• Kehrtwende bei der Rundfunkunion Russland darf nicht am ESC teilnehmen
    https://m.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/kehrtwende-bei-der-rundfunkunion-russland-darf-nicht-am-esc-teilnehmen/28107718.html

    25.2.2022 von Joachim Huber - Die EBU schließt Russland vom 66. Eurovision Song Contest in Turin aus. Zuvor wurde der ESC noch als „nicht-politisches Event“ bezeichnet.

    Die Europäische Rundfunkunion (EBU) hat am Freitag eine perfekte Kehrtwende hingelegt. Erst wurde der Eurovision Song Contest (ESC) als „nicht-politisches, kulturelles Event“ bezeichnet und damit die Teilnahme Russlands aufrechterhalten.

    Dann hieß es am Freitagabend: Russland wird aufgrund der Invasion in die Ukraine vom diesjährigen Wettbewerb in Turin ausgeschlossen. Das teilte die EBU in Genf mit. Europas größte Fernsehshow soll am 14. Mai mit seinem großen Finale über die Bühne gehen. Deutschland will seinen Song kommende Woche küren.

    Die ARD-Vorsitzende Patricia Schlesinger und ZDF-Intendant Thomas Bellut begrüßten die Entscheidung. "Der ESC ist ein musikalisches Fest der Völker Europas. Er repräsentiert Werte wie Freiheit und Vielfalt und ist ein friedlicher Wettstreit kreativer Köpfe. Wenn ein Teilnehmerland des ESC von einem anderen angegriffen wird, sind wir innerhalb der europäischen ESC-Familie solidarisch. Deshalb ist die Entscheidung gegen die Teilnahme Russlands an dieser Stelle richtig“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.

    Mehrere Länder forderten Ausschluss

    Nachdem Russland in die Ukraine einmarschiert war, hatte die Ukraine gefordert, die EBU-Mitgliedssender sollten so früh wie möglich erwägen, Russland vom diesjährigen ESC in Italien auszuschließen. Auch andere Länder hatten den Ausschluss gefordert.

    #guerre #musique #variété #Russie #Ukraine #sanction

  • Transfeindlichkeit unter Frauen Besorgte Feministinnen
    https://m.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/transfeindlichkeit-unter-frauen-besorgte-feministinnen/24182500.html

    Voilà une brève explcation de l’idéologie LGBTI en Allemand. Cet article est très utile quand on doit traduire des textes qui contiennent des mots, idées et abbréviations qui n’existent pas encore dans les dictionnaires de qualité.

    5.04.2019 von Linus Giese - Es gibt Feministinnen, die trans Personen nicht akzeptieren und gegen sie agitieren. Ihnen geht es nicht um Fakten, sondern um gefühlte Wahrheiten.

    Tennisstar Martina Navratilova ist Feministin: Als eine der ersten offen lesbischen Spitzensportlerinnen überhaupt setzt sie sich seit Jahrzehnten für LGBTI-Rechte ein. Das hielt die inzwischen vor allem als TV-Kommentatorin tätige neunfache Wimbledon-Gewinnerin unlängst aber nicht davon ab, gegen trans Frauen zu polemisieren. Sie sprach sich lautstark dafür aus, trans Frauen vom Frauentennis auszuschließen – und bezeichnete diese dabei als Männer, die sich „entscheiden“, eine Frau zu sein.

