die heute nur noch wenige kennen. Auch Bettelheim hat sie wohl kaum ganz gelesen. Aber ihre Titel lassen aufhorchen: ‚Geschichte als Sinngebung des Sinnlosen‘ und ‚Die Philosophie des Als-Ob’“ (S. 169).

    Von den außergewöhnlichen Schwierigkeiten einer Arbeit, wie sie Bettelheim geleistet hat, ist nicht die Rede. Vielleicht hätte der Autor zumindest zwei Äußerungen von Kolleginnen bzw. Freunden Bettelheims aus der Sutton-Biographie zur Kenntnis nehmen können. In dem Kapitel „Orthogenic-School – die magischen Jahre“ (S. 303-346) hat Sutton verdeutlicht, wie Bettelheim seine MitarbeiterInnen für die außergewöhnlich schwierige Arbeit mit emotional stark beeinträchtigten Kindern und Jugendlichen ermutigte und begeisterte:

    „… was die Magie dieser ersten Jahre ausmachte, das Charisma Bruno Bettelheims, wie er seinen Mitarbeitern die Gewissheit vermittelte, Pionierarbeit zu verrichten: ‚Wir waren überzeugt, an einem revolutionären Experiment mitzuwirken, etwas zu tun, was noch nie zuvor getan worden war. Ich hätte mit niemandem getauscht, und wenn die Arbeit vierundzwanzig Stunden am Tag gedauert hätte ‚, sagte Gayle. Die Erzieherinnen der ersten Stunde denken alle wie sie“ (S. 314f., Hervorhebung d. Verf.).
    Und Hans Bandler , ein angehender Ingenieur, der mit demselben Transport wie Bettelheim nach Dachau verschleppt worden war, bemerkte im zeitlichen Abstand von 53 Jahren zu der gemeinsamen Gefangenschaft mit Bettelheim: „Ich habe erlebt, wie Gefangene immer zum Leben erwachten, wenn Bruno von seinem erzählte“ (Sutton 1996, S. 203).

    Sutton schreibt weiter: „In Dachau haben sie miteinander geredet, wenn sie Seite an Seite die Schubkarren mit den Steinen schoben. Hans ruft sich Vorlesungen und Praktika ins Gedächtnis; er erklärt Bruno Bettelheim, wie man eine Brücke baut und was man alles bedenken muss, damit sie nicht einstürzt. Bettelheim hört zu, fragt nach. Und wenn er dran ist mit dem Erzählen, redet er über die Psychoanalyse, über Freud und Wilhelm Reich … Hans, der davon noch nie etwas gehört hat, ist fasziniert“ (S. 204).

    3.1 Exkurs: Von der Leichtigkeit der Geschichtsaufarbeitung

    „Wenn wir die Opfer der Nazis als ‚Märtyrer‘ bezeichnen, verfälschen wir ihr Schicksal. (…) Millionen von Männern, Frauen und Kindern wurde der Prozess gemacht, nachdem man sie brutalst behandelt und ihre Menschlichkeit zerstört hatte und nachdem man ihnen die Kleider vom Körper gerissen hatte. Die Nackten wurden in zwei Gruppen eingeteilt – die eine Gruppe wurde sofort ermordet, die andere kurzfristig zur Sklavenarbeit eingeteilt. Doch schon nach kurzer Zeit wurden auch sie in Gaskammern getrieben, wo sie am Gas erstickten und im allerletzten Augenblick um das letzte bisschen frische Luft kämpften. Diese elenden Opfer einer mörderischen Wahnidee, einer amoklaufenden Zerstörungswut als Märtyrer oder Brandopfer (die wörtliche Übersetzung von ‚Holocaust‘, d. Verf.) zu bezeichnen, ist nichts anders als eine Verzerrung der Realität, mit dem Ziel, sich einen – wenn auch kläglichen – Trost zu verschaffen. Der zugrunde liegende Gedanke ist doch der, dass dieser Massenmord, der nicht bösartiger hätte sein können, eine tiefere Bedeutung gehabt haben müsse und dass sich die Opfer irgendwie wohl auch selbst geopfert haben müssen oder aber Opfer im Namen einer höheren Sache gewesen sind. Das aber beraubt sie der letzten Würde, die ihnen zusteht, der letzten Würdigung, die wir ihnen zuteil werden lassen können – ich meine, ihrem Tod, so wie er tatsächlich war, ins Auge zu sehen und diesen Tod zu akzeptieren, anstatt ihn zu verschönern, nur weil uns das innerlich ein wenig erleichtert.“
    Bruno Bettelheim (1980a, S. 105f.)

    Ich komme nun zu einer Passage, in der Herr Salzwedel noch einen Schritt weiter geht als bisher. Waren seine bisherigen Äußerungen primär auf die Person Bettelheims und auf dessen berufliche Tätigkeit gerichtet, so hebt er seine Polemiken nun auf eine Ebene, die nicht mehr nur eine biograhische, sondern zugleich eine historische Interpretation darstellt. Ich möchte dieses Thema in einem eigenen Unterkapitel abhandeln, weil ihm nach meinem Empfinden eine grundlegende gesellschaftlich-historische Bedeutung zukommt – der Frage nämlich, wie man die vielfältigen Auswirkungen des Faschismus „aufarbeiten“ kann.

    Bei der Beschäftigung mit diesem Thema erinnerte ich mich an eine vergleichbare massenwirksame Polemik wie die des „Spiegel“: Nach meiner Erinnerung Ende 1995 oder Anfang 1996 brachte das Politik-Magazin „Report“ einen Bericht, in dem es die Integretät des Ausschwitz-Überlebenden Simon Wiesenthal in Gänze in Abrede zu stellen versuchte, und dies in einer Art und Weise, die den hier zu behandelnden „Spiegel“-Artikel noch übertraf. Auch Simon Wiesenthal, der die Tragödie seines jüdischen Volkes, von Millionen von Russen und Polen, Sinti und Roma, Kommunisten und Homosexuellen am eigenen Leibe als Zeitzeuge erlebt und die ihm aufgenötigte Zeitzeugenschaft als lebenslange moralische Verpflichtung angenommen hat, wurde als ein hartnäckiger „Lügner“ und „Wichtigtuer“ dargestellt. Ist es unpassend, dies als ein bewusst oder unbewusst motiviertes, gezieltes Spiel auf der Klaviatur des Antisemitismus zu interpretieren, welches die moralische Relativierung der nationalsozialistischen Verbrechen intendiert?

    Der „Spiegel“ schreibt 1997 über den Autor von „Erziehung zum Überleben. Zur Psychologie der Extremsituation“, Bruno Bettelheim: „Seine Gabe als Seelenkundler hatte Bettelheim schon in einem Aufsatz angewandt, der als Bilanz seiner KZ-Erfahrungen gemeint war. Unter dem Profi-Titel ‚Individual- und Massenverhalten in extremen Situationen‘ führte er darin Mitgefangene von Dachau und Buchenwald als Wesen vor, die durch den Lagerzwang in frühkindliche Verhaltensmuster zurückgefallen waren. Die These, mit statistisch aussehenden Zahlen garniert, klang plausibel und erregte in den USA, wo vom Innern der NS-Terrormaschine noch kaum Genaues bekannt war, sofort Aufsehen“ (S. 168).

    Um wenig später, weitere Klischees hinzufügend, zu ergänzen: „Zwar sahen Bettelheims publikumswirksame Behauptungen einander meist verdächtig ähnlich: Einmal wurden Eltern, besonders Mütter, als Hauptschuldige am Leiden ihrer autistischen Kinder gebrandmarkt und wie KZ-Kapos abgeurteilt . Das andere Mal schleuderte der Seelenkenner aller Klassen ausgerechnet Juden den Vorwurf entgegen, sie seien dank ihrer ins Infantile weisenden ‚Ghetto-Mentalität‘ am Antisemitismus selber schuld …“ (S. 169).
    Ich habe über die Hintergründe von Bettelheims bedeutenden Studien zur Psychologie der Extremsituation ausführlich geschrieben (Kaufhold 1997a). Nach K. Reich (1993, 1994) gehören sie, gemeinsam mit den Studien Ernst Federns, „zu den Standards psychoanalytischer Betrachtung über das Thema einer Psychologie extremer Situationen“ (Reich 1993, S. 83).

    Im gleichen Kontext habe ich über Bettelheim Theorem vom „Ghettodenken“ geschrieben; anzumerken bleibt, dass er dieses mit Autoren wie Hannah Arendt und Raul Hilberg teilt. Ihm zu unterstellen, er habe mittels des historisierenden Theorems des „Ghettodenkens“ postuliert, „die Juden“ seien „am Antisemitismus selber schuld“, ist grotesk. In diesem Sinne ist auch das Einleitungszitat zu diesem Unterkapitel zu lesen.

    Es dürfte nicht unbekannt sein, dass die ersten Berichte über die Konzentrationslager keineswegs mit Interesse aufgenommen worden sind. Ernst Federns erste Studie zur Psychologie des Terrors aus dem Jahre 1945 (Federn, 1999) wurde erst 1989 erstmals auf deutsch veröffentlicht. Raul Hilberg hat in seiner biographischen Schrift „Unerbetene Erinnerung. Der Weg eines Holocaust-Forscher“ die Schwierigkeiten und Widerstände beschrieben, denen er bei der Veröffentlichung seiner monumentalen Studien zur Erforschung der Vernichtung der europäischen Juden begegnete.

    Bettelheims bewusst distanziert und „objektiv“ gehaltene erste Studie über Dachau und Buchenwald wurde über ein Jahr lang von allen amerikanischen Fachzeitschriften abgelehnt, weil man diese Schilderungen für übertrieben hielt. Auch glaubte man, sie der amerikanischen Bevölkerung nicht zumuten zu können (s. Bettelheim 1980a, S. 22-24). Gordon Allport veröffentlichte diese Studie des damals völlig unbekannten Bettelheim als Leitartikel im Oktober 1943 im „Journal of Abnormal and Social Psychology“, und Dwight

    Mac Donald druckte sie im August 1944 in der auflagenstarken, progressiven Zeitschrift „Politics“ nach. Bettelheim bemerkte hierzu in einer Fußnote: „Wie wenig über die wahre Natur der Konzentrationslager sogar noch am Ende des Krieges bekannt war, ersieht man aus der Tatsache, dass damals General Eisenhower diesen Essay für alle Offiziere der US-Militärregierung in Deutschland zur Pflichtlektüre machte. Nur dass eben diese Erkenntnisse den Millionen, die in den Lagern ermordet worden waren, auch nichts mehr half“ (Bettelheim 1980a, S. 27).

    Gordon Allport schrieb dementsprechend am 15.6.1945 an Bettelheim: „You will be interested to know that we received a cablegram signed by Eisenhower asking for permission to translate an reprint your article on ‚Individual and Mass Behavior in Extreme Situations‘. The Headquarters had only the mimmographed edition but we authorised the reprinting and hope that your contribution will play an active part in the education of occupation authorities. From returning army man who have seen conditions first hand I judge the psychological direction taken in your article has been wholly validated.“[16]

    Wie ich verschiedentlich geschildert habe (Kaufhold 1993, 1997a), war sich Bettelheim der letztendlichen Vergeblichkeit seiner Bemühungen um eine „Bewältigung“ der nationalsozialistischen Verbrechen wohl immer bewusst. Diese schmerzliche Erkenntnis traf sich mit seiner pessimistischen Sicht über die „Natur des Menschen“; sie bildete nach meinem Dafürhalten eine nicht unerhebliche Rolle für seinen Schritt aus dem Leben. Dies eben veranlasste ihn zu der Bemerkung: „Die Überlebenden zählen nicht; sie haben nie gezählt. Sie werden am besten vergessen. ‚Sehen Sie denn nicht, dass sie eine Peinlichkeit sind?‘ Wenn es sie nicht gäbe, wäre alles viel einfacher“ (1980a, S. 109).

    Eben deshalb konstatierte er lakonisch, als sich Herlinde Koelbl im Kontext ihres Buchprojekts „Jüdische Porträts“ an ihn wandte: „Ich will Sie nicht desillusionieren, aber ich glaube auch, dass ein solches Buch gar keinen Einfluss hat. Denn diejenigen, die am stärksten beeindruckt werden, brauchen es nicht, die wissen es ohnedies. Und diejenigen, die beeindruckt werden sollten, weil sie noch nicht begriffen haben, an denen rinnt das wie Wasser ab. Der Wunsch zu vergessen ist so stark, dass es für sie schlechtes Benehmen ist, sie daran zu erinnern“ (Koelbl 1994, S. 61f.).

    In diesem Sinne ist auch eine Episode, die Sutton (S. 251f.) schildert, zu lesen: „… Bettelheim hatte in Europa erfahren müssen, wohin solche Vorurteile führen können. Für ihn bestätigte sich hier aufs grausamste, dass sein Judentum, was er auch tat, immer als beschämendes und bedrohliches Etikett an ihm klebenbleiben würde. In Wien hatte er damit leben müssen, wie ale assimilierten Juden seiner Umgebung. Nun ertrug er er es nicht mehr. Und er witterte es schon von weitem, auch bei Leuten, denen ihre eigenen Vorurteile gar nicht bewusst waren. Doch solche Gefühle behielt Bettelheim meist für sich, er sprach darüber höchstens mit Trude (seiner Ehefrau, d. Verf.) und einigen wenigen Vertrauten. Vielen seiner Freunde war dieser Zug an ihm gänzlich unbekannt. Andere wiederum entdeckten ihn plötzlich, ohne zu verstehen, worum es eigentlich ging, und sahen sich, wenn sie am wenigsten darauf gefasst waren, unvermittelt vor Bettelheims Abgründen stehen. Das erlebte auch Stuart Brent, ein Büchernarr und Musikliebhaber, dem die erste psychoanalytische Buchhandlung Chicagos gehörte. Er hatte 1960 im noblen Hotel Drake über Bettelheims ‚Aufstand gegen die Masse‘ gesprochen, das eben erschienen war. Bettelheim bedankte sich überschwenglich und nahm seinen Arm, um mit ihm noch die paar hundert Meter vom Hotel am Ufer des Michigansees zur Buchhandlung gemeinsam zu gehen. Wie aus heiterem Himmel fiel plötzlich Bettelheims Bemerkung: ‚Weißt du, Stuart, wir müssen nicht darüber reden, wirklich. Aber ich bin eben doch nur ein alter Jude‘, über welche er dann den restlichen Weg brütete. Dabei war Bettelheim gerade dabei, unter allgemeiner Bewunderung den Gipfel seines Ruhms zu erklimmen …“

    Und Herrn Salzwedel hätte bei der Lektüre der Sutton-Biographie vielleicht auch folgende Szene aus Bettelheims ersten Lehrjahren in Amerika auffallen können: „Obwohl er selbst nie etwas davon erwähnte, hatten sie (Bettelheims Studenten, d. Verf.) bald auch von seiner Vergangenheit erfahren. Sie redeten darüber untereinander, ohne genau zu wissen, was das eigentlich war, ein Konzentrationslager. Eine Studentin beobachtete Bettelheim einmal aus einem Fenster im ersten Stock, wie er über den Hof ging, und war so erschüttert von seiner Weise, die Arme an den Körper zu pressen, als wollte er sich vor Schlägen schützen, dass sie darüber ein Gedicht für die Hochschulzeitung schrieb“ (Sutton 1996, S. 254).

    Oder er hätte sich an folgende Passage aus Suttons Buch (S. 202) erinnern können, in der Bettelheims körperliche Verfassung in Buchenwald geschildert wird: „Als Bettelheim nach Dachau eingeliefert wurde, wog er achtundsechzig Kilogramm, als er entlassen wurde (…) nur noch neununddreißig. Er hatte fast alle Haare verloren (aber, da es kaum Spiegel im Lager gab, es noch nicht bemerkt), seine Zähne waren in einem schrecklichen Zustand, und ein Magengeschwür machte ihm zu schaffen.“

    4. Eine jüdisch-akademische Emigrantenkorrespondenz: Max Horkheimers Briefwechsel mit Bruno Bettelheim

    Es mag Personen geben, die Bettelheim besser kannten, möglicherweise auch über ein angemesseneres Urteilsvermögen verfügten als Salzwedel. Ich möchte den jüdischen Emigranten Max Horkheimer – Mitbegründer der „Kritischen Theorie – nennen, der zu Bruno Bettelheim einen sehr intensiven Briefkontakt pflegte. Er war auf Bettelheim durch dessen Publikationen zur Vorurteilsforschung und zum Antisemitismus aufmerksam geworden. So hatte Bettelheim in seiner neuen Heimat, den demokratischen USA, bereits 1947 die Studie „The Dynamism of Anti-Semitism in Gentile and Jew“ publiziert.

    In Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Soziologen Morris Janowitz – dieser sollte einer der renommiertesten Soziologen der USA werden – betrieb Bettelheim Studien zur Vorurteilsforschung, die zu mehreren gemeinsam verfassten Zeitschriftenaufsätzen führten und 1950 in dem gemeinsam verfassten Buch „Dynamics of Prejudice: A Psychological and Sociological Study of Veterans“ (Bettelheim & Janowitz, 1950) mündeten. Diese Studien führten zu einer lockeren Zusammenarbeit mit den Leitern des ins amerikanische Exil vertriebenen Instituts für Sozialforschung Theodor W. Adorno und Max Horkheimer, wie auch zu einem sehr regen, zumindest 15 Jahre überspannenden Briefwechsel zwischen Max Horkheimer und Bettelheim – über welchen Adorno stets in Kenntnis gesetzt wurde.

    Max Horkheimer war vom Talent des acht Jahre jüngeren Wiener Emigranten und KZ-Überlebenden beeindruckt. Am 13.11.1944 schrieb er an Adorno: „Bettelheim ist einer der intelligentesten, jungen Psychologen, denen ich bisher begegnet bin. Wenngleich seine Zeit übermäßig beansprucht ist, brennt er darauf, für uns etwas zu tun“ (Horkheimer, 1988). Einige weitere Ausschnitte aus dieser Korrespondenz zwischen Bettelheim und Horkheimer seien wiedergegeben: Am 16.5.1947 schrieb Horkheimer, auf eine soeben publizierte Studie von Bettelheim/Janowitz/Shils (1947) zur Vorurteilsforschung („Preliminary Study on the Evaluation of Intolerance Propaganda“) Bezug nehmend, an Bettelheim[17]:

    „Es kommt selten vor, dass streng empirische Forschungsberichte auch tieferen theoretischen Interessen gerecht werden und gleichzeitig den Leser geistig anregen. In Ihrer „Vorstudie“ (1947) fand ich genau diese Mischung, und ich kann ohne jede Übertreibung sagen, dass die Lektüre Ihres Manuskripts zu meinen erfreulichsten Erfahrungen gehört, weit ich das Problem des Vorurteils wissenschaftlich erforsche. (…) Besonders erfreut bin ich über den Nachweis in Ihrem Einführungskapitel, dass Propaganda für Toleranz tolerante Menschen nicht berührt. Das ist nur einer von vielen Fällen, in denen Sie etwas artikulieren, das mir seit langem vorschwebt: kritische Einsichten, die gewöhnlich ganz dem kritischen Denken oder der Intuition überlassen bleiben, müssen mit orthodoxen Forschungsmethoden überprüft werden. Auch dass der offizielle Optimismus in ihrer Arbeit völlig fehlt, ist wahrhaft tröstlich. (…) Das sind nur erste Eindrücke und Assoziationen. Auch Teddy hat Ihr Manuskript gelesen, und seine Einschätzung stimmt völlig mit meiner überein. Er lässt Sie herzlich grüßen und bedauert es sehr, dass wir unsere Westküsten-Projekte nicht mit Ihnen erörtern können“ (Horkheimer, 1988, S. 811).

    Am 16.7.1947 schrieb Horkheimer einen fünf Seiten langen, euphorischen – („enthusiastischen Beurteilung“ von Bettelheims Studie, Horkheimer, 1988, S. 844) – , mit theoretisierenden Exkursen angereicherten Brief an Bettelheim, als Reaktion auf dessen bereits erwähnte Studie „The Dynamism of Anti-Semitism in Gentile and Jew“ (1947): „Lieber Herr Bettelheim! Vielen Dank für Übersendung von „Dynamism of Anti-Semitism in gentile and Jew“. Der Gegenstand gehört zu den wichtigsten, über die man auf unserem Gebiet sprechen kann und die Offenheit, mit der Sie es tun, ist befreiend. Mit allem, was Sie über das eigentliche Thema, die psychologische Dynamik, sagen, stimmen wir auch völlig überein. Dies gilt vor allem für die Theorie, dass der Antisemitismus aus der zwanghaften Tendenz entspringt, die eigenen antisozialen Triebe draußen zu verfolgen anstatt im eigenen Inneren. (…) Ihre Bemerkung, nach welcher die Juden sich deshalb zu Projektionsträgern eignen, weil sie als der „innere“ Feind sozusagen die gegebenen Symbole für die inneren Triebe darstellen, ist wahrhaft einleuchtend. (…) So weit es sich um Ihre eigene Besonnenheit (im Konzentrationslager, RK) handelt, stimmt in der Tat die psychologische Kennzeichnung: die Überwindung der Stereotypie hat Ihnen wahrscheinlich das Leben gerettet. (…) Jeder Ihrer Aufsätze wirkt wie ein Hieb gegen die Ahnungslosigkeit des vereinsmäßigen Philosemitismus“ (Horkheimer, 1988, S. 838-840).

    Bereits fünf Tage später, am 21.7.1947, antwortet Bettelheim Horkheimer mit einem drei Seiten langen Schreiben, in welchem er Horkheimer auch für die Zusendung seines Buches „Eclipse of Reason“ dankt: „…Ich möchte Ihnen also erneut danken und sagen, dass es mir ein großes Erlebnis war, Ihr Buch wiederholt zu lesen. Ich würde Tage brauchen, Ihnen von all den neuen Ideen zu berichten, die es mir gewährte und über die ich nachdenke, seit ich Ihr Buch kennenlernte. Sehr herzlichen Dank für Ihre freundlichen Bemerkungen über meinen Text; ich habe wirklich den Eindruck, dass Sie meinen schwachen Bemühungen zu viel Ehre erweisen“ (Horkheimer, 1988, S. 857).

    Am 17.3.1948 dankt Horkheimer, erneut mit euphorischen Worten, in einem sechsseitigen Brief für den Vorabdruck von Bettelheim/Janowitz Buch „Dynamics of Prejudice. A Psychological and Sociological Study of Veterans” (1950): “Daß ich ihnen auf das mimeographierte Exemplar der Veteranen Studie erst heute antworte, hat zum Grund, dass wir einige Zeit brauchten, um uns mit der Arbeit einigermaßen vertraut zu machen. Heute möchte ich Ihnen von ganzem Herzen danken. Es ist darin etwas erreicht, das mir überaus selten zu sein scheint, nämlich die Research Methoden sind in einem gesellschaftstheoretischen Sinn zum Sprechen gebracht, so dass statistische Ergebnisse wirklich gedankliche Konsequenzen in Bezug auf das Phänomen gestatten“ (Horkheimer, 1948, S. 948).

    Zehn Jahre später, am 12.6.1958, wendet sich Horkheimer mit der dringenden persönlichen Bitte an Bettelheim, ihm gutachterlich bzgl. des schweren Schicksals eines 73-jährigen jüdischen Überlebenden zu helfen – ein Briefwechsel, der sehr lesenswert und auch heute noch erschütternd und hochaktuell ist; wir mögen nur an den Hungerstreik Peter Finkelgruens vom November 2009 gegen die Berliner Entschädigungsbehörde denken (Kaufhold, 2009c; vgl. van Gelder, 2000). Horkheimer hatte sich acht Jahre lang, von 1956 – 1963, intensiv für diese von Israel nach Frankfurt/M. zurückgekehrte, schwer traumatisierte jüdische Familie eingesetzt – letztlich vergeblich. Allein die von Horkheimer für Bettelheim angefertigte knappe Einführung dieser „Fallgeschichte“, in welcher die furchtbaren Verfolgungen und Traumatisierungen dieses jüdischen Menschen beschrieben werden, ist erschütternd (Horkheimer, 1988, S. 424). Die diesbezügliche Korrespondenz und Materialien umfassten 200 Blatt.

    Horkheimer bat Bettelheim nachdrücklich, ein wissenschaftliches Gutachten über diesen seelisch schwerst kranken Überlebenden zu verfassen, in welchem der in den 1950er und 1960er Jahren in Deutschland vorherrschenden medizinisch-psychiatrischen Ideologie über die ausschließlich endogene Ursache der Psychose für ein „Wiedergutmachungsverfahren“ widersprochen werden sollte.[18] Max Horkheimer führte aus: „Sehr verehrter, lieber Herr Bettelheim! Heute komme ich mit einer großen Bitte: Ich brauche Ihre Hilfe in einem besonders krassen Nachspiel zur Geschichte der Konzentrationslager. Es ist mir so, als hätte ich Ihnen sogar schon einmal davon gesprochen, jetzt aber kann ein entschiedenes Wort von Ihnen unendlich viel Gutes wirken. (…) Das Gericht, das im Grunde wohlwollend ist, würde die Grundlage dafür [Wiedergutmachungsrente] als gegeben ansehen, wenn A.s Geisteskrankheit mit den Ereignissen im Konzentrationslager in Verbindung gebracht werden könnte. Ja selbst, wenn anerkannt werden könnte, daß diese Ereignisse auch nur in irgendeiner Weise für den Zeitpunkt des vollen Ausbruchs der Krankheit im Jahre 1952 bedeutungsvoll waren. (…) Daß dem Gericht die Möglichkeit fehlt, ein günstiges Urteil zu sprechen, liegt einzig an dem Verhalten der medizinischen Gutachter. (…) Beide [Gutachter] haben sich auf Grund der Theorie von der endogenen Entstehung der Schizophrenie gegen eine Verbindung der Krankheit mit den Ereignissen erklärt. (…) (Horkheimer, 1988, S. 424-426).

    Bettelheim bat um weitergehende Informationen; am 8.10.1958 verfasste Bettelheim eine neunseitige Expertise (Horkheimer, 1988, S. 431).

    Am 16.7.1958 antwortete ihm Horkheimer: „Mein Dank kommt spät, aber ich darf Ihnen sagen, dass seit langer Zeit mir wenige Briefe eine so tiefe Freude verursacht haben wie Ihrer. Ich kann kaum ausdrücken, wie glücklich ich bin, dass Sie mich in der Sache S., die ich zu meiner gemacht habe, nicht allein lassen wollen. (…) Es kommt darauf an, darzutun, daß nach Ansicht namhafter amerikanischer Psychiater eine exogene Verursachung der Schizophrenie durchaus im Bereich der Möglichkeit liegt. Die Argumentation der hiesigen Ärzte bestreitet dies und beharrt auf der traditionellen Theorie. Der Beweisgang dabei erscheint mir als keineswegs zwingend, ja, als höchst einseitig. (…) Rasch wird der Schluß gezogen, dass die Verweisung von der Schule als Jüdin, die Einpferchung ins Ghetto, der Verlust des Eigentums, der Hunger und die entsetzlichen Ereignisse im Lager an der Psychose nicht Schuld seien.“ (Horkheimer, 1988, S. 426-429).

    Das tragische Ende dieser Geschichte ist wohl „typisch deutsch“. Nach jahrelangem Gerichtsprozess wurde die von dem Rechtsanwalt Erich Cohn-Bendit (dem Vater Daniel Cohn-Bendits, R.K.) vertretene Klage gegen das Land Rheinland-Pfalz in zweiter Instanz abgewiesen. „Auf Initiative von Max Horkheimer beim Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz wurde daraufhin als Härteausgleich eine monatliche Rente von DM 250,- bewilligt. Diese Rente wurde dann zuletzt vom Landeswohlfahrtsverband Hessen als Kostenbeitrag für die psychiatrische Unterbringung vereinnahmt“ (Horkheimer, 1988, S. 431).

