Nach dem Krieg war vor den Kriegen – Teil 2

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  • »Reiches Land, starke Armee« - Vorgeschichte, Verlauf und Vermächtnisse des Zweiten Weltkriegs in Ost- und Südostasien (Teil I) 16. Februar 2020
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=58483

    75 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs in Ost- und Südostasien – Vorgeschichte, Verlauf, Vermächtnisse lautet der Titel dieser siebenteiligen Artikelserie von Rainer Werning,
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    Im ersten Teil der siebenteiligen Serie zur Vorgeschichte, zum Verlauf und zu den Vermächtnissen des Zweiten Weltkriegs in Ost- und Südostasien beschäftigt sich unser Autor Rainer Werning mit dem Aufstieg Japans zur hegemonialen Macht in Ostasien.

    Wie zahlreiche Zeitzeugen sowie ost- und südostasiatische Historiker in ausführlichen Gesprächen mit dem Autor immer wieder hervorhoben, hatte Japans militärischer Feldzug und seine Okkupation nahezu sämtlicher Länder in den Regionen auch und gerade dazu geführt, dass der Nimbus der (vermeintlichen) Überlegenheit und Unbesiegbarkeit des »weißen« Kolonialismus und Imperialismus unwiderruflich erschüttert wurde.

    Last, but not least gilt es, eurozentris(tis)che Sichtweisen zu revidieren: Der Zweite Weltkrieg in Südost- und Ostasien sowie im Pazifik endete erst am 2. September 1945 mit der Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde seitens des japanischen Generalstabs. Und er begann dort nicht erst im Spätsommer 1939, sondern bereits mit der Zerstörung der damaligen chinesischen Hauptstadt Nanking um die Jahreswende 1937/38 und damit der Eskalation des Krieges gegen Gesamtchina, wenn nicht gar bereits 1931 mit der völkerrechtswidrigen Besatzung mehrerer Großstädte in der Mandschurei sowie der späteren Installierung des Vasallenstaates »Mandschukuo« – RW.

    Hoher Blutzoll – gescheiterte „Pazifizierung“ (Teil II) 05. April 2020
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=59918

    Nach spanischer und US-amerikanischer Herrschaft besetzt Japan die Philippinen

    Unterdrückung, Revolten und bewaffneter Widerstand sind eine Konstante in der philippinischen Geschichte. Das war so während der annähernd 350-jährigen Kolonialzeit unter den Spaniern, die 1898 endete. Und das war so in dem halben Jahrhundert der sich anschließenden US-amerikanischen Kolonialära. Jahre vor dem Ersten Weltkrieg hatten die imperialen USA in dem bis dahin größten Massaker die Zivilbevölkerung in ihrer einzigen Kolonie Asiens „befriedet“. Während des Zweiten Weltkriegs opponierten die Filipinos erst recht gegen die neue Kolonialmacht Japan, dessen Truppen die Inseln nur wenige Stunden nach dem Angriff auf Pearl Harbor am 8. Dezember 1941 besetzten. Es waren einheimische Guerillagruppen, die die Hauptlast dieses Kampfes trugen. Umso bitterer war die Enttäuschung, als 1945 die nach 1898 „zweimaligen Befreier“ Täter in Opfer verwandelten und die eigentlichen Widerstands- und Befreiungskämpfer als „Banditen“ und „kommunistische Aufrührer“ denunzierten und verfolgten. Die (Re-)Kolonialisierung der Kolonialisierten in einer Neokolonie von Washingtons Gnaden war das Markenzeichen der Nachkriegspolitik in diesem Teil Südostasiens

    „Auch unser späterer Präsident Sukarno arbeitete als Freiwilliger für die Japaner“ (Teil III) 31. Mai 2020
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=61422

    Indonesien – die niederländische Kolonie unter japanischer Besatzung

    Niederländisch-Indien, wie Indonesien früher hieß, war wie die meisten Länder Südostasiens Jahrhunderte von einer westlichen Kolonialmacht beherrscht worden. Die niederländische Kolonie war für die Japaner wegen ihrer Nähe zur Nordküste Australiens und wegen ihrer Ölvorkommen und anderer Bodenschätze von besonderer Bedeutung. Obwohl die Niederlande selbst bereits im Mai 1940 von den Truppen Nazideutschlands überrannt worden waren und sich die niederländische Regierung nach London abgesetzt hatte, leisteten die niederländischen Kolonialtruppen auf Sumatra und Java noch bis Anfang März 1942 Widerstand gegen die Japaner, die dort ihre Offensive am 11. Januar begonnen hatten. Doch dann mussten auch sie vor den Verbündeten der deutschen Faschisten in Asien kapitulieren. Denn die „antikoloniale“ Kriegspropaganda der Japaner gegen die Herren aus dem fernen Europa, die den indonesischen Archipel seit dem Jahre 1602 beherrschten, stieß in der indonesischen Bevölkerung auf weitaus mehr Sympathien als irgendwo sonst in Asien.