    Navratilova ist kein Einzelfall. Beim Londoner Christopher Street Day traten im vergangenen Jahr acht lesbische Frauen an die Spitze der Parade: auf einem ihrer Transparente stand „Trans-Aktivismus löscht Lesben aus“; und in den Flyern, die sie verteilten, wurden trans Frauen als „heterosexuelle Männer, die vorgeben, eine Frau zu sein“ beschrieben. Ähnlich äußerte sich auch die bekannte Autorin und Feministin Germaine Greer: Sie schließt trans Frauen aus ihrem Feminismus aus, „weil trans Frauen keine Frauen“ seien.
    Der Begriff TERF ist eine Zuschreibung, keine Selbstbezeichnung

    Wenn es in den Kommentarspalten sozialer Medien zu Diskussionen über diese Themen kommt, tauchte zuletzt immer öfter ein Begriff auf: TERF. Martina Navratilova wurde als TERF bezeichnet, Germaine Greer ebenfalls und auch die acht lesbischen Frauen. TERF ist die Abkürzung für „Trans-Exclusionary Radical Feminism“. Ins Deutsche übersetzt spricht man von einem „trans-ausschließenden radikalen Feminismus“. Zum ersten Mal benutzt wurde der Begriff 2008 - damals noch überwiegend im englischsprachigen Raum. Seit einigen Jahren findet er zunehmend den Weg in deutschsprachige Diskurse.

    Wörtlich genommen ist die Abkürzung klar und eindeutig: TERFs sind radikale Feminst*innen, die trans Menschen ausschließen. So leicht ist es dann aber doch nicht: Wann ist ein Feminismus „radikal“? Was bedeutet es genau, „trans Menschen auszuschließen“? Das Problem des Begriffs „TERF“ liegt in seiner Verwendung: Dadurch, dass das Wort eine Zuschreibung von außen ist und keine Selbstzuschreibung, finden sich nur sehr wenige radikale Feminist*innen, die von sich selbst sagen, sie seien TERFs. Es ist viel mehr umgekehrt: Feminist*innen vertreten bestimmte Positionen und bekommen dann von außen das Etikett TERF aufgeklebt.
    Trans Menschen werden wahlweise als Opfer oder als Täter gesehen

    Dahinter steht ein Denken, das trans Menschen sprachlich unsichtbar macht, ihre Identität anzweifelt oder ihnen die Existenz abspricht: Statt Geschlecht als Spektrum und Geschlechtsidentität als fließend zu begreifen, gehen TERFs davon aus, dass Geschlecht biologisch festgelegt und damit unveränderbar sei, weil uns bestimmte männliche und weibliche Körperteile für immer und ewig zu Männern oder Frauen machen. Aus dieser Perspektive heraus werden trans Menschen wahlweise als Opfer oder als Täter gesehen.

    Trans Männer sind für TERFs „biologische Frauen“, die Opfer von Geschlechterstereotypen und Frauenfeindlichkeit werden: Um dem erdrückenden Patriarchat zu entkommen, werden sie körperliche Männer. Oft benutzen TERFs für trans Männer weiterhin das Pronomen „sie“; oder meinen mit einem Wort wie „Frauen“ oder „Frauen*“ alle Menschen, denen zur Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen wurde.

    Während trans Männer von TERFs meist unter „Frau“ einsortiert werden, gelten trans Frauen für sie als „Männer“, die sich lediglich als Frauen ausgeben, um in Frauenschutzräume einzudringen. TERFs sehen Frauenhäuser, Frauengruppen und sogar Frauentoiletten durch trans Frauen bedroht.
    Immer wieder geht es um Toiletten und Umkleiden

    So sehen sich TERFs fast immer als Opfer, denen entweder etwas weggenommen oder etwas angetan wird - vom Patriarchat, oder von trans Menschen. Aus diesem Blickwinkel heraus ergeben sich dann auch fast schon automatisch die Themen, mit denen sich TERFs beschäftigen: Die Frage, welche Toiletten und öffentliche Umkleiden trans Frauen besuchen dürfen, ist eines der wichtigsten Anliegen von TERFs: Männer tarnen sich als Frau, um im Frauen-Schutzraum „Frauentoilette“ Gewalt auszuüben oder Menschen mit dem Anblick ihres Penis’ zu traumatisieren. Eine ähnliche Argumentation findet sich beim Thema Gefängnis. TERFs wehren sich dagegen, dass trans Frauen in Frauen-Gefängnissen untergebracht werden. Und TERFs glauben, dass trans Frauen in den Frauensport eindringen, um dort zu dominieren und anderen Frauen den Rang abzulaufen.