    Ob unser tapferer, von antisemitische Anspielungen und Begrifflichkeuten nicht freier Journalist Salzwedel auch nur eine Zeile dieser Korrespondenz zur Kenntnis nehmen würde? Ob er, der von Bettelheim erkennbar wenig versteht und ihn vermutlich auch nie richtig gelesen hat, der Bettelheim auch nie getroffen hat, mehr von Bettelheim versteht als Max Horkheimer?

    5. Unerbetene Reaktionen – werden nicht gedruckt

    „Ich glaube, dass das Hauptproblem bei der Milieu-Therapie darin liegt, wie man ein Milieu schaffen kann, in dem sich die Mitarbeiter nicht gegen die emotionalen Verheerungen wehren müssen, welche die Patienten und ihre Bedürfnisse bei ihnen anrichten.“
    Bruno Bettelheim (1975, S. 310)

    Die Spiegel – Polemik ist nicht unwidersprochen geblieben. Nina Sutton schrieb einen Leserbrief an den Spiegel. Zusätzlich wandte sie sich an Ernst Federn und bat diesen ebenfalls um eine schriftliche Reaktion. Der Spiegel veröffentlichte keinen dieser Leserbriefe.
    Ernst Federn war mit Bettelheim befreundet, hat sich jedoch, auch öffentlich, durchaus kontrovers zu einigen Positionen Bettelheims geäußert. Auch Bettelheims legendäre öffentliche Auftritte hat er nicht immer als glücklich empfunden (vgl. Federn, 1999b, 2003a).
    Aus Gründen der Fairness veröffentliche ich an dieser Stelle die Reaktion von Ernst Federn auf den Spiegel“- Artikel:

    „Sehr geehrter Herr Augstein, Wien, den 19.2.1997
    Frau Nina Sutton hat mir eine Kopie der Besprechung von der Biographie Bruno Bettelheims, deren Autor Richard Pollak ist, zugesandt. Sie erschien im „Spiegel“ 7/97 und ist von einem Johannes Salzwedel verfasst. Darin wird behauptet, dass Bruno Bettelheim seine Karriere auf Lügen und Hochstapelei gegründet hat. Diese Behauptung muss auf das Schärfste zurückgewiesen werden. Sie ist eine reine Verleumdung.
    Ich lernte Bettelheim im KZ Buchenwald kennen und war mit ihm bis zu seinem Tode befreundet. Ich traf mich mit ihm wiederholt in den Vereinigten Staaten und in Europa, wohnte mehreren seiner Vorträge bei, besuchte seine „Orthogenic School“ in Chicago und las seine Schriften. Bruno Bettelheim erhielt ein Doktorat in Philosophie von der Universität Wien und war seit früher Jugend an der Psychoanalyse interessiert, in der er sich ausbilden lassen wollte.
    Seine erste Arbeit über das Leben im KZ ist eine Pionierleistung ersten Ranges, deren Bedeutung erst heute voll erkannt wird.
    Bettelheim war sicherlich eine schwierige Persönlichkeit, wie es beinahe alle Menschen sind, die mit geisteskranken Kindern und Erwachsenen arbeiten. Es gibt Fachleute, die seine Auffassungen nicht teilen, aber auch solche, die ihn als Pionier der Milieutherapie ansehen.
    Dass sein Selbstmord mit 86 Jahren, schwer krank und arbeitsunfähig, im Publikum der Vereinigten Staaten so schockierend gewirkt hat, ist psychologisch interessant, aber vom Standpunkt der Vernunft das einzig Richtige gewesen, was er hatte tun können.
    Die Biographie von Pollak, die ich nicht gelesen habe und nach Kenntnisnahme Ihrer Besprechung auch nicht lesen werde, beruht auf feindlichen Aussagen ehemaliger Patienten, die nach seinem Tode plötzlich gegen Bettelheim losgingen. Aussagen von ehemaligen Patienten sind, wie die von Kindern, mit großer Vorsicht aufzunehmen. Aber selbst, wenn Bettelheim fünfmal in seinem langen Leben die Nerven verloren hat, ist das kein Grund, ihn einen Schwindler zu nennen. Dass er seine Erfolge betont hat, entspricht dem, was die meisten Autoren tun. Wenn er durch viele Jahre die Mütter als Ursache der Geisteskrankheiten bei Kindern ansah, so vertrat er damit nur eine allgemein in den Vereinigten Staaten angenommene Theorie. Wir wissen heute, dass sie nicht stimmt, aber zu Bettelheims Zeiten war sie weit verbreitet. Man braucht mit Bettelheim nicht übereinzustimmen, aber ihn zu verleumden und zu beschimpfen ist ein Skandal.
    Hochachtungsvoll
    Prof. Mag. Ernst Federn, Ehrenmitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung“[19]

    6. „Autoritäre Persönlichkeit mit antiautoritärer Botschaft“? Zu Bettelheims Arbeits- und Erkenntnisprinzipien

    „Der Wunsch, mit psychisch Kranken zu arbeiten, hat viele bewusste und viele unbewusste Gründe; manche von ihnen sind für die Arbeit konstruktiv und andere nicht. Ohne eine starke innere Motivation kann niemand psychisch kranken Patienten wirksam helfen. (…) Die erfolgreichsten Betreuer waren (…) diejenigen, die von Anfang an spürten, dass ihnen die Arbeit eine einzigartige Gelegenheit bot, einige ihrer eigenen Probleme zu lösen. Diese wussten, dass sie gezwungen sein würden, etwas in sich selbst durchzuarbeiten, um für ihre Patienten von größerem Nutzen zu sein. Der sicherste Hinweis auf die Eignung waren der tiefe Wunsch, persönliche Autonomie zu erreichen, und die Erkenntnis, dass dies möglich ist, indem man seine besonderen persönlichen Schwierigkeiten löst. Derjenige Mitarbeiter, der sich am ehrlichsten bemüht, sich selbst gegenüber wahrhaftig zu sein – herauszufinden, was das beinhaltet und es durch konstruktives Tun entschlossen in der Realität zu verwirklichen, war stets am besten geeignet, die gleiche Fähigkeit bei den Patienten zu entwickeln. Nicht nur verfügt er über ein großes Einfühlungsvermögen in das Bedürfnis des Patienten nach Selbständigkeit, sondern er wusste auch aus eigener Erfahrung, wie schwierig und wichtig das ist. Nur der Mitarbeiter, der den Mut hat, in sich selbst hineinzuschauen, hat das moralische Recht, das auch von seinen Patienten zu erwarten.“
    Bruno Bettelheim (1975, S. 304, S. 275)

    Wie erwähnt, gefällt sich der „Spiegel“ besonders in der Wiedergabe eines Zitates einer nicht genannten Person: Bettelheim sei eine „autoritäre Persönlichkeit mit antiautoritärer Botschaft“ (S. 169). Diese Formulierung sagte dem Spiegel so sehr zu, dass er sie auch als Bildbeschriftung für das Photo des sterbenskranken Bettelheim verwendete. Nun mag man darüber diskutieren, inwieweit sich Bettelheim gelegentlich „autoritär“ verhielt. Der Erziehungswissenschaftler Michael Löffelholz hat mir 1996 eine persönliche Erinnerung an einen Vortrag Bettelheims aus den 1950er Jahren – dem er als junger Student beigewohnt hatte – mitgeteilt. Diese Erinnerung empfand ich als so bemerkenswert, dass ich ihn bat, diese über 40 Jahre zurückliegende Erinnerung an seine Studienzeit noch einmal schriftlich wiederzugeben. Die im folgenden geschilderte Erinnerung war für Löffelholz offensichtlich so bedeutsam, dass er sich auch heute noch sehr unmittelbar und nah an diese eher zufällige Begegnung mit Bettelheim zu erinnern vermag:

    „Es war Mitte der 50er Jahre, ich hatte gerade mein Studium in Frankfurt begonnen, dass ich Bruno Bettelheim begegnete. Ich nahm an einem Seminar teil, das er am Institut für Sozialforschung als amerikanischer Gastprofessor leitete. Für mich, und das galt sicher auch für andere, war Bettelheim damals noch kein besonderer Name. Thematisch ging es in der Veranstaltung um den Autoritarismus der Deutschen, jedoch sind meine Erinnerungen an sie so schwach, dass sich kein zusammenhängendes Bild mehr von ihrem Verlauf ergibt. Von diesem verblassten Eindruck hebt sich allerdings ein Erlebnis ab, das sich mir bis in Details der Wahrnehmung hinein unvergesslich eingeprägt hat.
    Es war in einer der ersten Stunden des offensichtlich gruppenanalytisch konzipierten Seminars, dass, nachdem Bettelheim Platz genommen hatte, kein Wort sagte und ein von mir als zunehmend peinlich erinnertes, langes Schweigen eintrat und alles auf einen ersten erlösenden Einfall von jemand zu warten schien, ein Student aufstand und sich, an Bettelheim gewandt, in deutlichen Worten über den Seminarverlauf beschwerte: das sei doch kein richtiges Seminar, bei dem sich der Dozent einfach hinsetze, ohne etwas zu sagen, und zulasse, dass nichts geschehe. Das sei versäumte Zeit. Der Student hatte kaum ausgeredet, da schnellte Bettelheim hoch und schrie in äußerster Erregung, während er zugleich seine Blicke durch die Reihen von uns Teilnehmern gleiten ließ und unsere Reaktionen aufmerksam beobachtete: ‚Ich bin der Leiter des Seminars und ich bestimme, was hier gemacht wird.‘ Nach diesem Zornesausbruch setzte er sich in völliger Gelassenheit wieder hin und forderte mit den ruhig gesprochenen Worten: ‚Was ist hier geschehen?‘ das Seminar dazu auf, über das soeben Erlebte zu sprechen. Was bei dieser Besprechung zu Tage kam, weiß ich nicht mehr.
    Wohl aber erinnere ich den Zustand der Düpierung, meine wunderliche zwiespältige Gefühlsverfassung – zusammengesetzt aus Schrecken und ebenso plötzlichem Erwachen, aus Verdüsterung und Erhellung -, die sich daraus ergeben haben musste, dass ich an einer Inszenierung teilgenommen hatte, die sich als solche nicht zu erkennen gab und ihre Wirkung dem Umstand verdankte, dass sie die Teilnehmer zunächst mit dem Schein des Ernstes überfiel und sie dann in der nagenden, von ihnen selbst zu lösenden Ungewissheit beließ, ob sie an einem ernsten Vorfall oder an einem Spiel teilgenommen hatten. Im Nachhinein vermute ich, dass auch der rebellierende ältere Student, der meiner Erinnerung nach am Institut für Sozialforschung schon mitarbeitete, von Bettelheim den Auftrag zu seiner Rolle erhalten hatte.
    Außer dieser Szene ist mir von diesem Seminar nur eine andere noch im Gedächtnis, dass sich nämlich die Teilnehmer am Beginn einer der ersten Stunden, bevor Bettelheim erschienen war, aus eigener Initiative damit zu schaffen machten, die Anordnung des Mobiliars im Seminarraum so zu verändern, dass aus der gewohnten Frontalaufreihung der Stühle zum Pult hin eine symmetrische Gruppierung entstand. Ich spüre noch heute den Widerstand, den ich überwinden musste, um mich an dieser ungewohnten studentischen Initiative zur Veränderung der autoritären Raumeinrichtung nach dem Willen des amerikanischen Gastes zu beteiligen.“[20]

    7. Wer war Bruno Bettelheim? Oder: Grenzen einer biographischen Annäherung

    „In den meisten mir bekannten Institutionen besteht, das gilt sogar für die Behandlung des psychotischen Kindes, der wesentliche Ansatz darin, dass man das kranke Kind die Welt so sehen lassen möchte, wie sie wirklich ist. Genau dazu aber ist das psychotische Kind nicht fähig. Wir sahen nun unsere Aufgabe darin, für das Kind eine Welt zu schaffen, die völlig verschieden ist von der, die es voller Verzweiflung verlassen hat, eine Welt auch, in die es jetzt schon, so wie es ist, eintreten kann. Das heißt, das Kind muss das Gefühl haben, dass wir in seiner privaten Welt bei ihm sind, und nicht, dass es noch einmal die Erfahrung macht, dass ‚jeder mich aus meiner Welt heraus in die seine holen möchte‘.“
    Bruno Bettelheim (1983a, S. 12)

    Sigmund Freud schrieb am 31.5.1936 an Arnold Zweig, der einiges Biographisches zu Freud publiziert hatte:
    „… erst heute, am 1. Tag des lieblichen Festes, komme ich dazu, Ihnen einen Brief zu schreiben, geschreckt durch die Drohung, dass sie mein Biograph werden wollen. (…) Nein, ich liebte Sie viel zu sehr, um solches zu gestatten. Wer Biograph wird, verpflichtet sich zur Lüge, zur Verheimlichung, Heuchelei, Schönfärberei und selbst zur Verhehlung seines Unverständnisses, denn die biographische Wahrheit ist nicht zu haben, und wenn man sie hätte, wäre sie nicht zu brauchen“ (Freud u. Zweig 1984, S. 137).

    Bruno Bettelheim hielt diese Bemerkung Freuds für so bedeutsam, dass er sie in der Einleitung seines letzten, autobiographisch getönten Werkes „Themen meines Lebens“ aufgriff. Bettelheim wollte hiermit seine tiefe Skepsis gegenüber autobiographischen Bemühungen zum Ausdruck bringen. Dementsprechend hat er sich dagegen verwahrt, „irgend jemandem die Zustimmung zu einer Biographie zu erteilen“ (Sutton 1996, S. 594) und hat wohl auch einen Teil seines privaten Materials zerstört (ebd.).

    Ich halte diese Skepsis von Bettelheim für berechtigt. In diesem Kontext möchte ich auch meine tiefe Skepsis über einige Passagen aus Suttons Biographie ausdrücken, beispielsweise ihr Versuch, die Hintergründe und Ausgestaltung von Bettelheims Arbeit mit dem von ihm in Wien von 1932-1938 „adoptierten“ autistischen Mädchens (s. Kap. 3 und 4 in Suttons Buch) zu erhellen. Ihre diesbezüglichen Interpretationen stützen sich primär auf die Aussagen von Bettelheims erster Frau, Gina Weinmann. Dies gilt ebenfalls für Suttons Versuch, die Hintergründe von Bettelheims Freilassung aus Buchenwald anhand von Aktenmaterial zu eruieren, sowie auch die Gründe seiner Inhaftierung (ob Bettelheim aus „politischen“ oder „nur“ „rassistischen“ Gründen nach Dachau verschleppt worden ist). Als ich mit Ernst Federn hierüber sprach, betonte er nachdrücklich, dass er solche Bemühungen für völlig unangemessen und aussichtslos hält. Kein Mensch kann heute wissen, ob bzw. in welcher Weise Bettelheim damals mit diesem autistischen Mädchen, das er immerhin für sechs Jahre in sein Haus aufgenommen hatte, gearbeitet hat. Dass diese Begegnung ein wesentliches Motiv für seine spätere Arbeit in der Orthogenic School war, kann nicht sinnvoll in Abrede gestellt werden. Weiterhin hat Ernst Federn in diesem Gespräch nachdrücklich betont, dass ihm Bettelheim 1938 in Dachau gesagt hat, dass er aus politischen Gründen, wegen seiner Unterstützung der linken „Vaterländischen Front“, festgenommen worden ist.[21] Bettelheim war damals ein völlig unbekannter Mensch, und es gab keinerlei Motiv für ihn, Ernst Federn damals die – wie es Sutton in ihrer Biographie in völlig unpassender Moralität mehrfach sinngemäß formuliert – „Unwahrheit“ gesagt zu haben.

    Wozu taugen Biographien? Über Paul Parin wurde aus Anlass seines 80.ten Geburtstages vom Schweizer Fernsehen ein Filmporträt gedreht (Pletscher, 1996):. In diesem Film wird eine Überlegung von Paul Parin zum Aussagewert von Biographien wiedergegeben, die die diesbezüglichen Schwierigkeiten auf den Punkt bringen: „Biographien wollen meistens objektiv und neutral sein, und sie töten mit diesem Anspruch den zu porträtierenden Menschen. Nur da, wo innere und äußere Lebensgeschichte verknüpft sind, in der Autobiographie und vor allem in der Psychoanalyse, sind Wahrhaftigkeit und Authentizität möglich.“

    8. Epilog: Wer war Bruno Bettelheim?

    David James Fisher: At the Orthogenic School no one could get in without permission and anyone could leave at any time. Some people have called that a noble experiment with a utopian concept, not used in a denigrating but rather in the descriptive sense. Would you agree with that description?
    Bruno Bettelheim: No, I think that what we did is what the patients required. I don’t think that it is utopian to do right by the patient. It seems to be the only thing that is appropriate.
    Gespräch vom 28.11.1988 zwischen David James Fisher und Bruno Bettelheim (Kaufhold 1994, S. 21)

    Man könnte die Polemik des Spiegel zum Anlass nehmen, über die durch die Konkurrenz zu seichten Blättern wie „Focus“ erwachsene schwierige Situation des Spiegel nachzudenken.
    Ich vermute jedoch, dass dieser Artikel in einem größeren gesellschaftlichen und zeitgeschichtlichen Kontext betrachtet werden sollte. Es dürfte kein Zufall sein, dass der Spiegel in den 70er und 80er Jahren, in den Jahren gesellschaftlicher Reformbestrebungen und sozialen Engagements, außergewöhnlich positiv über Bruno Bettelheim schrieb – um dann in den konservativen, durch Egoismus und Ellenbogenmentalität geprägten 90er Jahren den toten Juden Bruno Bettelheim bzw. die biographisch inspirierten Ideale, die dieser repräsentiert, mit Zynismus „bloßzulegen“. Der Psychoanalytiker Horst-Eberhard Richter – der für sich in Anspruch nehmen kann, in vergleichbarer Weise wie Bruno Bettelheim den gesellschaftskritischen, aufklärerischen „Geist“ der Psychoanalyse in einer allgemeinverständlichen Diktion gesellschaftlich zugänglich und bewusst gemacht zu haben -, hat mir nach dem Erscheinen von „Bewältigungsversuche eines Überwältigten. Eros und Thanatos in der Biographie und im Werk von Bruno Bettelheim“ (Kaufhold 1997a) einen Brief geschrieben, in dem er diesen Zusammenhang diskutiert:

    „Ich finde Ihren Bettelheim-Aufsatz sehr verdienstvoll, – um so mehr, als es beinahe üblich geworden ist, sich zu schämen, diesen Mann je geachtet und von ihm profitiert zu haben. Mich beschäftigt dieses Phänomen gegenwärtig, warum giert die Gesellschaft geradezu danach, einst idealisierte Figuren zu zerstören? Woher kommt die Befriedigung, dass Bettelheim angeblich nur ein eitler, betrügerischer Sadist gewesen sein soll? In meinem neuen Buch (eine Studie über Philosophie, Psychoanalyse und Zeitkritik, die im August 1997 bei ‚Econ‘ erscheint, R.K.) berühre ich dieses Thema wenigstens am Rande und stelle die These auf, dass eine im Grunde pessimistische Gesellschaft, die sich die Lösung ihrer großen Probleme nicht mehr zutraut, keine Leitbilder bzw. deren Repräsentanten erträgt, die sich von der eigenen moralischen Resignation wie ein großer Vorwurf abheben. Wir alle haben diesen Zwiespalt in uns. Diejenigen können dankbar sein, deren Zuversicht es noch zulässt, Vorbilder zu lieben, ohne ihre Schwächen zu verleugnen.“[22]

    Wer war Bruno Bettelheim? Es hat gewiss „viele“ Bruno Bettelheims gegeben. Die Heftigkeit der Kontroverse um Bettelheim zeigt, neben vielem anderem, die Komplexität und Vitalität dieses herausragenden Vertreters der Pädagogik und Psychoanalyse.
    Ich finde meine Vorstellung von Bettelheim in den Worten von David James Fisher wieder. Fisher, der zur europäischen Kulturgeschichte, insbesondere zur Geschichte der Psychoanalyse promoviert (Fisher 1991) und Russel Jacoby bei der Erstellung von dessen bemerkenswerter Streitschrift „Die Verdrängung der Psychoanalyse oder Der Triumph des Konformismus“ (Frankfurt/M. 1990) beratend hilfreich war, arbeitet heute als Psychoanalytiker und Historiker in Los Angeles. Er war ein Analysand von Rudolf Ekstein und war in Bettelheims letzten Lebensjahren einer von dessen intimsten Gesprächspartnern (vgl. Fisher, 2003, 2003a). In seiner „Hommage an Bettelheim (1903-1990)“ bemerkt Fisher:

    „Ich lernte Bettelheim in jenen Jahren kennen, als sich sein Leben dem Ende zuneigte. Vieles trennte und vieles verband uns (…) Ihn umgab eine Stimmung von Ernsthaftigkeit, eine intellektuelle Seriosität und emotionale Tiefe, die größtenteils von der Kraft seiner Persönlichkeit herrührte, aber auch von dem tragischen Gewicht seiner lebensgeschichtlichen Erfahrung – vor allem von seiner Erinnerung an den deutschen Faschismus und die Konzentrationslager. Ich fand ihn immer höflich, formell im europäischen Sinne, ein bisschen unnahbar, doch umgab ihn immer eine bezwingende Ausstrahlung, eine persönliche Würde, ein Funkeln in seinen Augen, ein ironischer Sinn für Humor, eine Intoleranz gegenüber der Verrücktheit und Dummheit der Menschen, die Fähigkeit, ausgesprochen selbstkritisch zu sein. Seine Härte war legendär; er wandte sie auch auf sich selbst an, wie seine bemerkenswerte Arbeitsdisziplin und die fruchtbare Qualität und Quantität seiner Veröffentlichungen bezeugen. (…)
    In unseren Gesprächen berührte er oft während er sprach seinen Kopf, massierte ihn fast; dies war ein Mensch mit einer deutlichen narzisstischen Besetzung des Geistes und wenn er nicht länger neue und originelle Gedanken hervorbringen konnte, wollte er nicht länger leben. (S. 95) (…)

    Er war eine der letzten wirklich unabhängigen Stimmen der Psychoanalyse, einer jener respektlosen Bilderstürmer, die sich voll Verachtung für regionale, nationale, internationale Streits über psychoanalytische Doktrinen, niemals um Institutionen des Establishments oder psychoanalytischer Institute kümmerte. Er erachtete diese Streits als abwegig.

    Als eine selbstsichere, kritische Stimme sagte er seine Meinung – oft in einer kämpferischen, beißenden, intoleranten Weise, immer aber wohlüberlegt, kurz, knapp und bestimmt. Ich lernte schnell, dass es sinnlos war, mit ihm über bestimmte Themen zu diskutieren; mehr als einmal empfand ich ihn als rechthaberisch, autoritär und ziemlich barsch in seinen Urteilen – beispielsweise über die Politik der Anti-Kriegsbewegung in den 1960er Jahren, der Kritik an der amerikanischen Außenpolitik, den theoretischen Versuchen Marxismus und Psychoanalyse zu verbinden. Doch auch in vorgerücktem Alter war ein Dialog mit ihm möglich; bei Problemen, von denen er wusste, dass sie existentiell oder psychologisch drängten, konnte er erstaunlich entwaffnend und einfühlsam sein. (S. 97) (…)
    Bei meinem letzten Besuch Bettelheims bat ich ihn um einen klinischen Rat über anhaltende Probleme, die ich mit verschiedenen Patienten hatte, die alle Kinder von Überlebenden des Holocaust waren. Bettelheim drängte mich, geduldig, freundlich, empfindsam, gelassen und der Herr meiner eigenen Ängste zu bleiben, zu lernen, die ausgedehnte Phase des ‚Nicht-genau-Wissens‘ besser zu ertragen, nicht vorschnell in Interpretationen zu stürzen, die Erinnerungen an oder Phantasien über den Holocaust wachrufen, die oft heftigen negativen Übertragungen auszuhalten (was er als die am schwierigsten zu integrierende Aufgabe ansah) und die Gegenübertragung zu berücksichtigen und über sie als authentischen Weg zum Geist und der Seele des Patienten nachzudenken. Dann machte er eine Pause und sagte mit dem Schock einer schmerzhaften Erkenntnis: ‚Sie wissen, meine Kinder sind Kinder eines Überlebenden des Holocaust.‘ Das ist der Bettelheim, an den ich mich erinnere: hilfsbereit, scharfsinnig, fürsorglich, doch immer persönlich, den emotionalen und lebensgeschichtlichen Anteilen zwischenmenschlicher Begegnungen gefühlvoll zugewandt.

    Mein Lieblingsbild von Bruno Bettelheim bleibt das, auf dem er im Flur der Orthogenic School seinen Arm um die Schulter eines Mädchens gelegt hat; es ist ein kraftvolles Bild, mit dem Rücken zur Kamera zeigt es einen Mann, der selbstsicher war, beschützend, beruhigend, empfindsam, Selbstvertrauen ausstrahlend, fähig seine eigenen Zweifel auszuhalten und das furchtbare Gewicht seiner eigenen lebensgeschichtlichen Erfahrungen mutig und mit Würde zu tragen.“ (Fisher, 2003e, S. 95-98).

