• Julius Pinschewer
    https://web.archive.org/web/20110614175837/http://www.deutsches-filminstitut.de/dt2tp0090.htm
    https://web.archive.org/web/20110614175837im_/http://www.deutsches-filminstitut.de/pic/dp2pa0090a.jpg

    Biographie

    Julius Pinschewer wurde am 15.9.1883 in Hohensalza (heute: Inowrozlaw) in Posen geboren. Seine Familie gehört dem liberal gesinnten jüdischen Bürgertum an. Nach einem volkswirtschaftlichen Studium meldet er bereits 1910 in Berlin ein Patent für Filmwerbung an, die er als „lebendes Plakat" versteht. Das Patent wird auch in London hinterlegt. Vermutlich noch im selben Jahr gründet Pinschewer seine erste eigene Produktionsgesellschaft. 1911 führt er Werbefilme vor dem Verband der Fabrikanten von Markenartikeln in Berlin vor. Ein Jahr später wird er Direktor und Regisseur bei der Berliner Harry Walden-Film und bezieht ein Studio mit Glasdach an der Leipziger Straße. 1914 gründet er den Vaterländischen Filmvertrieb und berät in der Folge als Werbefachmann das Deutsche Kriegsministerium und die Deutsche Reichsbank. Im Mai 1916 hält Pinschewer einen Vortrag vor der Generalversammlung des Vereins Deutscher Reklamefachleute. 1917 wird er für seine Verdienste während des Krieges von General Ludendorff gewürdigt.
    1923 wird Leiter der Interessengemeinschaft zwischen der Werbefilm GmbH (seiner eigenen, vor 1916 gegründeten Firma) und der Industriefilm AG. 1924 wird er Direktor der Industriefilm AG in Berlin. Im Mai 1925 wird Pinschewer Alleininhaber der Industriefilm AG und vereinigt sie mit seiner Werbefilm GmbH zur Pinschewer-Film AG. Für den Werbefilm zur Internationalen Kinematographie- und Photoausstellung in Berlin 1925, „KIPHO", arbeitet er mit dem Spielfilm-Kameramann Guido Seeber zusammen, der über eine große Trickfilmerfahrung verfügt und in Deutschland als Pionier auf diesem Gebiet gilt (u.a. entwickelte er ein „Splitscreen"- und Spiegeltrick-Verfahren für „Der Student von Prag", 1912 von Stellan Rye). Der KIPHO-Film, eine bewegte Collage zu den Techniken der Photographie und Filmproduktion, gilt international als ein Spitzenwerk der Avantgarde. 1927 führt der Avantgarde-Filmclub Filmliga in Amsterdam den KIPHO-Film auf.
    1932/33 beschließt Pinschewer, nachdem er eine Hitler-Rede gehört hat, Deutschland zu verlassen. Mehrere Monate reist er auf der Suche nach einem neuen Wohnsitz durch England, Holland und die Schweiz. 1933/34 zieht er nach Bern und eröffnet dort im September 1934 das Pinschewer Atelier für Herstellung und Vertrieb künstlerischer Werbefilme. Um 1936 verzichtet er auf die deutsche Staatsangehörigkeit. 1939 zeigt das London Film Institute seine „Schweizer Sinfonie" in einem von A.Cavalcanti zusammengestellten Programm. 1940, 1941 und 1945 folgen Vorführungen seiner Filme in der Berner Filmgilde, im Zürcher Kunstgewerbemuseum sowie auf einer Filmtournee durch die Schweiz. 1946 gründet er die Pinschewer Ltd. in London. Bis 1951 arbeitet sie mit Wilfrid Walkers Diagram Films Ltd. und deren Tochterfirma Science Films Ltd. zusammen. 1948 wird Pinschewer Schweizer Staatsbürger. 1949 Teilnahme am 2me Festival mondial du Film et des Beaux-arts in Knokke-le-Zout mit sechs Filme seiner Produktion. 1952 ist er Mitbegründer der Fédération Internationale du documentaire expérimental et du film d’avant-garde in Paris. 1954, 1956 und 1958 nehmen seine Filme am International Filmfestival in Edinburgh und an den Journées Internationales du Cinéma d’Animation in Cannes teil. 1957 wird Pinschewer Mitglied der Hamburger Gesellschaft für Filmkunde. 1959 ehrt ihn der Kongreß Werbung München für seine Verdienste um die deutsche Werbung. Im Mai 1960 zeigt das Zürcher Kunstgewerbemuseum ein Programm seiner Werbefilme unter dem Titel „50 Jahre Pinschewer-Film". Julius Pinschewer stirbt nach längerer Krankheit am 16.4.1961 in Bern.
    uvk, nach André Amsler: „Wer dem Werbefilm verfällt, ist verloren für die Welt". Das Werk von Julius Pinschewer (1883-1961). Zürich: Chronos 1997