    Wer durch die sozialen Netzwerke scrollt, kann dort ein interessantes Phänomen beobachten: bis dahin völlig unauffällige, aufgeklärte Feminist*innen schreiben plötzlich etwas wie: „Ich bin dagegen, dass Männer mit Penis auf die Frauentoilette dürfen!“, „Es muss Schutzräume für Frauen geben!“, „Unser Frauensport ist in Gefahr!“ „Männer, die glauben Frauen zu sein, wollen uns dominieren!“.

    Diese bislang völlig unauffälligen Feminist*innen reagieren bei Widerspruch gereizt und fangen oft an, Artikel von Websites wie Feminist Current zu teilen, in denen singuläre Ereignisse skandalisiert werden: Eine trans Frau etwa soll sich im Frauen-Waxing-Studio empört haben, dass eine Kosmetikerin sich weigerte, die Haare auf ihrem Penis zu entfernen.
    TERFs interessieren sich selten für Studien oder Fakten

    Verbunden mit dem Teilen solcher Artikel ist häufig der Zusatz, dass man sich selbst gefährdet, sobald man sich traut, „unbequeme Wahrheiten“ laut auszusprechen. Man könnte solche Menschen als besorgte Feminist*innen bezeichnen – analog zum Phänomen der „besorgten Bürger*innen“ geht es nämlich auch hier nicht um Fakten, sondern um gefühlte Wahrheiten, Tabus und Bedrohungen.

    Beispiel Toiletten: Dass Frauen dort tatsächlich nackte Geschlechtsteile zu sehen bekommen, dürfte nahezu ausgeschlossen sein – es gibt schließlich auf Frauenklos immer Kabinen mit abschließbare Türen.

    Beispiel Sport: Trans Menschen dürfen seit 15 Jahren an den Olympischen Spielen teilnehmen. Doch in 15 Jahren hat sich keine einzige trans Frau für die olympischen Spiele qualifiziert. Damit gibt es bereits eine Langzeitstudie, die zeigt, dass trans Frauen nicht in der Lage sind, den Frauensport zu dominieren. Doch TERFs interessieren sich selten für Studien oder Fakten, sondern viel mehr für eine gefühlte Bedrohungslage.

    TERFs teilen oft vermeintlich simple, logische und auf den ersten Blick konsensfähige Meinungen. Natürlich möchte niemand, dass Frauen auf der Frauentoilette Gewalt erleben! Selbstverständlich wäre es unfair, falls Frauen im Frauensport ungerechterweise benachteiligt werden! Doch all das sind argumentative Nebenschauplätze: Im Grunde geht es einzig und allein darum, darüber zu bestimmen, was andere Menschen sein dürfen, als was sie sich bezeichnen dürfen und ob sie dazu gehören oder nicht. Du wurdest männlich sozialisiert und hast einen Penis? „Dann kannst du niemals eine vollwertige Frau sein – und wenn du eine Vagina und einen Uterus hast, dann bist du kein Mann, sondern gehörst uns Frauen“.
    Sie wollen nicht „Mensch mit Uterus“ sagen, obwohl es inklusiver ist

    TERFs lehnen daher auch die Bezeichnung „Mensch mit Uterus“ kategorisch ab. Darunter versteht man all diejenigen, die einen Uterus haben, aber keine Frauen sind: zum Beispiel trans Männer oder nicht-binäre Menschen. Wer über die Themen Schwangerschaft oder Menstruation spricht, formuliert also inklusiver, wenn eben nicht nur von Frauen die Rede ist, sondern auch von Menschen mit Uterus. Ein Begriff, der niemanden etwas wegnimmt – und dafür andere einschließt, die sonst unsichtbar gemacht werden.