    Literatur

    Bettelheim, B. (1950/ dt. 1971): Liebe allein genügt nicht. Die Erziehung emotional gestörter Kinder. Stuttgart.
    Bettelheim, B. (1955): Individual Autonomy and Mass Controls. In: Adorno, T.W/Dirks, W. (Hg., 1955): Sociologica. Frankfurt/M, S. 245-262.
    Bettelheim, B. (1960/ dt. 1980/1989): Aufstand gegen die Masse. Die Chance des Individuums in der modernen Gesellschaft. Frankfurt/M.
    Bettelheim, B. (1967/ dt. 1977/1983): Die Geburt des Selbst. The Empty Fortress. Frankfurt/M.
    Bettelheim, B. (1969/ dt. 1971/1973): Die Kinder der Zukunft. Gemeinschaftserziehung als Weg einer neuen Pädagogik. München.
    Bettelheim, B. (1974/ dt. 1975/1989): Der Weg aus dem Labyrinth. Leben lernen als Therapie. Stuttgart.
    Bettelheim, B. (1975/ dt. 1977/1980): Kinder brauchen Märchen. Stuttgart. Bettelheim, B. (1979/ dt. 1980/1985): Erziehung zum Überleben. Zur Psychologie der Extremsituation. München.
    Bettelheim, B. (1982/ dt. 1984/1986): Freud und die Seele des Menschen. München.
    Bettelheim, B. (1987/ dt. 1987): Ein Leben für Kinder. Erziehung in unserer Zeit. Stuttgart.
    Bettelheim, B. (1990/ dt. 1990): Themen meines Lebens. Über Psychoanalyse, Kindererziehung und das Schicksal der Juden. Stuttgart.
    Bettelheim, B./Ekstein, R. (1994): Grenzgänge zwischen den Kulturen. Das letzte Gespräch zwischen Bruno Bettelheim und Rudolf Ekstein. In: Kaufhold, R. (Hg., 1994): Annäherung an Bruno Bettelheim. Mainz, S. 49-60 (nur noch beim Autor für 12 Euro plus Porto erhältlich: roland.kaufhold (at) netcologne.de).
    Bettelheim, B. /Janowitz, M. (1950): Dynamics of Prejudice: A Psychological and Sociological Study of Veterans. New York.
    Bettelheim, B. /Karlin, D. (1975/ dt. 1983/1984): Liebe als Therapie. Gespräche über das Seelenleben des Kindes. München.
    Der Spiegel (1990): Gestorben Bruno Bettelheim, 12/1990. Internet: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13499178.html
    Der Spiegel (1990): Rettender Diktator Nr. 37/1990.
    Der Spiegel (1997): Johannes Salzwedel: Falsche Fabeln vom Guru. Nr. 7/1997, S. 166-169.
    Ekstein, R. (1994): Mein Freund Bruno (1903-1990). Wie ich mich an ihn erinnere. In: Kaufhold 1994, S. 87-94.
    Ekstein, R., Fisher, D.J. (1994): Offener Brief an „Newsweek“. In: Kaufhold (Hg.) 1994, S. 300-302 (nur noch beim Autor für 12 Euro plus Porto erhältlich: roland.kaufhold (at) netcologne.de).
    Federn, E. (1990): Leserbrief an Commentary, Dezember 1990 (Privatarchiv Roland Kaufhold).
    Federn, E. (1994): Bruno Bettelheim und das Überleben im Konzentrationslager. In: Kaufhold 1994, S. 125-127 (nur noch beim Autor für 12 Euro plus Porto erhältlich: roland.kaufhold (at) netcologne.de).
    Federn, E. (1999): Versuch einer Psychologie des Terrors. In: Kaufhold (Hg.) (1999), S. 35-75.
    Fisher, D. J. (1983): Review of Bettelheim’s «Freud and Man’s Soul». L. A. Psychoanal. Bull 1 (4), S. 20 26.
    Fisher, D. J. (1991): Bruno Bettelheims Achievement. Free Assoc., N.Y, 22, S. 191 201.
    Fisher, D. J. (2003): Psychoanalytische Kulturkritik und die Seele des Menschen. Essays über Bruno Bettelheim unter Mitarbeit von Roland Kaufhold et. al., Gießen (Psychosozial-Verlag). http://www.psychosozial-verlag.de/psychosozial/details.php?p_id=281
    Fisher, D. J. (2003a): Ein letztes Gespräch mit Bruno Bettelheim. In: Fisher (2003), S. 133-158.
    Fisher, D. J. (2003b): Psychoanalytische Kulturkritik und die Seele. In: Fisher (2003), S. 73-98.
    Fisher, D. J. (2003c): Zum psychoanalytischen Verständnis von Faschismus und Antisemitismus. In: Fisher (2003), S. 99-122.
    Fisher, D. J. (2003d): Ermutigung zum Spiel. In: Fisher (2003), 123-132.
    Fisher, D. J. (2003e): Hommage an Bruno Bettelheim (1903–1990). In: Fisher (2003), S. 173-177.
    Fisher, D. J. (2003f): Offener Leserbrief an Newsweek. In: Fisher (2003), S. 181f.
    Fremon, C. (1994): Liebe und Tod. Ein Gespräch zwischen Bruno Bettelheim und Celeste Fremon. In: Kaufhold 1994, S. 99-111 (nur noch beim Autor für 12 Euro plus Porto erhältlich: roland.kaufhold (at) netcologne.de).
    Freud, S., Zweig, A. (1984): Briefwechsel. Frankfurt/M. 1984.
    van Gelder, F. (2000): Erinnerung und Trauma. Überlegungen zum Umgang der Psychiatrie und Psychoanalyse mit Überlebenden der Shoah. Internet: www.amsterdam-adorno.net/survivors.html
    Heinsohn, G. (1994): Bruno Bettelheims Mütter und Kinder des Kibbuz. In: Kaufhold 1994, S. 175-183 (nur noch beim Autor für 12 Euro plus Porto erhältlich: roland.kaufhold (at) netcologne.de).
    Horkheimer, M. (1988): Briefwechsel 1949-1973. In: Horkheimer (1988): Gesammelte Schriften in 20 Bänden, Hg. Schmidt, A./Schmid-Noerr, G., Band 18, Frankfurt a.M. (Suhrkamp).
    Ignatieff, M. (1994): Die Einsamkeit der Überlebenden. In: Kaufhold 1994, S. 112-115 (nur noch beim Autor für 12 Euro plus Porto erhältlich: roland.kaufhold (at) netcologne.de).
    Jacobsen, K. (2000): Blaming Bettelheim, Psychoanalytic Revue 87, S. 385-415.
    Karlin, D. (1994): Bruno Bettelheim über seine Arbeit, die Krise der Psychoanalyse, Alter und Selbstmord. Gespräch zwischen Daniel Karlin und Bruno Bettelheim. In: Kaufhold (Hg.) (1994), S. 67–70 (nur noch beim Autor für 12 Euro plus Porto erhältlich: roland.kaufhold (at) netcologne.de).
    Kaufhold, R. (Hg.) (1993): Pioniere der Psychoanalytischen Pädagogik: Bruno Bettelheim, Rudolf Ekstein, Ernst Federn und Siegfried Bernfeld. psychosozial Heft 53 (I/1993), 16. Jg.
    Kaufhold, R. (Hg.) (1994): Annäherung an Bruno Bettelheim. Mainz (nur noch beim Autor für 12 Euro erhältlich: roland.kaufhold (at) netcologne.de)
    Kaufhold, R. (1996): Nina Sutton: Bruno Bettelheim: Auf dem Weg zur Seele des Kindes. Kinderanalyse 4/1996, S. 427–434.
    Kaufhold, R. (Hg.) (1999): Ernst Federn: Versuche zur Psychologie des Terrors. Material zum Leben und Werk von Ernst Federn. Gießen. http://www.suesske.de/kaufhold-2.htm
    Kaufhold, R. (1999a): Material zur Geschichte der Psychoanalyse und der Psychoanalytischen Pädagogik: Zum Briefwechsel zwischen Bruno Bettelheim und Ernst Federn. In: Kaufhold (1999), S. 145–172.
    Kaufhold, R. (2001): Bettelheim, Ekstein, Federn: Impulse für die psychoanalytisch-pädagogische Bewegung. Mit einem Vorwort von Ernst Federn, Gießen (Psychosozial-Verlag). www.suesske.de/kaufhold-1.htm
    Kaufhold et. al. (2003a): Einleitung. In: Fisher, D. J. (Hg., 2003): Psychoanalytische Kulturkritik und die Seele des Menschen. Essays über Bruno Bettelheim. Gießen (Psychosozial-Verlag).
    Kaufhold et. al. (Hg., 2003b): Bruno Bettelheim (1903 – 2003): “So können sie nicht leben”. Zeitschrift für Politische Psychologie 1-3/2003. http://www.suesske.de/buch_zfpp_kaufhold-bettelheim.htm
    Kaufhold, R. (2008): Documents Pertinent to the History of Psychoanalysis and Psychoanalytic Pedagogy: The Correspondence Between Bruno Bettelheim and Ernst Federn. In: The Psychoanalytic Review , (New York), Vol. 95, No. 6/2008, S. 887-928.
    Koelbl, H. (1990): Jüdische Porträts – Ein Gespräch mit Bruno Bettelheim. In: Kaufhold 1994, S. 61-66 (nur noch beim Autor für 12 Euro plus Porto erhältlich: roland.kaufhold (at) netcologne.de).
    Masson, J. M. (1994): Was hat man dir, du armes Kind, getan? Sigmund Freuds Unterdrückung der Verführungstheorie. Hamburg.
    Mehlhausen, J. (1990): Gedenken an Bruno Bettelheim. In: Zeitschrift für Pädagogik 36(6), 1990, S. 793-803. (als Buch: Mehlhausen, M. (Hg.) (1991): Leben Lernen. Gedenken an Bruno Bettelheim, Tübingen (J. C. B. Mohr).
    Parin, P. (1990): Noch ein Leben. Eine Erzählung. Zwei Versuche. Freiburg 1990.
    Parin, P. (1995): Eine Sonnenuhr für zwei Hemisphären. Hamburg 1995.
    Plänkers, T. & Federn, E. (1994): Vertreibung und Rückkehr. Zur Geschichte der Psychoanalyse und Ernst Federns. Tübingen 1994.
    Pletscher, M. (1996): Mit Fuchs und Katz auf Reisen, zum achtzigsten Geburtstag von Paul Parin, Schweizer Fernsehen 22.9.1996 (3-Sat), 17.10.1996, 45 Min.
    Pollak, R. (1997): The Creation of Dr. B. A Biography of Bruno Bettelheim. New York 1997.
    Raines, T. (2002): Rising to the light: A Portrait of Bruno Bettelheim. New York (Alfred A. Knopf).
    Reich, K. (1993): Zur Psychologie extremer Situationen bei Bettelheim und Federn. In: Kaufhold 1993, S. 83-93.
    Reich, K. (1994): Bettelheims Psychologie der Extremsituation. In: Kaufhold 1994, S. 134-155 (nur noch beim Autor für 12 Euro plus Porto erhältlich: roland.kaufhold (at) netcologne.de).
    Reich, K. (1995): „… dass nie wieder Auschwitz sei!“ Gedanken über ein dekonstruktivistisches Erziehungsideal. Internet: http://www.uni-koeln.de/hf/konstrukt/reich_works/aufsatze/reich_19.pdf
    Salzwedel, J. (1997): Falsche Fabeln vom Guru. In: Der Spiegel 7/1997, S. 166-169.
    Schmauch, U. (1994): Das Gefühl der Hölle. Sprache und Methode bei Bruno Bettelheim. In: Kaufhold 1994, S. 128-133 (nur noch beim Autor für 12 Euro plus Porto erhältlich: roland.kaufhold (at) netcologne.de).
    Stork, J. (1994): Wenn es ein Paradoxon gibt. Vorwort zu Bettelheim, B.: „Die Geburt des Selbst“. München 1977, S. IX-XV. – ders.: Zur Entstehung der Psychosen im Kindesalter. In: Kinderanalyse 2/1994, S. 223-226.
    Sutton, N. (1994): Bruno Bettelheim. Auf dem Weg zur Seele des Kindes. Hamburg 1996.

    Diese Studie ist zuvor in der Zeitschrift Behindertenpädagogik, 38. Jg., Heft 2/1999, Seite 160-187 erschienen. Sie wurde vom Autor für diese haGalil-Veröffentlichung überarbeitet und um das Kapitel zum Briefwechsel Max Horkheimers mit Bruno Bettelheim erweitert. Die Zeitschrift Behindertenpädagogik erscheint heute beim Psychosozial-Verlag, Gießen.

    Von Roland Kaufhold sind anlässlich des 20. Todestages Bruno Bettelheims soeben folgende Beiträge in Zeitschriften erschienen:

    Roland Kaufhold: Vor 20 Jahren starb Bruno Bettelheim, in: Tribüne Heft 193, 49. Jg., Nr. 1/2010, S. 62-66.
    Roland Kaufhold: Ein streitbarer Psychoanalytiker und Pädagoge. Vor 20 Jahren starb Bruno Bettelheim, in: Jüdische Allgemeine, 11. März 2010.

  • Erik Jan Hanussen
    https://de.wikipedia.org/wiki/Erik_Jan_Hanussen


    Heute nehmen wir Wikipedia als Einstieg in eine Untersuchung des #Mythos Hanussen , der gut und gerne als Vorläufer zu den Irrungen und Wirrungen um den Tod der Gefangenen von #Stammheim gelten kann. ab ’33 wurde es immer verrückter. Vom #Reichstagsbrand über das #Kenndy-Attentat bis zu #911, Manipulation und Vertuschung überall. Unser Mann wohnte im Jahr 1933 #Kudamm_16 , nachzulesen auf Seite_17 unseres Kudammbuchs. (https://seenthis.net/messages/745723)
    Andere Quellen sprechen von einer Adresse in der #Lietzenburger_Straße, wo er zum Zeitpunkt seiner Ermordunge gewohnt hätte.

    Erik Jan Hanussen, eigentlich Hermann Chajm Steinschneider, (* 2. Juni 1889[1] in Wien-Ottakring; † in der Nacht vom 24. auf den 25. März 1933[2] in Berlin) war ein unter anderem als „Hellseher“ bekannter österreichischer Trickkünstler. Trotz jüdischer Herkunft agierte er als Sympathisant der Nationalsozialisten.

    So geht das immer los mit den #Veschwörungstheorien. Angeblich weiß man nüscht , weil einem keiner was verrät. Meistens steckt aber bloß Faulheit dahinter. Ist ja auch viel bequemer, einfach zu behaupten, dass keena von nüchscht nix wissen kann , als sich aufzumachen ins Archiv oder wenigstens die zweite Seite der Google-Suchergebnisse zu lesen. Wir vertrauen jedenfalls auf das archivarische Gespür und die hochnotpeinliche Genauigkeit von Birgit Jochens und Sonja Miltenberger: Hanussen wohnte Kudamm 16.

    Hitlers Monsters A Supernatural History of the Third Reich - PDF Free Download
    https://mxdoc.com/hitlers-monsters-a-supernatural-history-of-the-third-reich.html

    At a seance on the night of 26 February 1933 the clairvoyant Erik Hanussen – a close friend of Nazi stormtroopers – ‘predicted’ next day’s Reichstag fire, which helped justify the Nazi imposition of martial law.

    Erik Jan Hanussen: Hellseher der Nazis - Politik - Süddeutsche.de
    https://www.sueddeutsche.de/politik/mordfall-erik-jan-hanussen-der-hellseher-und-die-nazis-1.3994752

    Er unterstützte die NSDAP bei ihrem Aufstieg bis zu ihrer Machtergreifung im Januar 1933, über die er in der Hanussen-Zeitung laut jubelte.

    Ein paar Wochen später eröffnete Hanussen an der Lietzenburger Straße in Berlin seinen Palast des Okkultismus. Das Prunkstück war die astrologische Bar mit einem kreisrundem Tisch aus Glas und Hanussen als eine Art mystischer Barkeeper in der Mitte.

    Doch bei der Eröffnungsfeier ging er zu weit. Die Schauspielerin Maria Paudler ließ er in Trance „Feuer, Flammen, Verbrecher am Werk!“ verkünden. Schon am nächsten Tag bewies der Reichstagsbrand, was gemeint gewesen war, das Fanal, mit dessen propagandistischer Ausschlachtung die Nazis ihre Macht schließlich festigten. Seither gilt die Vorankündigung dieses historischen Ereignisses als eines der Motive für den bald folgenden Mord an dem umstrittenen Varieté-Künstler.

    Na also, ein akuter Fall von Faulheit. Die Adresse in der Lietzenburger war keien Wohnung sondern das magische Thaeter des Illusionisten Hanussen.

    Laut Tagesspiegel befand sich der Palast des Okkultismus in der Hausnummer 16. Das bleibt zu prüfen, denn die idnetische Hausnummer mit der Wohnandresse am Kurfürstendann kann wieder eine der beliebten Verwechslungen oder Zuschreibungen aus Nachlässigkeit sein. Leider bestand der Palast des Okkultismus nur so kurze Zeit, dass er kaum EIngang in die historischen Adreßbücher gefunden haben dürfte.

    Erik Jan Hanussen - Wikiwand
    http://www.wikiwand.com/en/Erik_Jan_Hanussen

    In 1931 Hanussen purchased a Breslau printing firm and began publishing an occult journal, Hanussen Magazin and Bunte Wochenschau, a popular biweekly Berlin tabloid which included astrological columns.[6] He used the proceeds from his publishing ventures and stage shows to purchase a mansion which became known as “The Palace of the Occult”, which he renovated and turned into a luxurious interactive theatre for fortune telling games. Guests would sit around a large circular table and place their palms on glass with symbols lit from beneath; the room lights would be lowered in a séance-like fashion; and various gimmicks would highlight Hanussen’s dramatic verbal presentation of prophecies to the guests. He predicted events in the lives of the individuals present, but controversy arose when he predicted the future of Germany. He became successful, was always in demand in various venues, and had a full-time valet.

    Alfred Neubauer, a famous motor racing team manager, refers to Hanussen in his autobiography, Speed Was My Life (first published in English in 1960). In the chapter ’A Prophecy Comes True’, he describes a prediction made by Hanussen before the race at AVUS in Germany in May 1932. While at the Roxy Bar with other drivers, Neubauer challenged Hanussen to predict the winner of the following day’s race. After some ’leg pulling’, Hanussen wrote two names on a piece of paper, which he folded, and put in an envelope. This was placed in the custody of the barman. He had strict instructions that it be left unopened until after the race. Hanussen announced, ’One of us at this table will win tomorrow, another will die. The two names are in this envelope.’ During the race, driver Prince Lobkowicz was killed, and Brauchitsch won. After the race, Neubauer states he opened the envelope and found those names inside. Several days later, a Berlin newspaper reported that Hanussen had urged the German Automobile Club to persuade Prince Lobkowicz not to take part in the race, but Club officials had taken no action.

    Erik Jan Hanussen : le médium juif d’Hitler | Terre Promise
    http://www.terrepromise.fr/2016/11/07/erik-jan-hanussen-le-medium-juif-dhitler

    Quelques jours avant la course, Hanussen avait prédit que Lobkiwicz aurait un accident. Après quelques minutes de course, sa Mercedes fut percutée, tuant le jeune homme sur le coup. Une enquête montra que la tragédie résultait d’une panne mécanique bizarre.

    Même les sceptiques les plus acharnés d’Hanussen furent bien en peine d’expliquer comment il avait pu trafiquer le véhicule. Ses ennemis ne se privèrent pas de suggérer que le médium était de connivence dans le sabotage de la voiture de Lobkowicz, de mèche avec des parieurs. Le jeune tchèque avait aussi fait des avances à une femme qu’Hanussen désirait, la jalousie était donc un mobile possible. Pour la plupart des gens, l’accident était une vraie preuve des dons de voyance du danois. Arthur Magida se demande si grâce à des années de discipline mentale, Hanussen n’aurait pas vraiment développé des pouvoirs psychiques.

    Une rencontre avec Hitler suivit peu après et Hanussen assura un Adolf angoissé qu’il n’avait pas à s’inquiéter pour les élections à venir. Sans surprise, les nazis enregistrèrent un immense succès au scrutin de juillet, doublant leurs sièges pour devenir le plus grand parti du Reichstag. Le jour de l’An 1933, Hanussen distribua un horoscope et déclara qu’Hitler serait chancelier avant la fin du mois. C’est ce qui se passa [élections du 30 janvier].
    Le Palais de l’Occulte et l’incendie du Reichstag

    Hanussen semblait au sommet de son pouvoir. Il n’était pas associé aux nazis, il en était un.

    Même son fidèle secrétaire, Ismet Dzino, appartenait au parti et à la SA.

    En plus d’être le devin favori du nouveau régime, il était sur le point d’ouvrir son opulent Palais de l’Occulte. L’élite de la capitale réclamait à cor et à cris des invitations. Mais les ennuis couvaient. Son parti pris pour les nazis valurent à Hanussen l’hostilité de la presse communiste qui avait publié des preuves de son ascendance juive. Hanussen fit de son mieux pour noyer le poisson et certains de ses copains nazis, tel Helldorf, firent preuve de loyauté envers lui jusqu’à la fin.

    Le Palais de l’Occulte ouvrit ses portes le soir du 26 février.

    Lors d’une séance semi-privée, l’une des médiums d’Hanussen, l’ancienne actrice Maria Paudler, eut une vision fatidique. En transe, elle déclara voir un « grand bâtiment » en feu. La presse attribua la prédiction à Hanussen lui-même. Moins de 24 heures plus tard, le Reichstag était en flammes. Les nazis mirent l’incendie sur le compte d’un complot communiste et prirent des mesures extraordinaires qui donnèrent à Hitler un contrôle dictatorial.

    La police de Berlin arrêta Marinus van der Lubbe, un hollandais au passé d’incendiaire en lien avec les communistes. On suppose classiquement que les nazis étaient derrière l’incendie et qu’ils se servirent de van der Lubbe comme bouc émissaire. Kugel suggère qu’Hanussen avait manipulé le hollandais par hypnose. Gerson et Mariel suggèrent une autre possibilité : le médium aurait été l’instigateur de l’incendie sur ordre de quelqu’un voulant discréditer Hitler. Si c’est bien le cas, le complot échoua lamentablement.

    À la mi-mars, la plupart des amis nazis d’Hanussen, dont Helldorf, se retrouvèrent congédiés ou réaffectés ailleurs. Le 24 mars, deux membres de la SA traînèrent le médium au quartier général de la Gestapo pour l’interroger. Ils le relâchèrent, mais le soir suivant trois hommes s’emparèrent de lui dans la rue et on ne le revit jamais vivant.

    Erik Jan Hanussen: Hellseher der Nazis - Politik - Süddeutsche.de
    https://www.sueddeutsche.de/politik/mordfall-erik-jan-hanussen-der-hellseher-und-die-nazis-1.3994752

    Er unterstützte die NSDAP bei ihrem Aufstieg bis zu ihrer Machtergreifung im Januar 1933, über die er in der Hanussen-Zeitung laut jubelte.

    Ein paar Wochen später eröffnete Hanussen an der Lietzenburger Straße in Berlin seinen Palast des Okkultismus. Das Prunkstück war die astrologische Bar mit einem kreisrundem Tisch aus Glas und Hanussen als eine Art mystischer Barkeeper in der Mitte.

    Doch bei der Eröffnungsfeier ging er zu weit. Die Schauspielerin Maria Paudler ließ er in Trance „Feuer, Flammen, Verbrecher am Werk!“ verkünden. Schon am nächsten Tag bewies der Reichstagsbrand, was gemeint gewesen war, das Fanal, mit dessen propagandistischer Ausschlachtung die Nazis ihre Macht schließlich festigten. Seither gilt die Vorankündigung dieses historischen Ereignisses als eines der Motive für den bald folgenden Mord an dem umstrittenen Varieté-Künstler.

    (PDF) Hatten die Nazis etwas gegen Hypnose?
    https://www.researchgate.net/publication/317339412_Hatten_die_Nazis_etwas_gegen_Hypnose

    Erik Jan Hanussen, l’hypnotiseur du 3ème Reich - Hypnose
    https://www.peyrega-hypnose-paris.fr/blog/erik-jan-hanussen-hypnotiseur-hitler.html

    Quel type d’hypnose pratiquait Jan Hanussen ?

    Malheureusement, il n’y a aucun récit ou écrit expliquant précisément les techniques d’hypnose que pouvait utiliser Jan Hanussen ( c’est malheureusement valable pour toutes les anciennes techniques d’hypnose de scène ) , mais lorsque l’on sait que ce dernier faisait construire avant sa mort un “ palais de l’occultisme “ il ne faut pas se leurrer sur sa vision de l’hypnose….

    Cependant pour replacer la place de l’hypnose à cette époque dans un contexte historique, nous pouvons rappeler qu’aujourd’hui encore, de grandes stars de l’hypnose comme Messmer prétendent encore user de pouvoir psychique ou de magnétisme dans leurs spectacles, cela fait sans doute partie du jeu pour le l’hypnose de spectacle qui n’a d’autre but que de divertir le public, et c’était encore plus vrai à cette époque.

    N’oublions pas qu’à peine quelques dizaines d’années avant la mort de Jan Hanussen, d’éminents représentants de l’hypnose comme Jean-Martin Charcot utilisaient encore de grandes plaques aimantées “ pour “ déclencher “ des transes hypnotiques.

    Hitlers Monsters A Supernatural History of the Third Reich - PDF Free Download
    https://mxdoc.com/hitlers-monsters-a-supernatural-history-of-the-third-reich.html

    At a seance on the night of 26 February 1933 the clairvoyant Erik Hanussen – a close friend of Nazi stormtroopers – ‘predicted’ next day’s Reichstag fire, which helped justify the Nazi imposition of martial law.

    Herrmann Steinschneider (1889 - 1933) - Genealogy
    https://www.geni.com/people/Erik-Jan-Hanussen/6000000045424935868

    lso Known As: „Hermann Steinschneider“
    Birthdate: June 02, 1889
    Birthplace: Ottakring, Wien, Wien, Austria
    Death: März 24, 1933 (43)
    Berlin, Berlin, Germany (ermordet)
    Bestattungsort: Berlin, Germany
    Angehörige:

    Sohn von Siegfried Steinschneider und Antonie Julie Steinschneider
    Ehemann von Theresia Steinschneider
    Vater von Gerhard Belgardt und Private
    Occupation: Hellseher
    Managed by: Alex Christopher Bickle
    Last Updated: 2. August 2018

    The Hanussen Proof by Bob Cassidy : Lybrary.com
    https://www.lybrary.com/the-hanussen-proof-p-605.html

    Hanussen asked his inquisitors to concentrate on an event in their lives, and then to tell him the location and place where the event took place. It was the same test the mentalist performed the night he was arrested, except on that occasion Hanussen obtained the details of the events via secret signals from an assistant posing as a member of the audience.

    This time, however, neither his assistant nor associates were present. They had been removed from the courtroom, and placed under police guard. But despite these precautions, Hanussen provided detailed descriptions of the mentally selected events.

    The charges against him were dismissed.

    The sensational publicity that followed his acquittal, his subsequent rise to fame as “The Prophet of the Third Reich”, and his execution by the Gestapo in 1933, is described in Mel Gordon’s fascinating biography, Erik Jan Hanussen, Hitler’s Jewish Clairvoyant. The author’s primary sources were news reports, court records, historical materials, Hanussen’s own writings, and the published recollections of his contemporaries and critics. But nowhere in any of the voluminous materials written by and about the German seer is there a clue to the method he used at the trial. How was it possible for him to reveal events that occurred in people’s lives merely by knowing the dates and places?

    Medienarten und Ausgaben von Meine Lebenslinie [WorldCat.org]
    https://www.worldcat.org/title/meine-lebenslinie/oclc/32372383/editions?referer=di&editionsView=true

    Mythos Hanussen 2001-2011, Eine Sammelrezension, Wilfried Kugel
    https://www.anomalistik.de/images/pdf/zfa/zfa2013_12_196_essay-review_kugel.pdf


    parteische aber interessante Bewertung zahlreicher Quellen zu Hanussen
    u.a. Werner Herzog

    Neuauflage: Erik Jan Hanussen - Meine Lebenslinie - Schreibkurse für Ihre Lebensgeschichte/n
    https://www.meine-biographie.com/neuauflage-erik-jan-hanussen-meine-lebenslinie

    Erik Jan Hanussen – Zauber-Lexikon
    http://www.zauber-pedia.de/index.php?title=Erik_Jan_Hanussen

    Hanussens Grabstätte befindet sich auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf im Block Charlottenburg, Gartenblock III, Gartenstelle 50.

    Erik Jan Hanussen - Hokus-Pokus-Tausendsassa | Telepolis
    https://www.heise.de/tp/features/Erik-Jausendsassa-3417887.html?seite=all

    24. März 2008 Markus Kompa (unter Mitwirkung von Wilfried Kugel)
    Vor 75 Jahren ermordeten die Nazis ihren Propheten

    FILM: Gläubige Masse - DER SPIEGEL 42/1988
    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13531431.html

    Auferstehung eines „Hellsehers": Istvan Szabo verfilmte das Leben des Hitler-Propheten Hanussen - sein wahres war dramatischer.

    Internet Archive Search: Hanussen
    https://archive.org/search.php?query=Hanussen&and[]=mediatype%3A%22texts%22

    Hitlers Hellseher - Der Tagesspiegel - Andreas Conrad - 1.1.2006
    https://web.archive.org/web/20071108233135/http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Sonderthemen%3Bart893,2287039

    die Eröffnung des „Palasts des Okkultismus“ in der Lietzenburger Straße 16, einer ultramodern eingerichteten, mit astrologischen Symbolen geschmückten Residenz, in der sich der Magier selbst inszenierte. Dort fand am 26. Februar 1933 die Séance statt, bei der Hanussen den Brand des Reichstages einen Tag später vorausgesagt haben soll.

    Der Klausener Platz Blog kennt eine Geschichte, welche die Information über Hanussens Wohnung in der Lietzenburger Straße 16 stützt.
    https://seenthis.net/messages/745779

    #Geschichte #Nazis #Okkultismus #Lietzenburger_Straße

  • Révolt ! Don’t react
    L’avenir sera soit révolutionnaire, soit réactionnaire.

    #Traduction d’un texte du Journal de #Pamela_Anderson, le 18 décembre 2018
    https://www.pamelaandersonfoundation.org/news/2018/12/18/revolt-dont-react
    ///edit : quelques ajouts d’importance en commentaires de cette traduction ///

    Dans son célèbre poème, La Solution, #Bertolt_Brecht a dit en plaisantant que "Le peuple, a par sa faute perdu la confiance du gouvernement" et qu’il serait plus simple "pour le gouvernement de dissoudre le peuple et d’en élire un autre".