    Rote Fahnen über Malaya oder Wie aus Revolutionären und Freiheitskämpfern plötzlich „kommunistische Terroristen“ wurden (Teil IV) 19. Juli 2020
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=63014

    Herrschaft Japans über Malaya und Singapur
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    Wer dagegen bewaffnet Widerstand leistete, galt aus Sicht der britischen Kolonialmacht als Freiheitskämpfer und Revolutionär. Bei Kriegsende wurde aus ihnen kurzerhand „ein Pack von CTs“ („communist terrorists“), weil das zurückgekehrte britische Militär diesen Zipfel Kontinentalsüdostasiens weiterhin als integralen Bestandteil des British Empire betrachtete

    Birma: Und stetig grüßt das Militär (Teil V) 27. September 2020
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=65223

    Herrschaft Japans über Birma, das lange Zeit Teil des British Empire war
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    Für die Kaiserlich-Japanischen Truppen war dieses südostasiatische Land von herausragender geo- und militärstrategischer Bedeutung, erhoffte man sich doch nach dessen Eroberung und Okkupation einen ungehinderten Zutritt nach Indien. Dort, so das Kalkül der Achsenmächte Japan und Deutschland, sollten sich die aus dem Osten vorrückenden Japaner mit dem aus dem Westen über Zentralasien heranrückenden Nazitruppen siegreich treffen, um nach erfolgreicher gemeinsamer Kontrolle des indischen Subkontinents eine Neuaufteilung der Welt nach koordiniertem imperialen Design vorzunehmen.

    Während die Kriegsmaschinerie der Nazis bereits in der ehemaligen Sowjetunion von der Roten Armee besiegt wurde, erlitten die japanischen Truppen ausgerechnet ihre ersten Niederlagen zu Lande in der britischen Kolonie Birma. Im Kampf gegen die japanischen und später erneut gegen die britischen Truppen existierten diverse militärische Verbände, die zwar unter der Flagge von Freiheit und Unabhängigkeit angetreten waren, doch deren Führung sich nicht scheute, über weite Strecken ihres Kampfes ein geschlossenes militaristisches Weltbild gemäß japanischem Muster verinnerlicht zu haben. Die Militarisierung des Politischen und die Politisierung des Militärs sind denn auch auffällige Konstanten birmanischer Geschichte.

    „Nichts ist kostbarer als die Freiheit“ (Ho Chi Minh) - Vietnam: Antikolonialer Widerstand mit Tradition (Teil VI) 01. November 2020
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=66351

    Herrschaft Japans über Vietnam, das seit 1887 Teil von Französisch-Indochina war.

    Für die Kaiserlich-Japanischen Truppen war diese Kernregion im kontinentalen Südostasien wegen seiner Rohstoffe und militärstrategischen Lage von herausragender Bedeutung, bildete sie doch das Scharnier zwischen China und dem Südzipfel der malaiischen Landzunge inklusive Singapur sowie der britischen Kolonie Birma. Nach dessen Eroberung erhoffte man sich in Tokio einen ungehinderten Zugang zum gesamten indischen Subkontinent. In Indien, so das Kalkül der Achsenmächte Japan und Deutschland, sollten sich die siegreichen Truppen beider Mächte treffen und die Neuaufteilung der asiatisch-pazifischen Welt gemäß koordiniertem imperialen Design vornehmen.

    Nach dem Krieg war vor den Kriegen (Teil VII - I) 23. Januar 2021
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=69064

    Nationale Befreiungskämpfe und politische Neukonstellation in Ost- und Südostasien nach der Kapitulation Japans.