    41 Prozent der trans Frauen und Männer versuchen mindestens einmal, sich das Leben zu nehmen. Ist es wirklich „radikaler Feminismus“, diesen Menschen ihre Existenz und Identität abzusprechen? Wäre es nicht viel radikaler, diese Menschen bedingungslos zu akzeptieren und gemeinsam für ihre Existenz, ihre Sicherheit und ihre Sichtbarkeit zu kämpfen? Das sind Fragen, die sich TERFs stellen sollten.

    Die Publizistin Carolin Emcke sprach einmal davon, dass Menschenrechte kein Nullsummenspiel sind. So ist es übrigens auch bei den Begriffen „Frau“ und „Mensch mit Uterus“. Natürlich wird Feministinnen der Begriff „Frau“ nicht weggenommen. Er wird nur durch einen weiteren Begriff ergänzt, damit noch mehr Menschen mitgedacht werden und sprachlich sichtbar gemacht werden können.

    #langue #féminisme #traduction #idéologie #gender_mainstreaming #LGBTI #LGBT #LGB

  • RBB-„Kulturradio“ vor der Reform So rasend wie langsam
    https://m.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/rbb-kulturradio-vor-der-reform-so-rasend-wie-langsam/26140492.html


    Ganz besonders alten Wein gibt es beim RBB „Radio Kultur“ in gut abgehangenen Schläuchen, nur mit Wirklich Neuem is nix.

    Dafür dümpelt der Sender seicht vor sich hin, bei einer Million Euronen weniger im Jahr. Jünger, billiger, erfolgreicher. So sieht das aus. Altersdiskriminierung light, völlig idiotisch, denn Wachstum findet zur Zeit vor allem bei den Ü-60 statt.

    Will die Wellenchefin ihre Stammhörerschaft etwa Corona-euthanasieren? Wettet sie darauf, das ihre Pandemiemassnahmen das Wachstum radikal in die Bestattungsbranche verlagern helfen?

    Danach bleiben dem Sender wirklich nur die arbeitlosen Ü-40 bis U-60-Künstler allerlei Geschlechts zum MA-Doping übrig. Ich höre schon die MA-Jingles 2021: „Wenn Du Künstler unter 60 bist, ruf an und gewinne ein Jahr Kultur-BGE. Alle anderen können den Porsche abstauben.“

    Wie sich die ÖR-Granden, dazu gehören auch RBB-Kulturchefs Stephan Abarbanell und Verena Keysers, an Einschaltquoten aufgeilen, ist zur Routine geworden. Die freche Behauptung, mit weniger Geld mehr Kultur zu machen auch.

    Das Ergebnis kann nur Einnahmeverluste für Kunstschaffende bis hin zum Verlust ihrer Existenz beduten. Die kommende ÖR Gebührenerhöhung können dann Feste, Funktionäre und private Produzenten in aller Ruhe unter sich aufteilen

    Wer braucht schon Künstler?

    30.8.2020- Mit den Mitteln des Radios und als Video-Livestreams wurde versucht, viele Kulturveranstaltungen der Region zumindest virtuell stattfinden zu lassen und den Künstlern doch noch eine Bühne zu geben. „Wir haben im Radio, aber auch im Fernsehen, viel Neues ausprobiert – vom der „Carmen“-Übertragung bis hin zu virtuellen interreligiösen Gottesdiensten“, sagt dazu RBB-Kulturchef Stephan Abarbanell.

    Die Pandemie hat das Kulturradio des RBB in der Hochphase der 2019 verordneten Reform getroffen. Sie soll das Programm attraktiver machen und der Hörerschwund gestoppt stoppen. Zugleich soll der Altersdurchschnitt von derzeit 61,6 Jahren gesenkt werden, nicht zuletzt durch neue digitale Formate.