    Cela m’a donné matière à réflexion. Je suis aux États-Unis depuis quelques jours et je suis attentive à ce qui se passe ici.

    Pas grand chose a changé. Les États-Unis ont toujours les meilleures universités au monde mais des écoles désastreuses. Beaucoup d’étudiants sont illettrés. Il y a une augmentation énorme de la dépendance aux produits pharmaceutiques. Plus d’hyperactivité. Pas de média libre (je ne considère pas les médias remplis de propagande comme libres). Beaucoup de division selon des critères raciaux et ethniques. En bref, un pays en crise.

    Deux ans plus tard, le gouvernement actuel et les démocrates et leurs grands amis des médias sont toujours obsédés par le rôle présumé de la Russie lors de la dernière élection présidentielle. Les récents rapports de la Commission du Sénat sur le Renseignement affirment que la Russie aurait pris pour cible des électeurs afro-américains et aurait « exploité les tensions raciales et le sentiment d’isolement ». Ils croient encore naïvement que les électeurs américains ont été soumis au lavage de cerveau par une puissance étrangère pour élire le président.

    Et, ils donnent l’impression d’un clivage politique entre les bons et les méchants. D’un côté, le camp de la « civilité » et des valeurs. De l’autre, celui de la frustration et de la haine.

    C’est tellement superficiel.

    Je trouve cela absurde et pathétique. Parce qu’ils ne comprennent toujours pas : ce pays est ce qu’il est à cause du système que les démocrates et les médias ont contribué à bâtir. Au lieu de dissoudre le système, ils préféreraient dissoudre le peuple.

    Cela est particulièrement clair dans le Sud ; le Ventre de la bête.

    J’aimerais visiter le sud. Je suis curieuse de connaître cette partie des États-Unis qui adorerait prétendument les fusils et Trump. Les libéraux voient dans ces gens un tas de moins que rien. Ils les accusent de toutes sortes de choses : d’être des arriérés ; de se conformer au "restez tranquilles, ne vous faites pas remarquer, ne causez pas de problèmes et soyez rentrés à 22 heures".

    Je regarde autour de moi et, dans tant de pays, je vois un dénominateur commun. Une révolte de la périphérie. Depuis l’élection de #Trump à la présidence, en passant par le #Brexit, la #Catalogne, les #Gilets_Jaunes... et je me demande si c’est parce que le #capitalisme est toujours plus radical, plus cruel en périphérie.
    Les gens dans tant d’endroits ne se sentent pas représentés par les ou leurs politiciens. Ils savent que le choix de ceux qui votent n’a pas vraiment d’importance car rien ne changera dans leur vie. Parce que le vrai pouvoir ne siège pas dans l’urne. Il est assis ailleurs. Le pouvoir est entre les mains des grandes entreprises mondiales et du capital financier.

    Et dans ce monde post-démocratique, arrivent les dénommés "populistes". Ou - comme certains appellent ça - la politique de "l’homme fort".

    Pourquoi ont-ils autant de succès ?

    C’est parce qu’ils ont réussi à sensibiliser les plus démunis ? A mettre la lumière sur l’histoire de ces outsiders qui ont survécu au travers des conditions créées par le capitalisme prédateur ? L’histoire de gens qui ont d’horribles emplois dans des chaînes de production, des usines et des supermarchés. Les personnes qui croient que le travail acharné améliorera leur vie et celle de leurs enfants.

    Les hommes-forts politiques ne leur offrent pas d’alternatives. Ils répondent simplement à leurs sentiments d’exclusion. Ils rendent la fierté aux gens, ou du moins c’est ce qui est dit, mais tout ce qu’ils font, c’est leur rendre leur illusion de la fierté. Ils leur offrent de l’émotion.

    Pour moi, il est logique que la périphérie vote comme elle le fait. Le statu quo les empêche de rêver d’un avenir différent, d’un avenir meilleur, ils sont donc obligés d’idéaliser le passé.

    Je comprends également pourquoi ils ne répondent pas aux appels à la solidarité. La solidarité ne peut être commandée. Les classes moyennes et les travailleurs pauvres, qui ne peuvent pas se permettre beaucoup, se sentent obligés de défendre le peu qui leur reste et se radicalisent par la peur ; la peur de la perte. Et puis, les riches et les privilégiés et l’État (ainsi que les banques) sont déjà si puissants et si riches qu’ils dirigent leur colère vers les groupes les plus faibles de la société. Vers les réfugiés et les minorités.

    Cela a donc du sens, mais c’est aussi inquiétant.

    Inquiétant parce que ces jours-ci, les gens aux États-Unis (et ailleurs) n’ont pas énormément de choix. Ils doivent choisir entre les néolibéraux, c’est-à-dire des gens égarés qui répètent le même désastre économique qui dure depuis une décennie, ou les hommes-forts. Cependant, le problème n’est pas le politicien populiste ou l’homme-fort (qui se mélangent dans certains cas). Le problème est l’économie et l’inégalité économique. Le problème est le néolibéralisme.

    Je veux aider les gens à devenir des révolutionnaires en formation.

    J’ai lu une récente interview d’#Adam_Curtis dans The Economist (L’antidote à l’effondrement des civilisations). Curtis est un documentariste britannique qui parle d’un sentiment de malheur et du fait que rien ne change jamais. Je suis d’accord avec tout ce qu’il dit.

    Nous devons cesser de croire que le système actuel est gravé dans la pierre et incapable de changer. Nous devons cesser de croire que ce que nous avons est le meilleur système possible. Nous devons cesser de prétendre que l’autre côté est mauvais, confus ou avec le cerveau lavé par les #fake-news. Au lieu de cela, nous devons faire mieux que simplement hisser le drapeau de la tolérance et de la civilité. Nous devons nous efforcer d’offrir une histoire politique plus forte.

    Nous devons lutter contre ceux qui non seulement détiennent le pouvoir et la richesse, mais s’y accrochent avec une ténacité implacable.

    Nous devons nous opposer au néolibéralisme et à ses institutions mondiales et régionales. Nous devons offrir une société alternative, démocratique et juste sur le plan social, sans compromis en matière de démocratie sociale (en particulier pour les grandes entreprises).

    J’ai mis en place une nouvelle fondation pour soutenir les militants et autres révolutionnaires, elle s’appelle Tenure. Nous prévoyons des choses radicalement formidables.

    Mais il faut aller plus loin. Il y a des universitaires qui offrent une alternative à l’économie, il y a un nouveau manifeste d’économistes français. Très intéressant.

    L’avenir sera soit révolutionnaire, soit réactionnaire.

    Je souhaite également réunir d’autres artistes et créateurs, des personnes intelligentes, pour voir grand. Penser ambitieux. Faisons notre manifeste pour l’avenir révolutionnaire et réfléchissons à la façon de le mettre en pratique. Je souhaite rassembler des personnes capables de décrire avec précision la société. Et alors, nous pouvons la CHANGER. J’ai tellement d’idées.

    Cela dépend de nous Il y a suffisamment de ressources pour construire de meilleures alternatives.

    Je veux construire l’avenir révolutionnaire. Et dissoudre le #SYSTÈME, pas les personnes.

    Es-tu avec moi ?

    Avec amour

    Pamela

  • Dieser Zaun stoppt niemanden - weil keiner kommt

    In der Flüchtlingskrise baute Österreich eine Sperranlage an der Grenze zu Slowenien. Drei Jahre später laufen noch immer Soldaten Streife an diesem Zaun. Die Zahl der ertappten Migranten: überschaubar.

    Man könnte das Gras wachsen hören, in der Geister-Zeltstadt von #Spielfeld an Österreichs Südgrenze zu Slowenien. Totenstill ist es in den Riesenzelten für Tausende Menschen, die seit drei Jahren hier stehen, leerstehen.

    Grashalme sprießen durch die Ritzen im Asphalt unter einem Zeltdach. Die Holzplankenböden mit Hunderten Liegen wurden längst abgebaut. Wie auch die elektronischen Anzeigetafeln, die einst den Weg zum nächsten Dixi-Klo wiesen. In den blauen Containerbüros neben den Zelten und meterhohen Sperrgittern lagern kaum benutzte Computer und Fingerabdruckscanner. Denn der erwartete Ansturm der Migranten ist bisher ausgeblieben.

    Die sattgrünen Hänge hoch, am Graßnitzberg über Spielfeld, ragen rostende Pfosten aus der Erde. Hier auf Holger Hagens Weingut wollte der Staat Österreich ein Stück Grenzzaun befestigen. Der Winzer jedoch wollte das nicht. Und so kommen seither Abend für Abend junge Wehrpflichtige zur Lücke im Zaun, zur Nachtwache. Sie bauen olivgrüne Zelte auf und machen Feuer, tratschen und rauchen, frieren und wachen. Bloß Migranten tauchen keine auf. Nicht ein einziger.

    Das war einmal anders: Im Oktober 2015 stand das 1000-Einwohner-Örtchen Spielfeld im Zentrum der Flüchtlingskrise - als Durchgangsstation für Zehntausende Migranten auf ihrem Weg über die Balkanroute ins „Gelobte Land“: Merkels Bundesrepublik. Menschen aus dem Treck durchbrachen Absperrungen, passierten teils unregistriert die Grenze. Eisenbahnstrecken und Straßen mussten gesperrt werden, einige Migranten verließen das provisorische Flüchtlingslager, campierten im Freien und verbrannten Klamotten, weil ihnen so kalt war. Gerüchte über Plünderungen gingen um in Spielfeld; keines erwies sich als wahr.

    Man müsse nun „so rasch wie möglich an einer Festung Europa bauen“, forderte Österreichs damalige Innenministerin Johanna Mikl-Leitner von der konservativen ÖVP. Und die rot-schwarze Wiener Regierung rüstete auf. Sie ließ am Übergang Spielfeld eine zentrale Kontrollstelle errichten: das sogenannte Grenzmanagementsystem mit Gittern, Zelten, Containern, Scannern. Links und rechts neben der Station rammten Arbeiter und Soldaten Pfosten in die Erde. Und befestigten einen Grenzzaun aus Maschendraht: mindestens 2,50 Meter hoch, fast fünf Kilometer lang, quer über die Hügel und Weinberge.

    Der Zaun von Spielfeld sollte die Migranten kanalisieren. Verhindern, dass sie über die grüne Grenze kommen, sie zur Kontrollstelle zwingen. Er war ein Novum: die erste Sperranlage zwischen zwei EU-Staaten, die zum Schengenraum ohne Binnengrenzen gehören.

    „Der Zaun, der passt schon so“

    Aber als der Zaun Anfang Februar 2016 einsatzbereit war, da war er de facto schon wieder überflüssig. Denn es kamen kaum noch Flüchtlinge. Das Innenministerium in Wien räumte auf SPIEGEL-Anfrage ein: „Am Grenzzaun Spielfeld wurden keine illegal Einreisenden aufgegriffen.“

    Trotzdem sagt Reinhold Höflechner: „Der Zaun, der passt schon so“. Der Bürgermeister der Gemeinde Straß, zu der Spielfeld gehört, glaubt: „Er schreckt Schlepper ab.“ Und: „Gerade entwickelt sich eine neue Route über den Balkan. Da sind Tausende unterwegs, die könnten bei uns von der Tür stehen.“ Höflechner ist ÖVP-Mitglied, wie Mikl-Leitner und der jetzige Bundeskanzler Sebastian Kurz. Dessen Regierung hält fest an der Sperranlage: „Die Infrastruktur beim Grenzmanagement in Spielfeld wird aufgrund der aktuellen Lageentwicklungen entlang der Balkanrouten derzeit nicht abgebaut“, schreibt das Innenministerium. Geführt wird es von Herbert Kickl von der rechten FPÖ.

    Und so steht der Drahtzaun noch immer da. Er durchschneidet die Landschaft, trennt Nachbarn und zwei befreundete Staaten mitten in Europa voneinander. Vielen auf dem Graßnitzberg missfällt das. „A Bledsinn is’ des“, sagt eine ältere Weinbäuerin. „An Zaun hat’s net amal beim Tito ’gebn.“ Selbst in dunkelsten Phasen des Kalten Krieges verzichteten die Grenzwächter des sozialistischen Jugoslawien auf einen Eisernen Vorhang.

    2018 laufen hier österreichische Soldaten Streife. An diesem Morgen gehen ein älterer und ein junger Uniformierter den Grenzpanoramaweg ab, wo für Wanderer einige Tore im Zaun offen stehen. Migranten habe man keine gesehen, bloß Touristen, sagt der Ältere. Im Süden nichts Neues.

    Der kleine Grenzübergang an der Landstraße beim Graßnitzberg, den die beiden Soldaten hüten sollen, ist während der Patrouillengänge unbewacht. Dann können Autos völlig unkontrolliert hinein nach Österreich. Wie auch mittags, wenn die Wächter zum Essen fahren.

    „Die Politiker wollten diesen Zaun, damit sich bestimmte Wählergruppen sicher fühlen“, sagt Winzer Holger Hagen. „Aber was bringt eine Grenze, wenn halbmotivierte Soldaten im Wachhäuschen herumsitzen und sogar Lieferwägen mit verdunkelten Scheiben durchwinken, wenn die ein österreichisches Kennzeichen haben?“ Seine rumänischen Mitarbeiter oder andere Grenzgänger mit osteuropäischen Autonummern würden öfter gestoppt, erzählt Hagen. Wohl dem Schlepper, der das richtige Nummernschild hat.

    Der Zaun ist an mehreren Stellen nicht ganz dicht. Auch auf den Grundstücken des steirischen Naturschutzbundes sowie des Anwohners Helmut Strobl klaffen Lücken. „In einem Europa, das immer freizügiger wurde, nun wieder Grenzen zu schließen, ist traurig“, sagt Strobl, der einst selbst für die ÖVP Politik machte. „So entfremden wir uns von unseren slowenischen Nachbarn.“

    Teurer Spaß für die Steuerzahler

    „Diese Maßnahme ist nicht gerechtfertigt und unverhältnismäßig“, erklärt das slowenische Innenministerium. Es gebe heute kaum illegale Migration von Slowenien nach Österreich, und Österreichs innere Sicherheit sei erst recht nicht gefährdet.

    Rund 160 Kilometer grüne Grenze zu Slowenien werden bis heute vom österreichischen Militär überwacht: mit Fußstreifen, motorisierten Patrouillen und Wärmebildkameras. 160 bis 170 Soldaten sind laut FPÖ-Verteidigungsminister Mario Kunasek im sogenannten Assistenzeinsatz. Die Kosten für den Einsatz betragen rund 20 Millionen Euro pro Halbjahr, und in den ersten sechs Monaten 2018 wurden genau zehn illegale Einreisende aufgespürt. Macht zwei Millionen Euro pro Kopf.

    Spielfeld ist ein teurer Spaß für die Steuerzahler. Den Zaun mietete die Landespolizeidirektion zuerst für rund 331.000 Euro - um ihn dann dem Hersteller für 168.000 Euro abzukaufen. Rund 3 Millionen Euro verschlang laut Innenministerium der Aufbau des gesamten „Grenzmanagementsystems“. Laufende Kosten: etwa 1,7 Millionen pro Jahr.

    Im Juni war zumindest einen Tag lang mal richtig was los an der Kontrollstelle - wegen Kickl und Kunasek. Unter dem Motto „Pro Borders“ beorderten die FPÖ-Minister rund 500 Polizisten, 200 Soldaten und Männer der Spezialtruppe „Puma“ nach Spielfeld, um den Stopp von Migranten zu simulieren. Die Eindringlinge wurden von Polizeischülern dargestellt, die am Maschendraht rüttelten und so taten, als ob sie über die Grenze kommen wollten. Ein Panzer rollte an, Hubschrauber stiegen in die Luft, Hunde bellten. Und die Grenzschützer taten so, als würden sie die Migranten stoppen, registrieren und teils wieder nach Slowenien abschieben.

    Ehrengäste applaudierten, TV-Kameras filmten - und Kickl sprach in die Mikrofone: „Diese Übung soll ein ganz klares Signal in die Welt hinaus senden und zeigen, dass unsere Abwehr funktioniert.“ Später fanden Journalisten heraus: Das Manöver kostete über eine halbe Million Euro Steuergeld.

    Nicht ein einziger Migrant an der Sperranlage gefasst

    Sloweniens Regierung hat es vergrätzt. „Die Darstellung von Massenankünften illegaler Migranten von slowenischer auf die österreichische Seite wird unvermeidlich einen sehr negativen Effekt in Slowenien haben“, hatte sie schon zur Ankündigung erklärt. Die Übung helfe keinesfalls den Beziehungen der beiden Länder und der gemeinsamen Arbeit in der Flüchtlingspolitik. Und die minimale Zahl der Zurückweisungen von Österreich - 39 im gesamten Jahr 2017 - zeige: Slowenien hat seine Schengen-Außengrenze zu Kroatien im Griff.

    Nun ist es wieder einsam in Spielfelds Geister-Zeltstadt. Doch im Winter wird sich etwas rühren: die Motoren der hier aufgestellten Heizgeräte. Denn wenn es kalt ist, müssen die leeren Zelte beheizt werden, erzählt ein Polizeisprecher: „Weil sonst das Material kaputt gehen würde.“

    http://www.spiegel.de/politik/ausland/oesterreich-grenzzaun-kostet-millionen-nur-fluechtlinge-kommen-nicht-a-12405

    Localisation de Spielfeld (#Autriche) :

    #efficacité #inutilité #asile #migrations #réfugiés #Autriche #frontières #fermeture_des_frontières #Slovénie #frontière_sud-alpine (même si en réalité la Slovénie fait partie des Alpes... à voir comment penser ce territoire) #grillages #grillage #barrières_frontalières

    –--------

    Autour du #prix et du #coût :

    Spielfeld ist ein teurer Spaß für die Steuerzahler. Den Zaun mietete die Landespolizeidirektion zuerst für rund 331.000 Euro - um ihn dann dem Hersteller für 168.000 Euro abzukaufen. Rund 3 Millionen Euro verschlang laut Innenministerium der Aufbau des gesamten „Grenzmanagementsystems“. Laufende Kosten: etwa 1,7 Millionen pro Jahr.

    Petit résumé sur twitter par @twentyone_miles :

    It costs Austria over €3 million per month to police the border with Slovenia. In the first half of 2018, Austrian soldiers picked up 10 refugees at this border

    https://twitter.com/twentyone_miles/status/1069742294478270469

  • Wende 1989 : Brandsätze gegen die Berliner Mauer - SPIEGEL ONLINE
    http://www.spiegel.de/einestages/wende-1989-brandsaetze-gegen-die-berliner-mauer-a-1237013.html
    La parnoia staliniste poussait la Stasi à poursuivre les jeunes amateurs de musique hard rock sous des prétextes divers. La stratégie répressive avait une conséquence contraire aux intentions de l’administration : les hard rockeurs les plus durs se transformaient en terroristes anticommunistes suivant le même mécanisme d’exclusion-réaction que subissent certains jeunes des banlieues actuelles.


    C’étaient pourtant des enfants de choeur en comparaison avec les terroristes anticommunistes de la première génération d’après guerre. Les jeunes des années 1980 ressemblaient davantage aux autonomes de gauche qui prennent soin de ne pas blesser des hommes alors que les terroristes des années 1940 et 1950 menaient une véritable guerre de l’ombre financée et orchestrée par les services secrètes de l’Ouest.

    einestages: In der Graphic Novel haben Sie das so getextet: „Mit unseren Attacken setzen wir die Routine im Todesstreifen außer Kraft. Wir nerven, provozieren und lassen die nicht zu Ruhe kommen.“

    Adam: Das trifft unsere Ambitionen. Noch im Januar 1989 hatte sich ja Erich Honecker hingestellt und gesagt: „Die Mauer wird noch in 50 und auch in 100 Jahren bestehen bleiben.“ Das zog uns die Schuhe aus! Der zweite Anlass für unsere Aktionen waren die ersten Demonstrationen an der Nicolaikirche in Leipzig. Jetzt passierte endlich was. Im Osten steckte die Revolution in den Kinderschuhen. Wir wollten ihr vom Westen aus helfen.

    einestages: In den Zeichnungen sieht man Molotowcocktails durch die Nacht fliegen, vermummte Männer machen sich mit Bolzenschneidern an den Zäunen Berliner Grenzanlagen zu schaffen. Verherrlichen Sie so nicht Gewalt?

    Adam: Nein. Wir waren uns damals der Gefahren bewusst und stilisieren uns auch nicht als Draufgänger. Unsere Sorgen finden sich ebenso im Comic, zum Beispiel: „Hoffentlich läuft die Sache nicht aus dem Ruder.“ Ich denke, uns ist ein Spagat gelungen. Wir verherrlichen keine Gewalt, sondern erzählen von jungen Leuten, die sich gegen die DDR positioniert haben, wenn auch mit militanten Mitteln. Diesen Weg muss nicht jeder gut finden.

    einestages: Sie hätten Grenzsoldaten gefährden können.

    Adam: Wir haben sie vorher gewarnt und gerufen: „Achtung, gleich wird es hell und heiß!“ Wir wollten niemanden gefährden und hatten es allein auf die Sperranlagen abgesehen.

    einestages: Umgekehrt setzten Sie sich selbst großer Gefahr aus.

    Adam: Ja, unser Angriff auf den Zaun in der Kiefholzstraße war absolut leichtsinnig. Ein Grenzer hatte schon seine Waffe auf uns angelegt. Vielleicht wollte der schießen, doch sein Kamerad drückte ihm das Gewehr nach unten.

    Dirk Mecklenbeck, Raik Adam: Todesstreifen, Aktionen gegen die Mauer in West-Berlin 1989 (Graphic Novel), Ch. Links Verlag; 96 Seiten; 10,00 Euro.


    C’est quand même choquant de constater que Der Spiegel nous présente de jeunes héros victimes d’un régime injuste alors qu’à la même époque on enfermait nos amis pour un rien dans les prisons de haute sécurité en RFA. Les victimes allemands du régime capitaliste ne sont jamais mentionnés dans le discours humanitaire actuel. I semble qu’ils ne soient pas assez exotiques pour y avoir droit.

    #DDR #histoire #anticommunisme #terrorisme

  • Help ! Quand on parle très mal allemand, comment trouver l’endroit où l’on peut écouter ces voix et chansons de poilus, de soldats irlandais, indiens, etc. enregistrés en prison lors de la Première guerre mondiale ?

    Ces documents ont l’air hallucinants !

    Des voix de poilus de 14-18 retrouvées à Berlin : écoutez ces enregistrements, ils ont plus de 100 ans !

    Plus de 2 000 enregistrements de soldats français, réalisés pendant leur détention, sont sorties des archives allemandes et désormais consultables.

    https://www.francetvinfo.fr/societe/guerre-de-14-18/des-voix-de-poilus-de-14-18-retrouvees-a-berlin_3023969.html

    Les archives sonores semblent être ici : http://www.sammlungen.hu-berlin.de/sammlungen/78

    Et le 16 novembre, pour les Francilien·nes : https://www.maisondelaradio.fr/evenement/cinema-sonore/meme-morts-nous-chantons

    • @jef_klak Les archives ne sont pas ouvertes au public, des consultations à des fins de recherche sont possibles.
      Demande d’accès www.lautarchiv.hu-berlin.de
      Il y a une exposition du 04.05.2018 – 25.11.2018

      Musée de l’histoire de la ville de Spandau / Citadelle
      Am Juliusturm 64
      13599 Berlin

      Téléphone
      +49 (30) 35 49 44-0

      Téléphone pour réservation
      +49 (30) 33 97 87 74

      Fax
      +49 (30) 35 49 44-296

      Site Web
      www.zitadelle-berlin.de

      Courriel
      info@zitadelle-berlin.de

    • L’expo actuelle dans la citadelle traite un autre sujet :

      Nachbarn hinter Stacheldraht – Das Engländerlager Ruhleben und Kriegsgefangenschaft 1914 bis 1921
      http://www.zitadelle-berlin.de/museengalerien/sonderausstellung
      Communiqué de presse
      http://www.zitadelle-berlin.de/wp-content/uploads/2018/04/Pressemitteilung-Abstrakt-dt.pdf

      On peut écouter quelques documents sonores dans le contexte de cet article:

      Erster Weltkrieg: Tonaufnahmen im Kriegsgefangenenlager - SPIEGEL ONLINE
      http://www.spiegel.de/einestages/erster-weltkrieg-tonaufnahmen-im-kriegsgefangenenlager-a-1049784.html

      Um ein „Stimmen-Museum der Völker“ zu schaffen, führte ein Berliner Lehrer Zwangs-Tonaufzeichnungen von Insassen deutscher Kriegsgefangenenlager durch. So entstand ein ethisch höchst fragwürdiger Rassen-Katalog - der für die Forschung dennoch wertvoll ist.

      d’autres sources :

      Tonaufnahmen von Kriegsgefangenen - Die Stimmen der Welt (Archiv)
      https://www.deutschlandfunkkultur.de/tonaufnahmen-von-kriegsgefangenen-die-stimmen-der-welt.1001.de

      Vor exakt 100 Jahren, am 27. Oktober 1915, wurde die Königlich Preußische Phonographische Kommission unter strengster Geheimhaltung gegründet. Von diesem Zeitpunkt an nahmen deutsche Wissenschaftler in brandenburger Kriegsgefangenenlagern die Sprache und die Musik verschiedenster Ethnien auf. Der berliner Sprachwissenschaftler Wilhelm Doegen träumte von einem Museum der Stimmen der Völker, die deutschen Militärs vom Einsatz von Kolonialtruppen in Europa. Geblieben ist eine einzigartige akustische Sammlung vieler Kulturen der Welt. Und Spuren der Biographien sind heute noch auffindbar. Susanne Arlt nahm sich des interessanten Themas an.

      Das ist Jasbahadur Rai. Zum Zeitpunkt dieser Aufnahme ist er gerade mal 23 Jahre alt. Jasbahadur Rai stammt aus Indien, genauer gesagt aus der Provinz Darjeeling. Er ist ein Gurkha – ein nepalesischer Soldat im Dienst der britischen Armee.

      „Jeder Regentropfen fällt in das überlaufende Meer. Wir kamen auf Befehl der Briten nach Deutschland. Hört, hört, nun hört, wir kamen auf Befehl der Briten. Drei Wasserströme in einem Dorf in Nepal. Wasser fließt ohne Pause. Wir sterben nicht, aber selbst lebendig leben wir nicht. Die Seele schreit auf.“
      Sensibel und schmerzerfüllt

      Die Gurkhas gelten als hartgesotten, als furchtlos und geschickt. Angeblich ziehen sie in jeden Krieg mit dem Schlachtruf: Lieber sterben, als ein Feigling sein. Doch was der 23-jährige an diesem heißen Sommertag im Juni 1916 in den Schalltrichter des Aufnahmegeräts der Phongraphischen Kommission spricht, klingt nicht furchtlos. Schon gar nicht hartgesotten. Es klingt sensibel und schmerzerfüllt.

      Phonographierte Klänge - Restauro
      https://www.restauro.de/phonographierte-klaenge

      Phonograph? Wachswalzen? Galvanos? Die Ausstellung „Phonographierte Klänge – Photographierte Momente“ im Ethnologischen Museum in Berlin beeindruckt mit einzigartigen Ton- und Bilddokumenten aus deutschen Kriegsgefangenenlagern im Ersten Weltkrieg. Die Tonaufnahmen sind häufig die ältesten historischen Aufnahmen von Sprachen weltweit, die Forschungsergebnisse stoßen deshalb schon auf großes Interesse der Wissenschaft.

      Wilhelm Doegen - Verfolgte deutschsprachige Sprachforscher
      http://zflprojekte.de/sprachforscher-im-exil/index.php/catalog/d/182-doegen-wilhelm

      Geb. 17.3.1877 in Berlin, gest. 3.11.1967 in Berlin.