    Politische Entwicklungen in den Regionen und dem Beginn des Kalten Krieges nach der offiziellen Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde durch hochrangige Politiker Japans am 2. September 1945 - Teil 1

    Während der Krieg in Europa bereits Anfang Mai 1945 beendet war, dauerte er in zahlreichen Regionen des asiatisch-pazifischen Raumes noch bis Mitte September an. Und während sich die siegreichen Alliierten anschickten, fortan der Innenpolitik Japans ihren Stempel aufzudrücken und einem Teil seiner Kriegsarchitekten den Prozess zu machen, trachteten in den meisten Ländern Ost- und Südostasiens national gesinnte Parteien, Gruppierungen und Organisationen danach, endlich jenseits von ausländischer Bevormundung ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit zu organisieren. Beflügelt wurde ein solcher Nachkriegsentwurf durch ein nunmehr gedemütigtes japanisches Kaiserreich, dessen militaristische Politik paradoxerweise entscheidenden Anteil daran hatte, den Nimbus der Unbesiegbarkeit des „westlichen Imperialismus und Kolonialismus“ zu erschüttern.

    Während Japan unter der Ägide der Siegermacht USA schrittweise in deren Herrschaftsbereich, wiewohl unter Beibehaltung seiner Produktionskapazitäten und wesentlichen staatstragenden Institutionen/Organisationen sowie flankiert von umfangreichen Wirtschafts- und Finanzhilfen, integriert wurde, rüsteten sich Japans vormalige Kolonien – teils inmitten innenpolitischer Wirren, teils unter chaotischen Nachkriegsbedingungen – unter höchst unterschiedlichen Vorzeichen zum Kampf für Freiheit und Unabhängigkeit. Gleichzeitig fanden diese Emanzipationsbestrebungen gegen die alt-neuen Machthaber – die Briten in Malaya (das spätere Malaysia und Singapur), Birma (das spätere Myanmar) und den indischen Subkontinent (mit Indien, Pakistan und Ceylon, das spätere Sri Lanka) sowie die Niederländer in Indonesien, die Franzosen in Vietnam, Kambodscha und Laos und die USA in den Philippinen – allesamt im Schatten des Kalten Krieges und einer stetig eskalierenden Ost-West-Blockkonfrontation statt. In den Philippinen, dem traditionell engsten Verbündeten Washingtons in der Region, entstand gar 1954 mit der SEATO eine Osterweiterung der NATO, was explizit einen Cordon sanitaire um den „kommunistischen Machtblock“ bilden sollte.

    Nach dem Krieg war vor den Kriegen (Teil VII - II) 24. Januar 2021
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=69070

    Nationale Befreiungskämpfe im Schatten des Kalten Krieges: Den Anfang machten Indonesien und Vietnam. – Teil 2
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    Just an dem Tag, da Japan seine Kapitulationsurkunde unterschreiben musste, am 2. September 1945, ging in Vietnam die Viet Minh (Liga für die Unabhängigkeit Vietnams), die als Bündnis antikolonialer, nationalistischer und kommunistischer Kräfte sowohl gegen die Franzosen als auch gegen die Japaner gekämpft hatte, in die politisch-diplomatische Offensive. Nachdem am 18. August ein Nationaler Volkskongress der Viet Minh den allgemeinen Aufstand, die „Augustrevolution“, beschlossen hatte, verkündete Ho Chi Minh am 2. September die Unabhängigkeit der Demokratischen Republik Vietnam (DRV). Die Viet Minh hatte geschickt ein kurzzeitiges Machtvakuum genutzt und setzte auf die Unterstützung der Alliierten. Die Anfangspassagen der Unabhängigkeitserklärung orientierten sich stark am US-amerikanischen Vorbild.

    Doch wie auch die Niederländer in Indonesien kämpfte Frankreich erbittert um die Wiederherstellung seiner politischen und ökonomischen Macht in seiner vormaligen Kolonie. Seine Niederlage in der Schlacht von Dien Bien Phu im Frühjahr 1954 und weltweite Proteste gegen den Krieg führten am 20./21. Juli zur Unterzeichnung der Genfer Indochina-Abkommen. Diese beendeten zwar vorerst die Kampfhandlungen, brachten aber nicht die Unabhängigkeit und Einheit Vietnams. Das sollten allgemeine, freie Wahlen im Jahre 1956 besiegeln. Bis dahin wurde entlang des 17. Breitengrads eine militärische Demarkationslinie gezogen, die das Land faktisch teilte.

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