    Zudem soll das Kulturradio von 2021 an eine Million Euro jährlich einsparen. Entsprechend groß sind die Befürchtungen insbesondere bei den Freien Mitarbeitern, dass die Einsparungen vor allen zu ihren Lasten gehen. Aber auch aus der Kulturszene wurden kritische Stimmen laut, dass wieder einmal bei der Kultur gespart werde, denn vergleichbare Vorgaben gebe es für andere RBB-Sender nicht.

    #Allemagne #Berlin #radio #musique #culture #politique #covid-19

  • Streit um Klassik im Radio RBB Kultur erntet heftige Kritik für neuen Musikmix
    https://m.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/streit-um-klassik-im-radio-rbb-kultur-erntet-heftige-kritik-fuer-neuen-musikmix/27059608.html

    01.04.2021 - Der Sender will mit neuem Musikprogramm mehr Leute ansprechen. Trotz zahlreicher Beschwerden von Stammhörern verteidigt Wellenchefin Verena Keysers die Initiative.

    Verena Keysers hat eine klare Botschaft: Sie will kein Randgruppen-Radio machen. Sondern mit RBB Kultur für die ganze Stadtgesellschaft da sein. Das jüngst modifizierte Programm soll die Vielfalt der Kulturmetropole Berlin spiegeln, „themenstark“ und „journalistisch relevant“, wie sie im Gespräch mit dem Tagesspiegel sagt.

    Kernpunkt der Reform ist für die Wellenchefin darum das „kulturelle Wort“ und erst danach der neue Musikmix, der neben Klassik in den Sendungen „Der Morgen“ und „Der Tag“ jetzt auch Filmmusik, Pop, Jazz und die so genannten New Classics umfasst.

    In den beiden hörerstärksten Tagesphasen, zwischen sechs und zehn Uhr sowie 16 und 20 Uhr will RBB Kultur über die Diversität der regionalen Kulturszenen berichten, seine Kompetenz als Beobachter und Berichterstatter unter Beweis stellen, mit vielen Interviews, Hintergrundgesprächen, Rezensionen. Denn, so argumentiert Verena Keysers, ihr Auftrag lautet, ein Kulturprogramm zu machen und nicht ein Klassikprogramm.

    Darum haben sie und ihr Team sich für eine Weitung der musikalischen Inhalte entschieden. Aus dem Bereich Klassik stammen in den Primetime-Zeiten nur noch die Hälfte der gespielten Titel - wobei Dirk Hühner, Musikchef bei RBB Kultur, darauf hinweist, dass die klassischen Kompositionen mit bis zu acht Minuten deutlich länger seien als die Tracks der übrigen Genres. Dadurch bliebe insgesamt die Klassik-Dominanz gewahrt.

    Irritation, Enttäuschung und auch Wut haben die Veränderungen bei der Stammhörerschaft ausgelöst. „Um die 750 Mails und Briefe sind beim RBB eingegangen, teils mit Zuspruch und Lob für neue Sendungen und musikalische Repertoires, überwiegend mit Kritik am neuen Sound Design und den musikalischen Erweiterungen“, sagt Verena Keysers. Wobei sich nicht nur das ältere Publikum meldete: „Kritik ist keine Frage des Alters, sondern des Musikgeschmacks. Auch jüngere üben heftige Kritik.“
    Keysers will die Vielfalt der Berliner Kulturszene feiern

    Den Tagesspiegel haben ebenfalls außergewöhnlich viele Leserreaktionen erreicht, beim Landesmusikrat liefen die Mitglieder sogar derartig Sturm gegen das neue Wellenprofil, dass sich der Interessenverband entscheiden hat, eine Meinungsumfrage zum Thema durchzuführen, um für das nächste Gespräch mit den RBB-verantwortlichen inhaltlich umfassend gewappnet zu sein.