      D. ist ein problematischer Fall in diesem Katalog: er ist hier aufgenommen, weil er 1933 entlassen wurde.[1] D. hatte in Berlin zunächst Volkswirtschaft studiert, dann zu den neueren Philologien (Englisch, Französisch) und der Germanistik gewechselt. In diesem Rahmen hatte er 1899 ein Semester in Oxford studiert, wo er unter dem Einfluß von H. Sweet die Phonetik als sein künftiges Arbeitsgebiet entdeckte. Nachdem er 1902 seinen Militärdienst geleistet hatte, machte er 1904 in Berlin sein Staatsexamen mit einer Arbeit über »Die Verwendung der Phonetik im englischen Anfangsunterricht« und unterrichtete seit 1905 an Berliner Gymnasien. Bereits 1913 hatte er eine systematische Methodik des Ausspracheunterrichts vorgelegt, mit dem Schwerpunkt bei prosodischen Fragen: »Sprach- und Lehrproben. Ein Beitrag zur Methodik des neusprachlichen Unterrichts«.[2] Phonetische Forschungen betrieb er mit einer breiteren Orientierung, nicht zuletzt in Verbindung mit der Erfindung/Verbesserung der technischen Apparaturen. 1909 erfand er ein eigenes Aufnahmegerät, den Doegen-Lautapparat. Vor diesem Hintergrund war bei ihm die Ausspracheschulung Arbeitsschwerpunkt, s. seine »Auswahl französischer Poesie und Prosa«[3] und »Passages from English Literature illustrating British national character with preliminary exercises in language«.[4] Eine Pionierrolle hatte er bei der Fokussierung von prosodischen Fragen, in Hinblick auf die er diese Bände auch mit Schallplatten ausstattete. In diesen Arbeiten finden sich z.T. ausführliche Intonationsanalysen, so z.B. als Anhang zu dem Band zum Französischen von 1928. In den 20er Jahren publizierte er darüber hinaus im Umfeld der kulturkundlichen Bewegung zum Englisch- und Französischunterricht, mit den in diesem Zusammenhang üblichen »völkerkundlichen« Stereotypen.

      Die Welt im Ton
      http://www.freiburg-postkolonial.de/Seiten/Lange-Welt-im-Ton.htm

      »Menschenfresser« in Sonderlagern
      Wie kam es überhaupt dazu, dass im Jahr 1915 ein indischer Sikh in einem deutschen Kriegsgefangenenlager in den Trichter eines Grammophons sprach? Hintergrund für die groß angelegte Tonsammlung im Ersten Weltkrieg war die weltpolitische Situation: Das Deutsche Reich und seine Bündnispartner (Österreich-Ungarn, das Osmanische Reich und Bulgarien) kämpften 1915 gegen die Armeen Belgiens, der Entente-Staaten England, Frankreich und Russland sowie gegen Soldaten aus den von der Entente abhängigen und kolonialisierten Ländern in Afrika, Asien und Ozeanien. Da die Kolonialsoldaten oftmals als »Kanonenfutter« benutzt und an die vorderste Frontlinie geschickt wurden, kamen viele von ihnen um. Überlebende wurden in die Gefangenenlager der so genannten Mittelmächte gebracht. Während in den österreichisch-ungarischen Lagern vor allem Gefangene von der Ostfront, also Soldaten aus der russischen Armee landeten, gelangten in deutsche Lager auch Gefangene von der Westfront in Flandern und später Frankreich.

      Die Präsenz von kämpfenden Afrikanern, Asiaten, Neuseeländern und vielen anderen in Europa führte auf deutscher Seite zu heftigen Reaktionen. Bereits kurz nach Kriegsausbruch gingen reißerische Artikel durch die deutsche Presse, in denen auf die Verwendung von »Menschenfressern« in den gegnerischen Armeen verwiesen wurde. Sie legten den Entente-Staaten den Einsatz von Kolonialsoldaten als militärische Schwäche aus und behaupteten eine Verletzung des Völkerrechts. Die Gründe für den starken öffentlichen Reflex lagen jedoch nicht nur in der propagandistischen Absicht, die Kriegsgegner zu destabilisieren, sondern reichten tiefer. Hauptanklagepunkt vieler Autoren war die Tatsache, dass die »Kulturvölker« der Franzosen und Engländer sich der Hilfe von so genannten »Naturvölkern« – Völkern ohne Industrie, Schrift und Geschichtsschreibung – bedienten, um das »Kulturvolk« der Deutschen zu bekämpfen. Diese Konstellation durchbrach die bis 1914 herrschende imperiale Weltordnung, nach der die selbst ernannten »Kulturvölker« darin paktierten, die »Naturvölker« zu unterwerfen, und sich als am weitesten »fortgeschrittene« Menschen verstanden, die die Welt »rechtmäßig« beherrschen durften.

      Detail - Staatliche Museen zu Berlin
      https://www.smb.museum/nachrichten/detail/ankuendigungen-der-sonderstellungen-zum-themenjahr-aufbruch-weltbruch-1914-i

      Phonographierte Klänge - photographierte Momente

      Ton- und Bilddokumente aus deutschen Kriegsgefangenenlagern des Ersten Weltkrieges

      Veranstalter: Museum Europäischer Kulturen und Ethnologisches Museum
      Dauer: 10.10.2014 - 06.04.2015

      #Berlin #musée #histoire #guerre_14-18 #éthnographie #éthnologie #colonialisme

  • „Früher hieß das ,Wehrmachtstournee‘“ – Hintergrund
    https://www.hintergrund.de/globales/kriege/frueher-hiess-das-wehrmachtstournee

    Voici une petite liste d’artistes allemands qui ont accepté de soutenir l’effort de défendre l’Allemagne au Hindou Kouch - sans être rémunéré. Il y en a eu d’autres depuis la publication de l’article il y a cinq ans.

    Wo, bitte, geht’s denn hier zur Front?, fragen immer mehr Stars und Sternchen der Unterhaltungsindustrie –

    Von SUSANN WITT-STAHL, 2. April 2013 –

    Wenn die NATO ihre Bombenteppiche über die Welt ausbreitet, bietet nicht nur der Schauspieler Til Schweiger seine Dienste als „Schutzengel“ für die kämpfende Truppe an. Auch viele Prominente aus dem Musik- und Showbusiness haben entdeckt, dass die Teilnahme am Propagandafeldzug für den „ethischen“ Imperialismus durchaus lukrativ sein kann. „Give Peace a Chance“ war einmal – heute stehen sie Schlange für einen Transall-Flug nach Kabul oder Kunduz. Sogar Punkbands finden „Antifa heißt Luftangriff“, engagieren sich an der Heimatfront für den guten Zweck der völkerrechtswidrigen Angriffskriege des Westens und freuen sich, wenn endlich einmal „zurückgeballert“ wird. „Ein gut geführter Krieg ist wie eine große Symphonie“, sagte Hitlers General Friedrich von Boetticher. Heute ist der „Vater aller Dinge“ wieder so tief in die „Eingeweide der Gesellschaft“ (Paul Virilio) vorgedrungen, dass das Stakkato einer M16 als virtuose Darbietung goutiert wird.

    Sarah Connor - Sängerin - Afghanistan -
    Gunter Gabriel - Countrysänger - Kosovo - 2000
    Paul Kalkbrenner - Technomusiker und -produzent - Afghanistan -
    Karat - Band, ex #DDR - Kosovo -
    Daniela Katzenberger - Dampfschwätzerin bei VOX - abgelehnt durch BW -
    Kurt Krömer - Stand-Up-Comedy - Afghanistan, Kabul - 2012
    Peter Maffay - Sänger - Afghanistan - 2005
    Ralf Möller - Bodybuilding-Weltmeister und Action-Star - Afghanistan - 2008
    Xavier Naidoo - Sänger - Bosnien - 2004
    Xavier Naidoo - Sänger - Afghanistan - 2010
    No Angels - Girl-Group - Kosovo -
    Til Schweiger - Schauspieler - Afghanistan - mehrfach

    Ouvertement pour la guerre mais sans intervention hors d’Allemagne

    Egotronic - Elektro - Palästina / Operation „Cast Lead“ - 2008

    L’expression défendre l’Allemagne au Hindou Kouch est du ministre de la défense (SPD) Peter Struck.

    Peter Struck : Die prägnantesten Zitate - SPIEGEL ONLINE
    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/peter-struck-die-praegnantesten-zitate-a-873892.html

    Sein wohl bekanntestes Zitat ist der Satz: „Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland wird heute auch am Hindukusch verteidigt.“ Dieser Satz fiel im Februar 2002, spontan, wie er später erklärte.

    #Allemagne #Art #Wehrmachtstournee #Truppenbetreuung #guerre #Bundeswehr

  • Il decreto immigrazione cancellerà lo Sprar, «sistema modello» di accoglienza

    Le scelte del governo: stretta su rifugiati e nuove cittadinanze. Vie accelerate per costruire nuovi centri per i rimpatri. Permessi umanitari cancellati. Hotspot chiusi per 30 giorni anche i richiedenti asilo.

    Permessi umanitari cancellati. Stretta su rifugiati e nuove cittadinanze. Vie accelerate per costruire nuovi centri per i rimpatri. Possibilità di chiudere negli hotspot per 30 giorni anche i richiedenti asilo. Trattenimento massimo nei centri prolungato da 90 a 180 giorni. E poi addio alla rete Sprar. I 17 articoli e 4 capi dell’ultima bozza del decreto migranti, che il governo si prepara a varare, promettono di ridisegnare il volto del «pianeta immigrazione». Soprattutto sul fronte accoglienza, abrogando di fatto un modello, quello dello Sprar, che coinvolge oggi oltre 400 comuni ed è considerato un modello in Europa.

    A denunciarlo è l’Associazione studi giuridici sull’immigrazione (Asgi): «Cancellare l’unico sistema pubblico di accoglienza che funziona appare come uno dei più folli obiettivi politici degli ultimi anni, destinato in caso di attuazione a produrre enormi conseguenze negative in tutta Italia, tanto nelle grandi città che nei piccoli centri, al Nord come al Sud».

    Ventitremila migranti accolti. «Lo Sprar - spiega a Repubblica Gianfranco Schiavone, vicepresidente dell’Asgi - è un sistema di accoglienza e protezione sia dei richiedenti asilo che dei titolari di protezione internazionale e umanitaria nato nel lontano 2002 con le modifiche al testo unico immigrazione della cosiddetta Bossi-Fini. Nei sedici anni della sua esistenza lo Sprar si è enormemente rafforzato passando da alcune decine di comuni coinvolti e meno di duemila posti di accoglienza nel 2002, ai circa ventitremila posti attuali con coinvolgimento di oltre 400 comuni».

    Un modello in Europa. «In ragione dei suoi successi nel gestire l’accoglienza dei richiedenti asilo e dei rifugiati in modo ordinato con capacità di coinvolgimento dei territori, lo Sprar è sempre stato considerato da tutti i governi di qualunque colore politico il fiore all’occhiello del sistema italiano, da presentare in Europa in tutti gli incontri istituzionali, anche per attenuare agli occhi degli interlocutori, le gravi carenze generali dell’Italia nella gestione dei migranti».

    Il ruolo centrale dei comuni. «Il presupposto giuridico su cui si fonda lo Sprar è tanto chiaro quanto aderente al nostro impianto costituzionale: nella gestione degli arrivi e dell’accoglienza dei migranti allo Stato spettano gli aspetti che richiedono una gestione unitaria (salvataggio, arrivi e prima accoglienza, piano di distribuzione, definizione di standard uniformi), ma una volta che il migrante ha formalizzato la sua domanda di asilo la gestione effettiva dei servizi di accoglienza, protezione sociale, orientamento legale e integrazione non spetta più allo Stato, che non ha le competenze e l’articolazione amministrativa per farlo in modo adeguato, ma va assicurata (con finanziamenti statali) dalle amministrazioni locali, alle quali spettano in generale tutte le funzioni amministrative in materia di servizi socio-assistenziali nei confronti tanto della popolazione italiana che di quella straniera».
    Il business dei grandi centri. «Lo Sprar (gestito oggi da Comuni di centrosinistra come di centrodestra) ha assicurato ovunque una gestione dell’accoglienza concertata con i territori, con numeri contenuti e assenza di grandi concentrazioni, secondo il principio dell’accoglienza diffusa, di buona qualità e orientata ad inserire quanto prima il richiedente asilo nel tessuto sociale. Inoltre lo Sprar ha assicurato un ferreo controllo della spesa pubblica grazie a una struttura amministrativa centrale di coordinamento e all’applicazione del principio della rendicontazione in base alla quale non sono ammessi margini di guadagno per gli enti (associazioni e cooperative) che gestiscono i servizi loro affidati. Invece, da oltre un decennio, il parallelo sistema di accoglienza a diretta gestione statale-prefettizia, salvo isolati casi virtuosi, sprofonda nel caos producendo un’accoglienza di bassa o persino bassissima qualità con costi elevati, scarsi controlli e profonde infiltrazioni della malavita organizzata che ha ben fiutato il potenziale business rappresentato dalla gestione delle grandi strutture (come caserme dismesse, ex aeroporti militari) al riparo dai fastidiosi controlli sulla spesa e sulla qualità presenti nello Sprar».

    La fine dello Sprar. «Cancellare l’unico sistema pubblico di accoglienza che funziona appare come uno dei più folli obiettivi politici degli ultimi anni. Che ne sarà di quelle piccole e funzionanti strutture di accoglienza già esistenti e delle migliaia di operatori sociali, quasi tutti giovani, che con professionalità, lavorano nello Sprar? Qualcuno potrebbe furbescamente sostenere che in fondo lo Sprar non verrebbe interamente abrogato ma trasformato in un sistema di accoglienza dei soli rifugiati e non più anche dei richiedenti asilo i quali rimarrebbero confinati nei centri governativi. È una spiegazione falsa, che omette di dire che proprio la sua caratteristica di sistema unico di accoglienza sia dei richiedenti che dei rifugiati dentro un’unica logica di gestione territoriale è ciò che ha reso lo Sprar un sistema efficiente e razionale. Senza questa unità non rimane più nulla».

    https://www.repubblica.it/solidarieta/immigrazione/2018/09/21/news/migrazioni-206997314/?ref=RHPPLF-BH-I0-C8-P2-S2.4-T1
    #sprar (fin de -) #réfugiés #accueil #migrations #asile #Italie #hébergement #hotspot #décret #détention_administrative #rétention #protection_humanitaire #politique_d'asile #hotspots #it_has_begun #decreto_Salvini

    via @isskein

    • Publié sur la page FB de Filippo Furri :

      « Mi permetto di riprendere il commento della splendida Rosanna Marcato che è stata uno degli attori fondamentali di un percorso di sviluppo e crescita di un modello di accoglienza innovativo, che è alle fondamenta del mio lungo lavoro di ricerca sulla nozione di CITTà RIFUGIO : le città, le comunità locali, dove può realizzarsi la solidarietà concreta e reciproca, sono e devono rimanere luoghi di resistenza ai poteri fascisti che si diffondono dovunque, alla paranoia identitaria costruita a tavolino e iniettata nei cervelli e negli spiriti di spettatori impauriti e paranoici. lo SPRAR nasceva da forme di azione sperimentale «dal basso» e solidale (antifascista, antirazzista), che i governi autoritari e fascisti detestano e combattono.

      «L 11 settembre 2001 Venezia tra le prime città italiane ha dato il via ad un sistema di accoglienza (pna) che si è poi trasformato nello SPRAR. Era il frutto di esperienze di accoglienza, di saperi professionali e della volontà di costruire un sistema di accoglienza territoriale stabile e moderno. Un servizio sociale a tutti gli effetti con regole certe e rendicontazioni esatte e controllabili. Molte delle regole, degli strumenti e delle metodologie di lavoro che ancora funzionano furono elaborati da questa città e dal servizio che dirigevo. 27 anni di lavoro buttati nel cesso. Siate maledetti voi e anche quelli di prima che ci hanno ficcato in questa situazione di merda»

    • Immigrazione, Andrea Maestri: “Nel decreto Salvini tradisce il contratto di governo”

      Andrea Maestri critica il decreto Immigrazione: “Fino a oggi lo Sprar rappresentava un modello pubblico e trasparente nella gestione delle risorse. Chi adesso non rientra nel sistema Sprar non sparisce magicamente dal territorio. E quindi finirà nei Centri d’accoglienza straordinari, i Cas, che sono tutti privati”.

      Dopo aver licenziato l’atteso Dl Immigrazione, il ministro degli Interni Matteo Salvini, a proposito del futuro degli Sprar (Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati) e del ridimensionamento di questi centri in favore dei Cas, ha dichiarato: «Il rischio è inesistente, anche qui viene messo ordine in un sistema. Da quando sono ministro abbiamo ridotto di circa 20 mila unità le presenze in tutti questi tipi di strutture. Coloro che sono nel giusto come amministratori locali e come profughi non hanno nulla a che temere da questo provvedimento». In conferenza stampa il ministro degli Interni ha spiegato che il sistema Sprar continua a sopravvivere «limitatamente ai casi di protezione internazionale e dei minori non accompagnati». Ma stanno davvero così le cose? Ne abbiamo parlato con Andrea Maestri, della segreteria nazionale di Possibile.

      Nel contratto di governo si parlava di una diminuzione della capacità d’azione dei privati nella gestione dell’accoglienza. Con questo decreto la promessa non è stata mantenuta.

      Assolutamente no. Credo che qualunque osservatore attento non possa che gridare allo scandalo per questo gravissimo inadempimento, nei confronti soprattutto dei cittadini che hanno creduto nella buona fede di chi ha firmato il contratto di governo. Secondo quel contratto sembrava si volesse puntare sul modello pubblico e diffuso. E’ in corso al contrario una privatizzazione hard del sistema dell’accoglienza. Fino a oggi lo Sprar, anche se in modo minoritario, coinvolgendo gli enti locali, rappresentava un modello pubblico e trasparente nella gestione delle risorse, che venivano rendicontate. Nel momento in cui diventa uno strumento ulteriormente residuale, perché si rivolge solo a coloro che hanno già ottenuto la protezione internazionale – si parla appunto solo dei ‘titolari’, non più di richiedenti asilo che hanno fatto domanda – comincia a riguardare solo un numero ridotto di persone. Ma chi non rientra nel sistema Sprar non sparisce magicamente dal territorio, e quindi bisognerà trovargli un’altra collocazione: cioè nei Centri d’accoglienza straordinari, i Cas, che sono appunto tutti privati, gestiti dalle prefetture, ognuna con modalità diverse di scelta del contraente, con modalità di rendicontazione a macchia di leopardo.

      Ma Salvini sostiene l’opposto, cioè che questo rischio è inesistente.

      Se avesse ragione Salvini aumenterebbe il numero di persone che vivono per strada in una condizione di fragilità sociale umana ed esistenziale: se questi migranti non vengono accolti dai Comuni all’interno degli Sprar, se non se ne occupano le prefetture attarverso gli appaltatori privati all’interno dei Cas, vorrà dire che saranno in giro. Sono persone prive di documenti, che non possono fare contratti regolari di locazione, e nemmeno condividere contratti di locazione con altri. E questo sì che farà aumentare l’irregolarità e la criminalità organizzata e disorganizzata. Con un’unica conseguenza: aumenterà la percezione di insicurezza diffusa.

      Nel testo definitivo, all’articolo 2 è confermata la norma sugli appalti per i lavori nei centri, che possono essere affidati senza previa pubblicazione del bando di gara. E’ in linea con la Costituzione?

      C’è questa norma, ma con alcuni ritocchi. In pratica la procedura negoziata, senza previa pubblicazione di un bando pubblico, può essere fatta per gli appalti sotto soglia comunitaria. Ma se si considera che la soglia comunitaria per lavori, dal primo gennaio 2018 è di circa 5 milioni e mezzo di euro, è evidente che con quella somma più che un Cas si può fare un vero e proprio carcere. Sono importi molto elevati che consentono al governo di fare procedure negoziate, limitando il confronto concorrenziale solo a 5 ditte scelte discrezionalmente dall’amministrazione. Qui c’è una lesione del principio di trasparenza e di concorrenza. Poi hanno scritto che verranno rispettati alcuni criteri, come quello di rotazione, però la sostanza rimane. L’articolo 63 del codice degli Appalti dovrebbe essere limitato a casi del tutto eccezionali: ad esempio una data amministrazione può avere l’interesse a trattare con un determinato soggetto se vuole commissionargli un’opera d’arte per una piazza pubblica; oppure sono previsti casi straordinari d’urgenza, in cui è ammissibile una deroga del genere. Ma non siamo in nessuno di questi due campi. Il governo per i prossimi tre anni sta stabilendo una procedura in deroga alle norme dell’evidenza pubblica. E’ piuttosto grave che si apra una parentesi del genere per un lasso così lungo di tempo. La prima bozza che era circolata negli ambienti dell’Anci, era spudorata, un colpo allo stomaco. Poi ci sarà stato un intervento da parte forse degli uffici ministeriali di Palazzo Chigi, o da parte dello stesso Presidente della Repubblica, che probabilmente hanno limitato un po’ il danno. Ma rimane uno degli aspetti più discutibili e negativi dell’intero provvedimento, perché è proprio uno di quegli ambiti su cui Salvini ha fatto sempre propaganda, contestando il modello del Cara di Mineo. Qui si sta dicendo che il ministero sta prospettando appalti senza evidenza publica. E la Corte Costituzionale se sarà chiamata a intervenire non mancherà di censurare quest’aspetto.

      Dal momento che il testo prevede il raddoppio dei tempi di trattenimento nei Cpr, da 90 a 180 giorni, vuol dire che ne serviranno di più? Qual è la ratio?

      E’ tutto collegato, c’è una coerenza, negativa ovviamente. Nel momento in cui tu trasformi lo Sprar, e lo snaturi, visto che non si tratta più di un sistema di accoglienza per i richiedenti asilo, ma solo per i rifugiati, avremo sempre più persone disperse nel territorio, o nei Cas. E quindi viene privilegiata una gestione emergenziale. Questo farà aumentare il numero delle persone espulse dal sistema, ma non dal territorio. Ci saranno sempre più persone irregolari, e quindi una maggiore necessità di Cpr. Quelli attuali sicuramente non basteranno, quindi se ne dovranno fare degli altri. Per alimentare la narrazione emergenziale si dirà che bisogna fare in fretta, e da qui proviene il vincolo dei tre anni per la deroga per i bandi di gara per le imprese. Quando costruiranno un nuovo centro sarà a quel punto interessante vedere quali aziende verranno chiamate a concorrere, e con quali criteri. Questa è l’economia dell’emergenza, che si deve autoalimentare non solo nella propaganda, ma anche nella sostanza.

      Cosa ne pensa del permesso di soggiorno per atti di valore civile?

      Siamo alla banalità del male. Togliendo la protezione umanitaria come istituto generale, tantissime persone che ricadevano in zone grigie, non facilmente ascrivibili ad una categoria giuridica, ma che rientravano comunque in quell’ambito di tutela ampia dei diritti umani fondamentali, si trovano adesso in difficoltà. E mi riferisco soprattutto a quelle persone vulnerabili, che arrivano in Italia deprivati, fisicamente e moralmente, dopo aver attraversato per esempio l’inferno libico. Adesso per loro non ci sarà più nessuna tutela. Ci sono al loro posto queste sei categorie molto rigide che lasciano poco spazio all’attenzione di cui necessitano invece alcuni casi particolari. Un po’ per caso, come in una lotteria, se uno è in una condizione di irregolarità, ma gli capita di salvare una persona durante un incidente stradale da una macchina in fiamme, o ipotizziamo, con un po’ di fantasia, se quest’immigrato salvasse il ministro Salvini che annaspa in mare, potrebbe ottenere il permesso di soggiorno in virtù della sua azione di valore civile. Mi sembrano delle restrizioni cieche e ottuse che non migliorano minimamente lo stato delle cose. Perché la via maestra sarebbe una riforma organica del testo unico sull’immigrazione, che rendesse trasparenti e legali i canali di ingresso in Italia. Sarebbe fortemente depotenziato il canale della protezione internazionale, che ovviamente è sotto pressione perché non esiste altro modo per entrare in Italia legalmente. Ma ovviamente questo decreto crea un consenso molto più immediato.

      https://www.fanpage.it/immigrazione-maestri-nel-decreto-salvini-tradisce-il-contratto-di-governo

    • Cosa prevede il decreto Salvini su immigrazione e sicurezza

      Il 24 settembre il consiglio dei ministri ha approvato all’unanimità il cosiddetto decreto Salvini su immigrazione e sicurezza. Il decreto si compone di tre titoli: il primo si occupa di riforma del diritto d’asilo e della cittadinanza, il secondo di sicurezza pubblica, prevenzione e contrasto della criminalità organizzata; e l’ultimo di amministrazione e gestione dei beni sequestrati e confiscati alla mafia.

      Nei giorni precedenti all’approvazione si erano diffuse delle voci su possibili dissidi tra i due partiti di maggioranza, Lega e Movimento 5 stelle, ma il ministro dell’interno Matteo Salvini durante la conferenza stampa a palazzo Chigi ha voluto sottolineare che i cinquestelle hanno approvato senza riserve il suo progetto di riforma.

      All’inizio i decreti avrebbero dovuto essere due: il primo sull’immigrazione e il secondo sulla sicurezza e sui beni confiscati alle mafie, poi nel corso dell’ultima settimana sono state fatte delle “limature” e i due decreti sono stati accorpati in un unico provvedimento. Il decreto dovrà ora essere inviato al presidente della repubblica Sergio Mattarella che a sua volta deve autorizzare che la norma sia presentata alle camere. Ecco in sintesi cosa prevede.

      Abolizione della protezione umanitaria. Il primo articolo contiene nuove disposizioni in materia della concessione dell’asilo e prevede di fatto l’abrogazione della protezione per motivi umanitari che era prevista dal Testo unico sull’immigrazione. Oggi la legge prevede che la questura conceda un permesso di soggiorno ai cittadini stranieri che presentano “seri motivi, in particolare di carattere umanitario o risultanti da obblighi costituzionali o internazionali dello stato italiano”, oppure alle persone che fuggono da emergenze come conflitti, disastri naturali o altri eventi di particolare gravità in paesi non appartenenti all’Unione europea.

      La protezione umanitaria può essere riconosciuta anche a cittadini stranieri che non è possibile espellere perché potrebbero essere oggetto di persecuzione nel loro paese (articolo 19 della legge sull’immigrazione) o in caso siano vittime di sfruttamento lavorativo o di tratta. In questi casi il permesso ha caratteristiche differenti. La durata è variabile da sei mesi a due anni ed è rinnovabile. Questa tutela è stata introdotta in Italia nel 1998.

      https://www.internazionale.it/bloc-notes/annalisa-camilli/2018/09/24/decreto-salvini-immigrazione-e-sicurezza

    • Italy: The security decree that makes everyone more insecure

      JRS Italy (Centro Astalli) is concerned about the effects that the new measures introduced by the ’Salvini decree’ on migration and security – unanimously approved on the 24th of September by the Italian Council of Ministers – will have on the lives of migrants and on the social cohesion of the whole country.

      The combination of the Security Decree and the Immigration Decree in a single piece of legislation is misleading as it associates security issues, such as organised crime and terrorism, with the issue of managing migration, in particular forced migration. This is particularly wrong knowing that a completely different legislative approach is needed to deal with migration challenges, particularly in terms of programmes, general management and migrants’ integration.

      For JRS Italy, the reform of the Protection System for Asylum Seekers and Refugees (SPRAR) foreseen by the decree represent a fundamental step back for the Italian reception system. By excluding applicants for international protection from this type of reception the reform is in clear contradiction with the principle that a successful integration process starts from the first reception, as the current Integration Plan for refugees of the Italian Ministry of the Interior also states.

      The SPRAR, recognized as a qualitative system also by international observers, is therefore cut down, despite being the only reception system that guarantees maximum transparency in the management of resources. At the same time, the large collective centres for asylum seekers are strengthened even though the experience on the ground largely shows that, also due to the lack of involvement of local administrations, establishing such centres often encounters resistance and generates social tensions.

      According to Camillo Ripamonti SJ, JRS Italy’s president, “It is a step backwards that does not take into account on the one hand the lives and stories of the people, and on the other hand the work that for decades many humanitarian organizations and civil society have done in close collaboration with the institutions - in particular with local authorities”.

      “Criminalising migrants” – Ripamonti concludes – “is not the right way to deal with the presence of foreign citizens in Italy. Enlarging grey zones that are not regulated by law and making legal procedures less accessible and more complicated, contributes to make our country less secure and more fragile."

      http://jrseurope.org/news_detail?TN=NEWS-20180925084854

    • Decreto Salvini, Mattarella firma ma ricorda a Conte gli obblighi fissati dalla Costituzione

      Il provvedimento è quello che riguarda sicurezza e immigrazione. Il presidente della Repubblica invia al premier una lettera in cui richiama l’articolo 10 della Carta. La replica di Salvini: «ciapa lì e porta a cà». Polemica dei medici sulla norma per i presidi sanitari

      https://www.repubblica.it/politica/2018/10/04/news/dl_sicurezza_mattarella_firma_lettera_a_conte_obblighi_costituzione-20814

    • “I grandi centri di accoglienza vanno superati”. Anzi no. Se Salvini contraddice se stesso

      Ad agosto il ministero dell’Interno ha trasmesso al Parlamento una relazione molto dura sul modello straordinario dei Cas, presentati come “luoghi difficili da gestire e da vivere che attirano gli interessi criminali”. Proponendo l’alternativa dello SPRAR. Ma nonostante le evidenze e gli elogi per il sistema di protezione diffuso, il “decreto immigrazione” va nella direzione opposta.

      grandi centri di accoglienza in Italia sono “luoghi difficili da gestire e da vivere”, producono “effetti negativi oltre che nell’impatto con le collettività locali anche sull’efficienza dei servizi forniti ai migranti”, e per il loro “rilevante onere finanziario” rappresentano una “fonte di attrazione per gli interessi criminali”. Per questo è necessario un loro “alleggerimento progressivo” puntando sulle “progettualità SPRAR” (Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati), autentico “ponte necessario all’inclusione e punto di riferimento per le reti territoriali di sostegno”. Garanzia di “processi più solidi e più facili di integrazione”.

      Recita così la “Relazione sul funzionamento del sistema di accoglienza predisposto al fine di fronteggiare le esigenze straordinarie connesse all’eccezionale afflusso di stranieri nel territorio nazionale”, relativa al 2017, trasmessa alla Camera dei deputati il 14 agosto di quest’anno e presentata da un ministro che sostiene pubblicamente il contrario: Matteo Salvini.

      Ad agosto, in quella relazione, il titolare dell’Interno ha infatti riconosciuto come nel circuito SPRAR, “oltre al vitto e alloggio”, venga “garantito ai richiedenti asilo un percorso qualificato, finalizzato alla conquista dell’autonomia individuale” grazie alla “realizzazione di progetti territoriali di accoglienza”. Un modello da promuovere per merito delle “qualità dei servizi resi ai beneficiari che non si limitano ad interventi materiali di base (vitto e alloggio) ma assicurano una serie di attività funzionali alla riconquista dell’autonomia individuale, come l’insegnamento della lingua italiana, la formazione e la qualificazione professionale, l’orientamento legale, l’accesso ai servizi del territorio, l’orientamento e l’inserimento lavorativo, abitativo e sociale, oltre che la tutela psico socio-sanitaria”. Ma ancora nel 2017, su 183.681 migranti ospitati nelle strutture temporanee, hotspot, centri di prima accoglienza e SPRAR, appena 24.471 occupavano l’accoglienza virtuosa del Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati. Da lì la corretta intenzione di alleggerire i grandi centri a favore dell’approccio diffuso e integrato.

      Poi però il governo ha smentito se stesso: nonostante le riconosciute qualità dello SPRAR, l’esecutivo ha messo mano alla materia attraverso il recente decreto legge su immigrazione e sicurezza (Dl 113), licenziato dal governo ed emanato dal Capo dello Stato a inizio ottobre, puntando in direzione opposta. In quella che Gianfranco Schiavone, vice presidente dell’Associazione studi giuridici sull’immigrazione, ha definito la “destrutturazione del sistema di accoglienza”.

      L’articolo 12 del “decreto Salvini”, infatti, trasforma l’attuale SPRAR in un sistema per soli titolari di protezione internazionale, un terzo degli attuali accolti, tagliando fuori così i richiedenti asilo, i beneficiari di protezione umanitaria (sostanzialmente abrogata) e coloro che avessero fatto ricorso contro la decisione di diniego delle Commissioni territoriali sulla loro domanda. Per gli esclusi si apriranno le porte degli attuali centri governativi di prima accoglienza o dei centri di accoglienza straordinaria (CAS), proprio quelli di cui la relazione presentata dal ministro Salvini, poche settimane prima, auspicava il superamento.
      “La riforma pare fotografare la realtà della prassi precedente al decreto legge -ha evidenziato l’ASGI in un documento che mette in fila i profili di manifesta illegittimità costituzionale del decreto-. I CAS sono il ‘non’ sistema di accoglienza per la generalità dei richiedenti asilo, in violazione della Direttiva Ue sull’accoglienza che consente simili riduzioni di standard soltanto per periodi temporanei e per eventi imprevedibili, mentre le strutture dello SPRAR sono sempre più riservate a minori (non sempre), a titolari di protezione internazionale e spesso a chi si trova in condizioni (spesso familiari) disperate”.

      Non solo. Come ha ricordato l’Associazione nazionale dei Comuni italiani (ANCI), il 43% degli accolti nello SPRAR “ha concluso positivamente il proprio percorso di accoglienza ed ha raggiunto uno stato di autonomia, e un ulteriore 31% ha acquisito gli strumenti indispensabili per ‘camminare sulle proprie gambe’”. “Lo SPRAR riesce a rendere autonome le persone in un lasso di tempo indubbiamente inferiore rispetto a ciò che accade nei CAS. Nello SPRAR il tempo medio di permanenza è infatti di 6 mesi, questo significa che in un posto SPRAR vengono mediamente accolte all’anno 2 persone. Nei Comuni dove esiste un progetto SPRAR, i costi economici e sociali subiscono una notevole flessione”. Motivo per cui a metà ottobre l’ANCI ha presentato alcuni emendamenti in vista dell’iter parlamentare che porterà alla conversione del decreto. Uno di questi chiede proprio di consentire l’accesso dei “richiedenti asilo vulnerabili (compresi nuclei familiari con figli minori) all’interno dei progetti SPRAR, per evitare che ricadano, inevitabilmente, sui bilanci dei Comuni e delle Regioni i costi dei servizi socio-sanitari che sarà in ogni caso necessario erogare senza poter accedere ad alcun rimborso da parte dello Stato (stimati circa 286 milioni di euro annui”.

      Posto di fronte alla contraddizione tra la relazione di agosto e il decreto di ottobre, il ministero dell’Interno ha fatto sapere ad Altreconomia che la Relazione non è altro che un “adempimento richiesto dalla normativa” e che questa “si riferisce, nel merito, al periodo cui la stessa fa riferimento”. Come se nell’arco di otto mesi lo SPRAR fosse cambiato.

      Ed ecco quindi che il “ponte necessario all’inclusione” è diventato la “pacchia” da interrompere: la graduatoria dei progetti avanzati dagli enti locali ed esaminati dal Viminale, per ulteriori 3.500 posti da aggiungersi ai 32mila attualmente finanziati, di cui era prevista la pubblicazione a luglio 2018, non ha mai visto la luce. E le nuove richieste di adesione al Sistema da parte dei territori -altri 2.500 nuovi posti- non sono state nemmeno prese in considerazione. Il risultato è che 6mila potenziali nuovi posti SPRAR sono stati “sacrificati” sull’altare della linea Salvini. Quella di ottobre, però, non quella di agosto.

      https://altreconomia.it/decreto-salvini-cas

    • Beyond closed ports: the new Italian Decree-Law on Immigration and Security

      In the past months, Italian migration policies have been in the spotlight with regard to the deterrence measures adopted to prevent sea arrivals of migrants. After the closure of ports to vessels transporting migrants and the reduction of search and rescue operations at sea, the government adopted a restrictive approach to the internal norms, reforming the architecture of the Italian system of protection.

      On 24 September 2018, the Italian Council of Ministers unanimously adopted a new Decree-Law on Immigration and Security. Strongly endorsed by the Minister of the Interior Matteo Salvini, the final text of the Decree contains ‘urgent measures’ on international protection and immigration, as well as on public security, prevention of terrorism and organised crime. Following the approval of the President of Republic, the bill has come into force on October 5. The future of the Decree now lays in the hands of the Parliament, which will have to transpose it into law within sixty days of its publication or it will retrospectively lose its effect.

      The securitarian approach adopted sparked strong criticism within civil society and the President of the Republic himself accompanied his signature with an accompanying letter addressed to the President of the Council, reminding that all ‘constitutional and international obligations’ assumed by Italy remain binding, even if there is no explicit reference to them in the Decree. This blog post provides an overview of the first two Chapters of the Decree-Law, dedicated to immigration and asylum. It will further analyze their impact on the rights of protection seekers and their compatibility with European law, International law as well as the Italian Constitution.

      1. Provisions on humanitarian residence permits and fight against irregular migration

      1.1 The abrogation of ‘humanitarian protection’

      The main change introduced by the first Chapter of the Decree-Law concerns what is commonly referred to as ‘humanitarian protection’, namely a residence permit issued to persons who are not eligible to refugee status or subsidiary protection but cannot be expelled from the country because of ‘serious reasons of humanitarian nature, or resulting from constitutional or international obligations of the State’ (art. 5(6) of the Consolidated Act on Immigration).

      The humanitarian residence permit was introduced as a safeguard clause in the Italian legislation, complementing international protection within the meaning of article 10 paragraph 3 of the Constitution, which stipulates that: ‘[a] foreigner who, in his home country, is denied the actual exercise of the democratic freedoms guaranteed by the Italian Constitution shall be entitled to the right of asylum under the conditions established by law.’ The important role of ‘humanitarian protection’ has been further clarified by the Italian highest court (Court of Cassation), which stated that the right to be issued a humanitarian permit, together with refugee status and subsidiary protection, constitutes a fundamental part of the right of asylum enshrined in the Constitution (see for example judgement 22111/2014).

      In practice, humanitarian residence permits were a ‘flexible instrument’ which could cover several circumstances emerging from forced displacement where there was no sufficient evidence of an individual risk of persecution or serious harm. As explained by the Court of Cassation, prior to the entry into force of the Decree, humanitarian protection was granted to persons suffering from an ‘effective deprivation of human rights’ upon the fulfilment of two interrelated conditions: the ‘objective situation in the country of origin of the applicant’ and ‘the applicant’s personal condition that determined the reason for departure’ (see judgement 4455/2018). The Court further presented as possible example of human rights deprivation the situation of a person coming from a country where the political or environmental situation exposes her to extreme destitution and does not allow her to attain a minimum standard of dignified existence. As noted by the Court, the definition of environmental issues does not only contain natural disasters but it may also include non-contingent events, such as droughts or famines, which deprive the person from having a basic livelihood.

      However, as already mentioned, the grounds for obtaining humanitarian protection were relatively open and could be adjusted to other situations entailing a deprivation of basic human rights, such as the inability of the country of origin to protect the right to health of applicants affected by serious conditions, or the family situation of the applicant interpreted in light of article 8 of the European Convention on Human Rights. Also, the level of social integration reached by an applicant during her stay in Italy, together with the situation of poverty or instability in the country of origin, were also to be considered as a ground to grant humanitarian protection.

      By radically transforming article 5(6) and severely restricting the possibility for rejected asylum applicants to be granted residence permits in light of constitutional and international obligations or for humanitarian reasons, article 1 of the Decree-Law substantially abrogates ‘humanitarian protection’. Instead, the Decree provides for the creation of a ‘special protection’ residence permit, which can be issued only to those persons who cannot be expelled due to the non-refoulement obligations defined in article 19 of the Consolidated Act on Immigration unless the applicant can be returned to a country where she could receive ‘equivalent protection’.

      The first article of the Decree-Law further creates new residence permits that can be granted in restricted ‘special cases’, as for example: persons affected by ‘exceptionally serious’ medical conditions; persons who cannot return to their home countries due to ‘exceptional natural disasters’; and persons who have carried out ‘exceptional civil acts’. The Decree, however, does not modify the grounds for granting special residence permits to victims of trafficking, violence or labour exploitation, as already provided for in arts. 18 and 18-bis of the Consolidated Act on Immigration.

      The new Decree reduces not only the scope of protection and the number of potential beneficiaries but also the duration of the stay for third-country nationals falling into the above-mentioned ‘special’ categories. Whilst persons granted the ‘humanitarian’ status were provided with a two-year renewable residence permit, the permits issued in the new ‘special cases’ allow residence in Italy for shorter periods: six months for exceptional natural disasters or violence and one year in the other for ‘special protection’, ‘medical reasons’ and other ‘special cases’. Such permits are renewable and allow the holder to work but – differently from the humanitarian residence permit – they cannot be converted into a work permit when the circumstances for which they were issued cease to exist. Only in the event that the foreigner has accomplished exceptional civil acts, whose nature is not further specified, the person – at the discretion the Minister of the Interior – can be issued a residence permit lasting two years.

      A final important amendment contained in article 1 of the Decree is related to those persons who are already beneficiaries of humanitarian residence permits at the time in which the Decree enters into force: their permits will not be renewable anymore on humanitarian grounds, even if the circumstances for which the permit was granted in the first place still exist. Therefore, unless the beneficiary is granted a conversion of her humanitarian permit into a work or study permit, or she falls under the new special cases listed in the decree law, she will find herself in an irregular situation and will risk being returned.

      The abrogation of the ‘humanitarian’ residence permit is of particular concern as, since its creation in 1998, it has been an important legal instrument allowing to protect and regularise all third-country nationals who could not be returned to a third country. Suffice it to say that, in 2017 only, Italy has granted 20,166 residence permits on ‘humanitarian’ grounds, whereas only 6,827 persons were granted asylum and 6,880 subsidiary protection. To counter this trend, last July, the Minister of the Interior had already sent a letter to all administrative authorities involved in the asylum procedure, requesting them to adopt a stricter approach when granting protection on humanitarian grounds. Such decision has been justified with the rationale of conforming Italy to European standards, which do not provide for this third form of protection. Arguably, even if humanitarian protection is not harmonised at the EU level under the Qualification Directive, there are obligations imposed on all Member States by international refugee law and human rights law that prevent them from returning third-country nationals under certain circumstances. Looking at the practice of EU-28 Member States, in the course of 2017, 63 thousand asylum seekers were given authorisation to stay for humanitarian reasons under national law. This number could be even higher as it only encompasses first instance decisions for those persons who have been previously reported as asylum applicants, and does not take into account those who have been granted a permission to stay for humanitarian reasons without having lodged an asylum application.

      Moreover, the abrogation of humanitarian protection is likely to open a protection gap under article 10 paragraph 3 of the Italian Constitution. As noted by the Italian Association for Juridical Studies on Immigration (ASGI), the substitution of humanitarian protection with a restricted list of ‘special’ residence permits, means that the right to asylum set out by the Constitution is ‘no longer fully implemented by the legislator’. This could open the possibility to bring legal actions to ascertain the right of asylum guaranteed by article 10 – which can be invoked directly in front of an ordinary court even in the absence of implementing legislation – or raise questions of constitutionality.

      1.2 Making returns more effective

      The second part of the first Chapter of the Decree-Law focuses on improving returns and facilitating the return of third-country nationals in an irregular situation. In order to achieve these objectives, article 2 of the Decree extends the maximum duration of the foreigner’s detention in return centres from 90 to 180 days. Article 4 further foresees that, in case the reception capacity of pre-removal centres is exhausted and prior to authorization of a judicial authority, foreigners may also be held in other ‘appropriate facilities’ and in border offices. In addition, article 3 of the new Decree-Law modifies the Decree Implementing the Reception Conditions Directive and the Procedures Directive (Decree-Law 18 August 2015, n. 142), by expanding grounds for detention in hotspots. Thus, foreigners who have been found in an irregular situation on the national territory or rescued during search and rescue operations at sea may be subject to detention in order to determine their identity and nationality. The maximum duration of detention is set to 30 days. In case it is impossible to verify such information, the person concerned can be transferred in a return center for a maximum of 180 days. Finally, article 6 increments the funding for returns, providing for the re-allocation of 3,5 million euros between 2018 and 2020. These funds – originally provided for assisted voluntary return and reintegration – will now be allocated to facilitate not further described ‘return measures’.

      Even if the possibility to detain applicants for international protection in order to ascertain their identity and nationality is provided for in the Reception Conditions Directive, deprivation of liberty in such cases could be inconsistent with international refugee law read in conjunction with the Italian Constitution. According to ASGI, provisions connected to the deprivation of liberty in order to verify the identity and nationality are in violation of article 31 of the 1951 Geneva Convention and of article 13 of the Italian Constitution. In fact, since it is common to almost all asylum seekers not to possess valid documents proving their identity, such circumstances would not be proportionate to the ‘conditions of necessity and urgency’ required by article 13 of the Constitution to deprive someone of their liberty without judicial authorization. That been said, the debate on the lack of documentation to prove asylum seekers’ identity is likely to be of interest in the near future, as it is also fuelled by the European Commission recent proposal for a recast of the Return Directive, where the lack of documentation is included among the criteria establishing the existence of a risk of absconding to avoid return procedures.

      2. Provisions on international protection

      2.1 Provisions on asylum seekers who committed serious crimes

      The second chapter of the new Decree reforms, with a restrictive turn, the rules on the revocation of and exclusion from international protection. Article 7 extends the list of crimes that, in case of final conviction amount to the exclusion from or to the revocation of international protection. These include: production, trafficking and possession of drugs; injuries or threats made to officers in performance of their duties; serious personal injury offence; female genital mutilation; robbery, extortion, burglary and theft, if compounded by the possession of weapons or drugs; slavery; exploitation of child prostitution.

      Furthermore, article 10 of the new Decree introduces an accelerated procedure in the event that an asylum seeker is convicted – even prior to a final sentence – for one of the above-mentioned criminal offences and for the other serious crimes amounting to the exclusion from international protection already provided for in articles 12 and 16 Decree 251/2017. Thus, when the applicant is convicted in first instance, the Territorial Commissions for the Recognition of International Protection has to immediately examine the asylum claim and take a decision. In case the decision of the Commission rejects the request for international protection, the applicant is required to leave the country, even if the person concerned lodges an appeal against the asylum decision.

      The Decree Law, by abrogating the suspensive effect of the appeal for a person who has been convicted in first instance arguably goes against article 27 of the Italian Constitution, which considers the defendant not guilty ‘until a final sentence has been passed.’ Moreover, pursuant Article 45 Asylum Procedure Directive, as a general rule Member States shall allow applicants to remain in the territory pending the outcome of the remedy. An exception might be allowed under article 46(6)(a) of the Asylum Procedures Directive, if the application is determined to be unfounded on grounds that the applicant is ‘for serious reasons’ considered to be a danger to the national security or public order of the Member State. However, article 46(6) also stipulates that even in such case there is no automatism and the decision whether or not the applicant may remain on the territory of the Member State should be taken by a court or tribunal. Therefore, insofar as the Decree provides for the automatic return of rejected asylum seekers pending an appeal, without a judicial decision authorising their removal, it is incompatible with the right to an effective remedy provided for by the Procedures Directive and enshrined in article 47 of the EU Charter of Fundamental Rights.

      In any instance, the return of a person – regardless of the fact that she may have committed a crime – cannot be performed when the individual concerned is at risk of refoulement as defined by article 3 of the European Convention on Human Rights and Article 19 of the Charter of Fundamental Rights. As follows from the jurisprudence of the European Court of Human Rights (ECtHR), the prohibition of non-refoulement has an absolute character. The conduct of the person is irrelevant and even the involvement in serious crimes, such as terrorism, does not affect the prohibition to return individuals to states in which they faced a risk of torture, inhuman or degrading treatment (see ECtHR judgements in Saadi, Chahal, and Soering).

      2.2 Provisions on subsequent applications and border procedures

      Article 9 of the Decree implements into Italian legislation some restrictive provisions on subsequent applications that are allowed under the Asylum Procedures Directive (APD) but that had so far been regulated in a more favourable manner.

      First of all, the Decree provides for new grounds of exclusion from the right to remain in the Italian territory, following almost verbatim the exception from the right to remain contained in article 41 of the APD. This includes all persons who have lodged a first subsequent application merely in order to delay or frustrate the enforcement of a decision which would result in their imminent removal, or make another subsequent application after their first subsequent application has been considered inadmissible or unfounded.

      Secondly, article 9 establishes new rules on accelerated procedures for applicants who have introduced a subsequent application for international protection without new elements or findings supporting their claim. In case that the applicant was stopped following an attempt to elude border controls, this procedure also applies in border or transit zones. This is a novelty in Italian law, that until now did not provide for the possibility of carrying out the evaluation of an asylum claim at the border. According to the explanatory note to the Decree, this amendment follows the rationale of article 31(8)(g) APD. This article, however, provides for the possibility to apply accelerated and border procedure in case an application is lodged to avoid an earlier removal decision – which appears to be a stricter ground than the one provided for by the Italian decree.

      Also, the Decree sets out a new ground for the inadmissibility of an asylum application: a subsequent application is inadmissible if it is lodged to prevent the enforcement of a decision which would result in her imminent removal and it shall be dismissed without being further examined. This is not consistent with article 40 APD, which provides at least for a preliminary examination on the presence of new elements substantiating the asylum claim.

      Lastly, following the definitions of article 41 APD APD, the Decree limits the suspensive effect of appeals lodged in two circumstances. First, by all persons who have lodged a first subsequent application to delay the enforcement of a decision which would result in his or her imminent removal. Second, by asylum seekers whose application has been considered inadmissible as a subsequent application where no new elements or findings have arisen or have been presented by the applicant, whilst prior to the entry into force of the Decree-Law this only happened when an application was assessed as inadmissible for the second time.

      2.3 Reception conditions for asylum seekers

      One of the most discussed provisions of the Decree on immigration concerns the reception of asylum seekers, which undergoes substantive changes. The decree de facto abrogates the possibility for asylum seekers to access reception provided under the System for the Protection of Asylum Seekers and Refugees (SPRAR). The system, operated by local institutions, in cooperation with non-governmental and voluntary organizations, had not only the aim to provide basic reception but also to favour the social integration of asylum seekers and beneficiaries of protection. With the amendments introduced by article 12 of the new decree, only already recognized refugees and beneficiaries of subsidiary protection, as well as unaccompanied minors, will be granted accommodation within the SPRAR. Asylum seekers will, therefore, be only hosted in collective reception centres (CARA, CDA). In case of unavailability of places, applicants can also be hosted in temporary reception centres (CAS) where, according to the law, only basic levels of reception conditions have to be met.

      These amendments fail to take into account the pre-existent structure of the Italian reception system. As a matter of law, the SPRAR was the only durable solution provided for asylum seekers, while the other types of reception centres have been designed only for initial or temporary reception (see articles 9 and 11 of the Decree implementing the Reception Conditions Directive). Considering the length of asylum procedures in the country, asylum seekers will be left with no alternative than remaining for months (or in some cases even years) in facilities which are often inadequate in terms of both capacity and structural and safety conditions.

      This decision is of great concern as it is likely to put further strain on the Italian reception system, which already has a record of not providing an adequate standard of reception conditions to asylum applicants – as recognised in 2014 by the European Court of Human Rights. More recently, a Dutch court annulled a transfer to Italy pointing out that the new Decree raises questions about the structural deficiencies in the Italian reception system, in particular as it restricts access to adequate reception conditions to vulnerable asylum seekers.

      Final remarks

      Whilst the number of arrivals to Italy is at the lowest level registered in the past few years, the phenomenon of migration has reached the dimension of an emergency in the internal public debate, with the Decree-Law on Immigration and Security representing a major downturn in the architecture of the Italian system of protection.

      The implementation of further grounds for exclusion and withdrawal of protection, the reduction of procedural guarantees, and the general restrictive approach on the rights of migrants and asylum seekers adopted in the Decree generate serious concerns. Above all, some of the provisions contained in the Decree may entail a risk of violation of the principle of non–refoulement, which is not only a cornerstone of the international refugee regime but also a fundamental guarantee that protects all human beings from being subject to torture, inhuman or degrading treatment. What is more, some of the changes introduced with the Decree might have far-reaching practical consequences on the rights of the migrants who are already present or will arrive in the country. In particular, the repeal of ‘humanitarian’ residence permits, which have been widely used in the past years, is likely to have the unintended side-effect of increasing the number of migrants who will find themselves in an irregular situation. The new bill has been presented by the Interior Minister Matteo Salvini as ‘a step forward to make Italy safer’ – however it will arguably increase the number of cases of destitution, vulnerability, and exploitation.

      It remains to be seen whether the Parliament will confirm the text of the Decree when ultimately converting it into law. However, considering that the time for discussion is limited (60 days only) it is doubtful that the bill will undergo substantial improvement. Also, as the Decree has become one of the flagship measures of the current Government, it is unlikely that it will be repealed in toto. The choice itself of the Government to use a decree having force of law – rather than of the ordinary legislative procedure – does not seem to stem from a situation of ‘obvious necessity and urgency’ as provided for by the Constitution. Rather, it appears to be a shortcut to obtain immediate results on matters where it is difficult to achieve political consensus through democratic debate. Against this backdrop, the new bill on Immigration and Security – with questionable democratic legitimacy – restricts the rights of asylum seekers and people displaced, making protection increasingly inaccessible.

      http://eumigrationlawblog.eu/beyond-closed-ports-the-new-italian-decree-law-on-immigration-and

    • Decreto immigrazione, le brutte novità nascoste sotto la fiducia

      Il governo ha presentato in aula un “emendamento interamente sostitutivo” del testo finora discusso. La “sorpresa” sono elementi di gran lunga più restrittivi in tema di diritto d’asilo. Tra questi, la nozione di “Paesi di origine sicuri”, un “cavallo di Troia” per smontare il sistema della protezione internazionale, come denunciano studiosi dell’Asgi

      Con 163 voti a favore e 59 contrari, il 7 novembre il Senato della Repubblica ha approvato la fiducia al cosiddetto “decreto sicurezza e immigrazione” promosso in particolare dal ministro dell’Interno Matteo Salvini. Il testo votato da Palazzo Madama e inviato alla Camera, però, è stato modificato rispetto all’originario attraverso un “emendamento interamente sostitutivo” del Ddl (il numero 1.900), sulla cui approvazione il Governo aveva appunto posto la questione di fiducia 24 ore prima. Non si è trattato di interventi meramente formali quanto invece profondamente sostanziali. Tanto da non lasciare praticamente più nulla del precedente sistema di asilo, incardinato al principio costituzionale che all’articolo 10 della Carta riconosce quella tutela allo “straniero al quale sia impedito nel suo Paese l’effettivo esercizio delle libertà democratiche garantite dalla Costituzione italiana”.

      Le 28 pagine di modifiche e integrazioni avanzate dall’esecutivo, secondo Gianfranco Schiavone, vicepresidente dell’Associazione per gli studi giuridici sull’immigrazione (Asgi, www.asgi.it), assumono infatti la forma di un “cavallo di Troia” -blindato dalla fiducia- utile a “introdurre novità di taglio iper restrittivo che nella prima versione del decreto non c’erano”. Creando così un provvedimento che è un “vero e proprio mostro”, senza peraltro dare troppo nell’occhio.
      Alla già nota abrogazione della protezione umanitaria, allo stravolgimento dell’ex Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati (SPRAR), alle illegittimità costituzionali già evidenziate nelle scorse settimane dall’Asgi, si aggiungono nuovi elementi preoccupanti.