    „Natürlich haben wir mit Abwehrreaktionen bei unseren Stammhörern gerechnet“, räumt Verena Keysers ein. „Dennoch bin ich überrascht von der Vehemenz und auch von der Richtung, in die die Debatte gerade geht: dass nämlich hier eine totale Verflachung stattfände. Diesen Vorwurf finde ich überhaupt nicht gerechtfertigt.“

    Das Ziel der Modifizierungen sei doch lediglich, dass sich die fantastische Vielfalt des hauptstädtischen Kulturlebens auch in der Musikauswahl widerspiegele, sagt Keysers. Nur so könne der Sender neue Zielgruppen ansprechen, für die das bisherige Musikprofil gerade ein Kriterium war, RBB Kultur nicht zu hören.

    Verena Keysers formuliert es so: „Ausschließlich klassische Musik, das haben uns viele in einer Studie befragte Hörerinnen und Hörer zurückgemeldet, wirkt auf nicht wenige, die sich potenziell für unsere Inhalte interessieren, im wahrsten Sinne des Wortes exklusiv.“

    Es ist das alte Argument des Elitären, das hier bemüht wird. Ausschließlich für eine spitze Interessengruppe zu senden, das will sich längst keine öffentlich-rechtliche Anstalt mehr leisten. Auch wenn die durchschnittliche Einschaltquote von 100 000 Personen, die das klassikbasierte Kulturradio bislang hatte, keine quantité négligable ist. Weil es sich hier nicht um Menschen handelt, die das Radio zuhause oder im Büro im Hintergrund dudeln lassen, sondern um aufmerksame Nutzer.
    Ist Einaudi „ganz normale Klaviermusik“?

    Selbstverständlich seien auch intern nicht alle mit der neuen Linie einverstanden, sagt Keyers. „Wir diskutieren sehr intensiv über die musikalische Handschrift, teilweise sogar heftig und hitzig“. Außerdem werde der Musikmix ständig überprüft, auf das, was gut und was weniger zusammenpasse, fügt Dirk Hühner hinzu – und dann von Monat zu Monat weiterentwickelt.

    Die sogenannte Neoklassik, also jene Form von Instrumentalmusik mit Easy-Listening-Charakter, die sowohl melodisch, rhythmisch als auch harmonisch auf Schlichtheit setzt und für die exemplarisch der Pianist Ludovico Einaudi steht, so ist für Hühner übrigens längst in der Realität von Bildungsbürgerhaushalten angekommen: „Das wird von sehr vielen für ganz normale Klaviermusik gehalten.“

    Natürlich zeigt Verena Keysers sich überzeugt davon, dass RBB Kultur einen Großteil der Stammhörer wird halten können. Die nächsten Ergebnisse der Mediaanalyse, die Aufschlüsse über die Reichweite der Sender und ihre Hörer-Quoten bringt, werden allerdings erst im Juli vorliegen. Bei den positiven Reaktionen auf die Reformen überwiegen übrigens jene Stimmen, die den neuen Wort-Schwerpunkt loben – und es konsequent finden, dass sich dadurch auch musikalisch der Horizont geweitet habe.

    Was aber antwortet Verena Keysers jenen Menschen, die ihr schreiben, dass sie ihre kulturelle Heimat verloren hätten? „Ich bitte sie, das Ungewohnt nicht reflexhaft abzulehnen, sondern sich erst einmal einzuhören und dem neuen Profil von RBB Kultur eine Chance zu geben.“ Mit anderen Worten: Macht euch mal locker!

    Interessant wäre im Zusammenhang mit dieser Wer-spielt-was-für-wen-Debatte folgendes Gedankenspiel: Was würde wohl passieren, wenn Radio Eins, der Sender „nur für Erwachsene“, der so stolz auf seinen anspruchsvolle Rock-Pop-Mix ist, von der RBB-Intendanz gebeten würde, aus Gründen der ästhetischen Barrierefreiheit regelmäßig auch Schlager von Helene Fischer und Andrea Berg zu spielen?

    #Allemagne #Berlin #radio #musique #culture #politique