      Schiavone ha il testo del maxi emendamento del governo sotto mano e scorre alle introdotte “Disposizioni in materia di Paesi di origine sicuri e manifesta infondatezza della domanda di protezione internazionale”.
      Il primo punto riguarda i “Paesi di origine sicuri”, il caso cioè di uno “Stato non appartenente all’Unione europea” che stando al nuovo articolato potrà “essere considerato Paese di origine sicuro se, sulla base del suo ordinamento giuridico, dell’applicazione della legge all’interno di un sistema democratico e della situazione politica generale, si può dimostrare che, in via generale e costante, non sussistono atti di persecuzione […] né tortura o altre forme di pena o trattamento inumano o degradante, né pericolo a causa di violenza indiscriminata in situazioni di conflitto armato interno o internazionale. La designazione di un Paese di origine sicuro può essere fatta con l’eccezione di parti del territorio o di categorie di persone”.

      Per “accertare” che uno Stato sia o meno “di origine sicuro” ed eventualmente iscriverlo nell’elenco adottato per decreto dal ministro degli Esteri (“Di concerto con i Ministri dell’Interno e della Giustizia) ci si dovrà basare “sulle informazioni fornite dalla Commissione nazionale per il diritto di asilo”. La domanda di protezione del richiedente proveniente da quel Paese verrà sì esaminata ma, se rigettata sarà “considerata manifestamente infondata”.

      “Dove è stata introdotta, la nozione di Paese di origine sicuro, che le direttive europee prevedono quale misura normativa solo facoltativa per gli Stati -riflette Schiavone- ha sempre prodotto gravissimi problemi poiché le domande di protezione sono per definizione individuali ovvero legate alla condizione specifica di un richiedente. Esaminare invece una domanda ritenendo già che un Paese di origine sia ‘sicuro’ crea una situazione di pregiudizio sostanziale nell’esame della domanda stessa e dà ampi margini per l’esercizio di un’influenza politica molto forte del potere esecutivo sull’organo di valutazione”. Ciò vale soprattutto per l’Italia oggi. Perché? “Perché chi stabilisce che il Paese di origine sia ‘sicuro’ sarà di fatto la Commissione nazionale per il diritto d’asilo, che non è organo amministrativo indipendente ed è fortemente connesso per composizione e struttura organizzativa al potere politico”. Tradotto: il Governo di turno potrà decidere che un Paese venga considerato di “origine sicuro” con obiettivi di carattere politico che nulla hanno a che fare con le domande di protezione. Schiavone pensa a casi come il Bangladesh, la Tunisia, il Senegal e così via.
      Il rigetto della domanda per manifesta infondatezza comporta un forte indebolimento della tutela giurisdizionale -continua Schiavone- poiché il ricorso ha tempi di impugnazione più brevi e non c’è un’automatica sospensiva durante il contenzioso. Molte ragioni mi inducono a pensare, anche se ancora a caldo e riservandomi approfondimenti -conclude lo studioso- che la nozione di ‘Paese di origine sicuro’ sia del tutto estranea alla nozione di asilo delineata dalla nostra Costituzione”.

      Tra le altre “novità” rispetto all’originario “decreto Salvini” c’è poi quella della cosiddetta “protezione interna” nel Paese terzo di provenienza del richiedente. “Se in una parte del territorio del Paese di origine, il richiedente non ha fondati motivi di temere di essere perseguitato o non corre rischi effettivi di subire danni gravi o ha accesso alla protezione contro persecuzioni o danni gravi e può legalmente e senza pericolo recarvisi ed essere ammesso e si può ragionevolmente supporre che vi si ristabilisca”, la sua domanda di protezione è “rigettata”. “Anche su questa norma, del tutto facoltativa nel diritto dell’Unione e che l’Italia, fin dal 2008, con saggezza, aveva evitato sono molti i dubbi di conformità rispetto all’articolo 10 della nostra Costituzione -riflette Schiavone-. È possibile segmentare un Paese in aree, evidenziando peraltro una situazione che è già di grande instabilità, visto che un Paese è diviso in due o più parti?. Cosa vuol dire in concreto che è ragionevole supporre che la persona si trasferisca nell’area del Paese considerata sicura? Quali i parametri di valutazione? È sufficiente solo la mancanza di rischio o è necessario che alla persona venga fornita una protezione effettiva e una assistenza materiale? La norma, genericissima, non fornisce alcuna risposta”. Ciò che è chiaro è che è scontata la tendenza, come ribadisce il vicepresidente Asgi, di considerare l’asilo come fosse una sorta di “extrema ratio” cui ricorrere quando nessuna altra soluzione, anche precaria e parziale all’interno di quel Paese sia possibile. “Che cosa ha a che fare tutto ciò con il diritto all’asilo garantito dalla Costituzione a coloro cui sia impedito nel suo Paese l’effettivo esercizio delle libertà democratiche? La distanza è abissale”.
      Utilizzare la nozione di area interna sicura nel Paese di origine è solo un altro modo per respingere domande di asilo che tradizionalmente vengono accolte. “Pensiamo al caso dei cittadini afghani o iracheni e riteniamo per l’appunto che le persone possano spostarsi in una presunta ‘area sicura’ del Paese. Quanto è sicura? Come si valuta? Per quanto tempo? Che tipo di stabilità e assistenza deve provvedere ad assicurare lo Stato allo sfollato interno? Domande che rimangono senza risposta”.

      Accanto al tema dei “Paesi di origine sicuri” e delle zone di “protezione interna”, il maxi emendamento interviene -come già il decreto 113- a proposito di cittadinanza. L’avvocato Livio Neri, socio di Asgi, elenca brevemente alcune delle misure del decreto legge governativo. “C’è l’aumento del contributo da versare per presentare ‘istanze o dichiarazioni di elezione, acquisto, riacquisto, rinuncia o concessione della cittadinanza’, che passa da 200 a 250 euro. C’è l’incredibile allungamento del ‘termine di definizione dei procedimenti’, da 24 a 48 mesi dalla data di presentazione della domanda. E c’è il brutto precedente della ‘revoca’ della cittadinanza prevista in caso di condanna definitiva per gravi reati”. Precedente che creerà peraltro nuova apolidia, dal momento che -come fa notare Neri- la norma così come è scritta (ed è rimasta) non prevede la circostanza che dopo la revoca sorga appunto una condizione di apolidia per l’interessato ed è perciò in contrasto con la Convenzione di New York sulla materia.

      L’emendamento del governo aggiunge a questi (e altri) elementi un termine di sei mesi per il rilascio di estratti e certificati di stato civile “occorrenti ai fini del riconoscimento della cittadinanza italiana”, che significa secondo Neri “che lo stesso documento (ad esempio il certificato di nascita di un congiunto, ndr) ha termini diversi a seconda di chi lo richiede”. E pone poi come condizione necessaria alla “concessione della cittadinanza” il “possesso, da parte dell’interessato, di un’adeguata conoscenza della lingua italiana, non inferiore al livello B1 del Quadro comune europeo di riferimento per le lingue (QCER)”, salvo per chi abbia sottoscritto l’accordo di integrazione o sia titolare di permesso di soggiorno Ue per “soggiornanti di lungo periodo”. “Questa previsione -commenta amaramente Neri- avrà un durissimo impatto sulle persone con minori strumenti culturali a disposizione e che per questo non saranno riusciti a imparare l’italiano”.

      https://altreconomia.it/decreto-immigrazione-novita

    • What will change for migrants under Italy’s new immigration and security decree?

      As the decree passed the Senate, Italy’s upper house, Matteo Salvini tweeted it was an “historic day.” The decree still needs to pass the lower house by the end of November before it is enshrined in law. At the moment, that looks likely, so what will change for migrants if it is passed?

      Like all decrees, Italy’s new security and immigration decree is composed of many complicated clauses and paragraphs. In short, it is intended to regulate immigration and public security. It has been pushed by Italy’s deputy prime minister and Minister of the Interior, Matteo Salvini, who is also leader of the anti-immigration party, La Lega (The Northern League).

      Essentially, it will change the laws under which foreign migrants have been staying in the country since 1998. It is set to repeal the right to stay for humanitarian reasons. “Humanitarian protection” is a lower level of asylum status that is based on Italian rather than international law. Up until now, this right has been conceded for up to two years on serious humanitarian grounds and allowed migrants and refugees to access the job market, health services and social welfare.

      The new decree will take this catch-all definition ’on humanitarian grounds’ away in favor of six new specific categories which applicants will need to fulfill. Has the applicant been smuggled or exploited? Are they subject to domestic violence? Do they need specific medical attention? Was there some kind of calamity in their country of origin or have they contributed in a special way to Italian civil society which would merit a right to stay?

      Article two of the law doubles the length of time that migrants can be kept in repatriation centers whilst their cases are looked at. It will allow the authorities to build more centers too. Repatriations are expected to increase with more money being assigned to making sure they happen; three and a half million euros in total up to 2020.

      Revoking refugee status

      There will be a longer list of crimes that, if committed will lead to a refugee being refused asylum or having their refugee status revoked. The crimes include murder, armed robbery, extortion, violence towards public officials, people found to be practicing genital mutilation, armed theft and burglary, possession of drugs, slavery, sexual violence or kidnapping. Anyone found guilty of terrorist acts or trying to overturn the constitution provides another reason for expulsion under the new law.

      The new decree is expected to weaken the SPRAR networks which were set up to protect refugees and asylum seekers in 2002. Only unaccompanied migrants and those who qualify for international protection will come under the future auspices of SPRAR. Everyone else will be sent to ’welcome centers’ or CARA (Welcome center for those requesting asylum). Social cooperatives assigned asylum seekers and migrants will be required to report to the authorities every three months with a list of people that they support. The decree is also expected to slash the budget assigned for food and lodging for migrants in CARA centers from 30 euros per person per day to 15 euros.

      Anyone who marries an Italian will now have to wait four years instead of the current two before applying for citizenship. In addition, like in Germany, migrants hoping to remain in Italy will be required to pass a B1 language test.

      Jubilation and condemnation

      Matteo Salvini was pictured looking jubilant as the decree was passed by the Senate with 163 votes to 59. Not everyone was happy though. Roberto Saviano, an anti-Mafia writer who opposes the current Italian government called the decree “criminal” saying it was “self harming, [and] suicidal.” He pointed out that it would be impossible to repatriate more than 500,000 migrants without papers who are currently present in the country. “Much better,” he said “give them papers and allow them to work and pay taxes to the state.” He said the law would only serve to increase the number of “irregular migrants” in the country feeding organized crime networks.

      The Democratic Party (PD) leader in the Senate, Andrea Marcucci contests the decree too. He was quoted in the left-leaning daily newspaper, La Repubblica, saying it “creates insecurity, not security and would make 100s of thousands more migrants clandestine in Italy.” He concluded: “This is a decree against Italy, against Italians and against security.”

      Salvini disagrees. In interviews prior to the Senate vote, he said that the decree was not just about immigration but increasing security for everyone in Italy. “It’s about strengthening the anti-mafia organizations and anti-racket laws. It will make everything more serious and rigorous. […] It is a decree which will bring more money and power to the police, to mayors; will introduce more surveillance cameras.” He added that once the law has passed, he will be looking to reform the justice system too. That way, cases dragging on for years, until they enter proscription, will be a thing of the past.

      The decree is scheduled to be put before the lower house on the November 22. With the Five Star Movement and the League holding a majority there too, (along with other right-leaning parties like Forza Italia and Fratelli D’Italia,) it is expected to pass without too many problems and enter law before the end of the year.


      http://www.infomigrants.net/en/post/13210/what-will-change-for-migrants-under-italy-s-new-immigration-and-securi

    • Message de Sara Prestianni, via la mailing-list Migreurop, 28.11.2018:

      Hier la Chambre des Deputé- avec un vote blindé de confiance - a approuvé le DL sécurité migration.
      Le #vote_de_confiance a permis au Gouvernement de le faire passer en toute vitesse et de balayer tout tentatif de l’opposition de faire des amendements qui pouvaient limiter les déjà tragiques dégâts.
      Nombreuses les déclaration préoccupé et les mobilisation des associations italiennes pour cette loi de la honte

      Ici le CP publié par ARCI -> Le secret loi immigration et sécurité est loi : Injustice est fait : https://www.arci.it/il-ddl-sicurezza-e-immigrazione-e-legge-ingiustizia-e-fatta

      où nous expliquons nos inquiétudes face aux dégâts sociaux d’une loi qui ne fera que créer encore plus de personnes sans documents qui seront exclu du système d’accueil en les rendant encore plus exploitables. Un énième, tragique, étape vers la violation systématique des droits de migrants et réfugiés.

      Ici les principaux changement dans le système italien (sorry only in FR) dont beaucoup intéressent les thématiques de travail du réseau :

      1- Abolition de la “#protection_humanitaire
      La protection humanitaire avait été introduit en 1998 et était attribué pour “serieux motivation de caractère humanitaire ou dérivant de obligation constitutionnels ou internationales de l’Etat Italien ; à ceux qui fuyaient des conflits, désastres naturels ou situations de particulières gravité dans les pays d’origine ou encore ceux qui ne pouvaient pas être expulsés ou encore à victime de traite ou autre type d’exploitation. En 2017 ont été présenté 130 000 demandes de protection en Italie : le 52% a été rejeté. Dans le 25% des cas a été attribué une protection humanitaire ; le 8% ont obtenu un statut de réfugié et un autre 8% la protection subsidiaire. Le 7% a obtenu un autre type de protection.
      Cela veut dire que ce permis ne sera plus donné mais aussi que ceux qui l’ont obtenu ne le pourront plus renouveler
      A sa place cette nouvelle loi a intégré un titre de séjour pour “#cas_spéciaux” : victimes de #violences_domestiques ou grave #exploitation du #travail ou pour des #raisons_médicales ou qui s’est distingué pour “actes de particulier valeur civile”. Ce permis aura une durée de deux ans et ne pourra pas être renouveler

      – Prolongation de la durée de détention dans les #CPR (centre pour le retour -> les cra italiens) -> Aujourd’hui les migrants peuvent être enfermé pour un max de 90 jours. La nouvelle loi prolonge la durée maximale de détention à 180 jours.

      – Permanence dans les #hotspot et points de frontière -> Selon l’article 3 de la nouvelle loi les demandeurs d’asile peuvent être enfermés pour une période de max 30 jours dans les hotspot et structure de “premier accueil” (#Cas et #Cara) pour l’identification. Si dans les 30 jours n’a pas été possible proceder à l’identification aussi les demandeurs d’asile pourront être enfermés dans un CPR pour 180 jours. De cette façon un demandeur d’asile pour être enfermé pour 210 jours pour vérifier et déterminer son identité. Cela sera aussi appliqué aux mineurs en famille.
      De plus est prévu que le juge de paix puisse valider la détention en “#locaux_adaptes” auprès les bureau de frontière jusqu’à’ l’expulsion pour max 48 heures.

      – Plus de fonds pour les expulsions -> A l’article 6 a été prévu un augmentation du budget pour les #expulsions : 500 000 euro en 2018 ; 1,5 million euro en 2019 et autre 1.5 millions en 2020.

      – Retrait ou refus de la protection international en cas de condamnation pour menaces ou violences à officiers public ; lésions personales graves ou vol

      – Ceux qui sont en procedure penale (meme si pas condamné en voi definitive verront leur demande d’asile analysé en procedure accelleré

      – Listes des pays sures -> La loi prévoit l’institution d’une liste de pays d’origine sure et la procedure de demande de protection internationale manifestement infondé. La liste sera stilé par le Ministere des Affaires Etrangers avec le Ministere de l’Interieur et de la Justice sur la base des info fournies par la Commissione Nationales du Droit d’Asile et les agences européennes et internationales. Les demandeurs d’asile en provenance d’un pays present dans la liste des pays sures devrait démontrer de avoir graves motivation qui justifient sa demande et elle sera analyse en procedure accellerée.

      – Restriction du système d’accueil -> Le système d’accueil pour demandeurs d’asile et réfugié (#SPRAR) - le système ordinaire géré par les mairies - sera limité à ceux qui sont déjà titulaire de protection internationales et aux mineurs isolés. Les autres demandeurs seront accueilli dans les CAS et CARA (en parallele le Gouvernement a annoncé une diminution des fonds pour demandeurs d’asile par jour de 35 à 19 euro rendent ainsi impossible donner aucun type de service - juridiques, sociale, intégration et psychologique - dans le parcours d’accueil)

      #pays_sûr #rétention #détention_administrative

    • L’Italie adopte la loi anti-migrants de Matteo Salvini

      Ce texte durcit la politique italienne en matière d’immigration, remplaçant les permis de séjour humanitaires par d’autres permis plus courts.

      L’Italie a adopté mercredi un décret-loi controversé durcissant sa politique d’immigration, voulu par Matteo Salvini, ministre de l’Intérieur et chef de la Ligue (extrême droite). La Chambre des députés a adopté le texte - après le Sénat début novembre et dans les mêmes termes - par 396 oui contre 99 non.

      Le gouvernement populiste formé par la Ligue et le Mouvement 5 Etoiles (M5S, antisystème) avait posé la question de confiance dans les deux chambres sur ce décret-loi. Quatorze députés du M5S n’ont pas pris part au vote mercredi.

      Le texte durcit la politique italienne en matière d’immigration. Il remplace en particulier les permis de séjour humanitaires, actuellement octroyés à 25% des demandeurs d’asile et d’une durée de deux ans, par divers autres permis, comme « protection spéciale », d’une durée d’un an, ou « catastrophe naturelle dans le pays d’origine », d’une durée de six mois, entre autres.
      Refus de signer le pacte de l’ONU sur les migrations

      Il prévoit une procédure d’urgence afin de pouvoir expulser tout demandeur se montrant « dangereux ». Il réorganise aussi le système d’accueil des demandeurs d’asile, qui étaient encore 146 000 fin octobre et seront regroupés dans de grands centres par mesures d’économies. Dans le volet sécurité, il généralise l’utilisation des pistolets électriques et facilite l’évacuation des bâtiments occupés.

      Le gouvernement italien a annoncé mercredi qu’il ne signerait pas le pacte de l’ONU sur les migrations (Global Compact for Migration) comme s’y était engagé en 2016 le précédent exécutif de centre-gauche dirigé à l’époque par Matteo Renzi.

      Le gouvernement ne participera pas au sommet prévu les 10 et 11 décembre à Marrakech où doit être définitivement adopté ce pacte « se réservant d’adhérer ou non au document seulement une fois que le parlement se sera prononcé », a déclaré le président du Conseil Giuseppe Conte. Non contraignant, ce texte de 25 pages, premier du genre sur ce sujet, vise à réguler les flux migratoires au plan mondial.

      https://www.letemps.ch/monde/litalie-adopte-loi-antimigrants-matteo-salvini

    • Il decreto immigrazione è legge: cambierà in peggio la vita di migliaia di persone.

      Con il voto di fiducia di ieri alla Camera, il decreto immigrazione è stato convertito in legge. Refugees Welcome Italia esprime nuovamente la propria contrarietà ad un provvedimento che cambia, in negativo, la vita di migliaia di persone, rendendole ancora più vulnerabili ed esponendole al rischio di vivere ai margini della società. Come già ribadito, lontano dal garantire “l’ordine e la sicurezza pubblica”, questo decreto va nella direzione opposta, acuendo il disagio sociale e aumentando l’insicurezza per tutta la popolazione, migrante e italiana, con pesanti ricadute anche sulla coesione sociale. Secondo alcune stime, la sola abolizione della protezione umanitaria – un permesso di soggiorno che lo Stato italiano riconosce a coloro che, pur non avendo i requisiti per ottenere la protezione internazionale, presentano comunque delle vulnerabilità tali da richiedere una forma di tutela – produrrà 60 mila nuovi irregolari nei prossimi due anni. Migliaia di nuovi senza tetto, persone senza diritti, che rischiano di diventare facile preda di sfruttamento e criminalità.
      “Un decreto di tale portata avrebbe meritato una discussione approfondita, in fase di approvazione, per tentare almeno di introdurre qualche miglioria, invece il testo è passato con la fiducia”, sottolinea Fabiana Musicco, presidente dell’associazione. “A pagare il prezzo di questo nuovo assetto normativo saranno, ad esempio, migliaia di ragazzi arrivati in Italia da minori soli che sono prossimi a compiere 18 anni. Molti di loro hanno fatto richiesta di asilo e qualora ricevessero un diniego di protezione internazionale, una volta diventati maggiorenni, non avrebbero alcun titolo per rimanere in modo regolare in Italia. Per non parlare dei tanti neo-maggiorenni che hanno già ottenuto la protezione umanitaria e che, non potendo accedere al sistema Sprar a causa del decreto, non hanno un posto dove andare. In questo ultimo mese ci sono arrivate diverse segnalazioni di ragazzi in questa situazione: diciottenni che si sono iscritti sul nostro sito per chiedere di essere ospitati in famiglia e proseguire il loro percorso di inclusione. Il rischio, per loro, è che finiscano per strada”.
      Oltre all’abolizione della protezione umanitaria, sono tante altre le misure discutibili che incideranno negativamente sull’architettura del sistema di accoglienza in Italia. Invece di potenziare l’accoglienza diffusa gestita dagli enti locali, che ha favorito, in questi anni, reali processi di inclusione per richiedenti asilo e titolari di protezione, si è scelto, con questo decreto, di rafforzare la logica emergenziale dei grandi centri che, oltre a non garantire alcuna integrazione, genera spesso, a causa dei pochi controlli, abusi e malversazioni. “Molte disposizioni del decreto, oltre a ridurre lo spazio di esercizio di alcuni diritti fondamentali, come quello all’asilo, sono contrarie al buon senso e renderanno il nostro Paese un posto meno sicuro per tutti, migranti e italiani”.

      https://refugees-welcome.it/decreto-immigrazione-legge-cambiera-peggio-la-vita-migliaia-persone

    • Azzariti: «Il Decreto sicurezza sarà bocciato dalla Consulta»

      Il costituzionalista critica il decreto Salvini votato al Senato, non celando la speranza che alla Camera venga modificato

      «Innanzitutto il provvedimento impressiona per il segno culturalmente regressivo perché appiattisce l’immigrazione ad un problema di esclusiva sicurezza pubblica: dalla legge Bossi Fini in poi c’è una progressione in questo senso di criminalizzazione del problema migratorio». Il costituzionalista Gaetano Azzariti critica il decreto Salvini votato al Senato, non celando la speranza che alla Camera venga modificato: «Così com’è è una summa di incostituzionalità, auspico si intervenga per cambiarlo in Parlamento».

      Professore, perché il decreto sicurezza sarebbe incostituzionale? Ci vuole spiegare le ragioni?
      Penso di peggio: nel testo ci sono una summa di incostituzionalità. Dallo strumento utilizzato, il decreto legge, al contenuto del provvedimento che va in conflitto coi principi della nostra Carta.

      Lei critica la formula del decreto perché dice che in questo momento non esiste un’emergenza tale da giustificare un provvedimento simile? Però posso ribattere, facendo l’avvocato del diavolo, che da anni è prassi che i nostri governi adottino la formula del decreto esautorando il Parlamento…
      C’è una sentenza della Corte Costituzionale del 2007 che ci spiega come non sia sufficiente che il governo dichiari la necessità di urgenza per emanare un decreto. Illegittimo è quindi l’uso del decreto legge per regolare fenomeni – quali le migrazioni – di natura strutturale che non rivestono alcun carattere di straordinarietà ed urgenza. In questo caso la palese mancanza dei requisiti costituzionali è dimostrata dal fatto di cui il governo si vanta di aver ridotto dell’80 per cento il problema dell’immigrazione. E allora non le sembra una contraddizione logica dichiarare l’emergenza quando lo stesso governo festeggia per i risultati ottenuti? Il governo ha pieno diritto di legiferare in materia, anche secondo il principio di contenimento dei flussi, ma tramite un disegno di legge.

      Al di là, quindi, della formula del decreto che lei reputa inopportuna, entrando nel merito, quali sono gli articoli della Costituzione che vengono violati?
      In primis, l’articolo 10 terzo comma stabilisce un diritto fondamentale che riguarda non i cittadini ma gli stranieri. A questi viene assegnato la possibilità di chiedere asilo politico allo Stato italiano. La stessa Cassazione, con diverse sentenze emesse dal 2012 al 2018, e le disposizioni internazionali ci parlano di permessi per “protezione umanitaria” come mezzi di attuazione della disposizione costituzionale. Bene, col decreto si passa all’eliminazione totale di questo status: la protezione umanitaria viene abrogata e sostituita da ipotesi specifiche. Cos’è questa se non una violazione dell’articolo 10 della nostra Carta?

      E che ne pensa della sospensione della concessione della domanda se si è sottoposti a procedimento penale?
      La presunzione di non colpevolezza è un principio di civiltà che è sancito dall’articolo 27 della nostra Costituzione. E non si fa certo differenza tra cittadini e stranieri (si riferisce in generale all’«imputato»). C’è poco altro da aggiungere: una sospensione della concessione della domanda mi sembra chiaramente violativa di questo principio.

      Si parla anche di revoca della cittadinanza in caso di condanna, anche questo aspetto secondo lei è incostituzionale?
      Si afferma per legge che qualora l’immigrato riuscisse, dopo il lungo iter burocratico, ad ottenere la cittadinanza italiana, non sarà comunque mai considerato alla pari degli altri. Come se dovesse pagare per l’eternità una pecca originaria. Questo aspetto è in contrasto con due principi: quello d’eguaglianza, introducendo nel nostro ordinamento una irragionevole discriminazione tra cittadini, e contravvenendo all’espressa indicazione di divieto della perdita della cittadinanza per motivi politici (articoli 3 e 22).

      In pratica, persone che commettono lo stesso reato avrebbero sanzioni diverse?
      Esatto, chi ha acquisito la cittadinanza è penalizzato rispetto a chi la tiene per ius sanguinis. Inoltre l’articolo 22 della Carta stabilisce che non si può perdere la cittadinanza per motivi politici. Ma se vuole continuo, gli elementi di incostituzionalità sono ancora altri.

      Ce li dica…
      Il decreto sicurezza estende la cosiddetta detenzione amministrativa cioè l’obbligo di stare in questi centri di permanenza e di rimpatrio da 90 a 180 giorni. Qui abbiamo una giurisprudenza con zone d’ombra ma che su un punto è chiarissima: la sentenza 105 del 2001 della Corte Costituzionale stabilisce che “il trattamento dello straniero presso i centri di permanenza temporanea è misura incidente sulla libertà personale”. Il governo dovrebbe dimostrare che in questi luoghi non ci sia limitazione di libertà personale, la vedo difficile.

      E sul taglio degli Sprar che ne pensa?
      È una delle parti più odiose del decreto. Si cancella quella normativa che definiva le politiche di integrazione cercando di realizzare anche un altro principio fondamentale: quello di solidarietà (articolo 2 della Costituzione).

      A questo punto, crede veramente che il testo verrà migliorato alla Camera oppure teme che Lega e M5S abbiano blindato il provvedimento con il voto di fiducia?
      La speranza è l’ultima a morire. Non posso auspicare che questa maggioranza cambi idea sull’ordine pubblico o sul nesso immigrazione-sicurezza o che faccia un provvedimento che regoli i flussi. Qui il tema di discussione non è l’indirizzo politico del governo ma il rispetto della Carta e dei limiti costituzionali. Ricordo, inoltre, che il presidente della Repubblica quando ha firmato il decreto, ha anche scritto una lettera a Conte rilevando nell’auspicio del rispetto dei principi internazionali. Il Parlamento ha l’onore di prendere in considerazione almeno questi moniti.

      E nel caso, invece, rimanga così com’è ci sarebbe l’altolà della Consulta? È un’ipotesi realistica?
      Sono certo che se dovesse essere approvato in questi termini, magari con l’aggravante della mancanza della discussione in Parlamento, tutta l’attenzione non politica ma costituzionale si riverserà sui due guardiani della Costituzione. In primo luogo sul Capo dello Stato in sede di promulgazione – che dovrà in qualche modo verificare se il Parlamento ha tenuto conto dei rilievi da lui stesso formulati – e in secondo luogo sulla Corte Costituzionale.

      La sento abbastanza convinto sulla possibilità che la Consulta bocci alcune parti del provvedimento…
      Gli elementi di incostituzionalità di questo decreto mi sembrano abbastanza evidenti.

      http://www.vita.it/it/article/2018/11/22/azzariti-il-decreto-sicurezza-sara-bocciato-dalla-consulta/149839

    • Italien verschärft seine Einwanderungsgesetze drastisch

      In Italien hat Innenminister Salvini sein Einwanderungsdekret durchgesetzt. Die Vergabe von humanitären Aufenthaltsgenehmigungen wird eingeschränkt, die Ausweisung von Migranten erleichtert.

      Drei Wochen nach dem italienischen Senat hat auch die Abgeordnetenkammer das umstrittene Einwanderungsdekret von Innenminister Matteo Salvini angenommen.

      Durch das Gesetz wird

      – die Vergabe von humanitären Aufenthaltsgenehmigungen massiv eingeschränkt und
      – die Ausweisung von Migranten erleichtert.
      – Auch die Verteilung und Unterbringung von Asylbewerbern wird neu geregelt: Die meisten sollen künftig in großen Auffangzentren untergebracht werden.
      – Als „gefährlich“ eingeschätzte Asylbewerber sollen in Eilverfahren abgeschoben werden können.
      – Migranten, die bereits die italienische Staatsbürgerschaft haben, sollen diese wieder verlieren, wenn sie in Terrorverfahren verurteilt werden.
      – Als sicherheitspolitische Neuerung ist in dem Gesetz unter anderem vorgesehen, den Einsatz von Elektroschockpistolen auszuweiten und die Räumung besetzter Gebäude zu erleichtern.

      Die Regierung hatte in beiden Parlamentskammern die Vertrauensfrage gestellt, um die Gesetzesänderung zügig durchzubringen. Einige Parlamentarier der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung, die zusammen mit Salvinis fremdfeindlicher Lega-Partei regiert, hatten aus Protest gegen die geplanten Verschärfungen Dutzende Änderungsanträge eingereicht.

      396 Abgeordnete stimmten schließlich für die drastische Verschärfung des Einwanderungsrechts, 99 votierten dagegen. 14 Abgeordnete der Fünf-Sterne-Bewegung, die sich gegen die Pläne ausgesprochen hatten, nahmen nicht an der Abstimmung teil.

      „Ein denkwürdiger Tag“

      Salvini äußerte sich angesichts des Ergebnisses zufrieden. „Heute ist ein denkwürdiger Tag“, sagte der Innenminister, der zugleich Vizeregierungschef ist. Kritik an den Gesetzesverschärfungen wies er als Bedenken von Linken zurück, „die finden, dass illegale Einwanderung kein Problem ist“.

      Das Uno-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) hatte sich Anfang November besorgt zu den Gesetzesverschärfungen geäußert. Diese böten keine „angemessenen Garantien“, insbesondere für Menschen, die besonderer Fürsorge bedürften, etwa Opfer von Vergewaltigung oder Folter.

      Die italienische Regierung vertritt seit ihrem Amtsantritt im Sommer eine harte Haltung in der Flüchtlings- und Einwanderungspolitik. Schiffen mit geretteten Flüchtlingen an Bord verweigerte Salvini das Einlaufen in italienische Häfen. Der Schwerpunkt der Flüchtlingskrise im Mittelmeer hat sich seitdem stärker nach Spanien verlagert: Spanien ist in diesem Jahr zum Hauptankunftsland von Flüchtlingen in Europa geworden, weit vor Italien und Griechenland.

      http://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-italien-verschaerft-seine-einwanderungsgesetze-drastisch-a-1241

    • Decreto immigrazione e sicurezza, la circolare ai Prefetti del 18 dicembre 2018

      Il Gabinetto del ministero dell’Interno ha diramato in queste settimane ai Prefetti la CM del 18 dicembre 2018 per «illustrare… le principali disposizioni d’insieme» del DL 4 ottobre 2018, il cosiddetto decreto immigrazione e sicurezza. Il testo è disponibile a questo link: http://viedifuga.org/wp-content/uploads/2019/01/Circolare_m_18_12_2018.pdf. Il Viminale ha predisposto anche un documento divulgativo dal titolo Immigrazione e sicurezza pubblica. Le risposte per conoscere il nuovo decreto: qui (http://viedifuga.org/wp-content/uploads/2019/01/FAQ_Decreto_immigrazione_e_sicurezza_definitivo_3_1_2018.pdf) la versione aggiornata al 3 gennaio 2019.

      Qui invece (www.redattoresociale.it/Notiziario/Articolo/612656/Dl-Salvini-la-circolare-del-Viminale-che-tenta-di-rassicurare-i-sindaci), da Redattore sociale, il giudizio dell’ASGI sulla circolare ministeriale e le pericolose ricadute del DL (convertito in legge con la 132/2018: viedifuga.org/approvato-alla-camera-il-decreto-sicurezza-e-immigrazione-e-una-pessima-legge/) secondo Oxfam Italia e secondo l’ISPI (Istituto per gli studi di politica internazionale).

      http://viedifuga.org/decreto-immigrazione-e-sicurezza-la-circolare-ai-prefetti-del-18-dicembre

    • La stretta sulla residenza è uno dei problemi del decreto sicurezza

      Il decreto immigrazione e sicurezza, diventato legge il 27 novembre del 2018 con l’approvazione in parlamento, suscita divisioni e critiche sia all’interno della maggioranza sia tra le file dell’opposizione. Dopo l’attacco del sindaco di Palermo Leoluca Orlando e del sindaco di Napoli Luigi De Magistris – che hanno annunciato di non voler applicare la legge, perché “è un testo inumano che viola i diritti umani” – molti altri sindaci hanno detto che boicotteranno la norma. Una mappa compilata dalla ricercatrice Cristina Del Biaggio raccoglie tutte le adesioni degli amministratori locali contro il decreto, in totale un centinaio.

      Uno dei punti più contestati della legge è l’esclusione dei richiedenti asilo dall’iscrizione anagrafica. Leoluca Orlando, con una nota inviata al capoarea dei servizi al cittadino, ha chiesto d’indagare i profili giuridici anagrafici derivanti dall’applicazione del decreto sicurezza e di sospendere qualsiasi procedura “che possa intaccare i diritti fondamentali della persona con particolare, ma non esclusivo, riferimento alla procedura di iscrizione della residenza anagrafica”. Ma perché è così importante essere iscritti all’anagrafe e cosa comporta esserne esclusi? E infine, ha senso sospendere l’applicazione del decreto o basta applicare correttamente le norme esistenti?

      Cosa prevede il decreto
      La legge 113/2018 (anche detta decreto sicurezza e immigrazione o decreto Salvini) prevede delle modifiche all’articolo 4 del decreto legislativo 142/2015 attraverso un comma secondo cui “il permesso di soggiorno per richiesta d’asilo non costituisce titolo per l’iscrizione anagrafica”. Secondo Enrico Gargiulo, docente di fondamenti di politica sociale all’università Ca’ Foscari di Venezia, il decreto introduce una “rivoluzione nel campo del diritto all’anagrafe”, perché “per la prima volta si nega in maniera chiara a una categoria di persone un diritto soggettivo perfetto”, contravvenendo alla costituzione e ad altre norme generali sull’immigrazione come il Testo unico del 1998.

      Dello stesso orientamento l’Associazione studi giuridici sull’immigrazione (Asgi) che in un comunicato ha ribadito l’incostituzionalità di questo punto e ha annunciato di aver già presentato diversi ricorsi, impugnando in sede giudiziaria alcuni dinieghi all’iscrizione anagrafica. “Riteniamo infatti che non sussista alcuna ragione che giustifichi sotto il profilo costituzionale una diversità di trattamento nell’iscrizione anagrafica che colpisce una sola categoria di stranieri legalmente soggiornanti (i titolari di permesso di soggiorno per richiesta di asilo), violando il principio di parità di trattamento coi cittadini italiani prevista dall’articolo 6 del Testo unico sull’immigrazione( legge 286/1998)”, si legge nel comunicato. I ricorsi che saranno portati davanti a un giudice chiameranno in causa la corte costituzionale per violazione dell’articolo 3 della costituzione. La consulta a sua volta dovrà stabilire se questa parte del decreto è in linea con la carta fondamentale.

      Di fatto nella norma non si vieta espressamente l’iscrizione dei richiedenti asilo all’anagrafe

      Tuttavia alcuni giuristi invitano a un’interpretazione diversa del decreto. Le avvocate dell’Asgi Nazzarena Zorzella e Daniela Consolo ritengono che il decreto “non pone nessun esplicito divieto, ma si limita a escludere che la particolare tipologia di permesso di soggiorno possa essere documento utile per formalizzare la domanda di residenza”. Intervistata al telefono da Internazionale Zorzella ribadisce che “anche se il decreto ha come obiettivo l’esclusione dei richiedenti asilo dalla residenza, tuttavia di fatto nella norma non si vieta espressamente l’iscrizione dei richiedenti asilo all’anagrafe, ma si sostiene che il permesso di soggiorno per richiesta di asilo non costituisca un titolo valido per l’iscrizione all’anagrafe”.

      Per l’avvocata, quindi, i sindaci potrebbero con una circolare informare gli uffici anagrafici di accettare come documento valido per l’iscrizione all’anagrafe il modulo C3 e cioè la domanda di asilo presentata in questura dal richiedente asilo al momento dell’arrivo in Italia, assumendo quel titolo come prova del soggiorno regolare del cittadino straniero in Italia. “Il decreto sicurezza coesiste con il Testo unico sull’immigrazione, in particolare con l’articolo 6 comma 7 che non è stato modificato dal decreto e prevede che allo straniero regolarmente soggiornante sia consentita l’iscrizione anagrafica”. Secondo l’avvocata i sindaci potrebbero provare a interpretare la norma in senso meno restrittivo, continuando a consentire l’iscrizione dei richiedenti asilo all’anagrafe usando un altro documento come prova del loro soggiorno nel paese.

      Cosa implica l’iscrizione all’anagrafe
      L’iscrizione anagrafica è necessaria per il rilascio del certificato di residenza e del documento d’identità. Questi due documenti di prassi sono il presupposto per il godimento di alcuni servizi pubblici, in particolare dei servizi sociali, per esempio la presa in carico da parte degli assistenti sociali, l’accesso all’edilizia pubblica, la concessione di eventuali sussidi, per l’iscrizione al servizio sanitario nazionale (per la fruizione dei servizi ordinari come il medico di base, mentre l’assistenza sanitaria d’urgenza è per principio garantita anche agli irregolari), per l’iscrizione a un centro per l’impiego. Inoltre un documento d’identità valido è richiesto per sottoscrivere un contratto di lavoro, per prendere in affitto una casa o per aprire un conto corrente bancario. La situazione in realtà è molto disomogenea sul territorio italiano, da anni molti comuni hanno stabilito che sia necessaria la residenza per accedere a questi servizi, mentre in altri municipi è consentito accedere ai servizi con il domicilio o la residenza fittizia, ma il decreto introdurrà ancora più ambiguità in questa materia e c’è da aspettarsi un aumento dei contenziosi. “Chi non ha accesso ai diritti anagrafici diventa invisibile, è una specie di fantasma dal punto di vista amministrativo”, afferma il ricercatore Enrico Gargiulo. “Anche se una persona rimane titolare di certi diritti, senza l’iscrizione anagrafica di fatto ne è esclusa”, conclude il ricercatore.

      Anche su questo punto le avvocate dell’Asgi, Zorzella e Consolo, ritengono che l’iscrizione all’anagrafe non sia necessaria per garantire l’accesso ai servizi dei richiedenti asilo. Zorzella e Consolo ricordano che lo stesso decreto sicurezza prevede che sia assicurato agli stranieri “l’accesso ai servizi comunque erogati sul territorio ai sensi delle norme vigenti”. In questo senso, secondo loro, i sindaci e gli amministratori locali dovrebbero chiarire in una circolare che è sufficiente il domicilio per accedere ai servizi pubblici territoriali senza dover esibire l’iscrizione all’anagrafe, e lo stesso varrebbe per i servizi privati (banche, poste, assicurazioni, agenzie immobiliari).

      https://www.internazionale.it/bloc-notes/annalisa-camilli/2019/01/09/residenza-anagrafe-decreto-sicurezza

    • La delibera per iscrivere all’anagrafe i richiedenti asilo. Dalle parole ai fatti, smontiamo il decreto Salvini

      Il 2019 è iniziato con numerosi Sindaci che hanno manifestato la loro volontà di disobbedire al decreto legge “immigrazione e sicurezza” di Salvini.
      Tra tutti, Leoluca Orlando, sindaco di Palermo con una nota inviata al Capo Area dei Servizi al Cittadino, ha conferito mandato per indagare i profili giuridici anagrafici derivanti dall’applicazione della legge n.132/2018 e, nelle more, ha impartito di sospendere qualsiasi procedura “che possa intaccare i diritti fondamentali della persona con particolare, ma non esclusivo, riferimento alla procedura di iscrizione della residenza anagrafica”.

      Si tratta del primo vero atto che tenta di opporsi alle previsioni contenute nel d.l. n. 113/2018 dopo la sua conversione in legge. Precedentemente, infatti, alcuni Comuni avevano dichiarato di sospendere gli effetti del decreto ma solo fino alla sua approvazione definitiva.
      In ogni caso, il fronte che, speriamo, si stia aprendo a livello territoriale contro questo provvedimento è di fondamentale importanza.

      Le leggi razziste, securitarie e repressive come, prima, i decreti di Minniti ed , ora, il decreto di Salvini agiscono anche e soprattutto sullo spazio delle nostre città, creano sacche di esclusione e di diritti negati.

      Dalle nostre città, dunque, deve partire una nuova resistenza.

      Per questo abbiamo pensato di elaborare un primo modello di delibera che smonti un pezzetto della legge n.113/2018 proprio nella parte in cui prevedendo l’impossibilità per il richiedente, titolare di un permesso di soggiorno per richiesta asilo, di iscriversi all’anagrafe si pone in piena violazione dell’articolo 26 della Convenzione di Ginevra e comporta una grave limitazione al godimento di quei diritti che la nostra Carta Costituzionale individua come diritti fondamentali.
      L’iscrizione all’anagrafe, infatti, rimane lo strumento tramite il quale si consente ai poteri pubblici di pianificare i servizi da erogare alla popolazione; inoltre essa è da sempre presupposto per l’accesso ad altri diritti sociali e civili, come l’iscrizione al Servizio Sanitario Nazionale; l’accesso all’assistenza sociale e concessione di eventuali sussidi previsti dagli enti locali.

      Nel modello di delibera si richiama la competenza comunale in materia di istituzione di un albo anagrafico (art. 14 del d. lgs. 18 agosto 2000, n. 267), i casi in cui i Comuni hanno già esercitato tale potere istitutivo (si vedano i registri per le unioni civili); la Convezione di Ginevra; gli articoli della nostra Costituzione che tutelano l’iscrizione anagrafica e la consolidata giurisprudenza della Corte di Cassazione che ha riconosciuto un diritto alla residenza qualificato come “diritto soggettivo”.
      Il tutto per dire una sola cosa alle istituzioni locali: se volete, avete tutto il potere di istituire quest’albo e garantire ai richiedenti asilo l’iscrizione anagrafica. Avete dalla vostra, la forza della ragione e la forza del Diritto.

      Si tratta, dunque, di un modello di delibera che mettiamo nelle mani dei Comuni solidali che realmente vogliono contrastare gli effetti di questo decreto.
      Un modello di delibera che mettiamo nelle mani degli attivisti e degli abitanti delle nostre città, piccole o grandi che siano, per fare pressione sui loro governanti e sfidarli ad istituire l’albo per l’iscrizione dei richiedenti asilo.

      Un modello di delibera che è solo uno dei tanti strumenti che intendiamo mettere a disposizione di questa battaglia per la giustizia e la dignità.
      La partita per la gestione dei centri Sprar e per i regolamenti di polizia locale dei nostri Comuni è ,infatti, ancora aperta.
      Anche in quel caso gli amministratori potranno decidere da che parte stare: se dalla parte della cieca obbedienza a delle leggi disumane, che condannano migliaia di persone alla marginalità rendendole carne da cannone per le Mafie, oppure dalla parte della “sicurezza dei diritti” di tutti e tutte noi.

      https://www.meltingpot.org/La-delibera-per-iscrivere-all-anagrafe-i-richiedenti-asilo.html

    • Une nouvelle loi anti-immigration controversée adoptée en Italie

      Le parlement italien a adopté une loi introduisant des restrictions pour les demandeurs d’asile, mais aussi des mesures pour la sécurité publique et contre les mafias. Un article d’Euroefe.

      La Chambre des représentants a approuvé le projet de loi par 336 voix pour et 249 abstentions, concluant ainsi sa trajectoire après son approbation au Sénat le 7 novembre par 163 voix pour, 59 contre et 19 abstentions.

      Cette mesure a été amenée par le chef de file de la Ligue de l’extrême droite et ministre de l’Intérieur, Matteo Salvini, et présentée dans les deux chambres parlementaires comme une motion de confiance au gouvernement, une technique utilisée pour éviter les amendements et écourter leur approbation.

      Quelque 200 personnes ont manifesté devant le parlement pour manifester leur rejet de cette loi controversée, et ont organisé des funérailles pour les droits, dénonçant le racisme.

      Salvini célèbre sa loi controversée

      Matteo Salvini a exprimé lors d’une conférence de presse sa « grande satisfaction, non pas en tant que ministre, mais en tant que citoyen italien », car, a-t-il assuré, la loi « donnera plus de tranquillité, d’ordre, de règles et de sérénité aux villes ».

      La nouvelle loi repose sur trois piliers : l’immigration, la sécurité publique et la lutte contre la criminalité organisée.

      Dans le domaine de l’immigration, les permis de séjour pour des raisons humanitaires seront suspendus. Ceux-ci ont été accordés pour deux ans et ont permis aux réfugiés d’accéder au monde du travail et à la sécurité sociale. Au lieu de cela, des permis de « protection spéciale » d’un an seront octroyés.

      En outre, la protection internationale sera refusée ou rejetée en cas de condamnation définitive de l’immigré, notamment pour viol, vente de drogue, vol ou extorsion. La mutilation génitale est mentionnée dans le texte et considérée comme « crime particulièrement alarmant ».

      La nouvelle loi allongera de 90 à 180 jours la période pendant laquelle les immigrants pourront rester dans les centres d’identification, période que le gouvernement du Mouvement 5 étoiles et la Ligue considère appropriée pour identifier le demandeur.

      Par ailleurs, davantage de fonds sont prévus pour le rapatriement volontaire des immigrants et la protection sera retirée à ceux qui retournent dans leur pays d’origine, sinon pour des « raisons graves et avérées ».

      Utilisation expérimentale du Taser

      En matière de sécurité publique, la nouvelle loi stipule que les sociétés de location de voitures communiquent à la police les données de leurs clients pour vérifier leurs antécédents et éviter ainsi d’éventuels attentats à la voiture bélier comme ce fut le cas à Nice, Berlin ou Londres.

      Elle permettra aussi aux agents des villes de plus de 100 000 habitants d’expérimenter le pistolet électrique Taser, et les clubs de football devront accroître leur contribution, en allouant entre 5 et 10 % des ventes de billets à la sécurité des stades.

      La loi étend par ailleurs le « Daspo », l’interdiction d’accès aux manifestations sportives aux foires, marchés et hôpitaux pour les personnes qui ont manifesté un comportement agressif ou dangereux.

      Enfin, en ce qui concerne la mafia, les nouvelles mesures augmentent les ressources destinées à l’entité qui gère les biens saisis aux criminels et libéralise ces biens, qui peuvent désormais être achetés par des particuliers « avec des contrôles rigoureux » afin qu’ils ne reviennent pas entre les mains des clans.

      https://www.euractiv.fr/section/migrations/news/une-nouvelle-loi-anti-immigration-controversee-adoptee-en-italie

    • Decreto immigrazione e sicurezza: tutti i dubbi sulla costituzionalità

      Le Regioni contro il decreto Salvini. Piemonte, Umbria, Toscana, Emilia Romagna, Lazio, Marche, Basilicata. Di ora in ora si allarga la squadra dei governatori contro il decreto sicurezza e immigrazione di Matteo Salvini.

      La strada passa per il ricorso alla Corte costituzionale e a guidare il tutto sarà la Regione Piemonte, che ha dato mandato al docente di Diritto internazionale, Ugo Mattei, e all’avvocatura della Regione di preparare il ricorso che “

      seguirà l’esempio di quanto fatto da Apple, Facebook, Google, e altri colossi della Silicon Valley quando presero posizione e presentarono ricorso contro il decreto attuativo anti-immigrazione e il blocco dei visti voluto dal Presidente degli Stati Uniti, Donald Trump” ha spiegato l’assessora all’immigrazione della regione Piemonte Monica Cerutti

      “Ugo Mattei, insieme all’avvocatura della Regione Piemonte, si occuperà del ricorso in Corte Costituzionale contro il decreto sicurezza che rischia di creare un danno all’economia piemontese” ha spiegato Monica Cerutti. “Il decreto farà finire nell’irregolarità migliaia di migranti che quindi non potranno più contribuire alla vita economica del territorio”.

      “La nostra avvocatura sta anche lavorando con le avvocature delle altre ‘regioni rosse’” ha aggiunto l’assessora della Regione Piemonte “perché ci sia coordinamento nella presentazione dei ricorsi. Stiamo infatti pensando di aggiungere un nuovo profilo di incostituzionalità, che va sommarsi a quelli che riguardano le competenze regionali in materia di sanità e politiche sociali. Questo decreto manda del resto a gambe all’aria tutto il lavoro fatto sull’immigrazione in questi anni, rendendo inutili gli investimenti messi in campo dalla nostra Regione”.

      Il professor Mattei, si precisa dalla Regione, “si è reso disponibile a portare avanti questa battaglia a titolo gratuito. Quindi il suo intervento non costituirà una spesa per il Piemonte”.

      In precedenza anche il Quirinale aveva valutato eventuali profili di incostituzionalità del decreto, ponendo l’accento – nonostante la firma arrivata dopo la fiducia ottenuta alla Camera mercoledì 28 novembre 2018 – su alcune questioni.

      Vediamo quali sono:

      Necessità e urgenza – Il primo nodo è sulla natura dello strumento scelto dal governo. Secondo la Costituzione, il decreto deve rispettare i criteri di necessità e urgenza, oltre a non essere palesemente incostituzionale. La presidenza della Repubblica aveva già manifestato le proprie perplessità sull’urgenza di un intervento del governo su questa materia.

      Revoca del diritto d’asilo – Si allunga l’elenco di reati che comportano la sospensione della domanda di asilo e causano l’espulsione immediata dello straniero. Tra questi sono stati inclusi la violenza sessuale, la detenzione e il traffico di stupefacenti, il furto, la minaccia o la violenza a pubblico ufficiale. Nel decreto è prevista la revoca dello status dopo la sola condanna di primo grado: nella nostra Costituzione è però prevista la presunzione di innocenza fino al terzo grado di giudizio. Questa disposizione potrebbe essere in contrasto con i principi costituzionali.

      Revoca della cittadinanza – È prevista la revoca della cittadinanza italiana acquisita dagli stranieri condannati in via definitiva per reati di terrorismo. La revoca sarà possibile entro tre anni dalla condanna definitiva, per decreto del presidente della Repubblica su proposta del ministro dell’Interno. Anche questa norma è in contrasto con principi della Corte Costituzionale, che considera la cittadinanza un diritto inviolabile.

      Inizialmente i decreti dovevano essere due, uno sull’immigrazione e uno sulla sicurezza e i beni confiscati alle mafie. Poi sono stati accorpati in un unico provvedimento. Ecco gli altri punti del documento:

      Abolizione della protezione umanitaria – Il decreto prevede l’abolizione della concessione del permesso di soggiorno per motivi umanitari previsto dal Testo unico sull’immigrazione (legge 286/98).

      Trattenimento nei Cpr – Gli immigrati con i documenti non in regola potranno essere trattenuti nei Centri per il rimpatrio fino a 180 giorni. Ad oggi il limite era 90 giorni.

      Sicurezza urbana – Viene prevista la sperimentazione dei taser di parte della municipale nei comuni con più di 100 mila abitanti e inasprite le pene contro chi promuove o organizza occupazioni.

      Lotta alle mafie – Per contrastare le infiltrazioni mafiose nella pubblica amministrazione, il decreto prevede la nomina di un Commissario straordinario in caso di segnalazioni di situazioni anomale o di condotte illecite da parte di un Prefetto.

      https://www.tpi.it/2019/01/08/decreto-sicurezza-incostituzionalita-regioni/amp
      #constitutionnalité

    • Protezione umanitaria, la pronuncia della Cassazione n. 4890/2019

      Pubblichiamo la decisione n. 4890/2019 della Corte di cassazione, che risolve i dubbi in tema di regime intertemporale della nuova disciplina sulla protezione umanitaria.

      In argomento, questa Rubrica ha già ospitato la requisitoria del procuratore generale presso la Corte di cassazione, l’articolo di Carlo Padula (Quale sorte per il permesso di soggiorno umanitario dopo il dl 113/2018?) contenente l’orientamento dei Tribunali di Ancona, Bari, Bologna, Brescia, Catania, Firenze, Genova, Milano, Napoli, Palermo, Perugia, Torino, Trento e della dottrina in punto di regime intertemporale della nuova disciplina della protezione umanitaria.

      http://questionegiustizia.it/articolo/protezione-umanitaria-la-pronuncia-della-cassazione-n-48902019_19
      #protection_humanitaire

  • La promotion du chef des services secrets allemands évoque la tradition de la Gestapo.
    https://www.wsws.org/fr/articles/2018/09/22/alle-s22.html

    Un jour après que Hans-Georg Maaßen, ancien président des services de renseignement allemands (Office fédéral de protection de la Constitution, BfV), a quitté ses fonctions pour devenir secrétaire d’État au ministère de l’intérieur, le ministre de l’Intérieur Horst Seehofer (Union chrétienne-sociale, CSU) a annoncé les nouvelles responsabilités de Maaßen.

    Maaßen a provoqué l’indignation populaire et des manifestations de masse lorsqu’il a défendu publiquement l’émeute néonazie du mois dernier à Chemnitz, en niant que les fascistes avaient attaqué des étrangers. Les déclarations fascisantes de Maaßen ont déclenché des appels pour son renvoi. Mais au lieu de cela, il a été promu.

    Lors d’une conférence de presse, Seehofer a d’abord félicité l’ancien chef des services de renseignements pour sa « coopération étroite et confiante » des derniers mois et a déclaré que Maaßen avait fait preuve d’un « grand mérite » à la tête d’une importante agence. Il a ensuite annoncé que Maaßen, à son nouveau poste de secrétaire d’État au ministère de l’intérieur, assumerait la responsabilité de trois domaines clés de la sécurité intérieure – la police fédérale, la cybersécurité et la sécurité publique.

    A Berlin, le feuilleton Maaßen se poursuit. Après avoir réalisé que l’accord sur la démotion-promotion du chef du renseignement intérieur était catastrophique pour sa crédibilité, le SPD veut négocier à nouveau avec ses partenaires de coalition.

    Merkel und Seehofer offen für neuen Maaßen-Deal
    In einem Brief hat SPD-Chefin Nahles eine Neuverhandlung der Maaßen-Beförderung gefordert. Nun zeigen sich Bundeskanzlerin und Innenminister offenbar gesprächsbereit - Seehofer zumindest unter Vorbehalt.
    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/horst-seehofer-schliesst-verhandlungen-deal-um-hans-georg-maassen-nicht-aus-